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engehen. Was eine Kommission aus dem Gesetz Pain hntgeeeccheschäler könnte, ist nicht verständlich. Wenn das kentrum Theile des Entwurfs annimmt, hört die Beunruhigung der Fentrnmn heie nicht auf. Man kann im Lande die Einbringung dieser Vorlage nicht verstehen, durch die die Zahl der be eh die Summe des Elends, das schon groß genug ist, noch vermehr wird. Braucht man Geld, so kann man eine Reichs. tkommenchene⸗ einführen. Die dagegen “ geltend gemachten Bedenken ind nicht so schwerwiegend wie die Bedenken pern diese Vorlage. m besten ist es, die Vorlage kurzer Hand abzulehnen. 1 Abg. Zimmermann (d. Refp.): Ich muß unserem Befremden darüber Ausdruck geben, daß diese Vorlage abermals an das Haus gelangt ift. Auch darüber muß ich mich wundern, daß heute 899 der Gedanke einer Biersteuer angeregt wurde. Ich glaube, die Biersteuer ist so allgemein verurtheilt worden, daß an sie nicht mehr zu denken ist. Die Kosten für die Heeres⸗ verstärkung können in der Feuptsache durch eine noch s 5 Heranziehung der Börse gedeckt werden. Für den Einnahmeausfal infolge der Handelsverträge sind wir nicht verantwortlich. 8878 Regierung möge sich doch an ihre damaligen Stützen, die Sozial⸗ demokraten und Freisinnigen wenden. Wir werden immer wieder af die progressive Reichs⸗Einkommensteuer und die Wehrsteuer zurück⸗ kommen. Die Vorlage ist für uns unannehmbar. Sie besorgt die Geschäfte des Großkapitalismus, indem sie die Kleinindustriellen ver⸗ nichtet. Nach den vorjährigen Erfahrungen glaube ich nicht, daß der Kommissionsberathung etwas Rechtes aus der Vorlage werden wir Die weitere Berathung wird darauf vertagt
Schluß 5 ¼ Uhr “
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.
25. Sitzung vom Donnerstag, 21. Februar.
Die zweite Berathung des Etats des Ministeriums
ern wird fortgesetzt. den Pe der Sitzung ist gestern berichtet worden. Bei dem Kapitel „Polizei⸗Präsidium von Berlin
immt nach dem Abg. Arendt das Wort
Minister des Innern von Köller: v“ Es ist sehr dankenswerth von dem Herrn Abgeordneten, daß er sich dafür ausgesprochen hat, daß derartige Angelegenheiten im Inter⸗ esse der Bevölkerung und der Sicherheit der Stadt hier in Er⸗ wägung genommen werden sollten. Ich gebe auch zu, daß der Verkehr mit Telephon in vielen Orten ein absolut erwünschter, ja nothwendiger ist, nm die täglich und stündlich vorkommenden Angelegenheiten so schnell als möglich zwischen der entralstelle des Polizeiwesens und den anderen Stellen zu regeln. Aber die Telephone sind doch nicht ganz ohne Mängel. Die Telephon⸗ anschlüsse sind einmal nicht ganz unabhängig von den Witterungs⸗ verhältnissen; ferner ist es häufig nicht leicht, schnellen Anschluß zu bekommen, weil die Telephonlinien besetzt sind, sodaß in eiligen Sachen nicht so schnell Hilfe werden kann durch enutzung des Telephons, wie es wünschenswerth ist. Es ist deshalb im hiesigen Polizei⸗Präsidium bisher nicht der Wunsch 8 aut geworden, die Verbindung mit den einzelnen Bureaux durch Telephon herzustellen. Es existiert aber eine eigene Telegraphenlinie wischen dem Polizei⸗Präsidium und sämmtlichen Polizeibureaux, und an ist bisher der Meinung gewesen, daß diese eigene Telegraphenlinie, ie lediglich zur Benutzung für den Dienst zwischen dem Präsidenten unnd den Bureaux bestimmt ist, dem Bedürfniß vollauf genügt. Es hat auch zweifellos Vortheile, daß eine eigene Telegraphenlinie erxistiert, die ja selbstredend auch im Fall des Ausbruchs von Feuer für dje Feuerwehr offen steht — das ist auch bisher von dem Herrn Polizei⸗ räsidenten anerkannt worden, daß sie voll genügt “ und es wird dohl auch richtig sein, daß sie unter Umständen eine zuverlässigere Verbindung zwischen dem Polizei⸗Präsidium und den Polizei⸗ ureaux ist, als das Telephon sein kann. Ich glaube also, daß, so nkenswerth die Anregung des Herrn Abgeordneten war, doch der olizei⸗Präsident von Berlin kaum geneigt sein wird, seine jetzt bestehende sichere Verbindung durch eigene Telegraphenlinie, welche ja auch in Nothfällen ebenso wie das Telephon dem Publikum nutzbar semacht werden kann oder wird, wenn es auf das nächste Polizeibureau geht und dort mit der Zentralftelle gleich in Verbindung tritt, — ich glaube, wie gesagt nicht, daß das Polizei⸗Präsidium Neigung haben wird, die jetzt bestehende legraphische Verbindung zwischen der Zentralstelle und seinen ureaux aufzugeben und durch das Telephonnetz zu ersetzen. Ich erde aber, der Anregung des Herrn Dr. Arendt folgend, mit dem Herrn Polizei⸗Präsidenten sprechen und werde vielleicht später in der Lage sein, auf die Sache noch einmal zurückzukommen. Abg. isen (fr. kons.): Die Gefahren des Straßenverkehrs in E“ 85 Anwachsen des Verkehrs derartig geworden, aß ich an den Minister die Bitte richte, zu prüfen, ob nicht Ver⸗ nlassung vorliegt, die bestehenden Polizeiverordnungen über zu schnelles ahren in den Straßen zu revidieren bezw. zu ergänzen. Seit ich Föhecner dieses Hauses bin, sind verschiedene Mitglieder desselben ie Herren vom Regierungstisch durch das übermäßig schnelle Fabren theils schwer verletzt, theils sogar getödtet worden. Ich erinnere an den Abg. von Gerlach, der durch über⸗ chnelles Fahren eines Postfuhrwerks zu Tode kam. Ich erinnere aber uch an die Abgg. von Fürth und Busse, an die Geheimen Räthe eers, Wehrenpfennig und Haase, die zu schweren Schäden gekommen ind. In anderen großen Städten ist die Sache so eingerichtet, daß die Wagen an allen Straßenkreuzungen mit geringen Ausnahmen Schritt fahren müssen. Erst jüngst ist der Professor Curtius durch das übermäßig schnelle Fahren eines Wagens schwer verletzt worden. Ich möchte den Minister ersuchen, Veranlassung zu nehmen, dem Ünfug des übermäßig schnellen Fahrens bei Straßenkreuzungen zu 8xö von Kröcher (kons.): In keiner großen Stadt der Welt esteht eine so gute Straßenpolizei wie in Berlin. Die von dem ten angeführten Herren, die durch zu schnelles Fahren zu sind, waren fast alle v2 in 8. politi „auf den Verkehr der Wagen ni 8 2— Straßsenkreuzungen Schritt gefahren werden würde der Verkehr bald ganz stocken. 1 nsen (fr. kons.): Ich habe nicht verlangt, daß alle Straßenkreuzungen Schritt — E. va * * verkehrereiche habe ich diese Forderung aufg 8. Prasen senh solche, daß ich meine Anregung
halien E 1 Beim Titel Polizei⸗Sekretäre bemängelt Abg. Träger (fr. 12 die ungünstige Lage der Beamten des
inwohnermeldeamts in 1
erwidert, daß die beim
Einwo mer Dber⸗Negi 2 Lindi , Raneerhecg Liszdie ten ings nur
“ 11 2
Titel Polizeiverwaltung in den Pro⸗ vinzee. 11 (Zentr.) Klage darüber, daß Königliche Behörden öfter den “ der Polizeiverwaltungen entgegenhandelten. Minister des Innern von Köller: b 82 Ich 8 meinen, daß es ganz selbstverständlich ist, wenn König⸗ liche Behörden irgend welche Bauten oder andere Sachen unter⸗ nehmen und betreiben, daß sie wie jeder Privatmann den poltzeilichen Vorschriften dabei unterworfen sind. Ich glaube, es bedarf einer Erklärung meinerseits darüber nicht; das ist so selbstverständlich, daß man darüber keine eigene Erklärung abzugeben nöthig hat. 86
nikowski (Pole) klagt über die polizeilichen Vorsc cn esüch Neban Jndhische Theaterstücke. 2 Be⸗ hörden verlangten eine ver7. der Stücke auch in Redwrgvs Uebersetzung. Wenn es nicht möglich sei, bei allen Voldes — polnisch sprechende Beamte zu haben, so sei es doch noß möglich, polnische Theaterstücke bei einer Zentralbehörde lesen zu lassen. Minister des Innern von Köller: Meine Herren! Der Herr Abgeordnete, welcher soeben sprach, war vor einiger Zeit bei mir und trug mir eine Beschwerde vor, dahin gehend, daß in Löbau ihm verboten worden sei, oder richtiger ausgedrückt, nicht genehmigt worden sei, ein polnisches Theaterstück zu milden Zwecken zur Aufführung bringen zu lassen, und daß dieses Verbot der Polizei zu Löbau anscheinend, wie er sagte, erlassen sei auf Grund einer Verordnung, die der Herr Regierungs⸗Präsident zu Marienwerder erlassen habe. Ich antwortete ihm, daß ich zunächst nicht in der Lage sei, darüber zu urtheilen, in wie weit seine Beschwerde berechtigt sei, daß ich aber Veranlassung nehmen werde, durch Bericht des Herrn Regierungs⸗Präsidenten beziehungsweise der Polizeibehörde in Löbau feststellen zu lassen, worum es sich handelt. Das habe ich inzwischen gethan; ich habe den Regierungs⸗Präsidenten in Marien⸗ werder gefragt, wie die Sache liegt, und derselbe hat mir berichtet, daß eine Regierungsverfüung von ihm erlassen sei, welche bestimmt, daß diejenigen, welche Theaterstücke in polnischer Sprache aufführen wollten, diesem ihrem Gesuche nicht nur dieses Theaterstück in polnischer Sprache, sondern auch in deutscher bersetzung beilegen sollten.
88 18. ü re h. Behauptung des Herrn Abgeordneten, der so⸗ eben sprach, diese Verordnung sei in der Absicht erlassen, die Auf⸗ führung polnischer Theaterstücke unmöglich zu machen, absolut un⸗ richtig und unbegründet. Der Herr Abgeordnete hat dem Regie⸗ rungs⸗Präsidenten ein Motiv für diesen Erlaß unterstellt, ohne daß er dazu eine Veranlassung oder ein Recht hatte. Der Herr Regierungs⸗ Präsident hat mir vielmehr berichtet, es käme sehr häufig vor, daß die Polizeibehörden, welche die Genehmigung zur Aufführung solcher Stücke geben müßten, nicht in der Lage seien, den Inhalt jedes Theaterstücks zu prüfen, und daß sie für den Fall wohl befugt er⸗ achtet werden müßten, die Ueberreichung einer deutschen Uebersetzung zu verlangen. (Sehr richtig! rechts.) Ich halte diesen Gesichtspunkt und diesen Gedanken, welcher jener Verordnung zu Grunde gelegen hat, für durchaus gerechtfertigt. Es schließt ja das nun allerdings nicht ein, daß man um eines solchen Gedankens willen veranlaßt ist, generell eine solche Anordnung zu treffen. Aber der Herr Regierungs ⸗Präsident von Marienwerder hat mir auch bereits angezeigt, daß er seine Verordnung dahin modifiziert habe, daß in Löbau, wo der Fall passiert sei, diese Verfügung nicht in der Weise zur Aus⸗ führung kommen solle, nachdem er sich überzeugt habe, daß der In⸗ haber der Polizei in Löbau im stande ist, ein polnisches Theaterstück zu lesen, zu prüfen und dann zu beurtheilen, ob es aufgeführt werden kann. Der Regierungs⸗Präsident hat mir berichtet, daß er die Ver⸗ ordnung so handhaben würde, daß sie eben nur in den Fällen zur An⸗ wendung kommen solle, wo es nöthig sei, weil die Kenntniß der polnischen Sprache nicht vorhanden sei, um die nöthige Prüfung vor⸗ zunehmen.
Wenn der Herr Abgeordnete, der vorhin sprach, sagt, man solle doch Beamte anstellen, welche die polnische Sprache beherrschten und die in diesem Fall in der Lage gewesen wären, ein solches Theaterstück durchzulesen, um sich darüber zu äußern, ob es aufgeführt werden dürfte, so geht dieses Verlangen des Herrn Abgeordneten etwas weit; es würde dann nöthig sein, daß jede Polizeibehörde, welche der polnischen Sprache nicht mächtig ist, einen Dolmetscher als polizeilichen Adlatus hätte, um die Gesuche zu übersetzen, welche seitens polnischer Einwohner vorgelegt würden. Nun, meine Herren, die Amtssprache jener Lande ist die deutsche! Ich habe ja nichts dagegen einzuwenden, daß jemand einmal in der Lage ist, seinem Gesuch eine Beilage zu geben, die nicht in deutscher Sprache geschrieben ist. Wenn er das aber thut, und wenn er eine Genehmigung beantragt, so ist es meines Erachtens doch seine Pflicht und Schuldigkeit, die Behörde in die Lage zu setzen, daß sie das versteht, was er will, damit sie ihres Amtes walten kann. (Sehr
ichtig! rechts. der Herr Abgeordnete sagte, wir sollten für geistig geeignete Beamte sorgen, — meine Herren — allen Respekt und alle Hochachtung vor der polnischen Sprache und Nationalität. Aber es ist etwas viel verlangt, daß Sie nur denjenigen einen geistig geeigneten Beamten nennen wollen, der die polnische Sprache versteht. Ich glaube, daß ich in Ihren Augen dann auch nicht ein geistig ge⸗ eigneter Beamter bin; denn ich verstehe die polnische Sprache nicht.
Zuletzt hat der Herr Abgeordnete den Gedanken angeregt, der vielleicht die Basis geben mag, auf der wir zu einer Ver⸗ ständigung gelangen können. Er sagte, man könnte doch an einer Zentralstelle — er meinte in Posen, wo es doch zweifellos polnisch sprechende Beamte giebt, welche auch polnische Zeitungen beaufsich⸗ tigen — derartige polnisch sprechende und schreibende Beamte mit der Durchlesung solcher Theaterstücke beauftragen und auf Grund ihres Attestes unter Umständen Gesuche zur Genehmigung der Auf⸗ führung genügen lassen. Das ist vielleicht ein ganz praktischer Vor⸗ schlag, aber ich glaube, es wäre seine Sache und Sache derer, die Theaterstücke aufführen wollen, derartiges in die Wege leiten zu lassen. Lassen Sie sich von dem Herrn Polizei⸗ Präsidenten in Posen, dem derartige Beamte zu stehen, ein Attest geben, daß das Stück nichts Bedenkliches
Gebote
enthält, so wird jede Polizeibehörde einem solchen Attest unweigerlich Glauben schenken, und wenn es feststeht, daß das Stück keine Be⸗ denken hat, wird kein unnöthiges Quälen und Cbikanieren stattfinden, daß das Stück noch übersetzt werden muß. Ich meine also, die Aus⸗
sollten Sie nicht der Regierung und den Behörden in die Schuht schieben, sondern wer ein Stück aufführen will, hat für seine Person die Verpflichtung, alles herbeizuführen, was die Polizei in die Möglichkeit setzt, die Genehmigung zu ertheilen. Wenn also seitens der Herren, die Theaterstücke auf. führen wollen, an das Polizeipräsidium die Bitte gerichtet wird, dieses oder jenes Stück als aufführbar zu erklären, und wenn das Polizei⸗ präsidium sich in dieser Richtung erklärt, so, glaube ich, würde keine Polizeibehörde Bedenken haben, die Genehmigung zu geben. Aber Sie müssen nicht verlangen, daß die Behörden Ihnen das auf dem Präsentierbrett machen wollen; die Leute mögen doch selber die nöthigen Schritte thun, um sich mit den Behörden in Verständigung zu setzen, damit sie ihres Amtes walten können. (Bravol rechts.)
8 tt ole): Das Vertrauen der Behörde ist nicht vetans 96 K alle r Fheten polnischen Stücke hatten einen getäuschcen Inhalt. Ich meine auch, es ist Sache der Behörden, dafür zu sorgen, daß ihre Beamten die Sprache der Bewohner des “ von Heereman (Zentr.): Ich möͤchte auf solche Featralische Aufführungen hinweisen, die der Sitte und Religion Hohn sprechen. Ihnen müßte schärfer entgegengetreten werden. Ich glaube, bei diesem Wunsche habe ich alle wohlgesitteten Theile der Bevölkerung hinter mir. Die Theater sind nur zu häufig eine Ette der Darstellung von Unsitte und Unfug. nn man sagt, das . wic . 6668 sba zei “
üche des Publikums heruntergesunken „Theat e 8 unterhalten und die Besucher künstlerisch und
b 1 8 weiß, es kommt auf die Entscheidungen sütlich aa eeinftuf 8 8 heih en lenn sgerichts an. 8 glaube aber, der Minister des Innern könnte im Interesse des öffentlichen Anstandes hier einwirken.
Minister des Innern von Köller: Meine Herren! Ich bin dem Abg. Herrn Freiherrn von Heereman außerordentlich dankbar, daß er mir noch heute Gelegenheit gegeben hat, auf diese Sache, die er berührte, eingehen zu können. Ich bin allerdings auch der Ansicht, daß die Theater im Laufe der letzten Jahrzehnte, das was sie sein sollten — eine Bildungsstätte zur Förderung von Sitte, eine Stätte zur Förderung historischer Er⸗ innerungen, zur Förderung, kurz gesagt, alles Guten und Edlen schon lange nicht mehr sind. (Sehr wahr.) Es giebt ja natürlich Ausnahmen, und es ist ja selbstverständlich, daß in einzelnen Städten in einzelnen Theatern in der Beziehung noch sorgsam verfahren wird. Im allgemeinen aber haben wir leider, und ich glaube auch hier in der Residenz vor allem eine Menge neuer Theater bekommen, die zunächst und zuerst Erwerbsquellen sind, die verdienen wollen und denen es nicht mehr darauf ankommt, gute Sitte und edlen Sinn zu nähren und zu pflegen, sondern denen es darauf ankommt, möglichst viel zu verdienen, selbst auf die Gefahr hin, die Moralität des Volkes zu ruinieren. (Sehr richtig! rechts. — Zuruf des Abg. Grafen Strachwitz.) Der Herr Abgeordnete ruft dazwischen: „Wie die meisten Schriftsteller! Ja, meine Herren, ich hätte gewünscht, ich hätte auch Gelegen⸗ heit haben können, über die Literatur der neuen Zeit mal sprechen zu können; das ist nun schwer. (Zuruf.) Ja, meine Herren, der Abgeordnete Rickert sagt: „Das wird noch hübsch werden!“ Es hilft nichts, wir müssen die Sache doch mal offen und ehrlich darstellen. (Sehr richtig! rechts und im Zentrum) Mit scherzenden Bemerkungen kommen wir über die Sache nicht mehr fort; die Moralität unseres Volkes ist in Gefahr verloren zu gehen. (Sehr richtig! rechts. Unruhe links. Abg. Rickert: Sehr richtig — bei der Interessenwirthschaft da haben Sie ganz recht!) Nicht bei der Interessenwirthschaft, sondern bei der Spekulation auf die Unmoralität, — auf die Genußsucht und Vergnügungssucht des Volks zu spekulieren und derartige Sachen, wie die Theater, in den Dienst dieser unedlen Eigenschaften zu stellen. (Bravo! rechts. Un⸗ ruhe links.) Meine Herren, ich bin sehr gerne bereit, in dem Sinne, wie ich hier eben in Uebereinstimmung mit dem Herrn Abg. von Heereman ausgesprochen habe „ wirken. Es ist aber nicht immer sehr leicht, seinen Willen durchzusetzen bei diesen Sachen, weil, wie Ihnen ja bekannt ist, über den polizeilichen Entscheidungen zur Zeit die Ent⸗ scheidungen der höheren Verwaltungsgerichte stehen. (Zaruf.) Der Abg. Parisius sagt: „Ein wahrer Segen!“ (Heiterkeit. Meine Herren, die Polizeibehörden in vielen Orten, in richtiger Er⸗ kenntniß, z. B. um einen Fall vorzunehmen, daß ein Stück wie „Die Weber“ nicht auf deutsche Bühnen gehört, haben das untersagt. Die Klagen gegen diese Verfügungen sind an das Ober⸗Verwaltungsgericht ge⸗ gangen, und in zwei Fällen hat das Ober⸗Verwaltungsgericht die polizei⸗ lichen Verfügungen aufgehoben. Nun betrifft die Aufhebung einer solchen Verfügung durch das Ober⸗Verwaltungsgericht ja selbstredend immer nur den einen Fall. Niemals kann das Ober⸗Verwaltungs⸗ gericht entscheiden, daß generell ein Stück wie „Die Weber“ erlaubt ist. — Es hat auch nicht so entschieden; ich hoffe daher von den Polizeibehörden im Lande, daß sie immer von neuem dam Fall wieder prüfen, eventuell derartige Stücke verbieten und die Frage von neuem zur Entscheidung bringen lassen 88 und ich hoffe, daß in nicht zu langer Zeit die Entscheidungen d Ober⸗Verwaltungsgerichts anders ausfallen werden. Ich will hier öffentlich der Polizeibehörde, die vor etwa 10 Tagen „Die e von neuem untersagt hat, meinen Dank aussprechen. (Bravo! rech und im Zentrum.) Herr von Heereman wird, glaube ich, e standen sein mit den Ausführungen, die ich gemacht habe. Er s ganz Recht, daß man ja natürlich Angriffe darauf in bo 84 Maße in der Richtung machen wird, die Kultur sollte werden. Meine Herren, ich mache mir nichts aus Angriffen b 4 Presse, ich mache mir nichts aus Angriffen in den Parlamenten; 8 stehe für meine Ueberzeugung ein und werde, was ich thun kann, 1 dem Sinne wirken. (Bravo! rechts und im Zentrum.) 5. Ihnen dankbar sein, wenn Sie zu jeder Zeit und zu jeder Canade derartige Sachen, die als öffentlicher Skandal im Lande era 1m werden, hier zur Sprache bringen, und wenn Sie die Regierung g89- stützen, für Religion, Sitte, Drdnung und Anstand im Lande wi Boden zu schaffen und den Elementen, die das untergraben auf das allerenergischste entgegenzutreten. (Lebhaftes Bravo! und im Zentrum.) 1 1 zu Limburg⸗Stirum kkons.): Peisn F*. der vom Abg. von Heereman vorgeschlagenen Rich dng. will, so muß man der Königlichen Staatsregierung in h Sas im
wisse Latitüde lassen. Denn die Meinungen über das, m 8..g⸗ seage recht oder unrecht ist, können sehr verschieden sein
—
nur eine mechanische. Es daß besonders
1 Gehalt Wätigkeit wäre eist 800 Eis 1950 ℳ Läster. vbre 2 töchtige Beamte in anderen Stellungen beschäftigt würden.
führung dieses Gedankens, wie der
Vorredner angeregt hat,
d im Zentrum.)
6 47. (Schluß aus der Ersten Beilage.)
Abg. Rickert (fr. Bä); Das ganze müßte gegen eine gritik des obersten Verwaltungsgerichts dur einen Minister, wie wir se eben gehört haben, Protest einlegen. Wo soll die Achtung vor dem Fesetz herkommen, wenn ein Minister solche Meinung ausspricht? Das, was bei uns die Moral und öffentlichen Sitten verdirbt, ist die Fnteressenwirthschaft.
Minister des Innern von Köller:
Meine Herren! Wenn die gemeine Interessenwirthschaft in allen Kreisen, wie der Herr Abg. Rickert gesagt hat, Platz gegriffen hat, p möchte ich doch den Herrn Abg. Rickert bitten, dafür zu sorgen, zcß sie erst in seinen Kreisen beseitigt wird. (Bravo! rechts und im zntrum.) Der Herr Abg. Rickert hat gesagt, in allen Kreisen hätte Platz gegriffen. (Zuruf des Abg. Rickert: Droht!) Die Regierung rird für die Kreise sorgen, für die sie die Verantwortung übernimmt.
Der Herr Abg. Rickert fing seine Bemerkungen an mit der Einleitung, sein Gewissen zwinge ihn, hier feierlich Protest einzulegen magegen, daß ein Minister den obersten Verwaltungsgerichtshof herab⸗ würdige, oder wie er sich sonst ausdrückte. Der Herr Abg. Rickert tllegt ja in sehr schönen Worten und mit besonderer Entrüstung solche Sachen auszusprechen. Er hat das auch hier gethan, obwohl die Auf⸗ fasung, die er im Augenblick zum Ausdruck bringen wollte, nicht zu⸗ teffend ist. Der Herr Abg. Rickert wolle mir verzeihen: er hat ent⸗ weder nicht gehört, was ich gesagt habe, oder der Herr Abg. Rickert lat zwar gehört, was ich gesagt habe, in diesem kritischen Moment giber es für einen taktisch richtigen Zug gehalten, die Worte twas anders zu stellen, (sehr richtig! rechts und im Zentrum) und önen einen etwas anderen Sinn unterzulegen, als ihnen ten Rechts wegen und von Jedem, der mich angehört hat, untergelegt werden konnte. (Bravo! rechts und im Zentrum.)
Ich habe vorhin gesagt — und ich berufe mich auf die Steno⸗ naphen —, daß das Stück „Die Weber“ von verschiedenen Polizei⸗ thörden verboten und daß dieses Verbot im Wege der Klage in der söchsten Instanz vom Ober⸗Verwaltungsgericht als nicht zutreffend mkannt worden sei. Ich habe dann gesagt, daß es sich glücklicher⸗ weise in jedem Ober⸗Verwaltungsgerichts⸗Erkenntniß immer nur um im einzelnen Fall handle. (Sehr richtig! rechts und im Zentrum.)
Ich dächte, der Herr Abg. Rickert wäre eben so bewandert in diesen Lachen, daß er auch verstanden haben würde, was ich damit sagen zelltt. Jenes Erkenntniß des Ober⸗Verwaltungsgerichts, von welchem t gesprochen habe, hat ausdrücklich hervorgehoben, daß lokale Gründe rrliegen könnten, aus denen die Aufführung des Stückes an einzelnen Aten als zulässig zu erachten sei. Es hat sich jedoch in seinen Fründen vorbehalten, in anderen Fällen zu entscheiden, daß es nicht afgefährt werden könne. Meine Herren, ich habe weiter gesagt, daß sanrch dieses Erkenntniß die Polizeibehörden dort, wo sie es für nöthig ahteten, sich nicht würden abhalten lassen, von neuem jenes Stück zu vecieten, und habe ausgesprochen, daß das Ober⸗Verwaltungs⸗ gericht hi seinen weiteren Entscheidungen hoffentlich zu einem anderen Resulket komme. (Abg. Rickert: Hört! hört!) — Jawohl, hört, bört! —
Wenn nun der Herr Abg. Rickert daraus den kühnen Schluß secht, daß ich die Entscheidung des obersten Verwaltungsgerichtshofes tir in tendenziöser Weise behandelt oder, wie er sich ausdrückte, nabgewürdigt hätte, so ist das absolut unzutreffend. Das Ober⸗ verwaltungsgericht hat in den Fällen Berlin und ich weiß nicht, wo ich anders, in Berücksichtigung der lokalen Verhältnisse entschieden, ad ich habe gesagt, daß ich hoffte, daß die Polizeibehörden in weiteren filen, wo man versuche, dieses Stück aufzuführen, dies inhibieren vürden. 8 Also die ganzen Schlußfolgerungen und die Behauptungen des dern Abg. Rickert waren vielleicht, wie ich gesagt habe, im Augen⸗ llck taktisch richtig — zutreffend waren sie nicht. Ich kann mir ja inken, wie ich anfangs schon sagte, daß Ihnen das nicht angenehm 8 was ich hier ausgesprochen habe. Aber, meine Herren, es wird git, daß mit diesen Sachen mal ein Ende gemacht wird. (Sehr chtig! rechts und im Zentrum.) Wie lange sollen wir denn noch isehen, daß in der schimpflichsten Weise alle die heiligsten Güter der sälion, die auch dem Volk wirklich noch heilig sind, herabgewürdigt n in den Schmutz gezogen werden? (Lebhafter Beifall rechts Noch ist es Zeit, noch haben wir die Macht iter uns, noch haben wir die Gewalt, und zwar gebaut und asert auf dem gesunden Sinn des Volkes, was noch nicht vergiftet ed verworfen ist, und so lange wir, die Regierung, die Gewalt tter uns haben, so lange werden wir sie benutzen; sonst würden wir sere Schuldigkeit nicht thun. Ob nun der Herr Abg. Rickert da⸗ sin protestiert, ob ihm das fatal ist, das ist mir ganz gleichgültig. eöhafter Beifall rechts und im Zentrum.) Ihre Kritik, Herr scert, hat für mich keinen anderen Wecth als die Kritik der ganzen
iise, die über mich herfallen wird. (Lebhafter Beifall rechts und Zentrum.)
Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum kkons.—): Der Abg. Freiherr „ Mereman wird mir zugeben, daß die Auffassung über das, was eirüunter den Rechtsschutz stellt, debnbar ist. Wenn der Abg. Rickert fänt, der Interessenkampf habe zur Entsittlichung geführt, so handelt nich bei diesem Interestenkampf lediglich um einen wirthschaft⸗ ie Existengkampf, der mit wenigen Ausnahmen mit Lovalität ge⸗ edergkecden üif und mit der Agitation des Manchesterthums nicht Fle⸗ n 8. Atg. Hobrecht (nl.): Auch wir sind damit einverstanden, daß mlosen Treiben gegen Sitte und religiöse Gesinnung bei rungen ein Ziel gesetzt wird. Das Ober⸗Verwal⸗ — allerdings auch ich für eine der höchsten Errungen⸗ de ich würde es für falsch halten, an seiner Autorität zu *Ob der vorliegende Fall Anlaß zu folcher Befürchtung giebt, Npin ich allerdings auch nicht ganz sicher. in urg Rickert (fr. Vg.): Ich wollte mit meinen Ausführungen Rinister von Köller nur einen guten Rath geben.
Minister des Innern von Koller: er Herr Abg. Rickert schloß seine Bemerkungen mit dem Satz:
ge
Berlin, Freitag, den 22. Februar
bin. Nun sind mir ja alle Rathschläge, besonders von so alten Be⸗ kannten, wie Herr Rickert es ist, von außerordentlichem Werth; indessen der Herr Abg. Rickert wolle mir verzeihen — ich kenne ihn zu gut und zu lange —, wenn ich sage, daß ich seinen Rathschlägen absolut niemals folgen werde (Heiterkeit rechts); und wenn der Herr Abg. Rickert mir gerathen hat, in der Bemerkung, die ich über das Erkenntniß, betreffend „Die Weber“, gemacht habe, hätte ich doch etwas vorsichtiger sein können, so ist mir das ein klarer Beweis, daß ich ungefähr das Richtige getroffen mit dem, was ich gethan habe. (Bravo! rechts.) Sehr geschickt hat der Herr Abg. Rickert — was ihm ja eigen ist, ich kenne das von früher her — die ganze Sache in einem Hut durcheinander geschüttelt, dann das herausgezogen, was ihm für seine Deduktionen gerade in dem Augenblick paßte, und gesagt, ich hätte das Urtheil des Ober⸗Verwaltungsgerichts in dem betreffenden Fall kritisiert. Herr Abg. Rickert, ich habe vorhin schon ausgeführt, daß das absolut nicht der Fall ist, und es thut mir leid, daß auch der verehrte Herr Abg. Hobrecht, der mir zur Rechten sitzt, sagte, er sei nicht ganz sicher gewesen, ob die Ausführungen, die ich gemacht, nicht etwa in dem Sinn zu verstehen gewesen wären, wie es der Herr Abg. Rickert ge⸗ meint hat. Ich habe bei meinen ersten Ausführungen sowohl, wie bei meinen zweiten Ausführungen gesagt, es handle sich in dem Er⸗ kenntniß um einzelne Fälle, wo Verfügungen der Polizeibehörden unter Berücksichtigung der lokalen Verhältnisse aufgehoben worden sind. Wie der Herr Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum richtig ausgeführt hat, ist damit die Sache für einzelne Fälle für das Ober⸗Verwaltungs⸗ gericht erledigt, und es fällt mir nicht ein und ist mir nicht eingefallen, an jenen Gründen Kritik zu üben, welche das Ober⸗Verwaltungsgericht ausgesprochen hat, als es in Breslau sowohl, wie in Berlin die Auf⸗ ührung der „Weber“ genehmigte. Ich habe im Gegentheil gleich gesagt: Die Gründe sind so lokaler Natur, daß ich hoffte, daß, wenn die Frage noch einmal zur Entscheidung des Ober⸗Verwaltungsgericht kommen würde, das Ober⸗ Verwaltungsgericht, nachdem man nun gesehen hat, welchen Erfolg und welche Resultate jene Aufführung gehabt hat, die Verbote aufrecht erhalten würde. Das ist eine Hoffnung, die ich aus⸗ spreche, das ist keine Kritik an dem bisherigen Erkenntniß; aber es ist mein gutes Recht, daß ich von sämmtlichen mir unterstellten Behörden verlange, auch wenn in einem einzelnen Falle das Ober⸗Verwaltungs⸗ gericht so erkannt hat, doch in jedem einmal von neuem wieder vor⸗ kommenden Falle kritisch zu prüfen, ob sie derartige Stücke zur Auf⸗ führung bringen lassen dürfen oder nicht. (Sehr richtig! rechts.) Das ist keine Kritik, wie der Herr Abg. Rickert beliebte auszu⸗ führen, eines Erkenntnisses des Ober⸗Verwaltungsgerichts, son⸗ dern eine Direktive für die mir unterstellten Polizeibehörden. Und wenn Herr Rickert sagte, ich sollte auch den Schein vermeiden, als ob das Ober⸗Verwaltungsgericht abhängig wäre, so bedarf es, glaube ich, einer bezüglichen Erklärung absolut nicht; denn jeder Mensch im Lande, der überhaupt etwas vom Ober⸗Verwaltungsgericht gehört hat, weiß, daß das eine unabhängige Behörde ist, und wenn Herr Rickert das hier so öffentlich und mit Emphase wiederholt aus⸗ spricht, so spricht er das aus, was schließlich jeder Mensch weiß und wozu keine Veranlassung vorliegt, das hier von neuem auszusprechen. Ich verwahre mich gegen die Ausführungen und Behauptungen des Herrn Abg. Rickert, als wenn ich die Entscheidung des einzelnen Falles durch das Ober⸗Verwaltungsgericht häite kritisieren wollen, und ver⸗ wahre mich noch mehr gegen das Ansinnen, als wenn ich nicht ein Recht hätte, in einzelnen Fällen den Polizeibehörden im ganzen Lande meine Direktive zu geben. Das ist mein gutes Recht und das werde ich thun, selbst auf die Gefahr hin, die Liebe des Herrn Abg. Rickert zu verlieren. (Bravo!l rechts.)
Abg. von Unruh⸗Bromberg (fr. kons.) regt die in derg der
Uniform und des Titels der Distriktskommissare in der Pro⸗
vinz Posen an. In letzterer Beziehung schlägt er den Titel: Königlicher Amtsvorsteher vor.
Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Lindig verspricht, die An⸗ gelegenheit in wohlwollende Erwägung zu nehmen.
Abg. von Riepenhausen (kons.) bittet um Aufbesserung der Ge⸗ haltsverhältnisse der Gendarmerie⸗Offizier e, insbesondere um
Gewährung von Pferdegeldern.
Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Lindig sagt zu, daß die Re⸗ erung dem Gegenstand daljernd ihre Aufmerksamkeit zuwenden werde.
Abg. Metzner (Zentr.) wünscht bei dem Titel „Unter⸗ stützungen“, daß staatlicherseits für die Hinterbliebenen eines bei Ausübung seines Dienstes erschossenen Gendarmen gesorgt werde. Es ent preche nicht dem Rechtsbewußtsein, wenn hierbei die öffentliche Wohlthätigkeit in Anspruch genommen werde.
Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Lindig erwidert, daß der Minister der Frage bereits näher getreten sei. Die Hinterbliebenen hätten bereits eine einmalige Unterstützung erhalten, und es werde für dieselben in ausreichender Weise gesorgt werden.
Für die geheimen Ausgaben der Polizei werden statt 120 000 ℳ 200 000 ℳ gefordert.
Abg. Hermes (fr. Volksp.) erklärt sich nicht nur gegen die Er⸗ höhung, sondern gegen die Position selbst. Er beantrage, den Posten abzulehnen.
Der Titel wird gegen die willigt.
Beim Kapitel „Strafanstalts⸗Verwaltung“ klagt Abg. Knörcke (fr. Volksp.) über die unzulängliche Besoldung der Strafanstaltslehrer und wünscht Gleichstellung derselben mit den Strafanstaltssekretären. Zugleich bittet er, bei der Pensionierung dieser Lehrer die im Schuldienst zugebrachten Jahre mit anzurechnen.
Geheimer Regierungs⸗Rath Krohne erwidert, daß die dienst austrete, erreiche er mit 64 Jahren die höchste eog. An erhaͤltnissen
bg. Dittrich (Zentr.) befürwortet der beiden Vorredner staatlichen Erziehungsanstalten in
Stimwen der Freisinnigen be⸗
Wenn ein Lehrer in den ersten br ge Jahren aus dem Kommunal⸗ nicht seda t werden.
—
Abg. Prinz Aremberg (Zentr.) schließt sich den Wünschen
Preußischen Staats⸗Anzeiger.
1e.
Geheimer Regierungs⸗Rath Krohne entgegnet, Regelung dieser Frage der Erwägung unterliege. Bei dem Titel Dispositionsfonds für Ausgaben im Interesse der Strafanstalts⸗Verwaltung erklärt
Abg. BEWE11“ (Zentr.), er habe Einsicht in die Ver⸗ wendung erhalten und die Ueberzeugung gewonnen, daß aus dem
onds nur evangelische Vereine unterstützt würden. Schon früher
abe er darüber Klage geführt und es sei ihm entgeanet worden, kath lische Vereine hätten sich nicht um Unterstützungen beworben. Im letzten Jahre habe sich dies allerdings geändert, verhältnißmäßig aber seien die Unterstützungen für katholische Vereine, z. B. für den St. Afra⸗Verein, nur geringfügig.
„Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Lindig führt aus, ein Unter⸗ schied zwischen evangelischen und katholischen Vereinen werde nicht ge⸗ macht. Zwei katholische Vereine seien im letzten Jahre um Unter⸗ stützungen eingekommen und seien nach Maßgabe der verfügbaren Mittel unterstützt worden.
Abg. Dr. Arendt (fr. kons.): Der Fonds für Wohlthätig⸗ 8 keitszwecke beträgt nur 150000 ℳ Diese Summe ist für Unterstützung bei unvorhergesehenen Unglücksfällen nicht ausreichend, wie z. B. bei den Erdsenkungen in Eisleben, dem Unglück in Schneidemühl. Im letzteren Falle hat man eine Lotterie bewilligt. Ich halte ein solches Vorgehen für bedenklich, es entspricht nicht der Würde des preußischen Staats. Den größten Theil des Geldes verdienen bei solchen Privat⸗ lotterien Agenten und Zwischenhändler. Außerdem wird die Spielsucht in weiten Kreisen des Volkes angeregt. Deshalb meine ich, derartige Lotterien müßten möglichst eingeschränkt werden. Der Leiter der Klassenlotterie, Geheime Ober⸗ 11 Marcinowski hat den Vorschlag gemacht, die Loose zur lassenlotterie zu vermehren und den aus diesen Loosen stammenden Gewinn zu einem Dispositionsfonds für das Ministerium des Innern zu gestalten. Jedenfalls hoffe ich, daß der Dispositionsfonds bald reicher dotiert werden wird. Der Minister hat bei seinem Amtsantritt eine Neuerung ein⸗ geführt, deren Kosten wohl aus dem Dispositionsfonds für unvorhergesehene Ausgaben bestritten werden — ich meine die Heraus⸗ gabe der „Berliner earestponpert⸗ Der Minister fand die efcgi Presse in einem Zustande der vollständigen Verwilderung vor. Diese Umstände trugen dazu bei, die politischen Zustände in Deutschland zu verschlimmern. Ich bin dem Minister dantbar, daß er hier Abhilfe geschaffen hat. Es ist eine erhebliche Besserung eingetreten. Trotz der Erklärung des Ministers im Reichstag, daß die „Norddeutsche v b nicht offiziös sei, besteht im Publikum aber noch vielfach der Glaube, daß die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ und auch die „Berliner Politischen Nachrichten“ noch immer offiziöse Blätter seien. Es mag ja auch sein, daß diese Blätter noch von untergeord⸗ neten Regierungsstellen mit Nachrichten versehen werden. Ich hoffe aber, daß wir erfahren, ob wir es in den Artikeln der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ mit den vollständig gleichgültigen Tagesleistungen des Redakteurs oder mit Aeußerungen der Regierung zu thun haben. Ich wäre dem Minister dankbar für eine Erklärung, daß nur im „Reichs⸗Anzeiger“ und in der „Berliner Korrespondenz“ Ansichten der Regierung mitgetheilt werden. 8
Minister des Innern von Köller:
Meine Herren! Ich habe auf eine ähnliche Anfrage bereits Ge⸗ legenheit gehabt, im Reichstage zu sprechen. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß die Preßverhältnisse zur Zrit sowohl im Reich als auch in Preußen, dem größten Theil des Reichs, der allergrößten Aufmerksamkeit bedürfen, und es unterliegt wohl ebensowenig einem Zweifel, daß jedem von Ihnen und vielen Leuten im Lande schon häufig der Gedanke gekommen ist: ja, was wird da alles gedruckt und geschrieben in den Zeitungen? Es wird auch bielfach schon im Lande von vielen Seiten voller Verwunderung gefragt worden sein: wie ist es möglich, daß so etwas gedruckt und geschrieben werden darf, und leider findet man auch häufig im Lande der veralteten Anschauung Ausdruck ge⸗ geben, welche sich früher in den kurzen Worten ausdrücken ließ: was gedruckt ist, das muß doch wahr sein. (Sehr richtig.)
Meine Herren, die Presse hat im Laufe der letzten Jahre solche Fortschritte nach der entgegengesetzten Richtung gemacht, daß man heute meistens sagen kann, wenn etwas in der Zeitung gedruckt ist, dann muß man es mit der allergrößten Vorsicht aufnehmen, denn es ist meisten⸗ theils nicht wahr oder doch nicht so wahr, wie es gedrucktist. (Sehr richtig.) In den gebildeteren Ständen hat das ja vielleicht nicht die Gefahr, wie ein derartiger Zustand die allerhöchste Gefahr hat in denjenigen Ständen und in denjenigen Kreisen der Bevölkerung, wo einmal über⸗ haupt nicht viel gelesen wird, und wo endlich nur wenige einseitige Blätter, die möglichst billig sind, die geistige Nahrung der Bevölkerung bilden. So hat sich denn leider im Laufe der letzten Jahre immer mehr und mehr die Thatsache festgesetzt, daß durch die Presse bis in die weitesten Kreise der Bevölkerung hinein Sachen verbreitet werden, die niemand und am allerwenigsten der sie geschrieben und gedruckt hat, verantworten kann. Man ist soweit gegangen und geht auch heute noch soweit, daß von einzelnen Personen, von ganzen Klassen und Ständen der Bevölkerung, Be⸗ rufsständen u. s. w. Sachen behauptet, tendenziös verbreitet werden, die vollständig unrichtig sind. Ja, es passiert toto die in vielen Organen der Presse, daß der Regierung Sachen unterstellt werden, welche sie beabsichtigen soll oder nicht beabsichtigen soll, oder welche sie beabsichtigt haben und aus den und den Gründen wieder aufgegeben haben soll, an denen kein wahres Wort ist. Wenn man nun versucht, in einer anderen Zeitung, welche auf einem entgegengesetzten politischen Standpunkt steht, als diejenige Zeitung, die eine derartige Nachricht gebracht hat, das klarzustellen, wenn es glückt, eine Zeitung zu finden es ist nicht immer leicht, eine Zeitung zu finden, welche diejenigen Artikel aufnimmt, die gegen Artikel, die der Regierung Sachen unterschieben, die nicht richtig sind, Front machen sollen — so heißt es gleich: das ist natürlich auch nicht wahr, was da geschrieben wird; das ist so gut ein Parteiblatt wie das andere. Und die Regierung befand sich immer in der unangenehmen Lage, daß ihr eigentlich kein Organ zur Verfügung stand, in dem sie im Be⸗ darfsfalle dies oder jenes dementieren konnte, dieser oder jener Rach⸗ richt, welche vielleicht in leichtfertiger Weise, vielleicht in tendenziöser Weise über sie verbreitet wurde, in geeigneter Weise entgegen⸗ treten konnte.
Es ist deshalb mein Bestreben gewesen, bei Schaffung der „Ber⸗ liner Korrespondenz“ ein Organ zu haben, in welchem der Regierung wenigstens die Gelegenheit gegeben ist, in Fällen, wo dies oder jenes
daß eine
bhe mir, etwas vorsichtiger zu sein, als ich es vorher gewesen
möglichste Rücksicht auf die Lehrer schon jetzt genommen werde. eine Gehaltserhöhung könne bei den jetzigen finanziellen
rich ( eine Besserstellung der Lehrer an den Korrektionsanstalten. Betracht kommen.
von der Regierung behauptet wird, diese oder jene unrichtige That⸗