1895 / 39 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 13 Feb 1895 18:00:01 GMT) scan diff

aris, 12. Februar. (W. T. B.) Das Tribunal der Seine

1 ö“ 82 Nordbahn⸗Gesellschaft verurtheilt, den Erben der Frau

In aus Stockholm, welche bei dem Eisenbahnunfall bei pilly ihr Leben einbüßte, folgende Beträge zu zahlen: 1) Fräulein Agnes Holm 50 000 Fr., 2) der Wittwe Holm eine monatliche Lebensrente von 300 Fr., 3) für das verlorene Gepäck eine Ent⸗ schädigung von 2600 Fr.

Theater und Mufik.

1 Dentsches Theater.

Gestern Abend kam ein Schwank in vier Akten von Carlot Reuling „Der Mann im Schatten’ zur ersten Aufführung und erzielte eine recht freundliche, wenn auch nicht einwandfreie Aufnahme. Der Verfasser hat mit seinem Stück eine Satire auf jene unwissenden reichen Streber schreiben wollen, die im Sonnen⸗ licht leicht erworbener, allgemeiner Gunst als Kinder des Glücks ihren Weg emporsteigen, während der kluge und leistungsfähige Mann, dem das Talent, sich geltend zu machen, fehlt, im Schatten steht. Der Verfasser stellt zwei Figuren, den Rentier Merkel und seinen Privatsekretär Dr. Bergmann, in den Vorder⸗ grund der Handlung. Der reich gewordene Maurermeister und jetzige Rentier Merkel gilt als talentvoller Redner, als vielbeschäftigter und vielgesuchter Förderer des Gemeinwohls, während der arme Bergmann, der Verfasser der rednerischen Ergüsse und des weitverzweigten Briefwechsels Merkel's, unbekannt bleibt und gegen unbedeutenden Lohn arbeitet. Eine kecke Rede, die dem Dr. Bergmann vor zehn Jahren eine derbe Niederlage hat, verhilft jetzt dem Maurermeister, den sie der Sekretär bei passender Gelegenheit noch einmal haltem läßt, zu einer gewissen Berühmtheit und zu der Aussicht auf ein Reichstags⸗ mandat. Die Liebe, die der Sekretär für Merkel's Tochter hegt, muß ihm Trost gewähren über die ihm vorenthaltene literarische und politische Anerkennung. Der leitende Gedanke des Stücks ist im ganzen launig durchgeführt, doch tritt der satirische Geist des Verfassers mehr in dem weit ausgesponnenen Dialog als in der Handlung zu Tage, und dadurch verliert die Scenenführung öfter an Wirkungskraft und Eindruck. Die Darstellung der Haupt⸗ rolle, des Maurermeisters Merkel, durch Herrn Hermann Müller unterstützte die satirischen Absichten des Dichters aufs kräftigste; der Darsteller rief als selbstbewußter, hohler Phrasenheld und als Redner in tausend Aengsten scbeatgce Heiter⸗ keit hervor. Herr Pauli als Schneidermeister Lehmann war dagegen mehr drastisch als komisch. Den burschikosen Dr. Bergmann ge Herr Jarno besonders im zweiten Akt, in seinem Junggesellen⸗

eim, mit fröhlicher Laune. Hier hatte auch Frau Wilbrandt⸗ Baudius in der Episodenrolle einer gemüthlichen Zimmer⸗ vermietherin Gelegenheit, ihr Talent zu zeigen. Die Rolle der jungen Naiven, Trude Merkel, war durch Fräulein Eichenberg besetzt, der es im Ton und in der Spielweise etwas an Frische gebrach.

Konzerte. 8

Der zweite Liederabend des Kotzolt'schen Gesangvereins

8 cappella), der am Montag im Saal der Sing⸗Akademie statt⸗ and, war zahlreich besucht und begann mit drei Madrigalen von dem Engländer John Wilbye (1609), Leo von Haßler (1601) und Annibal Stabile (1585)), unter denen das sechsstimmige Madrigal Haßler's durch seine lebhafte polyphonische Gestaltung als das bedeutendste erschien. Das reichhaltige rogramm bot ferner noch künstlerische Genüsse mannigfaltigster Art, wie Haydn's Chorlied „Alles hat seine Zeit“, das wundervolle Quintett für Alt und Männerchor von M. Fleischer, zwei Chorlieder von Martin Grabert, die, sehr melodiös gehalten, dem Vorbilde der Mendels⸗ sohn'schen Quartette folgen, und Georg Vierling's „Der schnellste Reiter ist der Tod“, das den tief ergreifenden Ernst des Textes musikalisch trefflich wiedergiebt und die Klangschönheit des Chors vortheilhaft zur Geltung brachte. Den Beschluß bildeten Schumann'’s „Gute Nacht“ und M. Bruch'’s

Chorlied für sechs Stimmen, betitelt „Waldpsalm“ Die Ausführung aller Gesänge war, was Stimmenklang und Präzision in der Zu⸗ sammenwirkung betrifft, eine höchst lobenswerthe und gereichte dem Dirigenten, dem Königlichen Leo Zellner, zur be⸗ sonderen Ehre. Der Pianist Felix Dreyschock, der das Konzert unterstützte, trug mehrere Klavierstücke von Weber, Chopin, sowie eigener Komposition auf einem klangvollen Duysen'schen Flügel vor und erntete, gleich dem Verein, reichen Beifall.

Ueber das Konzert der Altistin IJda Junkers (aus Düsseldorf), welches gleichzeitig im Saal See stattfand, ist wenig Er⸗ freuliches zu berichten. Die Stimme ist sehr kräftig, jedoch die Aus⸗ bildung noch nicht so weit vorgeschritten, um ein öffentliches Auf⸗ treten zu v. en. Der hier bereits bekannte Pianist Dr. O. Neitzel (aus Köln) trug Beethoven’'s F-moll-⸗Sonate p. 57) und zwei kleinere Stücke von Brahms und Liszt vor, deren Ausführung 8 dem spärlich erschienenen Publikum mit Anerkennung aufgenommen wurde.

Im Königlichen Opernhause werden morgen Mascagni's „Cavalleria rusticana“ und Rossini's „Barbier von Sevilla“ ge⸗ eben. Die Damen Pierson, jerog. Lammert, Deppe, die Herren

ylva, Sommer, Fränkel, Mödlinger, Schmidt treten in diesen Opern auf; die Kapellmeister Muck und Weingartner dirigieren.

Im Koͤniglichen Schauspielhause wird morgen Richard Skowronnek’'s Lustspiel „Halali“ gegeben (Damen Poppe, von May⸗ burg, Seebach, Herren Klein, Keßler, Grube, Purschian, Hertzer). Hierauf folgt der Schwank „Die stille Wache“.

Im Deutschen Theater kann Grillparzer's Lustspiel „Weh dem, der lügt“ mit Agnes Sorma als Eldrita und Josef Kainz als Leon nur noch einige Male zur Darstellung kommen, da die Genannten demnächst einen Urlaub antreten.

Im Neuen Theater geht dem Volksschauspiel „Liebe von Heut“ von Robert Misch seit vorgestern ein gefälliges einaktiges Lust⸗ spiel mit dem Titel „Unsere Backfische“ voran.

Im Zentral⸗Theater gelangt am nächsten Sonnabend eine neue Posse von Wilhelm Mannstädt und Julius Freund (Musik von Julius Einödshofer), betitelt „Unsere Rentiers“ zur ersten Aufführung. Der dritte Akt des Stückes wird den Zuschauer in den Grunewald ver⸗ setzen und ihm das Volksleben und Treiben gelegentlich der Hubertus⸗ jagd vor Augen führen. Direktor Schulz hat nach dem Muster Londoner Bühnen den Schauplatz, eine landschaftlich besonders schöne Partie des Grunewalds, mit Hilfe der neuesten Tricks auf dem Ge⸗ biete der Bühnentechnik genau der Natur nachbilden lassen; die Scenerie bietet demnach nichts Gemaltes, sondern wirklichen Waldboden und natür⸗ liche Baumstämme. Morgen geht das bisherige Revpertoirestück „O, diese Berliner“ zum letzten Mal in Scene; am Freitag bleibt * 1g der Generalprobe zu „Unsere Rentiers“ wegen ge⸗

ossen.

Morgen Abend 7 ½ Uhr wird in der Marienkirche zum Besten der Obdachlosen eine Hhetei Musikaufführung stattfinden, die vom Vorstand des Vereins „Dienst an Arbeitslose“ veranstaltet ist. Mitwirken werden darin die Oratoriensängerin Fräulein Henriette Liebert, der Regierungs⸗Rath Chrzescinski die Kammervirtuosen Felix Meyer (Bioline) und Franz Poenitz (Harfe), der Kammermusiker Fritz Maneke (Violoncello) sowie der 1““ Dienel, welcher auf der neuen schönen Orgel spielen wird. Karten zu 3, 2 und 1 sind vorher bei Bote und Bock, Leipzigerftraße 37, beim Küster, Bischofstraße 4 und 5, und am Konzertabend am Süd⸗ portal der Kirche zu haben.

Mannigfaltiges.

Herr Geheimer Regierungs⸗Rath Professor Ernst Curtius ist, wie die „Nat.⸗Ztg.“ mittheilt, am letzten Sonntag von einem be⸗ dauerlichen Unfall betroffen worden. Als der greise Gelehrte am Nachmittag in der Friedrich⸗Wilhelmstraße einen Besuch abstatten wollte, wurde er von einem Schlitten umgerissen und erlitt einen Bruch des linken Schlüsselbeins sowie eine Verletzung am linken

Auge. Bei dem hohen Alter des allverehrten Universitätslehrers sind Besorgnisse leider nicht ausgeschlossen. Die hiesige Studentenf

es ihm eine Theilnahme⸗Adresse zu überreichen. Professor Curtius atte bekanntlich schon einmal, vor mehreren Jahren, das Unglück von einer Droschke überfahren zu werden.

In der Urania finden morgen, am Freitag und Sonnab zum Besten der Hinterbliebenen der „Elbe!⸗Katastropid Aufführungen des Ausstattungsvortrags Zwei Amerikafahrten“ statt. An diesen drei Abenden wird das Schicksal der „Elbe“ einer besonderen e unterzogen und das verunglückte Schiff selbst dargestellt werden. *

Mährisch⸗Ostrau, 13. Februar. Im Schacht Elgoch stürzte infolge mangelhafter 85 ein größerer Theil der Flötzdecke ein und begrub die daselbst beschäftigten Arbeiter, von denen, wie „W. T. B.“ meldet, drei getödtet und einer schwer ver⸗ letzt wurden. 1

Malta, 12. Februar. Der Hamburger Schnelldampfer „Augusta Victoria“ traf heute früh 7 Uhr wohlbehalten hier ein. Das Wetter ist sonnig und warm.

Paris, 12. Februar. Wie die hier erscheinende Ausgabe des „New⸗ York Herald“ berichtet, hat die Ankunft des Dampfers „Gas⸗ cogne“ in New⸗York besonders bei den Angehörigen der dortigen französischen Kolonie außerordentliche Freude hervorgerufen. Am Gebäude der „Compagnie Transatlantique“ wurde die französische Flagge ge⸗ hißt und von einer großen Menschenmenge mit dem Ruf „Vive la Gascogne!“ begrüßt. Der Verwaltungsrath der Compagnie Transatlantique beglückwünschte den Kapitän der „Gascogne“ und beschloß, ihm zur für die auf der letzten Ueberfahrt bewiesene Energie eine goldene Medaille zu über⸗ reichen. Ueber den Verlauf der Fahrt wird noch Folgendes be⸗ richtet: Am 29. Januar, als die „Gascogne“ Havre seit 3 Tagen verlassen hatte, stand plötzlich die Maschine still; die Passagiere wurden benachrichtigt, daß ein Zylinderkolben gebrochen sei. Während die gesammte Maschinenmannschaft die Ausbesserung begann, trieb die „Gascogne“ auf der See. Nach achtzehnstündiger Arbeit war es gelungen, ein Messingband um den Bruch zu legen. Die „Gascogne“ machte nun 9 Meilen in der Stunde. Am 2. Februar brach die Kolbenstange zum zweiten Mal, und das Schiff mußte in⸗ folge dessen behufs Ausbesserung 41 Stunden still liegen. Während der folgenden Stürme wurde die „Gascogne“ 150 Meilen vom Kurse abgetrieben und furchtbar von den Wellen geworfen, sodaß die Passagiere unruhig wurden. Am 7. und 9. Februar erfolgten weitere Brüche der Kolbenstange. Am Montag trafen zwei Dampfer die „Gascogne’“; letztere lehnte aber die angebotene Hilfe ab.

New⸗York, 12. Februar. Wie der „New⸗York Herald“ meldet, hatte die hier eingetroffene „Umbria“ gleich der „Teutonia“ eine sehr schlimme Fahrt. Die „Umbria“ nahm den Kapitän und die Mannschaft der Barke „Jean Baptiste“ aus Havre auf. Der Dampfer „Patria“, welcher bei Sandyhook aufgefahren war, ist wieder flott gemacht worden und nach Hamburg abgegangen.

Toronto, 8. Februar. Ein schreckliches Unglück ereignete sich, dem „R. B.“ zufolge, heute auf der Grand Trunk⸗Eisenbahn in der Nähe von Weston: es stießen dort zwei Personenzüge, von denen der eine im Schnee stecken geblieben war, zusammen. Zwei Leichname wurden aus den Trümmern hervorgezogen, während zwei andere, wie man befürchtet, gänzlich verbrannten. Acht bis zehn Per⸗ sonen erhielten Verletzungen.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und zweiten Beilage.)

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Stationen. Wetter.

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Temperatur

Regisseur Tetz

Belmullet.. 759 wolkenlos Aberdeen 766 heiter Christiansund 766 wolkenlos Kopenhagen. 766 bedeckt Stockholm . 770 2 Schnee [ . 764 S 2 halb bed. t. Petersbg 767 1 Nebel Moskau 762 2 Schnee Cork, Queens⸗ toww 762 S 5 bedeckt Cherbourg. 766 OSO 1swolkenlos Helder 767 NO 1 Nebel Sylt 766 NO 1 bedeckt mburg.. 765 NNO 2 Nebel 817 83 1 2 Dunft.) Neufa rwasser 7 Schnee Memel . 761 NNO. Z bedeckt 766 still bedeckt 762 NNW 3 wolkig 764 SW 4 Schnee 7 763 N. 2bedecktk⸗) 8 763 SSO 4 halb bed. ³) 16 766 still Nebel) 18 ö764 WNW l wolkig 12 Wien 764 WNW A bedeckt 8 Breslau. 762 WNW 3 bedeckt - 11

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Freitag: 12 14 9 4 12 10 10

Weingartner, 7 ½ Uhr.

fang 7 ½ Uhr.

der lügt!

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²) Nachts Schnee. ³) Hoch⸗ bes,n

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¹) Nachts Schnee. nebel. ⁵) Rauhfrost.

Uebersicht der Witterung.

Ein Hochdruckgebiet erstreckt sich von der Biscaya⸗ See nordostwärts nach Lappland hin mit einem Maximum von 7711mm Höhe über Mittelschweden; am niedrigsten, unter 750 mm, ist der Luftdruck über onnabend: der Balkan⸗Halbinsel. Die Luftbewegung ist fast W... überall schwach, im südlichen Nord⸗ und Ostseegebiet aus nordöstlicher, im Binnenlande Zentral⸗Europas aus veränderlicher Richtung. In Deutschland dauert die trübe, kalte Witterung mit gelegent⸗ lichen Schneefällen fort; in den südlichen Gebiets⸗ theilen hat der Frost erheblich zugenommen, dagegen an der ostdeutschen Küste ist es wieder wärmer ge⸗ worden. Am kältesten ist es im südöstlichen Deutsch⸗ land, wo die Temperatur bis zu 18 Grad unter Null liegt. Auch in Schweden und Nordwest⸗Rußland Herrscht sehr strenge Kälte.

Deutsche Seewarte.

Excellenz.

Theater⸗Anzeigen.

Königliche Schauspiele. Donnerstag: Opern⸗ haus. 40. Vorstellung. Cavalleria rusticana. (Bauern⸗Ehre.) Oper in 1 Aufzug von Pietro Mascagni. Text nach dem gleichnamigen Volksstück von G. weaes.

aff.

Der Barbier von Sevilla.

in 2 Aufzügen von Gioachimo Rossini.

nach Beaumarchais, von Cesar Sterbini

von Ignaz 1.“ Kapelmeister Wein⸗ r

Theater Unter den Linden. Behrenstr. 55/57. Direktion: Julius Fritzsche. Donnerstag: Mit neuer Ausstattung: Der Probekuß. Operette in 3 Akten von Hugo Wittmann und Julius Bauer. Musik von Carl Millöcker. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Herr Kapellmeister Federmann. Hierauf: Tanz⸗Divertissement. Anfang 7 ½ Uhr.

gartner. Anfang

Schauspielhaus. spiel in 4 Aufzügen von Richard Skowronnek. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Die stille Wache. Richard Skowronnek. In Scene gesetzt vom Re⸗ gisseur Plaschke. Opernhaus. der Königlichen Kapelle. m Königlicher Kapellmeister.

Schauspielhaus. 45. Vorstellung. thätigen Zweck. Franz von Schönthan und Gustav Kadelb An⸗

Deutsches Theater. Donnerstag: Weh dem, Anfan Freitag (21.

Mann im Schatten. Sonnabend: Der Mann im Schatten.

Berliner Theater. Donnerstag: Madame Anfang 7 ½ Uhr. (23. Abonnements⸗Vorstellung):

Sonnabend: Zum ersten Male: Die Kinder der

(Vorverkauf von heute ab.) 6—

Friedrich-Wilhelmstädtisches Theater.

Chausseestraße 25/26.

Der Obersteiger. Perlte in d. M

Donnerstag: z.ig büeer. E un 23 Hel aarl Zeller. Regie: redy.

Kapellmeister Feche: A Freitag: Der Obersteiger.

Residenz-Theater. Binmenstraße Nr. 9. Direktion: Sigmund denge-ne. Donnerstag: Fer

arbeitung von Benno Jacobson. kontrakt.

In Scene gesetzt vom Ober⸗ Dirigent: Kapellmeister Dr. Muck. Komische Oper Dichtung

Backsische. Schwank in 1 Akt.

44. Vorstellung. Halali. Lust⸗

Schwank in 1 Aufzug von

Anfang 7 ½ Uhr.

7. Symphonie⸗Abend

Dirigent: Her Felix nfang Freitag: Der Probekuß.

Zum wohl⸗ -—V

Lustspiel in 4 Aufzügen von

Anna Bäckers. Josefine Dora. mit Gesang und Tanz. 7 ½ Uhr. bonnements⸗Vorstellung): Der zu „Unsere Rentiers“ geschloffen 1“ Sonnabend: Zum ersten Meutiers. 4 Akten von Wilhelm Musik von Julius Einödshofer.

Uriel treten der ersten

Nach dem

sangsposse mit Tanz. ⸗o von Jonas

Gaiety Girl“

Jacobson und Jean Kren.

Aus Berlin Freitag: Dieselbe Vorstellung.

in 3 Akten von Georges Feydeau, in deutscher Be⸗ Anfang 7 ½ Uhr. Freitag und folgende Tage: Fernand’s Ehe⸗

Neues Theuter. Schiffbauerdamm 4a./5.

Donnerstag: Liebe von Heut. in 4 Akten von Robert Misch. Vorher: Unsere Anfang 7 ½ Uhr. Freitag: Privat⸗Vorstellung. Für diese Vorstellung übersetzt findet ein öffentlicher Billetverkauf nicht st 3 Sonnabend: Liebe von Heut. 1 8

Bentral⸗-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Direktion: Richard Schultz. Emil Thomas a. G. Donnerstag: Zum letzten Male: O, diese Berliner! Große Anfang 7 ½ Uhr. Freitag bleibt das Theater wegen Generalprobe

ale: Novität! Unsere Große Posse mit Gesang und Tanz in annstädt und 992 Geboren: Ein Sohn:

Adolph Ernst⸗Theater. Donnerstag: Auf⸗ irouette⸗ und Courbette⸗Tänzerin Englands Miß Rose Batchelor vom Prince of Wales⸗ Theater in London. Ein fideles Corps. Große Ge⸗

Lessing⸗Theater. Donnerstag: Ghismonda.

Anfang 7 ½ Uhr. Fetag. Der Fall Clémenceau. Zum ersten Male:

geS Original

arbeitet von Eduard Jacobson und Jean Kren. Vorher: Gesindeball. Schwank in 1 Akt von Ed. Anfang 7 ½ Uhr.

Birkus Renz (Karlstraße)h. Nur noch kurze üs Donnerstag: Große brill. Vorstellung, unter

itwirkung der 1 Künstlerinnen und Künstler. Tjo Ni En. Sensationelle Tänze, u. a. Original, le grelots vivants, jeu des barbichons ꝛc. Original! Neue Mustk⸗Einlagen. Außerdem: das Apportierpferd Mohr, hierauf ein hippol. Potpourri, vorgef. v. Herrn R. Renz. Auftr. d. Schulreiterin Frl. Wally Renz mit dem Se Cromwell u. dem Steiger Alep. Das Schulpferd Candelaber, ger. v. Herrn Ernst Renz. Das irl. Springpferd Blitz, ger. von Frau Reng⸗ Stark. Anfang 7 ½ Uhr. 8K:Seäin Große Komiker⸗Vorstellung. I.10 Ni.

n.

Sonnabend, Abends 7 ½ Uhr: Große Extra⸗Vor⸗ stellung zum Benefiz für den beliebten Klown und „August“ Mr. Lavater Lee.

Sonntag, 2 Vorstellungen, Nachmittags 4 Uhr (ermäßigte Preise): Die lustigen Heidelberger. Abends 7 ½ Ühr: TIo Ni En.

ESsSseEREHRR FMEDIECUN-aSSHMFaxAxcxAxgs2KgeeEa-e Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Annemarie Vorberg mit Hrn. Prem⸗ Lieut. Hans Vorberg (Schöneberg bei Berlin- Burg). Irmgard bech von Eckhardtstein mit

osse, Hrn. Referendar Siegfried von Volkmann

ben a. S.) Marietta Gräfin Matuschka,

Volksschauspiel

reiin von Toppolczan und Spaetgen mit Hrn. jeut. Alexander Frhrn. von Elverfeldt (Bechau-— Breslau). Frl. Jula Guenter mit Hrn. Gym⸗ nasial⸗Oberlehrer Dr. phil. Gustav Schönaich

rn. Pastor Ernst Geß 8 ben Hrn. Professor Dr. Kurt Hensel

b Berlin). Hrn. Pastor Bollow (Leubus). rn. Pastor Röchling (Pfarrhaus Jackschönau). Major Max Senfft von Füsach (Dresden). Hrn. Oberst (Halle a. S.) Hrn. Pastor Zugbaum (Pfarr⸗ haus Deutsch.Ossig O.⸗L.). 1 Gestorben: Diakonissin Frl. Marie von Hern Bethanien E Hr. Ober⸗ ppellations⸗Rath a. D. Adolf von Mandelsloh n. sh. Charlotte von Röͤge, gesn 8 resky (Berlin). Fr. Konsistorial⸗Präsiden

Christine Wunderlich, geb. Viereck Berlin).

ine Tochter: Hrn.

idney frei be⸗

usik von Konzert.

Dirigent: Herr

nfang 7 ¼ Uhr. Billets

nachts⸗Feier. Hauses.

à la patte.) wank

Konzerte.

Konzert-Haus. Donnerstag: Karl Meyder⸗ Gesellschafts⸗Abend.

Dienstag, den 26. Februar (Fastnacht): Fast⸗ à 3 im

Saal Bechstein. Linkstraße 42. Donnerstag, Anfang 8 Uhr: II. Lieder⸗Abend von Selma Nicklaß⸗Kempuer, unt. güt. Mitw. des Hof⸗Cello⸗ virtuos Herrn Heiur Grünfeld

Hr. Stabsarzt Dr. Constantin Paak (Dresden⸗ Hr. Amtsrath Johannes Baäyer Breblau).

vr. Geh. Justiz⸗ und Ober⸗Landesgerichts⸗ udwig Lefeldt (Breslau).

Verantwortlicher Redakteur: J. V.: Siemenroth in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und VerLao Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 3

Sechs Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).

ureau des

önigreich Preunßen.

Bekanntmachung,

hetreffend das Staats⸗Anlehen der vormals freien Stadt Frankfurt a. M. von 8 500 000 Fl. d. d. 9. April 1839.

Bei der am 15. d. M. stattgefundenen 54. Verloosung des 3 % igen Staats⸗Anlehens der vormals freien Stadt Frankfurt a. M. vom 9. April 1839 wurden für die zur Kapitaltilgung in 1895/96 vorgesehene Summe die nachverzeichneten Schuldverschreibungen gezogen:

1) zur Rückzahlung auf den 1. April 1895.

26 Stück Litt. B. à 1000 Fl. = 1714 29 Nr. 3 67 150 239 240 270 298 303 324 333 368 381 384 396 432 437 466 557 671 679 836 844 906 953 1058 1071 = 44 571 54 ₰.

26 Stück Litt. B. à 500 Fl. = 857 14 Nr. 1115 1157 1159 1178 1192 1198 1251 1258 1364 1380 1488 1505 1620 1624 1669 1672 1692 1694 1802 1809 1883 1954 1967 2036 2051 2061. = 22 285 64 ₰.

25 Stück Litt. B. à 300 Fl. = 514 29 Nr. 2110 2175 2221 2226 2235 2262 2331 2366 2386 2420 2429 2435 2467 2574 2577 2659 2676 2704 2741 2841 2922 2979 2980 3028 3039 = 12 857 25 ₰.

25 Stück Litt. B. à 150 Fl. = 257 14 Nr. 3145 3159 3201 3211 3242 3281 3313 3327 3352 3372 3402 3414 3679 3715 3767 3775 3830 3864 3972 3991 3999 4023 4056 4080 4082 = 6428 50 ₰.

18 Stück Litt. B. à 100 Fl. = 171 43 Nr. 4117 4162 4176 4229 4301 4307 4333 4336 4339 4360 4443 4496 4512 4577 4628 4724 4802 4830 = 3085 74 ₰.

120 Stück über 89 228 67 ₰.

9) zur Rückzahlung auf den 1. Juli 1805.

26 Stück Litt. C. à 1000 Fl. = 1714 29 Nr. 31 121. 144 163 283 301 309 354 369 388 441 443 454 526 541 546 598 672 704 732 845 846 900 957 997 1084 = 44 571 54 ₰.

26 Stück Litt. C. à 500 Fl. = 857 14 Nr. 1109 1130 1131 1211 1225 1240 1273 1359 1384 1457 1573 1680 1704 1718 1724 1753 1770 1771 1780 1806 1911 1943 1960 1967 1990 2052 = 22 285 64 ₰.

25 Stück Litt. C. à 300 Fl. = 514 29 Nr. 2170 2245 2295 2300 2336 2389 2511 2522 2661 2678 2685 2695 2708 2757 2772 2784 2791 2816 2861 2872 2989 3028 3035 3042 3074 = 12 857 25 .

26 Stück Litt. C. à 150 Fl. = 257 14 Nr. 3162 3199 3215 3229 3240 3262 3271 3287 3339 3348 3367 3383 3503 3531 3597 3609 3692 3694 3733 3800 3831 3920 3976 3977 4019 4056 = 6685 64 ₰.

16 Stück Litt. C. à 100 Fl. = 171 43 Nr. 4162 4221 4243 4246 4287 4311 4315 4365 4398 4419 4440 4649 4667 4693 4696 4727 = 2742 88 Z. 8

119 Stück über 89 142 95 ₰.

3) zur Rückzahlung auf den 1. Oktober 1895.

27 Stück Litt. D. à 1000 Fl. = 1714 29 Nr. 1 28 74 89 214 233 269 275 285 312 345 346 421 496 506 529 570 629 767 791 877 919 948 950 965 1067 1094 = 46 285 83 ₰.

27 Stück Litt. D. à 500 Fl. = 857 14 Nr. 1118 1142 1169 1218 1232 1266 1270 1283 1350 1432 1461 1464 1543 1577 1665 1699 1708 1748 1762 1765 1821 1887 1900 1985 2069 2084 2093 = 23 142 78 ₰.

27 Stück Litt. D. à 300 Fl. = 514 29 Nr. 2188 2197 2286 2300 2361 2383 2392 2399 2477 2484 2497 2498 2643 2646 2688 2744 2805 2820 2830 2860 2870 2892 2919 2961 2992 3034 3044 = 13 885 83 ₰.

16 Stück Litt. D à 150 Fl. = 257 14 Nr. 3134 3332 8345 3423 3478 3479 3555 3670 3891 3943 3953 3973 3985 4001 4066 4094 = 4114 24 ₰.

10 Stück Litt. D. à 100 Fl. = 171 43 Nr. 4103 4153 4194 4271 4390 4532 4620 4673 4720 4846 = 1714 30 ₰.

107 Stück über 89 142 98 ₰.

4) zur Rückzahlung auf den 1. Januar 1896.

25 Stück Litt. A. à 1000 Fl. = 1714 29 Nr. 28 33

278 313 328 331 337 339 356 357 425 436 441 458 477 662 712 723 733 768 770 879 1003 1076 = 42 857 25 ₰.

26 Stück Litt. A. à 500 Fl. = 857 14 Nr. 1157 1179 1254 1293 1312 1382 1384 1460 1471 1480 1498 1532 1539 1564 1566 1609 1743 1761 1812 182781896 1927 1962 1979 2042 2071. = 22 285 64 ₰.

27 Stück Litt. A. à 300 Fl. = 514 29 Nr. 2231 2234 2242 2310 2324 2377 2380 2386 2407 2416 2434 2541 2612 2654 2661 2668 2681 2706 2764 2848 2926 2943 2959 3028 3045 3057 3100 = 13 885 83 ₰.

26 Stück Litt. A. à 150 Fl. = 257 14 Nr. 3130 3186 3192 3210 3224 3312 3386 3468 3492 3572 3644 3645 3677 3683 3685 3714 3773 3831 3884 3920 3921 3950 4012 4084 4088 4092 = 6685 64 ₰.

20 Stück Litt. X. à 100 Fl. = 171 43 Nr. 4113 4124 4142 4186 4305 4348 4352 4361 4397 4500 4529 4545 4551 4554 4562 4598 4618 4656 4683 4687 = 3428 60 ₰. 1

124 Stück über 89 142 96 ₰.

Zusammen:

120 Stück Litt. B. über. L 8 SEE11 8 1 116161A“*““ 89 142 ‧⸗ 96 470 Stück über . . . 356 657 ℳ%ℳ 56

Die Inhaber dieser Obligationen werden hiervon mit dem Be⸗ merken benachrichtigt, daß die Kapitalbeträge, deren Verzinsung nur bis zum betreffenden Rückzahlungstermin erfolgt, bei folgenden Stellen erhoben werden können:

a. bei der Königlichen Kreiskasse in Frankfurt a. M.,

b. bei der Königlichen Staatsschulden⸗Tilgungs⸗ kasse in Berlin und

c. bei jeder Königlichen Regierungs⸗Hauptkasse.

Die Auszahlung erfolgt bei Pos. 1, 2 und 3 (Litt. B., C. und D.) gegen Rückgabe der Obligationen mit den Zinsscheinen Reihe III. Nr. 3 bis einschließlich 5, bei Pos. 4 (Litt. A.) gegen Rückgabe der Obligationen mit den Zinsscheinen Reihe III Nr. 4 bis einschließlich 6.

Der Geldbetrag der unentgeltlich zurückzugebenden, aber fehlenden Zinsscheine wird am Kapstalbeiras der Obligation zurückbehalten.

Soll die Einlösung von dergleichen Obligationen weder bei der

Koniglichen Kreiskasse in Frankfurt a. M., noch bei der Königlichen egierungs⸗Hauptkasse in Wiesbaden, sondern bei einer der anderen

Kassen bewirkt werden, so sind die betreffenden Obligationen einige

Fin vor der Auszahlung durch diese Kasse an den Unterzeichneten zur rüfung einzusenden.

Zurück stehen noch aus der:

42. Verloosung Litt. B. 4025. 47. Verloosung Litt. C. 475, D. 4217.

89 228 67 89 142 95 89 142 98

(Grunde gelegt haben. Die

gungen träfen, welche bei einem Boykott mei

Berlin, Mittwoch, den 13. Februar

48. Verloosung Litt. B. 3938, D. 3991.

49. Vereo un Litt. C. 2572 4452 4633, D. 3902.

51. Verloosung Litt. A. 2847.

52. Verloosung Litt. C. 2278, D. 2940, A. 231.

53. Verloosung Litt. B. 517 1735 1929, C. 1352 3856 4184 4537 4625, D. 783 1503 1946 2302 4092 4165 4615 4667, A. 43 127 326 349 685 927 1069 1086 1364 1533 1832 1966 2055 2346 2426 2444 2537 2561 2810 2882 2971 3013 3199 3225 3239 3505 3802 3882 4069 4317 4329 4374 4387 4549 4716 4730 4734 4749.

„Die Inhaber disser Obligationen werden zu deren Einlösung wiederholt aufgefordert. . Wiesbaden, den 19. Januar 1895. 8 Regierungs⸗Präsident. „In Vertretung: 8 Freiherr von Reiswitz

Deutscher Reichstag. itzung vom Dienstag, 12. Februar.

Die zweite Berathung des Etats wird fortgesetzt bei dem Etat des Reichsamts des Innern. Ueber den Beginn der Sitzung ist hefern berichtet worden. Nach dem Abg. Dr. Pachnicke nimmt das Wort der

Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher:

Die Anführungen der beiden Herren Vorredner ließen erkennen, daß sie sich darüber nicht im Zweifel befinden, daß es sich um eine Frage des Landrechts handelt, welche sie ihren Ausführungen zu Frage der Verbindung der Kessel⸗ revision mit der Thätigkeit des Fabrikinspektors ist der Einwirkung der Reichsgewalt entzogen; und das Einzige, was ich in dieser Be⸗ ziehung thun kann und was ich hiermit zu thun verspreche, ist, daß ich meine Königlich preußischen Herren Kollegen und die übrigen Regie⸗ rungen, welchen die Fabrikinspektoren unterworfen sind, auf die sehr interessanten Darlegungen der beiden Herren Vorredner aufmerksam machen und ihnen anheim stellen werde, die Frage, wo sie noch nicht als vollständig geklärt angesehen wird, an der Hand dieser Aus⸗ führungen einer weiteren Prüfung zu unterziehen. Freilich wird das für die Regierungen nicht ganz leicht sein; denn wir sehen eben hier, daß zwei Abgeerdnete, welche sich für die Materie außer⸗ ordentlich interessieren, diametral entgegengesetzter Meinung sind.

Ich möchte den Herrn Vorredner aber noch darüber beruhigen, daß ich es den Fabrikinspektoren die mir übrigens nicht unter⸗ geordnet sind, wie er irrthümlich voraussetzt nicht nur nicht übel nehme, wenn sie ihre Wahrnehmungen offen aussprechen und ihre Ueberzeugung, welche sie an der Hand ihrer Wahrnehmungen gemacht haben, in den Berichten zum Ausdruck bringen, sondern daß ich es im Gegentheil gerade für ihre Pflicht halte, das, was sie wahr⸗ genommen haben, auch zu sagen und die Schlüsse, die sie für eine Verbesserung unserer Zustände daraus ziehen zu müssen glauben, der vorgesetzten Behörde rückhaltlos vorzutragen. Ich werde jedem Fabrik⸗ inspektor dankbar sein, wenn er in dieser Beziehung ein offenes Herz und einen offenen Mund hat.

Ob die Fabrikinspektoren sämmtlich eine große Abneigung gegen die Uebernahme der Dampfkesselrevision haben, weiß ich nicht; es mag sein, daß die beiden Thätigkeiten nicht wohl mit einander ver⸗ träglich sind. Wir im Reich haben darüber keine Erfahrungen gesammelt, und es wird daher nichts übrig bleiben, als die Ent⸗ scheidung der Frage den Landesregierungen, denen sie gesetzlich zusteht, zu überlassen.

Abg. Fischer (Soz.): Nur mit gemischten Gefühlen können wir die Berichte der Fabrikinspektoren ansehen. Dieselben sind mit vollendeter Einseitigkeit abgefaßt. Auch hier zeigt sich, daß die Re⸗ gierung Furcht vor der Sozialdemokratie hat, denn in der An⸗ weisung, die den Fabrikinspektoren 8 ist, wird ausdrücklich verlangt, daß kritische Bemerkungen thunlichst zu vermeiden und dringendem praktischen Bedürfniß zu machen seien. Die Zusammenstellung der Berichte läßt die Tendenz erkennen, alle Mißtöne zu unterdrücken. So heißt es in der Einleitung, die wirthschaftliche Lage der Arbeiter habe unter dem industriellen Peans nicht gelitten, während aus den Be⸗ richten selbst doch vielfach das Gegentheil ersichtlich ist. Auch ich bin der Meinung, daß die Kesselrevision von der Funktion der Fabrik⸗ aufsicht zu trennen ist. Die Fabrikinspektoren erklären übereinstimmend, daß ihre eigentliche Aufgabe durch die Kesselrevision in den Hinter⸗ rund gedrängt wird. Wiezmild die Aufsicht geübt wird, geht daraus

ervor, daß zahlreiche Arbeitgeber die Fabrikrevifion von ihrer Erlaubniß abhängig machen und daß die Aufsichtsbeamten darauf ein⸗ gehen und die Revision in Gegenwart der Unternehmer vornehmen. Erfahrungsgemäß aber halten die Arbeiter in Gegenwart des Arbeit⸗ gebers mit ihren Beschwerden zurück. Das ist begreiflich, wenn z. B. ein hervorragender rheinischer Industrieller die Drohung aus⸗ gestoßen hat, jeden Arbeiter zu entlassen, der die Vermittelung des Gewerbe⸗Inspektors in Anspruch nähme. Aber auch die Inspektoren sind, wie die Versetzung derjenigen von Köln und Merseburg be⸗ weist, in Gefahr, gemaßregelt zu werden, wenn sie den Dingen im Verkehr mit den Arbeitern ernstlich auf den Grund gehen. Der Bil⸗ dung von Arbeiterausschüssen stehen die Arbeitgeber durchaus ablehnend gegenüber, weil jene rücksichtslos die Verstöße gegen die Arbeiterschutz⸗ gesetzgebung brandmarken. In fast allen Berichten der Fabrikinspek⸗ toren wird über Unsauberkeit und Mangelhaftigkeit der Wohlfahrts⸗ einrichtungen geklagt. Wir naessben eine erweiterte Kompetenz und größere Selbständigkeit für die Fabrikinspektoren und die Ausdehnung der Aufsicht auf die Hausindustrie, das Handwerk und die Schiffahrt.

Abg. Roesicke (b. k. F.): Niemand hier im Hause wird leugnen, daß in unserem sozialen Leben noch Mißstände bestehen; aber die Sozialdemokraten sehen die Dinge, wie es auch der Vorredner gethan hat, stets 5 eine ganz besondere Brille an, weil ihnen die

auptsache ist, daß sie draußen bei den Arbeitern Eindruck machen. 85 möchte eine andere Frage erörtern. Von verschiedenen Seiten ist in der letzten Zeit die Frage behandelt worden, ob es angezeigt sei, den Boykott strafrechtlich zu verfolgen. Ich, als Vertreter eines vom Boykott besonders bedrohten Gewerbes, bin der Meinnng, da eine strafrechtliche Verfolgung des Boykotts sich nicht empfiehlt. Es ist vielfach hingewiesen worden auf die früher vom Reichstag abgelehnte Verschärfung des § 153 der Gewerbeordnung. Die in dieser Beziehung gemachten Vorschläge dürften sich dem Boykott gegenüber als unwirksam erweisen, da sie nur Verabredungen zur Erlangung besserer Lohnbedin⸗ stens in den Hintergrund

Vorschläge nur bei

EE“ 8

11“

en Staats⸗Anzeiger. 88 1895.

treten. Ich bin aber auch gegen die strafrechtliche Verfolgung des Boykotts, und ich sage das wiederum als Vertreter eines Gewerbes, gegen das allein Boykotts in großem Stile durchgeführt werden können. Nur beim Brauereigewerbe läßt über das Produkt und die Konsumenten welche ein großer Boykott unwirksam ist. Bierboykott in Berlin gesehen, wie die Sozialdemokraten ein ganzes Heer von Polizisten zur Ausübung der Kontrole aufstellten. Ich glaube nicht, daß man mit strafgesetzlichen Bestimmungen gegen die Urheber eines Boykotts etwas ausrichten würde. Daß 2*½ über⸗ haupt nicht zu dem gewünschten Ziele führen, beweisen die Vorgänge in Dresden, wo man die Urbeber eines Boykotts mit scharfen Strafen belegt hat. Man hat dadurch den Bovykott nicht beigelegt, wohl aber die Situation der vom Boykott betroffenen Brauerei verschlechtert. ertnche Sen ehr würden nur zur Folge haben, daß statt des offenen der geheime Boykott platzgriffe, und EC“ alten den geheimen Boykott für weit gefährlicher als den offenen. Etwaige ge⸗ setzliche Fe ftin han ge gegen den Boykott würden sich auch leicht um⸗ gehen lassen. Die Veranstalter eines Bierboykotts brauchen garnicht zu sagen: Trinkt das Bier von der und der Brauerei nicht! Sie brauchen nur zu sagen: Trinkt das Bier von der und der Brauerei! und die Arbeiter wüßten Bescheid. Es giebt auch noch andere Mittel zur Umgehung strafrechtlicher Bestimmungen gegen den Boykott. In Dessau z. B. erließ die sozialdemokratische Partei bei dem Bier⸗ boykott den Aufruf: Trinkt nicht das Bier von Männern, welche die Rechte der Arbeiter mit Füßen treten! Jedermann wußte, daß ich damit gemeint war, weil ich den Wahlkreis ver⸗ trat. Ich hoffe, daß die Sozialdemokratie einsieht, daß sie mit ihrem Bovykott nichts erreicht hat; denn sie hat es nur dahin gebracht, daß die Brauereien sich fester zusammenschlossen. Da aber auch in dieser Beziehung eine andere Ansicht zu herrschen scheint, und da man den Verlauf des Berliner Bierboykotts als Beweis dafür anzieht, daß die vorhandenen strafgesetzlichen Bestimmungen nicht ausreichen, so sehe ich mich veranlaßt, einige Worte über den Berliner Bier⸗ boykott und seinen Verlauf zu sagen. Ich habe dazu noch einen anderen Anlaß, nämlich den Umstand, daß ein Mitglied dieses Hauses jüngst erklärt hat, wegen meines Verhaltens in dem Bierbopkott nicht mehr mit mir diskutieren zu wollen. Von einer Kapitulation ist nicht die Rede. Ich hatte noch einen weiteren Grund, die An⸗ Flegenheit hier zur Sprache zu bringen. Es ist nämlich in einem

heil der Presse der Abschluß des Bierkrieges als eine Folge von materiellen Interessen dargestellt worden, die die betreffenden Unter⸗ nehmer hierbei geleitet hätten. Man hat es geradezu gesagt, da die Hoff⸗ nung auf Börsenvortheile der Grund zum Friedensschluß gewesen sei. Insbesondere ist es die hiesige 89 gewesen, welche schrieb, ich müsse mit der Thatsache rechnen, daß der von mir und von dem Abg. Singer herbeigeführte Friedensschluß als eine Preisgabe der Interessen der bürgerlichen Gesellschaft aus mate⸗ riellen Beweggründen allgemein verurtheilt werde, und hinzufügte: „aber der Kurs der Brauereiaktien hat nc. durch den Friedeas erheblich gehoben. Das ist schließlich doch der Schlüssel für den Aus⸗ hes des Bierkrieges.“ In ähnlicher Weise haben sich die „Neue

durchführen, ohne

Dreußische Zeitung“ und die „Schlesische Zeitung“ ausgedrückt. Ich ür meinen Theil hätte keine Veranlassung, auf diese Frage ein⸗ zugehen; denn mir ist es gleichgültig, ob Personen, die mich nicht kennen, glauben, daß ich mich von materiellen Interessen leiten lasse. Aber es kommen hierbei auch meine Berufsgenossen in Frage, welche jenen Abschluß des Boykotts gebilligt haben. Ich will darum in kurzen Zügen den Verlauf des Bierkrieges darstellen. (Die Darstellung, welche der Redner giebt, wird vom Präsidenten mit dem Hinweis auf den Gegenstand der Verhandlun abgebrochen.) Das beste Mittel, solche Zustände zu beseitigen, ist eine Arbeitsvermittlung, die unparteiisch wirkt und losgelöst ist von jeder politischen Richtung. Grade die Arbeitsnachweise dürften eine Grundlage für weitere Einrichtungen auf diesem Gebiete bilden. Gesetzliche Mittel gegen Strikes brauchen wir nicht; wenn die bürgerlichen ag bei derartigen Gelegenheiten fest zusammenhalten, wird es ein Leichtes sein, allen Ausschreitungen wirksam zu begegnen. Die Arbeiter müssen aber vor allem erkennen, daß das, was wir für sie thun, ihnen zum Segen gereicht. Nicht aus Furcht vor der Sozialdemokratie, sondern aus dem Bewußtsein der inneren Kraft müßten wir energischer vorgehen. Dann werden wir Störungen solcher Art verhindern.

Abg. Singer (Soz.) behält sich vor, bei passender Gelegenheit der Darstellung, welche der Vorredner von dem Verlauf des Boykotts gegeben, eine Darstellung nach sozialdemokratischer Auffassung gegen⸗ überzustellen.

Abg. Wurm (Soz.): Es ist heute von einer Seite als wünschens⸗ werth bezeichnet worden, daß auch Arbeiter zu den Fabrikinspektionen herangezogen würden. Wir gehen weiter, wir wünschen auch die Ver⸗ wendung von Frauen als Fabrikinspektoren. Die Fabrikinspektoren werden von den Polizeiorganen viel zu wenig unterstützt. Man sollte die Berichte der Fabrikinspektoren in billigen Ausgaben veröffentlichen, damit auch die Arbeiter sie anschaffen könnten. Die Sonntagsruhe für den Arbeiter sieht auf dem Papier ganz schön aus, aber in der Praxis hapert es sehr damit. Die technische Bildung der Fabrikinspektoren läßt haufts viel zu wünschen übrig; wie könnte es sonst geschehen, daß einer dieser Inspektoren das Einathmen von Kohlensäure für unge⸗ fährlich erklärte? Die Fabrikinspektoren sollten die Namen der Betriebe mittheilen, in denen vege unzureichender Vorkehrungen Unglücksfälle vorkommen. Die Fabrikinspektoren werden aber niemals ihren Zweck ganz eepllden wenn nicht die Arbeiterorganisationen einen größeren Einfluß erhalten und ihnen die Aufsicht über die Betriebe zugestanden wird; die Orts⸗Polizeibehörden reichen in dieser Hinsicht durchaus nicht aus. 88 1

Abg. von Frege (kons.): Die bexekblichen Mißstände, welche von den Vorrednern berührt worden sind, sind von meiner Partei schen früher zur Sprache gebracht worden. Namentlich bestehen solche Mißstände bei den jugendlichen Arbeitern in der Hausindustrie. Die ungehinderte Freizügigkeit hat in dieser Beziehung üble Folgen ge⸗ zeitigt; auch die zahlreichen Mittelpersonen, die den Lohn des Arbeiters kürzen, vermehren das Uebel. Wir hoffen, in dieser Beziehung durch den Antrag auf Verbot der jüdischen Einwanderung eine Besserung erzielen zu können. Einen sehr üblen Einfluß auf die jugendlichen Arbeiter üben auch die sozial⸗ demokratischen Versammlungen aus. Den Vorwurf, den der Vorredner den Orts⸗Polizeibehörden gemacht hat, muß ich zurückweisen; die Gewissenhaftigkeit dieser Behörden ist anerkannt. Wenn über die Verbindung der Kesselrevisionen mit den Fabrikinspektionen ellagt wird, so möchte ich darauf hinweisen, daß bereits vielfach Kessel⸗ revisionsvereine bestehen, welche die Revisionen übernehmen. Diesschlechte Lage der Arbeiter hängt mit der Krisis in der Industrie zusammen, und diese mit der Krisis in der Landwirthschaft. Diese kann nur gehoben werden durch die Beseitigung der Silberkrisis, wenn man auf dem Wege des Antrags der Abgg. Dr. Friedberg, von Kardorff, Graf von Mirbach durch internationale Maßregeln zu einer Erhöhung oder Stabilisierung des Silberwerths gelangt. Wir müssen der Ansicht entgegentreten, als ob der deutsche Arbeiter nur von jener Seite (zu den ö“ Hilfe zu erwarten habe. Derjenige Arbeiter der seine Familie und sein Vaterland liebt, wird von uns ganz gewiß 225 wenn nicht viel stärker und besser vertreten, als von den Sozialdemokraten. 1 G 3 b Die Debatte über den Titel „Staatssekretär“ wird hierauf geschlossen. Die Ausgabentitel der Kapitel „Reichsamt des

sich eine Kontrole Wir haben bei demn