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Die Eröffnung findet an dem gedachten Tage nach vor⸗ gängigem Gottesdienst, welcher im Dom um 9 ½ Uhr und
in der evangelischen Kirche um 10 ½2 Uhr beginnt, um 12 ½ Uhr
Mittags im Ständehause zu Münster statt. Münster, den 19. Januar 1895. . Der Königliche Landtags⸗Kommissar, Ober⸗Präsident der Provinz Westfalen, Wirkliche “ Studt.
Seine Majestät der Kaiser und König nahmen heute von 10 Uhr Vormittags ab die Vorträge des Chefs des Zivilkabinets, des kommandierenden Admirals, des Staats⸗ sekretärs des Reichs- Marineamts und des Chefs des Marine⸗ kabinets entgegen. .
Während des gestrigen Ordensfestes nahmen Seine Majestät die Meldungen des Unter⸗Staatssekretärs Humbert, des General⸗Konsuls Prinzen Max von Ratibor und des Regierungs⸗Präsidenten von Gumbinnen Hegel entgegen.
Ihre Majestät die Kaiserin und Königin er⸗ theilten Audienzen: am Sonnabend Mittag der Gemahlin des mexikanischen Gesandten Iturbe sowie der Fürstin Hatzfeldt⸗ “ und der Prinzessin Max von Ratibor, heute Mittag der Gemahlin des serbischen Gesandten, Frau Boghitschewitsch, der Gemahlin des württembergischen Gesandten, Freifrau von Varnbüler, der Gemahlin des Justiz⸗Ministers, Frau Schön⸗ stedt, und der Gemahlin des Ministers für Landwirthschaft, Freifrau von Hammerstein. .
Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für das Seewesen, für Handel und Verkehr und für Justizwesen hielten heute eine Sitzung.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Herzoglich sachsen⸗ meiningensche Staats⸗Minister Dr. von Heim ist von Berlin — 8
S. M. S. „Irene“, Kommandant Korvetten⸗Kapitän von Dresky, ist laut telegraphischer Meldung an das Ober⸗ Kommando der Marine am 18. Januar in Colombo auf Cgevylon angekommen und beabsichtigte gestern nach Singapore in See zu gehen.
Schleswig, 20. Januar. Heute Mittag 12 Uhr wurde nach einer in der Domkirche vorangegangenen kirchlichen Feier der 29. Schleswig⸗Holsteinische Provinzial⸗Landtag in Gegenwart von 54 Abgeordneten von dem Ober⸗Präsidenten, Wirklichen Geheimen Rath von Steinmann mit nach⸗ stehender Ansprache eröffnet:
Hochgeehrte Herren!
Infolge Allerhöchster Berufung treten Sie heute zum 29. Schleswig⸗ Holsteinischen Provinzial⸗Landtage zusammen, und wiederum wird mir die Ehre zu theil, Sie namens der Königlichen Staatsregierung willkommen heißen zu dürfen.
Wenn wir uns nach mehrjähriger Unterbrechung heute zum ersten Male vor Eintritt in die Geschäfte wieder in dem ehrwürdigen Dome dieser Stadt haben versammeln dürfen, so hat gewiß jeder von uns in Dankbarkeit an die Stunde zurückgedacht, in der vor wenigen Mo⸗ naten die Wiederweihe dieses, durch die hochherzige Fürsorge Seiner Majestät so herrlich hergestellten Bauwerks unter Theilnahme Ihrer Majestät, unserer erhabenen Kaiserin, stattfand.
Das Jahr 1894 hat eine merkenswerthe Besserung der allge⸗ meinen wirthschaftlichen Lage leider nicht gebracht. Unsere Provinz hatte zudem noch folgenreiche Schäden schwere Stürme zu be⸗ klagen, welche im Februar sowie im Dezember wütheten.
88 die diesmalige Tagung harren Ihrer wichtige Aufgaben:
er verdiente Mann, welcher mehrere Jahrzehnte lang mit sicherer Hand und nie ermüdender Treue die Angelegenbeiten des Provinzialverbandes geleitet hat, sieht sich durch hohes Alter und zu⸗ nehmende Schwäche der Sehkraft genzthigt aus dem Amt zu scheiden. Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht, ihn aus diesem
Anlaß durch Verleihung der höchsten Amtswürde zu ehren. Ihnen aber steht die ernste Wahl eines neuen Landes⸗Direktors bevor. Ebenso werden Sie, wenn Sie dem einmüthigen Vorschlage des Provinzial⸗ Ausschusses Folge geben, die Wahl eines Zweiten Landesraths, welche der steigende Umfang der provinziellen Verwaltungsgeschäfte noth⸗ wendig macht, vorzunehmen haben.
Die Steigerung der Ansprüche an die Finanzkraft des Provinzial⸗ verbands, wie sie als Folge der neuen Gesetzgebung über die Armen⸗ last, sowie der Entwicklung des Wegewesens und der Kleinbahnen theils bereits eingetreten ist, theils im Laufe der nächsten Jahre ein⸗ treten muß, macht es — soll anders nicht die Gegenwart über Maß und Billigkeit belastet werden — nothwendig, schärfer als bisher zwischen regelmäßig wiederkehrenden und zwischen solchen Auf⸗ wendungen zu unterscheiden, welche nur einmal zu machen sind, aber der Provinz dauernd zu gute kommen, und welche auf einen längeren Zeitraum
zu vertheilen deshalb billig erscheint. Die Ihnen von dem Provinzial⸗ Ausschuß in dieser Richtung empfohlene sachliche und formale Aen⸗ derung der Grundsätze für die Aufstellung Ihres Haushaltungsplans wird Gegenstand Ihrer ernsten Erwägung sein müssen.
Von seiten der Staatsregierung wird auf Grund des Gesetzes vom 30. Juni 1894 Ihre Aeußerung erfordert über die Einführung des Instituts der Landwirthschaftskammern in die hiesige Provinz, sowie über den Entwurf von Satzungen für dasselbe, welcher auf Grund
von Berathungen mit der durch Landwirthe aus allen Theilen des Landes verstärkten Direktion des landwirthschaftlichen Generalvereins aufgestellt worden ist. Die Staatsregierung legt wegen der hohen Bedeutung der neuen Organisation für viele wichtige und gerade jetzt besonders dringliche Aufgaben der Land⸗
wirthschaft den größten Werth darauf, daß der Errichtung einer Landwirthschaftskammer für Schleswig⸗Holstein durch Ihre Aeußerung die möglichste Förderung zu theil werde. Ich darf den Gegenstand, welchem sich. wie bekannt, auch das landesväterliche Interesse Seiner Majestät des Königs mit besonderer Wärme zu⸗ wendet, Ihnen in diesem Sinne mit um so größerem Vertrauen empfehlen, als die öffentliche Meinung in der Provinz längst zu Gunsten der neuen Organisation Stellung genommen hat und die etwa gegen die Satzungen im einzelnen bestehenden Bedenken sich un⸗ schwer erledigen lassen werden. Indem ich dem Wunsch Ausdruck gebe, daß Ihre Berathungen auch diesmal unserer theueren Provinz zum Segen gereichen mögen, erkläre ch nunmehr im Namen Seiner Majestät des Kaisers und
K Fhig⸗ den 29. Schleswig⸗Holsteinischen Provinzial⸗Landtag für
eröffnet.
8 Unter dem Vorsitz des an Jahren ältesten Mitglieds der
Versammlung, des Stadtraths, Regierungs⸗Raths a. D.
raus⸗Kiel wurde mittels Acclamation der Klosterpropst
3 Graf von Reventlou⸗Preetz wiederum zum Vorsitzenden des Provinzial⸗Landtags und der Ober⸗Bürgermeister, Geheime Regierungs⸗Rath Toosbüy⸗Flensburg zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt.
Der Vorsitzende begrüßte darauf die Versammlung und brachte auf Seine Majestät den Kaiser und König ein dreimaliges Hoch aus, in das die Versammlung be⸗ geistert einstimmte.
Sachsen.
Ihre Majestäten der König und die Königin sind vor⸗ — von der Villa Strehlen in das Residenzschloß zu
dresden übergesiedelt.
Württemberg.
Seine Majestät der König wird sich, wie der „Schwäb.
Merk.“ vernimmt, am 26. d. M. nach Berlin begeben, um persönlich Seiner Majestät dem Kaiser zu Aleerhöchstdessen Geburtstag seine Glückwünsche auszusprechen. Der Haupt⸗Finanz⸗Etat für die beiden Rechnungs⸗ jahre 1895/97, der dem neuen Landtag bei seinem Zusammen⸗ tritt übergeben werden soll, wird, wie der „St.⸗A. f. W.“ vernimmt, trotz der Sparsamkeit, die im allgemeinen bei seiner Aufstellung geboten war, verschiedene neue Forderungen enthalten. So erscheinen im Etat des Departements des Innern drei ganz neue Kapitel, nämlich ein Kap. 24 a, worin jährlich 145 000 ℳ für Quartierkostenzuschuß an die mit militärischer Einquartierung bedachten Ge⸗ meinden gefordert werden, sodann das Kap. 35 mit einer Forderung von jährlich 160 000 ℳ zur Förderung der Hagelversicherung, und ein Kap. 38a, worin zur staat⸗ lichen Fürsorge für eine Zentralisierung der Arbeits⸗ vermittelung jährlich 5000 ℳ verlangt werden.
Baden. 8
„Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und der Erbgroßherzog werden sich der „Karlsr. Ztg.“ zufolge am 25. d. M. zur Geburtstagsfeier Seiner Majestät des Kaisers nach Berlin begeben.
Königliche Hoheit der Großherzog wird sich, wie die „Darmst. Ztg.“ meldet, zur Feier des Geburtsfestes Seiner Majestät des Kaisers nach Berlin begeben und am 26. d. M. dorthin abreisen.
Die Zweite Kammer hat in ihrer vorgestrigen Sitzung mit 36 gegen 4 Stimmen beschlossen, in die Berathung der Vorlage über die Einkommensteuer einzutreten.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.
Seine Königliche Hoheit der Herzog hat am Freitag in Gotha den neuernannten bden Pers cattan 1 Febalh mächtigten Minister, Legations⸗Rath Raschdau in besonderer Audienz empfangen, um dessen Beglaubigungsschreiben ent⸗ gegenzunehmen. Der Gesandte wurde hierauf auch von Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Herzogin empfangen, und nahm sodann an der Herzoglichen Falaͤtasel heil.
Elsaß⸗Lothringen.
Durch Allerhöchste Verordnung vom 16. Januar 1895 ist verfügt worden, daß im Ministerium für Elsaß⸗ Lothringen eine IV. Abtheilung errichtet wird, welche die Bezeichnung „Abtheilung fuͤr Landwirthschaft 88 Arbeiten“ erhält. Dieser Abthei⸗ Wung werden zugewiesen: aus dem Geschäftsberei der III. Abtheilung, Abtheilung für e Lenic wirthschaft und Domänen, die landwirthschaftlichen An⸗ gelegenheiten, mit Ausnahme des Meliorationswesens, und aus dem Geschäftsbereich der I. Abtheilung, Abthei⸗ lung des Innern, das gesammte Wasser⸗, Wege⸗ und Hochbau⸗ wesen, mit Ausnahme der auf den Bau und Betrieb von Eisenbahnen bezüglichen Angelegenheiten. Der III. Abtheilung werden aus dem Geschäftsbereich der Abtheilung des Innern die Angelegenheiten zugetheilt, welche auf Pflege und Förde⸗ rung von Handel und Gewerbe Bezug haben. Dieselbe nimmt die Bezeichnung „Abtheilung für Finanzen, Gewerbe und Domänen“ an. ““ .
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Kaiser ist gestern Abend von Budapest wieder nach Wien abgereist. Eine zahlreiche Volksmenge begrüßte Aller⸗ höchstdenselben mit jubelnden Zurufen. Am Bahnhof waren zur Verabschiedung erschienen: der Minister⸗Präsident Baron Banffy, sämmtliche Minister und die Spitzen der Zivil⸗ und Militärbehörden.
Die Prinzessin Leopold von Bayern Abend aus München in Wien eingetroffen.
Im böhmischen Landtag begründete vorgestern der Abg. Bareuther den Antrag Schlesinger auf Einführung des direkten Wahlrechts für die Landgemeinden. Er führte aus, keine Regierung werde sich mit der Zeit dieser Forderung entziehen können. Die Forderung der Sozialdemo⸗ raten sei unerfüllbar. In Böhmen solle die Aenderung der Wahlordnung nicht das Mittel zur Herrschaft einer Nationalität
ist gestern
über die andere sein; müsse eine Sonderung herbei⸗ eführt werden durch Schaffung nationaler Kurien, deren jede ihren Landesausschuß wähle. Gemeinsame Angelegenheiten würden von beiden Kurien gemeinsam berathen werden; in jede Kurie habe der Großgundbesitz seine Vertreter zu entsenden. „Wie sehr könnte Böhmen emporblühen“, betheuerte der Redner „wenn der Grund des Mißtrauens der Nationalitäten ver⸗ schwände!“ Hierzu seien aber guter Wille, Ernst und Gedulderforder⸗ lich. Der Antrag Schlesinger wurde unter Zustimmung aller Parteien einer Kommission überwiesen. Der Jungczeche Kramarz beantragte die Verantwortlichkeit des Statthalters und die Einsetzung eines Gerichtshofes zur Entscheidung der Anklagen gegen den S tatthalter. Der Landtag für Schlesien nahm in seiner vor⸗ geftrigen Sitzung den Antrag an, zur Feier des Regierungs⸗ Jubiläums des Kaisers ein großes Wohlthätigkeits⸗ werk vorzubereiten. Der Kardinal⸗ ürstbischof Kopp be⸗ vnnagse die Vermehrung der Zahl der Religionsstunden in den Volksschulen und die Zuhilfenahme von Lehrern bei der Er⸗ theilung des Religionsunterrichts. Das neue ungarische Ministerium hat sich am Sonnabend beiden Häusern des Reichstags vorgestellt. Im Oberhause gab der Minister⸗Präsident Baron Banffy die Versicherung ab, das Kabinet werde bestrebt sein, die Gemüther zu beruhigen und ein friedliches Zusammen⸗
wirken auch beim Vollzuge der Kirchengesetze zu ermöglichen. Der Führer der Klerikalen Graf Zichy erklärte, ein Enigegen⸗ kommen des Oberhauses könne nicht auf Kosten der religiösen Ueberzeugung erfolgen. Der Präsident von Szlavy ver⸗ sicherte das neue Kabinet der Unterstützung des Oberhauses. Im Unterhause entwickelte der Minister⸗ Prastdent Baron Banffy das Programm des neuen Kabinets und führte aus, die Regierung werde sich vor allem bemühen, das Vertrauen und die Einigkeit zwischen beiden Häusern des Reichs⸗ tags zu pflegen und zu festigen und alles zur Beruhigung der Gemüther thun. Die Regierung werde stets objektiv ver⸗ fahren. Das Kabinet werde die Geschäfte auf liberaler Grund⸗ lage in ungarisch nationaler Richtung führen und alle gegen den Staat als solchen und gegen die Einheit desselben ge⸗ richteten Angriffe auf das entschiedenste bekämpfen. GBeifall. Das Kabinet werde die verfassungsmäßigen Rechte der fremd⸗ sprachigen Staatsbürger wahren und sichern (Beifall) und ein gutes Verhältniß zu Kroatien und Slavonien pflegen. Die Regierung stehe entschieden auf dem Standpunkt des Ausgleichs von 1867 und erblicke in diesem den Grundstein für die Sicherheit und Großmachtstellung der Monarchie, welche auch die Ungarn nach Kräften an⸗ streben müßten. Die Regierung werde die Prinzipien des vorigen Kabinets verfolgen und die kirchenpolitischen Gesetze innerhalb des festgesetzten gesetzlichen Zeitraums durchführen, womöglich mit Schonung der Gefühle der einzelnen Konfes⸗ fionen. Die noch 1. Kirchengesetze werde die Regierung unter Aufrechterhaltung der für dieselben maßgebend gewesenen Prinzipien durchführen. (Lebhafte Eljenrufe rechts.) Endlich werde die Regierung trachten, die Frage der Autonomie zu lösen, die Verstaatlichung der Verwaltung in Angriff nehmen, das Eisenbahnnetz, besonders gegen den Orient hin, vergrößern und den Ueberschuß im Staatshaushalt des nächsten Jahres dem Ackerbau zuwenden. (Lebhafte Eljenrufe rechts.) Der Präsident der Unabhängigkeits⸗ partei Justh gab darauf dem Tadel darüber Ausdruck, daß die liberale Partei die Fusion mit der Nationalpartei, entgegen dem Wunsch der Krone, verhindert habe, und kündigte heftige Opposition seitens seiner Partei an. Graf Apponyi erhob namens der Nationalpartei Einspruch dagegen, daß die Regierung sich die Pflege der Beziehungen zwischen Krone und Regierung und nicht zwischen Krone und Nation zur Fuftzas⸗ gemacht habe, und führte hieran an⸗ schließend aus, daß die Basis des 1867 er Ausgleichs nur dann wirksam vertheidigt werden könne, wenn auch die nationalen Bestrebungen berücksichtigt würden. Graf Julius Szapary bedauerte, daß die Fusion noch nicht zu stande ge⸗ kommen sei, sprach jedoch die Hoffnung aus, der Fusionsgedanke werde alle Hindernisse mit elementarer Gewalt aus dem Wege räumen. Hierauf vertheidigte Daranyi die liberale Partei wegen ihrer Stellung zur Fusion. Nach einer Pause wider⸗ legte auch der Minister⸗Präsident die Beschuldigung, daß die liberale Partei grundsätzlich gegen die Fusionsbe trebungen sei. Er wolle nicht darüber debattieren, wem die Zukunft ge⸗ Füres, bie Hauptsache sei, daß die Gegenwart der liberalen Partei gehöre; er sei von der Krone betraut, den Ausgleich so zu handhaben, wie bisher; er begrüße jede Mitarbeiter⸗ schaft freudig und werde solcher keine Schwierigkeiten in den Weg legen. Auch er betrachte das Vertrauen zwischen der Krone und der Nation als Grundbedingung einer kon⸗ stitutionellen Entwickelung. Das Kabinet werde die Verhand⸗ lung über die durch das frühere Kabinet eingebrachten Vor⸗ lagen fortsetzen. Die Ausführungen des Minister⸗Präsidenten wurden mit lebhhaftem Beifall aufgenommen. Sierbanu brachte sodann die Klagen der Rumänen vor, worauf der Minister⸗Präsident erwiderte, jede ungarische Regierung werde die berechtigten Wünsche der Nationalitäten innerhald der Schranken des ungarischen Nationalstaats erfüllen. Die weitere Debatte wurde sodann auf heute vertagt. — Der Präsident theilte schließlich mit, daß die neuen Minister, dem Gesetz entsprechend, ihre Mandate niedergelegt hätten. In einer gemeinsamen Sitzung der beiden Häuser des Reichstags wurde gestern ein Königliches Handschreiben verlesen, durch welches die Wahl on vanczky’s zum Kronhüuͤter bestätigt wird. Hierauf be⸗ gaben sich die Mitglieder des Reichstags nach der Hofburg, wo der neugewählte Kronhüter vereidigt wurde. Sodann fand eine zweite gemeinsame Sitzung statt, in der Radvanczky eine Rede hielt, worin er die Geschichte der 400 jährigen ungarischen Krone darlegte, welche die älteste Europas sei. Gleichzeitig dankte Radvanczky den Reichstagsmitgliedern für
seine Wahl. Frankreich.
Der Präsident Faure hat vorgestern Abend Bourgeois empfangen, der den Auftrag, ein neues Kabinet zu bilden, angenommen hat. Die Delegirten mehrerer repubsi⸗ kanischen Gruppen versicherten Bourgeois ihrer Unterstützung in der Voraussetzung, daß eine Konzentrationspolitik der Re⸗ publikaner zur Anwendung gelangen werde. Gestern Vor⸗ mittag hatte Bourgeois Besprechungen mit mehreren politischen Persönlichkeiten und konferierte mit Hanotaux, Poincars und Leygues, die ihre bisherigen Portefeuilles behalten dürften, während Barthou ein anderes Portefeuille er⸗ halten soll.
Der in besonderer Mission nach Madagaskar entsandte Deputirte Lemyre de Vilers ist aus Tamatave in Marseill
eingetroffen. q“
Der gestern erschienene „Regierungsbote“ veröffentlicht die Ernennung des Fürsten Lobanow⸗Rostowski zum Bot⸗ schafter in Berlin.
Vorgestern Abend fand, wie „W. T. B.“ berichtet, in St. Petersburg die Eröffnung des unter dem Vorsitz des Ackerbau⸗Ministers zusammengetretenen landwirthschaft⸗ lichen Konseils statt, der verschiedene Maßnahmen zur Hebung der russischen Landwirthschaft berathen soll.
Der neuernannte General⸗Gouverneur Graf Schuwalon ist am Sonnabend Mittag kurz vor 1 Uhr mittels Sonderzugs in Warschau eingetroffen. Am ahnhof waren zum Empfang die Spitzen der Militär⸗ und Zivilbehörden, sowie der gegenwärtige General⸗Gonverneur⸗Stellvertreter, b von Medem erschienen. Die Ehrenwache stellte das Lit Leib⸗Garde⸗Regiment. Graf Schuwalow fuhr vom 2 E von einer Eskorte Donischer Kosaken, in die russtsche
athedrale und sodann in das Palais Belvedére.
8 Italien. „ Wie die „Opinione“ meldet, hat der Minister⸗Prästdert Crispi vorgestern dem König das Dekret, durch we dir
Session des Parlaments geschlossen wird, u
Gestern Nachmittag wurden, wie „W. T. B.
berichtet, zwei Versammlungen auf dem Marsfelde veranstaltet, von denen die eine von der ministeriellen Partei einberufene sich zu Gunsten der “ des Oktroi, dieandere von der Opposition veranstaltete gegen die das Oktroi ersetzenden neuen Steuern aussprach. Es kam zu Schlägereien. Gegen Ende der Meetings kam der Kronprinz mit seinem Stabe auf den Platz und wurde von der Menge jubelnd begrüßt. Mehrere Bittgesuche an den König wurden dem Kronprinzen übergeben. Trotz der außergewöhnlichen Bewegung wurde die Ordnung vollkommen aufrecht erhalten. 8
Amerikag. 8 Aus Washington meldet „W. T. B.“, es verlaute da⸗ selbst, der österreichisch⸗ungarische Gesandte Hengelmüller habe den Staatssekretär Gresham dahin verständigt, daß Oesterreich⸗Ungarn, wenn der Zuckerzoll nicht bald herab⸗ gesetzt werde, sich zu weitgehenden Repressalien gezwungen sehen werde. Einige Senatoren und Mitglieder des Repräsentantenhauses seien von dieser Mittheilung in Kenntniß
gesetzt worden. 3 1G Aus Paris berichtet „W. T. B.“, daß nach dort ein⸗ getroffenen Meldungen aus Rio de Janeiro die brasilianische Regierung die Posten der Militär⸗Attachés bei ihren Gesandtschaften in Europa aufzuheben beabsichtige.
8 Asien.
Aus Hiroshima berichtet das „Reuter’'sche Bureau“, eine dort eingetroffene amtliche Depesche melde, daß ein chinesisches Heer von 15 000 Mann, das von Liau⸗Jang aufgebrochen sei, am Morgen des 17. Januar im Nordwesten von Haitscheng auf die Japaner gestoßen sei. Die Chi⸗ nesen seien zurückgeworfen worden. Die Japaner hätten einen Todten und 40 Verwundete gehabt. — Ein weiteres Telegramm des Generals Nodzu meldet, der Feind habe um 8 Uhr Morgens auf drei Wegen von Liaoyang, langton und von Newschwang aus begonnen vorzurücken. Mittags hätten die Chinesen ihre Front bis auf eine Ausdehnung von fünf Meilen erweitert, in der Absicht, über den Flügel der Japaner zu debordieren, und seien in dieser Formation bis auf eine Meile Entfernung von der ersten japanischen Linie vorgerückt. Die dritte Division der Armee an der Nordseite von Haitscheng habe den 5 bis 4 Uhr Nachmittags in Schach gehalten, um iese Zeit sei ein Angriff auf den rechten Flügel der Chinesen unternommen worden. Letztere seien in die Flucht geschlagen worden; um 6 Uhr habe sich der größte Theil derselben in nordwestlicher Richtung, der Rest in der Richtung auf Newschwang zurückgezogen. Die Japaner hätten sieben Kanonen, eine Anzahl Waffen und Ausrüstungsgegen⸗ stände erobert.
Nach einem Telegramm desselben Bureaus aus Chefoo hätten vorgestern drei japanische Kriegsschiffe auf Teng⸗tschu⸗fu, eine große, westlich von Chefoo gelegene Stadt, gefeuert, ohne ihr Schaden zuzufügen. Aus Shanghai wird von gestern gemeldet, daß die japanische Flotte nach den daselbst eingegangenen Nachrichten auch gestern das Bombarde⸗ ment dieser Stadt fortgesetzt habe. Der englische Kreuzer „Daphne“ und der amerikanische Kreuzer „Yorktown“ befänden sich in der Nähe. 16
Aus Chefoo meldet das „Reuter’sche Bureau“ ferner, 35 Transportschiffe und 15 Kriegsschiffe der Japaner seien am 19. Januar Abends in der Bucht von Jungtsching eingetroffen. Am Morgen darauf hätten drei japanische Schiffe die chinesischen Strandbatterien angegriffen und zum Schweigen gebracht. Darauf hätten die Chinesen den Widerstand aufgegeben und seien 25 000 Japaner in Jungtsching, 35 englische Meilen von Wei⸗Hai⸗Wei entfernt, ge⸗ landet. Während der Kämpfe sei reichlich Schnee gefallen.
Aus Shanghai wird gemeldet, der daselbst ankernde russische Kreuzer habe am Freitag die telegraphische Weisung erhalten, nach der Verproviantierung baldigst Shanghai zu verlassen und sich in die Nähe von Wei⸗Hai⸗ Wei zu begeben.
Der nach Lombok geschickte niederländische Regierungs⸗ kommissar Scherer hat, wie die „Köln. Ztg.“ aus Amsterdam erfährt, vorgeschlagen, Lombok dem niederländischen Kolonialbesitz einzuverleiben, so daß es einem Residenten unterstellt werden würde. Der noch immer in Batavia weilende Radja soll nach Padang (Sumatra) ver⸗ bannt werden. “
Der „Agenzia Stefani“ wird aus Massowah gemeldet, Ras Mangascha sei aus Senafe geflüchtet und habe in seinem Lager viel Kriegsmaterial zurückgelassen. Aus anderen Anzeichen schließe man, daß zahlreiche einflußreiche Häupt⸗ linge bei ihm gewesen seien. In dem Zelt Ras Man⸗ gascha's sei auch eine wichtige Korrespondenz gefunden worden. Um das Zelt herum hätten einige ge⸗ legen. Ras Mangascha sei gegen Süden geflüchtet und habe am 17. d. M. den Adigrat uͤberschritten; Häuptlinge und eingeborene Krieger seien am 17. in das italienische Lager ge⸗ kommen und hätten ihre Bereitwilligkeit zur Verfolgung der Rebellen erklärt. Der General Baratieri habe in Senafe ein Beobachtungs⸗Detachement zuruͤckgelassen. Von den in italienische Dienste aufgenommenen Tigrinern sei niemand de⸗ sertiert. In Kassala herrsche vollständige Ruhe. — Wie der „Esercito“ meldet, sollen die in dem Lager Ras Mangascha's aufgefundenen Papiere erweisen, daß sein Aufftand von Menelik und anderen edetuiichen Ras begünstigt gewesen sei, und daß auch Franzosen Einfluß darauf gehabt hätten. Unter letzteren solle sich ein französischer Hauptmann befinden, der angegeben habe, aus dem Dienst ausgeschieden zu sein, und in Pro⸗ die Haltung Menelik's sügen Erythräa feindlich zu stimmen gesucht habe. Das Blatt ügt hinzu, es sei nicht ausgeschlossen, das dieser Hauptmann Ras angascha in dem letzten Pelbdzun begleitet habe. Dasselbe Blatt theilt mit, der General Baratieri sei ermäͤchtigt worden, aus Erythräa alle Fremden auszuweisen, die direkt oder indirekt ie Tigriner unterstützt hätten. In der Provinz Agame b. ein innerer Krieg ausgebrochen zwischen dem äuptling, een Ras Mangascha als seinen Stellvertreter daselbst zurück⸗ selassen habe, und anderen Häuptlingen, die ihm diesen Platz
treiti machten. „ Rom eingetroffene Privatbriefe berichten, wie meldet, daß die Empörung Ras Man⸗
Lascha's die größte Ueberraschung hervorgerufen habe,
da er sogar nach dem Aufstand Bata Azos, mit dem er doch im Einverständniß gewesen sei, dem General Baratieri seine Ergebenheit versichert habe. Ein Telegramm der „Tribuna“ aus Senafe meldet, daß die Verluste der Italiener an Ver⸗ wundeten und Todten während der ganzen Aktion 400 Mann betragen hätten, und daß von den feindlichen Führern einer getödtet und viele verwundet worden seien.
Das „Reuter'sche Bureau“ meldet aus Sansibar: Der englische General⸗Konsul Hardinge und der Premier⸗Minister Mathews 8* sich nach Lamu begeben, um den Tana⸗ Distrikt zu inspizieren und die Ursachen der jüngsten Unruhen in Somaliland zu untersuchen. 3
Die aus Madagaskar in Marseille eingegangene Post meldet, die fremdländischen Ansiedler, die auf das Versprechen des Premier⸗Ministers hin in Tananariva und im Innern des Landes geblieben waren, befänden sich nicht mehr in Sicherheit und träfen in großer Anzahl in Tamatave ein.
Australien.
Ueber den Aufstand auf Hawaii sind in San Fran⸗ isco weitere Nachrichten eingetroffen, wonach in den Kämpfen am 7. Januar gegen 500 Rebellen gefangen genommen seien. Der Verlust der Rebellen an Todten und Verwundeten sei erheblich. Die Residenz der früheren Königin sei unter poli⸗ e Bewachung gestellt. Am 7. Januar habe in ihrer
ashingtoner Residenz eine Haussuchung stattgefunden. Es sei noch nicht bekannt, was betreffs der früheren Königin geschehen werde.
Parlamentarische Nachrichten
Schlußbericht. über die vorgestrige Sitzung des Reichstags befindet sich in der Ersten Beilage.
— Die heutige (3.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten eröffnete der Präsident von Köller um 11 ½ Uhr.
Der Sitzung wohnten der Minister für Handel und Ge⸗ werbe Freiherr von Berlepsch, der Dr. Miquel, der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen, der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Bosse, der Minister für Landwirthschaft ꝛc. Freiherr von Hammer⸗ stein und der Justiz⸗Minister Schönstedt bei.
Es gelangte zunächst das nachstehende, unter dem 14. Januar an den Präsidenten des Abgeordnetenhauses gerichtete Schreiben des Ministers der öffentlichen Arbeiten Thielen zur Ver⸗ lesung:
„Die Vorbereitungen für die zum 1. April d. J. in Aussicht ge⸗
nommene Neuordnung der Staats⸗Eisenbahnverwaltung sind so weit efördert, daß sofort nach Bewilligung der zur Durchführung der Re⸗ orm in dem Staatshaushalts⸗Etat für 1895/96 vorgesehenen Mittel die endgültigen Anordnungen getroffen werden können. Wenngleich auch schon hierfür alles vorbereitet ist, so können doch die zahlreichen Ver⸗ setzungen der Beamten an ihren neuen Bestimmungsort wegen Versetzung der nicht weiter zur Verwendung gelangenden Beamten in den einstweiligen Ruhestand, — die zum theil noch der Allerhöchsten Genehmigung be⸗ darf — wegen öffentlicher Bekanntmachung der neuen Verwaltungs⸗ einrichtungen u. s. w., nicht bis zum letzten Augenblicke verschoben werden. Es ist daher für eine ordnungsmäßige Ueberleitung der gegenwärtigen Verwaltung in die neuen Verhältnisse dringend geboten, daß das Etatsgesetz in diesem Jahre möglichst frühzeitig zur Verabschiedung gelangt. Mit Rücksicht hierauf gestatte ich mir, an Euer Excellenz das Ersuchen zu richten, gefälligst darauf hinwirken zu wollen, daß der Etat, und insbesondere der Eisenbahn⸗Etat, mit thunlichster Be⸗ schleunigung durchberathen wird. An den Herrn Vorsitzenden der Budgetkommission habe ich die gleiche Bitte gerichtet.“
Auf der Tagesordnung stand die erste Berathung des Staatshaushalts⸗Etats.
Das Wort nahm zunächst der Minister der offentlichen Arbeiten Thielen, dessen Rede wir morgen im Wortlaut bringen werden.
(Schluß des Blattes.)
— Die Sitzung der Geschäftsordnungs⸗Kommission des Reichstags, die heute zur Fortsetzung der Berathung über die Er⸗ ;G der Disciplinarbefugnisse des Präsidenten stattfinden sollte,
ist aufgehoben worden. Statt dessen wurde eine neue Sitzung auf Freitag, Abends 8 Uhr, anberaumt.
— Der Ober-Bürgermeister von Magdeburg, Geheime Regierungs⸗Rath Boetticher, Zweiter Vize⸗Präsident des Herrenhauses, ist am Sonnabend nach kurzem Kranken⸗ lager gestorben.
— Dem Hause der Abgeordneten sind Nachweisungen der bei der Domänenverwaltung und der bei der Forst⸗ verwaltung im Etatsjahre 1893/94 durch Kauf und Tausch vorgekommenen Flächenzugänge, sowie der durch Verkauf, Tausch und infolge von Separationen und Ablösungen eingetretenen Flächenabgänge, sowie eine Darstellung des Ergebnisses der im Jahre 1894 statt⸗ gehabten Verhandlungen des Landes⸗Eisenbahnraths und der darauf getroffenen Entscheidungen nebst den Verhandlungen und Drucksachen des Landes⸗Eisenbahn⸗ raths zugegangen.
Nr. 3 des „Zentralblatts der Bauperwaltung“, herausgegeben im Ministerium deröffentlichen Arbeiten, vom 19. Januar, hat folgenden Inhalt: Bekanntmachung vom 8. Januar 1895, betr. das von dem Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten errichtete Stipendium. — Nichtamtliches: Der Wettbewerb für eine feste Rheinbrücke bei Bonn. I. — Amtsgericht mit Gefängniß in Peine (Provinz Hannover). — Straßenhochbahn nach dem Schwebebahn⸗System Eugen Langen (Schluß). — Mittel⸗ alterliche Wandgemälde in der Kirche in Dahlem bei Berlin. — Stationsgehäude auf hohem, frischgeschüttetem Damme. — Ver⸗ mischtes: Die Akustik des alten Gewandhaussaales in Leipzig. — Zusammenstellung der Baukosten im Jahre 1893 vollendeter Staats⸗Hochbauten. — Besuchsziffer der Technischen Hochschule in München im Winterhalbjahr 1894/95. — Abschließung und Trocken⸗ legung der Zuidersee. — Karl von Haushofer, Direktor der König⸗ lichen Technischen Hochschule in München f†.
(Fntscheidungen des Reichsgerichts.
sein sittliches erbalten außerhalb des Amts ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, I. Strafsenats, vom 5. Juli 1894. nicht ohne weiteres als eine auf den Stafantrag des amtlichen Vor⸗
gesetzten zu verfolgende Beleidigung in Bezug auf den Beruf
Die Beleidi ung eines Beamten durch üble Nachrede über
des Beleidigten zu erachten, selbst wenn vom Thäter bei der üblen
rede die Berufsstellung des Beleidigten betont worden
H. bhatte einen Brief an den Präsidenten eines Landgerichts ge⸗
richtet, worin die Stelle vorkam: „Hoher Herr . auch ist es
nicht anständig, daß Ober⸗Amtsrichter X. und Y. (dieselben sind
in dem Briefe genau bezeichnet) betrunken nach Hause gehen, der Ober⸗Amtsrichter stürzte vor seiner Hausthüre zu- sammen, was ich mit eigenen 3 * gesehen habe. „
wenn sich Königlich angestellte Beamte betrinken, was sollen andere
Leute thun, welche mit gutem Beispiel vorangehen sollen, auch P. habe ich schon betrunken gesehen.“ Auf den Strafantrag des dienstlich Vorgesetzten der beiden Richter wurde die Anklage gegen H. wegen
H erheben. Die Strafkammer stellte fest, daß die in dem
Brief behaupteten Thatsachen nach keiner 2,à . erwiesen wären,
daß aber die Voraussetzungen des § 196 Str.⸗G.⸗B. (betreffend Be⸗
leidigungen eines Beamten in Beziehung auf seinen Beruf) nicht
gegeben wären, und sie erkannte, mangels Strafantrags der Be⸗ leidigten, auf Einstellung des Verfahrens. Die Revision des Staats⸗
anwalts wurde vom Reichsgericht verworfen, indem es begründend
ausführte: „In den Urtheilen des III. Strafsenats vom 8. De⸗
zember 1880, des I. Strafsenats vom 13. Juni . und des II. Strafsenats vom 10. April 1885⸗ 1885, 23. Juni 1891 ist nachgewiesen, daß die üble Nachrede
eines außerdienstlichen Verhaltens, das den Beamten herabwürdigt, ja selbst seiner Berufsstellung unwürdig erscheinen läßt oder eine Disciplinarstrafe rechtfertigen würde, dann nicht in der von § 196 St.⸗G.⸗B. geforderten Beziehung auf den Beruf steht, wenn es sich
dabei nicht um Verfehlung gegen eine besonders auferlegte Berufs⸗ pflicht, sondern um Verletzung allgemeiner Sittengesetze handelt. Die allgemeine Verpflichtung zu einem des Berufs würdigen Privat⸗ oder
außerdienstlichen Leben begründet auch dann keine „besondere Berufs⸗
pflicht“, wenn der Verstoß dagegen disciplinär bestraft wird. Nur
wenn die Verfehlung sich außer dem allgemeinen Sittengesetz auch
gegen eine daraus besonders hervorgehobene dienstliche Vor⸗
schriftt, wie z. B. gegen das Verbot des Mißbrauchs der Waffen richtet, besteht jene Beziehung; und anders ist offenbar auch die
Entscheidung in „Rechtsprechung des Reichsgerichts in Strafsachen“
Band 6 Seite 155 nicht gemeint, wo von unwürdigem Benehmen in
jüngste Entscheidung des II. Senats (Entscheidung des Reichsgerichts in Strafsachen Band 25 Seite 157) endlich hat den Vorwurf des Mißbrauchs der militärischen Berufsstellun im bürgerlichen Leben zum Gegenstande. — — Auch die Schluß⸗ bemerkung im Briefe des Sinnes, daß angestellte Königliche Beamte
verletzung, da ein solches Einwirken mit gutem Beispiele den Beamten nirgend besonders vorgeschrieben, sondern eine allgemeine sittliche Pflicht jedes Gebildeten ist.“ (1883/94.)
Handel und Gewerbe.
Der Beirath des rheinisch⸗westfälischen Kohlen⸗
vertreter Bergrath Krabler⸗Altenessen, den General⸗Direktor Muesser⸗ Dortmund und den Ber g.Assessor Pieper⸗Bochum wiedergewählt. Die Umlage für das erste Vierteljahr 1895 wurde auf 5 % festgesetzt.
Königsberg i. Pr., 21. Januar. (W. T. B.) Der Chef des Bankhauses D. Simon Wittwe und Söhne, Kommerzien⸗Rath Dr. Simon, ist gestorben.
der 4 % igen Pfandbriefe der Rheinischen Hypothekenban
daß beschlossen worden ist, den gesammten Restbestand zum 7. Mai zur Rückzahlung zu kündigen. Etwaige Anmeldungen zur Konversion können bei den Konversionsstellen, in Berlin bei S. Bleichröder und der Direktion der Diskonto⸗Gesellschaft noch bis zum 24. Januar erfolgen.
Verkehrs⸗Anstalten.
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Neusüdwales ist von 210 ℳ auf 400 ℳ erhöht worden. Taxe beträgt, wie bisher, 20 ₰ für je 20 ℳ
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Die Dampfschiffs⸗ ist heute wieder auf⸗
Glückstadt, 19. Januar. (W. T. B.) verbindung zwischen Hoyerschleuse und Syl genommen worden.
Bremen, 19. Januar. (W. T. B.) Norddeutscher Llopd. Der Postdampfer „Pfalz“ hat am 18. Januar Vormittags Ouessant passiert. Der Schnelldampfer „Lahn“ hat am 17. Ja⸗ nuar Abends Lizard passiert. Der Postdampfer „Wittekind“ hat am 18. Januar Vormittags Dover passiert. Der Post⸗ vampfer „Hohenzollern“ hat am 18. Januar Mittags Lizard passiert.
— 20. Januar. (W. T. B.) Der Reichs⸗Postdampfer „Karls⸗ ruhe“ hat am 17. Januar Nachts Gibraltar passiert. Reichs⸗Postdampfer „Prinz Heinrich“ hat am 19. Januar Vor⸗ mittags die Reise von Neapel nach Port Said fortgesetzt.
Triest, 20. Januar. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Ettore“ ist Nachmittags, von Konstantinopel kommend, hier eingetroffen.
London, 19. Januar. (W. T. B.) Der Castle⸗Dampfer „Pembroke Castle“ ist heute auf der Heimreise in London an⸗ gekommen.
Madrid, 19. Januar. (W. T. B.) Die Eisenbahngesell⸗ schaft Saragossa⸗Alicante beschloß die Herabsetzung der Eisenbahntarife für Zerealien. Diese Maßnahme, die eine Be⸗ günstigung des in Barcelona eintreffenden ausländischen Getreides enthält, erregt in schutzzöllnerischen Kreisen lebhafte Unzufriedenheit.
Theater und Mufik.
Lessing⸗Theater.
Ludwig Fuldas Lustspiel „Die wilde Jagd“ erschien am Sonnabend zum ersten Mal auf der Bühne des Lessing⸗Theaters. Der Geschmack des großen Publikums scheint sich, zeitweilig mindestens, den unterhaltenden harmlosen Theaterstücken zuzuneigen, in denen Scherz und leichte Plauderei die Führung haben; mit solchen leichten Lustspielen haben die Bühnen in letzter Zeit häufig Erfolge errungen. Fulda’'s „Wilde Jagd“ stammt noch aus einer Zeit, da der Dichter weder ernsten sittlichen noch literarischen Erscheinungen der Gegenwart muthig zu Leibe ging; sie reiht sich den lustigen Unterhaltungsstücken Moser's, Schönthan's und ähnlicher Autoren gleichwerthig an.
Der Handlung in der „wilden Jagd“ liegt in breiterer Aus⸗ führung derselbe Stoff zu Grunde, den der Dichter in seinem graziösen einaktigen Lustspiel „Unter vier Augen“ kürzer und witziger behandelt hat: daß nämlich die Jagd nach Erfolgen und Vergnügungen den Menschen keine Zeit zum Glückgenießen im traulichen Heim läßt. Die Charaktere und Konflikte erscheinen heute etwas oberflächlich und ab⸗ genutzt, aber sie unterhielten die Zuschauer am Sonnabend und be⸗ ustigten sie. Zu der freundlichen Aufnahme des Lustspiels trug die treffliche Gesammtdarstellung wesentlich bei. Fräulein Reisenhofer Sab die Malerin Melanie Dalberg, die über der Jagd nach
rfolg und Geselligkeit ihren Gatten vernachlässigt, recht ansprechend und mit frischer Laune. Herr Schönfeld vermag zwar in seiner Erscheinung nicht ganz den Privatdozenten zu verwirklichen, aber sein Spiel war voll treuherzigen Humors und
wurde darum von den Zuschauern beifällig anerkannt, besonders in den Scenen, in denen er sich gegen die Rolle des geduldeten Ehemanns
- 16. Juni
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der Berufskleidung, also in der Berufsthätigkeit die Rede ist. Die
mit gutem Beispiele vorangehen sollten, erhebt sich nicht über einen rein persönlichen Angriff ohne Beziehung auf besondere Berufs⸗
syndikats hat, wie die „Rh.⸗Westf. Ztg.“ meldet, den bisherigen Vorsitzenden General⸗Direktor Kirdorf⸗Gelsenkirchen und den Stell⸗
Mannheim, 19. Januar. (W. T. B.) Die n 9
Ser. 46 bis 49 und 53 hat in solchem großen Umfange stattgefunden,
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