Im Anschluß an die Mittheilungen in Nr. 1 des
„R.⸗ u. St.⸗A.“ vom 2. d. M. veröffentlichen wir nachstehend
das Protokoll, das über die Hinrichtung des wegen der
Ermordung des Reichsangehörigen Franz Neumann zum Tode
verurtheilten Marokkaners Abdelcadar Ben Saleh
Ducali von dem Kaiserlichen Vize⸗Konsul in Casablanca auf⸗ genommen worden ist.
Protokoll.
Verhandelt Casablanca, den 31. Dezember 1894, im Kaiserlichen Vize⸗Konsulat des Deutschen Reichs: 8 -s die Unterzeichneten, Angehörigen des Deutschen eichs, “ 1 Brandt, Kaufmann aus Verden, st Täumel, Kaufmann aus Hamburg, ahnsaf zu Casablanca, bescheinigen hiermit durch unsere Unterschriften, daß wir uns auf Wunsch des hiesigen Kaiser⸗ lichen Vize⸗Konsuls und in dessen Begleitung heute früh, etwas nach sechseinhalb Uhr in die Nähe des Hofes des Gouverneurhauses begeben und der Hinrichtung des, des Mordes an Herrn Franz Neumann geständigen Abdelcadar Ben Saleh Ducali beigewohnt haben. Es wurde auf den Abdelcadar von einem Regierungs⸗ soldaten ein Schuß abgefeuert, der ihn sofort zu Boden streckte. s war sechs dreiviertel Uhr Morgens. Der gleich darauf eingetretene Tod des Abdelcadar ist durch Herrn Dr. Browski konstatiert worden.
Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben: F. Brandt. Ernst Täumel. Der Kaiserliche Vize⸗Konsul.
“ Ficke. “
“
Nach der im Reichs⸗Eisenbahnamt aufgestellten Nach⸗ weisung der auf deutschen Eisenbahnen — aus⸗ schließlich Bayerns — im Monat November v. J. beim Eisenbahnbetriebe (mit Ausschluß der Werkstätten) vor⸗ gekommenen Unfälle waren im ganzen zu verzeichnen: 7 Entgleisungen und 4 Zusammenstöße auf freier Bahn, 26 Entgleisungen und 32 1““ in Stationen und 205 sonstige, meist geringere Unfälle. Dabei sind im ganzen, und zwar größtentheils durch eigenes Verschulden, 246 zu Schaden gekommen, sowie 61 Eisenba lfeg arug. erheblich und 242 unerheblich beschädigt worden. Von den beförderten Reisenden wurden 3 getödtet und 18 verletzt, und zwar ent⸗ fallen: 2 Tödtungen auf den Verwaltungsbezirk der König⸗ lichen Eisenbahn⸗Direktion in Hannover, eine Tödtung auf die Königlich württembergischen Staatseisenbahnen, 4 Ver⸗ letzungen auf die Königlich sächsischen Staatseisenbahnen, je 2 Verletzungen auf die Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion in Frankfurt und Hannover und auf die Großherzoglich badischen Staatseisenbahnen, je eine Verletzung auf die Reichs⸗Eisenbahnen in Elsaß⸗Lothringen, auf die Ver⸗ waltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn⸗Direktionen in Altona, in Berlin, in Elberfeld, in Erfurt und in Köln (rechtsrheinische), aufdie Königlichwürttembergischen Staatseisenbahnen und auf die Großherzoglich oldenburgischen Staatseisenbahnen. Von Bahn⸗ beamten und Arbeitern im Dienst wurden beim eigentlichen Eisen⸗ bahnbetriebe 21 getödtet und 163 verletzt, von Steuer⸗ u. s. w. Beamten 1 getödtet und 2 verletzt, von fremden Personen (ein⸗ schließlich der nicht im Dienst besindlichen Bahnbeamten und Arbeiter) 18 getödtet und 20 verletzt. Außerdem wurden bei Nebenbeschäftigungen 30 Bahnbeamte und Bahnarbeiter ver⸗ letzt. Von den sämmtlichen Unfällen beim Eisenbahnbetrieb entfallen auf: A. Staatsbahnen und unter Staats⸗ verwaltung stehende Bahnen (bei zusammen 35 541,89 km Betriebslänge und 1 016 775 255 geförderten Achskilometern) 254 Fälle, davon sind verhältnißmäßig, d. h. unter Be⸗ rücksichtigung der geförderten Achskilometer und der im Be⸗ triebe gewesenen Längen, auf der Main⸗Neckar⸗Eisenbahn, in dem Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion (rechtsrheinische) in Köln und auf den Königlich sächsischen Staats⸗ eisenbahnen die meisten Unfälle vorgekommen; B. Privat⸗ bahnen (bei zusammen 2299,05 km Betriebslänge und 33548 095 geförderten Achskilometern) 20 Fälle, davon sind verhältniß⸗ mäßig auf der Hessischen Ludwigs⸗Eisenbahn, auf der Stargard⸗ Küstriner und auf der Dortmund⸗Gronau⸗Enscheder Eisenbahn die meisten Unfälle vorgekommen.
Der Kaiserliche Botschafter zu St. Petersburg, General der Infanterie und General⸗Adjutant von Werder hat behufs Theilnahme an dem Kapitel des hohen Ordens vom Schwarzen Adler St. Petersburg mit Urlaub verlassen. Während seiner Abwesenheit fungiert der Zweite Botschafts⸗ Sekretär, Legations⸗Rath von Waldthausen als interimisti⸗ scher Geschäftsträger.
. Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Köni lich bayerische Ministerial⸗Rath von Heller ist hier 8ee vnd sche Bevollmächtigte zum Bundesrgth, Großherzoglich badische Staatsrath, Präsident des Ministeriums der Finanzen Dr. Buchenberger ist von Berlin wieder abgereist.
Friedrichsruh, 13. Januar. Der „Köln. Ztg.“ wird berichtet: Seine Majestät der Kaiser hatte die Absicht gehabt, zur Beerdigung der Fürstin Bismarck einen Kranz zu senden; dieser konnte aber bis zur Beerdigung nicht fertiggestellt werden. Nunmehr überbrachte am Freitag der nach Friedrichsruh entsandte Flügel⸗Adjutant Graf Moltke im Auftrage Seiner Majestät dem Fürsten Bismarck ein Blumen⸗Arrangement, welches an dem Bilde der verstorbenen Fürstin im Herrenhause in Fried⸗ richsruh angebracht werden soll. Ferner überbrachte der⸗ selbe eine Zeichnung, betreffend die Entwicklung der Marine, welche Seine Majestät aus Anlaß Seines Vortrags bei dem jüngsten Herrenabend im Neuen Palais entworfen hatte. Heute Mittag 12 ½ Uhr traf der Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe, begleitet von seinem Sohne, dem Reichstags⸗ Abgeordneten, Legations⸗Rath v Alexander zu Hohen⸗ lohe in Friedrichsruh ein. Am 8 ahnhof erwarteten den⸗ selben Graf Herbert Bismarck und Graf zu Rantzau. Nach kurzem Aufenthalt begaben sich die Herren zu Wagen nach dem Schloß. Fürst Bismarck empfing seine Gäste im Hause. Es fand sodann ein Frühstück statt, nach welchem die beiden Fürsten gemeinsam eine 1 ½ stündige Spazierfahrt im Schlitten durch den Sachsenwald unternahmen. Um 5 Uhr fuhr der Reichskanzler wieder nach Berlin zurück
Der Staats⸗Minister Dr. Finger beging gestern seinen 70. Geburtstag. Seine Königliche Hobeit der Großherzog und Seine Großherzogliche Hoheit der Prinz Wilhelm gratulierten, wie „W. T. B.* berichtet, persönlich. Seine Majestät der Kaiser sandte ein Telegramm mit dem Wunsche, daß dem Minister noch viele Jahre bewährter Wirk⸗ samkeit beschieden sein möchten. eerner beglückwünschten den
Jubilar telegraphisch der Reichskanzler Furst zu Hohenlohe, der Fürst Bismarck und zahlreiche andere Staatsmänner.
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Oesterreich⸗Ungarn.
Die “ hat sich gestern von Algier an Bord des nach Marseille gehenden Dampfers „Général Chanzy“ be⸗ geben, um ihrer Schwester, der verwittweten Königin beider Sizilien, in Mentone einen Besuch zu machen. Von Mentone kehrt die Kaiserin wieder nach Algier zurück.
Der Gesundheitszustand des Erzherzogs Albrecht ist nach einer Meldung aus Arco befriedigend.
Vorgestern Nachmittagfand in Wien auf der fr anzösischen
Botschaft zu Ehren des gestern nach Paris abgereisten neu ernannten Botschafters Grafen Wolkenstein⸗Trostburg ein Diner h. dem der Minister des Auswärtigen Graf Kälnokny, der russische Botschafter Fürst Lobanow, mehrere andere Mitglieder des diplomatischen Korps und das Bots chafts⸗ personal beiwohnten. Im Landtage für Istrien begründete vorgestern die italienische Mehrheit ihr Verhalten in der ersten Sitzung mit der Frage der zweisprachigen Amtsschilder und der Zu⸗ sammenstellung der Geschworenenlisten. Im Verlauf der Sitzung wuͤrden unter dem Beifall der auf der Galerie Anwesenden vier Anträge verlesen: auf sntcnahm⸗ des Erlasses über die zweisprachigen Amtstafeln in Istrien, auf Entfernung dieser Tafeln in Pirano, auf Annullierung der Geschworenenlisten für das Jahr 1895 und auf Ab⸗ änderung der Geschäftsordnung dahin, daß die Verhandlungs⸗ sprache ausschließlich die italienische sein solle und daß Anträge und Interpellationen nur in italienischer Sprache überreicht werden dürften.
Die Liste des neuen ungarischen Kabinets, die heute dem Kaiser vorgelegt wird, lautet dem „W. T. B.“ ufolge: von Banffy Präsidium, Ladislaus Lukacs Fenanhe⸗ Desiderius Perczel. Inneres, Alexander Erdelyi Justiz, Graf Festetitsch Ackerbau, Wlassics Unterricht und Kultus, Ernst Daniel Handel, Freiherr von Fejervary Landesvertheidigung und provisorisch a latere, von Josipovitsch Minister für Kroatien.
Frankreich.
Der Staatsrath hat sein Urtheil in der Frage wegen der Dauer der Zinsgarantie des Staats für die Suͤd⸗ bahn⸗Gesellschaft und die Orleans⸗Bahn zu Gunsten der Gesellschaften abgegeben und die Dauer der Ga⸗ rantie bis zum Ablauf der Konzession der beiden Gesellschaften festgesetzt. Infolge dieses Beschlusses hat, wie die „Agence Havas“ mittheilt, der Minister der öffent⸗ lichen Arbeiten Barthou dem Minister⸗Präsidenten Dupuy gestern sein Demissionsgesuch übersandt, da er den Beschluß, den er bekämpft habe, nicht ausführen könne.
In der vorgestrigen Sitzung der Deputirtenkammer erklärte im Laufe der Berathung über das Budget der Ehren⸗ legion der Deputirte Rouanet (Sozialist), er habe beabsichtigt, einen Abstrich von 1000 Fr. zu beantragen, um gegen gewisse Ernennungen innerhalb der Ehrenlegion zu protestieren, allein wie die jüngsten Abstimmungen zeigten, könne die Kammer kein ehrliches Votum mehr abgeben. (Lebhafter Widerspruch.) Der Vorsitzende Brisson beantragte die zeitweilige Aus⸗ schließung Rouanet's. Der Deputirte Millerand (Sozialist) meinte, die Kammer könne die Ausschließung nicht ge⸗ nehmigen, denn damit würde sie nur der Leidenschaft nachgeben. Redner erinnerte an einen Artikel des „Figaro“, worin es geheißen habe, „wenn die Deputirten nicht gegen die Freilassung Gérault Richard's stimmten, würden sie alle nach Mazas kommen“. (Heftiger Lärm.) Der Vorsitzende Brisson erwiderte, die Kammer habe sich nicht bei solchen Beleidigungen aufzuhalten. Er bestehe auf der zeitweiligen Ausschließung Rouanet's, die sodann auch genehmigt wurde.
Rußland. Die Mitglieder des diplomatischen Korps statteten sütö
“
wie „W. T. B.“ aus St. Petersburg berichtet, im Anit chkow⸗ Palais dem Kaiser und der Kaiserin sowie der Kaiserin⸗ Wittwe ihre Glückwünsche zum Neujahrstage ab. Die Bot⸗ schafter und Gesandten überreichten dabei dem Kaiser ihre Beglaubigungsschreiben. Der italienische Botschafter Baron Marxrochetti überreichte dem Kaiser sein Ab⸗ berufungsschreiben.
In einem Reskript des Kaisers an den Kriegs⸗Minister Wanowsky heißt es: Von Anbeginn der Regierung meines in Gott ruhenden unvergeßlichen Vaters waren Sie über dreizehn Jahre sein treuer Mitarbeiter und eifriger Voll⸗ strecker seiner Weisungen für die Entwickelung und Ver⸗ vollkommnung unserer Armee. Diese ergebene tapfere Armee, in ihrer Zahl vermehrt, in ihrer Organisation Wund Waffenbereitschaft vervollkommnet und in ihrer militärischen Ausbildung und Erziehung fortwährend fort⸗ schreitend, mit allen neuesten materiellen und technischen Ver⸗ vollkommnungen ausgerüstet, ist das beste Unterpfand und eine feste Stütze für die Bewahrung des Friedens, dessen werth⸗ voller Segen stets der Gegenstand der unermüdlichen Fürsorge meines Vaters, des Friedensstifters, war. Nicht minder ist mir gut bekannt, wie Sie das volle Vertrauen des verewigten Monarchen stets genossen, wie hoch er ruhmreichen Dienst für den Thron und das Vaterland, Ihre ausgezeichnete Begabung, Ihre energische unermüdliche Arbeit, Ihren festen und offenherzigen Charakter schätzte. Auch ich persönlich habe nicht aufgehört, mit der größten Aufmerksamkeit und xhabe nahme die Entwickelung und Vervollkommnung aller Zweige der Ihnen anvertrauten umfangreichen Verwaltung zu ver⸗ folgen und mich der erreichten Erfolge zu freuen, welche ich nach Gerechtigkeit auf Ihre erleuchtete, ergebene und patriotische Thätigkeit zuruͤckführe — Das Reskript schließt mit gnädigen Worten des Dankes und mit der Mittheilung, daß dem Kriegs⸗ Minister der Andreas⸗Orden verliehen ist.
Dem Präsidenten des Minister⸗Comités Bunge ist durch Kaiserliches Reskript der Wladimir⸗Orden erster Klasse verliehen worden. Das Reskript weist auf die von Bunge als
Finanz⸗Minister geleisteten glänzenden Dienste hin und hebt den
reimuth wie die Weisheit, womit er seine eererentg⸗ tellung versehe, rühmend hervor. Dem Justiz⸗Minister Mu⸗ rawiew wurde der Wladimir⸗Orden zweiter Klasse, dem Staats⸗ sekretär Grot der Andreas⸗Orden und dem Gehilfen des Finanz⸗ Ministers Iwastschenkow die Würde eines Senators ver⸗ liehen. Die Sektions⸗Präsidenten Solsky und Ostrowsk sind in ihren Stellungen belassen worden. Dem Che der Kaiserlichen Kanzlei, Wirklichen Geheimen Rath von Rennenkampf ist der Alexander⸗Newski⸗Orden in Brillanten verliehen worden. Das Mitglied des Reichsraths Stojanowsky ist zum Staatssekretär und der ehemalige Minister für Wege und Kommunikation SE zum Wirklichen Geheimen Rath ernannt worden. er Kontre⸗Admiral Alexiejew ist an Stelle Tyrtow's zum Chef des Geschwaders im Stillen Ozean und der Admiral Avelan zum Gehilfen des Chefs im Haupt⸗Marine⸗Stab ernannt worden. Der Großfürst Michael Nicolajewitsch verbleibt in seiner Stellung als Vorsitzender des Reichsraths. Das Budget für 1895 weist folgende Posten auf: Ordentliche Einnahmen 1 142 957 006 Rkbl. außerordentliche ewige Einlagen bei der Reichsbank 2 000 000 Rbl., Einnahmen aus dem disponiblen Kassen⸗ bestande der Reichsrentei 69 421 024 RNbl., zusammen 1 214 378 030 Rbl.; ordentliche Ausgaben 1 120 094 938 Rbl., außerordentliche Ausgaben zu Efenbahrbaue 92 122 783 Rbl., u Hilfsunternehmungen, die mit dem Bau der Sibirischen sind, 2 160 309 Rbl.,
Italien.
Am Sonnabend Vormittag hat in der Parochialkirche in Neapel die Trauung der Tochter des Minister⸗Präsidenten Crispi mit dem Fürsten Linguaglossa stattgefunden. Unter den Trauzeugen befand sich der Minister der öffent⸗ lichen Arbeiten Saracco. Außer den Angehörigen des Braut⸗ paares wohnten der 8S. bei: der Schatz⸗Minister Sonnino, der Finanz⸗Minister Boselli, der Marine⸗Minister Morin, der Kriegs⸗Minister Mocenni, der Handels⸗Minister Barazzuoli, der Minister für Posten und Telegraphen Ferraris, saͤmmt⸗ liche Unter⸗Staatssekretäre, der Präfekt, mehrere Sena⸗ toren und Deputirte, sowie die Freunde der beiden Familien. Bei der am Sonnabend Abend erfolgten Abreise von Neapel be⸗ reiteten etwa 3000 Arbeiter, die mit ben⸗ alischen Lich⸗ tern und Musikkorps aufzogen, dem Minister⸗Präsidenten eine Ovation. Die Behörden sowie die in Neapel anwesenden Senatoren und Deputirten geleiteten den Minister⸗Präsidenten und die übrigen Minister Abfahrt ertönten lebhafte Hochrufe auf Crispi. der Minister in Rom erfolgte gestern früh.
Zanardelli hielt gestern in Brescia bei zu Ehren veranstalteten Bankett eine längere Rede, das Kabinet bekämpfte, die “ der Kammer, die Anwe dung der Gesetzesdekrete bezüglich der Auflösung der sozialistischen Vereine sowie die Art der Anwendung der Ausnahmegesetze lebhaft verurtheilte und hervorhob, Männer aus allen Parteien könnten und müßten, ohne der Interessen⸗Koalition verdächtigt zu werden, aus natürlicher Regung einträchtig in der Ver⸗ theidigung der Gesetze und des Grundgesetzes der freiheitlichen Institutionen rivalisieren, ohne die Italien nicht bestehen könne. Appellierend an die Tugenden des Volks, schloß Zanardelli seine Rede unter dem Ausdruck der Ergebenheit und des Ver⸗ trauens mit einem Trinkspruch auf den König.
ahn verbunden zusammen
1 214 378 030 Rbl.)
Die Ankunft
Bei der gestern vorgenommenen Nachwahl zur Depu⸗ tirtenkammer im vierten Wahlkreise von Palermo wurde h
Garibaldi Bosco, der seiner Zeit von dem Militärgericht verurtheilt worden war, gewählt. Der unterliegende Gegen⸗ kandidat war Bonanno. . 8
Spanien. 8
In der Kammer brachte gestern der Minister des Aus⸗ wärtigen die Vorlage über den handelspolitischen modus vivendi zwischen Spanien und den Ver⸗ einigten Staaten zur Verlesung. der Tarif Nr. 2 zugestanden werden, wogegen Spanien die Rechte der meistbegünstigten Nation genießt.
Portugal.
Das Kriegsgericht in Lissabon hat am Sonnabend einstimmig die Kapitäne der bortugiesischen Kriegs⸗ schiffe freigesprochen, an deren Bord im April v. J. brasilianische politische Flüchtlinge nach dem La Plata ent⸗ kommen waren.
Belgien.
In Thuin wurde gestern bei der Wahl eines Depu⸗ tirten an Stelle des verstorbenen liberalen Deputirten der Sozialist Berloz gegen den katholischen Kandidaten, für den die Liberalen großentheils gestimmt hatten, gewählt.
Türkei.
’ „Agence de Constantinople“ erfährt aus bester Quelle, die Meldung, in Tuzla seien 30 gefangene Armenier Nachts nach Konstantinopel eingeschifft worden, entbehre jeder Begründung.
Gegenüber der Behauptung einiger Blätter, der neue armenische Patriarch Ismirlian sei aufgefordert worden, vorläufig die Verpflichtung des Gehorsams und der Treue gegen die Regierung zu unterzeichnen, wird in maß⸗ gebenden Kreisen darauf hingewiesen, daß die Abnahme einer ähnlichen Verpflichtung durch den Eid, den jeder neue arme⸗ nische Patriarch bei dem Amtsantritt dem Sultan zu leisten verpflichtet sei, überflüssig erscheine.
Der Zustand des früheren Khedive Ismail verschlimmert sich von Tag zu Tag. Die Aerzte rathen eine Ueberführung Ismail's nach Egypten an, wovon dieser Genesung ersußr
Rumänien.
Der Prinz und die Prinzessin Ferdinand sind am Sonnabend wieder in Bukarest ein g. und am Und n⸗ vom König, den Ministern und den Würdenträgern empfangen worden. .
Serbien. 88 Ein von sämmtlichen Ministern gegengezeichneter König⸗ licher Ukas verfügt, daß bis zur üeeanchn des neuen Budgets durch die Skupschtina das Budget des vorigen Jahres auch für das laufende Jahr zu gelten habe.
Im Prozeß Cebinac sind die Angeklagten Ranko Taisic, Djakowic, Zujewic, Stanojewic, Ruzic, Dimic und Tauschanowic zu je drei Jahren und Cebinac in Berücksichti⸗ gung seines Geständnisses zu zwei Jahren Gefängniß ver⸗ urtheilt worden. Die Angeklagten Nowakowic und Nenadowie wurden freigesprochen. In Betreff des Giftattentats wurden die Angeklagten Djakowic und Mischkowic freigesprochen. Der
zum Bahnhof. Im Augenblick der
Danach soll den letzteren
Frankfurter Zeitung“ zufolge ist gegen das Urtheil alsbald Berufung eingelegt worden.
Bulgarien.
Der Prinz Ferdinand von Sachsen⸗Coburg hat dem „W. T. B.“ zufolge anläßlich des Heeehbr⸗ dem Minister⸗Präsidenten Stoilow, den Ministern Natschovitsch, Geschow, Velitschkow, Madjarow und Petrow hohe Ordens⸗ auszeichnungen verliehen. Außerdem fand ein größeres Avancement in der Armee statt.
Dänemark.
Die Königin hat, wie „W. T. B.“ berichtet, die Nacht zum Sonntag sehr gut verbracht und konnte infolge dessen den größten Theil des gestrigen Tages außerhalb des Bettes zubringen. Der Appetit scheint sich zu bessern.
Amerika.
Wie „W. T. B.“ aus Washington meldet, brachte in der vorgestrigen Sitzung des Senats Macpherson eine Vorlage ein, welche die Ansichten der Oststaaten in der Währungsfrags vertritt. Die Vorlage bestimmt die Aus⸗ gabe dreiprozentiger Bonds zur 11“ des Gesetzes von 1875 über die Wiederaufnahme der Baarzahlungen; diese Bonds sollen nach Ablauf von fünf Jahren nach Belieben der Regierung rückzahlbar sein. Die Vorlage sieht ferner die Ausprägung von Münzgebühr⸗Silber bis zum Be⸗ rage von 55 Millionen Dollars vor und ermächtigt den Schatzsekretär, anstatt Bonds auszugeben, die Zahlung der Hälfte der Zölle in Gold, Goldzertifikaten oder Unionsnoten zu verlangen.
Nach Meldungen aus Montevideo hätten brasilianische Regierungstruppen in Rio Grande bei der Verfolgung von Insurgenten die Grenze überschritten und einen Offizier und drei Soldaten von den Truppen Uruguays ge⸗ tödtet, die sich dem Ueberschreiten der Grenze widersetzt hätten.
Asien.
Nach einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus Yokohama dehnte sich die Front der Chinesen in der Schlacht bei “ in einer Breite von 1300 m längs bes Flusses aus. Die Verluste der Japaner betrugen einige 50 Mann. Unter den chinesischen Streitkräften be⸗ fanden sich 2500 Mann der Elite⸗Truppen Li⸗Hung⸗Tschang's. Eine andere 9000 Mann starke chinesische Streitkraft soll sich in Johodow befunden haben. Die erste Division der japanischen Armee unter dem Obersten Aski und eine Brigade der zweiten Armee unter dem Brigade⸗Kommandeur General Nogi seien zueinandergestoßen, sodaß die Verbindung zwischen beiden 2 en vollständig hergestellt sei.
Die in Rom erscheinende „Tribuna“ hat von ihrem Korrespondenten in Massowah am Sonnabend folgendes Telegramm erhalten: Ras Mangascha sei, von den Seinigen die über seine Unthätigkeit während des Marsches der Italiener nach Adua empört seien, gegen die Grenze von Erythräa vorgerückt, vielleicht, um die Ueberreste der Bande des Bata Agos zu sammeln. Der Gouverneur sei ihm sofort im ber itr r mit 3500 Mann Infanterie, vier Kanonen und Kavallerie dis zur Grenze entgegengeeilt. Das zweite Bataillon dieser Truppen habe am Freitag Fühlung mit den Vorposten Ras Mangascha's genommen. Die italienischen Truppen hätten eine feste Stellung bei Addis⸗Addi am Mareb be⸗ zogen. — Wie die „Agenzia Stefani“ aus Massowah von gestern meldet, wäre die Kolonne von Ras Mangascha Münüher von Addis⸗Addi angekommen, lenke aber wahr⸗ cheinlich in der Richtung von Coabit⸗Digsa 09 g5. e General Baratieri rücke mit seiner Streitmacht vor, um Ras Mangascha zu begegnen. Dem „Reuter'schen Bureau“ wird aus Tamatave vom 30. v. M. gemeldet: Während des Bombardements von Fara⸗ fatra hätten die Hovas bedeutende Verluste erlitten. — Unter den in Tamatave stehenden französischen Truppen kämen zahl⸗ reiche Fieberfälle vor. — Fünf englische Staatsangehörige 89 festgenommen und ausgewiesen worden, weil sie die französischen Linien überschritten hätten. — Die Franzosen hätten den madagassischen Kreuzer „Abohimanga“ genommen.
8 8 Parlamentarische Nachrichten.
Der Schlußbericht über die vs geeinge Sitzung des Reichstags befindet sich in der Ersten Beilage.
— In der heutigen, 14. Sitzung des Reichstags, welcher der Reichskanzler Fürse zu Hohenlohe, die Staats⸗ sekretäre, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher und Freiherr von Marschall und Staatssekretär Dr. Graf von Posa⸗ dowsky beiwohnten, wurde zunächst eine Reihe von Rechnungs⸗ vorlagen erledigt. 1 Den Bericht der Reichsschulden⸗Kommission überwies das Haus an die Rechnungskommission. Der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Kontrole des Reichshaushalts, des Landeshaushalts von Elsaß⸗Lothringen und des Haushalts der Schutzgebiete für das Etatsjahr 1894/95 wurde in erster und zweiter Lesung ge⸗ nehmigt, die Uebersicht der ö und ⸗Einnahmen für die Etatsjahre 1892/93 und 1893/94 an die Rechnungs⸗ kommission überwiesen. 1b Zur ersten Berathung der Uebersichten der Einnahmen und Ausgaben der Schutzgebiete von Kamerun⸗ Togo, sowie des südwestafrikanischen Schutz⸗ gebiets, nahm das Wort der Abg. Richter (fr. Volksp.), um die außeretatsmäßigen Aufwen⸗ dungen für die Schutzgebiete, insbesondere das ostafrikanische, zu tadeln und die nach seiner Auffassung zu starke Betonung des militärischen lements in der Verwaltung Ost⸗Afrikas, wie sie in den häufigen militärischen Expeditionen sich äußere, einer Kritik zu unterwerfen. Die Vorlage wurde an die Rechnungskommission über⸗ wiesen; desgleichen die allgemeinen Rechnungen für die Etats⸗ sahre von 1884/85 bis 1890/91, die Denkschrift über die Aus⸗ werang der seit dem Jahre 1875 erlassenen Anleihegesetze, die Kasse der Ober⸗Rechnungskammer und des Rechnungshofs des Deutschen Reichs für die Etatsjahre 1891/92 und 1892 /93. D Demnächst folgte die Interpellation der Abgg. Dr. Hasse und Genossen, betreffend den Schutz der Deutschen im Auslande (Anlage X), welche lautet: „Was gedenkt der Herr Reichskanzler zu thun angesichts der
Der Staatssekretär, Staats⸗Minister Freiherr von Marschall erklärte sich bereit, die Interpellation sofort zu. beantworten. Zur Begründung derselben erhielt darauf das Wort der
Abg. Dr. Hasse (nl.): Als Fürst Bismarck die deutsche Politik leitete, seien die deutschen Interessen im Ausland immer mit Nach⸗ druck und Erfolg geschützt worden. Das sei seitdem anscheinend anders geworden, und es bemächtige sich der Deutschen in den überseeischen Ländern ein Gefühl der Unsicherheit. Die deutsche Politik habe überallhin nach dem Auslande Verneigungen gemacht, um in Frieden zu leben, und die Konsuln seien nicht hinlänglich angewiesen, die Interessen der im Ausland an⸗ gesessenen Deutschen wahrzunehmen; und doch sei dies um so noth⸗ wendiger, je mehr Deutschland sich zum Industriestaat entwickelt habe. Der Redner wandte sich demnächst einzelnen Beschwerdefällen in dieser Richtung zu. v“ (Schluß des Blattes.)
11““
Nr. 2 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ sundheitsamts“ vom 9. Januar hat folgenden Inhalt: Gesund⸗ heitsstand und Gang der Volkskrankheiten (Cholera u. s. w.). — Sterbefälle im November. — Zeitweilige Maßregeln gegen Cholera ꝛc. — Geburten und Sterbefälle in Birmingham, 1893. — Gesetz⸗ ebung u. s. w. (Deutsches Reich). Diphtherieserum. — (Preußen, Hanzig). Austrocknen von Räumen mit Kobksgfeuerung. — (Baden). Bezirksthierärztliche Jahresberiche. — (Sachsen⸗ Meiningen). Hebammen⸗Gebühren. — (Sachsen⸗Altenburg). Heb⸗ ammen⸗Beaufsichtigung. — (Oesterreich)h. Kunstweinbereitung. — (Schweiz, Kanton Zug). Schulgesundheitspflege. — (Canada). Quarantäne. — Gang der Thierseuchen im Deutschen Reich, Dezember. — Desgl. in Dänemark, 3. Vierteljahr. — Zeit⸗ weilige Maßregeln gegen Thierseuchen. (Preußen, Reg.⸗Bezirke Stettin, Breslau). — Rechtsprechung. (Landgericht Stettin). Oeffent⸗ liches Anpreisen brieflicher Behandlung von Leiden. — Vermischtes. Krankenbewegung in deutschen Hospitälern des Auslandes 1893/94. — (Preußen). 23. deutscher Bädertag. — Monatstabelle über die Sterbe⸗ fälle in schlesischen Orten mit 15 000 und mehr Einwohnern. No⸗ vember. — Desgl. in größeren Orten des Auslandes. — Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen Städten mit 40 000 und mehr Einwohnern. — Desgl. in größeren Städten des Aus⸗ landes. — Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Großstädte. 85 Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. — Witterung.;
Entscheidungen des Reichsgerichts.
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Die Entwendung von Blumen aus einem Garten, in welchem sie gewachsen, sodann aus dem Gartenboden entnommen und in einen im Garten befindlichen Blumentopf verpflanzt worden sind, ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, Feriensenats, vom 30. Juli 1894, nicht als Uebertretung des § 18 des Feldpolizei⸗ gesetzes vom 1. April 1880, wonach die Entwendung von Garten⸗ früchten aus Gartenanlagen mit Geldstrafe bis zu 150 ℳ oder mit Haft bestraft wird, sondern als Diebstahl mit Gefängniß zu bestrafen. „Der Gesetzgeber kann aus allgemeinen kriminalpolitischen Gründen nicht die Absicht gehabt haben, die von ihm als Früchte oder Boden⸗ erzeugnisse ausgesonderten Sachen für immer, gleichviel welche weitere Verwendung, Umformung oder Substanzveränderung sie im Verlauf ihrer Existenz erfahren mögen, dem Schutz der allgemeinen Diebstahls⸗ strafen zu entziehen für den Fall, daß auch nur zufällig der Thatort des Diebstahls eine der in § 18 des Feld⸗ und Forstpolizeigesetzes aufgeführten Oertlichkeiten ist. Vielmehr ist die Annahme gerecht⸗ fertigt, daß die Eigenschaft eines Blumenstocks als Bodenerzeugniß des Gartens mit seiner definitiven Entnahme aus dem Gartenboden und der Verpflanzung in einen Blumentopf aufhört. Denn damit ist einerseits die Bedeutung des Gartens als Nährboden für das fernere Wachsthum der Pflanze Frfgsahen und andererseits durch einen gleich der Vollendung der Ernte abgeschlossenen Akt eine Verfügung ge⸗ troffen, welche die Pflanze auch äußerlich als selbständige und nicht bloß vorübergehend zu einer anderen Verwendung bestimmte Sache hinstellt.“ (2779/94.)
— In Bezug auf § 720 I1 1 des Preuß. Allg. Landrechts, wonac Beleidigungen von Ehegatten, welche einmal ausdrückli verziehen worden, in der Folge nicht weiter als Ehescheidungs⸗ l gerügt werden können, hat das Reichsgericht, IV. Ziüvilsenat, in Abweichung von seiner bisherigen Rechtsprechung, durch Urtheil vom 4. Oktober 1894 ausgesprochen, daß die erst im Laufe des Ehescheidungsprozesses erfolgende Verzeihung, auch ohne Zurücknahme der Klage, wirksam ist und die Ab⸗ weisung der Ehescheidungsklage zur Folge hat. — H. klagte gegen seine Ehefrau wegen fortgesetzter Beleidigungen auf Eheschei⸗ dung. Die Beklagte erhob den Einwand der Verzeihung, indem sie behauptete, daß die früher ausgesprochenen Beleidigungen von dem Beleidigten vor Erhebung der Klage, und eine während des Pro⸗ zesses von ihr dem herzünn zugefügte Ehrenkränkung von diesem sodann ebenfalls verziehen worden sei. Das Berufungsgericht verwarf den Einwand der Beklagten hinsichtlich der im Laufe des Proazesses geschehenen Ehrenkränkung, indem es annahm, daß eine Verzeihung dieser Ehrenkränkung nur durch Zurücknahme der Klage Wirkung er⸗ langt haben würde, bei gleichzeitiger Förtseenng des auf Scheidung ge⸗ richteten Prozesses aber nicht ernstlich gemeint erscheinen könne. Auf die Revision der Beklagten hob das Reichsgericht das Berufungsurtheil auf, indem es begründend ausführte: „Die Auffassung des Berufungs⸗ gerichts steht mit der Rechtsprechung des gegenwärtig erkennenden Senats des Reichsgerichts im Einklange. Bei der durch den vorliegenden Streitfall veranlaßten neuen Prüfung ist der Senat jedoch zu einer anderen Ansicht gelangt. Das ÜUrtheil des Reichsgerichts vom 27. Januar 1881 beruht wesentlich auf der Erwägung, daß, wenn der klagende Theil einmal vor dem Richter die Beleidigung gerügt und dessen Ent⸗ scheidung darüber angerufen habe, aber ungeachtet der demnächst ein⸗ getretenen Aussöhnung den Prezet fortgehen lasse, die Verzeihung nur als Ausdruck einer versöhnlichen Stimmung angefehen werden könne. Das Gesetz unterscheidet jedoch nicht zwischen den — in denen die Verzeihung vor oder nach der Klageerhebung stattgefunden hat, bestimmt vielmehr allgemein, daß eine einmal aus⸗ drücklich verziehene Beleidigung in der Folge nicht weiter als Ehe⸗ scheidungsursache gerügt werden könne, und diese Wortfassung steht der Annahme nicht entgegen, daß, wenn eine Ehescheidungsursache, die schon gerügt ist, ausdrücklich verziehen wird, ihre weitere Verfolgung ausgeschlossen ist. Die Verzeihung im Sinne des § 720 a. a. O. wirkt als Entsagung des Rechts, die Scheidung wegen des betreffen⸗ den Vergehens zu verlangen, und muß deshalb, auch wenn sie erst während des Scheidungsprozesses erfolgt ist, zur Klageabweisung führen.“ (83/94.) 3 — 111“““
Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.
Gegen die Anordnung der Bezirksregierung, welche einer Gemeinde ein bestimmtes Grundstück als Baustelle für den Neubau einer Schule vorschreibt und die Bereitstellung des ge⸗ wählten Bauplatzes, event. durch einen im IIIööö zu bewirkenden Erwerb, aufgiebt, findet, nach einem Urtheil des Ober⸗ Verwaltungsgerichts, I. Senats, vom 30. Oktober 1894, die Klage im Verwaltungsstreitverfahren statt. „Im vorliegenden Falle handelt es sich lediglich um die durch Neubau innerhalb des
einheitliche Anstalt, wenn auch in räumlicher Trennung des Neubaus von dem alten Schulhause, beibehalten werden soll. Unter diesen Umständen fällt das angefochtene Resultat, sofern es ein bestimmtes Grundstück als Baustelle vorschreibt und somit eine Bestimmung trifft, welche an sich einen unentbehrlichen Bestandtheil jedes Schulbau⸗ resoluts bildet, unter den Begriff der Anordnung eines Schul⸗ baues im Sinne der Eingangsworte des § 47 Abf 1 des Zuständig⸗ keitsgesetzes, sodaß schon hiernach seine Anfechtbarkeit mittels Klage aus Abs. 2 a. a. O. keinem Zweifel unterliegt. Ueber die Anordnung von Schulbauten haben die Verwaltungsgerichte aber in demselben Um⸗ fang und in demselben Maße zu befinden, wie dies den Regierungen vor Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit nach § 18 der Reg.⸗Instrukt. zustand. Eine Schranke hierbei besteht — abgesehen von der aus der Natur des Streitverfahrens folgenden Vorschrift im § 79 des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883, wonach die Entscheidungen nur die Parteien und die von denselben erhobenen Ansprüche betreffen dürfen — einzig und allein dahin, daß nenes 8 Abs. 2 und 3 des Zuständigkestsgesebes von 1883, wie schon nach § 79 des früheren Zuständigkeitsgesetzes, eine Nachprüfung der von den Schulaufsichtsbehörden innerhalb ihrer gesetzlichen Zuständigkeit ge⸗ troffenen (allgemeinen) Anordnungen über die Ausführung von Schul⸗ bauten sowie ihrer die Errichtung neuer oder die Theilung vorhandener Schulverbände betreffenden Maßnahmen unstatt⸗ haft ist. — Indem ferner das Resolut zur Ermöglichung des an⸗ eordneten Baues der Stadtgemeinde als der Trägerin der Unter⸗ altungs⸗ einschließlich der Baulast aufgiebt, den gewählten Bauplatz bereit zu stellen, regelt es zugleich die öffentlich⸗rechtliche Ver⸗ pflichtung zur Aufbringung der Baukosten, unter welchen der § 47 Abs. 1 des Zuständigkeitsgesetzes nicht bloß Baarkosten, sondern Leistungen jeder Art, wie sie nach den Normen des zur An⸗ wendung kommenden materiellen Rechts von den Baupflichtigen ver⸗ langt werden können, mithin auch die Hergabe des Bauplatzes bezw. den erforderlichen, event. im Enteignungswege zu bewirkenden Erwerb eines solchen versteht.“ (I 1243.)
Kunst und Wissenschaft.
An der Humboldt⸗Akademie beginnen in dieser Woche noch folgende Vortragscvelen: Dienstag, in W. Lützowstraße 844d., Abends 6 bis 7 Uhr: Dr. O. Wulff, Lionardo da Vinci und seine Werke (mit Abbildungen); 7 bis 8 Uhr: Dr. E. F. Frey, Schiller's Braut von Messina; 8 bis 9 Uhr: Derselbe, Goethe's epische Dichtungen; ferner Freitag, ebenfalls in W., Abends 6 bis 7 Uhr: Dr. O. Wulff, Aesthetische Theorie der bildenden Künste, II. Theil (mit Abbildungen), und in NW., Georgenstraße 30/31, Abends 8 bis 9 ÜUh Dr. Botho Graef, Geschichte der griechischen Literatur. Jeder erste Vortrag ist für Herren und Damen frei.
— Gestern Vormittag verstarb in Marburg plötzlich der Geheime Medizinal⸗Rath Dr. Eduard Külz, Professor der Physio⸗ logie an der dortigen Universität. Bauten.
Zur Schinkel⸗Preis⸗Bewerbung des Architekten⸗ Vereins in Berlin für 1895 sind dem „Zentr.⸗Bl. d. Bauv.“ zu⸗ folge im ganzen neun Arbeiten eingegangen. Die Aufgabe im Hoch⸗ bau, Entwurf zu dem Gebäude für die bildenden Künste auf einer Weltausstellung, hat sechs Bearbeiter, die Aufgabe im Bauingenieur⸗ wesen, Entwurf zu einer Thalsperre, drei Bearbeiter gefunden. Die öffentliche Ausstellung der Entwürfe findet nach erfolgter Beurtheilung statt und zwar voraussichtlich von Anfang März ab.
— In dem Wettbewerb um eine Straßenbrücke über den Rhein bei Bonn hat das Preisgericht seinen Spruch gefällt. Mit dem ersten Preise (8000 ℳ) ist, wie das „Zentr.⸗Bl. d. Bauv.“ berichtet, der Entwurf der Gutehoffnungshütte in Oberhausen in Ver⸗ bindung mit dem Baugeschäft von R. Schneider und dem Architekten Bruno Möhring in Berlin ausgezeichnet worden. Der zweite Preis 888 ℳ) wurde dem Entwurf der Maschinenfabrik Eßlingen, earbeitet durch ihren Ober⸗Ingenieur Kübler in Verbindung mit den Architekten Eisenlohr und Weigle in Stuttgart, 228 dem Baugeschäft von E. W. Scheidt in Köln und der Drahtseilfabrik von Felten u. Guilleaume in Deutz, zuerkannt, der dritte (4000 ℳ) demjenigen der Gesellschaft Friedr. Harkort in Duisburg und des Professors Frentzen in Aachen und der vierte (3000 ℳ) dem Entwurf des Ober⸗Ingenieurs Lauter und des Architekten Ad. Haenle, beide in dem Baugeschäft von Phil.⸗Holzmann in Frankfurt a. M. Sämmt⸗ liche Wettbewerb⸗Entwürfe werden vom 20. d. M. ab in der Turn⸗ halle in Bonn 14 Tage lang öffentlich ausgestellt sein
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Italien.
Durch Ministerialverordnung vom 4. d. M. sind die gegen Her⸗ künfte von Portugal, den belgischen und niederländischen, sowie auch den deutschen Hic der Ostsee angeordneten sanitätspolizeilichen Maß⸗ nahmen aufgehoben worden. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 101 vom 30. April und Nr. 191 vom 15. August v. J.)
Norwegen. b
Die Königlich norwegische Regierung hat die Provinz West⸗ preußen für rein von Cholera erklärt. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 172 vom 24. Juli v. J.)
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Verkehrs⸗Anstalten.
Laut Telegramm aus Oberhausen (Rheinland) ist die englische Post über Vlissingen vom 12. d. M. ausgeblieben. Grund: Spätere 5 aus Vlissingen wegen verspäteter Ankunft des Schiffs infolge von Schneegestöber.
Laut Telegramm aus Herbesthal ist die zweite eng⸗ lische Post über Ostende vom 12. d. M. ausgeblieben. Grund: Verspätete Abfahrt aus Dover und Sturm auf See.
Theater und Musik.
Deutsches Theater.
In dem neuen Schauspiel „Klein Eyolf“ von Henrik Ibsen, das am Sonnabend seine erste, beifällig aufgenommene Auf⸗ führung erlebte, hat der Dichter die Entwickelung seiner Handlung auf die natürliche Umwandlung der Geisteskräfte und Charaktereigenschaften der Menschen zu stützen versucht. Daß eine solche Umwandlung that⸗ sächlich Se. zeigt, wie die allgemeine Erfahrung, so auch gerade dies neue Ibsen'sche Schauspiel, in dem der Verfasser von seiner fruͤheren Art der Begründung seelischer Vorgänge fast völlig abweicht und sich einer mehr idealen Anschauung zuwendet, in der man das Problem der tragischen Schuld wieder erkennen kann. Naturalistische Motive allerdings scheinen dem Dichter zur zweiten Natur geworden zu sein; diesmal ist es die sinnliche Begierde, die zur Schuld führt, und diese Schuld als das „Böse“ gebiert immer neue Sünden. Aber nicht elender sittlicher Untergang bildet die Lösung des Konflikts, sondern es erfolgt eine Umwandlung im Sinne der Reinigung der Leidenschaften und ein Ausblick in eine nahe Zukunft, in der die Fe. eh Liebe der Schuldbeladenen sich in allgemeine Menschenliebe wandeln wird, und in der sie durch Werke der Menschenfreundlichkeit und ein Gott wohlgefälliges Leben ihre Schuld fühnen wollen. — Gewiß wird auch dieses neue Ibsen’'sche Stück einen Kampf der Meinungen über seinen Werth und seine Bedeutung hervorrufen; denn die Neigun u mpstischen Elementen in der Begründung der Handlung stört au 1* den reinen Genuß, und wenn auch die Charakteristik der einzelnen Personen klar und scharf erscheint, so machen sie doch nicht den Ein⸗ druck natürlicher Menschen, sondern den von symbolistischen V.
hielfachen Klagen über den mangelnden Schutz der Deutschen im Auslande, nasbesoober⸗ in Zentra dnnen ec 6
bisherigen Schulbezirks zu bewirkende Herstellung eines vierten fünften Klassenzimmers für die städtis e Volksschule, welche als
menschlicher Typen.