aerromer Faseneee er awwrart.hes
Nach amtlicher Bekanntmachung ist der Verkehr auf den Strecken Stargard — Lippehne und Glasow — Berlinchen der Star⸗ e Eisenbahn wegen Schneeverwehungen auf unbestimmte it gesperrt. Ewinemünde, 9. Februar. Die Schiffahrt zwischen Stettin und Swinemünde ist geschlossen. Das Eis in der Bucht ist undurchdringlich. Gestern betrug die Kälte 20, heute
10 Grad. Amtlich wird bekannt gemacht,
Blankensee, 10. Februar. daß wegen Schneeverwehungen der Betrieb auf der Strecke
Blankensee — Woldegk — Strasburg der Mecklenburgischen
“ Franz⸗Bahn von heute bis auf weiteres eingestellt ist. Die auer der Betriebsstörung ist unbestimmt.
Warnemünde, 10. Februar. Amtlich wird bekannt gegeben:
Die Fahrten der Postdampfer zwischen Warnemünde und Gjedser sind auf 24 Stunden eingestellt.
Kiel, 9. Februar. Amtlich wird bekannt gegeben: Der deutsche Postdampfer „Stephan“ kann die Fahrt von Korsör nach Kiel Eises halber heute nicht mehr antreten, und es fällt infolgedessen morgen, den 10. d. M., die Tagesfahrt von Kiel nach Korsör aus.
— 11. Februar. Nach amtlicher Bekanntmachung stellen von heute ab auch die deutschen Post dampfschiffe ihre Fahrten zwischen Kiel und Korsör ein. Die direkte Verbindung zwischen hier und Korsör ist daher aufgehoben. 1 1 G
Das Kattegatt ist mit Eis be⸗
Kopenhagen, 9. “ deckt, doch von Anholt bis Helsingör passierbar. Dampfer, welche den Drogden zu durchfahren versuchten, mußten unverrichteter Sache umkehren. Die Ueberfahrt zwischen Nyborg und Korsör ver⸗ mitteln Eisbrecher. Der Große Belt kann von Dampfschiffen nur mit größter Mühe passiert werden. b
— 19. Februar. Heute fuhren drei Fähren nach beiden Rich⸗ tungen mit großer Schwierigkeit über den Großen Belt. Von Korsör aus machte ein deutscher Postdampfer den Versuch, Kiel zu Fneichen. Die Ueberfahrt von Gjedser aus ging heute leichter von tatten.
Helsingfors, 10. Februar. Der am Donnerstag Abend aus
Hanggö nach Stockholm abgegangene Passagierdampfer „Expreß“ ist glcclich an seinem Bestimmungsort angelangt. Wien, 9. Februar. Die Verkehrsstörungen auf den öster⸗ reichischen Linien der Südbahn sind nunmehr gehoben. Auf der ungarischen Strecke Kanisza —Stuhlweißenburg ist jedoch der gesammte Verkehr eingestellt. 1“
Antwerpen, 9. Februar. Die Schiffahrt ist der Eisverhält⸗ nisse wegen nach wie vor 8 gefährlich. Den Dampfern werden Lootsen nur auf Gefahr und Verantwortlichkeit der Kapitäne mitgegeben. Seit gestern sind hier zwei große eiserne Dampfschiffe eingelaufen. . “
Amsterdam, 9. Februar. Trotz der außerordentlichen Kälte ist der Nordsee⸗Kanal noch immer schiffbar. Infolgedessen ist der Hafen von Amsterdam noch zugänglich.
München, 9. Februar. (W. T. B.) Regierungs⸗Direktor Ebermeyer wurde zum General⸗Direktor der bayerischen Staats⸗Eisenbahnen und Ministerial⸗Rath von Oswald, bisher Vorstand der Verkehrs⸗Abtheilung, zum Ministerial⸗Direktor und Vorstand der Bahnbau⸗Abtheilung ernannt.
Bremen, 10. Februar. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Postdampfer „Graf Bismarck“ hat am 8. Februar Abends St. Vincent passiert. Der Reichs⸗Postdampfer „Prinz Heinrich“ ist am 8. Februar Nachmittags in Singapore angekommen. Der Schnelldampfer „Werra“ hat am 8. Februar Abends Ponta Delgada passiert. Der Reichs⸗Postdampfer „Prinz⸗Regent Luitpold“ ist am 9. Februar Vormittags in Aden angekommen.
Triest, 10. Februar. (W. T. B.) Der Lloyddampfer„Saturno“ ist Nachmittags aus Konstantinopel hier eingetroffen.
1 Theater und Mufik.
Neues Theater.
Gestern Abend fand die erste Vorstellung des Volksschauspiels „Liebe von heut“ von Robert Misch unter dem Beifall der uschauer statt. Es ist schade, daß das Wort „Liebe“ auch auf solche Verhältnisse angewendet wird, wie sie der Verfasser in seinem Stück schildert. Eine arme Lithographentochter Helene, die im Mittelpunkt der Handlung steht, ist trotz ihres Fehltritts die am meisten sym⸗ pathische Person des Schauspiels. Alle übrigen Personen stehen moralisch auf einer so niedrigen Stufe, daß man ihnen auch auf der Bühne nur ungern begegnet. Die Handlung ist mit derben und dabei zum theil überflüssigen Theater⸗ effekten ausgestaltet. An die Schilderung einer Seelen⸗
wandlung der Charaktere hat der Verfasser sich nicht herangewagt; er zeigt eben nur in einzelnen nüchternen Bildern die fortschreitende gerdlane — Die Hauptrollen wurden recht tüchtig gespielt; Fräulein andow verlieh der liebenden und um ihr Glück betrogenen Litho⸗ Fee sogar ein Gepräge von seelischer Vornehmheit. Herr Reusch als Assessor Arnemann war der Typus eines eleganten Lebe⸗ manns, der trotz einer etwas wärmeren Herzensregung beim ersten Ungemach sein gegebenes Wort bricht. Die übrigen Darsteller ent⸗ sprachen vollkommen den an sie gestellten Anforderungen.
Konzerte. .“
Die bekannte Virtuosin Fräulein Klotilde Kleeberg aus
Paris gab am Sonnabend im Saal Bechstein ihren ersten dies⸗ winterlichen Klavier⸗Abend, der zahlreich besucht war. Sie begann mit Schubert's Impromptu in G-dur, dem sich eine hier wenig bekannte Komposition von César Frank: Präludium, Choral und Fuge anschloß, in der die in Quarten hinabsteigende Choralmelodie einen etwas fremdartigen Eindruck machte. Eine Reihe bekannter und beliebter Stücke von Chopin, Schumann, Weber, Schul⸗ hoff und Gernsheim spielte die Künstlerin mit unfehlbarer Ueber⸗ windung aller technischen Schwierigkeiten und bezaubernder Grazie des Ausdrucks. Von zwei ansprechenden Novitäten von E. E. Taubert: „Albumblatt“ und „Zigeunerstück“, wurde das letztere auf Wunsch wiederholt. Den Beschluß machten dann gefällige Salonpidcen von Rubinstein, Chaminade und Liszt, denen die Konzertgeberin noch einige kleinere Stücke hinzufügte. Der klangvolle Bechstein'sche Flügel kam ihrem Spiel sehr zu statten.
Im Königlichen Schauspielhause wird morgen der Schwank „Zum wohlthätigen Zweck“ von Schönthan⸗Kadelburg ge⸗ geben (Damen Seebach, von Hochenburger, Schramm, Herren Vollmer, Blencke, Keßler, Klein, Oberländer, Hertzer, Hartmann).
Das vor kurzem im Scaka⸗Theater zu Mailand mit großem Erfolg aufgeführte Ballet „Slavische Brautwerbung“ von Gräb, Musik von Hertel, erhält sich dauernd auf dem Repertoire der berühmten italienischen Opernbühne.
Im Adolph Ernst⸗Theater findet am Mittwoch die 50. Aufführung der Repertoireposse „Ein fideles Korps“ statt. Die Besucher dieser Vorstellung erhalten ein Souvenir mit scenischen Darstellungen des Stücks. Den Anfang bildet wieder der beifällig aufgenommene Schwank „Gesindeball“.
Frau Professor Selma Nicklaß⸗Kempner vperanstaltet am Donnerstag, 14. Februar, im Saal Bechstein ihren zweiten Lieder⸗ abend. Das Programm enthält Lieder von Schubert, Schumann, Brahms, Franz sowie neueren Komponisten, wie Adalbert von Goldschmidt ꝛc. Der Hofcellist Heinrich Grünfeld übernimmt die instrumentale Mitwirkung. — Am 15. d. M. veranstaltet Eugen d'Albert in der Sing⸗Akademie seinen dritten Klavierabend. Das Programm bringt Brahms' Sonate, op. 5, F-moll, Liszt's H-moll-Sonate, Weber's Sonate, op. 39, As-dur, und die Sonate, op. 58, H-moll, von Chopin. Der Kartenverkauf findet bei Bote u. Bock statt.
Mannigfaltiges.
Dem Geheimen Ober⸗Regierungs⸗Rath Bensen, Vorsitzenden des mit der Aufsicht über die Privateisenbahnen betrauten Königlichen Eisenbahn⸗Kommissariats, wurden gestern aus Anlaß des 50 jährigen Dienstjubiläums zahlreiche Ehrungen zu theil. Von Seiner Majestät dem Kaiser und König und Seiner Königlichen Hoheit dem Prinz⸗Regenten von Braunschweig wurden dem Jubilar hohe Ordens⸗Auszeichnungen verliehen; Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich schenkte Ihr Bildniß in reichverziertem Medaillon. Als höchste Vorgesetzte erschienen der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher und der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen zur Beglückwünschung. Die Räthe und Beamten des Kommissariats hatten das Arbeits⸗ zimmer des Jubilars schön geschmückt. Um den Schreibtisch, auf dem ein Blumenkissen mit der goldenen 50 lag, standen neben der Büste des Kaisers herrliche Blumen und Palmen. Die Direktoren der be⸗ theiligten preußischen Privatbahnen überbrachten als Jubelgeschenk eine 68 cm hohe, aus Silber getriebene Säule, die oben ein geflügeltes Rad trägt und mit dem Reliefbild des Jubilars geziert ist; am Fuße sieht man die Idealgestalten der Landwirthschaft, der Industrie und des Handels. Eine Abordnung der niederländischen Bahnen, unter Führung des Staatsbahn⸗Ober⸗Ingenieurs Kalff und des Präsidenten der Nordbrabanter Eisenbahn, widmete dem Jubilar als Ehrengabe eine Marmorsäule mit einer allegorischen Bronzefigur. Die Harzbahn sandte eine plastische Darstellung ihrer Trace.
ür die Hessische Ludwigsbahn erschien der EE Direktion, Geheime Rath Reinhardt, für die stpreußische
Süͤdbahn der Vorsitzende des Aufsichtsraths von der Gglg. Auch dee
Lübeck⸗Büchener Eisenbahn, die Marienburg⸗Mlawkaer Eisenbahn u. a. hatten Delegirte zur Beglückwünschung entsandt. Ferner waren der General⸗Inspekteur des Ingenieur⸗ und Pionier⸗Korps, General der Infanterie Golz, der Kommandeur der Eisenbahn⸗Brigade Freiherr von Rössing und zahlreiche andere hochstehende Personen erschlenen. Die Vater⸗ stadt des Jubilars, Eimbeck, sandte ein Album mit Ansichten der Stadt. Blumenspenden, Briefe und Depeschen gingen in großer Zahl ein. Abends fand im Palasthotel ein von den Privatbahnverwaltungen veranstaltetes Festmahl statt, bei dem General Golz auf Seine Majestät den Kaiser, Geheimer Baurath Koschel vom Eisenbahn⸗ Kommissariat auf den Jubilar toastete, welcher herzlich dankte.
Nachdem die Stadtverordneten⸗Versammlung sich mit der Ent⸗ eignung der zur Regulierung des Schloßplatzes erforderlichen Grundstücke Schloßplatz 7—16 und der zur Verbreiterung der Königstraße erforderlichen Fläche des Grundstücks Königstraße 1—6 einverstanden erklärt hat, ist seitens des Magistrats das Enteig nungsver⸗ fahren eingeleitet worden. Die Kosten für die Erwer⸗ bung dieser Flächen sind nach den vorgelegten speziellen Berechnungen auf 2 700 000 ℳ angenommen, welchen Betrag der Magistrat noch für das bevorstehende neue Etatsjahr 1895/96 von der Stadtverordneten⸗Versammlung sich will genehmigen lassen. — Aus Anlaß der Gewerbe⸗Ausstellung 1896 wird vom Magistrat die Anlegung einer Dampfer⸗Anlegestelle an der linksseitigen Uferstraße in der Nähe der Oberbaumbrücke (unterhalb derselben) beabsichtigt. Die Kosten sind überschläglich auf 40 000 ℳ berechnet und von derjenigen Gesellschaft zu erstatten, welcher die Benutzung der Anlegestelle genehmigt werden wird.
Aachen. Zur Beschaffung des neuen Heilserums für be⸗ dürftige Diphtheritiskranke hat der Kreis Malmedy 300 ℳ be⸗ willigt. — Die Stadt Malmedy ist mit einem Konsortium zum Zweck der Erhebung des anmuthig gelegenen Ortes zu einem Kur⸗ und Badeort in Verbindung getreten.
Düren. Der Bürgermeister unserer Stadt hat einen sogenannten „Geschenkfonds“ gegründet, welcher dazu dienen soll, solchen Per⸗ sonen, welche ohne eigenes Verschulden vorübergehend in Noth gerathen sind, Hilfe zu bringen und dieselben von der Inanspruchnahme der öffentlichen Armenpflege fern zu halten. Diesem Fonds sind bis jetzt ca. 7200 ℳ an freiwilligen Gaben zugeführt worden. — Zur Restauration des Brandenburger und des Zülpicher Thores in dem romantisch gelegenen Nideggen, Regierungsbezirk Aachen, haben mehrere hiesige Industrielle den Betrag von 10 000 ℳ bewilligt.
Marmaros⸗Szigeth, 9. Februar. Infolge der starken Kälte sind hier, einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge, drei Dorfbewohner erfroren. —
London, 11. Februar. Gestern traf, wie dem „W. T. B.“ berichtet wird, in Lowestoft ein Mann ein, der sich Eduard I nannte und erklärte, daß die in der Leichenhalle zu Lowestoft si tce Leiche, die man für die des „Elbe“⸗Passagiers Moschkovitz halte, die Leiche seines Schwagers Daniel Guttmann aus Budapest sein müsse; er fand seine Behauptung bestätigt.
Messina, 11. Februar. In der vergangenen Nacht um 11: ⅛ Uhr wurde hier ein heftiges Erdbeben verspürt, welches 4 Sekunden
dauerte. Auch in Reggio war der Erdstoß bemerkbar.
New⸗York, 10. Februar. Der infolge des schlechten Wetters verspätet eingetroffene Dampfer „Teutonic“ berichtet, er habe nichts von dem überfälligen Dampfer „La Gascogne“ gesehen. Auch die von London bezw. Antwerpen hier angekommenen Schiffe „Manitoba“ und „Rhynland“ haben laut Telegramm des „W. T. B.“ von der „Gascogne“ nichts bemerkt. Die genannten Schiffe haben auch keine Schiffs⸗ trümmer gesehen. — Der an der Union⸗Pacific⸗Bahn gelegene Bahnhof St. Joseph ist niedergebrannt. Der entstandene Schaden beläuft sich auf 400 000 Doll. — Nachrichten vom gestrigen Tage melden aus allen Theilen Amerikas heftige Kälte und Schneestürme. Viele Menschen sind erfroren. In Florida sind alle Fruchtkulturen vernichtet; der Schaden beläuft sich auf mehrere Millionen Dollars. Im äußersten Westen flüchtet das Wild aus den Wäldern und sucht Schutz bei den menschlichen Wohnungen, auch Rudel von Wölfen
zeigen sich.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten . Beeillage.) ö“
kurrenz⸗Schule, geritten von den Damen Frl. Wally
Wetter
beri
om 11. Februar,
8
Morgens.
Stationen.
.
Temperatur
4 C.
—
in ° Celsius
5⁰
Belmullet .. Aberdeen Christiansund Kopenhagen. Stockholm. Haparanda 8 St. Petersbg Moskau
-—200—
still halb bed. 2bedeckt 1 bedeckt
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— Q
5,— 0
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Cherbourg
Helder
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Neufahrwasser
758 756 753
1 Regen
1 0
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7 bedeckt I heiter 1 bedeckt 2 Nebel 4 Schnee
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— 10 11 — 12 —3 5
Cbemnitz
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Breslau..
746 756 751 753 751 759 759 758 759
ftill halb bed. WNW 2 Schnee
still Nebel SO 1 Dunst
Ile d⸗Aix.. Uebersicht der Witterung. Ein ziemlich tiefes barometrisches Minimum ist über Westfrankreich erschienen, während das Minimum, welches gestern über der südlichen Ostsee lagerte, nordwärts nach Wisby fortgeschritten ist. Am höchften ist der Luftdruck über dem Innern Rußlands. Bei schwacher Luftbewegung aus veränderlicher Richtung ist das Wetter in Deutschland andauernd kalt und vorwiegend trübe, stellenweise ist Schnee gefallen.
74³3
WSW 7 bedeckt
— 3 — 14 — 7 — 6 — 12 — 20 — 9 — 10 — 19
6
Am kältesten ist es in Südostdeutschland, wo die
Temperatur bis zu 20 Grad unter Null liegt. In Süd⸗ und Westfrankreich ist Thauwetter eingetreten, dagegen auf den Britischen Inseln dauert die kalte
Witterung noch fort.
Deutsche Seew
arte.
Theater⸗Anzeigen.
Königliche Schauspiele. Dienstag: Opern⸗ hbus: Keine Vorstellung.
Schauspielhaus. 42. Vorstellung. Zum wohl⸗ thätigen Zweck. Lustspiel in 4 Aufzügen von Franz von Schönthan und Gustav Kadelburg. An⸗ fang 7 ½ Uhr.
Mittwoch: Opernhaus. Subskriptionsball.
Schauspielhaus. 43. Vorstellung. Der Sturm. Zauber⸗Komödie in 5 Aufzügen von William Shake⸗ speare. Nach August Wilhelm von Schlegel's Ueber⸗ setzung. Musik von Wilhelm Taubert. Tanz von Emil Graeb. Anfang 7 ½ Uhr.
Deutsches Theater. Dienstag: Zum ersten Male: Der Mann im Schatten. Schwank in 4 Akten von Carlot Reuling. Anfang 7 ½ Uh
Mittwoch: Weh dem, der lügt!
Donnerstag: Weh dem, der lügt!
Berliner Theater. Dienstag: Madame
Saus⸗Géene. Anfang 7 ½ Uhr. 8 Mittwoch: Der Pfarrer von Kirchfeld. Donnerstag: Madame Saus⸗Gene.
“
Lessing⸗Theater. Dienstag:
Anfang 7 ½ Uhr. Mittwoch: Die wilde Jagd. Donnerstag: Ghismonda.
Ghismonda.
Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater.
Chausseestraße 25/26.
Dienstag: Der Obersteiger. Operette in
3 Akten von M. West und L. Held. Musik von Carl Zeller. Regie: Herr Fredy. Dirigent:
Theater Unter den Linden. Bebrenstr. 55/57. Direktion: Julius Fritzsche. — Dienstag: Mit neuer Ausstattung: Der Probekuß. Operette in 3 Akten von Hugo Wittmann und Julius Bauer. Musik von Carl Millöcker. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Herr Kapellmeister Federmann. — Hierauf: Tanz⸗Divertissement. Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch: Der Probekuß.
Adolph Ernst-⸗Theater. Dienstag: Ge⸗ sindeball. Fastnachtsscherz in 1 Akt von Ed. Jacob⸗ son und Jean Kren. — Hierauf: Auftreten der ersten Pirouette⸗ und Courbette⸗Tänzerin Englands vom Prince of Wales⸗Theater in London. Ein sideles Corps. Große Gesangsposse mit Tanz. Nach dem englischen Original „A Gaiety Girl“ von Jonas Sidney frei bearbeitet von Eduard Jacobson und Jean Kren. Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.
Konzerte. G6“
Konzert-Haus. Dienstag: Karl Meyder⸗ Konzert. Ouv. „Oberon“, Weber. Mienzi“, Wagner. „Die Schweizerhütte“, Adam. Phantasie a. „Rigoletto“ v. Verdi. „Polarstern“, Walzer v. Waldteufel.
Dienstag, den 26. Februar (Fastnacht): Fast⸗ 1,5ei ge gn Billets à 3 ℳ im Bureau des
uses. 38
Kapellmeister Adolph Ferron. Anfang 7 ½ Uhr. Mittwoch: Der Obersteiger. “
Residenz-Theater. Blumenstraße Nr. 9. Direktion: Sigmund Lautenburg. Dienstag: Fer⸗ nand’s Ehekontrakt. (Fil à la patte.) Schwank in 3 Akten von Georges Feydeau, in deutscher Be⸗ arbeitung von Benno Jacobson. Anfang 7 ½ Uhr.
kontrakt.
Birkus Renz (Karlstraße). Nur noch kurze Zeit! Dienstag: Große Jubiläums⸗ und Kon⸗ kurrenz⸗Gala⸗Vorstellung. Jede Nummer doppelt besetzt. Zum 100. Male: I0 Ni En. (Beim Jahreswechsel in Peking.) Sensationelle Tänze, Su. a. Original, le grelots vivants, jeu des barbichons zꝛc. Originall Neue Musik⸗Einlagen.
Mittwoch und folgende Tage: Fernand s Ehe⸗ 8
Außerdem: Edinburgh, ostpr. br. Hengst, hierauf rinz Carneval Herrn R. Renz. Kon⸗
Renz und Frau Renz⸗Stark. Auftreten der Herren Vasilesku u. Banola am 3 fachen Reck, sowie der vorzüglichen Clowns Gebr. Villaud und des beliebten „August“ Mr. Lavater Lee ꝛc. Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch, Abends 7 ½ Uhr: Letzte Wiederholung der Parade⸗Vorstellung vom Donnerstag, den 7. Februar, wie solche bei der Allerhöchsten An⸗ wesenheit Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin stattgefunden hat. Gala⸗Fest⸗Akt. Auf, auf zur fröhlichen Jagd!
Verlobt: Frl. Marie Charlotte von der Marwitz mit Hrn. Regierungs⸗Referendar Freiherrn von Falken⸗ hausen (Schloß Lieberose).
Verehelicht: Hr. Pastor Siegfried Müller mit Frl. Agathe Marsch (Pfarrhaus Eisenberg, Kr. Strehlen).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Rittmeister Gerhard von Marschall (Potsdam). — Hrn. Prem.⸗Lient. Fritz von Zollikofer⸗Altenklingen (Hamburg). — Hrn. Pastor Ritthausen (Saabor). — Eine Tochter: Hrn. von Zastrow⸗Schweinitz (Dresden). — Hrn. Lieut. Pinder (Wilhelmshaven).
Gestorben: Verw. Fr. Hauptmann Klöpper, geb. Detmers (Aurich). — Hr. Major a. D. Carl Hartmann August von Witzleben (Alt⸗Geltow bei Werder, Havel). — Hr. Staatsanwalt Richard Philippi (Neu⸗Ruppin). — Hr. Ritterguts⸗
esitzer Lorenz Nitsche (Droschkau, Kr. Namslau). — Hr. Pfarrvikar Albrecht May — F. Betty Freifrau von Prinz und Buchau., geb.
räfin d'Ambly des Ayvelles (Ober⸗Kühschmalz).
Verantwortlicher Redakteur:
J. V.: Siemenroth in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.
Sieben Beilagen
seinschließlich Börsen⸗Beilage). (242)
Erste Beilage 1u“ Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
1895.
Deutscher Reichstag.
1 33. Sitzung vom Sonnabend, 9. Februar.
„Der Sitzung wohnen der Reichskanzler Fürst zu Hohen⸗ lohe, die Staatssekretäre, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher und Freiherr von Marschall sowie der Staats⸗Minister Schönstedt bei.
Zur Verhandlung gelangt die von den Abgg. Freiherrn von Stumm⸗Halberg (Rp.) und Freiherrn von Man⸗ teuffel (kons.) eingebrachte Interpellation:
Beabsichtigen die verbündeten Regierungen, Maßregeln zu er⸗
greifen, um den durch den Untergang von Seeschiffen verursachten
Verlust von Menschenleben mehr als dies bisher gelungen ist zu
verhüten?“
Der Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe erklärt si bereit, die Anfrage sofort zu beantworten. j
“ derselben erhält das Wort:
Abg. Freiherr von Stumm⸗Halberg (Rp.): Das entsetzliche Unglück, dem die „Elbe“ und mit ihr Hunderte von MWenfanelich zum Opfer gefallen sind, hat überall in den Herzen des deutschen Volkes schmerzlichen Widerhall gefunden; überall regen sich die Hände, um den Unglücklichen die materiellen Nachtheile, die ihnen aus dem Unglück entstanden sind, zu mildern; überall aber wird auch die Frage gestellt, ob man nicht mehr als bisher
thun könne, um solche Katastrophen zu verhüten und die Lebensgefahr, die ja für alle Seefahrenden unzweifelhaft in hervor⸗ ragendem Maße besteht, zu verringern. In erster Reihe kommt hier die Frage der staatlichen Beaufsichtigung in Betracht. Für Fabriken besteht eine solche Aufsicht sonst überall, ebenso für Bergwerksbetriebe und Eisenbahnen, aber der Bau von Seeschiffen unterliegt keiner Beaufsichtigung. Die Reichsregierung hat diese Frage bereits an⸗ Frcgt. aber die seefahrenden Bundesstaaten haben einen solchen staatlichen
Fingriff abgelehnt. Durch die Qualifikationsbestimmungen wird zwar vielleicht die nöthige Sicherheit gewährt, doch es ist kein Schiff gezwungen, sich diesen Bestimmungen zu unterwerfen. Die Unfallverhütungs⸗ Vorschriften der See⸗Berufsgenossenschaft kommen nicht immer zur Durchführung, und ich fürchte auch, daß sie keine Garantie für die Verhütung von Unglücksfällen bieten. Bei einem so gefährlichen Ge⸗
werbe, wie es die Seeschiffahrt ist, in dem jährlich über hundert Schiffe mit über viertausend Menschen durchschnittlich verunglücken, kann eine ge⸗ nügende Kontrole von seiten der Privatgesellschaften nicht gefunden werden, zumal die Berufsgenossenschaften nicht berechtigt sind, durch ihre Beauftragten die Thätigkeit der Fabriken zu kontrolieren. Die Bestimmungen über die wasserdichten Schotten ECW neuester Zeit zur Verhütung von Unglücksfällen eine große Rolle spielen, haben nur geringen Nutzen, da in dieser Beziehung vollständige Anarchie herrscht. Es sind gewisse Grundsätze aufgestellt, unter anderen, daß die Schotten abgeschlossen sein Heüfstn, aber zwischen den Schotten bestehen so große Zwischenräume, daß, wenn in einen von ihnen Wasser eindringt, das Schiff zum Sinken gebracht werden kann. Das kann leicht geschehen, wenn ein Zu⸗ sammenstoß von der Seite erfolgt. Da aber die Thüren der Schotten fast immer offen bleiben, so wird die ganze Einrichtung zwecklos, und man müßte eine Konstruktion vorschreiben, welche die Sicherheit gewährt, daß das Schiff über Wasser bleibt, auch wenn das Wasser in zwei der Schotten eindringt. Es kommt dabei in Betracht, daß die Rhedereien mit kolossalem Nutzen arbeiten und se Mehrausgabe ohne weiteres auf sich nehmen können. Ob für die Kontrole eine neue Behörde zu schaffen oder eine schon bestehende damit zu betrauen wäre, lasse ich dahingestellt; jedenfalls müßte es eine Reichsbehörde sein. Ferner scheint eine internationale Regelung des sogenannten Wegerechts
See unerläßlich, um das rechtzeitige Ausweichen der Schiffe zu sichern. Daß eine große Anzahl von Menschenleben, die ur Zeit gefährdet sind, durch derartige geeignete Maßnahmen gerettet werden könnte, ist nicht nur meine Ueberzeugung, sondern auch die weiter Kreise der deutschen Nation, wie mir Kundgebungen
zeugt haben. Diese Kreise würde es sympathisch berühren, wenn die verbündeten Regierungen unsere Anfrage entgegenkommend beant⸗ worten möchten.
Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe: Ich bin bereit, die Interpellation sofort zu beantworten.
Auf die Anfrage der Herren Interpellanten habe ich Folgendes
zu erwidern. Der Bundesrath wendet sein Interesse fortgesetzt den Maßregeln zu, welche einen vermehrten Schutz des Menschenlebens gegenüber den Gefahren des Seeverkehrs in Aussicht nehmen. Auch ist die Reichsverwaltung auf diesem Gebiet nicht unthätig. Ihre Bemühungen sind vorzugsweise nach drei Richtungen eingetreten, und zwar bezüglich einer Sicherstellung der Seetüchtigkeit der Schiffe, einer Regelung des internationalen Seestraßenrechts und einer verbesserten Ausrüstung der Seeschiffe mit Rettungsgeräthen.
Was die Sicherstellung der Seetüchtigkeit der Seeschiffe an⸗ belangt, so hat bereits unsere Unfallversicherungs⸗Gesetzgebung zu einer verstärkten Gewähr gegen Unfälle geführt. Die Unfallverhütungs⸗ vorschriften der See⸗Berufsgenossenschaft enthalten in dieser Beziehung Weisungen, deren Beachtung im eigenen Interesse der Rheder liegt, weil von der größeren oder geringeren Seetüchtigkeit die Höhe der von den Rhedern zu zahlenden Versicherungsprämien abhängt. Es ist zu einer weiteren Ausbildung dieser Vorschriften von seiten der Reichsverwaltung die Anregung gegeben und eine Kontrole über die Beobachtung derselben dadurch hergestellt, daß zufolge eines Abkommens zwischen der See⸗Berufsgenossenschaft und dem Schiffsklassifikations⸗Institut „Germanischer Lloyd“ der letztere sich verpflichtet hat, durch seine Organe den Schiffsbau zu übernehmen. Auf diesem Wege wird sich die Einführung einer Reichskontrole über den Schiffsbau, gegen welche sich die Regierungen der Bundesstaaten in Uebereinstimmung mit den Interessentenkreisen ausgesprochen haben, und welche eine recht kostspielige Organisation erforderlich machen würde, voraussichtlich als unnöthig erweisen. Sollten dabei sich gleichwohl Mängel ergeben, so werden sich die Regierungen der Ein⸗ führung einer staatlichen Ueberwachung des Schiffsbaues nicht ent⸗ ziehen können.
Was die Verbesserung des Seestraßenverkehrs anbelangt, so ist das Reich auf der im Jahre 1889 in Washington abgehaltenen Konferenz bemüht gewesen, eine zweckmäßigere Gestaltung der Vor⸗ schriften zur Verhütung des Zusammenstoßes von Schiffen auf See herbeizuführen. Die Ergebnisse dieser Konferenz sind solche gewesen, daß, wenn die Annahme der dort getroffenen Vereinbarungen von seiten der Seestaaten erfolgt, eine verstärkte Gewähr gegen Schiffs⸗ unfälle gegeben ist.
Leider hat der für die allgemeine Einführung der vereinbarten
Hnbssa wgcrseee-esranren
Berlin, Montag, den 11. Februar
Vorschriften in Aussicht genommene Termin nicht eingehalten werden können, weil die englische Regierung wegen der bei Einzelheiten her⸗ vorgetretenen Schwierigkeiten eine Hinausschiebung des Termins bis zum Herbst dieses Jahres wünscht. Es besteht indessen die Hoffnung, daß die Schwierigkeiten werden überwunden werden und daß mit dem nächsten Winter bei allen schiffahrttreibenden Nationen gemeinsame wirksamere Vorschriften über das Seestraßenrecht in Kraft treten, welche dann eine größere Sicherheit gegen Schiffsunfälle gewähren, als dies bisher der Fall war.
Was endlich die Ausrüstung der Schiffe mit Rettungsgeräthen und Booten anbelangt, so hat die See⸗Berufsgenossenschaft völlig ausreichende und zweckentsprechende Vorschriften erlassen.
Die Anfrage der Herren Interpellanten steht im Zusammenhang mit dem beklagenswerthen Unfall, welcher das Schiff des Nord⸗ deutschen Lloyd die „Elbe“, jüngst betroffen hat. Es ist mir Bedürfniß, auch von dieser Stelle der aufrichtigen Theil⸗ nahme Ausdruck zu geben, welche die verbündeten Regierungen mit der ganzen Nation angesichts des erschütternden Ereignisses empfinden (Bravo!), zugleich aber Zeugniß dafür abzulegen, daß Offiziere und Mannschaften des verunglückten Schiffs unter der Leitung eines braven, bis zum Tode treuen und pflichtbewußten Kapitäns (Bravo!) ihre Schuldigkeit bis zum letzten Augenblick gethan haben. (Bravo!)
Die Vorwürfe, welche diesen braven Seeleuten in auswärtigen Blättern gemacht sind, entbehren nach den angestellten Ermittelungen jedes Schattens von Begründung (Bravo!) und das Vaterland darf stolz sein darauf, daß die Bemannung der „Elbe“ furchtlos und treu in den Tod gegangen ist. (Bravo!)
Auf Antrag des Abg. Freiherrn von Buol (Zentr.) wird in eine Besprechung der Interpellation
8 Bös Jebsen (nl.): Die Antwort, die der Reichskanzler auf die Interpellation gegeben hat, genügt mir vollkommen. Ich halte es nicht für nothwendig, den deutschen Schiffbau staatlich zu beauf⸗ sichtigen und ihm Fesseln unzulegen, welche seine Koukurrenzfähigkeit beeinträchtigen würden. Kollisionen würden dadurch doch nicht ver⸗ hindert werden. Die „Elbe“ hatte 7 Schotten und ist doch unterge⸗ gangen. Rügen möchte ich freilich das Verhalten des englischen Kapitäns, der sich um das verunglückte Schiff nicht gekümmert hat. Durch keine noch so weitgehenden Bauvorschriften wird man verhindern, daß, wenn so schnelle Schiffe einmal mit einander zu⸗ sammenstoßen, das eine oder das andere Schiff sinkt. Die Statistik zeigt, daß Deutschland bezüglich der Schiffsunfälle noch am besten steht. Die Assekuranz⸗Prämien werden bei uns von Jahr zu Jahr geringer. Im Kanal und in der Nordsee verkehren so viele Schiffe, daß es eigentlich zu verwundern ist, daß nicht mehr Unfälle passieren. Jedenfalls ist der Prozentsatz der Schiffsunfälle im Vergleich zu der Zahl der Schiffe heute viel geringer als früher. Ganz ausschließen aber lassen sich solche Vorfälle auch durch die H. Bauvorschriften nicht.
bg. Singer (Soz.): Mit den Vorschlägen, die der Abg. Freiherr von Stumm gemacht hat, bin ich vollständig einverstanden, nur gehen mir diese Vorschläge nicht weit genug. Mit Bedauern aber hat mich die Antwort erfüllt, die der Reichskanzler auf die Inter⸗ pellation gegeben hat, da aus dieser Antwort hervorgeht, daß die Reichsregierung mit Rücksicht auf die Spannung finanzieller Interessen von weitgehenden Forderungen abzusehen gewillt ist. Wenn die deutsche Rhederei bei solchen Forderungen nicht konkurrenzfähig bleiben kann, so thut sie mir leid; wir haben uns darum nicht zu kümmern, sondern in erster Linie für die Sicherung des Lebens der Mannschaften und Passagiere der Schiffe zu sorgen. Die Klassi⸗ . der Schiffe ist gewiß wünschenswerth; der Germanische loyd hat aber gar kein Mittel, um gegen den Willen der Rheder die Klassifikation durchzuführen. Der Reichskanzler hat auf die See⸗ Berufsgenossenschaft “ Diese Berufsgenossenschaft besteht aber aus lauter Unternehmern, und ihre Vorschriften sind im ein⸗ seitigen Interesse der letzteren erlassen, sodaß sie keine Garantie für wirksame Maßregeln bieten. Schon längst ist die Nothwendigkeit der Errichtung einer staatlichen Seebehörde betont worden, auch von fachmännisch gebildeten Kreisen. Der Direktor der Navigationsschule Niebuhr verlangt umfassende Maßregeln und Vorschriften für den Bau der Seeschiffe. Man sollte kein Schiff in See gehen lassen, das nicht mit einer Tieflademarke versehen ist. Der Germanische Lloyd, dem die Kontrole anvertraut werden soll, ist ein Privat⸗Aktienunternehmen, gegründet, um den Aktionären Dividenden zukommen zu lassen. Gleichgültig ist hierbei, ob der Lloyd schon Dividenden behsb hat. Wenn der Lloyd Zuwendungen seitens der verbündeten Regierungen erhält, so wird ihm die Zahlung von Dividenden erleichtert; daß das aber auf Kosten der Steuerzahler geschehen soll, ist mir nicht begreiflich. Es ist nicht nur eine Prüfung der Schiffe auf ihre Seetüchtigkeit nöthig, sondern auch darauf, ob der Aufenthalt auf ihnen erträglich ist. Die See⸗Berufsgenossenschaft eignet sich nicht zu dieser Kontrole. Sie ist darauf angewiesen, so wenig wie möglich Kosten zu machen und beschränkt sich daher auf das Nothwendigste. Es ist auf die Konkurrenzfähigkeit hingewiesen worden. Die Nation, die die besten Schiffe hat, wird auch den größten Seeverkehr haben; je seetüchtiger die Schiffe sind, desto mehr werden sie benutzt werden. Es handelt sich auch um die Schiffe, auf denen Auswanderer befördert werden. Das Deutsche Reich hat die Pflicht, vor allem für die Sicherheit dieser Auswanderer zu sorgen, die ihr Leben und ihre Gesundheit dem Schiffe anvertraut haben, wenn die schlechten Verhältnisse sie aus ihrem Vaterlande herausgebracht haben. Daß der Reichskanzler der Frage einer eigenen Reichs⸗Kontrolbehörde erst näher treten will, wenn mit dem Germanischen Lloyd schlechte Erfahrungen gemacht worden sind, ist doch sehr bedauerlich. Was die Frage einzelner Sicherheits⸗ maßregeln betrifft, so bin ich zu wenig Fachmann, um näher darauf eingehen zu können. Auch hier entsteht die Frage: Wer hat die Kontrole über das Rettungswesen, wer über die den Schiffen beigegebenen Rettungsmaterialien? Für das Beste würde ich hier eine Behörde halten, die völlig unabhängig ist, namentlich von denjenigen, über die die Kontrole zu üben ist. Die See · Berufsge ossenschaft ist von den Rhedern nicht unabhängig. Die Frage ist nicht im Interesse der Rheder, sondern im Interesse derer, die ihr Leben dem Schiff anvertrauen, zu entscheiden.
SStaatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher:
Meine Herren! Ich habe nicht annehmen können, daß die vor⸗ liegende Interpellation zu so heftigen Vorwürfen würde führen können, wie sie soeben aus dem Munde des Herrn Vorredners vernommen worden sind. Ich bin mir bewußt, daß die Fürsorge der verbündeten Regierungen für die Seeleute und für die Passagiere, die ihr Leben und ihre Gesundheit dem Seeverkehr anver⸗ trauen, nicht geringer ist, als die Fürsorge des Herrn Abg. Singer, und ich darf um so mehr die vorige Erklärung des Herrn Reichskanzlers
dahin bestätigen, daß die verbündeten Regierungen fortgesetzt der Sicherheit des Seeverkehrs ihr Interesse zuwenden, als noch gerade gegenwärtig in Bezug auf die Schiffer⸗ und Steuermanns⸗Prüfungen im Bundesrath Beschlüsse gefaßt sind, welche bei der seemännischen Bevölkerung eine eingehendere Kenntniß der wichtigen Vorschriften des Seestraßenrechts zu einem unerläßlichen Erforderniß für ihre Prüfung machen. Ich werde nicht in dem Ton antworten, den der Herr Vorredner angeschlagen hat, sondern ich glaube, daß der Ernst der Frage und der Ernst und die tiefe Be⸗ deutung des Unglücksfalles, der zu der Interpellation Veranlassung gegeben hat, eine ruhige und würdige Behandlung auch in diesem Hause erfordere. (Sehr richtig!) Meine Herren, mit dem Ziel, welches der Herr Vorredner sich gesteckt hat, können wir alle durchaus einverstanden sein. Es handelt sich in der That um eine ernste Aufgabe, wenn wir dahin streben, den Verkehr zur See gegen die Gefahren der Seefahrt sicher zu stellen, und es würde durchaus verwerflich sein, wenn man sich von irgend einer Maßregel, die diesem Ziele näher führt, dadurch abhalten ließe, weil man etwa eine Schwächung der Konkurrenzfähig⸗ keit des deutschen Handels und der deutschen Schiffahrt fürchtet. So habe ich auch den Herrn Abg. Jebsen nicht verstanden, daß er um des finanziellen Juteresses willen die Rücksicht auf die Fürsorge für Leben und Gesundheit im Seeverkehr hintanstellen will. Vor allen Dingen muß ich den Herrn Reichskanzler und mich ausdrücklich dagegen verwahren, daß ich neulich in der Budgetkommission und der Herr Reichskanzler heute irgend eine Andeutung gemacht hätte, daß aus finanziellen Rücksichten etwas unterbleiben solle, was zur Vermehrung der Sicherheit des Seeverkehrs dient. Ich werde, um den Zweifel, den ich bei dem Herrn Vorredner in einer mißverständ⸗ lichen Auffassung der Worte des Herrn Reichskanzlers finden möchte, zu beseitigen, noch einmal den Passus vorlesen, in dem eine Bemer⸗ kung des Herrn Reichskanzlers enthalten ist, die zu der falschen Deutung des Herrn Vorredners Veranlassung gegeben hat. Der Herr Reichskanzler sagte, nachdem er den Weg angedeutet hatte, auf dem zur Zeit von der Reichsverwaltung das gemeinsame Ziel angestrebt wird:
Auf diesem Wege wird sich die Einführung einer Reichskontrole über den Schiffsbau, gegen welche sich die Regierungen der Bundes⸗ seestaaten in Uebereinstimmung mit den interessierten Kreisen ausgesprochen haben und welche eine recht kostspielige Organisation erforderlich machen würde, voraussichtlich als unnöthig erweisen. Sollten dabei sich gleichwohl Mängel ergeben, so werden sich die verbündeten Regierungen der Einführung einer staatlichen Ueberwachung des Schiffsbaues nicht entziehen können.
Ich verstehe nicht, wie aus diesen Worten des Herrn Reichskanzlers der Herr Abgeordnete das hat heraushören können, was er zum Aus⸗ gangspunkt eines schweren Vorwurfs gegen die verbündeten Regierungen gemacht hat. Darüber kann doch auch bei ihm kein Zweifel sein, daß, wenn man mehrere Wege besitzt, um zu einem anzustrebenden Ziele zu gelangen, man wohl thut und zwar auch im Interesse der Nation wohl thut, den billigeren Weg zu wählen, und es handelt sich hier einfach um die Frage: führt der Weg, welcher augenblicklich eingeschlagen worden ist, zum Ziel?
Eine weitere mißverständliche Aeußerung und Auffassung de Herrn Vorredners lag darin, wenn er meinte, daß die Regierun irgend ein Abkommen mit dem Germanischen Lloyd abgeschlossen hab Das ist nicht der Fall. Da aber die ganze Auffassung des Herrn Vorredners über die Lage der Dinge, wie sie sich entwickelt hat und wie si augenblicklich gestaltet ist, eine mißverständliche ist, so werden Sie mir wohl gestatten, diese Entwicklung noch einmal, wie ich das neulich in der Budgetkommission bereits gethan habe, Ihnen vorzuführen.
Vor einigen Jahren kam, und zwar von seiten des dem Reichs⸗ amt des Innern nachgeordneten Schiffs⸗Vermessungsamts die Anregung auf Einführung einer Reichskontrole für den Schiffsbau. Diese An regung konnte selbstverständlich nicht ohne weiteres verfolgt werden, bevor man sich nicht in den Besitz des Materials gesetzt hatte, welches eine Würdigung dieser Anregung allein verbürgte, und bevor man nicht die Auffassung der Bundes⸗Seestaaten, die bei dieser Frage ja vorwiegend betheiligt sind, kennen gelernt hatte. Es wurde deshalb eine Rundfrage an die Regierungen der Bundes⸗Seestaaten gerichtet, und diese Rundfrage beschäftigte sich wesentlich damit, zu er fahren, ob ein Bedürfniß von seiten der Regierungen aner⸗ kannt werde. Die Regierungen wandten sich an die Interessenten⸗ kreise. Dadurch kam auch diese Rundfrage an die Oeffentlichkeit, und die Herren, die damals sich für den Gegenstand interessiert haben, werden alle bemerkt haben, daß mit einer ganz außerordentlichen Lebhaftigkeit von seiten der Interessentenkreise diese Anregung be⸗ kämpft wurde.
Die Aeußerungen der Regierungen der Bundes⸗Seestaaten gingen nun übereinstimmend dahin, daß die Einführung einer Reichskontrole für den Schiffsbau nicht allein in den betheiligten Kreisen außerordentlich unsympathisch aufgenommen werden würde, sondern sie äußerten sich auch dahin, daß zur Einführung einer solchen Kontrole ein Bedürfniß nicht anerkannt werden könnte. Diese Auffassung wurde von mehreren Regierungen auf die Erfahrungen gegründet, die man bisher in der Schiffahrt mit den Schiffsverlusten und den Unglücksfällen, die sich ereignet haben, gemacht hatte. Und in der That ergab die Statistik über diese Unglücksfälle, sowohl was den Totalverlust an Schiffen anlangt, als auch was den Verlust an Menschenleben anlangt, ein günstiges Resultat für die deutsche Flotte. Ich kann in dieser Be⸗ ziehung die Zahlen wiederholen, welche ich bereits neulich in der Budgetkommission anzugeben mir erlaubt habe. Danach beträgt der Durchschnitt der Totalverluste in den Jahren 1883 bis 1892 für alle Stationen: 2,03 % des Schiffsbestandes; in Deutschland beträgt er nur 1,72 %, in England dagegen 2,28 %, und ich bemerke, daß in England eine staatliche Schiffskontrole besteht (hört, hört! links); in Frankreich beläuft sich der Prozentsatz auf 1,98 %. Also, meine Herren, Deutschland steht diesen beiden großen Flottenstaaten günstiger