den Honig als ein hochwerthigeres Produkt mit einem geringeren Zoll zu belegen als sein Surrogat, den Syrup. Inzwischen ist aber durch das Zuckersteuergesez vom Jahre 1891 der Syrupzoll von 15 ℳ auf 36 ℳ erhöht worden, während der Honig noch zu einem Zoll von 20 ℳ eingeht. Nach technischen Untersuchungen ist es aber chemisch nicht möglich, künstlichen Honig, der jetzt in hoher Vollendung hergestellt wird, zu unterscheiden von ausgelassenem Naturhonig; daraus folgt die Nothwendigkeit, natürlichen aus⸗ gelassenen Honig ebenso zu behandeln wie künstlichen Honig, d. h. wie Syprup.
Meine Herren, ich habe in der Presse, wie diese Absicht der ver⸗ bündeten Regierungen bekannt wurde, auch den Zoll für natürlichen Honig auf den Syrupzoll zu erhöhen, die Andeutung gefunden, dem⸗ gegenüber müsse der Reichstag vorsichtig sein, da möglicherweise wieder der Junker dahinter stecke. Ich glaube, diese Befürchtung kann man aufgeben; denn gerade die Honigproduktion, die Imkerei, ist eine Nebenbeschäftigung kleiner Leute. (Sehr richtig!) Kleine Bauern, Schullehrer und theilweise auch geistliche Herren auf dem Lande beschäftigen sich mit der Pflege der Bienenzucht (sehr richtig!), und ich glaube, das ist gerade so ein gemüthvoll wirkendes Neben⸗ gewerbe, das man begünstigen sollte. (Sehr wahr!) Es werden dem⸗ gegenüber nun die Interessen der Pfefferkuchenindustrie ins Gefecht ge⸗ führt. Ich gestatte mir zu bemerken, daß nach einer Berechnung, die ich habe anstellen lassen, deren absolute Richtigkeit ich aber nicht vertheidigen will, obgleich sie immerhin übereinstimmt mit dem, was andere Sachverständige auf selbständigem Wege ermittelt haben, in Deutschland etwa 220 000 Doppelzentner Honig produziert werden, — es ist dabei angenommen, daß pro Bienenstock etwa eine jährliche Produktion von 10 Kilo Honig stattfindet — während der Import von fremdem Honig — insbesondere kommt hier Amerika in Betracht — nur 37 000 Doppelzentner beträgt. Ich meine doch, es wäre möglich, wenn man den Naturhonig durch einen höheren Zoll schützte, daß dann die deutsche Bienenzucht auch noch diese 37 000 Doppel⸗ zentner selbst produzierte. (Sehr richtig!) Mir scheint ein solcher Schutz der inländischen Bienenzucht um so wichtiger, als dieselbe in der That seit dem Jahre 1873 nicht unwesent⸗ lich zurückgegangen ist. Wir haben im Jahre 1873 nach der Viehzählung, wo auch die Bienenstöcke gezählt sind, 2 333 000 Stöcke gehabt, während sich nach der Zählung von 1893 nur noch ein Bestand von etwa 203 000 Bienenstöcken ergab — also ein sehr erheblicher Rückgang, offenbar infolge des Drucks des billigen amerikanischen Honigs auf den inländischen Markt.
Wenn die Pfefferkuchenindustrie behauptet, ihre Exportfähigkeit würde dadurch beschränkt, so scheint mir die Berechtigung dieses Ein⸗ wandes einigermaßen zweifelhaft; denn es steht ziemlich fest, daß ein großer Theil des sogenannten Honigkuchens Fnicht mit natürlichem, sondern mit künstlichem Honig, mit Syrup, (sehr richtig!) hergestellt wird, und vielleicht auch mit Stärkezucker. (Heiterkeit.) Der echte, durch Beimengung von Naturhonig entstehende Honigkuchen ist wesent⸗ lich theurer und trägt doch — das werden Sie mir zugestehen — den Charakter eines gewissen Luxusartikels, der von den wohlhabenderen Klassen auch etwas theurer bezahlt werden kann.
Eine besonders wichtige Position im Entwurf bildet das Baum⸗ wollensamenöl. Ich bemerke auch dem gegenüber, daß in dem Ihnen gemachten Vorschlag, den Zoll hierfür von 4 auf 10 ℳ für 100 kg zu erhöhen, agrarische Interessen, namentlich mit Rücksicht auf die Margarineproduktion, nicht maßgebend gewesen sind. Unrichtig ist auch die Auffassung, die in der Presse sich vielfach geltend gemacht hat, daß diese Zollerhöhung von den verbündeten Regierungen vor⸗ geschlagen wäre, um der heimischen Leinölindustrie unter die Arme zu greifen. Für Jeden, der die Dinge kennt, ist bekannt, daß Baum⸗ wollensamenöl und Leinöl weder auf dem Gebiete des menschlichen Genusses, noch auf technischem Gebiet irgendwie mit einander kon⸗ kurrieren können. Leinöl wird in frischgeschlagenem Zustande vielfach von der ärmeren Bevölkerung namentlich des Ostens zur Fettung der Speisen verwendet; Baumwollensamenöl wird wegen seines unan⸗ genehmen Geschmacks unmittelbar gar nicht genossen, es findet vor⸗ zugsweise Verwendung in drei Richtungen: erstens zur Herstellung des sogenannten compound lard, eines künftlichen Speisefetts, welches von ärmeren Volksklassen verwendet wird an Stelle des natürlichen Schweinefetts; ferner zur Herstellung der Margarine, zur Konser⸗ vierung von Fischen, vielleicht auch zur Verschneidung von Olivenöl, also zur Fälschung desselben.
Auf dem Gebiete des menschlichen Genusses konkurrieren also Baumwollensamenöl und Leinöl gar nicht miteinander; ebensowenig konkurrieren sie auf technischem Gebiete. Leinöl, ein in der Luft trocknendes Oel, wird zu Farbe, Lacken, Firniß, Linoleum, Buchdrucker⸗ schwärze, sowie zur Herstellung weicher, sogenannter Schmierseife, verwendet, während Baumwollensamenöl zur Herstellung der harten Seifen dient.
Ferner ist gegen diesen Tarifvorschlag eingewendet, das Baum⸗ wollensamenöl fände in großem Maße Verwendung zur Herstellung eines billigen Volksnahrungsmittels, des compound lard, Kunst⸗ schmalzes; dasselbe wird aus Preßtalg in Vermischung mit Baum⸗ wollensamenöl hergestellt, und kommt wohl vorzugsweise aus Amerika. Nach einer mir kürzlich zu Gesicht gekommenen Notiz scheint es auch verwendet zu werden zur Fälschung von natürlichem Schweinefett. Es sind in Deutschland bisher sechs Fabriken entstanden, die sich mit der Herstellung dieses künstlichen Fetts beschäftigen. Es ist aber meines Erachtens bei der Beurtheilung, wie eine solche Zollerhöhung auf die Preise von Lebensmitteln wirkt, nicht allein maßgebend, wie sich die Preise, beispielsweise des natürlichen Schweinefetts, zu dem Kunstfett verhalten, sondern wie sich der Nährwerth dieser beiden mit einander konkurrierenden Genußmittel zu einander verhält, und da ist unzweifelhaft der Nährwerth dieses künstlichen Schweinefetts wesent⸗ lich geringer als der des natürlichen Schweinefetts. Außerdem ist der Zusatz von Baumwollensamenöl und auch die Zollerhöhung pro 100 kg nicht so bedeutend, daß dieselbe auf den Preis des Produkts einen nennenswerthen Einfluß üben könnte.
Ferner sindet die Verwendung des Baumwollensamenöls zur Herstellung von Margarine statt. Es ist nicht ganz einfach, fest⸗ mstellen, wie die Margarine technisch wirklich zusammengesetzt wird. Ich habe versucht, mir auf Umwegen Rezepte zu verschaffen. Wenn die mir gewordenen Mittheilungen zutreffen, dann ist auch der Zusatz von Baumwollensamenöl, der bei Herstellung von Margarine statt⸗ sindet, nicht so erheblich, daß durch die Zollerhöhung eine wesentliche Vertheuerung dieses von den armen Volksklassen genossenen Nahrungs⸗ mittels gerechtfertigt wäre.
Wenn ich aber auf den inneren Grund des Ihnen gemachten
Vorschlags eingehe, so liegt er einfach darin, daß zur Zeit, als die
Zolltarifnovelle erging, Baumwollensamenöl lediglich zu technischen Zwecken verwendet wurde. Ich glaube, daß auch jetzt es nicht möglich sein wird, durch Einfuhr von Baumwollensamen innerhalb Deutsch⸗ lands Baumwollensamenöl zum menschlichen Genuß herzustellen. Es besteht in Deutschland meines Wissens nur eine Fabrik, die Baum⸗ wollensamenöl herstellt; aber der Umfang dieser Fabrikation kann, wie man aus den Einfuhrtabellen von Baumwollensamen entnimmt, nur ein ganz unbedeutender sein. Es scheint richtig zu sein, daß der Transport von Baumwollensaat, soweit dieselbe zu Nahrungs⸗ mitteln verarbeitet werden soll, technisch nicht möglich ist, weil
sie sich unterwegs in den Schiffsräumen erhitzt und infolge dessen 1
ranzig wird. Für technische Zwecke würde eine umefangreiche Fabrikation von Baumwollensamenöl nicht ausgeschlossen sein. In England und Amerika bestehen umfangreiche dergleichen Fabriken. Es scheint aber, da die Ausbeute von Baumwollensamenöl nur 15 % ausmacht, der hiesige Schutzzoll von 4 ℳ auch für das Baumwollen⸗ samenöl zu technischen Zwecken zu niedrig zu sein, als daß die deutsche Fabrikation gegenüber der alteingesessenen erfahrenen Fabrikation in Amerika und England aufkommen könnte. Dagegen hat sich in der Fabrikation von Baumwollensamenöl außerhalb Deutschlands, speziell in Amerika dadurch ein wesentlicher Fortschritt vollzogen, daß durch die verbesserte Raffinationsmethode dasselbe auch zu menschlichen Nutz⸗ zwecken, zur Herstellung von Nahrungsmitteln verwendet werden kann; es scheint deshalb durchaus gerecht, wenn andere Speiseöle einen Schutzzoll von 10 ℳ tragen müssen, auch das Baumwollensamenöl, soweit es ein Gegenstand menschlichen Genusses ist, zolltarifarisch ebenso zu behandeln wie die übrigen Speiseöle. (Sehr richtig! rechts.)
Der letzte Punkt der Aenderungen der Zolltarifbestimmungen des Jahres 1879 bezieht sich auf Parfümerien. Auch da könnte man fragen, ob es nicht genügen würde, den Zollsatz in dem Maße zu erhöhen, in welchem sich die inländische Fabrikation von Parfümerien durch Verwendung versteuerten Branntweins höher stellen würde wie die Fabrikation des Auslands, welche mit unversteuertem Branntwein arbeitet. Ich bemerke dazu, daß der Bundesrath bevollmächtigt ist, zu gewerblichen Zwecken die Verwendung unversteuerten Branntweins zuzulassen, und daß unter gewissen Kautelen auch der Parfümerie⸗ fabrikation die Verwendung steuerfreien Branntweins gestattet ist. Es zeigt sich aber, daß es möglich ist, sogenannte Parfümerien entweder sofort als genußfähige Liqueure oder Branntweine zu verwenden, oder, wie ich schon vorhin bemerkt habe, durch ein ziemlich einfaches Ver⸗ fahren zu Genußzwecken verwendungsfähig zu machen.
gt man sich nun, wie hoch ist die Steuerbelastung der im Inlande hergestellten Parfümerien, so stellt sich das Exempel etwa folgendermaßen: Es werden zur Herstellung von Parfümerien etwa 95 % hochgradigen Alkohols verwendet und 5 % ätherische Oele. Der inländische Branntwein trägt eine Zollbelastung von 86 ℳ pro 100 kg und pro 100 prozentigen Alkohol. Es folgt hieraus, daß 100 1 Parfümerien etwa belastet werden mit 77,60 ℳ inländischer Branntweinsteuer. Hierzu würde noch 1 % Zollbetrag für zugesetzte ausländische ätherische Oele treten. Die Belastung inländischer Parfümerien würde also etwa 78,60 ℳ betragen. Ein Kilo brutto hochgradiger Alkohol, beziehentlich ein Kilo Parfümerien ist gleich einem Liter Alkohol. Es würde also ein Kilo ausländischer Parfümerien brutto mit 1 ℳ belastet sein, und ein Kilo inländisch bergestellter Parfümerien mit 78 ₰ rund. Es wäre mithin, rein technisch betrachtet, nicht nothwendig, die inländischen Parfümerien höher zu schützen, wie in Höhe dieser Zoll⸗ belastung von 78 ₰ pro Kilo brutto; aber aus dem Grunde, den ich Ihnen vorhin schon angeführt habe, daß eine Verwendung der⸗ selben zu Genußzwecken stattfinden kann, und mit Rücksicht darauf, daß auch der inländische Branntwein im Interesse der heimischen Produktion geringer belastet ist als der vom Ausland eingeführte Branntwein, erschien es auch geboten, den Parfümeriezoll auf den vollen Branntweinzoll zu erhöhen.
Nun gestatten Sie mir noch eine Schlußbemerkung! Das amt⸗ liche Waarenverzeichniß, daß es endlich erscheinen möge, ist ja ein langer Wunsch dieses hohen Hauses, und ich halte diesen Wunsch für einen im Interesse unseres deutschen Handelsstandes durchaus berechtigten; sobald ich mein Amt übernommen, habe ich mich bemüht, darauf hinzuwirken, daß dieses umfangreiche Werk mit möglichster Beschleunigung fertig gestellt würde. Ich meine: das Waarenverzeichniß muß im Interesse des deutschen Handelsstandes
dem Handelsstand bekannt gemacht werden durch Ver⸗ 1 oder durch Tekturen, und ich glaube, man wird
vor
K 5 F 8 8 siestss
dürfen. Es ist das im Interesse der Landwirthschaft, die sich in einer schweren Krisis befindet, dringend geboten. In erster Reihe freilich würden dabei die Getreidezölle in Betracht kommen. Eine Aenderung derselben ist uns indessen durch die bestehenden Handelsverträge verschlossen. Andernfalls wäre ich sicher, daß die Mehrheit der Kommission wie des Plenums eine sehr erhebliche Er⸗ höhung der Getreidezölle befürworten würde. Da das nicht angeht, so ist es nothwendig, andere Punkte zu finden, welche geändert werden können. Da empfiehlt sich vor allem ein Zoll auf überseeische Gerb⸗ stoffe, besonders auf Quebrachoholz. Ein solcher Zoll ist nothwendig, um unsere Schälholzwaldungen und die damit zusammen⸗ hängende Industrie vor dem Untergang zu bewahren. Alle, die sich mit diesem Gegenstand beschäftigt haben, wissen, daß keine andere Industrie sich in einem so gedrückten Zu⸗ stande befindet wie diese. In Deutschland haben wir im anzen 433 000 ha Schälholzwaldungen. In einzelnen preußischen Fevehmen erreicht das Gebiet der Schälholzwaldungen einen ganz er⸗ eblichen Prozentsatz des ganzen Areals, so namentlich im Siegener Lande. Diese Eichenschälwaldungen bedingen eine ganz eigenthümliche Wirthschaftsführung. Meist beschäftigen sich ganz kleine Leute mit der Gewinnung der Rindenlohe, und dieselbe ist für sie das einzige Mittel zur Fristung ihrer Existenz und zur Ausgleichung des Nieder⸗ gangs, der sich auf den anderen Gebieten der Landwirthschaft zeigt. An der Erhaltung der Schälholzwaldungen sind auch die Gerbere en inter⸗ essiert, welche ihren Betrieb darauf basiert haben. Auch die Zahl der kleinen Leute, welche durch das Zusammenfahren der Lohe Beschäftigung finden, ist keineswegs gering; die Existenz ganzer Gemeinden hängt mit den Schälholzwaldungen zusammen. Man hat nun gefragk: warum verwandelt man die Schälholzwaldungen nicht in Hochwald? Jeder Forstmann weiß, daß auf einem Gebiet, wo so lange Zeit Schälholzwaldungen bestanden, Hochwald ganz unmöglich ist. Aber selbst wenn die Anlage von Hochwald möglich wäre, so erfordert es doch Jahrzehnte, bis eine Rentabilität erzielt wird. Damit wäre also für die Hebung der Lage jener Gegenden nichts gewonnen. Dazu käme, daß der Verdienst der kleineren Leute, wie er bei der Lohegewinnung besteht, anz wegfiele. Man hat auch vorgeschlagen, den Besitzern der Schäl⸗ olzwaldungen diese abzukaufen. Damit wäre ein ganzer Erwerbs⸗ zweig förmlich auf Armenunterstützung angewiesen. Die Behauptung, daß der Preis der Eichenlohe sich nicht vermindert habe, wird auf eine Statistik der Preise für Spiegelrinde gestützt. Zwischen der ge⸗ wöhnlichen Eichenlohe und der Spiegellohe liegen aber viele Stufen, und wenn man sich über die Verhältnisse ein Urtheil bilden will, so muß man den Durchschnitt der letzteren in Betracht ziehen. Hier ergiebt sich aber seit dem Jahre 1870 ein ganz wesentlicher Preis⸗ rückgang. Leider haben wir in dem Handelsvertrag mit Oesterreich⸗Ungarn den Lobezoll aufgehoben. Daraus folgt aber nicht, daß wir jetzt auch das Quebrachoholz zollfrei hereinlassen müssen. Das hieße doch: die Loheindustrie und unsere Schälwaldungen sind so wie so schon geschädigt, nun dürfen sie auch noch mehr geschädigt werden. Die Konkurrenz des Quebrachoholzes ist darum noch besonders gefährlich, weil das Quebrachoholz nur ein Drittel des Gerbstoffes der Eichenrinde enthält. Die Richtigkeit der Einführung des Zolls wird gerade von den Gegnern desselben nachgewiesen. In den Ein⸗ gaben von Vertretern der Gerbereiindustrie wird die Schädlichkeit des Zolls an der Hand der Statistik über die enorm vermehrte Einfuhr von Quebrachohol; nachgewiesen. Gerade mit diesem Nachweis des Einflusses des Quebrachoholzes auf die Lederindustrie ist auch sein Einfluß auf die Schälwaldungen dargethan. Es ist leicht er⸗ klärlich, daß die Lederindustrie im allgemeinen sich gegen den Zoll er⸗ klärt. Von 1500 Vertretern derselben haben sich bei einer Umfrage aber doch 400 für die Einführung des Zolls Darunter waren alle Gerbereien, welche in den Gegenden liegen, wo Schälholzwaldungen vorhanden sind. Dieselben erklären sich mit den Besitzern von Schälholzwaldungen solidarisch. Ein Interesse an der Fernhaltung des Zolls haben nur die großen Fabriken, welche mit Quebrachoholz arbeiten, namentlich in Hamburg. Man führt den Lederexport gegen den Zoll ins Gefecht. Wteviel Leder wird denn exportiert, das mit Quebrachoholz gegerbt ist? Gerade die großen Exportfabriken, z. B. in Worms, arbeiten nicht mit Quebracho⸗ holz, weil sie nicht dem Grundsatz huldigen: billig und schlecht. Im Quebrachoholz fehlen gerade jene Gerbstoffe, die das Leder gut und haltbar machen. Die großen Exportfabriken wünschen besonders lebhaft den Zoll, weil sie sonst fürchten, daß die inländische Loheindustrie aufhört und sie vom Auslande abhängig werden. Auch das deutsche Publikum hat ein Interesse an der Ein⸗ führung des Zolle. Zu meiner Freude hat das preußische Kriegs⸗ Ministerium beschlossen, kein Leder zur Verwendung zu bringen, das mit Quebrachoholz gegerbt ist. Das gleiche Interesse an der Sache hat aber das Publikum. Ich meine, auch der Arbeiter giebt besser 30 bis 50 ₰ mehr für ein paar Stiefel aus — größer ist der Unter⸗ schied nicht —, die gut und baltbar sind, als daß er diese wenigen Pfennige spart und schlechte Waare erhält. Ich gebe zu, daß bei dieser Frage Interesse gegen Interesse steht, aber der Mehrzahl der Vertreter der Lederindustrie stehen doch die Interessen der Gerber, der Landwirthschaft, der kleinen Leute und des deutschen Publikums gegenüber. Ich erinnere daran, daß auch die Agrarkommission des preußischen Abgeordnetenhauses im vergangenen Jahre die Petitionen, welche die Einführung eines Zolls auf Quebrachoholz befürworteten, einstimmig der Regierung zur Berücksichtigung überwiesen hat. rheinische Provinzial⸗Landtag 12 sich in dem leichen Sinne ausgesprochen. Man wendet ein, daß der bededinduftrie das Rohmaterial vertheuert werde durch den Zoll. Ich bestreite, daß es sich hier um Robprodukte handelt, namentlich bei den Extrakten aus dem Quebrachoholz. Und dann ist es keineswegs richtig, daß alle Zölle auf Rohprodukte die Industrie schädi welche davon betroffen wird. Die Geschichte der Eisenzölle lehrt Gegentheil. Derartige Zölle bewirken häufig, daß die natürliche Be⸗ zugsquelle des Rohmaterials beibehalten wird. mag die Frage sein, wie die bestehenden Handelsverträge mit der Einführung eines auf Quebrachoholz in Einklang zu bringen sind. 2 Bindung 11“ vnen -g im österreichif Vertrag uns nicht tzig m 3 denn das Quebrachoholz ist nicht als Gerberlohe zu beirachten. Be⸗ denklich ist nur der Punkt, daß auch die chemischen Erzeugnisse in kommen, zu welchen die Extrakte aus dem Quebrachoholz hören. Aber wenn die Regierung den ernstlichen Versuch macht, bei der österreichischen Regierung eine Aenderung des dieser Bezieh zu erreichen, so dürfte das Bedenken leicht zu be⸗ seitigen sein. 8,2.2s hat an einem Zoll auf Quebrachoholz und die Extrakte daraus, das gleiche Interesse wie wir. Die Aenderung de um so lei zu erzielen sein, wenn der mit großer Mehrheit für 12 hen er⸗ Daß dabei ein in neuerer Zeit in Kalifornien ge. Produkt, das die Gerbsäure ersetzen soll, nicht frei ist selbstoerständlich. In unserem Antrage ist nar Regierung die Frage erwägen möge. Auch rwägung anstellen müssen. Ich bin über⸗ daß, wenn der Reichstag den Antrag annimmt, die Regierung — Schritte, und sicher mit Erfolg, thun wird. Wird ingeführt, so werden wir uns damit ein Verdienst um einer ichti Tbeil unserer Industrie erworben haben und sum eentlichen Theils der nationalen Arbeit, zum Leute und zur Förderung der Landwirthschaft
Burvdeberg (kr. Bolkey)⸗ Bei einer gerecht 1““ eten Zoll ekretär
klärt.
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Handelsvertrags u
die Vertheuerung des Baumwollensamenöls und der daraus Heteten Kunstbutter. Es gebe kein besseres Mittel, die Propaganda der Sozialdemokratie zu fördern, als eine solche Maßregel.
Abg. Graf von Kanitz (dkons.): Ich befinde mich in der ange⸗ bmen Lage, erklären zu können, daß ich mit allen Vorschlägen der verbündeten Regierungen einverstanden bin; sie gehen mir nur nicht weit genug. Daß das Ausland die Zollerhöhungen mißliebig empfinden könnte, macht auf mich keinen großen Eindruck; das Ausland ordnet seine Tarife auch, ohne auf unsere Wünsche Rücksicht zu nehmen. Ztalien hat erst am Schluß des vorigen Jahres verschiedene wichtige Positionen erhöht. Rußland hat am 7. Januar einen b5 Zoll auf rohe Baumwolle und Baumwollengarn festgesetzt. Es ist dazu berechtigt, denn es hat sich im Vertrag die Hände in dieser Beziehung nicht binden lassen, aber unserer Textil⸗ industrie ist jetzt die russische Grenze vollständig verschlossen; und daß Amerika uns die höhere Verzollung des Baumwollensamenöls sehr verübeln könnte, glaube ich nicht, da es selbst dieses Material künftig aus dem Lande hinauszudrängen sucht und die einheimische Margarine mit 4 ½ Millionen Mark Steuern belastet, auf den Import aber einen Zoll von 161 ℳ pro Dovppel⸗Zentner, also das Zehnfache unseres Zolles legt. Ich will auf den Gegenstand nicht näher ein⸗
weil ich weiß, daß die verbündeten Regierungen gegenwärtig ein neues Margarinegesetz ausarbeiten, dem ich nicht vorgreifen will. Daß die Kunstbutter so stark in Konkurrenz tritt, liegt nicht sowohl an dem Gesetz, als an der mangelhaften Kontrole seitens der aufsichts⸗ führenden Behörden. Die Berichte lassen dies natürlich nicht er⸗ kennen; aber eine private Ermittelung hat gezeigt, daß die fraudulose Konkurrenz der Margarine eine ganz enorme ist. Insbesondere ist zu bedauern, daß an der Grenze keine Kontrole stattfindet. Kunstbutter kommt namentlich an die Grenzorte als Naturbutter, wodurch für die Bevölkerung eine Vertheuerung entsteht. Kunstbutter geht aber auch als Naturbutter ins Ausland und diskreditiert die deutsche Butter⸗ produktion und drückt sie im Preise herab. In anderen Ländern existiert eine strenge Kontrole darüber, insbesondere verdankt Dänemark dem Umstand, daß es bei der Ausfuhr eine scharfe Kontrole übt, den außer⸗ ordentlichen Vorsprung, den es im Export nach England vor uns ge⸗ wonnen hat. Im Jahre 1892 ist in das neue Waarenverzeichniß allerdings die Margarine getrennt aufgenommen worden, aber unter „Margarine“ steht „siehe Butter!“ In diesem Punkt ist eine Ab⸗ bilfe dringend nothwendig. Nun einige Worte über das Quebracho⸗ holz. Ich habe einige Proben dieses Holzes und einige Lederproben auf den Tisch des Hauses gelegt. Diese letzteren werden Ihnen den Unterschied der Qualität zeigen. Das mit Quebrachoholz Pperbes Leder ist schwammig, filzig, es saugt das Wasser an. Der g. Möller machte gegen die Forderung des Zolls auf Quebracho⸗ holz im vorigen Jahre das Interesse des Exports der deutschen Leder⸗ industrie geltend. Aber ein Export in schlechtem Material schädigt schließlich sein eigenes Interesse. Alle Erwerbszweige leiden unter einer schlechten Qualität der Lederwaaren; am meisten aber leiden darunter die ländlichen Arbeiter. Das Zurückdrängen der Gerberei mit Eichenlohe hat viele kleine Gerbereien zum Bankerott e Es ist ein schlechter Rath, den kleinen Gerbern zu sagen: gebt Eure Selbständigkeit auf und gebt in die großen Fabriken! Wer diesen Rath ertheilt, vergißt, mit welcher Zäbigkeit der kleine Gewerbetreibende an seiner Werkstatt und an seiner Familie hängt. Es ist ein Interesse der Allgemeinheit, die kleinen Betriebe zu erhalten, den kleinen Mann in seinem Existenzkampf zu unter⸗ stützen. Das ist für mich der entscheidende Gesichtspunkt in dieser Frage. Der große Kampf, der entbrannt ist, wird nicht mit Ver⸗ schärfungen des Strafgesetzes, nicht mit Umsturzvorlagen, sondern hier, auf dem wirthschaftlichen Gebiet ausgetragen.
Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats⸗Minister Freiherr von Marschall:
Meine Herren! Ich möchte dem Herrn Vorredner nun mit zwei Worten antworten auf einige Bemerkungen, die er gemacht hat be⸗ züglich der jüngsten russischen Zollerhöhung auf Rohbaumwolle und Garn.
Was zunächst die rohen Baumwollgarne betrifft, so haben wir niemals ein irgendwie erbebliches Exportinteresse nach Rußland ge⸗ babt; es hat auch die Frage weder im Zollbeirath noch sonst jemals irgendwie eine Rolle gespielt bei den Vertragsverhandlungen mit Rußland.
Bezüglich der rohen Baumwolle hat der Herr Vorredner dar⸗ gelegt, wir hätten früher einen sehr bedeutenden Export von Roh⸗ baumwolle nach Rußland gehabt; wir hätten es versäumt, eine Bin⸗ dung des russischen Zolls im Handelsvertrag zu erwirken. Nun habe Rußland von seiner Freiheit Gebrauch gemacht, den Zoll verdoppelt, und damit sei auch unser Exportinteresse schwer geschädigt. Diese Darlegung des Herrn Vorredners giebt ein ungenaues Bild von der Sachlage. Richtig ist, daß wir früher einen sehr erheblichen Exrport von Rohbaumwolle, namentlich von Bremen aus, nach Rußland gehabt haben. Es ist das im veessentlichen ein Spoeditionsinteresse. Dieser Export ist hauptsächlich dadurch geschädigt worden, daß in der Mitte der achtziger Jahre die russische Regierung einen differentiellen Zoll auf rohe Baumwollen ebenso wie auf Eisen an der See und an der Landesgrenze festgesetzt hat, d. h. an der Landesgrenze einen höheren Zoll erhob als an der Seegrenze. Dadurch ist es uns unmöglich geworden, der englischen Konkurrenz zu widerstehen. Wir haben nun in erster Linie in den Handelsvertragsverhandlungen mit Rußland unser Augenmerk darauf gerichtet, diesen differentiellen Zoll wieder abzuschaffen, und es ist auch gelungen. Es hat die russische Regierung die Gleichstellung der Zölle an der Land⸗ und an der Seegrenze konzediert und auf die Dauer des Handelsvertrags, d. h. auf die Dauer von zehn Jahren, gebunden. Die Frage, ob es richtig sei, auch eine Bindung des Zolls auf Rohbaumwolle zu verlangen, ist im Zollbeirath eingehend erörtert, schließlich aber aus dem Grunde verneint worden⸗ weil Rußland, und zwar in Buchara, nur einen ganz kleinen Bruch⸗ theil derjenigen rohen Baumwolle zu erzeugen vermag, deren es für seine Industrie bedarf. Ich glaube, in Rußland wird nur etwa ein Fünftel desjenigen Bedarfks an Baumwolle pro⸗ duziert, der für die hochentwickelte Baumwollenindustrie be⸗ steht. Unter diesen Umständen ist es für den deutschen Export von Rohbaumwolle nach Rußland gleichgültig, welcher Zoll dort erhoben wird, wenn wir nur mit anderen Staaten unter gleichen Be⸗ dingungen konkurrieren können, und diese gleichen Bedingungen sind dadurch erreicht worden, daß Rußland in dem Handelsvertrag die Differentialzölle für die Dauer des Vertrags aufgegeben hat. Unter diesen Umständen kann nicht davon die Rede sein, daß durch die Zoll⸗ erhöhung unser Export nach Rußland ruiniert ist, und der⸗Herr Vor⸗ redner wird sich aus meinen Darlegungen überzeugen, daß wir in dieser Beziehung bei den Handelsvertrags⸗Verhandlungen mit Rußland nichts versäumt haben.
„Abg. Broekmann (Zentr.) spricht sich für die Einführung eines Zolls auf Quebrachoholz im Interesse der Eichenschälwaldungen und der kleinen Gerbereien aus. nur Abg. Möller (nl.): Die Vorlage ist eine gute. Ich wünschte kur, die Regierung wartete nicht immer so lange mit der Befriedigung vet gewordener Wünsche. Was den russischen Vaumisolhen zelh be⸗ :fft, so berührt er unsere Industrie aus den von dem taatssekretäär dargelegten Gründen nicht. In der Presse
Handelsvertrags durch die russische Regie⸗ rung nicht immer zutreffend kritisiert. Zollkuriosa kommen überall vor; ich weiß aber aus verschiedenen Fällen, Reklamationen durch Vermittelung des Auswärtigen Amts in kürzester Zeit zur Zu⸗ friedenheit erledigt wurden. Die deutsche Industrie hat von dem Vertrag vorwiegend Nutzen gehabt. In der Landwirthschaft besteht ja Unzufriedenheit, und ich erkenne an, daß diese in der wirthschaft⸗ lichen Lage begründet ist, aber man sollte doch alle diese Fragen mit der größten Ruhe und ohne Leidenschaftlichkeit behandeln. Dasselbe möchte ich bezüglich der Fraße des Quebrachozolls empfehlen. Die ganze Produktion der Schälwaldungen beziffert sich auf 6 Mil⸗ lionen Mark. Demgegenüber steht ein Import von Eichenrindelohe von 9 ½ Millionen Mark, und weiter bedürfen wir eines Imports von anderen Gerbstoffen in Höhe von über 15 Millionen Mark, wovon das Quebrachoholz nur 1 900 000 ℳ ausmacht. Diese Zahlen führen die Sache auf ihre wirkliche Bedeutung zurück. Die Proben, welche hier ausgelegt sind, zeigen eine große Verschiedenheit der Qualität, wohl weniger wegen des verschiedenen Gerbstoffs als wegen des abweichen⸗ den chemischen Verfahrens, womit das Leder hergestellt ist. Denn einige große Betriebe sind zu einem Verfahren übergegangen, welches den Gerbstoff aufs äußerste ausnützt und unter Anwendun
konzentrierter Mittel das Leder in kurzer Zeit herstellt. Uebera
drängt die Entwickelung dahin, an die Stelle der alten Ver⸗ fahrungsweisen neue mit Hilfe der Ergebnisse der chemischen Wissen⸗ schaft zu setzen, selbst wenn dadurch eine geringere Qualität erzielt wird. Man trägt den Gegenstand kurze Zeit und wirft ihn, wenn er schadhaft wird, weg. So geschieht es auch mehr und mehr mit dem Schuhwerk in weiten Kreisen der Bevölkerung. Damit mässen wir rechnen. Die Entwickelung der Stahlindustrie, die Einführung des Thomasverfahrens hat ja auch viele Betriebe im Siegerlande geschädigt. Was die Vorlage anlangt, so kann ich mich mit dem hohen Zoll auf künstlichen Honig nicht einverstanden erklären. Er wird zur Leb⸗ und EE“ verwandt, und man vertheuert damit armen kindern ein Genußmittel. Auch die Frage der Margarine bedarf einer gründlichen Erörterung in der Kommission, weil es Bedenken egen sich hat, ein Nahrungsmittel des armen Mannes zu vertheuern. 89 beantrage die Ueberweisung der Vorlage an eine Kommission von 21 Mitgliedern.
Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Graf von Posadowsky:
Meine Herren! Ich will mir nur einige kurze Bemerkungen ge⸗ statten gegenüber den bisherigen Herren Vorrednern. Ich erkläre zu⸗ nächst, daß die Absicht dieser Novelle keine finanzielle ist, sondern daß die Novelle lediglich erlassen ist im Interesse der betheiligten Industrien und daß hierin ein Grund liegen wird, sine ira et
wird die Ausführung
studio ganz objektiv nach technischen Erwägungen über die Vorschläge
der verbündeten Regierungen Ihren Beschluß zu fassen.
Es ist von einer Seite, von dem Abgeordneten Buddeberg, be⸗ züglich der Vorschläge der Novelle, in Bezug auf die Nebenprodukte des Kakao gesagt worden, das einfachste Mittel, die Disparitäten zwischen dem Zoll auf Kakaobutter und dem Zoll auf gebrannten Kakao zu be⸗ seitigen, wäre die Ermäßigung des Kakaozolls. Ja, ein ähnlicher Einwand ist schon einmal gemacht worden bei der Zuckersteuer. Dort hat man mir gesagt, der einfachste Ausweg der Zuckerkrisis wäre, den Konsum zu vergrößern durch eine Verminderung der Zuckersteuer. Solche Vor⸗ schläge sind recht einfach. Ich frage aber wirklich: wie sollen in solchen Fällen die Ausgaben gedeckt werden? Kann ich denn Millionen aus der Erde stampfen? Und gerade in den gegen⸗ wärtigen Augenblicken, wo die Finanzen unzweifelhaft schwierige sind, kann man sich auf solche Wege ernsthaft überhaupt nicht einlassen.
Dann ist ferner irrthümlich von dem Herrn Abg. Buddeberg vom Zoll gesprochen, statt von innerer Steuer. Es handelt sich bei dem Aether und bei den Parfümerien zunächst nicht um eine Frage des Zolls, sondern darum, die einheimische Industrie bei ihrer Produktion in dieselbe Lage zu versetzen wie diejenige des Auslands, die mit steuerfreiem Spiritus arbeitet. Und wenn der Herr Abg. Buddeberg fragt: wo giebt es denn solchen Branntwein, der nicht versteuert ist? — so kann ich ihm antworten: in Deutschland selbst, im Zollausschußgebiet.
Dann ist ferner von dem Herrn Abgeordneten gesagt worden, wenn die jetzige Fassung der Anmerkung zum Holzzoll geändert würde, so würden wahrscheinlich die Sägemühlen in das Ausland gehen; das könnten sie thun, ebenso wie jetzt Sägemühlen aus dem Ausland in den Grenzbezirk des Inlands übergesiedelt sind, um den Nutzen, zollfreies Holz zu verarbeiten, sich zuzuschanzen. Aber wenn die Mühlen in das Ausland gingen, müßten sie nachher ihre fertigen Holzprodukte auch dem deutschen Eingangszoll unterwerfen. Was ferner die Behauptung betrifft, daß das Holz, was zollfrei in das deutsche Zollgebiet eingeht, nur im Grenzgebiet verwendet werden dürfe, so ist diese Behauptung eine irrthümliche. Es wird keine andere Kontrole geführt wie die, daß das Holz direkt aus dem ausländischen Walde kommt, eine Kontrole, die außerordentlich schwierig ist. Dann wird ferner verlangt der Nachweis, daß der Importierende im Grenz⸗ zollgebiet wohnt, und es wird endlich nach dem dreijährigen Durch⸗ schnitt sein Bedarf an Holz festgestellt; die fertigen Fabrikate kann er aber verkaufen, wo er will, und darin liegt meines Erachtens eine ganz ungerechte Differenzierung der Industrien, die an der Grenze wohnen, gegenüber denen im Inlande. Denn die Industrien an der Grenze genießen für ihre Bretter und fertigen Produkte ganz denselben Zollschutz wie die Binnenländer, obgleich sie ihre Produkte aus zollfreiem Holz gefertigt haben, während die binnenländischen Fabriken verzolltes Holz verarbeiten müssen.
Was ferner die Verwendung von Margarine zu künstlichem Speisefett betrifft, so scheint mir, als wenn die ärmeren Klassen besser daran thun würden, wenn sie nahrhafteres, reines Schweineschmalz ver⸗ wendeten statt dieses Kunstprodukts zweifelhaften Ursprungs.
Die Einwendungen des Herrn Abg. Möller gegen die höhere Besteuerung des ausgelassenen Honigs kann ich als begründet nicht ansehen. Wabenhonig scheidet schon deshalb aus, weil er zum industriellen Gebrauch wohl überhaupt nicht gelangt. Es handelt sich also nur um ausgelassenen Honig. Der ausgelassene Honig kann jedoch nach dem übereinstimmenden Urtheil der von uns angehörten Sachverständigen von Kunsthonig nicht unterschieden werden; und was heute in dieser Beziehung dagegen angeführt ist, ist ein vollständiges technisches Novum. Wenn der Herr Abgeordnete angeführt hat, daß bei der Vertheuerung des Naturhonigs durch erhöhten Zollschuz man in Zukunft nur Syrupkuchen und nicht Honigkuchen genießen, würde, so, glaube ich, ist das ein Zustand, der vielfach heute schon besteht. Denn es wird vielfach Syrup und Stärkezucker und nicht Honig zur so⸗ genannten Honigkuchenfabrikation verwendet.
Wenn der Herr Abg. Möller ferner zwei neue Wünsche vor⸗ getragen hat: erstens die anderweitige Zolltarifierung der halbgaren Schaffelle und zweitens die anderweitige Tarifierung der Reisstärke, so, glaube ich, werden dagegen die ernstesten Bedenken in landwirth⸗ schaftlichen Kreisen vorliegen. Es ist doch sehr zweifelhaft, ob die
Schaffelle, die von unserer Feinlederindustrie verwendet werden, nur ausländische sind. Es wird zwar von den Interessenten behauptet, daß die inländischen Schafe viel zu feine Poren hätten, und deshalb die Schaffelle so sein durchlöchert wären, daß sie für die Feinleder⸗Industrie nicht zu gebrauchen seien, es könnten dazu nur ausländische Schaffelle verwendet werden. Ob jedoch die Industrie nicht jeden Tag in die Lage kommen kann, durch technische Fort⸗ schritte auch inländische Schaffelle zu verwenden, das ist doch sehr zweifelhaft.
Was ferner die niedrigere Tarifierung der Reisstärke betrifft, so würde das unzweifelhaft für die Weizenstärke schädlich sein, kaum die Zustimmung der landwirthschaftlichen Kreise finden.
Ich komme nun, meine Herren, auf die Frage des Quebrachoholzes. Ich gestatte mir in dieser Beziehung zunächst zu bemerken, daß es sich bei dem Quebrachoholz um zwei verschiedene Fragen handelt: einer⸗ seits um eine zolltarifarische und andererseits um eine rein wirthschaftliche. Das Quebrachoholz kommt zu uns in 3 verschiedenen Gestalten: erstens in rohen Blöcken, zweitens zerkleinert in Würfeln und drittens wohl auch in Extraktform. Es ist richtig, daß in unserem autonomen Zolltarif das Quebrachoholz nicht besonders erwähnt ist. Im amtlichen Waarenverzeichniß kommt es aber vor unter den rohen Erzeugnissen zum Gewerbegebrauch, soweit es in Blöcken eingeführt wird, und unter Gerberlohe und Rinde, insoweit es zerkleinert ein⸗ geführt wird. Als Ertrakt eingeführt, würde es endlich ebenfalls unter die Nummer des Zolltarifs hingehören, wo sich die rohen Erzeugnisse zum Gewerbegebrauch befinden. Es müßte zolltarifarisch wohl als Droge behandelt werden. Man wird ohne weiteres zugestehen können, daß den Worten ein gewisser Zwang angethan ist, wenn man das zerkleinerte Quebrachoholz unter die Position Gerbrinde und Lohe bringt; denn darunter denkt man sich doch nur die äußere Umhüllung des Baumes in zerpulvertem Zu⸗ stand, während es sich bei Quebrachoholz in zerkleinertem Zustande um ein Produkt des Stammes handelt. Würde man aber in dieser Beziehung eine Aenderung des amtlichen Waarenverzeichnisses vor⸗ nehmen, so könnte man wiederum das zerkleinerte Quebrachoholz nur unter die Position 5 ℳ, Roherzeugnisse zum Gewerbegebrauch, bringen, da man es unter „Bau⸗ und Nutzholz“ unmöglich klassifizieren kann.
Bei dieser verschiedenen Form, in der das Quebrachoholz ein⸗ geführt wird, kommen deshalb in Betracht die Handelsverträge, erstens mit den Staaten, aus denen uns das Quebrachoholz zugeführt wird. Das sind das meistbegünstigte Argentinien, Paraguay und wahrscheinlich auch Uruguay; außerdem soll nach einer mir neuerlich gewordenen Mittheilung solches Holz auch aus Peru und Chile eingehen. Ferner kommen in Betracht diejenigen Staaten, in denen das Quebrachoholz einem Veredelungs⸗ oder Bearbeitungsprozesse unterworfen, sei es zerkleinert oder extrahiert wird; endlich diejenigen Staaten, durch die hindurch und aus deren freiem Verkehr es nach Deutschland eingeführt wird.
Meine Herren, schon aus dieser kurzen zolltarifarischen Erörterung werden Sie sich überzeugen, daß die Frage ziemlich schwierig liegt. Meines Erachtens ist dagegen gar kein Einwand zu erheben, daß der Reichstag auch bei Gelegenheit dieser Zolltarifnovelle eine Einführung des Quebrachozolls beschließt. Es würde das zunächst nur die akademische Bedeutung haben einer Aenderung unseres autonomen Zolltarifs. Welche praktische Wirkung wir aber in unseren inter⸗ nationalen Beziehungen einem solchen Beschluß geben können, steht auf einem ganz anderen Blatt. Ich gestehe ohne weiteres zu, es wäre möglich in dieser Richtung im Interesse des deutschen Schälwaldes Verhandlungen mit anderen Regierungen anzuknüpfen und auch die bisherige Gestaltung des amtlichen Waarenverzeichnisses einer nochmaligen kritischen Betrachtung zu unterziehen. Ich glaube aber, damit ällein wäre den Herren, namentlich auch den Herren Abgg. Freiherrn von Stumm und Broekmann, die so warm für die Interessen des Schälwaldes ein⸗ getreten sind, allein nicht gedient; man muß doch auch die wirthschaft⸗ liche Seite der Frage betrachten. Es steht zunächst fest, daß in den letzten 10 Jahren die mit Eichenschälwaldung bestellte Fläche sich in Deutschland um circa 2 % vermehrt hat. (Hört! hört!) Allerdings ist die Entwickelung des Eichenschälwaldes in einzelnen Theilen Deutsch⸗ lands eine sehr verschiedene gewesen. In Baden z. B. und in Olden⸗ burg hat eine außerordentlich starke Zunahme der mit Schälwald be⸗ standenen Flächeén stattgefunden. Es handelt sich um fast 43 % in Baden und in Oldenburg um 44 ½ %, während in Hannover und in Elsaß⸗Lothringen ein erheblicher Rückgang stattgefunden hat, in Hannover um 11 ½ %, in Elsaß⸗Lothringen um 24 %.
Meine Herren, der Grund Ihrer Anträge ist aber prinzipaliter nicht der, daß Sie der Grubengaren⸗Sohlenleder⸗Industrie aufhelfen wollen — ich glaube, das ist nur ein sekundärer Gesichtspunkt bei Ihnen —, sondern Sie wollen dem Schälwald helfen; Sie wollen also dafür sorgen, daß in größerem Maße als bisher Nachfrage nach deut⸗ scher Eichenlohe stattfindet und dadurch die Preise für die Produkte des deutschen Schälwaldes steigen.
Nun, meine Herren, ist schon im Jahre 1879 auf Veranlassung der Eisenbahnverwaltungen eine statistische Erhebung angestellt worden über den Umfang der Produktion an heimischer Gerberrinde, und es ist dabei ermittelt worden, daß diese Produktion etwa 920 000 bis 950 000 Doppelzentner beträgt; zu einem ähnlichen Resultat kommen auch andere sachverständige Quellen, dagegen ist in demselben Jahre 1879 schon fest⸗ gestellt worden, daß der Bedarf an Gerbermaterial in Deutschland 3 ¾ Millionen Doppelzentner beträgt (hört, hört!); eine andere Quelle giebt sogar diesen Bedarf auf 4 ¼ Millionen Doppelzentner an. Man darf wohl annehmen, daß seitdem der Bedarf noch wesentlich gestiegen ist. Sollte also der deutsche Schälwald den Bedarf an Gerber⸗ materialien decken, so würde er ungefähr seine Produktion, da er einen fünfzehn⸗ bis zwanzigfachen Umtrieb hat, vervierfachen müssen. Wenn der deutsche Schälwald hierzu nicht im stande ist, so fragt es sich: wer tritt an seine Stelle, wer deckt das übrigbleibende Bedürfniß? Nachdem im Jahre 1879 ein Zoll von 50 ₰ auf den Doppelzentner Eichenlohe gelegt wurde, ging der Import von Eichenlohe zunächst zurück, stieg aber demnächst gegen das Jahr 1884/85 von neuem. Im Jahr 1885 ungefähr begann zuerst der Import von Quebrachohold, der sich seit 1888 sehr bedeutend vermehrt hat, und man kann zur Zeit wohl sagen, daß der Rückgang der Preise für die Produkte des deutschen Schäl⸗ waldes vorzugsweise durch den Import des halb so theuren Ouebracho⸗ holzes herbeigeführt ist. Würde man nun das Quebrachoholz durch einen erheblichen Schutzzoll von 10 ℳ auszuschließen suchen, so würden die Produktionskosten pro 100 Kilo Leder ungefähr um 20 ℳ steigen. Es wird deshalb eventuell einer sehr eingehenden Prüfung