Meine Herren, die verbündeten Regierungen haben schon Gelegen⸗
heit gehabt auszusprechen, daß, wo immer festgestellt worden ist, daß es sich wirklich um die Verurtheilung eines Unschuldigen gehandelt hatte, die Landesverwaltungen auch bereit gewesen sind, nach ihren Kräften und mit ihren Mitteln zu helfen, soweit sie der einzelne Fall dazu berechtigte — nicht im Wege des Rechts freilich, aber im Wege der Gnade. Nach der Ansicht der verbündeten Regierungen ist der Weg der Gnade gerade derjenige, der sich am meisten eignet, um derartiges, durch die Aktion des Staats begangenes, in seiner Tragweite nur schwer bemeßbares Unrecht wieder gut zu machen. Nöthig wäre die Regelung also nicht. Aber der Bundesrath verkennt nicht, daß wir uns auf diesem Gebiet einer Zeitströmung gegenüber befinden, die unwiderstehlich dahin drängt, dasjenige, was bisher im Wege der Gnade gewährt worden ist, mit einem Rechtsanspruch zu umkleiden, und nachdem der Reichstag eine Reihe von Jahren sich zum Träger dieser Auffassung gemacht, sehen Sie die Regierungen jetzt bereit, Bestimmungen, die ein Entschädigungs⸗ recht begründen, in den Entwurf aufzunehmen. Wir müssen aber immerhin auch jetzt noch aussprechen, daß es ein Problem bleibt, welches auf diesem Wege gelöst werden soll; es wird ein Weg beschritten, der, abgesehen von Oesterreich, in den größeren Kulturstaaten Europas noch nicht beschritten worden ist, und wir beschreiten ihn durch unsere Vorlage in einem Umfange, wie es auch Oesterreich nicht unternommen hat. Ich glaube deshalb, meine Herren, Sie werden geneigt sein, die Vor⸗ schläge, die die verbündeten Regierungen in diesem Punkt Ihnen machen, mit der gebotenen Zurückhaltung zu prüfen, umsomehr, da die Vorschläge sich in den Grenzen bewegen, die früher der Reichstag selbst als zutreffend angesehen bat.
Meine Herren, erlauben Sie mir jetzt noch einige Worte zu einem anderen Punkt der Vorlage, den ich bis jetzt nicht berührt habe⸗ der aber immerhin von prinzipieller Bedeutung ist, ich meine die Frage der Kompetenzbestimmungen zwischen den verschiedenen Gerichts⸗ instanzen: zwischen den Schöffengerichten, den Strafkammern der Land⸗ gerichte und den Schwurgerichten. Die verbündeten Regierungen schlagen Ihnen hier zwei Aenderungen vor. Sie beantragen zunächst, die Strafkammern von einem Theile der ihnen nach der gegenwärtigen Gesetzgebung zufallenden Geschäfte zu entlasten und diese Strafsachen auf die Schöffengerichte zu übertragen. Es handelt sich hierbei im wesentlichen um diejenigen Straffälle, die nach § 75 Strafprozeßerdnung auf die Schöffengerichte zu übertragen bereits jetzt in der Hand der Strafkammern liegt. Die Straf⸗ kammern machen, wenn auch in den verschiedenen Landestheilen nicht in gleichem Umfang, doch annä weise in dem Maße von dieser Befugniß Gebrauch, daß mehr als drei Viertel, bis gegen neun Zehntel aller durch den Entwunf in Betracht gezogenen, über⸗ weisbharen Strafsachen bereits jetzt von den Strafkammern auf die Schöffengerichte übergehen. Eine große Mehrbelastung der Schöstengerichte wird also durch diesen Vorschlag, wenn er Gesetz wird, nicht herbeigeführt werden. Aber, meine Herren, es wird auf der anderen Seite Wichtiges erreicht. Es tritt neben einer immerhin nicht zu unterschätzenden Entlastung der Strafkammern eine erhebliche Beschleunigung der Sachen, die hier in Frage stehen, insofern ein, als die Sachen nicht mehr den Umweg über die Strafkammern zu machen brauchen, um an die zuständige Instanz der Schöffengerichte zu gelangen. Das, meine Herren, ist ein Gewinn, den wir in unseren Verhältnissen, wo, glaube ich, alle Welt danach verlangt, daß die Justiz etwas rascher arbeiten möge, nicht unterschätzen mögen. Sodann die Kompetenzveränderung, die der Gesetzentwurf in dem Verhältniß der Schwurgerichte und der Strafkammern vorschlägt, sie geht aus anderen Motiven hervor. Es handelt sich hier um eine kleine Anzahl von Verbrechen, die zur Zuständigkeit der Schwurgerichte ge⸗ hören: Amtsverbrechen, Urkundenfälschung, betrüglicher Bankerutt, Meineid — Verbrechen, die erfahrungsmäßig den Schwurgerichten außerordentlich viel Mühe bereiten, theils weil es sich dabei um ein sehr umfangreiches, verwickeltes, thatsächliches Material handelt, theils auch, weil dabei schwierige Rechtsfragen in Betracht kommen, oder auch, weil sich beides mit einander verbindet. Daß die Schwur⸗ gerichte in der That für die richtige Würdigung derartiger Verhältnisse sich nicht eignen, das wird mir jeder Kenner der Verhältnisse zugeben. Wir werden auch hier, indem wir die Schwurgerichte entlasten, eine erhebliche Beschleunigung der Aburtheilung der Straffälle herbei⸗ führen, und das ist wiederum ein Gewinn.
Meine Herren, man hat dem Vorschlage, die Schwurgerichte in dieser Weise zu entlasten, in der Oeffentlichkeit den Vorwurf gemacht, daß das der erste Schritt sei zur, wie man sich ausdrückt, Abbröcke⸗ lung der Schwurgerichte, und ich möchte nicht, daß das hohe Haus unter den Eindruck dieses Vorurtheils gelange. Nach der Auffassung der verbündeten Regierungen liegt, wenn man überhaupt an die Ab⸗ schaffung der Schwurgerichte und an ihre Ersetzung durch eine andere Organisation denken will, die Zeit, wo dies geschehen könnte, in nicht absehbarer Ferne. Wir haben also keine Veranlassung, irgend einen Schritt zu thun, der die Schwurgerichte in ihrem Ansehen vor dem Lande beeinträchtigen und zu dem Zweck in ihrer Thätigkeit ein⸗ schränken könnte. Aber, meine Herren, wir haben wohl das Interesse, dahin zu wirken, daß den Schwurgerichten Aufgaben abgenommen werden, die sich nach der Zusammensetzung der Geschworenenbank für ihre Würdigung nicht eignen, die ihnen besondere Schwierigkeiten be⸗ reiten und die vorzugsweise dazu beitragen, daß sich über die Wirk⸗ samleit der Schwurgerichte eine mißwollende Kritik erhebt. Was wir wollen, ist nicht eine Verringerung, sondern ist eine Stärkung des Ansehens der Schwurgerichte.
Meine Herren, ich möchte nun noch ein Wort darüber fagen, wie die Oeffentlichkeit überhaupt dem Entwurf gegenüber sich geäußert hat.
Wir haben nicht nur den ersten Entwurf so, wie er an den Bundesrath kam, sondern auch den Entwurf in der Gestalt, wie er den Bundesrath verließ, sobald es möglich war, bekannt gemacht, weil wir Werth darauf legten, eine so wichtige Vorlage möglichst gründlich durch alle betheiligten Kreise geprüft zu sehen, bevor sie dieses hohe Haus beschäftigen würde. Wir können im großen und ganzen nur dankbar sein für die eingehende Prüfung, die erfolgt ist. Sie ist vielfach ablehnend gegenüber den Vorschlägen des Entwurfs, das ist das Recht der Kritik; sie ist aber ernst und gründlich, und das ist es, was die verbündeten Regierungen dankbar anerkennen.
In einem Punkte, meine Herren, glaube ich jedoch, muß ich schon in diesem Augenblicke zu der Kritik mich äußern. Sie hat nämlich vielfach der Meinung Ausdruck gegeben — und es ist zweifellos, daß eine folche Meinung Vorurtheile gegen den Entmwurf zu nähren geeignet ist —, als gehe
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keine ungünstigere wird.
die Tendenz der Vorlage dahin, den Schutz, den die Strafprozeß⸗ ordnung dem Angeklagten gegenwärtig gewährt, zu verringern. Es wäre ein schwerer Irrthum von seiten der verbündeten Regierungen, wenn sie in einer Zeit wie der unserigen, in welcher die öffentliche Meinung gegenüber jeder Beeinträchtigung der Rechte des Individuums durch die Aktion der Staatsgewalt ganz besonders empfindlich ist, auch nur den Anschein im Volke aufkommen lassen wollten, als gehe ihre Absicht dahin, gerade dem Angeklagten gegenüber eine Rechtsschmälerung eintreten zu lassen. Das ist gewiß nicht der Fall, und ich hoffe, wir werden in der Kommission, welcher voraussichtlich die Vorlage überwiesen werden wird, Gelegenheit haben, nachzuweisen, daß die Stellung des Angeklagten in der That Aber einen Gesichtspunkt läßt die Vorlage allerdings mehr hervortreten, als es durch das geltende Gesetz ge⸗
schehen ist.
Meine Herren, wenn man die Verhandlungen des Reichstags über die Strasprozeßordnung liest, dann kann man sich dem Eindruck nicht entziehen, als handle es sich bei diesem Gesetz um nichts Anderes als um den Schutz des Angeklagten, als ob außer dem Interesse des Angeklagten bei Erledigung eines Strasverfahrens andere Interessen überhaupt nicht in Betracht kämen. Demgegenüber möchte ich doch hervorheben — und dieser Gesichtspunkt ist allerdings für den Ent⸗ wurf mitdbestimmend gewesen —, daß der Strafprozeß nicht bloß dazu da ist, dem Angeklagten Schutz zu gewähren, sondern daß er auch Schutz gewähren soll der verletzten Rechtsordnung und den Interessen der bürgerlichen Geschäftsordnung, die durch diese Verletzung berührt werden. Ich meine auch hier: gerade unsere Zeit legt uns mehr wie ie die Mkicht ans Herz, diesen Gesichtspunkt nicht zu vernachlässigen, wenn wir einen nach allen Seiten gerechten Strafprozeß konstruieren wollen, und ich möchte das hohe Haus bitten, bei der Würdigung der einzelnen Bestimmungen des Entwurss nicht zu vergessen, daß wir gewiß den Angeklagten, daß wir aber auch die Interessen der bürgerlichen Gesellschaft zu schützen haben. Finden Sie, daß der Ausgleich, den die verbündeten Regierungen nach dieser Richtung hin gesucht haben, kein glücklicher und vollkom⸗ mener ist — nun, meine Herren, wenn Sie andere Vorschläge zu machen haben, ich kann Ihnen die Zusicherung geben, die Vertreter der ver⸗ bündeten Regierungen werden dabei ohne Voreingenommenheit, und ohne an den Buchstaben der Vorlage sich anzuklammern, gern mit Ihnen zusammen arbeiten. (Bravo!)
Abg. Rintelen (Zentr.); Die Vorlage hat den Vorzug, kein Partei⸗Gesetzentwurf zu sein; die Forderungen der Wiedereinfüͤhrung der Berufung und der Entschädigung unschuldig Verurtheilter haben von jeher in allen Parteien Freunde gehabt und seit Jahren schon zu Abänderungsvorschlägen geführt. Die Regierungen haben sich disher immer ablehnend gegenüder dem letzteren vderhalten, dis nunmehr die Ansicht durchgedrungen ist, daß die Aufhebung der Berufung ein Febl⸗⸗ griff war. Die Entschädigung unschuldis Verurtdeilter sand eine Gegner⸗ schaft, die mit der Schwierigkeit der Feststellung der Unschuld begründet war. Was die einzelnen Punkte der Vorlage betrifft, so theile ich die Bedenken gegen die Verweisung gewisser Strafthaten von den Schwur⸗ gerichten an die Strafkammern nicht und ebensowenig die Besorgniß. daß zuviel Stellen mit Hilfsrichtern werden würden; eine Schwächung der Garantien für den Angeklagten würde auch ich nicht wünschen, deshald möchte ich das Recht der Vertheidigung, schon im Vorverfahren Beweisanträge zu stellen, nicht entbehren. Bedenken habe ich gegen die Bestimmung, daß die Ablehnung eines Richters vom Vor⸗ sitzenden auch aus anderen als formalen Gründen zurückgewiesen werden kann. Mit besonderer Freude habe ich die Bestimmung be⸗ grüßt, daß die Vereidigung der Zeugen erst nach der Aussage statt⸗ finden soll, desgleichen die Ausdehnung des Kontumazialverfahrens. Was die Einschränkung der sogenannten Prozeßgarantien betrifft, so kann man darüber nicht so leicht dinweggehen, weil es sich um bereits bestehende Vorschriften handelt, die sich eingelebt haben. Be⸗ denklich erscheint mir auch die Bestimmung über die Besetzung der Präsidien der Strafkammern durch die Justiz⸗ verwaltung, wodurch letztere einen zu weitgehenden Einfluß erhält. Frühber nahm man mehr als jetzt Rücksicht auf die persön⸗ lichen Gefühle der Richter und machte namentlich einen jüngeren Richter nicht zum Vorsitzenden von älteren. In der Kommission dürsten sich noch medr Punkte finden, welche eingehende Erwägung verdienen. Ich möchte mit Rücksicht auf die schwierige Arbeit, welche die Kommission zu erledigen haben wird, nur noch den Wunsch aus⸗ sprechen, daß ihre Arheiten nicht durch einen vorzeitigen Schluß der Tagung pro nihilo geschehen mögen.
Abg. Dr. Enneccerus (nul.): Zu unserer Freude haben die ver⸗ bündeten Regierungen in dieser Vorlage einen Rechtsanspruch unschuldig Verurtheilter auf Entschädigung anerkannt. Wir stimmen der Vorlage darin bei, daß diese Entschädigung nicht denjenigen gewährt werden soll, die zwar im wiederaufgenommenen Verfahren freigesprochen werden, auf denen aber immer noch ein schwerer Verdacht lastet. Die Vorlage hat aber leider bier einen eingeschlagen, der mir bedenklich erscheint. Nur folchen Verurtheilten soll ein Wiederaufnahmeverfahren ermöglicht werden, deren Unschuld als dargethan betrachtet werden kann. Bis jetzt mwar das anders. Man konnte die Wiederaufnahme des Verfahrens er⸗ langen, wenn neue Thatfachen oder Beweismittel d acht wurden, welche die Freisprechung begründen konnten. Im der⸗ aufnahmeverfahren wird entweder der Schuldheweis ganz zerstört oder es bleiben einige kleine Schuldmomente bestehen, die zu einer Verurtheilung nicht führen können. Ich halte es für eine schwere Ungerechtigkeit, wenn jetzt bloß der erstere Fall berücksichtigt werden soll. Soll jemand, der, zu lebenslänglichem Zuchthaus verurtheilt, nach⸗ weisen kann, daß die Gründe, auf welche hin seine Verurtheilung erfolgte, bis auf einen kleinen Rest unrichtig sind, kein Wiederaufnahmeverfahren verlangen können? Die Praxis lebrt doch, daß ein großer Theil der Angeklagten freigesprochen wird, nicht, weil ihre Unschuld erwiesen ist, sondern weil man ihnen die Schuld nicht nachweisen konnte. — Der Hauptpunkt der Vorlage ist die Frage der Berufung. Es ist gesagt worden, daß für die Berufung eigentlich nur Optimisten und Idealisten fein könnten. Aber ich glaube doch, daß eine mangelhafte Bemeis⸗ mürdigung und ungenügende lückenhafte Vorarbeiten der ersten Instanz in sehr vielen Fällen erst in einer zweiten Instanz gut gemacht werden können. Auch der Juristentag hat sich mit großer Majorität für die Berufung ausgesprochen. Aus den Kreifen der An⸗ walte wird ebenfalls dafür eingetreten. Das Gutachten der Anwalte ist um so mehr zu berücksichtigen, als sie dieser Frage näher stehen. Sehr oft erinnern sie sich erst später, daß sie den oder den Punkt vergessen, daß sie noch einen Zeugen hätten vernehmen lassen müssen. Die Gründe für die Berufung wiegen bei weitem schwerer, als die dagegen geltend gemachten Bedenken. Auch der gewiffenhafteste Richter kann sich viel eher in der Thatfrage, als in der Rechtsfrage irren. Eine Anzahl der neu aufgenommenen Bestimmungen versch das Gesetz. Hierher gehört die Besetzung der Strafkammern mit drei Richtern, anstatt mit fünf; dabei ist bedenklich, daß zu einer Verurtheilung jetzt schon zwei Richter genügen sollen, während bisher die Stimmen von vier dazu nöthig waren. Eine andere be⸗ denkliche Bestimmung ist die Befugniß des Gerichts, den Umfang der Beweisaufnahme zu bestimmen. Es ist ja zuzugeben, daß jetzt Haufig Mißbrauch mit den Zeugenaussagen getrieben wird, und daß Dinge produziert werden, die garnicht zur Sache gehören. Solche Aussagen müssen allerdings abgeschnitten werden können, aber so weitgehende Befugnisse des Gerichtshofs sind dazu nicht nöthig. Die Zeugen, die über erhebliche Thatsachen aussagen können, 2 unter allen Um⸗
ständen vernommen werden. Durch die vorgeschriebene Protokollierung
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Mitgliede mehrerer Kammern bestimmet erten,
Kammer oder infolge MWecksels sbaf gasz82
der Zeugenaussagen wird eine erhebliche Verlangsamung des Ver⸗ fahrens und die Nothwendigkeit einer übermäßigen Vermeh des Gerichtspersonals herbeigeführt. Die Berufung wird erschwert durch die ““ daß sie binnen vierzehn 1* eingereicht werden muß. Das wird häufig unmöglich sein. Die Ausdehnung des Kon. tumazialverfahrens widerspricht dem sonst durchgeführten Prinzip der Unmittelbarkeit. Sie würden zu negeöästen der unbemittelten Ange⸗ klagten wirken. Die Frage: ob Nacheid oder Voreid, ist vom Vor⸗ redner zu Gunsten des ersteren beantwortet worden. Ich schließe mich dem an. Tadeln moͤchte ich aber, daß die Beeehöh. bereits bei der ersten gerichtlichen Vernehmung stattfinden soll. Mit der Beschleunigung des Verfahrens kann ich mich nur in dem Fall ein⸗ vexstanden erklären, daß der Angeklagte geständig ist. Gegen die Be. setzung der Strafkammer durch die Landes⸗Justizverwaltung lassen sich schwere Bedenken geltend machen. In der Regel werden die Präsidien der Landgerichte eine bessere Kenntniß von der Befähigung der einzelnen Richter haben, als die Landes⸗Justizverwaltung. Mein Gesammturtheil über die Vorlage geht dahin, daß sie manches Gute, aber überwiegend Bedenkliches enthält. Ich wünsche und hoffe,“ daß — die Entschädigung Aunschuldig Verurtheilter in der vorgeschlagenen oder in anderer Form Gesetz werde. Die Regierungen sollten es sich doch überlegen, ob sie nicht eine Mittelinstanz zwischen Schöͤffengerichten und Strafkammeen einrichten wollen. Ueber kleine Strafsachen urtheilen ein Richter und zwei Laien, über die große Masse der mittleren nur Richter, und üder die größten Strafsachen nur Laien. Dieser Zustand muß geändert wereen. Laten und Richter müssen sich das Gleschgewicht halten. Den Gerichten, in denen Laien und Richter gleichmäßig zusammenwirken, wird das Volk das größte Vertrauen entgegenbringen.
Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts Nieberding:
Meine Herren! Nur eine thatsächliche Berichtigung zu den Aus⸗ fübrungen des Herrn Vorredners. Er hat Bemerkungen über die Wirkungen gemacht, welche die vorgeschlagene Kompetenzverschiebung zwischen den Schoͤffengerichten und den Strafkammern für die letztere nach sich ziehen würde. Diesen Bemerkungen lag ein Irrthum bezüglich dessen zu Grunde, was ich vorher die Ehre hatte auszuführen. Was ich gesagt habe, war Folgendes. Ich bin ausgegangen von denjenigen Strafsachen, die nach dem Entwurf definitiv dem Schoöͤffengericht überwiesen werden sollen, während nach dem bestehenden Gesetz die Strafkammern befugt sind, im einzelnen Falle sie an die Schöffengerichte zu überweisen. Ich habe gesagt, von dieser Besugniß machen die Strafkammern gegen⸗ wärtig in dem Umfang Gebrauch, daß bis zu 90 % dieser Sachen an die Schöffengerichte kommen, während der Rest bei den Strafkammern bleibt. Die Folge des Gesetzentwurfs würde die sein, daß die Strafkammern bezüglich dieses Restes für das ganze Verfahren, be⸗ züglich der 90 % für das Vorverfahren entlastet werden. Ich habe die Frage, welche Folgen die in dem Entwurf zu Gunsten der Schöffengerichte vorgeschlagene Kompetenzverschiebung im ganzen für die Strafkammern haben würde, überhaupt nicht berührt. Ich habe es nicht gethan, weil es schwierig ist, in diesem Punkte, wo die Qualität und der Umfang der Sachen eine große Rolle spielen, ein richtiges Urtheil zu fällen. Wenn Sie aber nach dieser Richtung eine Zahlenangabe vermeiden, so kann ich nur Folgendes sagen: Die Ent⸗ lastung, die infolge des Entwurfs für die Strafkammern überhaupt eintreten wird, darf höchstens auf 15 % aller Arbeiten geschätzt werden, die an die Strafkammern gelangen. Sie würde also bei weitem nicht den Umfang annehmen, den infolge eines Mißverständnisses der Herr Vorredner angenommen hat.
Hierauf wird die Berathung auf Freitag 1 Uhr vertagt.
Parlamentarische Nachrichten.
Der dem Reichstag vorliegende und gegenwärtig zur Berathung stehende Entwurf eines Gesezes⸗ betreffend Aenderungen und Ergänzungen des Gerichts⸗ verfassungsgesetzes und der Strafprozeßordnung
lautet:
CFCiir In dem Gerichtsverfassungsgesetz werden die nachstehenden Be⸗ stimmungen in folgender Weise abgeändert:
Die Schöffe te sind zuständig:
1) für alle retungen; 8 1u“
2) für diejenigen Vergehen, welche nur mit Gefängniß von böchstens drei Monaten oder Geldstrafe von höchstens sechsbundert Mark, allein oder neben Haft oder in Verbindung mit einander oder in Verbindung mit Einziehung bedroht sind, mit Ausnahme der im § 320 des Strafgesetzbuchs und der im § 74 dieses Gesetzes be⸗ 1 en Vergeben;
3) für das Vergehen des Hausfriedensbruchs im Falle des § 123 Abs. 3 des Strafgesetzbuchs;
4) für das Vergehen der Beleidigung, wenn die Verfolgung im Wege der Privatklage geschieht;
5) für das Vergehen der Körperverletzung in den Fällen der nur auf Antrag eintretenden Verfolgung;
6) für das Vergehen der Bedrohung mit der Begehung eines Verbrechens im Falle des § 241 des Strafgesetzbuchs; 90) für das Vergehen des Diebstahls im Falle des § 242 des 35ö— wenn der Werth des Gestohlenen einhundert Mark nicht übersteigt; b 8) für das Vergehen der Unterschlagung im Falle des § 246 des Strafgesetzbbuchs, wenn der Werth des Unterschlagenen einhundert
Mark nicht über 3
9) für das Margehen des im Falle des § 263 des
Strafgesetzbuchs, wenn der Schaden einhund rk nicht übersteigt 10) für die Vergehen des strafbaren Eigennutzes in den 22
des § 286 Abs. 2 und der 8 290, 291 und des Strafgesetzbuche 11) für das der Sachbeschädigung in dem Falle des
— 1 Straf „wenn der Schaden einhundert Mark nicht
ü igt;
12) für das der Begünstigung und für das 2 Hebleren in den Fällen 88 § 258 Nr. 1 eha-n3 8299 tes Strafgesetzbuchs, wenn die Handlung, auf welche egünsti oder die Hehlerei bezieht, zur Zuständigkeit nee, cehas vbea
Ist die Zuständigkeit des Schöff Sache oder den Betrag eines Schadens Hauptverhandlung bheraus, daß der Werth
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eimhundert Mark vbeee so hat das nur dann auszuspre wenn aus der Verhandlung geboten erscheint.
61. Kammern führen der 72 vie Ee’* 8 s
Eereesx-ee eraee hane
ellbe des Kammern in Verhinverungsse vbr, A⸗ vanten = Geschäfte unter die Kammern bir Fensr, jches Mrtrn⸗.
Scter Richtet kann mf
jahrs im voraus Bestimmung gekewftsn, kaAsͥ&s 1w Tante bes Geschättsmün⸗ vrgens icce 1rseHs&s irberlaftung vüne. rhinbetundk sglünm⸗
Die getroffene Anortzw nur geändert werzen, wenn
Mitglieder des Gerichts erforzerkilch wirs
7her Schaten mehr a0s
§ 63.
Die im vorstehenden Paragraphen bezeichneten Anordnungen er⸗
folgen durch die Landes⸗Justizverwaltung. § 65.
Ueber die Vertretung des Präsidenten in den ihm als solchem obliegenden, durch dieses Gesetz bestimmten Geschäften wird von der vondes⸗Justizverwaltung Bestimmung getroffen.
§ 69 Absatz 1.
Soweit die Vertretung eines Mitglieds nicht durch ein Mitglied desselben Gerichts möglich 1 erfolgt die Anordnung derselben auf den Antrag des Präsidenten durch die Landes⸗Justizverwaltung.
§ 73
1Die Strafkammern sind als erkennende Gerichte zuständig:
1) für die Vergehen, welche nicht zur Zuständigkeit der Schöffen⸗
gericht⸗ gehören; sae diejenigen Verbrechen, welche mit Zuchthaus von höchstens fünf Jahren, allein oder in Verbindung mit anderen Strafen bedroht sind. Diese Bestimmung findet nicht Anwendung in den Fällen der §§ 86, 100 und 106 des Strafgesetzbuchs; 3) für die . der Personen, welche zur Zeit der That das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hatten;
4) für das Verbrechen des Widerstands gegen die Staatsgewalt in den Fällen der §§ 118 und 119 des Strasgesetzbu 8; 5) für das Verdrechen des Meineids in den Fällen der §§ 153, 154 und 155 des Strafgesetzbuchs;
6) für das Verbrechen der Unzucht in den Fällen des § 176 des Strafgesetzbuchs;
7) für das Verbrechen des Diebstahls in den Fällen der §§ 243 und 244 des Strafgesetzbuchs;
8) für das Verbrechen der Hehlerei in den Fällen der §§ 260 und 261 des Strafgesetzbuchs;
9) für das Verbrechen des Betrugs im Falle des § 264 des Strafgesetbuchs;
10) für das Verbrechen der Urkundenfälschung in den Fällen des
§ 268 Nr. 2 und der §§ 272 und 273 des Strafgesetzbuchs;
11) für die Verbrechen im Amt in den Fällen der §§ 349 und 351 des Strafgesetzbuchs; 12) für die nach §§ 209 und 212 der Ko
Die Strafkammer kann bei Eröffnung des Hauptverfahrens wegen der Vergehen: 1) des Widerstands gegen die Staatsgewalt in den Fällen der §§ 113, 114, 117 Abs. 1 und des § 120 des Strafgesetzbuchs; 2) wider die öffentliche Ordnung im Falle des 137 des Straf⸗ gesetzbuchs; 1 3) wider die Sittlichkeit im Falle des § 183 des Strafgesetzbuchs; 4) der Beleidigung in den Fällen der nur auf Antrag eintre⸗ tenden Verfolgung; 5) der Körperverletzung in den Fällen des § 223 a und des § 230 Abs. 2 des Strafgesetzbuchs; 6) der Nöthigung im Falle des § 240 des Strafgesetzbuchs; 7) des Diebstahls im Falle des § 242 des Strafgesetzbuchs; 8) der Unterschlagung im Falle des § 246 des Strafgesetzbuchs; 9) der Begünstigung; 10) der Hehlerei in den Fällen des § 258 Nr. 1 und des § 259 des Strafgeseßbuchs; 8 11) des Betrugs im Falle des § 263 des Strafgesetzbuchs; 12) des strafbaren Eigennutzes in den Fällen des § 286 Abs. 1 und der §§ 288 und 289 des Strafgesetzbuchs; 13) der Sachbeschädigung in den Fällen der §§ 303 und 304 des Strafgesetzbuchs; und 14) wegen der gemeingefährlichen Vergehen in den Fällen des § 327 88. 1 und des § 328 Abs. 1 des Strafgesetzbuchs; erner 15) wegen derjenigen Vergehen, welche nur mit Gefängniß von höchstens sechs Monaten oder Geldstrafe von höchstens eintausend⸗ fünfhundert Mark, allein oder neben Haft oder in Verbindung mit einander oder in Verbindung mit Einziehung bedroht sind, mit Ausnahme der in den §§ 128, 271, 296 a, 301, 320, 331 und 347 des Strafgesetzbuchs und der im § 74 dieses Gesetzes bezeichneten Vergehen; sowie 16) wegen solcher Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften über die Erhebung öffentlicher Abgaben und Gefälle, deren Strafe in dem mehrfachen Betrag einer hinterzogenen Abgabe oder einer anderen
Leistung besteht,
auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Verhandlung und Ent⸗ scheidung dem Schöffengericht, soweit dieses nicht schon zuständig ist, überweisen, wenn nach den Umständen des Falles anzunehmen ist, daß wegen des Vergehens auf keine andere und höhere Strafe, als auf die im § 27 Nr. 2 bezeichnete und auf keine höhere Buße als sechs⸗ hundert Mark zu erkennen sein werde.
Beschwerde findet nicht statt. ““ HKat im Falle der Nr. 16 die Verwaltungsbehörde die öffentliche Klage erhoben, so steht ihr der Antrag auf Ueberweisung an das
Schöffengericht in gleicher Weise wie der Staatsanwaltschaft zu.
§ 77. Die Zivilkammern und die Strafkammern entscheiden in der Be⸗ setzung von drei Mitgliedern mit Einschluß des Vorsitzenden.
§ 78 Absatz 2.
Die Besetzung einer solchen Strafkammer erfolgt aus Mitgliedern des Landgerichts oder Amtsrichtern des Bezirks, für welchen die Kammer gebildet wird. Der Vorsitzende wird ständig von der Landes⸗Justizverwaltung bestellt, die übrigen Mitglieder werden derselben in Gemäßheit der §§ 62, 63 berufen.
§ 121.
Die Bestimmungen der §§ 61 — 68 finden entsprechende An⸗ wendung. § 123.
Die Ober⸗Landesgerichte sind zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel:
1) der Berufung gegen die Endurtheile der Landgerichte in bürger⸗ lichen Rechtsstreitigkeiten; 8
2) der Berufung gegen Urtheile der Strafkammern in erster Instanz;
3) der Revision Berufungsinstanz; 8 .4) der Beschwerde gegen Entscheidungen der Landgerichte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten; b
5) der Beschwerde gegen strafrichterliche Entscheidungen
gegen Urtheile der Strafkammern in der
erster Instanz, soweit nicht die Zustände gteit der Strafkammer begründet ist, und gegen Entscheidungen der Strafkammern in der Beschwerde⸗ mnstanz und Berufungsinstanz § 121.
Die Senate der Ober⸗Landesgerichte eutscheiden in der Besetzung von fünf Mitgliedern mit Einschluß des Versitzenden. Durch Anordnung der Landes⸗Justizverwallang kann füͤr die vom Sis des Ober. Landesgerichts entfernteren Laundgerichte dei einem oder mehreren derselben ein Stigfsenet gehizhet vnd demsselden füͤr den ibm zuzuweisenden Bezirk die gesammte Tbätigkeit des Obder⸗Landesgerichts in der Berufungsinstanz eeriraghe ween Diße Besevung eines olchen Strafsenate erfelgt us Metalichern ds Sdev Landesgerichts der Mitgliedern eines ber mehrerge Wnbgenchte des Wezers, für velchen der Genat gebikbet Wö Her Wen üühdis veon der Landes⸗Instizber egih beect, die NMe weRen don derselben in veeaihgc 8 6, C herhsteen.
Durch die Gefeboebnnh nes 2 , Nestehaht ween,
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d Nrbdtnu n düder Strafsenase und bie eShne ehren ezeke 6 ⸗ 82 Geete
§ 133. Die Bestimmungen der üs 61 bis 68 finden mit der Maßgabe e der Landes⸗Justizverwaltung der Prä⸗
Anwendung, daß an die Ste
sident tritt. § 136 g. 1.
In Strafsachen ist das Reichsgericht zuständig:
1) für die Untersuchung und Entscheidung in erster und letzter Instanz in den Fällen des Hochverraths und des Landesverraths, insofern diese Verbrechen gegen den Kaiser oder das Reich ge⸗ richte find;
2) für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel der Revision gegen Urtheile der Ober⸗Landesgerichte in der Hörtserbt instanz und gegen Urtheile der Schwurgerichte, sowie über das Rechts⸗ mittel der Beschwerde gegen Entscheidungen der Ober⸗Landesgerichte in der Berufungsinstanz.
Artikel II.
Die Strafprozeßordnung erhält die Fassung, welche sich aus der nachbezeichneten Einschaltung und Aufhebung von Bestimmungen, sowie aus dem veränderten Wortlaut der nachstehend unter der bis⸗ herigen Paragraphenziffer aufgeführten Bestimmungen ergiebt:
8a. HOer Gerichtsstand ist auch bei demjenigen Gericht begründet, in dessen Bezirk der EZö“ worden ist.
8 6
Ist der Ort, an welchem die strafbare Handlung begangen ist, im Auslande gelegen oder nicht ermittelt und ein Gerichtsstand in Ge⸗ mäßheit der §§ 8 und Ka. nicht begründet, so wird das zuständige Gericht vom Reichsgericht bestimmt. 1114“
§ 23 Absatz 3
26 Absatz 3
§ 26 a.
Ist das Ablehnungsgesuch verspätet oder nicht unter Angabe und Glaubhaftmachung des Ablehnungsgrundes, oder in der offenbaren Absicht angebracht worden, nur das Verfahren zu verschleppen, so hat der ö das Ablehnungsgesuch, auch wenn es gegen ihn gerichtet ist, als unzulässig zu verwerfen.
Die Vorschrift findet, wenn das Ablehnungsgesu Untersuchungsrichter oder einen Amtsrichter gerichtet entsprechende Anwendung.
§ 27
Wird das Gesuch nicht als unzulässig verworfen, so hat der abgelehnte Richter sich über den Ablehnungsgrund dienstlich zu äußern.
Ueber das Ablehnungsgesuch entscheidet das Gericht, welchem der Abgelehnte angehört; wenn dasselbe durch Ausscheiden des abgelehnten Mitglieds beschlußunfähig wird, das zunächst obere Gericht.
Wird ein Untersuchungsrichter oder ein Amtsrichter abgelehnt, so entscheidet das Landgericht. Einer Entscheidung bedarf es nicht, wenn der Abgelehnte das Ablehnungsgesuch für begründet hält.
§ 8.
S 2 Gegen den Beschluß, durch welchen das Ablehnungsgesuch für be⸗ gründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluß, durch welchen das Gesuch für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.
Der Beschluß, durch welchen ein gegen einen erkennenden Richter angebrachtes Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt wird, kann nicht für sich allein sondern nur mit dem Urtheil angefochten werden.
Die vorstehenden Bestimmungen finden auf die im § 26 a be⸗ zeichneten Verfügungen entsprechende Anwendung. 8 90
wird aufgehoben.
wird aufgehoben.
ch gegen einen ist, auf diesen
Bei denjenigen Zustellungen, welche von Amtswegen erfolgen, können durch Anordnung der Landes⸗Justizverwaltung einfachere Formen für den Nachweis der Ftiedlcn zugelassen werden.
§ 56 a.
Die Beeidigung eines Zeugen darf unterbleiben, wenn die Aus⸗ sage desselben sich nach richterlicher Ueberzeugung als offenbar un⸗ glaubwürdig oder unerheblich darstellt und letzterenfalls die Beeidigung nicht beantragt ist. 86
0.
Die Beeidigung der Zeugen erfolgt nach dem Abschluß seiner Vernehmung.
Der Richter darf eine Mehrzahl von Zeugen gleichzeitig beeidigen.
61.
Der von dem Zeugen zu leistende Eid lautet:
daß Zeuge nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt, nichts
verschwiegen und nichts hinzugesetzt habe.
§ 63.
Der Eid wird mittels Nachsprechens oder Ablesens der die Eides⸗ norm enthaltenden Eidesformel geleistet.
Bei gleichzeitiger Beeidigung mehrerer Zeugen hat der Richter den zu Beeidigenden die Eidesnorm mit der Eingangsformel:
„Sie schwören bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden“ vorzusprechen. Die Zeugen leisten den Eid, indem jeder einzeln die Worte spricht:
„Ich schwöre es bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden,
so wahr mir Gott helfe“.
here⸗ Schwörende soll bei der Eidesleistung die rechte Hand erheben.
Stumme, welche schreiben können, leisten den Eid mittels Ab⸗ Fesctengs und Unterschreibens der die Eidesnorm enthaltenden Eides⸗ ormel.
Stumme, welche nicht schreiben können, leisten den Eid mit Hilfe eines Dolmetschers dur Zeichen.
0.
Die Beeidigung erfolgt bei der ersten gerichtlichen Vernehmung. des Zeugen. 1
Im Vorverfahren kann die Beeidigung unterbleiben, wenn Be⸗ denken gegen deren Zulässigkeit obwalten, sowie wenn der Richter die Beeidigung für den Zweck des Vorverfahrens nicht als erforderlich erachtet und die CCCEETö nicht beantragt.
Wird ein eidlich vernommener Zeuge in derselben Strafsache nochmals vernommen, so kann der Richter, statt der nochmaligen Beeidigung, den Zeugen die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf den geleisteten Eid versichern ö
Der Sachverständige ist vor oder nach der Erstattung des Gut⸗ achtens zu beeidigen. Der vor der Begutachtung zu leistende Eid lautet: daß er das von ihm erforderte Gutachten unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen erstatten werde. Der nach der Begutachtung zu leistende Eid lautet: daß er das von ihm erstattete Gutachten unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen bv⸗ eben habe. Ist der Sachverständige für die vsrattung von Gutachten der betreffenden Art im allgemeinen beeidigt, so genügt die Berufung auf
den geleisteten Eid. § 112 Absatz 1.
Der Angeschuldigte darf nur dann in Untersuchungshaft genommen werden, wenn dringende Verdachtsgründe gegen ihn vorhanden sind und entweder er der Flucht verdächtig ist oder Thatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, daß er Spuren der That vernichten oder daß er Zeugen oder Mitschuldige zu einer falschen Aussage oder Zeugen dazu verleiten werde, sich der Zeugnißpflicht zu entziehen, oder daß er seine Freiheit zur Be⸗ 1 neuer strafbarer Handlungen miß⸗ brauchen werde. Diese T daiss 8 aktenkundig zu machen.
Der gemäß § 125 erlassene Haftbefehl ist aufzuheben, wenn die Staatsanwaltschaft es beantragt, oder wenn nicht binnen Wochen nach Vollstreckung desselben die erfolgte Erhebung der öffentlichen Klage zur Kenntniß des Amtsrichters gelangt.
Bei Uebertretungen, mit Ausnahme der im § 361 Nr. J und 4 des Strafgesetzbuchs vorgesedenen, deträgt die Frist zwei Wochen.
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140. “
Die Vertheidigung ist nothwendig in den Sachen, welche vor dem Reichsgericht in erster Instanz oder vor dem Schwurgericht zu verhandeln sind.
In Sachen, welche vor dem Landgericht in erster Instanz zu ver⸗ handeln sind, ist die Vertheidigung nothwendig:
1) wenn der Angeschuldigte taub oder stumm ist oder das sech⸗
Zzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat;
2) wenn ein Verbrechen den Gegenstand der Untersuchung bildet und der Beschuldigte oder sein geseßlicher Vertreter die Be⸗ stellung eines Vertheidigers beantragt.
Diese Bestimmung findet nicht Anwendung, wenn die ftenfbare Hasg ehs nur deshalb als ein Verbrechen sich darstellt, weil sie im Rückfalle begangen ist.
In den Fällen des Absatzes 1 und des Absatzes 2 Nr. 1 ist dem Angeklagten, welcher einen Vertheidiger noch nicht gewählt hat, ein solcher von Amtswegen zu bestellen, sobald die Ersfnung des Haupt⸗ verfahrens beschlossen ist. In dem Falle des Absatzes 2 Nr. 2 ist der Antrag binnen einer Frist von drei Tagen 78 der Bekannt⸗ machung des Eröffnungsbeschlusses zu stellen.
Für das Verfahren in der Berufungsinstanz ist in den Fällen des Abs. 2 Nr. 1 dem Angeklagten, welcher ohne gewählten Vertheidiger ist, ein solcher gleichzeitig mit der Anberaumung des Termins zur Hauptverhandlung zu bestellen. In den Fällen des Abs. 2 Nr. 2 ist der s auf Bestellung eines Vertheid gfrs, soforn er nicht schon in erster Instanz gestellt war, spätestens binnen einer Frist von drei Tagen nach der Zustellung der Ladung zur Hauptverhandlung — zu stellen.
8§ 156 Absatz 2. Bei strafbaren Handlungen, deren Verfolgung nur auf Antrag eintritt, muß der Antrag schriftlich oder zu Protokoll angebracht
werden. § 176 Absatz 2. In denjenigen 15 welche zur gerichte gehören, findet die Voruntersuchung anwaltschaft dieselbe beantragt.
§ 181. Gegen den Beschluß des Gerichts, durch welchen der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Eröffnung der Voruntersuchung 8188 worden ist, findet sofortige Beschwerde statt.
6 § 199
§ 206 Absatz 2
8 1 § 208.
Betraf das Vorverfahren mehrere derselben Person zur Last ge⸗ legte strafbare Handlungen, und erscheint für die Strafzumessung die des einen oder des anderen Straffalles unwesentlich, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft beschließen, daß in Ansehung eines solchen das Verfahren einzustellen sei.“
Dasselbe gilt, wenn einer zu Freiheitsstrafe rechtskräftig ver⸗ urtheilten Person eine strafbare Handlung zur Last gelegt wird und die Feststellung des Straffalles mit Rücksicht auf die noch nicht voll⸗ ständig verbüßte Strafe unwesentlich erscheint.
Die Aufhebung des (Einstellungsbeschlusses kann im Fall des Abs. 1 binnen einer Frist von drei Monaten nach Rechtskraft des Urtheils von der Staatsanwaltschaft beantragt werden, wenn nicht Verjährung eingetreten ist. —
§ 211.
Personen, welche auf frischer That betroffen oder verfolgt und vorläufig festgenommen worden sind, können von der Staatsanwalt⸗ schaft unmittelbar dem zuständigen Gericht mit dem Antrag auf sofortige Aburtheilung vorgeführt werden. Dieser Antrag ist auch dann zulässig, wenn der Beschnldigte in den Fällen des § 10 einem danach zuständigen Gericht vorgeführt wird.
Das Gericht hat ohne schriftlich erhobene Anklage und ohne eine Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens sofort oder spätestens am zweiten Tage nach der Vorführung zur Hauptverhand⸗ lung zu schreiten und dabei über die Verhaftung oder 8 des Angeklagten zu entscheiden. Der wesentliche Inhalt der Anklage ist in das Sitzungsprotokoll aufzunehmen.
Die ordnungsmäßige Ladung der Zeugen kann von jedem Beamten der Staatsanwaltschaft oder des Polizei⸗ und Sicherheitsdienstes mündlich erfolgen.
Erweist sich die Sache in der Hauptverhandlung als nicht spruch⸗ reif, so hat das Gericht die Verhandlung auf eine der nächsten Sitzungen zu vertagen. In Fällen, wo eine Voruntersuchung statthaft ist, kann das Gericht die Eroffnung derselben auf Antrag der Staats⸗ anwaltschaft beschließen.
Auf das Verfahren vor dem Reichsgericht und vor dem Schwur⸗ gericht finden die Bestimmungen e Paragraphen keine Anwendung. § 2IIa.
Vor den Schöffengerichten kann nach der Vorschrift des § 211. auch dann verfahren werden, wenn der Beschuldigte entweder sich frei⸗ willig stellt, oder infolge einer vorläufigen Festnahme in anderen als den im § 211 bezeichneten Fällen dem Gericht vorgeführt oder nur wegen Uebertretung verfolgt wird. 7
211 b.
Der Amtsrichter kann in dem Fall der Vorführung des Be⸗ schuldigten mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft ohne Zuziehung von Schöffen zur Hauptverhandlung schreiten, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte That eingesteht. Gegen die im Laufe der Hauptverhandlung ergehenden Entscheidungen und Urtheile des Amts⸗ richters finden dieselben Rechtsmittel statt, wie gegen die Ent⸗ scheidungen und Urtheile der Cöö“
Die Anklageschrift und der Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens sind dem Angeklagten spätestens mit der Ladung zu- zustellen.
uständigkeit der Land⸗ tatt, wenn die Staats⸗
wird aufgehoben.
wird aufgehoben.
“ § 215 Absatz 1. Die Ladung eines auf freiem Fuße befindlichen Angeklagten ge⸗ schieht schriftlich unter Hinweis auf die gesetzlichen Folgen seines un⸗ entschuldigten Ausbleibens.
§ 216 Absatz 1.
Zwischen der Zustellung der Ladung (§ 215) und dem Tage der Hauptverhandlung muß eine Frist von mindestens einer Woche oder, wenn eine Uebertretung den Gegenstand der Untersuchung bildet, von mindestens drei Tagen liegen.
§ 224 a.
Vor der Hauptverhandlung kann auf Grund neu hervorgetretener Umstände die Staatsanwaltschaft zu Gunsten des Angeklagten die Wiederaufhebung des Eröffnungsbeschlusses und eine anderweite Be⸗ schlußfassung in Gemäßheit der 88 ff. beantragen.
§ 22
Bleibt der gehörig geladene Angeklagte ohne genügende Ent⸗ schuldigung aus, so ist ie Vorführung anzuordnen oder ein Haft⸗ befehl zu erlassen. 8
In den vor den Schöffengerichten und vor den Strafkammern zu verhandelnden Sachen kann jedoch das Gericht zur Hauptverhandlung schreiten, sofern es die Anhörung des Angeklagten zur Aufklärung der Sache nicht für erforderlich erachtet. In diesem Falle findet die Vorschrift des Abs. 1 keine Anwendung.
§ 230 8.
Entfernt der Angeklagte C9 dennoch, oder bleibt er bei der Fort⸗ setzung einer unterbrochenen Hauptverhandlung aus, so kann diese in seiner Abwesenheit zu Ende geführt werden. Für die Hauptverhand⸗ lung vor dem Reichsgericht und vor dem Schwurgericht silt dies nur dann, wenn die Vernehmung des Angeklagten über die Anklage schon erfolgt war und das Gericht seine fernere2 heit ni erforderlich erachtet. 3 nnr
§ 232. Ist das Erscheinen eines Angeklagten wegen großer Entfernung seines Aufenthaltsortes desonders erschwert und hat der Angeklagte
8 hhe⸗
wird aufgehoben.
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