Halsg Silvio: Herr Fränkel) zur Aufführung. Kapellmeister Sucher dirigiert.
8g. Königlichen Schauspielhause wird morgen die dritte Abtheilung von Friedrich bbel's deutschem Trauerspiel „Die Nibelungen“, „Kriemhild's Rache“ mit folgender Besetzung der Hauptrollen gegeben: Kriemhild: Fräulein Poppe, gen: rr Molenar, Etzel: H. Swig Dietrich von Bern: rr Nesper, Markgraf Rüdiger: Herr Klein, Ute: Frau Kahle, Gudrun: Fräulein Sauer, Günther: Herr Arndt, Volker: Herr Keßler, Hildebrant: Herr Kahle. — Der Geburtstag Franz Grillparzer's (15. Januar) wird mit einer Aufführung von des Dichters Werk „Das goldene Vließ“ I. Theil „Der Gastfreund, Die Argonauten“ begangen, dem sich am 17. Januar der II. Theil „Medea“ anreihen soll. Die dritte Aufführung von Hebbel's „Nibelungen“ kann infolge dessen erst in übernächster Woche stattfinden,
Das Friedrich⸗Wilhelmstädtische Theater muß die Aufführungen der Operette „Orpheus“ morgen unterbrechen, weil das gesammte Corps de Ballet in den drei Ballets mitwirkt, welche bei dem Maskenball im Theater Unter den Linden zur Aufführung ge⸗ langen. Morgen wird deshalb die Strauß'sche Operette „Die Fleder⸗ maus“ gegeben, während am Sonntag und den folgenden Tagen die Ausstattungsoperette „Orpheus“ wieder auf dem Spielplan erscheint.
In dem Schwank „Fernand'’s Ehekontrakt“ (Un fil à la patte), der am Sonntag im Residenz⸗Theater zum ersten Mal in Scene geht, werden die drei Hauptrollen von den Herren Alexander, Pansa und Pagay dargestellt.
In der morgigen zweiten Quartett⸗Soirée der Herren Professor Jos. Joachim und Genossen gelangen Streichquartette von Haydn (G-dur), Ant. Dvokàk (Es-dur, op. 51) und Beethoven (F-moll, op. 95) zur Ausführung. 8 1
Aus Cannes wird der Tod des französischen Komponisten Ben⸗ jamin Godard gemeldet.
8 Mannigfaltiges.
Vpon Seiner Majestät dem Kaiser und König ist dem Stadtverordneten⸗Kollegium nachstehendes Allerhöchste Dank⸗ schreiben zugegangen:
„Von den Stadtverordneten als den Vertretern der Bürgerschaft Meiner Haupt⸗ und Residenzstadt Berlin an der Schwelle des neuen Jahres warme Segenswünsche für Mich und Mein Haus sowie die Versicherung unverbrüchlicher Treue zu erhalten, war Mir eine herz⸗ liche Freude und fühle Ich Mich gedrungen, den Stadtverordneten hierfür Meinen aufrichtigen Dank auszusprechen. Gern werde Ich anch in Zukunft die Thätigkeit der Stadtverordneten bei der Ver⸗
wmwaltung des goßen Gemeinwesens, welchem jetzt wieder durch die waltur 4
Erweiterung des städtischen Weichbildes ein erheblicher Zuwachs bevor⸗ steht, mit Meinem lebhaften Interesse begleiten und allen auf eine gesunde Fortentwicklung Berlins gerichteteten Bestrebungen Meine fördernde Unterstützung zuwenden. Neues Palais, den 7. Januar 1895 Wilhelm R. An die Stadtverordneten zu Berlin.
In der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten erfolgte zunächst die Neuwahl des Vorstehers und des weiteren Bureaus sowie die Verloosung der Mitglieder der Versammlung in die fünf Abtheilungen (gemäß § 18 der Geschäftsordnung). Vor Beginn der Wahlen stattete nach dem Bericht der „Nat.⸗Ztg.“ der Stadtv. Reiß, als Aeltester der Versammlung, deren Vorsteher und dem Bureau für ihre Mühewaltung den Dank der Versammlung ab. Die Wahl des Vorstehers erfolgte auf den Antrag des Stadtv. Spinola durch Zuruf; das Ergebniß war die einstimmige Wieder⸗ wahl des bisherigen Vorstehers Dr. Langer hans. Dr. Langerhans nahm die Wahl mit Dankesworten an. Die
Wahl des stellvertretenden Vorstehers mußte, da der Stadtverordnete Wernau gegen eine Acclamationswahl Widerspruch erhob, durch Stimmzettel erfolgen. Von 102 gültigen Stimmen ent⸗ fielen auf den bisherigen stellvertretenden Vorsteher Michelet 91 Stimmen. Stadtverordneter Michelet nahm die Wahl dankend an. Die bisherigen Beisitzer sowie deren Stellvertreter wurden durch Zuruf wiedergewählt. Die Verloosung der Mitglieder in die Abtheilungen wurde durch drei hierzu vom Vorsteher ernannte Stadtverordnete außerhalb des Saales vollzogen. Als Tag und Stunde, an welchen die ordentlichen Sitzungen der Ver⸗ sammlung in diesem Jahre stattzufinden haben, wurde wiederum der Donnerstag, Nachmittags 5 Uhr, festgesetzt. Die bisherigen Ausschüsse für die Wahl der unbesoldeten Gemeindebeamten, zur Begutachtung der Vorlagen wegen Anstellung bezw. Pensionierung besoldeter Gemeindebeamten, und der Ausschuß für Petitionen wurden in ihrer gegenwärtigen Zusammensetzung belassen. Deshthihen die übrigen ständigen Ausschüsse. In Bezug auf die Zutheilung der Stadtbezirke an die Mitglieder der Versammlung behufs Aus⸗ führung von Recherchen stimmte die Versammlung dem Vor⸗ steher zu, daß eine Aenderung hierin nicht stattzufinden habe. Diejenigen Ausschüsse, welche ihre Arbeiten noch nicht erledigt haben, erhielten den Auftrag, dieselben erst zu erledigen und bis dahin bestehen zu bleiben. — Stadtverordneter Wohlgemuth erstattete sodann den Bericht der nach Deutz bei Köln a. Rh. zum Studium der dortigen Schwebebahn⸗Anlage des Geheimen Kommerzien⸗Raths Langen entsandten Kommission. Die Kommission beantragt einstimmig die Einsetzung einer gemischten Deputation, bestehend aus 10 Stadtverordneten und 5 Magistratsmitgliedern, welche unter Zuziehung des Unternehmers eine zu konzessionierende Linie vom Innern der Stadt nach Treptow festzusetzen und den Entwurf eines Vertrags zur Vorlage für die städtischen Behörden abzufassen habe. Der Antrag der Kommission wurde ohne Debatte von der Versamm⸗ lung zum Beschluß erhoben. — Um den Geburtstag Seiner Majestät des Kaisers und Königs in gleicher Weise wie in früheren Jahren durch ein Festmahl der städtischen Behörden im Festsaale des Rathhauses begehen zu können, beantragt der Magistrat in einer Vorlage die Bewilligung des Festsaales und der anstoßenden Räumlichkeiten zum Sonntag, den 27. Januar, und ersucht gleichzeitig um Deputierung von zwei Mittgliedern der Versammlung, welche mit den Magistratsdeputirten, Stadträthen Borchardt und Schäfer, die Vorbereitungen zu dem Festmahl zu treffen haben. Die Versammlung bewilligte ohne Debatte die Be⸗ nutzung des Festsaales und deputierte ihrerseits die Stadtverordneten Diersch und Seibert in die Vorbereitungskommission. — Der Feuer⸗Sozietätsbeitrag für das Geschäftsjahr vom 1. Oktober 1893 bis 30. September 1894 wurde von der Versammlung, dem Antrage des Magistrats entsprechend, auf 5,3 ₰ für 100 ℳ festgesetzt.
Am 9. d. M. wurde im Hause Yorkstr. 44 für den Südwesten Berlins die Unfallstation VII mit ununterbrochenem ärztlichen Tag⸗ und Nachtdienst für Unfälle und plötzliche Erkrankungen er⸗ öffnet. Dieselbe untersteht der Leitung des Dr. Heilmann und ist verbunden mit der Sanitätswache 19, welche sich bislang am Plan⸗ ufer befand. Die Station ist am Kreuzungspunkte der York⸗, Bülow⸗, Manstein⸗ und Goebenstraße belegen. In den Parterre⸗Räumlich⸗ keiten befinden sich ein geräumiges Operations⸗ und Verband⸗ zimmer mit moderner medizinischer bezw. chirurgischer Aus⸗ stattung, ein Warteraum, Raum für Aerzte, eine Viectoria⸗ Schwester und Wärterpersonal und im oberen Stockwerk die Wohnung des Arztes. Bis Ende Januar hofft man 10 Stationen in Betrieb zu setzen. Auch soll eine vom Stadttelephonnetz unabhängige direkte Telephonverbindung der Zentrale in der Wilhelmstraße 38 mit sämmtlichen Unfallstationen und dieser untereinander zum Zweck sofortiger Alarmierung sämmtlicher Stationen hergestellt werden.
Geeste münde, 6. Januar. Der Sturm und die Hochfluth, welche in der Nacht vom 22./23. Dezember 1894 die Küsten und Inseln der Nordsee verheerend heimsuchten, haben über die in viel⸗ versprechender Entwickelung begriffene Fischdampferflotte der Unterweser das schwerste Unheil verhängt. Von den in Geestemünde und Bremerhaven beheimatheten 54 Fischdampfern sind nicht weniger als fünf, während sie in der Nähe des Hornsriff dem Fange oblagen, ein Opfer der wüthenden See geworden. Ein sechster, auf der Fahrt von England nach Geestemünde begriffener Fischdampfer bleibt verschollen und muß ebenfalls als unwiederbringlich verloren gelten. Der Untergang dieser sechs Fahrzeuge, welche fast durchweg erst in den letzten Jahren erbaut sind, ist ein großer Verlust, noch größer aber der Jammer und die Noth, welche über zahlreiche Familien jäh hereingebrochen sind. Die anze, aus 61 wackeren Seeleuten bestehende Besatzung hat ein Grab in den Wellen gefunden. Nahezu 40 Frauen beweinen den Gatten, weit über 100 Waisen den Vater, der zahlreichen Fälle nicht zu gedenken, in denen ergraute Eltern den Sohn und Er⸗ nährer, hilfsbedürftige Geschwister den Bruder verloren haben. Nur wer in den Tagen bangen Zweifels, denen die trostlose Gewißheit nunmehr gefolgt ist, die Schaar der Frauen und Kinder, angstvoll und starr den Blick in die Ferne gerichtet, am Ufer des Stroms gesehen hat, vermag den Umfang und die Tiefe des Elends zu ermessen, das die Gewalt der entfesselten Elemente angerichtet hat. Ua⸗ Linderung desselben hat sich ein Comité gebildet, dessen Vor⸗ sitzender Landrath Dyes ist, und welchem die Bürgermeister und eine Reihe angesehener Bürger von Geestemünde, Bremerhaven und Lehe als Mitglieder angehören. Dasselbe richtet an alle Menschen⸗ freunde nah und fern die herzliche Bitte um Hilfe und wird über die eingelaufenen Gaben und deren Verwendung öffentlich Rechnung ablegen. Auch der kleinste Beitrag ist willkommen. Spenden nehmen entgegen: in Geestemünde die Kreis⸗Kommunalkasse und die Geesemünder Bank, in Bremerhaven die Bremerhavener Bank.
Frankfurt a. M., 10. Januar. Durch einen Küchenbrand in einem Hause der Finkenhofstraße erstickten heute Mittag, wie die „Frankf. Ztg.“ meldet, eine 70 jährige Frau Schmidt und zwei Kinder, ein Knabe und ein Mädchen von 2 bezw. 4 Jahren.
Wien, 11. Januar. Die durch die Schneemassen herbei⸗ geführte Verkehrsstörung in Wien ist, wie „W. T. B.“ meldet, jetzt behoben. Ein kleiner Theil der Südbahnstrecke Mödling — Wiener Neustadt ist noch immer für Eisenbahnzüge nicht passierbar. Aus allen Theilen der Monarchie werden heftige Schneefälle gemeldet.
Budapest, 10. Januar. Die heute fälligen Wiener Post⸗ züge sind nach Meldung des „W. T. B.“ ausgeblieben. Auf zahl⸗ reichen Eisenbahnstrecken ist der Verkehr infolge von Schnee⸗ verwehungen eingestellt.
Rom, 10. Januar. In Celenza (Provinz Foggia) stürzten, wie „W. T. B.“ berichtet, infolge eines Schneesturms vier Häuser ein; sechzehn Personen wurden unter den Trümmern be⸗ graben, acht blieben todt. Bei Pistoja wurde eine Frau erfroren aufgefunden. Starker Schnee fiel auch in Ravenna, Stresa, Santangelo und ferner in Lombardi, wo mehrere Dächer ein⸗ stürzten, ohne Menschen zu verletzen.
Brüssel, 10. Januar. „W. T. B.“ meldet: Sämmtliche öffentlichen Spielhäuser, deren Zahl sich in letzter Zeit
erheblich vermehrt hatte, wurden heute Abend polizeilich geschlossen.
Wetterbericht vom 11. Januar 8 Uhr Morgens.
V Wind.
Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeressp red. in Millim
Stationen. Wetter.
mann. In
5 bedeckt 7 ½ Uhr. 1 heiter
2 wolkenlos — EC232 2 Schnee
Belmullet .. Aberdeen.. Christiansund Kopenhagen. V Stockholm G Haparanda. still Nebel St. Petersbg. SO 1 bedeckt Moskau . .. SSW 2Schnee ¹) Cork, Queens⸗ ““ S 8Regen Cherbourg wolkig elder Schnee s bedeckt mburg Schnee ²) winemünde wolkig³) Neufahrwasser 758. bedeckt Memel 7761 bedeckt
Ses 759 wolkenlos Rünster.. . 754 bedeckt Karlsruhe.. 757 bedeckt Wiesbaden. 755 bedeckt München . 755 Schnee Chemnitz. 756 bedeckt Berlin 754 bedeckt*) qꝑq616 Schnee Breslau 752
Schnee Ile d'Aixr. 758 wolkenlos — 4 61855
heiter V — EE16167383
lustigen
Alten sungen. Niemann.
b0—S—
nung)
—8᷑ eEg—gneenedesö
bedeckt
¹) Abends und Nachts Schnee. ²) Gestern Schnee. ²) Nachts Schnee. ⁴) Nachts Schnee. 1
Uesbersicht der Witterung. schrift
cana. (Bauern⸗Ehre.) Oper in 1 Aufzug von Pietro Mascagni. Volksstück von G. Verga. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dr. Muck. — Bajazzi. in 2 Akten und Dichtung von R. Leoncavallo, deutsch von L. Hart⸗ Scene Tetzlaff. Dirigent:
Schauspielhaus.
Dritte Abtheilung: Trauerspiel in 5 Aufzügen. Anfang 7 ½ Uhr. Sonntag: Opernhaus. Weiber von Windsor. phantastische Oper in 3 Akten von O. Nikolai. 5 von h S. bnn 1 2 peares gleichnamigem Lustspiele. Tanz von Emi . (Mariage d'hier. Graeb. Anfang 7 ½ Uhr. Fras; g n Schauspielhaus.
Sonntag: Tert nach dem gleichnamigen goldenes Herz. Montag: Ghismonda.
Residenz-Theater.
Dirigent: Kapellmeister (Pagliacci.) Oper einem Prolog. Musik und
gesetzt vom Ober⸗Regisseur 68. Male:
12. Vorstellung.
In Scene gesetzt vom
Demi⸗Monde. Schauspiel in
3 Akten von Georges Feydeau. 12. Vorstellung. 5 “ Komisch⸗ Nenes Theater. von Mosenthal, nach Shake⸗
von Victor Jaunet, deuts
Strauß. Regie: Herr Unger.
Sonntag: Orphens.
Julius ritzsche. Erster großer Pltug, Ffit at
Die barometrische Depression, welche gestern über Beantwortung solcher Gesuche kann bei der umfang⸗ “
Oesterreich lag, ist begleitet von Schneefällen, nord⸗ reichen Arbeit unter keinen Umständen stattfinden.
westwärts nach dem zentralen Deutschland fort⸗ geschritten. an der deutschen Küste schwache und mäßige, nordöstliche und östliche Winde hervor⸗ rufend, unter deren Einfluß die in Norddeutschland über den Mittelwerth ge⸗ 78½ uh stiegen . 8. eüte e 5 Betisen Fäsann 8. ist das Barometer wieder gefallen. n Deu and, wo die Schneefälle fortdauern, ist das Wetter an⸗ Klein Eyolf. dauernd trübe, im Norden ziemlich mild, im Süden noch kalt, die Westhälfte von Norddeutschland ist rößtentheils frostfrai. Schneehöhe Magdeburg 28, reslau 23 cm. Im zentralen Frankreich herrscht
ziemlich strenge Kälte. Deutsche Seewarte. Theater⸗Anzeigen.
Königliche Schanspiele. Sonnabend: Opern⸗ haus. 11. Vorstellung. Cavalleria rusti- Anfang 7 ½ Uhr.
Deutsches Theater. Sonnabend: Zum ersten Temperatur Male: Klein Eyolf von Henrik Ibsen. Anfang
Sonntag, 2 ½ Uhr: Die Weber. — 7 ½ Uhr:
erliner Theater. Sonnabend: Der Kom⸗ pagnon. Anfang 7 ½ Uhr.
onntag, 2 ½ Uhr:
7 ½ Uhr: Der Raub der Sabinerinnen.
Montag: Der Raub der Sabinerinnen.
Lessing⸗Theater.
Thomas a. G. Anna Bäckers.
Zum 132. Male:
Der Kompaguon. —
vposse mit Tanz. — — .“
So abend: Ghismonda. Sonntag: Dieselbe Vorstellung.
8
Nach dem Manöver.
Blumenstraße Nr. 9. Frangfisch.
Schiffbauerdamm 4a./5.
Sonnabend: Zum ersten Male. Nüs eschiegene Springpferde Se und Paria, geritten von “ von Paul Block. In Fül. Isc 13. Vorstellung. Wie die Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg. Lustspiel in 4 Aufzügen von Karl 7 ½ Uhr. ’. nfang 7 ½ Uhr. 1819, ZE dar. ccaer F. Müchse den 3. Februar cr., in den Räumen des Königlichen iedene Frau. Opernhauses ein Subskriptions⸗Ball statt. Ge⸗ ca 8 suche um Ballkarten werden bis zum 29. Januar entgegengenommen. Dieselben müssen schriftlich ge⸗ stellt, die genaue Bezeichnung (Name, Stand, Woh⸗ derjenigen Personen enthalten, für welche Ballkarten gewünscht werden.
Theater Unter den Linden. Behrenstr. 55/57. — Sonnabend: Geboren: Ein So
Sonntag: Der Vogelhändler.
Zentral⸗Theater. Alte Jatobftraße Nr. 30. Direktion: Richard Schultz. — Sonnabend: Emil
O, diese Berliner! Große osse mit Gesang und Tanz in 6 Bildern (nach
ingré's Reise durch Berlin“) von Julius reund. Musik von Julius Einödshofer. Anfang
tag: Die Weber. Uhr. 8 häer 1.““ Sonntag: O, diese Berliner!
Adolph Ernst-⸗Theater. Sonnabend: Auf⸗ treten der Grotesktänzerin Miß Rose Batchelor vom Prince of Wales⸗Theater in London. Zum 19. Male: Ein fideles Corps. Große Gesangs⸗
Nach dem englischen „A Gaiety 1 G Belk⸗ von Jonas Sidney fret e5. “ Druck der Norddeutschen Buchdruckerel und Verlags⸗ Jacobson und Jean Kren. Anfang 7 ½ Uhr.
Konzerte.
Konzert-Haus. Sonnabend: Karl Mender⸗ Konzert. IV. Internationaler Abend. I. Theil: 89 II. Theil: Italienisch. III. Theil: eutsch.
Direktion: Sigmund Lantenburg. Sonnabend: Zum — — Der Unterpräfekt. Kapellmeister Sucher. Anfang 3 Akten von Leon Gaudillot. Deutsch von Max Schönau. — Vorher: Billa Vielliebchen. Lust⸗ Quartett⸗Abend: 1 Die Nibe⸗ sviel in 1 Akt von Benno Jacobson. lungen. Ein deutsches Trauerspiel in 3 Abthei⸗ 7 ½ Uhr. lungen von Friedrich Hebbel. Ober⸗Regisseur Max Grube. Dekorative Einrich⸗ tung vom Ober⸗Inspektor Brandt. Zweiter Abend. riemhilds Rache. Ein Male: Fernand’s Ehekontrakt.
Hceannin Sing-Akndemie. Sonnabend, Anfang 7 ½ Uhr: Joachim, Kruse, Wirth, Haydn: Quartett G-dur. Dvokaͤk:
Anfang Hausmann. Beethoven: Quartett
Quartett Es-dur, op. 51.
Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Zu halben Preisen: F-moll, op. 95. 5 Akten von Alexandre Dumas. — Abends 7 ½ Uhr: Zum ersten
Birkus Renz (Karlstraße). Sonnabend: Parade⸗ Gala⸗Vorstellung. Besonders hervorzuheben: Das Apportierpferd Mohr. Hierauf: Ein hippologisches Ferpüctet von 32 Freiheitspferden, gr. E
rrangement von Herrn R. Renz. Das Schulpferd Beautiful, ger. v. Frau Renz⸗Stark. Die Vollblut⸗
Schwank in
enz und Frau Renz⸗Stark. Zum Anf ersten Male: Phe two Viggo's, in ihrem komischen
nfang akrobatischen Akt: Ein Spaß im Billard⸗Salon. Auftreten des Herrn Gustav Hüttemann (als Gast)
1.“ Preisen: mit seinem von ihm selbst dressierten Vollblut⸗
Die ge⸗ Fuchswallach „Cincinatus“. Der beliebte Klown „August“ Mr. Lavater Lee sowie die excentrischen
Clowns Gebrüder Villaud ꝛc. Zum Schluß:
Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater. I1°0 Ni En. (Beim Fahrezwe sel in Peking.) 88 Chaufseestraße 25/26. eha, Ih. Eö eb Se D en n eilhac 5 ⸗ 8 7 . (Zeichnung in den Subskriptions⸗Listen und besondere C. 1“ Rilbae —e „py bearbeitet von lustigen Heidelberger. Abends 7½ Uhr: 110 Gesuche) sind unter allen Umständen zu vermeiden. Zuschauer⸗Billets werden nur für den III. Rang 1 und Amphitheater⸗Sitzplatz ausgegeben, wobei gleich⸗ 3 zeitig bemerkt wird, daß die Zahl derselben nur eine sehr heschränkte ist. Alle den Subskriptions⸗Ball betreffenden Schreiben wolle man unter der Adresse: General⸗Intendantur der Königlichen Schauspiele, Direktion: stangefäfch. Straße 36, einreichen und mit der Auf⸗ all⸗Angelegenheit versehen. Eine besondere
Negs W. stell Nachmittags 4 Uh ; enntag: Zwei Vorstellungen. Nachmittag ör: Operette in Komiker⸗Vorstellung (ermäßigte Preise): Die
Musik von Johann 8 1 Dirigent: Herr been Kapellmeister Adolph Ferron. Anfang 7 ½ Uhr. ü
Familien⸗Nachrichten. Verehelicht: Hr. Pastor Ernst Neugebau Frl. Toni Barchewis (Klein⸗Bresa). 1 n: Hrn. Amtsrichter Guschall (Löwenberg). — Eine Tochter: Hrn. Kapitän⸗ Lieut. Jochen von Bredow (Wilhelmshaven). Gestorben: Hr. Frhr. Friedrich von Ahlefeldt⸗ Dehn (Weimar). — 8. Kammerherr Freifrau Etta le Fort, geb. von Kardorff (Ludwigslust). — Ir von Kameke Sohn Joachim (Kratzig, eg.⸗Bez. Köslin). — Verw. Fr. Emilie von Heydebrand u. der Lass, geb. Freiin von Schlichting (Fraustadt). — Hr. Rittergutspächter Hermann Kauffmann (Dobieslawice, Kr. Inowrazlaw). — Hr. Amtsgerichts⸗Rath a. D. Paul Schwagerka — Hr. Ober⸗Amtmann Richard Dorn erlin).
8—
Josefine Dora.
J. V.: Siemenroth in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.
Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Fünf Beilagen seinschließlich Börsen⸗Beilage).
sozialdemokratische.
Anzeiger
Erste Beilage
Berlin, Freitag, den 11. Januar
Deutsches Reich. Febersicht
und Königlich Preußischen
1) Im Monat Dezember Goldmünzen
Silbermünzen
der in den deutschen Münzstätten bis Ende Dezember 1894 vorgenommenen Ausprägungen von Reichsmünzen.
Kupfermünzen
Nickelmünzen
Doppel⸗ “ Halbe kronen Kronen ℳ ℳ
1894 sind geprägt worden in:
Hiervon auf Privat⸗ rechnung
Fünf⸗ Zwei⸗ Ein⸗ Fünfzig⸗ Zwanzig⸗ markstücke markstücke markstücke pfennigstücke pfennigstücke
ℳ ℳ ℳ ℳ ₰ ₰
Zwanzig⸗ Zehn⸗ pfenmnigftlcke
Zwei⸗
Fünf⸗ 1 Ein⸗ pfennigstücke pfennigstücke
pfennigstücke pfennigstücke ℳ ₰ I8 4
14 061 600 3 294 280 3 000 000
Berlin... München .. Muldner Hütte Stuttgart Karlsruhe Hamburg
14 061 600 — 3 294 280 3 000 000
100 000
85 439 85 16 000—
Summe 1. 20 355 880
20 355 880
100 000 — —
5 005 860 80 31 261 081 80 16 062 97770
36 318 67 A 6 411 217 74
— V 101 250 85 6 213 207 44
2 Vorher waren geprägt*) 2 309 344 480]537 402 790]127 969 92571551954180[84 272 480 1111 966 266[184 992 554 71 486 552 2 80 3) Gesammt⸗Ausprägung 2 329 700 360537 402 790⁄27 969 925 1572310060][84 372 480111 966 2667184 992 554]71 486 552 8 8
4) Hiervon sind wieder eingezogen 5) Bleiben
1 427 140/ ßy2 182 450 10 555 2 328 273 220 [535 220 340][27 959 370 2 891 452 930 ℳ
9 975 11 318 11 787 4 536
5 005 860 S031 567 “ v7 55
5 213207
39 50
5 177 538 38
38 60 1 776/80 578 80
8 365 505 T1 957 958184 980 7677182016 —
SOO 72voöS
6 213 167 94
475 493 906,60 ℳ
*) Vergleiche den „Reichs⸗Anzeiger“ vom 10. Dezember 1894, Nr. 290.
Berlin, den 11. Januar 1895.
Hauptbuchhalterei 85- Reichs⸗Schatzamts.
iester.
52 428 965,95 ℳ 12 660 666,68 ℳ
8 Deutscher Reichstag. 6 11. Sitzung vom Donnerstag, 10. Januar, 1 Uhr.
Das Haus setzt die Berathung des Gesetzentwurfs, be⸗ treffend Aenderung und Ergänzungen des Straf⸗ gesetzbuchs, des Militär⸗Strafgesetzbuchs und des Fesches über die Presse, fort.
Das Wort hat zunächst der Abg. Graf zu Limburg⸗ Stirum (dkons.). Ueber den Anfang seiner Rede ist in der estrigen Nummer bereits kurz berichtet worden. Des See encheangs wegen geben wir nachstehend den Inhalt der
Rede noch einmal vollständig wieder:
Wir begrüßen die Vorlage mit Befriedigung, denn sie ist ein Anzeichen dafür, daß man in den maßgebenden Kreisen von dem Ge⸗ danken abgekommen ist, man könne die
artei wie alle anderen Parteien behandeln und alles, wie seit vier Jahren, gehen lassen, wie es gehen wolle. Von vornherein erhebe ich Einspruch dagegen, daß die sozialdemokratische Partei sich als Arbeiterpartei hinstellt. In der Fürsorge für die Arbeiter sind die anderen Parteien mehr Arbeiterparteien als die Der Kern der sozialdemokratischen Partei ist nicht die Fürsorge für die Arbeiter, sondern ihr Charakteristikum ist das Streben nach Umsturz alles Bestehenden. Man kann daher nicht von einem „berechtigten Kern“ dieser Partei sprechen. Mit den Aus⸗ führungen des Abg. Freiherrn von Stumm sind meine politischen Freunde einverstanden; die Sozialdemokraten können nicht durch die bloße Theorie bekämpft werden. Darin aber möchte ich dem Abg. Freiherrn von Stumm allerdings entgegentreten, daß der Weih⸗ nachtsartikel des Pastors Naumann eine Aufforderung zur Un⸗ zufriedenheit enthalte. Meiner Ansicht nach ist der Artikel ein Auf⸗ ruf zur Zufriedenheit. Die Sozialdemokraten sagen, sie wollen auf fried⸗ lichem Wege ihre Ziele erreichen. Es mag sein, daß einige der Herren den Glauben haben, daß dies möglich sei; aber von dem Redner der sozialdemokratischen Partei ist selbst betont worden, daß es wohl manche unter ihnen geben könnte, die an einen gewaltsamen Umsturz denken. Die Rede des Abg. Auer war vom sozialdemokratischen Standpunkt aus äußerst geschickt. Er und seine Partei⸗ enossen sind immer bestrebt, Schäden der heutigen Gesell⸗ schan aufzudecken. Aber ich möchte sie doch bitten, hierbei etwas mehr Gründlichkeit anzuwenden. Einer der beliebtesten Angriffe gegen meine Partei ist der Vorwurf des Bauernlegens. In der allgemeinen Zerrüttung aller Verhältnisse nach dem 30jährigen Kriege ist dergleichen vorgekommen, heute sind die Großgrundbesitzer froh, wenn sie ihre eigenen Güter behaupten. Sehen Sie lieber, wie Sie selbst es treiben! Die Führer der Sozialdemokraten leben auf Kosten der Massen, und ich behaupte, daß bei einer sozialdemokratischen Entwicklung die Produktion geringer und dadurch das Elend und die Noth viel größer werden würden, als sie je waren. Die Sozialdemokraten benutzen die Gesetze, die für die freiheitliche Bewegung geschaffen sind, für sich; wo aber Gesetze ihren Interessen zuwiderlaufen, suchen sie sie zu umgehen. Treu und Glauben werden nur insoweit gepflegt, als das Verhältniß der „Genossen“ zur Partei und ihren in Betracht kommt, dem Staat gegenüber aber nicht. Giebt es ein beredteres Beispiel hierfür, als den Ausspruch des Abg. Bebel, daß er einen Eid auf die Verfassung schwören wolle, während er bald darauf sagte, er glaube nicht an Gott? So kann es nicht bleiben. Mit dem Kampf gegen die Agitatoren allein ist es allerdings nicht getcn. Wir verlangen positive Reformen: Stärkung des Mittelstands, Organisation des Handwerks und Schutz der Landwirthschaft. Wir freuen uns, daß die Regierung nicht mehr geringschätzig von der Noth der Landwirthschaft spricht. Der Abg. Gröber appellierte am Mittwoch an das christliche Gefühl. Dem können wir nur beistimmen. Er sagte aber, daß das Zentrum das Sozialistengesetz als Ausnahmegesetz bekämpft habe, weil die Katho⸗ liken ebenfalls unter Ausnahmegesetzen zu leiden hätten. Damals wurde vom Zentrum verlangt, man solle das gemeine Recht abändern. Jetzt geht die Regierung diesen Weg, und nun sagt der Abg. Gröber: Was, Ihr stellt alle Menschen I. den Boden des gemeinen Rechts und uns stelt Ihr unter Ausnahmegesetze? Ich bestreite, daß das Jesuitengesetz ein Ausnahmegeset ist. Die Herren vom Zentrum haben leider die Tendenz, in die Berathung Dinge hineinzuziehen, die nicht hineingehören, und für ihre Hilfe stets Konzessionen zu ver⸗ langen. Ich habe auch den Kulturkampf mit durchgemacht und bekenne, daß im Verlaufe desselben vieles geschehen ist, was besser unterblieben wäre. Aber auf beiden Seeten! Jeßt gilt es ein Zusammenfassen aller Kräfte. Von diesem Gesichts⸗ punkt aus bedauere ich die Bezeichnung Gustav Abdolf's als Mordbrenner, die der Abg. Gröber am Mittwoch ge⸗ brauchte. Die Methode des Abg. Gröber in der Bekämpfung des Gesetzes bestand darin, daß er jeden Paragraphen vornahm und einzelne Fälle konstruierte, in welchen die Bestimmungen ungerecht angewendet werden könnten. Das läßt sich bei jedem Paragraphen des Strafgesetzbuchs machen. Der Staatssekretär des Reichs⸗Justiz⸗
amts hat daß, wenn überhaupt gesetzliche Bestimmungen
— 8 werden sollen, es nothwendig ist, eine gewisse. Elastizitäat zu wahren. Das Korrelat zu dieser Elastizität ist das gerechtfertigte Vertrauen in unseren unabhängigen Richterstand. Die Sachlage ist die: entweder Sie machen das vorgeschlagene Gesetz so, wie
gegen den Umsturz Ingeführt
sozialdemokratische
die Regierung es wünscht, und dann wird es wirksam sein, oder Sie schränken das Gesetz ein und machen es dadurch unwirksam. Es ist darauf hingewiesen worden, daß die vorgeschlagenen Bestimmungen auch gegen andere Parteien angewendet werden könnten. Der Unter⸗ schied ist aber der, daß die Sozialdemokraten ihre Tendenzen nicht verfolgen können, ohne gegen die Bestimmungen des Gesetzes zu ver⸗ stoßen, während die anderen Parteien ihre Ziele und Zwecke recht wohl verfolgen können, ohne mit den vorgeschlagenen Be⸗ stimmungen in Konflikt zu gerathen. Meine politischen Freunde halten die Vorlage keineswegs für vollkommen und aus⸗ reichend; sie betrachten dieselbe nur als Minimum dessen, was auf dem Wege der Gesetzgebung gegen die Umsturzbestrebungen geschehen kann. Um einen Geisterkampf allein handelt es sich hier nicht; im wesentlichen handelt es sich um Abwehr von Bestrebungen, welche auf die Vernichtung der gegenwärtigen Organisation in Staat und Gesellschaft abzielen. Darüber kann man sich doch keinen Illusionen hingeben, daß, wenn zur Abwehr des Umsturzes nicht jetzt vorgegangen wird, später um so gewaltsamere Maßnahmen noth⸗ wendig sein werden. Ich hoffe, daß aus der Vorlage, für deren Ueberweisung an eine Kommission auch wir stimmen, etwas Praktisches und Wirksames werde.
Abg. Munckel (fr. Volksp.): Nur wenn man es nöthig hat, soll man das Strafgesetz auf politsche Dinge anwenden. Ich halte die Justiz für zu hoch, um sie in den Dienst der Politik zu stellen. Ohne Vorurtheil sollen wir an die Vorlage herantreten, sagt man uns. Das wollen wir thun; ich bringe der Vorlage das Wohlwollen ent⸗ gegen, das man dem Unglücklichen im allgemeinen schuldig ist. Das Kind hat bei der Geburt den Vater verloren. Jetzt ist allerdings zu fürchten, daß die Pflegeeltern das Kind mit mehr Liebe aufnehmen werden als der eigene Vater. Vertrauen kann ich zu den Personen nicht haben, denn ich weiß nicht, wer eine spätere Vorlage hier ver⸗ treten wird. Wer steht mir dafür, daß der neue Kurs nicht durch einen neuesten Kurs ersetzt wird, der dann eine lex Stumm ein⸗ bringt? Gewaltsamen Umsturz will doch kein Mensch hier im Reichs⸗ tag; was hat man aber gethan, als es sich vor einiger Zeit um ein unliebsames Ereigniß hier im Hause handelte? Man brachte eine Vorlage ein, die bewirken sollte, daß im Hause jeder bei einem Kaiser⸗ hoch aufsteht, und das suchte man auf einem Wege zu erreichen, der die Immunität der Abgeordneten geradezu todt gemacht hätte. Das Sozialistengesetz war ein entschuldbarer Fehler, der unter dem Einfluß unglücklicher Ereignisse gemacht wurde; seine Aufhebung war eine große That, die von oben ausging und gegen die auch die Kon⸗ servativen nichts hatten. Wozu redet man sich jetzt in Angst, da doch seit⸗ dem nichts Neues passiert ist? Man giebt das Gesetz für ein allge⸗ meines aus, wird man es aber auch gegen agrarische Bestrebungen an⸗ wenden? Nein, meine Herren, es ist das alte Ausnahmegesetz in neuer Form. Es wird sich gegen die Sozialdemokraten, gegen die Juden richten und vielleicht auch gegen einige unbequeme Leute nach rechts, vielleicht auch gegen den Abg. Dr. Sigl. Auf den Umsturz von oben würde das Gesetz vielleicht auch passen, aber auf ihn wird es nicht an⸗ gewendet werden. Die Vorlage will auch die Verbindung mehrerer zu ganz unbestimmten Verbrechen, ganz abgesehen vom Erfolg, unter Strafe stellen. Wem fallen dabei nicht die Hochverrathsprozesse aus den dreißiger Jahren nach der Auflösung der Burschenschaft in Jena ein? Damals sollte es sich um hochverrätherische Komplotte handeln, und doch ging das Streben jener akademischen Jugend nur auf dee Verwirklichung dessen hinaus, was wir jetzt im Reich besitzen. Nicht nur das Angreifen, auch das Entschuldigen von Verbrechen soll strafbar sein. Manche Heldenthat wird dann aus unsern Geschichtsbüchern ausgemerzt werden müssen. Viel⸗ leicht veröffentlich man eine Liste von Ereignissen aus der preußischen Geschichte, für welche das Gesetz außer Kraft gesetzt werden soll; z. B. für die Thaten eines York und Schill! Es giebt keine schönere Aufgabe als die, auch in dem Ver⸗ brechen noch das Menschliche, das Entschuldbare aufzufinden. Den ersten, der auf Grund dieser Bestimmung eingesperrt würde, würde ich glorifizieren auf die Gefahr hin, selbst eingesperrt zu werden. Das schönste in der Vorlage aber ist der Absatz 2 des § 130, der die Institute der Familie, der Monarchie, der Religion und des Eigen⸗ thums als unantastbar hinstellt. Mit dieser Bestimmung marschieren wir an der Spitze der Zivilisation. Will man nicht auch noch das Erbrecht hinzufügen? Alle Angriffe, alle Erörterungen über die Einrichtungen sind schließlich Ausflüsse der Wissenschaft, und wenn man die Erörterung dieser Punkte nicht unterbindet, so wird man mit dem Gesetz nichts ausrichten. Der Abg. Gröber schloß am Mittwoch seine Rede mit den Worten: Kein Heil als in Jesu Christo! Jesus Christus aber hat nicht die Knechtschaft, sondern die Freiheit des Geistes gebracht, und das war sein größtes Verdienst.
Bevollmächtigter zum Bundesrath, preußischer Kriegs⸗ Minister Bronsart von Schellendorff:
Meine Herren! Der Herr Vorredner ist mit der Fassung des § 112 nicht einverstanden, er hält ihn für entbehrlich. Der Meinung bin ich nicht. Ich habe auch nicht gefunden, daß seine Argumente die Motive irgendwie entkräften, die für den Paragraphen angeführt sind. Im Gegentheil, ich finde die Motive so klar und erschöpfend, daß ich ihnen kaum etwas hinzuzufügen habe. Darin muß ich dem Herrn Abg. Munckel aber Recht geben, wenn er glaubt, daß ldie Disziplin in der Armee eine gute sei; ich hoffe, daß
—
sie es bleibt, und daß die Armee sich allezeit als ein scharfe
Instrument erweisen wird, gleichviel nach welcher Richtung es zu
Thätigkeit berufen werden sollte. (Bravo!) Dagegen bin ich mit dem Herrn Abgeordneten nicht einverstanden, wenn er vielleicht meinen möchte, daß die Armee gegen Ansteckungsstoffe jeder Art immun wäre. Ich bin der Meinung, daß die Aufrechterhaltung de
Disziplin in der Armee erschwert werden könnte, wenn wir angesichts gewisser Erscheinungen im öffentlichen Leben den Kopf in den Sand stecken
wenn wir es an der nöthigen Achtsamkeit fehlen lassen, und wenn Sie, meine Herren, uns die Mittel verweigern wollten, die wir brauchen zur Abwehr gegen gewisse Verlockungen, Anreizungen ode
Einwirkungen: Einwirkungen, die dahin zielen, systematisch jede Auto
rität zu untergraben (sehr richtig!), die dahin zielen, systematisch der
Soldaten an den Gedanken zu gewöhnen oder ihn für den Gedanken
zu gewinnen, daß der Treubruch kein Verbrechen sei, daß er unte
Umständen im gegebenen Falle sogar rühmlich und lobenswerth sei (Zurufe bei den Sozialdemokraten.) — Meine Herren, ich glaub
vollkommen, daß Sie Ihren in der Armee dienenden Genosse
den Rath geben, sich gut zu führen und sich nichts zu Schulde
kommen zu lassen. Ich glaube auch, daß Sie es ihnen als hellen Wahnsinn erklären, wenn sie schon jetzt versuchen sollten, Ihre Lehren ins Praktische zu übersetzen (sehr richtig! bei den
Sozialdemokraten); ja, meine Herren, daß der Abg. Stolle — glaube ich, heißt er — der einen Sohn in der Armee hat, ihm auch diesen guten Rath gegeben hat, bezweifle ich nicht. Damit ist aber für mich nichts bewiesen, absolut garnichts; ich entnehme daraus nur, daß die Führer der Sozialdemokraten mit einem gewissen Quantum von Ueberlegung ein noch weit größeres an Vorsicht zu verbinden wissen. Ich entnehme aber nicht daraus, daß Ihre Hintermänner sich alle an diesen guten Rath kehren werden. Sie haben in Ihren Reihen zu viel Franktireurs (Heiterkeit), die sich an keine Parole halten, die auf eigene Hand kämpfen und, was ich für das Schlimmste halte, die gewerbsmäßig agitieren. Sie haben auch solche unter sich, denen die Sache schon lange viel zu langsam geht, die Leben und Fluß in die Bewegung bringen wollen. Ja, meine Herren, mit denen müssen wir rechnen, die es langweilig finden, sich bloß auf Reden agitatorischen Inhalts oder nur auf öffentliche Kundgebungen zu beschränken, denen es nicht konveniert zu warten, die etwas stürmischen Blutes sind.
Meine Herren, ich frage nur: wie kommt es denn, daß ab und an, bald in dieser, bald in jener Kaserne ein Lied, ein Flugblättchen oder andere Druckschriften gefunden werden? Wie kommt es? Ja, daß von Ihrer Seite das nicht geschieht, das glaube ich; ich bin ganz fest überzeugt, daß Sie selbst Ihren heißblütigen Gesinnungs⸗ genossen periodisch den Rath geben, sich nicht die Finger zu ver⸗ brennen durch unüberlegte Kasernenagitation. Ich frage weiter: wie kommt es, daß häufiger als früher Posten angegriffen werden, und merkwürdiger Weise Posten an entlegenen Stellen, an einem Pulvermagazin, vor einem Waffenmagazin oder einem Munitionslager? Ja, meine Herren, daß Sie das nicht thun werden, davon bin ich ganz fest überzeugt. (Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Nein, es sieht auch nicht ein Einziger von Ihnen so aus, als wenn er Lust hätte, ein Pulvermagazin zu erbrechen, wenn ein Grenadier mit aufgepflanztem Seitengewehr davor steht. (Zuruf und Heiterkeit.) Meine Herren, Sie können ja garnicht wissen, ob Sie nicht der⸗ maleinst selbst noch berufen sein werden, die Helden wider Willen zu spielen, wenn der große Tag des Krachs anbricht, den Sie immer
prophezeit haben (Unruhe und Zurufe bei den Sozialdemokraten), wenn dann aus Ihren unbotmäßigen Reihen der Ruf erschallt: die Herren Reichstags⸗Abgeordneten vor die Front, les officiers en avant! dann hilft Ihnen das Alles nichts, dann müssen Sie mit, Sie können weder links noch rechts ausbrechen, Sie können auch keinen Haken schlagen (Heiterkeit), dann ist, um einmal in Ihrer Tonart zu reden, es nicht mit dem Mundspitzen allein gemacht, dann muß gepfiffen werden, und das thun Sie ja so gern. (Heiterkeit.) Dann werden wir wahrnehmen, was Sie auf diesem musikalischen Gebiete leisten können und wem die Noten zuerst ausgehen. (Heiterkeit.)
Meine Herren, ich verlasse dieses heitere Bild und kehre zu dem ernsten Gegenstand unserer Berathung zurück. Die Mehrzahl der Rekruten, die zur Truppe einrückt, kommt unverdorben, gottes⸗ fürchtig und königstreu zur Fahne, die Leute sind gegen An⸗ steckungsstoffe jeder Art immun und bleiben es auch. Wir
haben aber auch mit Rekruten zu rechnen, die von Jugend auf ver⸗