1895 / 42 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 16 Feb 1895 18:00:01 GMT) scan diff

fahrens widersprechen. Macht er von diesem Rechte Gebrauch, so ist sein Recht, die Beschränkung seiner Haftung für die Nachlaßverbindlichkeiten geltend zu machen, ausgeschlossen. Die Vorschriften des § 2127 bleiben unberührt. 8

Ist der Erbe geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähig⸗ keit beschränkt, so ist zu dem Widerspruche die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich.“

Zufolge der Vorschrift des § 2095 ist das Inventar⸗ recht des Erben allen Nachlaßgläubigern gegenüber aus⸗ geschlossen, wenn er nicht vor dem Ablauf einer ihm von dem Nachlaßgerichte bestimmten Frist (Inventar⸗ frist) ein Verzeichniß über den Bestand des Nachlasses (Inventar) bei dem Nachlaßgericht eingereicht hat; nach der Eröffnung des Konkurses über den Nachlaß bedarf es jedoch der Inventarerrichtung nicht mehr. Unter Ablehnung eines An⸗ trags: an die Versäumung der Inventarerrichtung den Ver⸗ lust des Inventarrechts nur gegenüber den vom Erblasser her⸗ rührenden Verbindlichkeiten, nicht aber auch gegenüber den Verbindlichkeiten aus Pflichttheilsrechten, Vermächtnissen, Auf⸗ lagen u. s. w. zu knüpfen, wurden die fraglichen Be⸗ stimmungen sachlich angenommen, jedoch mit dem Zusatz, daß denjenigen Gläubigern gegenüber, welche im Aufgebots⸗ verfahren ausgeschlossen sind, das Inventarrecht des Erben auch im Fall der Versäumung der Inventarerrichtung bestehen bleiben soll.

Gegen den sachlichen Inhalt der §§ 2096 bis 2101, welche nähere Bestimmungen über die Inventarfrist er⸗ halten, erhob sich kein Widerspruch. Als § 2101 a wurde folgende Vorschrift hinzugefügt: 1

„Sind mehrere Erben vorhanden, so kommt die Wahrung der Inventarfrist durch einen Erben den anderen Erben zu statten, soweit nicht ihr Recht, die Beschränkung ihrer Haftung geltend zu machen, ausgeschlossen ist.“

Die §§ 2102 bis 2106 regeln die Art und Weise der Inventarerrichtung. Nach dem Entwurf 2102) muß das Inventar von der zuständigen Behörde oder einem zu⸗ ständigen Beamten aufgenommen werden. Auf Antrag des Erben hat aber das Nachlaßgericht das Inventar entweder selbst aufzunehmen, sofern es zuständig ist, oder die zuständige Behörde oder einen zuständigen Beamten mit der Aufnahme zu beauftragen; durch die Stellung eines solchen

ntrags wird die Inventarfrist gewahrt 2103). Diese Vorschriften wurden mit dem Zusatz ge⸗ billigt, daß die Aufnahme des Inventars auch durch einen Notar erfolgen kann. Ein Antrag, den § 2102 in dem Sinne zu streichen, daß auch die Aufnahme eines Privatinventars genügen solle, fand nicht die Zustim⸗ mung der Mehrheit. Der § 2104, welcher dem Erben die Bezugnahme auf ein bei dem Nachlaßgericht bereits vor⸗ handenes, den Vorschriften der §§ 2102, 2103 ent⸗ sprechendes Inventar gestattet, wurde nicht beanstandet, ebensowenig der § 2105 Abs. 1, wonach in dem Inventar die bei dem Eintritt des Erbfalls vorhandenen Nachlaßgegen⸗ stände sowie die Nachlaßverbindlichkeiten vollständig angegeben werden sollen. Nach dem § 2105 Abs. 2 soll das Inventar außerdem die Beschreibung der Nachlaßgegenstände, soweit sie zur Bestimmung des Werths erforderlich ist, sowie die Angabe des Werths selbst enthalten. Demgegenüber war folgende Fassung des Abs. 2 beantragt: 1

„Das Inventar soll außerdem den Werth der Nachlaß⸗ gegenstände, erforderlichenfalls nach Anhörung von Sach⸗ verständigen, angeben.“

Die Mehrheit entschied sich jedoch unter Ablehnung des Antrags für den Entwurf. Abgelehnt wurde auch ein Antrag, in das Einführungsgesetz die Vorschrift aufzunehmen, daß die Landesgesetze unberührt bleiben, welche behufs Bestimmung des Werths der Nachlaßgegenstände die Behörde, den Beamten oder Notar ermächtigen, Sachverständige bei der Aufnahme des Inventars zuzuziehen.

Nach dem § 2106 Abs. 1 erlischt das Inventarrecht allen Nachlaßgläubigern gegenüber, wenn der Erbe einen Nachlaßgegenstand, in der Absicht, die Nachlaßgläubiger zu benachtheiligen, in das Inventar nicht aufnimmt. Statt dessen wurde folgende Vorschrift beschlossen:

„Der Erbe kann die Beschränkung seiner Haftung nicht geltend machen, wenn er absichtlich eine erhebliche Unvoll⸗ ständigkeit der im Inventar enthaltenen Angabe der Nachlaß⸗ gegenstände herbeiführt oder in der Absicht, die Nachlaß⸗ gläubiger zu benachtheiligen, eine nicht bestehende Nachlaß⸗ verbindlichkeit als bestehend aufnimmt. Das gleiche gilt, wenn der Erbe in den Fällen des § 2103 die ihm obliegende Auskunftsertheilung verweigert oder absichtlich in erheblichem Maße verzögert.“

Die Vorschrift des § 2106 über die Ergänzung eines unvollständigen Inventars wurde sachlich nicht bean⸗ standet, ebensowenig die Vorschrift des § 2107, derzufolge das Nachlaßgericht die Einsicht des errichteten Inventars einem jeden zu gestatten hat, der ein rechtliches Interesse glaubhaft macht.

Eine Ergänzung erfuhr der Entwurf durch folgende Vor⸗ schriften:

§ 2107 a. „Wird das Inventar errichtet, so wird im Verhältniß zwischen dem Erben und den Nachlaßgläubigern vermuthet, daß zur Zeit des Erbfalls weitere Nachlaßgegen⸗ stände als die angegebenen nicht vorhanden waren.“

§ 2107 b. „Der Erbe hat auf Verlangen eines Nachlaß⸗ gläubigers vor dem Nachlaßgericht den Offenbarungseid dahin

u leisten,

b daß er nach bestem Wissen den Bestand des Nachlasses so

vollständig angegeben habe, als er dazu im stande sei.

Der Erbe kann vor der Leistung des Eides das Inventar vervollständigen.

Verweigert der Erbe die Leistung des Eides, so kann er die Beschränkung seiner Haftung gegenüber dem Gläubiger, welcher den Antrag gestellt hat, nicht geltend machen. Das gleiche gilt, wenn der Erbe weder in dem Termine noch in einem auf Antrag des Gläubigers bestimmten neuen Termine erscheint, es sei denn, daß das Nichterscheinen in diesem Ter⸗ mine durch einen genügenden Grund entschuldigt ist.

Eine wiederholte Leistung des Eides kann von demselben „oder einem anderen Gläubiger nur verlangt werden, wenn Grund zu der Annahme vorliegt, daß dem Erben nach der Eidesleistung weitere Nachlaßgegenstände bekannt geworden sind“.

Einvernehmen bestand, die Vorschriften des § 2108 über den im Verhältniß zu einzelnen Nachlaßgläubigern eintretenden Verlust des Inventarrechts durch Ver⸗ trag oder durch Urtheil als entbehrlich zu streichen.

Die §§ 2109 bis 2119 enthalten im Anschluß an die Vorschriften der Konkursordnung (§§ 202 ff.) nähere Be⸗

stimmungen über den Nachlaßkonkurs und dessen Einfluß

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auf die Haftung des Erben gegenüber den Nachlaß⸗ gläubigern. Nach dem Entwurf stehen dem Inventarerben, um die beschränkte Haftung den Nachlaßgläubigern gegenüber geltend zu machen, zwei Wege offen: nämlich der Antrag auf Eröffnung des Konkurses über den Nachlaß wegen Ueberschul⸗ dung des letzteren 203 der Konkursordnung) und die Geltend⸗ machung der Abzugseinrede, vermöge deren der Erbe, wenn der Nachlaß zur vollständigen Befriedigung der Nachlaß⸗ gläubiger unzureichend, der Konkurs über den Nachlaß aber nicht eröffnet ist, einem Nachlaßgläubiger auf dessen Forderung den Betrag in Abzug bringen kann, mit welchem der Gläubiger im Nachlaßkonkurs ausfallen würde. Diesem System des Entwurfs gegenüber war namentlich mit Rücksicht auf solche Fälle, in denen der Erbe die Verhältnisse nicht zu über⸗ sehen vermag, oder in denen der Nachlaß nicht überschuldet, aber zahlungsunfähig ist, beantragt, dem Erben das Recht zu geben, sich auch durch den Antrag auf Anordnung einer Nachlaßpflegschaft von der persönlichen Haftung für die Nachlaßschulden zu befreien, die Abzugseinrede aber zu be⸗ seitigen. Nach einer eingehenden Erörterung wurde der An⸗ trag, vorbehaltlich der Ausgestaltung der Vorschriften über die Nachlaßpflegschaft im einzelnen und vorbehaltlich der Frage, ob und inwieweit die Abzugseinrede dadurch entbehrlich werde, angenommen.

Die Berathung wandte sich sodann zunächst den Vor⸗ schriften über den Nachlaßkonkurs zu.

Nach dem § 205 der Konkursordnung ist außer dem Erben jeder Nachlaßgläubiger zu dem Antrag auf Eröffnung des Verfahrens berechtigt. Da gemäß § 2092 Abs. 2 des Entwurfs als Nachlaßverbindlichteiten auch die Verbindlich⸗ keiten aus Vermächtnissen und Auflagen gelten, so würde dem Entwurf zufolge das Antragsrecht auch den Vermächtnißnehmern und denjenigen zustehen, die berechtigt sind, die Vollziehung einer Auflage zu fordern. Man war einverstanden, das Antragsrecht dieser Personen durch einen Zusatz zu § 205 der Konkursordnung auszuschließen.

Der § 2109 erklärt, vorbehaltlich des nach § 2150 Abs. 1. den Nachlaßgläubigern zustehenden Absonderungsrechts, die Eröffnung des Konkurses über den Nachlaß für unzulässig, wenn das Inventarrecht nach den §§ 2094, 2095, 2106 er⸗ loschen ist. Die Vorschrift wurde in dem Sinne gestrichen, daß auch in dem bezeichneten Falle die Eröffnung des Nach⸗ laßkonkurses, sei es auf Antrag des Erben, sei es auf Antra eines Nachlaßgläubigers, nicht ausgeschlossen sein solle (vgl. jedoch den oben mitgetheilten Beschluß zu § 2094).

Nach dem § 2110 hat die Eröffnung des Konkurses über den Nachlaß die Wirkung, daß der Erbe, unbeschadet der Vor⸗ schriften des § 2118, den Nachlaßgläubigern gegenüber von der persönlichen Haftung befreit wird. Weiter regelt der § 2110 den Einfluß der Konkurseröffnung auf die Maß⸗ regeln der Zwangsvollstreckung und der Arrestvollziehung, welche nach dem Eintritte des Erbfalls gegen den Nachlaß oder das nicht zum Nachlaß gehörende Ver⸗ mögen des Erben erfolgt sind. Die Vorschriften wurden, unter Verweisung der konkursrechtlichen Bestimmungen in die Konkursordnung, im wesentlichen sachlich gebilligt. Einver⸗ nehmen bestand, die Bestimmung hinzuzufügen, daß eine Vor⸗ merkung, die nach dem Eintritt des Erbfalls im Wege der einstweiligen Verfügung erlangt worden, unwirksam ist.

Gegen den sachlichen Inhalt des § 2111, demzufolge Verfügungen des Erben über Nachlaßgegenstände durch die Eröffnung des Konkurses über den Nachlaß nicht unwirksam werden, erhob sich kein Widerspruch. Man war jedoch der Ansicht, daß dieser Satz eines besonderen Ausdrucks nicht be⸗ dürfe. Der § 2111 wurde daher gestrichen.

Der § 2112 regelt das Verhältniß zwischen dem Erben und der Konkursmasse dahin, daß auf die vor der Annahme der Erbschaft von dem Erben besorgten erb⸗ schaftlichen Geschäfte die Vorschriften über die Geschäfts⸗ führung ohne Auftrag entsprechende Anwendung von der Zeit der Annahme der Erbschaft an aber der Erbe den Nachlaßgläubigern so verantwortlich ist, wie wenn er mit der Verwaltung des Nachlasses von ihnen be⸗ auftragt worden wäre. Grundsätzlich fand diese Art der Regelung keinen Widerspruch. Man hielt es jedoch für u weitgehend und für unbillig, mit dem Entwurf den Erben schlechthen dafür verantwortlich zu machen, wenn er vor der Konkurseröffnung Nachlaßschulden nicht konkursmäßig berichtigt habe. Es wurde daher beschlossen, dem § 2112 Satz 1, 2 folgende Vorschriften hinzuzufügen:

„Der Erbe ist berechtigt, die Nachlaßverbindlichkeiten für Rechnung des Nachlasses zu berichtigen, sofern er den Um⸗ ständen nach annehmen darf, daß die Berichtigung aller Nachlaßverbindlichkeiten aus dem Nachlaß erfolgen kann. Unterläßt der Erbe, nachdem er von der Unzulänglichkeit des Nachlasses zur Berichtigung der Nachlaßverbiadlichkeiten Kenntniß erlangt hat, unverzüglich den Antrag auf Eröffnung des Konkurses zu stellen, so han er den Gläubigern den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen; bei der Bemessung der Zu⸗ länglichkeit des Nachlasses bleiben die Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen und Auflagen außer Betracht.

Der Kenntniß der Unzulänglichkeit steht die auf Fahr⸗ lässigkeit beruhende Unkenntniß gleich. Als Fahrlässigkeit gilt es insbesondere, wenn der Erbe Grund hat, das Vorhandensein unbekannter Nachlaßverbindlichkeiten anzunehmen, und es Ffeichnnc unterläßt, das Aufgebot der Nachlaßgläubiger zu

eantragen, es sei denn, daß die Kosten des Verfahrens gegen⸗ über dem Bestande des Nachlasses unverhältnißmäßig groß sind.“

Der dritte Satz des § 2112, demzufolge der Erbe den Nachlaß zur Konkursmasse herauszugeben hat, ohne wegen seiner Gegenforderungen zur Zurückbehaltung berechtigt zu sein, soll in die Konkursordnung eingestellt werden. Der vierte Satz des § 2112, welcher den Erben für die Ausschlagung einer zum Nachlasse gehörenden Erbschaft oder eines dem Nachlasse angefallenen Vermächtnisses verantwortlich macht, wurde gestrichen. b

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Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Königlich württem⸗ bergischer Kriegs⸗Minister Schott von Schottenstein, Königlich württembergischer Wirklicher Geheimer Kriegsrath von Horion und Landes⸗Direktor des Fürstenthums Waldeck

und Pyrmont von Saldern sind von hier abgereist.

Nach einer telegraphischen Meldung an das Ober⸗ Kommando der Marine ist S. M. S. „Bussard“, Kom⸗ mandant Korvetten⸗Kapitän Scheder, am 15. Februar in Akaroa (Neuseeland) eingetroffen.

ohne wesentliche Störungen fort.

finden,

Hannover, 16. Februar. Der Provinzial⸗Landtag hat in seiner gestrigen Sitzung bei der zweiten Berathung 8 Kaligesetzes einstimmig folgenden Antrag der Kommiffion angenommen:

„Der Provinzial⸗Landtag wolle beschließen: 1) den von der Staatsregierung vorgelegten Ge setzentwurf en bloc anzunehmen, 2) der Staatsregierung die Erwartung auszusprechen, daß der Minister für Handel und Gewerbe bei Anwendung der ihm durch §1 Ziffer 7. des Gesetzes zu gewährenden Befugniß auf die Verhält⸗ nisse der Betheiligten in gerechter und billiger Weise wohlwollende Rücksicht nehmen wird, 3) die Staatsregierung zu ersuchen, durch ein demnächst zu erlassendes besonderes Gesetz den Betrkeben des Grund⸗ eigenthumbergbaues die Möglichkeit zur Bildung von Gewerkschaften dadurch zu gewähren, daß auf sie die Bestimmungen der §§ 94 bis 134 des Berggesetzes vom 24. Juni 1865 Anwendung finden.“

8. Württemberg.

ei der gestern in Stuttgart vorgenommenen letzten Stichwahl zum Landtag wurde Kloß (Soz.) mit 10 700 Stimmen gegen Dr. Schall (Deutsche Partei), der 8178 Stimmen erhielt, zum Abgeordneten gewählt. Die Zusammensetzung der Kammer wird dem „St.⸗A. f. W.“ zufolge nunmehr folgende sein: 31 Abgeordnete der Volks⸗ partei, 14 der Deutschen und der Landes⸗Partei, 5 diesen nahestehende Parteilose und Konservative, 18 Mitglieder des Zentrums und 2 Sozialisten. Rechnet man zu obigen noch die 23 Privilegierten, so ergiebt sich folgendes Parteiverhältniß: 31 Mitglieder der Volkspartei, 30 der Deutschen und der Landes⸗Partei, 9 diesen nahestehende Partei⸗ lose, 21 Mitglieder des Zentrums und 2 Sozialisten. Braunschweig.

Der Landtag genehmigte gestern die Regierungsvorlage wegen Fortsetzung der Kalibohrungen und erklärte sich mit den Absichten der Regierung in dieser Frage einverstanden.

Reuß ä. L.

+ Ihre Königliche Hoheit die Herzogin Max von Württemberg traf am 14. d. M. aus Regensburg, über zu mehrtägigem Besuch am Fürstlichen Hof in Greiz ein.

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Hamburg. .

Bei den gestrigen Wahlen zur Erneuerung der Bürger⸗ schaft sind die beiden von den Sozialisten aufgestellten Kandidaten in Eilbeck und auf der Veddel den Kandidaten der Ordnungspartei unterlegen. Die Füscmm nenf n der Fraktionen innerhalb der Bürgerschaft bleibt fast völlig die bisherige.

Oesterreich⸗Ungarn.

Das gestern in Arco ausgegebene Bulletin über das Befinden des Ln ersogs Albrecht lautet:

Das abendliche Fieber ist gegen Nacht gewichen; Nachts wenig Schlaf, häufiger Husten, reichlicher Auswurf. In der entzündeten linken Lunge beginnende Lösung, in der rechten Lunge katarrhalische Erscheinungen. Temperatur 37,2, Athmung noch beschleunigt; Puls gut: 84 Schläge, Kräftezustand ganz befriedigend, subjektives Besser⸗ befinden. Professor Wiederhofer. Stabsarzt Hübl.

Den Tag über dauerten die günstigeren Erscheinungen Abends trat wieder ein mäßiges Fieber auf bei befriedigendem Kräftezustand.

Die Erzherzogin Elisabeth ist gestern Vormittag von Gries bei Bozen in Arco und am Bahnhof von den Erzherzogen Ernst, Rainer und Eugen empfangen worden. Professor Nothnagel aus Wien ist infolge von Verkehrsstörungen durch Schneewehen erst gestern Mittag in Arco eingetroffen.

Der böhmische Landtag beendete gestern, wie „W. T. B.“ berichtet, die Budgetdebatte. Der Titel, wonach diejenigen

Schulen von den Subventionen ausgeschlossen werden sollen, in denen der Unterrichtssprache nicht mächtige Kinder auf⸗

genommen würden, wurde mit den Stimmen der Deutschen und des Großgrundbesitzes gegen die der Alt⸗ und Jung⸗ czechen abgelehnt. Der Antrag des Grafen Schönborn, den Landesausschuß zu beauftragen, im Einvernehmen mit der Regierung Maßnahmen zu treffen, welche die Einfüh⸗ rung des obligatorischen Unterrichts in beiden Landessprachen an den Mittelschulen bezwecken, wurde ar die Budgetkommission verwiesen.

Im ungarischen Unterhause erklärte gestern der Finanz⸗Minister von Lucacs bei der weiteren Berathung des Budgets, das Spiritusmonopol werde frühestens im September 1896, wahrscheinlich aber erst im September 1897 eingeführt werden. Weiter theilte der Minister mit, in Schemnitz sei man auf eine Silberader ge⸗ stoßen, die reich goldhaltig sei; dies mache den staatlichen Bergbau wieder lohnend. Was die Bankfrage angehe, so werde diese, ob mit ob ohne die österreichisch⸗ungarische Bank, jeden⸗ falls im Interesse der ungarischen Volkswirthschaft gelöst werden; gegenwärtig ständen noch Verhandlungen mit der österreichischen Regierung bevor. Bezüglich der Börsensteuer werde dem Hause bald eine Vorlage zugehen. 8

Der ehemalige Honved⸗General Arthur Görgey ist schwer erkrankt.

Großbritannien und Irland.

In der gestrigen Sitzung des Unterhauses theilte der Präsident des Handelsamts Bryce mit, er habe ein Tele⸗ gramm aus Lowestoft erhalten, demzufolge der Kapitän der „Free Lance“ berichte, ein Mast des Wracks der „Elbe sei über Wasser sichtbar. Das Telegramm sage nicht, ob der Mast in aufrechter Stellung sei. Der Parlamentssekretär des Auswärtigen Sir Grey erklärte, soweit ihm bekannt, sei eine ustimmung der Großmächte zum des Congostaats an Belgien und zu dem soeben publizierten belgisch⸗französischen Die britische Regierung habe no

von den Abmachungen zwischen

wischen Belgien und dem Congo⸗ staat erhalten. Das Vorkaussrecht Frankreichs sei von England nicht anerkannt worden. Hinsichtlich des West beckens des oberen Nil habe England kein Abkommen mi getroffen: das einzige Abkommen betreffe 2

renze Sierra Leona's. Bezüglich der bulgarischen Z0 1 frage äußerte Sir E. Grey, den sinanziellen Bedür nisse Bulgariens habe der 8 ½ prozentige Eingangszoll nicht genugt⸗ Bulgarien habe daher eine Zollerhöhung auf 15 Proz. F⸗ geschlagen; die englische Regierung habe nach Unterhandlun * in eine Zollerhöhung auf 10 ½ Proz. eingewilligt, doch Bedingung der Meistbegünstigung für britische Waaren. 88 Abkommen sei auf eine zweijährige Dauer vereinbart wor * bis ein permanenter Vertrag abgeschlossen sei. Ferner

Abkommen nicht erfolgt. keine offizielle Mittheilun Belgien und Frankreich un

klärte Sir E. Grey, unter der muselmanischen Be⸗ völkerung von Marasch solle eine gewisse Bewegung gegen die Christen hervorgetreten sein. Die englische Regierung habe die Pforte auf die dortigen Verhältnisse und auf die Zustände in anderen Theilen des Vilajets Aleppo aufmerksam gemacht. Eine Untersuchung sei zugesagt worden. Bei der darauf fort⸗ gesetzten Adreßdebatte beantragte Chamberlain ein Amendement, welches besagt: Es widerspricht dem öffentlichen Interesse, unter Führung der Minister die Zeit des Parlaments der Erörterung von Maßregeln zu widmen, die nach den Er⸗ klärungen der Minister keine Aussicht haben, Gesetz zu werden, während Vorschläge, die ernste konstitutionelle Ver⸗ änderungen involvieren, angekündigt worden sind, über welche die Ansicht des Parlaments sofort eingeholt werden sollte. Redner erklärte, der Zweck der Opposition sei, die ge⸗ sammte parlamentarische Taktik der Regierung, besonders das neueste Wahlmanöver, das unter dem Namen „Anfüllen des Bechers des Oberhauses“ bekannt sei, anzufechten. Das Manöver bezwecke Zeitvergeudung und damit eine Verwirrung der Fragen und eine Verzögerung der unvermeidlichen Ver⸗ urtheilung der Hauptpolitik der Regierung. Obwohl die Opposition nicht hoffe, die Regierung zu stürzen, beanspruche sie, ihre Sache dem Lande vorzulegen. „Homerule“ sei noch die Hauptpolitik der Regierung und zwar eine „Homerule“, die hinter der Vorlage von 1893 nicht zu⸗ rückbleibe. Offenbar glaube die Regierung nicht, daß das Land diese Hauptpolitik unterstütze; sonst würde sie an das Land appelliert haben, nachdem das Oberhaus die Homerule verworfen habe, und wenn dann dieser Appell zu Gunsten der Homerule entschieden hätte, so würde dem Oberhause ein größerer Schlag versetzt worden sein, als durch irgend eine Resolution möglich sei. Das Land bezeuge, es wolle das Oberhaus nicht deswegen abschaffen, weil es ein großes Hinderniß für Homerule sei, und so werde versucht, durch „Anfüllen des Bechers“ den Streit mit dem Oberhause anzufachen. Die Regierung sollte den Wortlaut ihrer Resolution gegen das Oberhaus vor⸗ legen, damit das Land darüber aufgeklärt werde. Der Staats⸗ sekretär des Innern Asquith. betonte, daß dies bereits der dritte Versuch eines Mißtrauensvotums während der jetzigen Adreßdebatte sei. Die Regierung halte sich für verpflichtet, diejenigen Maßregeln vorzubringen, die sie den Wählern unter⸗ breitet habe, und die anläßlich der allgemeinen Wahlen von 1892 gebilligt worden seien. Die Waliser Kirchenbill sei eine Lebensfrage. Homerule sei dagegen jetzt keine Lebensfrage, da die Homerule⸗Frage das Unterhaus passiert habe und ihrer schließlichen Lösung merklich näher gerückt sei. Das Oberhaus wolle der liberalen Regierung nur die Lösung nicht um⸗ strittener Maßregeln überlassen, ihr aber die Behandlung großer Maßregeln versagen. Solange die Regierung das Ver⸗ trauen des Unterhauses besitze, werde sie ihre bei den Wahlen übernommene Aufgabe durchführen.

Italien.

„W. T. B.“ meldet aus Rom, den dortigen Blättern zu⸗ folge seien über die Erwiderung des Besuches des eng⸗ lischen Geschwaders durch ein italienisches Ge⸗ schwader folgende Bestimmungen getroffen worden: Das italienische Geschwader werde aus drei Sektionen unter dem Kommando des Vize⸗Admirals Accinni bestehen und die fol⸗ genden Schiffe umfassen: „Rè Umberto“, „Sardegna“, „Italia“, „Andrea Doria“, „Aretusa“, „Ruggero di Lauria“ 2 „San Martino“. Der Besuch solle im Vumi d. J. statt⸗ finden. 1

Die „Politische Korrespondenz“ konstatiert auf Grund von Informationen von kompetenter Seite, daß der gegenwärtige Lufenthalt des Kardinals Grafen Schönborn in Rom hhatsächlich mit der Frage des Antisemitismus und der mit e verbundenen christlich⸗sozialen Agitation in OHesterreich zusammenhänge. Im Vatikan bestreite man durchaus, daß das vom Kardinal Rampolla an den Prinzen Lichtenstein vor der Versammlung der Wiener Christlich⸗ Sozialen in Linz gerichtete Telegramm eine Ermuthigung des Antisemitismus oder eine Gutheißung dieser Ziele bedeute. Die ganze bisherige Haltung des Heiligen Stuhls schließe eine derartige Auslegung schlechterdings aus. Es sei wahrschein⸗ lich, daß man dem Kardinal Schönborn Aufklärungen in diesem Sinne Fees wolle, die den Zweck verfolgten, den österreichischen Episkopat über die wahren Dispositionen des Heiligen Stuhls zu beruhigen.

In Paris eingetroffenen Nachrichten aus Madrid zu⸗ folge hat sich der König eine leichte Erkältung zugesogen

Die Kammer hat in ihrer vorgestrigen Sitzung mit 245 gegen 3 Stimmen die Reformen für Cuba genehmigt.

Zorilla ist, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, infolge der von den Cortes genehmigten Amnestie vorgestern aus Paris nach Spanien abgereist.

Schweiz. Der Bundesrath hat neuerdings die Ausweisung von fünf in Lugano wohnenden Anarchisten beschlossen. Luxemburg.

Die Kammer hat gestern nach sechswöchiger Berathun einstimmig das Budget für 1895 angenommen und si hierauf bis nach Ostern vertagt.

Türkei.

Die „Agenzia Stefani“ meldet, es sei den zur Unter⸗ suchung der Vorgänge in Armenien entsendeten Delegirten gelungen, wichtige Aussagen von Augenzeugen über die Metze⸗ eien im Distrikte Sassun zu erhalten.

Schweden und Norwegen. Das Storthing hat nach einer Meldung des „W. T. B.“

aus Christianta gestern mit allen Stimmen der Linken

gegen die der Rechten und der Moderaten die Wahlen in uskerud und Stavanger für ungültig erklärt. b

Amerika. .

Das Finanzcomité des Senats hat, wie „W. T. B.“ aus Washington berichtet, über die vom Repräsentantenhause genehmigte Bill, die Differentialzölle auf Zucker auf⸗ suh en, einen günstigen Bericht erstattet. Aldrich bekämpfte 88 Bill und fuhrie aus, es wuͤrde nicht klug sein, Deutschland onzessionen zu machen. S v „Times“ wird aus Chefoo die Nachricht von dem welbstm ord des Admirals Ting bestätigt. Demselben Blatt dier gemeldet, daß der „Chenyuen“ jetzt das einzige noch

enstfähige chinesische Schiff sei.

Die japanischen Blätter bestätigen, daß Li⸗Hung⸗ Tschang und der Prinz Kung zu außerordentlichen Gesandten für die Friedensunterhandlungen ernannt seien. Eine offizielle Bestätigung stehe noch aus.

Nach einer Depesche des Amsterdamer „Telegraaf“ aus Batavia wäre in der Gegend von Tjambea, Residentschaft Buitenzorg, eine Verschwörung entdeckt worden, welche die Niedermetzelung der Europäer und Chinesen be⸗ zwecke. Die Häupter der Verschwörung und 50 Mitschuldige seien verhaftet worden.

Australien. 1

In San Francisco ist dem „W. T. B.“ zufolge die Nachricht aus Honolulu eingetroffen, daß die frühere Königin Liliuokalani am 5. d. M. vor ein Kriegsgericht gestellt worden sei. Sie habe erklärt, keine Kenntniß von der revo⸗ lutionären Bewegung gehabt zu haben, außerdem aber die Kompetenz des Tribunals nicht anerkannt. Das Urtheil sei noch nicht verkündet. 8

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Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage. .

In der heutigen (39.) Sitzung des Reichstags, welcher die Staatssekretäre, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher und Freiherr von Marschall, sowie der Staatssekretär Graf von Posadowsky beiwohnten, wurde die Berathung des von den Abgg. Dr. Friedberg, von Kardorff, Dr. Lieber und Graf von Mirbach in Betreff der Währungsfrage egetn Antrags fortgesetzt.

„Der Abg. Dr. Siegle (nl.) bekannte sich als überzeugten An⸗ hänger der Goldwährung und bekämpfte von diesem Standpunkt aus den Antrag, dessen Annahme zwar formell der Entscheidung über das Währungssystem nicht präjudiziere, aber doch nach außen hin den Anschein erwecken würde, als werde die bestehende Währung als den Interessen des Deutschen Reichs nicht entsprechend erachtet. Nach seiner Ueberzeugung denke England an keine internationale Ver⸗ einbarung behufs Einführung des Bimetallismus. Die Ueber⸗ schwemmung des Landes mit Silber im Falle der Einführung der Doppelwährung werde zahlreiche Unternehmungen ins Leben rufen, die infolge der dann auftretenden Ueberproduktion bald in eine Krisis gerathen würden. 1

(Schluß des Blattes.)

In der heutigen (22.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, welcher der Minister des Innern von Köller beiwohnte, wurde die zweits Berathung des Etats des Ministeriums des Innern fortgesetzt.

Abg. Knebel (nl.) wies auf die vielfachen Bestrebungen hin, die sich auf eine Reorganisation des Sparkassenwesens richten, und regte an, die Revision der provinziellen Sparkassenverbände von Staatswegen zu organisieren. Es sei dann vielleicht empfehlenswerth, die staatlichen Revisoren aus den Sparkassen⸗Rendanten zu wählen.

Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath von Knebel⸗Döberitz erwiderte, daß das Ministerium des Innern dieser Frage bereits näher getreten sei. Da aber die eingeforderten Berichte der Ober⸗Präsi⸗ denten über eine derartige Revision sehr verschieden ausgefallen seien befürwortend hätten sich nur die Ober⸗Präsidenten von Hannover und Westfalen ausgesprochen habe das Ministerium einen ent⸗ scheidenden Entschluß noch nicht fassen können.

Abg. Freiherr von Richthofen⸗Jauer (kons.): In der Ver⸗ waltung der Standesämter haben sich einige Uebelstände gezeigt. Daß das Gesetz über die Beurkundung des Personenstandes von 1875 überhaupt reformbedürftig ist, und daß die Bedenken gegen dieses Gesetz in den letzten zwanzig Jahren nicht geringer, sondern größer geworden sind, darauf will ich heute nicht näher eingehen. In den ländlichen Bezirken sind die Gutsvorsteher, in kleinen Gemeinden die Gemeinde⸗Vorsteher oder Schöffen verpflichtet, die Standesamts⸗ Verwaltung zu führen. Diese haben dazu nicht genügend Zeit, und die Verwaltung leidet darunter, oder sie nehmen sich die Zeit und dann leidet die Wirthschaft. Außerdem sind die Leute in den ländlichen Bezirken oft gar nicht fähig, die Geschäfte des Standesamts zu führen. Das kann in vielen Fällen zu großen Gefahren führen. Es würde zweckmäßig sein, die Standesamtsbezirke zu vergrößern, sodaß weniger Beamte nöthig seien, und dann nur kundige Leute zur Verwaltung heran⸗ zuziehen. Vielleicht würde es sich auch empfehlen, wenn die Amts⸗ gerichte die Standesamtsgeschäfte übernähmen. Der Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuchs sieht auch Normen für die Eheschließung und theilweise Abänderung des Personenstandsgesetzes von 1875 vor. Meine Parteigenossen im Reichstag werden bei dieser Gelegenheit Bedenken gegen das Gesetz von 1875 geltend machen.

Minister des Innern von Köller erkannte den Klagen des Vorredners eine gewisse Berechtigung zu. Die Einrichtung größerer Standesamtsbezirke würde aber das Publikum sehr belästigen, das dann gezwungen sein würde, weite Wege zum Standesamt zu machen. Schon jetzt lägen Klagen nach dieser Richtung vor. Die Heran⸗ ziehung von kundigen Beamten würde die Staatskasse belasten. Die Amtsgerichte könnten nicht in Frage kommen, weil den 1300 Amts⸗ gerichten 12 000 Standesämter gegenüberständen.

Abg. Seyffardt (nl.) wünschte eine größere Uebereinstimmung der Armengesetzgebung in den einzelnen deutschen Staaten. In Elsaß⸗ Lothringen gelte das Unterstützungswohnsitzgesetz z. Z. noch nicht. Wohl sei diese Gesetzgebung Sache des Reichs, das preußische Abgeordnetenhaus aber habe das Recht, von den preußischen Ministern zu fordern, daß sie für gleiches Recht und gleiche Pflicht in allen deutschen Staaten einträten.

(Schluß des Blattes.)

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Bei der vorgestern im 10. Schleswig⸗Holsteiner Wah bezirk (Steinburg) vorgenommenen Ersatzwahl für das Haus der Abgeordneten erhielt der Fosbeseber Engel⸗ brecht (fr. kons.) 183 und der Hofbesitzer Reichstags⸗Ab⸗ gemracasbe Thomsen (freis.) 33 Stimmen. Ersterer ist somit gewählt.

Kunst und Wissenschaft.

Im Verein für deutsches Kunstgewerbe sprach am Mitt⸗ woch Abend der Ingenieur der Allgemeinen Elektrizitäts⸗Gesellschaft in Berlin, Herr Richard Opitz, über die Anwendung des elektrischen Stromes für gewerbliche Zwecke. Redner er⸗ läuterte zuerst in sachlicher Weise die theoretischen Prinzipien der ese Kraftübertragung und verglich dann diese moderne Art des Fabrikbetriebes mit jenem, wo die Kraft mittels Wellen und Riemen übertragen und vertheilt wird. Hervorzuheben ist besonders die Objektivität, mit welcher er die Vortheile, aber auch die Nachtheile beider Betriebsarten rückhaltlos erläuterte, und wenn er schließ⸗ lich doch bewies, daß die elektrische Kraftübertragung mehr Vortheile biete und billiger zu arbeiten ermögliche, so verfehlte er nicht, zu betonen, daß die von ihm vorgebrachten Daten und Ziffern deshalb günstig seien, weil er sie auf die Berliner Verhältnisse bezogen

0 hor wo die Berliner Elektrizitätswerke zum Motorenbetrieb elek⸗

trischen Strom zum Preise von nur 16 für 1000 Wattstunden lieferten. Auch würden die Motoren selbst gegen billiges Entgelt verliehen, und wenn auch die Anschaffungspreise für Einzelbetrieb noch verhältnißmäßig hoch seien, so seien dieselben durch die Ersparnisse beim Betrieb doch bald amortisiert. Redner erläuterte dann die ver⸗ schiedenen Verwendungen elektrischer Motoren und wies insbesondere hin auf die Vortheile, welche transportable Motoren bieten, demonstrierte an den verschiedensten Modellen die Verwendung der elektrischen Kraft bei Handbohrern, Ventilatoren, Nähmaschinen u. s. w., zeigte, wie man die sehr schnell laufenden Elektromotoren zu noch schnelleren, aber auch zu ganz langsamen Rotationen zwingen könne, bewies experimentell, wie man die Elektrizität zum Kochen und zum Erhitzen von häuslichen Geräthen verwendet, und zeigte endlich die Anwendung der Elektri⸗ zität im ärztlichen Dienst, wofür die Firma Reiniger, Gebbert und Schall einige Apparate ausgestellt hatte. Die sich anschließende Dis⸗ kussion und die vielfachen Zwischenfragen bewiesen, daß dem inhalts⸗ reichen Vortrag allseitiges Interesse entgegengebracht wurde. Für denselben hatte der Redner eine besondere Leitung von den Straßen⸗ kabeln bis in den Saal legen lassen, um die starken Kräfte, die er zu seinen vielfachen Experimenten brauchte, zur Verfügung zu haben: auch hatte er eine vollständige Sammlung aller Bestandtheile aus⸗ gelegt, die zu einer elektrischen Anlage nöthig sind.

Der Vorstand des Vereins für deutsches Kunstgewerbe besteht nach den in den Generalversammlungen vom 16. Januar und 8. Fe⸗ bruar für das Jahr 1895 vorgenommenen Wahlen aus folgenden Herren 9: Vorsitzender: Karl Hoffacker, Architekt; Erster Stellvertreter: Otto Schulz, Fabrikant; Zweiter Stellvertreter: Geheimer Hofrath E. Schröer; Schatzmeister: L. P. Mitterdorfer, Fabrikant; Schrift⸗ führer: W. Quehl, Bildhauer und Fabrikbesitzer; Erster Stellvertreter: Ernst Flemming, I. Lehrer der städtischen Webeschule; Zweiter Stell⸗ vertreter: W. Ziesch, Inhaber der Berliner Gobelin⸗Manufaktur; Ausschußmitglieder: Heinrich Göhring, Vertreter der Allgemeinen Elektrizitäts⸗Gesellschaft; Ludwig Lüdtke, Tischlermeister; A. Müller, Fabrikbesitzer; Otto Rau, Fabrikbesitzer in Firma Meisenbach Riffarth u. Co.; Rudolph Schaale, Schlossermeister; Louis Schluttig, Gold⸗ waarenfabrikant.

Für die Jahresausstellung der Münchener Künstler⸗ Genossenschaft im Königlichen Gläaspalast ist wieder die Beil vom 1. Juni bis Ende Oktober in Aussicht genommen. Als letzter An⸗ meldetermin ist der 15. April, als Einlieferungsfrist die Zeit vom 10. April bis 1. Mai festgesetzt. An alle auswärtigen Kunstinstitute und Künstlerkorporationen sind die Einladungen zur Betheiligung und zahlreiche Zusagen hervorragender Künstler bereits ein⸗ gelan

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Verkehrs⸗Anstalten.

Ueber Verkehrsstörungen, die durch die Witterungs⸗ verhältnisse verursacht wurden, bezw. deren Beseitigung, liegen heute folgende Meldungen des „W. T. B.“ vor:

Nach amtlicher Bekanntmachung sind die Strecken Bergen Krampas und Bergen Lauterbach wegen v“ bis auf weiteres gesperrt. Die Strecke Anklam Stralsund ist wieder fahrbar. .

Wegen der durch Eissperre in der Ostsee bervorgerufenen Unter⸗ brechung der Dampferverbindung Warnemünde —Gjedser werden die Nachtschnellzüge 72 und 73 zwischen Warnemünde und Neust relitz bis auf weiteres nicht gefahren.

Kopenhagen, 15. Februar. Starker Ostwind treibt heute schweres Seeeis von dem Hafen von Esbjerg seewärts. Der Hafen ist somit für Exportdampfer wieder passierbar.

Wien, 16. Februar. Infolge von Schneeverwehungen ist der Verkehr und theilweise der Güterverkehr auf mehreren Lokalstrecken in Mähren und Schlesien eingestellt; in Znaim ist der Verkehr mit den umliegenden Ortschaften wegen gänzlich unterbrochen. Zahlreiche Fuhrwerke und Schlitten sind in verschneiten Hohlwegen versunken. Einzelne Dörfer sind im Schnee fast unsichtbar. B

Budapest, 15. Februar. Infolge neuerlicher Schneeverwehungen

werden aus verschiedenen Landestheilen vielfache Verkehrs⸗ störungen gemeldet. Kdonstantinopel, 15. Februar. Infolge neuerlicher Regen⸗ güsse ist der Ardafluß angeschwollen. Die provisorischen Vorrich⸗ tungen zur Ermöglichung des Flußübergangs für Bahnreisende bei den Stationen Sufli und Babaeski wurden weggerissen. Der Eisen⸗ bahnverkehr ist unterbrochen.

Laut Telegramm aus Herbesthal ist die erste eng⸗ lische Post über Ostende vom 15. Februar ausgeblieben. Grund: Zugverspätung in England und Belgien. Die zweite englische Post über Ostende ist ausgeblieben, weil die Dampferfahrt Dover Ostende wegen Sturmes ausfiel. Die dritte englische Post über Ostende vom 15. Februar ist wegen Sturms auf See und Zugver pätung in Belgien aus⸗ geblieben. Laut Telegramm aus Goch ist auch die erste englische Post über Vlissingen vom 15. Februar aus⸗ geblieben. Grund: Starker Ostwind.

Bremen, 16. Februar. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Reichs⸗Postdampfer „Habsburg“ hat am 13. Februar Nachts die Reise von Genua nach Southampton fortgesetzt. Der Schnell⸗ dampfer „Werra“ hat am 15. Februar Nachmittags die Reise von Neapel nach Genua fortgesetzt. Der Schnelldampfer „Kaiser Wilhelm II.“ hat am 14. Februar Nachmittags die Reise von Horta nach New⸗Vork fortgesetzt. Der Reichs⸗Postdampfer „Bayern“ hat am 15. Februar Vormittags die Reise von Neapel nach Port Said fortgesetzt.

London, 15. Februar. (W. T. B.) Der Castle⸗Dampfer „Arundel Castle“ ist heute auf der Ausreise von London ab⸗ gegangen. Der Union⸗Dampfer „Moor“ ist gestern auf der Heimreise von Kapstadt abgegangen. 6“ .““

Theater und Mufik.

Konzerte. 8

Der dritte Klavier⸗Abend des Herrn Eugen d’'Albert fand gestern im Saal der Sing⸗Akademie unter sehr zahlreicher Be⸗ theiligung des Publikums statt. Die Sonate (op. 5) in fünf Sätzen von Brahms, eine Tondichtung für Klavier, deren Andante durch die Worte erläutert wird: „Der Abend dämmert, das Mondlicht scheint, es sind zwei Herzen in Liebe vereint und halten sich selig umfangen“ eröffnete den Abend. Unter unsern Virtuosen gelingt es wohl keinem wie d'Albert, die Gedankentiefe der Brahms'schen Kompositionen so klar und interessant 185 Ausdruck zu bringen. Sein energischer Anschlag und die leichte Ueberwindung der bedeutenden technischen Schwierigkeiten kommen ihm hierbei sehr zu statten. Liszt's H-moll⸗Sonate in einem Satz, Weber's As-dur- Sonate und Chopin’s Sonate op. 58 folgten diesem Werke. Der Vortrag dieser drei Hrechlans umfangreichen und inhaltvollen Sonaten war ein in jeder Beziehung vollendeter. Rauschender Beifall folgte allen künstlerischen Leistungen des sehr interessanten Abends.

Die Gesanglehrerin Helene Jahncke gab zu 85 Zeit im

Konzertsaal des Klubhauses (Potsdamerstraße 9) ein Konzert mit ihren Eleven und Elevinnen. Gesangs⸗Quartette wechselten ab mit Arien und Liedern der 8958 hervortretenden jungen Talente, deren boh Anzahl ihre spezielle Erwähnung unmöglich macht. Alle eistungen der Vortragenden ließen gute Tonbildung, meist reine Intonation, präzise Zusammenwirkung und eingehende Ausdrucksweise erkennen. Es fehlte daher auch nicht an aufmunterndem Beifall.

Die Pianistin Frau Madeleine Astorga in Sem ver⸗ anstaltete dort in der vorigen Woche im Saal des Café Sanssouci ein von der vornehmen Gesellschaft der zweiten Residenzstadt zahlreich besuchtes Wohlthätigkeits⸗Konzert zum Besten der

Armen. Ernste klassische Werke von Bach und Beethoven