Geburts⸗ oder
Heimathsort.
Alberti, Heinrich, Böhm, Otto, Ehlert, Otto, Fübr. Adolpb, eheeb, Otto, Giesen, Karl, Haas, Jakob, ennemann, Franz, Adam,
Jordan, Joseph, Keil, Wolf, Kratz, Karl, Kreuter, Karl, Lohnes, kieveih Pascoe, Friedrich, — Joseph, Rödiger, Hugo, 8 Urschel, Hermann,
Weinedel, Georg, Werner, Otto, Wollweber, Alfred,
VII. In M
Becker, Theodor, Burmeister, Hans, Erdmann, Gustav, Evers, Albert, Femna⸗ Arthur,
einrici, Walter, Hälef. Ser
itsch, Morit, Rocholl, Max, Schmidt, Willy, Schneider, Kurt, Schwieger, Wilhelm, Varges, Johannes, Zernin, Eugen,
—,— - — — eoddSSOoohOUonr edde
VIII.
Abe, Eduard, Agner, Richard, Fischer, Paul,
örtsch, Hans,
uchs, Eduard,
iese, Max, Grüber, Carl, Junge, Carl, Klähre, Alfred, Lencer, Paul,
SOSoohag 8dd—
Matthes, Hermann, Müller, Friedrich, Runge, Franz, Schröder, Richard, Sönnichsen, Theod
Steindecker, Georg, Steuber, Carl, Weilinger, Hermann, Winckel, Wilhelm,
islich. Perl a. d. Mosel. Darmstadt.
Tiefenklein in
Bayern. Kastel. Darmstadt. Lich
rLich. EGießen.
8
8
Wald⸗Michelbach. 6
Gießen. Dieburg.
Berka a. d. Werra.
Steinwenden in Bayern. Danzig. Wiesbaden. Nieder⸗Ramstadt.
6 Rostock.
8
8
Badendiek.
Berlin. 8 Sondershausen.
Schwerin. Usedom.
Köln a. Rh. Wismar.
Arnsberg. Kammermark
Altona. Schwerte.
IX. In Braunschweig.
Burkardt, Joseph Peter, Otto Hans Reinhold, Riemann, Conrad Hermann Werner,
Im Großherzogthum Sachsen und den sächsischen Herzogthümern.
Westenfeld (Sachsen⸗ Meiningen).
Wasseralfingen “
Neustadt in est⸗ preußen.
Elbing.
Berlin.
Groß⸗Glogau
Müncheberg.
Pferdingsleben (Sachsen⸗Coburg und Gotha).
Eisenach.
Doberan. ürstenberg.
Sütttin, p ide rovinz Schleswig⸗Hol⸗ stein).
Cassel.
Worbis.
Stadt⸗Sulza.
Ellenserdamm (Oldenburg).
Montigny b. Metz.
Zorge a. H.
Oberförsterei Sad⸗ low b. Bischofs⸗ burg (Ostpr.).
Schmidt, Carl Auguft Friedrich Maria, Schwerin i. Meckl.
Sieeloff, Ernst Theodor sed. von Toenges, Hugo Friedri Ulrich, Ernst Wiebelitz, Hans Eduard August Zahn, Franz Friedrich Carl,
Gebenroth, Rudolph,
berkorn, Paul, aushalter, Karl,
Hauth, Alfred,
Hornus, Karl,
Levy, Alfred, Rlch. Senh Joseph, Riehl, Achille,
Schattner, Gustav, ck, Emil,
90o2 802 ¶ 22 88α —
udolf Gerhard Albrecht,
V
X. In Elsaß⸗Lothringen Carbiener, Alfred,
Erichson, Paul,
Tilsit in Ostpreußen. Braunschweig. Braunschweig. Magdeburg. Braunschweig.
83
Geispolsbeim im Unter.Elsaß.
Kaysersberg im Ober⸗ Els⸗
saß. Ichtershausen (Co⸗ burg⸗Gotha). Markirch. Niederbetschdorf im Unter⸗Elsaß. Hellringen in Loth⸗ Meüagen. eißenburg. M
etz. Bistzweiler Kaysersberg im Ober⸗ Elsaß.
Schaffhausen im Unter⸗Elsaß. 5
Pfalzburg.
Entscheidungen des Reichsgerichts. Nach Art. 176 Abs. 3 des Handelsgesetzbuchs ist in der An⸗
meldun gesellse
des Gesellschaftsvertrags einer Kommandit⸗ aft auf Aktien behufs Eintragun
in das Handelsregister die Erklärung abzugeben, daß auf jede Aktis 21
e, soweit nicht andere
als durch Baarzahlung zu leistende Einlagen gemacht sind, der ein⸗ eforderte Betrag baar eingezahlt und im Besitze der per⸗
önlich haftenden Gesellschafter destens † des Nominalbetrages umfassen.
sei. Die Einforderung muß min⸗ In Bezug auf diese Be⸗
stimmung hat das “ II. Strafsenat, durch Urtheil vom
12. Juli 1894 ausgespro
en, daß die erwähnte Erklärung auch dann
falsche Angaben rücksichtlich der Einzahlung des Gesammtkapitals
der Kommanditisten enthält
und aus Art. 249 a Nr. 1 des Handels⸗
gesetzbuchs zu bestrafen ist, wenn zwar nicht auf jede einzelne Aktie Ein⸗
hlungen geleistet sind, aber doch durch die Summe aller eingezahlten Beträbe der von sämmtlichen Aktien eingeforderte Betrag gedeckt ist. „Der erste Richter ist davon ausgegangen, daß es nach der orschrift des Art. 176 Abs. 3 H.⸗G.⸗B. nicht genüge, wenn die Gesammt⸗ summe der Einzahlungen die eingeforderten Beträge repräsentiere, vielmehr diese Beträge auf jede einzelne Aktie eingezahlt sein müßten. Diese Auslegung steht völlig im Einklang mit dem Wortlaut und Zweck des Gesetzes, welches in der Erwägung erlassen ist, daß zu geringe Einzahlungen keine genügende Gewähr für die spätere Ein⸗ zahlung des ganzen Grundkapitals bieten, solche Gründungen, welche zum Zweck der Agiotage unternommen werden, begünstigen, und in Kreisen, die sich mit Rücksicht auf ihr Vermögen und ihre Geschäfts⸗ unkenntniß von Aktienunternehmungen fern halten sollen, in der Hoffnung auf schnelle Weiterübertragung des Aktienrechts zu leicht⸗ sinnigen Zeichnungen verleiten.“ (2376/94.)
— Bei einer Körperverletzung mittels einer Waffe wird, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Strafsenats, vom 24. Sep⸗ tember 1894, der Vorsatz nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Thäter sich versehentlich einer gefährlicheren Waffe, als er beabsichtigt hatte, dabei bedient und demzufolge eine erheblichere Ver⸗ 2122. als beabsichtigt, zufügt. — Herr von S. hatte in der event. Absicht, den vor ihm fliehenden V. mittels eines Schrotschusses körperlich zu verletzen, sein mit mehreren geladenen Läufen versehenes Gewehr gegen V. abgefeuert, dabei jedoch sich im Lauf vergriffen, statt eines nur mit Schrot geladenen, einen mit einer Kugel ge⸗ ladenen Lauf abgeschossen und dadurch dem V. nicht unerhebliche Ver⸗ letzungen zugefügt. Herr von wurde wegen gefährlicher Körperverletzung verurtheilt. Die Revision des ngeklagten wurde vom Reichsger icht verworfen, indem es begründend ausführte: „ Der hier untergelaufene Irrthum betrifft weder das Objekt no die Substanz der Handlung selbst, sondern lediglich für das Delikt unwesentliche, dessen objektiven wie subjektiven Thatbestand nicht berührende Nebenumstände. Wenn trotzdem die Revision geltend macht, mit einem Schrotkorn würden sich niemals solche haben bewirken lassen, wie sie V. durch die Kugel erlitten hat, so übersieht sie, daß die objektive Er⸗ heblichkeit solcher Verletzungen immerhin bei der Strafabmessung eine Rolle spielen mochte, fuür den Thatbestand selbst aber begrifflich absolut irrelevant war. Angeklagter unterlag der Strafandrohung der §§ 223, 223a Str.⸗G.⸗B. nicht, weil er gerade die konkreten, dem V. thatsächlich zugefügten Verwundungen, Knochenverletzungen ꝛc. gewollt hat, sondern weil sein Vorsatz überhaupt auf Kö gerichtet war.“ (2527/94.) 1
Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.
Ist ein Bau auf Grund eines ordnungsmäßig ertheilten Kon⸗ senses bereits begonnen, so hat, nach einem Urtheil des Ober⸗ Verwaltungsgerichts, IV. Senats, vom 28. November 1894, der Bauende ein Recht auf Weiterführung und Vollendung des genehmigten Baues; eine nachher eingetretene Veränderung des Rechts⸗ zustandes, welche eine Versagung des Baukonsenses rechtfertigen würde, hat für ihn in der Regel keine Geltung. — Unter dem 28. Februar 1891 war der Handelsgesellschaft R. zu M. von dem zuständigen Amtsvorsteher auf Grund der Polizeiverordnung der Königlichen Re⸗ gierung zu Magdeburg vom 2. April 1875 die Genehmigung ertheilt worden, auf ihrem in der Gemeindeflur G. liegenden Acker ein Pulverhaus zu errichten. Die Handelsgesellschaft begann auf dem Bauterrain mit dem Erdeauswerfen zu dem Bau. Ehe sie aber mit ihren Bauarbeiten weiter kam, zog der Amtsvorsteher durch Verfügung vom 16. August 1891 die ertheilte Baugenehmigun wieder zurück, weil er inzwischen zu der Ueberzeugung gelangte, daß der in einer Entfernung von 77 m an der Baustelle vorbeiführende Weg ein öffentlicher sei. Diese Verfügung wurde durch Endurtheil des Ober⸗Verwaltungsgerichts vom 16. Mai 1893 außer Kraft gesetzt, indem festgestellt wurde, daß der gedachte Weg nicht die Eigenschaft eines öffentlichen habe, der Amtsvorsteher aber nach § 2 der maßgebenden Verordnung nicht berechtigt sei, die Genehmigung zu versagen, weil ein Privatweg innerhalb der Ent⸗ fernung von 225 m an der Baustelle vorbeiführe. Auf Veranlassung des Amtsvorstehers wurde hierauf jener Privatweg in einen öffent⸗ lichen umgewandelt, und jetzt erließ er an die Handelsgesellschaft eine Verfügung, in welcher er die Anlegung des Pulverhauses verbot, weil nunmehr der fragliche Weg ein öffentlicher geworden sei. Auf die Klage der Handelsgesellschaft gegen den Amtsvorsteher wurde die Verfügung desselben von dem Bezirksausschuß in der Berufungsinstanz aufgehoben. Die Revision des eklagten wurde vom Ober⸗Verwaltungsgericht zurückgewiesen, indem es begründend ausführte: „Die Klägerin hat sich darauf berufen, daß der Bau des Pulvermagazins bereits vor Erlaß der Verfügung vom 16. August 1891 begonnen sei, und daß ihr deshalb ein Recht zustehe, den Bau fortzusetzen. Dem ist beizupflichten. Es leidet nach dem Inhalt der Akten keinen Zweifel, daß die Klägerin zu der ge⸗ nannten Zeit auf Grund der ihr ertheilten polizeilichen Genehmigung jedenfalls mit der Ausschachtung, mit den Erdarbeiten zu dem Bau be⸗ gonnen hatte, was genügt, um darin den Beginn der Ausführung des Baues zu Lecgn. Ist aber so mit dem Bau auf Grund eines ordnungsmäßig ertheilten Konsenses bereits begonnen, der Bau also in der Ausführung begriffen, so kann eine nachher eingetretene Veränderung des Rechts⸗ zustandes in der Regel keine Geltung für ihn haben. Die Klägerin hatte demnach insofern ein Recht auf Weiterführung und Vollendung des CEEE erworben, als der durch die spätere Erklärung des Weges zu einem öffentlichen geschaffene neue Rechts⸗ zustand für den in Ausführung bepßifmn Bau eine Wirkung nicht haben kann. Das Bauverbot des Beklagten setzte sich deshalb mit dem bestehenden Recht in Widerspruch.“ (IV. 1466.)
Kunst und Wissenschaft.
In der Januar⸗Sitzung der Anthropologischen Gesellschaft wurde der Ausschuß für das Geschäftsjahr 1895 neu gebildet. Gewählt wurden die Herren Geheimer Regierungs⸗Rath, Professor Dr. Adolf Bastian, Dr. Paul Ehrenreich, Geheimer Regierungs⸗ und Stadtrath E. Friedel, Dr. Fedor Jagor, Professor Dr. W. Joest, Geheimer Regierungs⸗Rath, Professor Dr. von Kaufmann, Sanitäts⸗Rath Dr. Lissauer, Privatdozent F. von Luschan, Professor Dr. Karl von den Steinen.
„Der Vorsitzende, Geheime Medizinal⸗Rath, Professor Dr. Rudolf Virchow machte zunächst folgende Mittheilungen: Am 12. Februar feiert die wenige Monate nach der hiesigen Gesellschaft begründete Wiener metöranalogisce Gesellschaft ihr 25jähriges Jubiläum, zu der an die Berliner Schwestergesellschaft eine Einladung ergangen ist; durch den Geheimen Medizinal⸗Rath, Profestor Dr. Waldeyer, den zweiten Vorsitzenden der Berliner, gleichzeitig ersten Vorsitzenden der Deutschen anthropologischen Gesellschaft, und durch den Sanitäts⸗ Rath Dr. Bartels, den Schriftführer der hiesigen cügrcbehes h. Gesellschaft, wird Berlin offiziell in Wien vertreten sein. — Aus Breslau wird die Bildung einer Schlesischen Gesellschaft für Volks⸗ kunde gemeldet.
Geheimer Rath Virchow sprach sodann über die archäolo⸗ gische Konferenz in Serajewo vom August 1894, an welcher der Vortragende zusammen mit dem Direktor der vaterländischen Abtheilung des Museums für Völkerkunde Dr. Albert Voß theil⸗ genommen hat. Seitdem das Land durch den Berliner Frieden unter österreichische Verwaltung gekommen, ist eine große Menge gemein⸗ nütziger Anstalten geschaffen worden. Schulen aller Art sind begründet, neue ausgezeichnete Krankenhäuser, Bäder, Kirchen für alle Kon⸗ fessionen gebaut worden. Ein naturwissenschaftliches, ein prähistorisches, ein historisches Museum und ein Museum für Volkstrachten sind er⸗
standen, in denen man einen vollständigen Ueberblick gewinnt über das was in Bosnien war und ist. Auch zwei starke Bände Abhandlungen, die das vorhandene Material zusammenfassen, sind bereits erschienen, Der erste Band ist präbistorisch, der zweite mittelalterlich und volke⸗ kundlich; ein dritter Band ist in Aussicht gestellt. Alle Beamten, mit denen die Mitglieder der Konferenz zu thun hatten, waren gegen die sehr zuvorkommend, sodaß es möglich wurde, in dem kurzen
eitraum von acht Tagen ungemein viel zu sehen und kennen zu lernen.
Archäoiogisch sind im Lande besonders zwei Plätze wichtig: der eine in der Ebene von Serajewo, der andere hoch im Gebirge bei Glastnatz auf dem Hochplateau, wo 20 000 Gräber gelegen sind. Für die allgemeine europäische Geschichte sind beide Stätten von großer Bedeutung: es handelt sich hierbei vor allem auch um die Frage, in⸗ wieweit dort halbgriechischer Einfluß in der Entwickelung europäischer Kultur nachzuweisen und ob dieselbe auf dem Landwege durch Thessalien, Thracien dorthin eingeführt ist. In einem Tumulus wurde vor einiger Zeit ein Bronzewagen gefunden: man glaubt, an dem Wagen direkte Beziehungen zu Hellas nachweisen zu können. Daß der griechische Einfluß über die Gebirgspässe Peh den een, sei aber nicht wahrscheinlich, da die Griechen das Adriatische Meer bis zu den Venetern bin befahren haben. Andererseits könne es kaum zweifelhaft sein, daß
ier eine alte Kultur selbständiger Art bestanden habe, wie in Italien, Dirrektor Dr. Voß ergänzte den Vortrag durch Vorlage von Gräber⸗ funden, die das Königliche Museum für Völkerkunde von dorther er⸗ worben hat: vortreffliche keramische Arbeiten, u. a. solche mit merk⸗ würdigen Bandornamenten, die Punktierungen in einer oder mehreren Linien zeigen.
Geheimer Rath Virchow gab sodann kraniologische Mittheilungen zur Anthropologie der Süd⸗Afrikaner“, der Wahehe, Wassandani und Buschmänner auf Grund ihm von dort übersandter Schädel. Selbst solche vereinzelte Exemplare bezeichnete der Vor⸗ tragende als für die Forschung sehr werthvoll, und es sei deshalb zu wünschen, daß unsere Landsleute in Afrika häufiger Veranlassung nähmen, Schädel der dortigen Eingeborenen einzusenden.
Ueber einen von dem niederländischen Militärarzt Dubois entdeckten großen menschenähnlichen Affen“ sprach Professor Dr. Wilhelm Krause. Dubois stütze seine Ansichten, so führte Redner aus, durch drei auf Java in einem Flußbett, im oberen Pleistocän gefundene, sehr alte Knochen, die einer Zeit angehören, welche hinter unserer Eiszeit liegt. Zunächst hat man den Zahn einer Art von Gibbon gefunden, dann 1891 das Schädeldach eines großen Affen, dessen Raum nach Dubois' Rechnung 1000 cem ausmache, also dem Kubikinhalt des Schädels der Wahehe z. B., der 1055 betrage, sehr nahe stehe, während der des Orang nur auf 500 sich beziffert. Im Jahre 1892 endlich wurde ein Oberschenkelknochen gefunden. Während das Schädeldach von dem Zahn 1 m entfernt lag, befand sich der Oberschenkelknochen davon in einem Abstand von 15 m. Dubois berechnet nun in der kürzlich von ihm hierüber herausgegebe⸗ nen Schrift eine Größe des Thieres von 1,70 m, nimmt einen aufrechten Gang und aufgerichtete Kopfhaltung an. Der Zahn sei zweifellos ein Affenzahn, wenn er auch wie ein Menschen⸗ zahn aussehe. Das Schädeldach, 100: 70 Länge zur Breite, habe wohl 900 ccom Kapazität und sei dolichocephal: es gehöre offenbar einem großen Affen an, habe aber keine Hervorragungen. Der Oberschenkelknochen sehe aus wie der eines Mernschen, zeige aber eine Exostose, eine große Kgnochengeschwulsft. Professor Krause meint nun: was Dubois konstruiert hat, sei ein menschlicher Rumpf mit einem Affenkopf; denn es sei nicht erwiesen, daß der Affenkopf wie der Zahn mit dem 15 m entfernt gefundenen Ober⸗ schenkelbein zusammengehören. Immerhin sei die Entdeckung Dubois eine bedeutende: er habe 1) einen großen Affen entdeckt, mit ungewöhnlich großem Gehirn, mehr menschenähnlich als alle bisher bekannten Affenschädel; 2) habe er Menschenknochen entdeckt, die vielleicht die ältesten bisher bekannten sein dürften. Es sei sehr wünschenswerth, daß diese merk⸗ würdigen Funde von Java nach Amsterdam gebracht und hier in Europa noch genauer wissenschaftlich untersucht würden. Auch Professor Dr. Waldeyer ist der Ansicht, daß der Schädel am meisten zur Hylobates⸗Art stimme. Ebenso ist Professor Virchow überzeugt, daß das Schädeldach einem Affen angehörte; den kubischen Inhalt feache . aber nach zwei Dimensionen zu berechnen, sei ganz unstatthaft.
Handel und Gewerbe,
Vom oberschlesischen Eisen⸗, und Zinkmarkt berichtet die „Schles. Ztg.“: Auf dem oberschlesischen Eisenmarkte war in der letzten Berichtswoche eine Aenderung der bisherigen Lage nicht zu ver⸗ zeichnen. Die Roheisenproduktion hat eine weitere Einschränkung zwar nicht erfahren, doch hat der Absatz im In⸗ wie Ausland mehr ab⸗ als zugenommen. Die Bestände an Gießerei⸗ wie Puddelroheisen haben bereits eine beträchtliche Höhe erreicht, und wenn sich der Bedarf nicht bald hebt, so dürfte eine Verminderung der im Feuer stehenden Hochöfen kaum zu vermeiden sein. — Die Walz⸗ werke sind nach Beendigung der Inventur infolge zahlreicher eingehender Aufträge aus dem Inland etwas besser beschäftigt, doch nicht in ausreichender und befriedigender Weise. Der ober⸗ schlesische Walzwerkverband, welcher am 17. d. M. in Königshütte seine Generalversammlung abhielt, hat in Rücksicht auf die gegen⸗ wärtig obwaltenden ungünstigen Absatz⸗ und Konkurrenzverhältnisse an den bisherigen verlustbringenden Preisen keine Aenderung eintreten lassen. Das Geschäft in Grob⸗ und Feineisen vollzieht sich aͤußerst matt; nur die mittleren Walzeisensortimente begegnen noch einiger⸗ maßen befriedigender Nachfrage. Die Blechwalzwerke befinden sich in keiner günstigeren Lage, weil sie bei verlustbringenden Preisen eben⸗ falls ungenügend beschäftigt sind; es fehlt sowohl für Fein⸗ wie für Grobbleche an Fessnen Aufträgen, und besonders nach Rußland hat der Absatz sehr nachgelassen, Die Stahlwerke ruhen fast gänzlich. Selbst die kleineren Stahlfabrikate sind zu wenig ge⸗ fragt, um einen regelmäßigen und lohnenden Betrieb aufrecht erhalten zu können. Bei den Maschinen⸗ und Kesselfabriken hat sich der Be⸗ schäftigungzgead nicht gebessert, und auch die Eisenkonstruktions⸗ und
eparatur⸗Werkstätten sind mit Aufträgen nur mäßig versehen. In der Lage der Röhrenwalzwerke, Draht⸗ und Nägelwerke hat sich nichts geändert; dieselben arbeiten weiter auf Vorrath. — Die Gießereien fristen meistentheils ihr Dasein von heut zu morgen; nur die fiskalische Gießerei in Gleiwitz wird seitens der fiskalischen Berg⸗ werte mit Aufträgen noch ziemlich versehen. Ebenso sind diejenigen Eisengießereien noch in besserer Lage, die auf fremde Kundschaft weniger angewiesen sind. — Auf dem Zinkmarkt ist in verflossener Woche eine Aenderung nicht bekannt geworden. Zum Preise von 28 ℳ Breslau, aber schwerlich darunter, dürften gute gewöhnli Marken abgegeben werden. Georg von Giesche's Erben W. H.⸗Marke ist in größeren Posten à 30 ℳ, in kleineren zu etwas besserem Preise umgegangen. Für Zinkweiß und Zinkstaub ist, wie alljährlich in den Wintermonaten, die Nachfrage gering. Ebenso ist das Geschäft in Blei und Bleifabrikaten gegenwärtig sehr ruhig.
St. Petersburg, 25. Januar. (W. T. B.) Der russische Müllerkongreß wurde heute durch den Direktor des Handels⸗ Parlaments, Kowalewski, mit einer Rede eröffnet, in der er den Kon⸗ greß im Namen des Finanz⸗Ministers begrüßte und dessen Aufgaben und seine Bedeutung für die Verwirklichung einer regulären 8568 russischen Mehls erläuterte. Der Kongreß drückte dem Minister seine Dankbarkeit für die Theilnahme an dem Müllereigewerbe und die Ein⸗ berufung des Gewerbes aus. Behufs Erledigung des Programms bildete die Versammlung eine technische, eine ökonomische und eine Organisations⸗Kommission.
Bei dem Departement für Eisenbahn⸗Angelegenheiten wurde unter Theilnahme von Vertretern der Landwirthschaft und des Müllereigewerbes eine Kommission gebildet behufs Revision der Eisenbahntarife für den Transport von Mehl im direkten und inneren Verkehr.
Dem Vernehmen nach ist beschlossen worden, bis zum Jahre 1898 allmählich den Seezolltarif Finlands mit dem des Ee⸗ sammtreichs gleichzustellen.
8 e *
2*
heranzutreten;
8
en Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
Dentscher Reichstag. 23. Sitzung vom Freitag, 25. Januar.
Auf der Tagesordnung steht die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die privatrechtlichen Verhält⸗
nisse der Binnenschiffahrt.
Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts Nieberding:
Meine Herren! Die Vorlage über die Binnenschiffahrt und in Verbindung damit diejenige über den Flößereiverkehr sind Vorläufer. und, ich darf auch wohl sagen, ein Stück des großen Gesetzgebungs⸗ werks über das bürgerliche Recht, welches, wenn unsere Erwartungen in Erfüllung gehen, im Laufe des nächsten Jahres den Reichstag be⸗ schäftigen soll. Wenn wir gegen das ursprüngliche Arbeitsprogramm, wonach auch die Binnenschiffahrt ihre Regelung finden sollte im Rahmen des bürgerlichen Rechts, jetzt mit einer gesonderten Vorlage hierüber vorausgehen, so hat das mehrfache Gründe. Zum theil liegt jes darin, daß die Arbeiten für das Bürgerliche Gesetzbuch sich doch längere Zeit hinaus erstreckt haben, als bei der Aufstellung des Arbeitsprogramms für dieses Werk vorausgesehen werden konnte; dann liegt es aber auch in der besonderen rechtlichen Lage des Binnenschiffahrtsverkehrs und in den dringenden Wünschen der an diesem Verkehr interessierten Kreise. Ich glaube, man darf sagen, daß es kein Gebiet des bürgerlichen Rechts bei uns giebt, welches so viel Rechtsungleichheiten, Rechtsunklarheiten und, ich möchte sagen, eine solche Rechtsunordnung aufweist, wie dasjenige des Binnen⸗ schiffahrtsrechts. Wir haben für einzelne Ströme internationale Ver⸗ träge, welche Theile des Stromrechts, und diese Theile auch nur ungenügend, regeln. Wir haben ferner gewisse landesrechtliche Vor⸗ schriften, die sich auf den Stromverkehr beziehen und die den Strom⸗ verkehr, je nachdem das Wasser den einen oder den anderen Staat durchläuft, verschieden behandeln. Wir haben endlich Rechtsverhält⸗ nisse, die in dem bestehenden Recht überhaupt keine Regelung finden und die an den Gerichtshöfen infolge dessen nothgedrungen nach einem ziemlich weitgehenden und eben deshalb auch nicht unbedenklichen Er⸗ messen abgeurtheilt werden. Diesen Verhältnissen gegenüber steht ein Verkehr, der jedes Jahr mehr sich zu früher ungeahnten Dimensionen entwickelt, und Sie werden begreifen, wenn die Kreise, die an diesem Verkehr betheiligt sind, die Mängel des bestehenden Rechts und, ich wiederhole es, die Unordnung des geltenden Rechtszustands, worunter
sie leiden, schwer empfinden und dringend nach Abhilfe rufen. In der
That, meine Herren, kann man sagen, daß das Binnenschiffahrts⸗ recht von den gesetzgebenden Faktoren in Deutschland bis dahin recht stiefmütterlich behandelt worden ist. Daß hier eine Regelung noth thut, wurde bereits bei der Schaffung des deutschen Handelsgesetz⸗ buchs erkannt, und man beschloß damals auch, an diese Regelung allein dem guten Willen folgte die That Schwierigkeiten, welche bei der Schaffung des s zu, überwinden gewesen sind, waren schließ⸗ groß geworden, daß der Muth und die Kraft
„ um an eine neue Aufgabe der Gesetzgebung, trotz ihrer Dringlichkeit, heranzutreten, und so, meine Herren, ist es, obwohl vor mehr als 30 Jahren das Bedürfniß einer legislatorischen Regelung erkannt wurde, doch bis auf den heutigen Tag bei dem alten Rechts⸗ zustande verblieben. Was damals vor 30 und mehr Jahren er⸗ tragen werden konnte, ist heute unerträglich geworden; die Ver⸗ hältnisse unseres Schiffsverkehrs hatten sich in einer Weise erweitert,
Die
entwickelt und umgestaltet, wie niemand es in jenen Jahren voraussehen
konnte. Die Verbesserung unserer Wasserstraßen, der Ausbau unseres
Kanalnetzes, die Fortschritte der Technik, welche zu immer größeren Schiffsbauten drängen, die
Entwickelung des Dampfschiffverkehrs, welche Kahn und Segelschiff immer mehr in den Hintergrund chieben, alle Verbesserungen der Tauerei und Ketten⸗Schiffahrt, mit
denen die Dampfer arbeiten — all dieses hat in unseren Schiffahrts⸗ verhältnissen auf den Strömen und Seen ein vollständig verändertes
Bild geschaffen, und wie gewaltig die Entwickelung auf diesem Gebiete gewesen ist, wollen Sie aus ein paar Zahlen erkennen über ie Zunahme des Schiffsverkehrs in den letzten 15 Jahren.
Während im Jahre 1877, wo eine statistische Aufnahme des Binnenschiffahrtsverkehrs stattfand, die Tonnenzahl sämmtlicher auf den Strömen verkehrender Schiffe sich auf 1 377 000 belief — abge⸗ undet —, stellte sich bei der letzten Aufnahme des Jahres 1892 die Tonnenzahl auf 2 760 000, also auf mehr als das Doppelte, und während die Zahl der auf den Strömen Deutschlands verkehrenden
Dampfer im Jahre 1877 nur 570 betrug, war diese Zahl im Jahre
892 gestiegen auf 1530, also auf fast das Dreifache. Sie werden s verstehen, wenn die Interessentenkreise bei einem so riesig ge⸗ wachsenen Verkehr dringend wünschen, endlich zu einer geregelten Rechtsordnung zu gelangen.
Es war für die verbündeten Regierungen nicht schwer, an diese
Regelung heranzutreten; denn aus den Kreisen der Betheiligten selbst waren in den letzten Jahrzehnten Arbeiten geliefert worden, die diese
Regelung vorzubereiten bezweckten und in einer gründlichen und ge⸗ iegenen Weise vorzubereiten auch geeignet waren. Bereits in den echziger Jahren hatte der deutsche Handelstag sich mit den ein⸗ chlagenden Verhältnissen befaßt und durch eine Kommission den
Entwurf eines Schiffahrtsgesetzes für den Binnenstromverkehr auf⸗
stellen lassen. Am Ende der achtziger Jahre ergriffen die rheinischen Handelskammern die Initiative, um auf diesem Wege weiter zu gehen, indem auf ihre Veranlassung eine Anzahl von Delegirten zusammentrat und abermals, vorzugsweise angepaßt an die Bedürfnisse und aufgestellt nach den Erfahrungen des Rhein⸗ stromverkehrs, den Entwurf eines Binnenschiffahrtsgesetzes aufstellten, und ihnen schloß sich Anfang der neunziger Jahre der deutsche Verein für die ⸗Hebung der Kanal⸗ und Flußschiffahrt an, indem er durch sachverständige Vertrauensmänner den Entwurf einer Betriebs⸗ ordnung für die östlichen Ströme, also vorzugsweise für die Elbe, die Oder und die Weichsel, aufstellen ließ, welche dazu dienen sollte, der Ordnung der Frachtverhältnisse unter den Betheiligten zu Grunde
Berlin, Sonnabend, den 26. Januar
gelegt zu werden, so lange als ein einheitliches Frachtrecht für die Ströme nicht geschaffen war.
Alle diese Arbeiten, meine Herren, waren nicht nur ein beredtes Zeugniß für das dringende Bedürfniß einer gesetzlichen Regelung, wie es in den nächstbetheiligten Kreisen empfunden wurde, sondern auch eine geeignete Grundlage, auf welcher die verbündeten Regierungen ihren Entwurf aufbauen konnten. Nichtsdestoweniger haben sie es für nöthig gehalten, diesen neuen Entwurf, um ihn nach allen Seiten den praktischen Verhältnissen, namentlich auch West⸗ und Süd⸗ weutschlands, anzupassen, einer erneuten Sachverständigenprüfung zu unterziehen, und sie haben deshalb vor Jahr und Tag zunächst eine große Kommission von Vertrauensmännern des Handelsstandes, des Schiffahrtsgewerbes und der an dem Verkehr betheiligten Versiche⸗ rungszweige berufen, um mit ihnen den Entwurf zu erörtern. Die auf diese Weise geschaffene Arbeit ist demnächst nochmals an die Oeffentlichkeit gebracht worden, um auch auf diesem Wege neue Mittel der Prüfung und Kritik zu gewinnen.
Im großen und ganzen, meine Herren, stellte sich die öffentliche Meinung dem Entwurf günstig gegenüber; nach einer Seite hin stieß er aber auf mancherlei Bedenken, und das veranlaßte die Reichsverwaltung, noch einmal eine Enquste über seinen Inhalt zu veranstalten. Die Bedenken, die gegen den Entwurf erhoben wurden, bezogen sich auf die Regelung der Verhältnisse des Kleinschiffahrt⸗ verkehrs. Meine Herren, der Stromverkehr auf unseren Flüssen be⸗ wegte sich bis etwa vor zwei Jahrzehnten in den engen Grenzen eines Kleinschiffahrtverkehrs, der hauptsächlich sich vollzog durch Schiffahrtskähne, die einzeln oder zu mehreren im Eigenthum von Privatinteressenten sich befanden. Es hatte sich auf dieser Einrichtung ein ehrenwerther Stand von Kleinschiffern entwickelt, der in zahlreichen kleinen Orten des Stromnetzes seine Niederlassungen besitzt. Aber, meine Herren, unter der gewaltigen Entwickelung, die wir in den letzten Jahren erlebt haben, eines großen Verkehrs auf den Strömen, an den man früher nicht dachte, unter dem Einfluß einer Technik, die zu immer größeren Schiffsbauten drängt — Anforderungen, denen der Kleinschiffer nicht genügen kann — unter der Entwickelung endlich des Dampfschiffahrtverkehrs mußte die Stellung der Kleinschiffer von Jahr zu Jahr schwieriger werden, und es ist nicht zu verkennen, daß unter den gegenwärtigen Zuständen die Aufgabe, ihre Existenz in dem alten Gewerbe aufrecht zu erhalten, eine recht bedrückte ist. Meine Herren, die verbündeten Regierungen haben es für ihre Pflicht gehalten, auch nach dieser Seite hin die Verhältnisse sorgsam zu er⸗ wägen, und, soweit es irgend möglich erschien, der beson⸗ deren und schwierigen Stellung der Kleinschiffer Rechnung zu tragen. Um dies mit voller Sachkenntniß thun zu können, haben sie eine Anzahl von Kleinschiffern, Vertrauens⸗ männern dieses Gewerbes, vorzugsweise aus dem Oder⸗ und Elbestrom⸗ gebiet, auf dem die Kleinschiffahrt vor allem sich bewegt, einberufen, um mit diesen Männern den Entwurf nochmals zu berathen; und die Ergebnisse dieser Berathungen einschließlich der von der Oeffent⸗ lichkeit an dem Entwurf“ geübten Kritik liegen nunmehr vor Ihnen. Im Bundesrath selbst hat der Entwurf Abänderungen von größerer prinzipieller Tragweite nicht erfahren. Er hat nur eine formelle Abänderung insofern erfahren, als dasjenige Material, welches früher in einem Entwurf zusammengefgßt war und die Schiffahrt und Flößerei gleichzeitig umfaßte, jetzt in zwei Entwürfe getrennt ist — vorzugsweise aus dem Wunsche heraus, den Flößerei⸗Interessenten, welche im allgemeinen nicht gewöhnt sind, sich mit dem Studium der Gesetze zu befassen, die Kenntnißnahme der sie betreffenden ge⸗ setzlichen Bestimmungen mehr zu erleichtern.
Nun, meine Herren, der Entwurf umfaßt ein so großes Gebiet rechts⸗ und gewerbetechnischer Bestimmungen, daß ich es nicht für richtig halte, auf das einzelne in diesem Augenblick einzugehen. Ich möchte den materiellen Inhalt der Vorlage nur nach einer Richtung hin hier berühren. Der Entwurf liegt auf dem Gebiet des bürger⸗ lichen Rechts, ist vornehmlich bestimmt, Privatrechtsverhältnisse zu ordnen. Er ist eben ein Theil des bürgerlichen Rechts und hält sich infolge dessen auch im großen und ganzen in den Grenzen, die da⸗ durch gegeben sind. Er regelt die Rechte des Eigenthümers der Schiffe, der Kapitäne und sonstigen Offiziere, der Schiffs⸗ mannschaften, er regelt die Rechtsbeziehungen der Fracht⸗ interessenten, er regelt die Anforderungen und Verpflichtungen, die sich bei Schiffsunfällen ergeben, und die Beziehungen, die sich aus den Verschuldungsverhältnissen herausbilden. Das staatsrecht⸗ liche Gebiet liegt ihm fern, ebenso das Polizeirecht. Nur nach zwei Beziehungen hin ist der Entwurf in letzterem Punkt über den Rahmen seines eigentlichen Gebiets hinausgegangen, und diese beiden Beziehungen möchte ich noch kurz erwähnen. Der eine Punkt betrifft die Schiffsmannschaften, der andere die Schiffsoffiziere. Meine Herren, was die Schiffsmannschaften anlangt, so lag im allgemeinen kein Bedürfniß vor, hier eine umfassende, erschöpfende Regelung ein⸗ treten zu lassen. Die Bemannung der Binnenschiffe steht unter den Vorschriften der Gewerbeordnung: die Schiffsleute sind gewerb⸗ liche Arbeiter, ihre Arbeitsverhältnisse und ihre Rechte und Pflichten richten sich nach den Vorschriften der Gewerbeordnung, wie sie für jeden gewerblichen Arbeiter maßgebend sind, sie nehmen Recht wie die übrigen gewerblichen Arbeiter vor den Gewerbegerichten. Nach allen diesen Richtungen ist für sie gesorgt. Der Entwurf hatte nur die Aufgabe, solche beson⸗ dere Verhältnisse zu berücksichtigen, die in den Eigenthümlichkeiten des Stromschiffsbetriebs liegen, und da war er denn genöthigt, auch eine polizeiliche Bestimmung zu treffen. Das ist die Vorschrift, nach welcher die Polizeibehörden berechtigt sein sollen, in solchen Fällen, in welchen ein Schiffsmann widerrechtlich sein Arbeitsverhältniß verläßt, also seine Kameraden und das Schiff im Stich läßt, diesen Mann im Zwangswege wieder in den Dienst zurückzuführen. Im allge⸗ meinen gehört ja die Regelung der Verhältnisse zwischen Schiffsmann und Schiffsführer in das Gebiet des privaten Rechts. Wenn Sie aber die Verhältnisse berücksichtigen, die hier in Betracht kommen, wie durch das böswillige Ausbleiben
8
seine geschäftlichen Operationen mit Vertrauen aufbauen kann.
1895.
eines Schiffsmanns die Befrachtung und die Entlöschung eines Schiffs in verhängnißvoller Weise für alle Betheiligten gestört werden kann, wie durch das Verlassen eines Schiffs der Verkehr in den Häfen und auf dem Strom aufs äußerste gefährdet sein kann, wenn der Schiffsführer nicht in der Lage ist, sofort geeigneten Ersatz für den Flüchtling zu beschaffen; wenn Sie daran denken, daß in Fällen, in welchen ein Mann beispielsweise ein großes Floß verläßt, durch die ungenügende Besetzung des Flosses eine gemeine Gefahr für den ganzen Verkehr auf dem Strom, für die Brücken und Lande⸗Einrich⸗ tungen, ja selbst für Menschenleben sich ergeben kann: dann werden
Sie es gerechtfertigt finden, daß hiek der Skaat mit polizeilichem
Zwang eingreift, um zu verhindern, daß die Laune und die Willkür des Einzelnen so große Gefährdungen der öffentlichen Interessen . herbeiführt. 8
Auf der anderen Seite, meine Herren, will der Entwurf auch die Verhältnisse der Schiffsführer in gewisser Beziehung einer poli⸗ zeilichen Regelung zu unterstellen gestatten, und zwar dadurch, daß er dem Bundesrath die Befugniß verleihen will, den Befähigungs⸗ nachweis für die Schiffer einzuführen. Wenn ich sage „einzu⸗ führen“, so treffe ich die Sachlage nicht vollständig; denn für einen erheblichen Theil unseres Stromverkehrs ist dieser Befähigungsnachweis in der That bereits vorhanden. Er besteht auf der Elbe, auf der Weser und auf der Donau; er hat auf dem Rhein bestanden und ist dert in den 60 er Jahren beseitigt worden, wie jetzt die Mehrzahl der Vertreter der sachverständigen Kreise zugiebt, nicht zum Vortheil des ganzen Schiffsverkehrs. Wir wünschen nun die Möglichkeit zu ge⸗ winnen, auf denjenigen Strömen, auf denen nach der Gestaltung des Verkehrs die Führung von Schiffen und Flößen durch unbewanderte, technisch nicht geschulte Leute zu großen Gefahren führen kann, den Befähigungsnachweis einzuführen. Wir wünschen es zunächst im Interesse des ganzen Stromverkehrs, um Gefahren zu vermeiden. Die Schiffsinteressenten, meine Herren, die Rheder, wünschen es mit uns aber auch, um sich sicher stellen zu können gegenüber den Lasten, die ihnen der Entwurf auferlegt. Der Entwurf steigert die Verpflichtungen der Schiffseigenthümer für einen großen Theil des Landes, insofern als er sie in bedeutendem Umfang verpflichtet, für diejenigen Schäden zu haften, welche während der Fahrt des Schiffs verursacht werden können. Daraus folgt, daß die Schiffseigenthümer das größte Interesse haben, tüchtige erfahrene Leute an die Spitze ihres Fahrzeuges stellen zu können, und es ist eine weit verbreitete Klage, daß unter den gegenwärtigen Verhältnissen es eine äußerst schwierige Sache für die Schiffseigenthümer ist, befähigte und zuverlässige Leute für die Schiffsführung zu gewinnen. Dieses Bedürfniß will der Entwurf befriedigen, indem er es in die Hand der Bundesregierungen legt, auf einzelnen Strömen, wo das Be⸗ dürfniß hervorgetreten ist, oder auf einzelnen Strecken der Ströme Anordnung dahin zu treffen, daß keiner ein Schiff führen darf, ohne seine Qualifikation nachgewiesfen zu haben.
Meine Herren, ich beschränke mich auf diese Bemerkungen. Ich glaube, daß, wenn Sie diesem Entwurf zustimmen, Sie nach mehr⸗ fachen Richtungen dem öffentlichen Wohl einen Dienst erweisen werden. Sie gewinnen unserem deutschen Recht wieder ein großes Stück Boden, und zwar auf einem Gebiet, auf dem die Rechtsverwir⸗ rung bis dahin besonders schmerzlich empfunden wurde; und auf der anderen Seite schaffen Sie für einen hochwichtigen bedeutsamen Zweig unseres Gewerblebens die Unterlagen, auf denen dieser Betrieb Sie werden daher unserem nationalen Recht und unserem nationalen Gewerbefleiß einen großen Dienst erweisen, wenn Sie Ihrerseits dazu beitragen wollen, diese Vorlage zur raschen Erledigung zu bringen. (Bravo!)
Abg. Letocha (Zentr.): Die Vorlage ist von den Handels⸗ kammern und den interessierten Kreisen mit großer Freude begrüßt worden, sie entspricht den auf dem Binnenschiffahrts⸗Kongren ge⸗ äußerten Wünschen. Es ist geklagt worden, daß man bei der Fest⸗ stellung des Entwurfs nur auf die großen Schiffer Rücksicht genommen habe, nicht aber auf die kleinen, die ihr Fahrzeug selbst führen müssen. Diese Klage, die übrigens meist von sozialdemokratischer Seite erhoben wird, ist unbegründet; denn der Zentralverein zur Hebung der Fluß⸗ und Kanalschiffahrt zählt viele kleine Schiffer zu Mitgliedern und hat die Interessen dieser bei den Vorberathungen sehr lebhaft ver⸗ treten. Ich beantrage, den Entwurf an eine Kommission von 21 Mit⸗ gliedern zu überweisen. — . “
Abg. Rickert (fr. Ver.): Auch ich erkenne ein Bedürfniß für diese Vorlage an; ja, ich halte dieses Bedürfniß für ein hervorragend dringendes. Die von dem Vorredner angedeutete Befürchtung, da die kleinen Interessenten nicht genügend berücksichtigt würden, theile ich nicht. Die Vertreter dieser kleinen Interessenten sind ja schon vernommen worden, und wenn das nicht genügte, so hätte die Kom⸗ mission jetzt noch in den Monaten Januar und Februar, wo die Schiffer unthätig sind, Gelegenheit zu solchen Vernehmungen. Die Kleinschiffahrt ist durch die Konkurrenz der Dampfschiffe und der Schleppschiffahrt in große Bedrängniß gerathen, in der ihr jetzt geholfen werden soll. In einer Beziehung hat man aber den kleinen Schiffern zu harte Be⸗ dingungen aufgelegt, nämlich im Punkte der Haftbarkeit. Sollen auch Frau und Kinder des Schiffseigners oder Schiffsführers, die sich auf dem Schiff befinden, zu den angestellten Personen zählen und haftbar sein? Alle Personen auf dem Schiff will man haftbar machen, nur die Zwangslootsen sollen es nicht sein. Es wäre aber billig, daß für deren Verfahren der Staat haftete. Es ist vorgekommen, daß ein im Kurischen Haff geschlepptes Schiff durch ein holländisches, von einem Zwangslootsen geführtes Schiff in den Grund gebohrt wurde. Nur der Lootse war an dem Unglück schuld, er konnte nicht zum Schadenersatz herangezogen werden. Man verweist die Schiffer auf die Versicherung; die Prämien sind aber so hoch, daß das Geschäft sie nicht trägt. Solche Vorkommnisse sind grausam und barbarisch. Post uͤnd Eisenbahn sind für verschuldeten den regrefoflichei. der Grundbuchrichter ist es für seine Eintragungen, und hier will der Staat die Haftpflicht ablehnen. Von der zwangs⸗ weisen Zuführung des kontraktbrüchigen Schiffers zur Arbeit durch die Ferhg verspreche ich mir nicht viel; diese Maßregel hat auf anderen
ebieten auch nichts genützt. Bedenken sind ferner gegen die Ein⸗ führung des Befähigungsnachweises zu erheben. Fast E Schiffer im Osten, in der eichselgegend, ist auf dem chiffe eaof eboren, hat dort seine Jugend verlebt und fast keine Schul⸗ ildung genossen. Diese Leute sind meist neun Monate des Jahres unterwegs. erjenige, der bei den Gefahren und Zufälligkeiten, die dem Schiffer begegnen, die größte Geistesgegenwart besitzt, ist der