1895 / 9 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 11 Jan 1895 18:00:01 GMT) scan diff

Württemberg.

Der „St.⸗A. f. W.“ veröffentlicht das Gesetz, betreffend Abänderung des kirchlichen Gesetzes über die Fürsorge für die Hinterbliebenen von Geistlichen, ferner das Gesetz über die Unterstützung der unständigen evangelischen Geistlichen in Krankheitsfällen, sowie das Gesetz über die Erhöhung der Alterszulagen für evangelische Geistliche.

Hessen. 8

Die Zweite Kammer hat gestern ihre Sitzungen wieder aufgenommen. Zur Berathung stand die Vorlage wegen Be⸗ willigung von 5 000 000 für Nebenbahnen.

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8 Oesterreich⸗Ungarn.

Wie die „Budapester Korrespondenz“ meldet, theilte Graf Khuen⸗Héderväry gestern in einer Privataudienz dem Kaiser mit, er könne den Auftrag, ein Kabinet zu bilden, nicht übernehmen, weil er keine Hoffnung habe, eine Regierung zu bilden, die außer der Durchführung der kirchenpolitischen Gesetze Positives zu schaffen vermöchte. Gestern Nachmittag wurde Koloman von Szell vom Kaiser empfangen. Es heißt, er sei mit der Bildung des Kabinets beauftragt worden, habe sich aber bis heute Bedenkzeit erbeten.

Der „Budapester Korrespondenz“ zufolge dürfte Baron Banffy, der heute Vormittag vom Kaiser in Audienz empfangen worden ist, mit der Kabinetsbildung betraut werden.

Die Landtage für Istrien, Triest und Dalmatien sind gestern eröffnet worden. Im Triester Landtag erklärte dem „W. T. B.“ zufolge der Landeshauptmann, wenn auch die Beschlüsse des Landtags von einzelnen Ministerien nicht günstig aufgenommen würden, so werde der Landtag doch fortfahren, die Interessen der Stadt und der Provinz auf dem Wege des Fortschritts zu vertheidigen, die Fahne der Nationalität und der Autonomie hochzuhalten und vertrauens⸗ voll auf die Gerechtigkeit und väterliche Liebe des Herrschers zu blicken. Der Landtag von Istrien wurde von dem Landes⸗ hauptmann mit einer Begrüßungsansprache und einem drei⸗ maligen, begeistert aufgenommenen Hoch auf den Kaiser er⸗ öffnet. Der Regierungsvertreter, der die Abgeordneten in italienischer und kroatischer Sprache begrüßte, wurde sofort bei Beginn seiner italienischen Rede von der Majorität mit Protest⸗ rufen unterbrochen, worauf diese den Saal verließ. Die auf der Galerie Anwesenden stimmten der Majorität mit Rufen, Zischen und Pfeifen bei. Der Landeshauptmann gebot ohne Erfolg Ruhe. Nach Beendigung der Rede des Regierungs⸗ vertreters wurde die Sitzung wegen Beschlußunfähigkeit ge⸗ schlossen. 8 8

Großbritannien und Irland.

Dem gestern in London abgehaltenen Kabinetsrath wohnten nach einer Meldung des „W. T. B.“ alle Minister, mit Ausnahme des Chef⸗Sekretärs für Irland Morley und des Kriegs⸗Ministers Campbell⸗Bannerman, bei. Wie „W. T. B.“ erfährt, wäre der Ministerrath nicht wegen irgend einer schwierigen Frage berufen worden. Die Berathung sei vielmehr fast ausschließlich auf die Arrangements für die be⸗ vorstehende Session beschränkt geblieben. Ueber das Programm der Regierung, einschließlich des im letzten Jahre festgestellten Programms für die Marine, seien alle Minister vollkommen einig.

Frankreich.

Der Präsident der Republik Casimir⸗Perier gab gestern dem diplomatischen Korps ein Diner; zur Linken der Frau Casimir⸗Perier saß, wie „W. T. B.“ berichtet, der deutsche Botschafter Graf Münster, zur Rechten der Nuntius Ferrata. Auf das Festmahl folgte ein glänzender Empfang.

Der Senat wählte gestern Challemel⸗Lacour mit 169 von 172 Stimmen wieder zum Präsidenten.

In der Deputirtenkammer betonte Brisson bei Uebernahme des Vorsitzes die Nothwendigkeit, das Budget schleunigst zu erledigen, und forderte die Deputirten zur Einigkeit auf, die das Ansehen Frankreichs, das seinen Rang in der Welt wieder eingenommen und werthvolle Freund⸗ schaften sich erworben habe, noch mehr befestigen würde. Der Deputirte Millerand (Soz.) brachte eine Resolution ein, worin die Entlassung Gérault⸗Richard's aus der Haft beantragt wird. Redner verlangte unter Hinweis auf frühere Fälle die Dringlichkeitundsofortige Berathung. Der Minister⸗Präsident Dupuy ersuchte die Kammer, sich nicht zu Gunsten der Haft⸗ entlassung Gérault⸗Richard’s auszusprechen, denn diese Ent⸗ lassung würde einen Angriff auf das Prinzip der Trennung der Gewalten und eine Verletzung des Prinzips der Gleichheit vor dem Gesetze bedeuten. Unter dem Beifall des Hauses stellte der Minister⸗Präsident die Vertrauensfrage, worauf der Antrag Millerand's mit 309 gegen 218 Stimmen abgelehnt wurde. Der Deputirte Habert brachte sodann einen Antrag auf Amnestie für alle politischen Ver⸗ gehen ein, der von dem Minister⸗Präsidenten Dupuy bekämpft wurde. Die von Habert beantragte Dringlichkeit wurde mit 345 gegen 167 Stimmen abgelehnt. Der Deputirte d'Hugues (Rechte) interpellierte hierauf die Regierung wegen der Wahlfälschungen in Toulouse. Der Zastig⸗ Minister Guérin erwiderte, es sei eine gerichtliche Untersuchung er⸗ öffnet worden; wenn Schuldige vorhanden wären, würden sie bestraft werden. Nachdem die von dem Minister bean⸗ tragte einfache Tagesordnung mit 336 gegen 164 Stimmen genehmigt worden war, vertagte sich die Kammer auf heute.

Die Blätter der gemäßigten Parteien billigen die gestrige Abstimmung der Deputirtenkammer in der Frage der Haftentlassung Gérault Richard's. Die Organe der Radikalen bedauern, daß die Kammer die liberalen Traditionen geopfert habe; die „Petite République“ wirft die Frage auf, ob der Zweck nicht der sei, die sozialistische Partei aufs äußerste zu treiben. Gérault Richard hat ein Schreiben an seine Wähler gerichtet, worin er sich lebhaft über das Votum der Kammer beschwert und er⸗ klärt, er werde, um gegen die Verletzung des verfassungs⸗ mäßigen Rechts zu protestieren, im Gefängniß bleiben.

Italien.

2” Die Ziviltrauung der Tochter des Minister⸗ Präsidenten Crispi mit dem Fürsten Linguaglossa fand gestern Nachmittag in Neapel statt. Die Trauung vollzog, wie „W. T. B.“ berichtet, der Bürgermeister Delpezzo. Außer den Eltern waren die Minister Saracco, Blanc und Baccelli, der Unter⸗Staatssekretär Galli, einige Senatoren und Deputirte,

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j der Präfekt und Freunde der Familie zugegen.

Crispi und seine Gemahlin wurden auf der Straße von der dort harrenden Menschenmenge lebhaft begrüßt. Der König sandte Crispi und seine Ge nahlin telegraphisch Glückwünsche

““ Griechenland. ie gestrige Abendsitzung der Kammer verlief, dem „W. T. B.“ zufolge, sehr stürmisch. Zwischen verschiedenen Deputirten fand ein lebhafter Wortwechsel statt. Infolge eines Zwischenfalls in der Sitzung schickte Petmezas dem ehemaligen Minister Theotokis seine Zeugen.

Bulgarien. Der Prinz Ferdinand von Sachsen⸗Coburg hat vorgestern, am Tage der allgemeinen Audienzen, auch Zankow empfangen, der, dem „W. T. B.“ zufolge, dem Prinzen er⸗ klärte, er erscheine vor ihm, um die Gefuhle der Treue und Ergebenheit gegen die nationale Dynastie zum Ausdruck zu bringen und dem Prinzen für die Gestattung der Rückkehr zu danken; er sei nie antidynastisch gesinnt gewesen, da er wifse⸗ daß das Glück der Balkanvölker auf der Kraft nationaler Dynastien . Der Prinz dankte für die von Zankow .“ esinnung und hieß ihn in seinem Lande will⸗ ommen.

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Dänemark. 11““

Der Finanzausschuß des Folkethings hat, wie „W. T. B.“ meldet, gestern sein Gutachten erstattet. Die Rechte und die gemäßigte Linke, die zusammen die Ma⸗ jorität des Ausschusses bilden, machen, entsprechend dem im Frühjahr zwischen den beiden Parteien abgeschlossenen Ver⸗ gleiche, gemeinsame Vorschläge zu dem außerordentlichen Militärbudget. Die radikale Linke, welche die Minderheit darstellt, erklärte, daß die Befestigung Kopenhagens zwar jetzt ihren gesetzwidrigen Charakter verloren habe, sie lehnte aber die Bewilligungen für die Erhaltung der Werke ab, um bei späteren Verhandlungen über die Festung freie Hand zu haben.

Asien.

Aus Kalkutta wird gemeldet, der Mehtar von Tschitral Nizam⸗-⸗ul⸗Mulk sei von seinem jüngeren Bruder Amir⸗ ul-Mulk, der sich zum Mehtar erhoben habe, ermordet worden. Nizam⸗ul⸗Mulk habe seinen Thron den Engländern zu verdanken gehabt; durch seine Ermordung werde die Frage der Grenzpolitik wieder aufgeworfen.

Das „Reuter'sche Bureau“ meldet aus Hiroshima von gestern, nach einer Depesche des Generals Nodzu aus Schugan vom 8. d. M. habe sich die chinesische Truppenmacht, die der dritten japanischen Division im Westen gegenübergestanden habe, nach Kokan zurückgezogen; hingegen ser die Vorhut der Chinesen mit zwei Kanonen in der Nähe von Liau⸗Jang bis Kanseno vorgedrungen. Der Rest der Division stehe einige Meilen nordöstlich des von den Japanern besetzten Haitscheng.

Der „Times“ wird aus Tientsin gemeldet: Nach Briefen aus Niutschwang habe in jüngster Zeit keine mili⸗ tärische Bewegung stattgefunden. Die japanischen Armeen dehnten sich von Kaiping am Meer bis nach Haitscheng und von dort bis in die Berge von Mothienling aus.

Nach einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus Yokohama von heute ist daselbst die amtliche Nachricht ein⸗ getroffen, daß die japanische Division unter General Nodzu gestern Kaiping nach vierstündigem Kampf ge⸗ nommen habe; die Chinesen seien in der Richtung auf Haischaksai geflohen und würden von den Japanern verfolgt. Die Verluste auf beiden Seiten seien noch unbe⸗ kannt. Die Depesche fügt hinzu, die erste japanische Armee werde gut von der Bevölkerung aufgenommen, die unter der Oberhoheit Japans zu bleiben wünsche.

Der japanische Minister des Auswärtigen ist be⸗ auftragt worden, die Unterhandlungen mit den chinesi⸗ schen Gesandten zu führen. B

Die japanischen Zeitungen veröffentlichen das Gerücht, daß der König von Korea ermordet worden sei. Nach einem anderen Gerücht liege er an den Folgen eines epilep⸗ tischen Anfalls danieder. Einheimischen Berichten zufolge hätten einige Tausend Mann des ersten japanischen Armee⸗Korps an den Einwirkungen des Frostes zu leiden. Die Bemühungen der koreanischen Regierung, eine innere Anleihe aufzunehmen, seien gescheitert.

Afrika.

Nach einer Meldung aus Lorenzo⸗Marquez haben die Feindseligkeiten zwischen den Portugiesen und den Insurgenten wieder begonnen.

Nach einer Meldung aus Tamatave haben die franzö⸗ sischen Kreuzer und die Landbatterien am 28. v. M. die Tamatave umgebenden Forts bombardiert und beträchtlichen Schaden angerichtet. Die Geschütze der Hovas erwiderten das Feuer, verursachten indessen keinen Schaden und wurden als⸗ bald zum Schweigen gebracht. Der Kreuzer „Primauguet“ ist

am 29. Dezember abgegangen, um Majunga zu besetzen.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Bericht über die gestrige Sitzung des Reichstags befindet sich in der Ersten Beilage.

Der heutigen 12. Sitzung des Reichstags wohnten der Staatssekretär Nieberding, die preußischen Staats⸗ Minister Bronsart von Schellendorff, von Köller und Schönstedt bei. 3

In der weiteren Verhandlung über den Gesetzentwurf, betreffend Aenderung und Ergänzungen des Straf⸗ gesetzbuchs u. s. w., erhält das Wort der 1

Abg. von Wolszlegier (Pole): Die Worte des Kaisers, daß sich alle Klassen und Parteien gegen die Umsturzbestrebungen vereinigen sollten, haben bei der polnischen Bevölkerung lebhaften Widerhall gefunden. Die Polen erkennen in der Religion die wichtigsten Grund⸗ lagen des Staats, sie erkennen keine von Gott unabhängige Ethik an, wie sie der Sozialdemokratie vorschwebt. Ein religiöses Volk ist die Stütze des Königthums. In der ganzen polnischen Geschichte finden Sie keinen Königsmord, nicht einmal ein Attentat auf ein gekröntes Haupt. Obgleich unsere Bevölkerung mit derjenigen der Hauptstädte und Industriezentren in häufige Berührung kommt, hat die Sozialdemokratie in ihr noch keinen Boden gefunden; die einzige polnische sozialdemokratische Zeitung erscheint in Berlin. Ob man im stande sein wird, die sozial⸗ demokratische Agitation auch ferner von den Polen fern zu halten, hängt nicht allein von diesen, sondern auch von maßgebenden Faktoren ab. Wenn man die Unzufriedenheit für den besten Nährboden der Sozialdemokratie hält, so muß man

andererseits die Zufriedenheit als die beste Schutzwehr gegen jene

betrachten.

Die Staatsregierung muß also bestrebt sein, alles aus zu räumen, was Grund zur Unzufriedenheit geben kann. In dieser Richtung hat man ja auch die Gesetze geschaffen und darauf deuten auch die Maßnahmen hin, das Handwerk und den Mittelstand zu heben. Wenn ma bei diesen Bestrebungen die Polen als Bundesgenossen haben will, so muß man sie auch als solche behandeln; das ge schieht aber nicht annähernd in genügendem Make. Man sollte doch glauben, daß, wenn man Religion und Sitte als die höchsten Güter der Nation betrachtet, man alle Schwie⸗ rigkeiten bei Ausübung der Religion und namentlich religiöser Erziehung aus dem Wege räumen sollte. Wi stimmt das aber mit der Behandlung des Religionsunterrichts in de polnischen Landestheilen und mit der Thätigkeit der Schul⸗ inspekoren namentlich in Oberschlesien? Es erfüllt uns mit ge⸗ rechter Sorge, denn die Geistlichkeit allein kann nicht für eine religiöse Erziehung sorgen, Familie und Schule müssen dabei mitwirken. Darum ist⸗ es Aufgabe der Regierung, durch die Schule dahin zu wirken, daß die Jugend vor den soz’aldemokratischen Idealen gewarnt und christliche Idealen zugeführt werde. Der Herr Staatssekretär Graf von Posadowsky hat einen gesunden Bauernstand als die Grundlage des Staats bezeichnet. Damit hat er doch aber den Bauern stand in allen Landestheilen gemeint. Wie ist das aber mit der Kolonisation in Posen und, Westpreußen zu vereinbaren, durch die man doch bei den polnischen Bauern lebhafte Unzufriedenheit hervor gerufen hat, denn unzweifelhaft mußte sich in ihnen die Ueberzeugun bilden, daß sie sich in einem Ausnahmezustand befänden In der vorliegenden Fassung würden wir den Entwurf als bedenklich ablehnen müssen, doch sind wir mit einer kommissarischen Berathung einverstanden. 1 Bei Schluß des Blattes nimmt der Bevollmächtigte zun preußische Staats⸗Minister von Köller das ort.

dem Wege

Die Budget⸗Kommission des Reichstags hat gestern ihre Arbeiten mit der Berathung des Militär⸗Etats begonnen.

Von der Wahlprüfungs⸗Kommission des Reichs tags wurden gestern die Wahlen der Abgg. Dr. Pichler (3. Nieder

bayern, Zentr.), Greiß (1. Köln, Zentr.) und Meist (1. Düsseldorf

Soz.) heute die Wahl des Abg. Casselmann (2. Weimar, ifr Volksp.) für ungültig erklärt.

Der Abg. von Strombeck (Zentr.) hat im Reichstage folgende Resolution zur zweiten Berathung des Reichshaushalts Etats für das Etatsjahr 1895/96, Etat für die Reichs⸗Justizver⸗ waltung, Kapitel 65 Titel 1 der fortdauernden Ausgaben, eingebracht: Der Reichstag wolle beschließen: die verbündeten Regierungen zu er⸗ suchen, eine für das Gebiet des Deutschen Reichs gemein⸗ same Ametsstelle einzurichten, welcher 1) von den ständigen Behörden der Bundesstaaten hinsichtlich aufgefun dener Leichname Unbekannter die zur Feststellung der Persönlich⸗ keit dieser Verstorbenen dienlichen Mittheilungen gemacht werden müssen, und welcher 2) hinsichtlich vermißter Personen, deren Ableben (sei es infolge von Krankheit oder Selbstmord, sei es infolge eines Unglücksfalls oder Verbrechens) vermuthet wird, die zur Ermittelung des Verbleibs solcher Personen dienlichen Mittheilungen von den zu ständigen Behörden in den geeigneten Fällen gemacht werden müssen und von Privatpersonen gemacht werden können.

Bei der gestern im 5. Wahlkreise des Regierun gs⸗ bezirks Bromberg (Wongrowitz⸗Mogilno⸗Znin) vorgenom⸗ menen Ersatzwahl zum Hause der Abgeordneten wurde nach amtlicher Feststellung von Sczaniecki (Pole) mit 226 von 336 abgegebenen Stimmen gewählt. Der Gegen⸗ kandidat von Davier (konservativ) erhielt 110 Stimmen.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Bietet jemand, der in Preußen von einem Wachposten wegen einer diesem zugefügten Beleidigung oder einer anderen Strafthat festgenommen worden ist, diesem ein Geschenk an, damit er ihn nicht zur Wache bringe, sondern freilasse, so ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Strafsenats, vom 29. Mai 1894, der Fest⸗ genommene wegen Bestechung zu bestrafen. R. beleidigte einen Soldaten, der Wachdienst hatte, und wurde von diesem festgenommen. Hierauf bot R. dem Soldaten 3 an, um seine Freilassung zu erlangen. angeklagt, vom ersten Richter aber freigesprochen. Auf die Revision des Staatsanwalts hob das Reichsgericht das erste Urtheil auf, indem es begründend ausführte: Das preußische Gesetz vom 12. Februar 1850, zum Schutze der persönlichen Freiheit, gebietet in den vorgesehenen Fällen (wenn die Person bei Ausführun einer strafbaren Handlung oder gleich nach derselben betroffen wird ꝛc. die Festnahme nicht, sondern läßt sie zu. Darüber aber, ob von dieser Befugniß Gebrauch zu machen ist, haben die Beamten und Wach⸗ mannschaften nach Prüfung aller Umstände des Einzelfalles Beschluß zu fassen und dabei in erster Linie die Interessen der öffentlichen Ruhe und Sicherheit und die Bedeutung der Strafthat in Betracht zu ziehen, deren der Festzunehmende sich schuldig oder verdächtig gemacht hat. Hieran kann auch der Umstand nichts ändern, daß die Beamten und Wachmannschaften in Ausübung ihres Dienstes von der Person, deren Festnahme in Frage steht, selbst beleidigt sind; denn die strafrechtliche Verfolgung solcher Beleidigung hängt nicht allein von ihrem Willen ab 196 Str.⸗G.⸗B.). Daraus ergiebt sich schon, daß weder die Polizeibeamten, noch die Wachmannschaften nach bloßer Willkür über die Freilassung festgenommener Personen zu befinden haben. . . . Nach der Darstellung des angefochtenen Urtheils sollte offenbar der Wachposten durch die angebotenen 3 dazu be⸗ stimmt werden, seine Entschließung nicht nach seiner gewissenhaften Ueberzeugung, sondern mit Rücksicht auf den ihm in Aussicht gestellten persönlichen Vortheil zu fassen. Danach hat der Posten zu einer Handlung, die eine Verletzung seiner Dienstpflicht enthielt, bestimmt werden sollen.“ (1446/94.)

Das Abhauen und Entwenden von Aesten bereits gefällter Bäume im Walde ist, nach einem Urtheil des Reichs⸗ gerichts, IV. Strafsenats, vom 1. Juni 1894, nicht als Forst⸗ diebstahl, sondern als gewöhnlicher Diebstahl aus § 42 des Straf⸗ gesetzbuchs zu bestrafen. J. hatte von einer Anzahl von Bäumen, die der Gastwirth B. von der H.'schen Verwaltung in einer Waldparzelle gekauft und hatte fällen lassen, das Astholz abgehauen und sich an⸗

eeignet. J. wurde wegen gewöhnlichen Diebstahls von der Straf⸗ ammer verurtheilt. Die Revision des Angeklagten, in welcher ausgeführt wurde, daß die That lediglich dem Gesetze über den Forstdiebstahl unterstehe, wurde vom Reichsgericht verworfen, indem es begründend ausführte: „Das preuß. Gesetz vom 15. April 1878, betreffend den Forstdiebstahl“, hat den Schutz des Waldes gegen rechtswidrige Eingriffe zum Gegenstande und behandelt mit Rücksicht

auf die öffentliche Meinung die Entwendung von Holz aus demselben Es geht

als eine besondere, und zwar leichtere Art des Diebstahls. eshalb auch von dem Grundsatze aus, daß nur dasjenige Holz im Walde Objekt eines Holz⸗ oder Forstdiebstahls sein kann, an welchem noch keine Handlung vorgekommen ist, die auf eine Parception des Berechtigten oder die Besitzergreifung seitens eines Anderen hinweist. Hiernach ist der Vorinstanz darin beizupflichten, daß das Forstdiebstahls⸗ gesetz unter dem Holze, welches noch nicht vom Stamm getrennt ist, nicht Astholz versteht, das sich an gefällten, also bereits vom Boden getrennten Stämmen befindet. Dieser Rechtsansicht gegenüber vermag auch die Ausführung der Revision, daß es unerfindlich sei, weshalb die Entwendung von Aesten eines stehenden Baumes weniger strafbar sein solle, wie die von Aesten eines bereits gefällten Baumes, nicht durchzudringen. Denn gerade darin erblickt das Gesetz die mindere Strafwürdigkeit des Holzdiebstahls, sei er an Aesten oder an ganzen

sozialen

R. wurde wegen Bestechung aus § 333 Strafgesetzbuchs

Bäumen hegangen, daß das Holz noch Weil des Waldes und noch nicht ein Nenthe in Bearbeitwae oder in Besitz genommen worden

Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.

Die Polizeibehörde ist, nach einem Urtheil des Ober⸗Ver⸗ waltungsgerichts, I Senats, vom 26. Juni 1894, zwar befugt, einem Verein die Benutzung nicht polizeimäßiger Räume zu unter⸗ sagen, sie darf ihm aber nicht gebieten, daß er zweckentsprechende Räume baulich herstelle. „Die zu einem Verein zusammengetretenen Personen sind zwar verpflichtet, in ihrer Thätigkeit und daher auch bei der Auswahl ihrer Versammlungsräume die polizeilich zu schützenden Gemeininteressen in Bezug auf Sicherheit von Leben und Gesundheit nicht zu gefährden; die Mitglieder sind aber nicht darum, weil sie zu einem Vereine zusamnmengetreten, nun auch verpflichtet, die für dessen Versammlungen nöthigen Räume zu beschaffen oder in polizeimäßigem Zustande zu erhalten. Die Polizei kann daher dem Vereine die Benutzung nicht polizei⸗ mäßiger Räume untersagen; sie darf ihm aber nicht positiv gebieten, daß er zweckentsprechende Räume baulich bhberstelle. Denn dies würde auf einen polizeilichen Zwang zur Erhaltung rein privater Vereinsthätigkeit und somit auf einen Eingriff in die Willens⸗ freiheit und in die Vermögensrechte des Einzelnen hinauskommen, der unter keinen Umständen durch das öffentliche Interesse erfordert werden kann und deshalb völlig außerhalb desjenigen Gebiets liegt, auf dem die Uebung polizeilichen Zwangs, mag dieser im Wege der Einzel⸗ verfügung oder der Polizeiverordnung erfolgen, durch das Gesetz zu⸗ gelassen ist.“ (I 728.)

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung. 8 Hier in Bexlin wurde, wie die Zeitungen berichten, in einer Versammlung der Brauereiarbeiter ein Antrag angenommen, die Vereinsbrauereien zu ersuchen, wegen der langen Arbeitslosigkeit

der Ausgesperrten so lange auf den „Prozentsatz“ zu verzichten, bis

die Ausgesperrten Arbeit gefunden hätten; ferner beschloß die Ver⸗ sammlung, daß die in Arbeit stehenden Brauarbeiter, die 25 oder darüber verdienen, je 2 Unterstützungsgeld wöchentlich für die Aus⸗ gesperrten zahlen sollen, die weniger als 25 verdienen, je 1 Aus Birmingham berichtet die Londoner „A. K.“, daß der Jahreskongreß des Bundes der Bergleute von Groß⸗ britannien in seiner zweiten Sitzung u. a. folgende Beschlüsse ge⸗ faßt habe: Oeffentliche, wie städtische und Gemeindebehörden ülfen auf die Erfüllung der abgeschlossenen Kohlenlieferungs⸗Kontrakte

dringen, wenn nach Abschluß des Kontrakts eine Arbeitssperre ver⸗

hängt werde, die eine Lohnherabsetzung zum Zwecke habe. Ein⸗ stimmige Annahme fand der Antrag Stanleye’s, sich gegen eine Bill zu erklären, die Schiedsgerichte mit Zwangsbefugniß einsetzt. Die Achtstunden⸗Bill für Bergleute brachte Greenall von Lancashire zur nochmaligen Verhandlung. Die Versammlung beschloß, nur solche Parlaments⸗Abgeordnete zu unterstützen, die versprechen, für die Bill zu stimmen.

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Kunst und Wissenschaft.

Das Königliche Kunstgewerbe⸗Museunm veranstaltet in den Monaten Januar bis März drei Reihen öffentlicher Vor⸗ träge, welche am 14. bezw. 15. und 17. Januar beginnen werden. Es sprechen: Montags Direktor Dr. P. Jessen über Geschichte der Möbelformen; Dienstags Dr. Adolf Brüning über das Be⸗ leuchtungsgeräth vom Alterthum bis zur Gegenwart; Donners⸗ tags Dr. Richard Graul über graphische Künste und Techniken. Die Vorträge finden, wie bisher, Abends von 8 ½ bis 9 ½ Uhr im Hör⸗ saal des Kunstgewerbe⸗Museums, SW. Prinz Albrechtstraße 7, statt. Der Zutritt ist unentgeltlich. Der Geschichtsforscher Professor Wilhelm Arndt in Leipzig ist dem „W. T. B.“ zufolge gestern Nacht gestorben. Er war am *8 Februar 1839 zu Kulm in Westpreußen geboren, studierte in Göttingen unter Waitz Geschichte und trat 1862 bei den „Monu- menta Germaniae historica“ unter Pertz als Mitarbeiter ein. Im Jahre 1875 habilitierte er sich als Dozent für Geschichte an der Universität Leipzig, wo er 1876 außerordentlicher Professor wurde. Gestern fand in St. Petersburg unter dem Vorsitz des Eroßfürsten Konstantin und in Gegenwart des Kaisers eine feier⸗ liche Sitzung der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften statt. In dieser Sitzung wurden zu korrespondierenden Mit⸗ gliedern der Akademie gewählt: die Universitäts⸗Professoren Karl Krumbacher (München), Franz Kohlrausch (Straßburg i. E.), Wil⸗ helm Waldeyer (Berlin), Otto Bütschli (Heidelberg), Adalbert Bezzen berger (Königsberg i. Pr.), Eduard Pflüger (Bonn). 8

Land⸗ und Forstwirthschaft.

8 Ernteaussichten in Chile.

Die Aussaat von Körnerfrüchten ist s. Z. im ganzen Lande in zufriedenstellender Weise von statten gegangen, und man rechnet in den landwirthschaftlichen Kreisen auf ein den Durchschnitt um 25 % oder mehr übersteigendes Ernteergebniß.

Infolge der niedrigen Preise für Weizen hat der Anbau von Gerste zugenommen. Washington, 10. Januar. (W. T. B.) Nach dem Jahres⸗ vericht des Ackerbaubureaus betrug die mit Mais bepflanzte Fläche 62 582 000 Morgen und ergab 1 212 770 000 Scheffel oder durchschnittlich 19,4 Scheffel per Morgen. Es ist dies der is Ertrag seit 13 Jahren. Die mit Weizen bepflanzten 34 882 Margen ergaben 460 267 000 Scheffel, durchschnittlich 13,2 Scheffel; 27,024 000 Morgen, die mit Hafer bepflanzt waren, ergaben 662,087 000 Scheffel, 1 945 000 Morgen Roggen 26 727 615 Scheffel und 3 171 000 Morgen Gerste 61 400 465 Scheffel.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks

an der Ruhr und in Oberschlesien.

An der Ruhr sind am 10. d. M. gestellt 11 269, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.

In Oberschlesien sind am 9. d. M. gestellt 4804, nicht recht⸗ ritig gestellt keine Wagen. v11““ 8 Zwangs⸗Versteigerungen. 1

Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin standen am 10. Januar die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Koleniestraße, dem Zimmermeister Aug. Friedrich hebörig; Flã

279 a; mit dem Gebot von 42 800 blieb die Handlung in Firma Evers u. Klapper, Monbijouplatz 10, Meistbietende. Pückler⸗ 54, dem Apotheker Heinrich Isaacsohn gehörig; Nutzungs⸗ vert 11 200 ℳ; für das Meiftgebot von 196 600 wurde der

ischlermeister Th. Hietzig, Falkensteinstr. 42, Ersteher. Auf⸗ gehoben wurde das Verfahren der Zwangsversteigerung wegen der Grundstücke Engel⸗Ufer 1, 1a und 1b, der Wittwe A. K. E.

ayer, geb. Marschky, gehörig.

Ausweis über den Verkehr auf dem Berliner Schlacht⸗

viehmarkt vom 9. Januar 1895. Auftrieb und Marktpreise bach Schlachtgewicht mit Ausnahme der Schweine, endgewicht gehandelt werden. Rinder. Auftrieb 451 Stück.

(Durchschnittspreis für 100 kg.) I. Qualität ℳ, II. Qualität ℳ, III. Qualität 96 106 ℳ, IV. Qualität 90 94 Schweine. Auftrieb 8379 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) Mecklenburger 190 ℳ, Landschweine: a. gute 96—98 ℳ, b. geringere 90 94 ℳ, Galizier ℳ, leichte Ungarn bei 20 % Tara, Bakonver 86 88 bei 27,5 kg Tara pro Stück. Kälber. Auftrieb 1719 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) I. Qual. 1,28 1,40 ℳ, II. Qual. 1,12 1,26 ℳ, III. Qualität 1,00 1,10 Schafe. Auftrieb 970 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) I. Qualität 1,00 1,12 ℳ, II. Qualität 0,84 0,96 ℳ.

III. Qualität

Börse zu Düsseldorf. (Amtlicher Preisbericht vom 10. Januar 1895.) Auf dem Kohlenmarkt hat der plötzliche Schluß der Schiffahrt vorläufig eine gewisse Stockung im Versand ver⸗ ursacht. In Roheisen ist das Geschäft fest, die Nachfrage nach Fertig⸗ fabrikaten läßt viel zu wünschen übrig. (Berechnung in Mark für 1000 kg und, wo nicht anders bemerkt, ab Werk). Kohlen und Koks. 1) Gas⸗ und Flammkohlen: Gaskohle für Leuchtgasbereitung 10 11,00, Generatorkohle 10 11, Gasflammförderkohle 8,20 9,20; 2) Fett⸗ kohlen: Förderkohle 7,50 8,50, melierte beste Kohle 8,50 9,50, Kokskohle 6,50 7. 3) Magere Kohlen: Förderkohle 7—8, melierte Kohle 8 10, Nußkohle Korn II (Anthracit) 18,00 20,00; 4) Koks: Gießereikoks 13,00 14,50, Hochofenkoks 11,00, Nußkoks, gebrochen 13,75 15,50; 5) Briquets 8,50 11,00. Erze: 1) Roh⸗ spath 7, 2) Gerösteter Spatheisenstein 9,50 10,50, 3) Som⸗ morrostro f. o. b. Rotterdam —, 4) Nassauischer Rotheisenstein

it ca. 50 % Eisen 8,00 8,50, 5) Rasenerze franko —,—. Roheisen: 1) Spiegeleisen Ia. 10 12 % Mangan 51, 2) 1“ Qualitäts⸗Puddelroheisen: a. rheinisch⸗westfälische Marken, b. Siegerländer und 3) Stahleisen je 43 44 mit Fracht ab Siegen, 4) Englisches Bessemereisen ab Verschiffungs⸗ hafen —,—, 5) Spanisches Bessemereisen Marke Mudela cif. Rotterdam —,—, 6) Deutsches do. —,—, 7) Thomaseisen frei Verbrauchsstelle 47,00, 8) Puddeleisen (Luxemburger Qualität) 37,00, 9) Englisches Roheisen Nr. III ab Ruhrort 55,00, 10] Luxem⸗ burger Gießereieisen Nr. III ab Luxemburg 45,00, 11) Deutsches Gießereieisen Nr. I 63, 12) do. Nr. II —, 13) do. Nr. III 54, 14) do. Hämatit 63, 15) Spanisches Hämatit Marke Mudela ab Ruhrort —,—. Stabeisen: Gewöhnl. Stabeisen 102 105. Bleche: 1) Gewöhnliche Bleche aus Flußeisen 110 115, 2) Kesselbleche aus Flußeisen 120 125, 3) Kesselbleche aus Schweißeisen 150 165, 4) Feinbleche —,—. Draht: 1) Eisenwalzdraht —,—, 2) Stahl⸗ walzdraht —,—.

In der gestrigen außerordentlichen Hauptversammlung der Bergisch⸗Märkischen Bank wurde, wie die „Köln. Ztg.“ meldet, einstimmig ein Antrag auf Erhöhung des Grundkapitals um 5 000 400 angenommen.

Die Einnahmen der Lübeck⸗Büchener Eisenbahn be⸗ trugen im Dezember 1894 nach vorläufiger Feststellung 407 852 gegen 373 219 im Dezember 1893, mithin mehr 34 633 Die Gesammteinnahmen vom 1. Januar bis Ende Dezember 1894 be⸗ trugen nach vorläufiger Feststellung 5 040 736 gegen 4 821 034 im gleichen Zeitraum des Vorjahrs, mithin mehr 219 702

Die Bilanz der Oesterreichisch⸗Ungarischen Bank er⸗ giebt als Gesammtdividende für das Jahr 1894 42 Fl. 90 Kr. gleich 7,15 % pro Aktie; somit entfallen auf den Kupon des zweiten Halb⸗ jahrs 27 Fl. 90 Kr. Der Gewinnantheil beider Staatsverwaltungen an dem Erträgniß des Jahrs 1894 beträgt zusammen 126 972 Fl.

„— Aus Paris meldet die „Frkf. Ztg.“, daß ein Syndikat unter Fäng der Banque de Paris mit der brasilianischen Regierung ein Vorschußgeschäft über 25 Millionen Fres. ab⸗ geschlossen hat. Dieses Geschäft steht in keinem Zusammenhange mit dem mit Rothschild in London abgeschlossenen.

Magdeburg, 10. Januar. (W. T. B.) Zuckerbericht. Kornzucker exkl., von 92 % —, neue 9,05 9,15. Kornzucker exkl., 88 % Rendement 8,60 8,80, neue 8,65 8,80. Nachprodukte exkl., 75 % Rendement 5,75 6,45. Ruhig. Brotraffinade I —,—. Brot⸗ raffinade II —,—. Gem. Raffinade mit Faß 20,25 21,50, Gem. Melis I mit Faß 19,50. Ruhig. Rohzucker I. Produkt Transito f. a. B. Hamburg pr. Januar 8,72 ½ Gd., 8,77 ½ Br., pr. Februar 8,72 ½ Gd., 8,77 ½, Br., pr. März 8,77 ½ Gd., 8,82 ½ Br., pr. April⸗Mat Gd., Br. Still.

Leipzig, 10. Januar. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. pr. Januar 2,75 ℳ, pr. Februar 2,77 ½ ℳ, pr. März 2,77 ½ ℳ, pr. April 2,77 ½ ℳ, pr. Mai 2,80 ℳ, pr. Juni 2,85 ℳ, pr. Juli 2,87 ½ ℳ, pr. August 2,87 ½ ℳ, pr. September 2,90 ℳ, pr. Oktober 2,90 ℳ, pr. November 2,92 ½˖ ℳ, pr. Dezember 2,92 ½ Umsatz 10 000 kg.

Kämmlings⸗Auktion. Käufer zahlreich. Lebhafte Stim⸗ mung. Angeboten 364 000 kg, zurückgezogen 130 000 kg, verkauft 234 000 kg. Mittlere und gute Australier 10 —15 höher. Kleine Australier und Buenos Aires unverändert. Mittlere und reine Buenos Aires 5 10 höher, Kreuzzucht 15 20 höher.

Bremen, 10. Januar. (W. T. B.) (Börsen⸗Schlußbericht.) Raffiniertes Petroleum. (Offizielle Notierung der Bremer Petroleum⸗Börse.) Sehr fest. Loko 5,5. Baumwolle. Er⸗ öffnung fest, Schluß ruhiger. Upland middl. loko 28 ½ ₰. Schmalz. Fest. Wilcox 37 ¾ ₰, Armour shield 37 ₰, Cudahy 38 ₰, Fairbanks 30 . Wolle. Umsatz 112 Ballen. Speck. Fest. Short clear middling loko 35 ½, Januar⸗Abladung 34. Taback. Umsatz: 38 Faß Kentucky, 11 Faß Virginy.

Hamburg, 10. Januar. (W. T. B.) Kaffee (Nachmittags⸗ bericht.) Good average Santos pr. März 73, pr. Mai 72 ¾, pr. Sep⸗ tember 71 ¾, pr. Dezember 70 ¾. Behauptet.

Zuckermarkt. (Schlußbericht.) Rüben⸗Rohzucker I. Produkt Basis 88 % Rendement neue Usance, frei Bord Hamburg pr. Fazuar 8,67 ½, pr. März 8,77 ½, pr. Mai 8,87 ½, pr. August 9,15.

uhig.

Wien, 11. Januar. (W. T. B.) Ausweis der Südbahn in der Woche vom 1. Januar bis 7. Januar 579 779 Fl., Mehr⸗

einnahme 13 320 Fl.

London, 11. Januar. (W. T. B.) Die „Times“ schreibt: Der für die Baring⸗Obligationen gezahlte Betrag wird morgen bei der Bank von England deponiert werden. Die Garanten werden demgemäß, wie wir annehmen, spätestens am Sonnabend ihrer Garantiepflicht enthoben werden.

St. Petersburg, 10. Januar. (W. T. B.) Der Finanz⸗ Minister erließ neue Reglements für Verabfolgung von Dar⸗ lehen auf Waaren, für den Transport verpfändeter und für die Verabfolgung von Darlehen auf Metalle und Metallfabrikate.

erdingungen im Auslande.

Niederlande.

15. Januar, 10 Uhr. De directie der Nederl. Zuider-Spoor- weg-maatschappy in Heerlen (Limburg): 8100 1 Nr. 10. Bau von drei Wächterwohnungen, Schätzung: 2) Loos Nr. 13. Bau einer Wohnung für den Maschinenaufseher auf der Station Kerkrade, Schätzung: 4500 Fl.; 3) Loos Nr. 14. Bau von Güter⸗ und Zollschuppen und einer M 1 die erhöhte Ladestelle auf der Station Kerkrade. Schätzung 4) Loos Nr. 15. Bau eines Wohnhauses für vier Steuerbeamte und Ausführung einiger anderer Arbeiten auf der Station Kerkrade. Schätzung 12 000 Fl. 1 5) Loos Nr. 16. Bau eines Lokomotivgebäudes mit Wasser⸗ versorgung und Ausführung einiger anderer Arbeiten auf der Station Kerkrade. Schätzung 29 100 Fl. 6) Loos Nr. 17. Bau von Gebäuden und Einrichtungen (Haupt⸗ gebäude u. s. w.) auf der Station Sterkrade, Schätzung: 25 900 Fl. Bedingungen im Sektionsbureau der genannten maatschappy erhältlich für 1 Fl. per Loos 10 und 13, 1,50 Fl. per Loos 14 und 15

8

und 2,50 Fl. per Loos 16 und 17.

. 16. Januar, Mittags. Polderbestuur van Nieuw-Helvoet: Lieferung von 1200 hl Steinkohlen, franko in das Lager. Auskunft an Ort und Stelle.

16. Januar, 2 ½ Uhr. Het College van Regenten over de Gevangenissen te Rotterdam im Huis van Bewaring, Korte Hoogstrout: Lieferung von Leinwänd und anderen Manufakturwaaren, Bürsten⸗Haar, Blech, Eisendraht und Zinn. Bedingungen erhältlich beim Directeur der Strafgefangenis zu Rotterdam.

18. Januar. Het bestuur der vereeniging Landbouwbelang Eiland Tholen in Tholen (Zeeland): Lieferung von 170 000 kg Superphosphat, 35 200 kg Chilesalpeter, 11 400 kg Peru⸗ guano, 4400 kg schwefelsauren Ammoniak, 5800 kg Ammoniak⸗ Superphosphat. Bedingungen bei dem Sekretär A. J. de Wit

Andriessen erhältlich.

21. Januar, 2 ½ Uhr. Het College van Regenten over de Gevangenissen in Leeuwarden: Lieferung von maschinen⸗ gesponnenen Jute⸗, Flachs⸗, Hanf⸗, Kattun⸗ und Woll⸗Webegarnen, Decken u. s. w. während des Jahres 1895. Bedingungen bei dem Directeur der Byzondere Strafgevangenis in Leeuwarden er⸗ hältlich. 8

22. Januar, 1 Uhr. De Hoofdingenieur, chef van den tech- nischen dienst der rykstelegraaf im Haag, Kazernestraat 3:

Loos Nr. 1. Lieferung von Morsepapierxollen...

5 Nr. 2. Lieferung von eisernen Telegraphenpfählen, Modell enley.

Loos Nr. 3. Lieferung von eisernen hakenförmigen Isolatoren⸗ trägern (für eiserne Pfähle).

Loos Nr. 4. Lieferung von verzinktem Eisendraht n. 5. Be⸗ dingungen für 0,20 Fl. per Loos bei Gebr. van Cleef im Haag, Spui 28a, erhältlich.

28. Januar, Mittags. Bureau) im Haag:

Loos 161. Metallener Oberbau mit Zubehör von für Sekundärbahnen.

Loos Nr. 162. Eisenwerk mit Zubehör für Syphons. Zwecken der Staatsbahnen auf Java.

Bedingungen im genannten Bureau zur Einsichtnahme und käuflich bei M. Nyhoff im Haag, Nobelstraat 18.

4. Februar, 1 Uhr. Burgermeester en Wethouders zu Dordrecht: Lieferung und Aufstellung von Reinigungskisten mit Hebevorrichtung zum Heben der Deckel und der nöthigen Hilfsstücke, Abschlüsse und Röhrenleitungen für die Vergrößerung der Gasfabrik. Bedingungen käuflich für 1 Fl. bei der Gemeente-Secretarie zu Dordrecht.

Ministerie van Kolonien (Technisch 26 Brücken

Alles zu

Verkehrs⸗Anstalten.

Bremen, 11. Januar. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Postdampfer „Neckar“ ist am 9. Januar Nachmittags von New⸗York nach Neapel abgegangen. Der Postdampfer „Lancelot“ ist am 10. Januar Vormittags auf der Weser angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Oldenburg“ ist am 7. Januar Nachmittags in Adelaide angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Habsburg“ hat am 9. Januar Nachmittags die Reise von Adelaide nach Colombo Der Postdampfer „Roland“ ist am 10. Januar Vor⸗ mittags in Vigo angekommen. Der Postdampfer „Weimar“ hat am 10. Januar Vormittags Dover passiert. Der Postdampfer „Stuttgart“ hat am 10. Januar Vormittags Lizard passiert. Der Postdampfer „Hohenzollern“ ist am 8. Januar Vormittags von New⸗York nach der Weser abgegangen.

Hamburg, 10. Januar. (W. T. B.) Hamburg⸗Amerika⸗ nische Packetfahrt⸗Aktien⸗Gesellschaft. Der Postdampfer „Dania“ ist heute Morgen in Cuxhaven eingetroffen.

Bern, 10. Januar. (W. T. B.) Der Große Rath nahm mit

fortgesetzt.

großer Mehrheit das Straßenbahngesetz an mit dem Grundsatz, daß der Staatsbetrieb keinen Gewinn abwerfen, daß aber der Rein⸗ ertrag ausschließlich zur Verbesserung des Betriebs und für den Unter⸗ halt der Bahn verwendet werden solle.

FPvheater und Musik.

1 Berliner Theater.

Der Schwank „Der Raub der Sabinerinnen“ von Franz und Paul von Schönthan hat bei seiner gestrigen ersten Auf⸗ führung auf dieser Bühne den gewohnten Heiterkeitserfolg gehabt. Die Darstellung war im ganzen eine der übermüthigen Handlung entsprechend frische und lustige; fast jeder Darsteller war an den richtigen Platz gestellt und führte seine Aufgabe geschickt durch. Herr Franz Guthery, der den sehr komischen Theater⸗Direktor Striese gab, verlieh der Gestalt eine gewisse neue Eigenart, die der eigenthümlichen gemäßigten Charakterisierungsweise dieses Komikers entsprach; eine kräftigere Betonung des Karikaturhaften in dieser Rolle wäre aber nicht vom Uebel gewesen. Den Professor Gollwitz gab Herr Merten mit großer Naturwahrheit, bei der die Pedanterie und Schüchternheit ihren belustigenden Eindruck nicht verfehlten. Als seine Gattin be⸗ währte Frau von Pöllnitz ihr bekanntes schauspielerisches Geschick, doch hätte für diesen Schwank die Vornehmheit ihres Spiels etwas herabgestimmt werden dürfen. Herr Oscar Sauer entfaltete als Doktor Neumeister bei allem Phlegma so reichen Humor und eine Lebendigkeit in Spiel und Wesen, daß seine Rolle stark in den Vordergrund gerückt wurde. Recht gut waren auch Fräulein Milly Riska als die naive Professorstochter und Fräulein Jaeger als Dienstmädchen Rosa. Weniger erfreulich war die Leistung des Heern Prechtler, der in seinen Bewegungen immer etwas Ungelenkes hat. Fräulein Marie Wolff, die wir als tüchtige Dar stellerin kennen, ist für die Rolle der jungen Doktorsfrau zu streng und ernst. Das gutbesetzte Haus zollte den Darstellern lebhaften Beifall.

8 “““ Konzerte.

Der Pianist Herr Moritz Mayer⸗Mahr, der schon öfter

hier konzertierte, ließ sich gestern im Saal Bechstein hören. Außer einigen bekannten Stücken von Schumann, Jensen, Grieg und Rubin⸗ stein spielte er eine Sonate A-dur für Klavier und Violine von César Franck als Novität. Das Werk, das sich in keinem Satze zu einem größeren Aufschwung der Phantasie erhebt, ist zugleich in tech⸗ nischer Hinsicht meist eine recht undankbare Aufgabe für die Violin⸗ partie, die von Frau Marianne Scharwenka⸗Stresow sehr lobenswerth ausgeführt wurde. Der Konzertgeber trug am Schluß des Abends noch zwei anmuthige Piêcen eigener Komposition und zwei Bravourstücke von Ph. Scharwenka und Liszt vor. Sein Spiel ist nicht gefällig genug phrasiert und läßt auch mitunter Wärme der Empfindung vermissen. Der hier bereits wohlbekannte Tenorist Herr Heinrich Grahl, der das Konzert unterstützte, trug mit klangvoller, umfangreicher Stimme, die jedoch noch vollständiger Ausgleichung der Register bedarf, mit warmer Hingebung für die Sache fünf Lieder des Konzertgebers vor, unter denen „Geheimniß“ und „An den Frühling“ am meisten gefielen. Alle Leistungen des Abends wurden von dem zahlreich erschienenen Publikum beifällig aufgenommen. An demselben Abend fand ein Konzert des Berliner Damen⸗ Quartetts statt, das im Konzertsaal des Klubhauses (Potsdamer⸗ straße Nr. 9) zum ersten Mal auftrat. Das Quartett besteht aus den Damen Emmy Lampe (1. Sopran), Anna Müller⸗ Kannberg (2. Sopran), Sophie Braun (I. Alt) und Margarethe Krause (2. Alt). Die in der Königlichen Hochschule vortrefflich ausgebildeten Sängerinnen bewiesen im a cappella- Gesang große und im Vortrage warme Empfindung. Von den gewählten Quartetten von Rintel, Berger, Schumann, Brahms und anderen wurde das „Trutzlied“ von Vierling auf Wunsch wiederholt. Herr Georg Buddeus erfreute durch den Vortrag einiger Klavierstücke, die gleich den Gesängen bei den Hörern lebhafte Anerkennung fanden.

Im Königlichen Opernhause gelangen morgen Mascagni's v„Cavalleria rusticana“ unter Kapellmeister Dr. Mucks Leitung (Santuzza: Frau Pierson, Turiddu: Herr Sommer) und Leoncavallo's

„Bajazzi“ (Nedda: Frau Herzog, Canio: Herr Sommer, Tonio: Herr 8