1895 / 51 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 27 Feb 1895 18:00:01 GMT) scan diff

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Berlin, 27. Februar. Seine Majestät der Kaiser und König gedenken

heute Abend um 8 Uhr Wien zu verlassen und morgen Vor⸗ mittag gegen 10 ¾ Uhr hierselbst wieder einzutreffen.

e Gesandte in Darmstadt, Wirkli 1 Rath Graf Otto von Dönhoff ist von dem ihm Allerhöchst

ewilligten kurzen Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Königlich sächsische Staats⸗Minister von Metzsch und von Watzdorf sind von Berlin wieder abgereist.

Der Regierungs⸗Rath von Wiedenfeld aus Bromberg ist der Königlichen Regierung zu Hannover zur weiteren dienst⸗ ichen Verwendung überwiesen worden. b

Dem Regierungs⸗Assessor Dr. jur. von Doetinchem de

Rande zu Cassel ist die kommissarische Verwaltung des Land⸗ athsamts im Kreise Sangerhausen, Regierungsbezirk Merse⸗

burg, vom 1. April d. J. ab übertragen worden.

Mecklenburg⸗Schwerin. Aus Cannes von gestern ist den „Meckl. Nachr.“ zu⸗ olge die Nachricht eingetroffen, daß die Genesung Seiner öniglichen Hoheit des Großherzogs nur langsam fortschreite; s Fieber und die Gliederschmerzen seien zwar beseitigt, aber es ei noch eine große Mattigkeit und ein quälender Husten, besonders

des Nachts, vorhanden. Trotzdem habe der Großherzog im

Bette liegend die Vorträge des Staatsraths von Bülow ent⸗ egengenommen. Das Befinden Ihrer Kaiserlichen Hoheit der

Eroßherzogin sei zufriedenstellend.

Oesterreich⸗Ungarn.

Die gestrige Leichenfeier für den Feldmarschall Erzherzog Albrecht in Wien gestaltete sich zu einer überaus imposanten Trauerkundgebung der ganzen Monarchie. Die Straßen, die der Leichenzug passierte, vermochten kaum die nach vielen Tausenden zählende Volksmenge zu feassen. Während des Begräbnisses waren die Geschäftslokale ge⸗ schlossen, die mit Trauerflor umhüllten Straßenlaternen erleuchtet. Unter dem Kommando des Generals der Kavallerie Freiherrn von Appel waren die gesammte Garnison von Wien, mit Einschluß der technischen Militär⸗Akademie und der Kadettenschule des Heeres und der Landwehr, ferner die von auswärts eingetroffenen Abtheilungen ausgerückt, während die Artillerie in zwei Gruppen beim Arsenal und auf der Schmelz Aufstellung genommen hatte, um die dreifache Ehrensalve abzugeben. 1 1 An der Leichenfeier nahmen theil: Seine Majestät der Kaiser Franz Joseph und sämmtliche Mitglieder des Kaiserhauses mit Len gesammten Hofstaat, von fremden Seine Majestät der Deutsche Kaiser, der erzog von Aosta, der Großfürst Wladimir von Rußland, die Herzoge Albrecht und Nikolaus von Württemberg, die Prinzen Georg und Friedrich August von Sachsen, Prinz Arnulf von Bayern, der Erbgroßherzog von Baden, der Erb⸗ großherzog Wilhelm von Luxemburg, die Prinzen Wilhelm, Friedrich und Albrecht zu Schaumburg⸗Lippe, Prinz Friedrich von Meiningen, ferner in Vertretung des Großherzogs von Sachsen der Oberst Prinz Wittgenstein, in Vertretung der Königin⸗Regentin von Spanien der Marschall Martinez⸗ Campos, in Vertretung des Königs von Portugal Graf Pindella, in Vertretung des Königs von Rumänien der Kriegs⸗Minister General Poénara, in Vertretung des Königs von Serbien der General Miskovic, in Vertretung des Fürsten von Montenegro der Minister⸗Präsident Bozo Petrovic, in Vertretung des Prinzen Ferdinand von Sachsen⸗Coburg Oberst Petrow, das diplomatische Korps, die preußische, sächsische und bayerische Offiziersdeputation, zwei russische Deputationen, die Geheimen Räthe, die gemeinsamen Minister und die Minister der beiden Reichshälften, gefuͤhrt von den beiden Minister⸗Präsidenten, die K. und K. Korps⸗Kommandanten und der Militär⸗Kom⸗ mandant in Zara, das dienstfreie Offizierkorps, Deputationen des Reichsraths und des ungarischen Reichstags sowie andere Deputationen, das Kammerpersonal des verewigten Erzherzogs und die Leibgarden. 8 Vor 3 Uhr versammelten sich die Allerhöchsten und öchsten Herrschaften im Audienzzimmer des Zeremonten⸗ ppartements, von wo sie sich um 3 Uhr in die Hofburg⸗ Pfarrkirche begaben. Nach der Einsegnung der Leiche durch den Hofburgpfarrer Mayer wurde der Sarg durch Kammerdiener vom Katafalk herabgehoben und in den Schweizerhof getragen. Dem Sarg folgten die Aller⸗ höchsten und Höchsten Herrschaften und die fremdländischen Offiziersdeputationen. Nachdem der Sarg auf den mit sechs Schimmeln bespannten Leichenwagen gehoben worden war, setzte sich um 31 ½ Uhr der Leichenzug unter dem Geläute der Kirchenglocken in Bewegung. Denselben eröffnete eine Eskadron Kavallerie, der ein Hoffourier zu Pferde, die Dienerschaft, die Leiblakaien und die Beamten des Verblichenen, ein Kammerfourier, eine Deputation der ehe⸗ maligen Ordonanz⸗Offiziere, die zuletzt in Dienstleistungen ge⸗ standenen Offiziere, die beiden Flügel⸗Adjutanten und der Ober⸗Hofmeister des verewigten Erzherzogs, sowie zwei ffouriere folgten. An jeder Seite des Leichenwagens schritten vier Leiblakaien, zwei Saalkammerdiener und mit brennenden Wachsfackeln vier Edelknaben; Leibgarden zu Fuß und zu Pferde leisteten die Nebenbegleitung. Dem Leichen⸗ wagen folgten Ihre Majestäten der Kaiser Franz Joseph und der Kaiser Wilhelm, hierauf der Großfürst Wladimir mit dem von Aosta, der Prinz Georg von Sachsen mit dem rinzen Arnulf von Bayern, dann die anderen fremden Fürst⸗ lichkeiten, die fremdländischen Offiziersdeputationen, denen sich die auf dem inneren Burgplatz versammelten Generale, Regi⸗ mentsdeputationen und das dienstfreie Offizierkorps anschlossen. Zu beiden Seiten des Leichenzuges bildete die Leibgarde⸗ Infanterie ein ambulantes Spalier. Ein kombiniertes Bataillon und eine Eskadron Kavallerie bildeten den Schluß. Im

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8 8 8“ Innern der vollkommen schwar

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g genen Kapuziner⸗ kirche erwarteten die Erzherzoginnen, die Spezialgesandten, die Geheimen Räthe, die Minister, das diplomatische Korps und die Deputationen die Ankunft des Leichenzuges. In der Kirche erfolgte die feierliche Einsegnung durch den Kardinal ürst⸗Erzbischof Gruscha, worauf die Hofkapelle das Libera anstimmte. Unter Trauergebeten und Fackelbegleitung wurde nunmehr der Sarg unter Voran⸗ tritt der Geistlichkeit, des Ersten Oberst⸗Hofmeisters des Kaisers, sowie des Oberst⸗Hofmeisters und der beiden Flügel⸗Adjutanten des Verewigten in die Gruft getragen, wo v. nochmaliger Einsegnung und der Beendigung der Gebete die Uebergabe der Leiche und die Einhändigung des Schlüssels zum Sarge an den Guardian der Kapuziner durch den Ersten Oberst⸗Hof⸗ meister erfolgte. Während dessen verließen der Hof und die übrigen Anwesenden die Kirche.

Gestern Abend 6 Uhr fand bei Seiner Majestät dem Kaiser ein Familiendiner in der Hofburg statt. Dem⸗ selben wohnten bei: Seine Majestät der Priser Wilhelm, der Großfürst Wladimir, der Herzog von Aosta, die übrigen fremden Fürstlichkeiten, die Erzherzoge und Erzherzoginnen. Der Kaiser Franz Joseph trug preußische, der Kaiser Wilhelm österreichische Husaren⸗Uniform.

Der Kaiser Wilhelm stattete gestern den Erzherzogen und den fremden Fürstlichkeiten Besuche ab und empfing Nach⸗ mittags die Gegenbesuche. B 8 1

Der Prinz Georg von Sachsen ist gestern Abend 9 ½ Uhr nach Dresden zurückgekehrt.

Das gestern erschienene „Militär⸗Verordnungsblatt“ ver⸗ öffentlicht nachstehenden Kaiserlichen Armeebefehl:

Unsere Fahnen senken sich. Der letzte Salut der Geschütze er⸗ dröhnt zu Ehren des General⸗Inspektors des Heeres, des Feld⸗ marschalls Erzherzogs Albrecht. Mit schmerzerfüllter Trauer beugt sich die ganze Wehrkraft und das Vaterland sammt Mir und Meinem Hause vor dem unersetzlichen Verlust, welchen der Wille des Allmächtigen uns auferlegt hat. Die Bewunderung des mit erhabenem Geist und heißfühlendem Herzen ganz und vollkommen der Armee ge⸗ weihten inhaltsreichen Lebens; die Begeisterung für den edlen Prinzen, der, sich selbst getreu, in Stürmen und Gefahren nie geschwankt, der als siegreicher Feldherr die Zierde und der Stolz Meiner Armee war, und alle jene Gefühle, welche jetzt nach Ausdruck ringen: alle diese äußern und verklären sich in tiefgefühlter Dankbarkeit für den Herrn der Schaaren, welcher den greisen Feldmarschall, als auch unter seinen Auserlesenen einen der bis beinahe zur äußersten Grenze des menschlichen Daseins in vollkommener Un⸗ versehrtheit der Thatkraft erhalten hat. Das ewige An⸗ denken des Erzherzogs Albrecht bleibt ebenso wie jener Lorbeerkranz, welcher den Helden von Novara und Custozza schmückt, für Meine Armee, Meine beiden Landwehren und Meine Kriegsmarine ein ständiges Palladium der Treue, der Standhaftig⸗ keit und des Vertrauens in den en Ich verfüge, daß das Infanterie⸗ Regiment Nr. 44, das Dragoner⸗Regiment Nr. 9 und das Korps⸗ Artillerie⸗Regiment Nr. 5 für ewige Zeiten den Namen„Feldmarschall Erzherzog Albrecht“ führen.

Wien, den 26. Februar 1895. Franz Joseph.

Ein Befehlsschreiben des Kaisers an den Oberst⸗Hof⸗ meister des Erzherzogs Albrecht, General der Kavallerie Piret, besagt, der Kaiser habe durch die Bestimmung, daß das 9. Dragoner⸗Regiment, dessen Oberst⸗Inhaber General Piret ist, für ewige Zeiten den Namen des Erzherzogs zu führen habe, das Verhältniß der Hingebung und Treue des Generals Piret und der ihm seitens des Erzherzogs bis zum Lebens⸗ ende des letzteren bewahrten Zuneigung besonders kennzeichnen wollen. Der Kaiser hat dem General Piret das Großkreuz des Stefans⸗Ordens verliehen und auch die übrigen Offiziere ausgezeichnet, welche dem Erzherzog zugetheilt waren.

Im Budgetausschuß des österreichischen Abge⸗ ordnetenhauses erklärte gestern der Finanz⸗Minister Dr. von Plener auf eine Anfrage des Abg. Kaizl, daß die Re⸗ gierung die gegenwärtige ungünstige Lage der Zuckerindustrie aufmerksam verfolge. Soweit bis jetzt die Sachlage zu über⸗ sehen sei, werde diese Krisis größere Dimensionen nicht an⸗ nehmen, es sei vielmehr zu erwarten, daß auch dieser Zustand der Depression ebenso wie die zahlreichen früheren periodischen Krisen vorübergehen werde. Der Minister sprach sich gegen die Erhöhung der Ausfuhrvergütung aus, da anderswo, insbesondere in Deutschland und Frankreich, eine starke Agitation, sogar nach Erhöhung der Prämiensätze, bestehe. Ferner erklärte sich der Minister gegen die angeregte Herabsetzung der Zuckersteuer, hob die erfreuliche Thatsache hervor, daß im Laufe der letzten Jahre die Ausfuhr von Raffinade gegen die früher überwiegend zur Ausfuhr ge⸗ langte Rohzuckermenge sich relativ sehr gehoben habe, und wies schließlich darauf hin, daß die Regierung den Bestrebungen zur Kartellbildung behufs Erhöhung des inländischen Konsumpreises kein Entgegenkommen gezeigt habe.

Großbritannien und Irland.

Das Befinden Lord Rosebery’'s war heute besser, doch dauert die Schlaflosigkeit noch an.

In der gestrigen Sitzung des Unterhauses theilte der Parlamentssekretär Sir E. Grey mit, es seien bereits von dem britischen Delegirten zur Untersuchungskommission in Armenien mehrere Berichte eingegangen; die den Delegirten auferlegten Pflichten würden in ausreichender Weise erfüllt. Der Schatzkanzler Sir W. Harcourt kündigte an, er werde am Donnerstag den Antrag stellen, daß den Re⸗ gierungsanträgen mehr Zeit zur Verfügung gestellt werde. Fverett beantragte eine Resolution, worin erklärt wird, das Haus betrachte mit steigender Besorgniß die fortwährenden Schwankungen und wachsenden Abweichungen im rela⸗ tiven Werth von Gold und Silber, stimme herzlich der jüngst zum Ausdruck gebrachten Ansicht der Regierung Frank⸗ reichs sowie der Regierung und des Parlaments des Deutschen Reiches hinsichtlich der daraus entstehenden Uebel zu und stelle es daher der Regierung als wünschenswerth hin, mit anderen Mächten auf einer internationalen Konferenz zu kooperieren zwecks Erwägung, welche Maßregeln zur Beseitigung oder Verminderung dieser Uebel getroffen werden könnten. Chaplin unterstützte den Antrag und theilte mit, er sei von Balfour zu der Erklärung er⸗ mächtigt worden, daß derselbe die Resolution Everett kräftig unterstuͤtzt haben würde, hätte er der Sitzung bei⸗ wohnen können. Der Schatzkanzler Sir W. Harcourt erklärte, er werde sich nicht an einer akademischen Er⸗ örterung über die Frage: ob Doppelwährung oder Mono⸗ metallismus, betheiligen, da die Resolution diese Frage nicht involviere. Er leugne nicht, daß die Ab⸗ weichungen in dem relativen Werthe des Goldes und Silbers und die daraus entstehenden Valutaschwankungen Uebelstände hervorgebracht hätten. Er habe nie geleugnet, daß England bereit sein solle, auf die Erörterung der Frage mit 2. Ländern einzugehen. Indem Redner auf die

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Brüsseler Konferenz vom Jahre 1892 und auf die Grundlage hinwies, auf welcher England diese Konferenz be⸗ schickt habe, betonte Sir W. Harcourt, daß die damals von der großen Majorität der Delegirten angenommene Erklärung sich zu Gunsten der Aufrechterhaltung des Monometallismus, und zwar der Goldwährung ausgesprochen habe. Es sei irrig, anzunehmen, daß Deutschland seine auf der Brüsseler Konferenz vertretene An⸗ sicht zu Gunsten der Goldwährung in letzter Zeit verändert habe. Die jüngste Erklärung des Reichskanzlers Fürsten zu Hohenlohe sei durchaus nicht dahin zu deuten; dieselbe involviere nur den Wunsch der deutschen Reichsregierung, mit den anderen Mächten die Mittel zur Milderung der aus der Entwerthung des Silbers entstandenen Uebelstände u erörtern. Falls die deutsche Regierung Vorschläge zu jsiesem Zwecke mache, sei die englische egierung bereit, in freundlichem Geiste in die Erörterung einzutreten, ob⸗ schon sie gleichzeitig an Englands Geldumlaufsspstem fest⸗ halte. Was die nationale Seite der Frage betreffe, so sei kein Land so sehr daran interessiert, sein Geldumlaufssystem auf einer gesunden Basis zu erhalten, wie England. Kontinuität sei miesgeens ebenso nothwendig auf dem Gebiete der Umlaufs⸗ mittel, wie auf dem Gebiete der auswärtigen Pslitik. Es sei daher nicht unwichtig, daran zu erinnern, daß im Jahre 1890 die damalige englische Regierung den Antrag zu Gunsten der Doppelwährung auf das entschiedenste bekämpft habe. Auf einer Konferenz würde man, falls die Frage des Prägungsverhältnisses aufgeworfen würde, bald finden, daß die davon berührten Interessen sehr verschiedenartige seien. Die Silber produzierenden Länder hätten ein klares Interesse, die Silberprägung zu vermehren; diejenigen, welche große Silbervorräthe besäen, deren sie sich nicht entledigen könnten, würden froh sein, sie den größten Gläubigern der Welt zu übermitteln. Würde man auf eine internationale Verein⸗ barung eingehen, so habe man keine Sicherheit, daß die Ver⸗ einbarung werde aufrecht erhalten werden. Er sei dagegen, daß man die Währung Englands der Gnade irgend einer auswärtigen Macht preisgebe, oder sie unter die Kontrole eines Comités fremder Staaten stelle. Falls Frankreich, Deutschland und die Vereinigten Staaten für gut befänden, sich zu vereinigen, um den Silberwerth aufrecht zu erhalten, so werde England nichts dagegen einwenden, obschon es mög⸗ lich sei, daß es sich diesen Staaten nicht anschlösse. Redner wies den Gedanken zurück, daß hohe Waarenpreise hohe Löhne herbeiführten; bei hohen Preisen seien vielmehr die Löhne am niedrigsten. Hätte die Resolution eine Verpflichtung Englands zur Doppelwährung umfaßt, so würde er sich ihr auf das äußerste widersetzt haben. Die Re⸗ solution empfehle sich indessen gleichmäßig den Mono⸗ metallisten wie den Bimetallisten, und er hoffe, nichts, was er gesagt habe, werde irgend ein Land zu dem Glauben veran⸗ lassen, daß irgend eine Aenderung in den Grundlagen der englischen Währung wahrscheinlich sei. Kein verantwortlicher Staatsmann würde vorschlagen, die Basis zu verändern, auf der seit 1816 Englands Handel und Finanzen eine Höhe er⸗ reicht hätten, wie sie nie von einer anderen Nation erreicht worden sei. Es sei von der höchsten Wichtigkeit, daß bei der jetzigen Konjunktur die Haltung und Ueberzeugung der englischen Regierung dem Hause und der Welt bekannt würden. Gladstone habe 1893 die gesammte Frage in einer Weise be⸗ handelt, die sie endgültig beseitigt habe. Redner sprach schließlich die Hoffnung aus, die Frage werde nicht als Partei⸗ frage behandelt werden; er habe seine innerste Ueberzeugung ausgesprochen, da der Antrag derartig gefaßt sei, daß man einen gemeinsamen Boden finden könne. Da der Antrag nicht die Verpflichtung zum Anschluß an die Doppelwährung enthalte, die Regierung vielmehr nur auffordere, mit anderen Ländern über unleugbar vorhandene Uebelstände zu ver⸗ handeln, so werde die Regierung ihn nicht bekämpfen. Forwood sprach sein Bedauern darüber aus, daß der Schatz⸗ kanzler in die Resolution Everett gewilligt habe, da diese Resolution geeignet sei, Zweifel an Englands Entschlossen⸗ heit, an der Goldwährung festzuhalten, zu erregen. Die niedrigen Waarenpreise seien der Ueberproduktion zuzu⸗ schreiben. Courtney erklärte, er glaube, da der Schatz⸗ kanzler die Resolution Everett angenommen habe, könne er sich den in derselben enthaltenen Vorschlägen nicht entziehen. Courtney sprach die Hoffnung aus, daß, falls eine neue Münzkonferenz stattfinden sollte, die britischen Vertreter an⸗ g5 werden würden, jeden Vorschlag freimüthig in Er⸗ wägung zu ziehen. Der Antrag Ev hurde sodann ohne Abstimmung angenommen.

Frankreich.

Der von der Regierung ausgearbeitete Entwurf, betreffend die Staats⸗ und Bahnbediensteten, untersagt gewissen Kategorien von ihnen jede Vereinigung zum Zweck der Arbeitseinstellung oder Aufreizung zur Bildung derartiger Vereinigungen.

Die „Petite République“ meldet, der Kriegs⸗Minister habe entschieden, daß die Instruktionsreise der Offiziere der höheren Kriegsschule in diesem Jahre im Departe⸗ ment der Seealpen stattfinden solle. Die Alpen⸗ manöver würden in diesem Jahre ausnahmsweise im Mai

beginnen. Rußland. 6 Der „Regierungsbote“ veröffentlicht die Ernennung des Kommandierenden der Truppen des Wilnaer Militärbezicks Ganetzki zum Mütge⸗h des Reichsraths; General Ganetzki wurde mit einem Reskripte des Kaisers der Andreas⸗Orden verliehen. 3 .“ Wie der „Grashdanin“ hört, wird ein russisches Ge⸗ schwader aus Kronstadt der Eröffnung des Nord⸗Ost⸗ seekanals beiwohnen. b Nach einer amtlichen, vom Finanz⸗Ministerium aus⸗ ehenden Meldung sind die Unterhandlungen Ruß⸗ ands mit Spanien wegen Abschlusses eines Handels⸗ vertrags, die durch die häufigen Aenderungen in der Richtung der spanischen Handelspolitik sehr erschwert wurden, gegenwärtig bei Einräumung eines solchen modus vivendi stehen geblieben, wonach beide Seiten sich hinsichtlich des Zolltarifs gegenseitig Meistbegünstigungsrechte ein⸗ räumen. Außerdem würden jetzt mit Dänemark, ortugal, Griechenland, Japan und Sansibar gleichfalls Unter⸗ handlungen wegen des Abschlusses neuer Handelsverträge auf der Grundlage gegenseitiger Meith⸗ünstigung geführt, Infolge des bulgarischen Amnestiegesetzes haben, g „W. T. B.“ aus St. Petersburg bertgie sämmtliche 88 Rußland gewesenen bulgarischen migranten 8 H angetreten bis auf Benderew, Wankow n rujew, die definitiv in die russische Armee aufgenommen sind.

Belgien.

Die von der Regierung der Repräsentantenkammer vor⸗ zulegende Begründung zu dem Vertrage über die Ab⸗ tretung des Congostaats an Belgien ist gestern erschienen. Die 212 Seiten starke Denkschrift ver⸗ öffentlicht die einschlägigen diplomatischen Aktenstücke, kommerziellen und Rtistischen Angaben, stellt die Grenzen des Congostaats fest beleuchtet die Fragen des Vor⸗ kaufsrechts und der Neutralität und geht auch auf die Fragen der wirthschaftlichen Verwaltung, der Staats⸗ schulden, der Einnahme quellen u. s. w. näher ein. Der Ab⸗ tretungsvertrag umfaßt vier Artikel, von denen der erste lautet: Der König als Souverän des Congostaats erklärt, von jetzt ab die Souveränität über die den unabhängigen Congostaat bildenden Gebiete mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten an Belgien abzutreten, und der belgische Staat erklärt, diese Abtretung anzunehmen.

8 Türkei. Der „Politischen Korrespondenz“ wird aus Konstan⸗

tinopel gemeldet, der 1 Botschafter in London

sei beauftragt worden, Lord Kimberley gegenüber zu betonen, daß die Aeußerungen einiger Minister im Parlament bezüglich der Vorgänge in Türkisch⸗Armenien mit den Souve⸗ ränitätsrechten des Sultans in Widerspruch ständen. Wie der genannten Korrespondenz ferner gemeldet wird, hat die türti e Regierung das gegen die britischen Zeitungs⸗ korrespondenten erlassene Verbot, Armenien zu bereisen, auf die ganze asiatische Türkei ausgedehnt.

Rumänien.

8 Im Senat erfolgt heute die Ausloosung der alle vier

Jahr auszuscheidenden Mitglieder; die ausgeloosten behalten

jedoch ihre Sitze bis zu der bis Februar 1896 währenden Session. Der Arbeits⸗Minister Olanesco brachte einen Gesetzentwurf über die Lokalbahnen ein; der Gesetzentwurf ist von der Kammer bereits bewilligt.

Die Session der Kammer ist bis zum 27. März ver⸗ tagt worden.

Schweden und Norwegen.

Das Storthing hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Christiania gestern Abend die Regierungsvorlage, be⸗ treffend Erhöhung des Tabackzolls von 175 Oere auf 2 Kronen per Kilogramm, in geheimer Sitzung einstimmig abgelehnt.

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Das Finanzcomité des Senats hat, wie „W. T. B.“ aus Washington berichtet, über den Antrag Wolcott, betreffend die Ernennung eines Ausschusses, der die Ver⸗ einigten Staaten auf einer eventuellen internationalen Münz⸗ konferenz vertreten soll, einen günstigen Bericht erstattet.

Die Delegirten des Senats und des Repräsen⸗ tantenhauses, welche die Landwirthschaftsbill berathen sollen, haben beschlossen, den Sekretär für Landwirthschaft zu ermächti en, eine Untersuchung des Schlachtviehs, welches für den Export bestimmt ist, anzuordnen.

Das Repräsentantenhaus genehmigte die Bill wegen der Einsetzung einer Kommission zur schiedsrichterlichen Entscheidung von Arbeiterstreitigkeiten. 1

Nach einer in New⸗York eingetroffenen Meldung aus Havanna hätten sich mehrere revolutionäre Parteien in verschiedenen Theilen Cubas empört. Zwischen den Truppen und den Aufständischen solle ein Gefecht stattgefunden haben; viele Separatisten wären verhaftet worden. Aus Madrid meldet „W. T. B.“: in Regierungskreisen werde versichert, daß keine Nachrichten aus Cuba eingegangen seien; nach Ferattegeschfsr hätten die Ruhestörungen einen 85 Charakter angenommen, 24 Rebellen wären erschossen worden.

Afrika.

Eine in Kapstadt eingetroffene Depesche aus Pretoria berichtet, der König der Swazis kaufe Gewehre und Munition und besestige die Höhen; die Eingeborenen seien entschlossen, gegen Transvaal Krieg zu führen. Der Reprä⸗ entant der Transvaal⸗Republik in Swaziland Krogh meldet agegen, daß dort alles ruhig sei.

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Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (47.) Fih ng des Reichstags, welcher der Reichskanzler Fürst zu 85 henlohe, der Staatssekretär, Staats⸗Minister r. von Boetticher und der Staats⸗ Minister von Köller beiwohnten, gelangten die Anträge der Abgg. Auer (Soz.) u. Gen. und Colbus (b. k. F.) u. Gen. wegen Aufhebung der dem Statthalter von Elsaß⸗ Lothringen übertragenen außerordentlichen Ge⸗ walten zur dritten Berathung.

Die Anträge wurden mit geringer Mehrheit an⸗ genommen.

Sodann wurde die Berathung des von den Abgg. Dr. Hitze (Zentr.) u. Gen. eingebrachten Antrags, die ge⸗ werblichen Verhältnisse der Arbeiterinnen sowie der Arbeiter betreffend, fortgesetzt. 4

der heutigen (30.) Sitzung des Ha uses der Abgeordneten, welcher der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch, der Finanz⸗Minister Dr. Miquel und der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen Peeefntes, gelangte die Interpellation der Abgg. Dr. Paasche und Genossen:

„Gedenkt die Königlich preußische Staatsregierung baldigst Schritte zu thun, um bei der jeßigen Nothlage der Landwirthschaft die Verwendung künstlicher Düngemittel zu erleichtern: „a. durchweitere Ermäßigung der Eisenbahnfrachtsätze 8.. alle Arten künstlicher Duüͤngemittel auch für kürzere Ent⸗

rnungen

5 durch v ung der Grundpreise für

die von den fiskalischen Werken gelieferten Kali⸗Rohsalze?“ zur Verhandlung.

Der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlep ch erklärte sich zur sofortigen Beankwortung der Nterxye ation bereit.

Abg. Dr. Paasche (nl.): Der Minister der öffentlichen Arbeiten

hat zwar bei der Etatsberathung erklart, daß eine weitere Ermäßigung

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1 der Tarife sehr bedenklich sei, wir haben aber unsere Interpellation

dennoch eingebracht mit Rücksicht auf die Nothlage der Landwirthschaft. Es ist anerkannt, daß die Preise der landwirthschaftlichen Produkte oft die Produktionskosten nicht decken, wir müssen darum die Produktionskosten zu vermindern suchen. Die Verwendung von künstlichen Düngemitteln ist in der letzten Zeit in hohem Maße estiegen. Die Praxis hat bewiesen, daß dies ein bedeutender Kultur⸗ ortschritt ist, daß dadurch die Getreideproduktion größer und ertrag⸗ reicher wird, als ffüher Der von der Herabsetzung der Tarifsätze zu erwartende Ausfall für den Eisenbahnfiskus würde nicht groß sein, weil infolge der ausgedehnteren Anwendung der Düngemittel die Getreideproduktion sich heben und mehr Getreide verfrachtet werden wird. Allerdings besteht dann die Gefahr, daß durch eine erhöhte Nachfrage die Preise der künstlichen Düngemittel vertheuert werden. Die Regierung wird dem von Anfang an entgegentreten müssen. Der zweite Punkt unserer Interpellation richtet sich auf die Verbilligung der Kalirohsalze, namentlich der in siska⸗ lischen Bergwerken gewonnenen. Die Kalibergwerke sind zu einem Verkaufssyndikat zusammengetreten, um der rücksichts⸗ losen Konkurrenz einen Riegel vorzuschieben, den Zwischenhandel hinauszudrängen, die Produzenten und Konsumenten einander näher zu bringen. Ich gebe zu, daß das Syndikat die Preise allmählich herabgesetzt hat, aber das genügt noch nicht. Den in⸗ ländischen Konsumenten werden die Kalisalze billiger ab⸗ gegeben als den ausländischen. Die gesammten deutschen Kali⸗ salzwerke hatten im Jahre 1894 eine Einnahme von 34 379 000 Davon entfallen aber nur 6 545 000 oder 18 % auf die Lieferung von Kalirohsalz an die deutsche Landwirthschaft. Wenn eine Ermäßigung des Preises für das Inland um 10 % ein⸗ träte, so würde das nur einen Einnahmeausfall von rund 650 000 ausmachen, der durch eine Preissteigerung von rund 3 % gegenüber dem Auslande leicht einzubringen sein würde. Wir besitzen freilich kein Monopol auf dem Kalsialz⸗Weltmarkte, aber trotzdem halte ich eine solche Erhöhung des Preises um 3 % für durchführbar. Ich möchte deshalb an die Königliche Staatsregierung die Anfrage richten, ob sie nicht beim Kalisyndikat auf eine weitere Herabsetzung der Preise für Kalirohsalz hinwirken möchte. Es finden immer neue Bohrungen auf Kalisalz statt; das beweist doc⸗ daß man sich auch für die Zukunft gte Geschäfte verspricht. Die Staatsregierung sollte den Wünschen der Landwirthschaft in dieser Richtung thunlichst rasch nachkommen; denn schnelle Hilfe thut der Landwirthschaft noth. Es wäre gut, wenn bereits in diesem Frühjahr eine Verbilligung ein⸗ träte. Die Bezüge von Kalirohsalz haben sich vermindert. Das ist wohl das schlimmste Zeichen für die Lage der Landwirthschaft; denn es beweist, daß dieselbe mehr und mehr gezwungen ist, zur extensiven Wirthschaft überzugehen. Der Landwirthschaft ist Hilfe zuzesagt worden; es ist an der Zeit, daß das Versprechen eingeloͤst wird.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen: Bezüglich des ersten

F. der Interpellation bin ich in der Lage zu erklären, daß die Königliche Staatsregierung mit Rücksicht auf die bedrängte Lage der Landwirthschaft bereit ist, eine von ihr bereits vor Ein ringung der Interpellation erwogene Maßregel sofort zur Ausführung zu bringen und vom 1. März dieses Jahres ab bis zum 1. Mai 1897 die Frachtsätze für sämmtliche in den Staatsbahn⸗Tarifen enthaltenen Dungemittel auf alle Entfernungen um 20 % zu ermäßigen. Sie behält sich aber vor, bezüglich derjenigen Düngestoffe, welche auch zu anderen Zwecken ou den Nachweis der Verwendung für landwirthschaftliche Zwecke zu fordern.

Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch: Der Minister für Landwirthschaft ist leider am Erscheinen verhindert. Er hat mich gebeten, seinem Bedauern darüber Ausdruck zu geben. Daß es Pflicht der Regierung ist, der Landwirthschaft durch Verbilligung der Kalisalze, die eine hohe Bedeutung für die Landwirthschaft heben ent⸗ EE11“ darin stimme ich dem Herrn Interpellanten bei. Diese

nschauung hat die Königliche Staatsregierung auch veranlaßt, im vorigen Jahre eine Vorlage dahin gehend einzubringen, die weitere Erschließung von Kalisalzlagern vollständig in die Hand der Regierung zu geben. Wir wollten damit der Landwirthschaft einen dauernden billigen Bezug von Kalisalzen ermöglichen. Diese Maßnahme ist uns leider nicht geglückt. Inzwischen ist die Regierung unausgesetzt bemüht gewesen, die Ansprüche und Wünsche der Vertreter der Land⸗ wirthschaft bezüglich der Verbilligung der Düngesalze zu befriedigen. Die Vertreter der Deutschen Landwirthschafts⸗Gesellschaft hatten im Jahre 1893 an mich den Wunsch gerichtet, es möchte unter Festhaltung des Seürn. von 1,50 für Kainit ein Rabatt von 9 % gewährt werden. Dieser Forderung entsprechend, wurde im folgenden Jahre ein Vertrag mit der Deutschen Landwirthschafts⸗Gesellschaft und mit der Vereinigung der landwirthschaftlichen Genossenschaften ge⸗ schlossen, wonach diesen ein Rabatt in der Marximalhöhe von 10 % bewilligt wurde, dazu 1 % Delkredere und 1 % Propaganda⸗ beitrag. Es wurden hiernach nicht nur die Bezüge der Land⸗ wirthschafts⸗Gesellschaft berechnet, sondern auch die der landwirthschaft⸗ lichen Genossenschaften und des westfälischen Bauernvereins. Heute hat der Rabatt die Höhe von 9 % erreicht. Es stellte sich aber heraus, daß die Mitglieder der Deutschen Landwirth⸗ schafts⸗Gesellschaft schließlich doch etwas höhere Preise für Kainit zahlen mußten als bisher, während die Werke selbst eine erhöhte Ein⸗ nahme nicht erzielten. Das gab mir Veranlassung, ohne daß seitens der Vertreter der Landwirthschaft Schritte bei mir gethan wurden, nochmals mit dem Kalisyndikats⸗Ausschusse in Verbindung zu treten, und es wurde daraufhin eine fünfprozentige sogenannte Nothstandsherabsetzung der Kalipreise bewilligt, für welche Maßnahme von den Vertretern der Landwirthschaft ein Dank⸗ schreiben an das Kalisyndikat geschickt wurde. Ich will nur konstatieren, daß, wo bisher Wünsche der Vertreter der Landwirth⸗ chaft an die Regierung herangetreten sind, sie durchaus befriedigt wur⸗

en, und d es der Regierung gelungen ist, den Ausschuß des Kali⸗ syndikats zu bestimmen, den Wünschen der Landwirthschaft entgegenzu⸗ kommen. Es ist aber eine andere Frage, ob die Staatsregierung die Kali⸗ e über jenes Maß hinaus herabsetzen kann, und ob die Lage der

ergwerke auf der einen und die Lage der Landwirthschaft auf der anderen Seite die Erfüllung der Forderungen der Interpellation als berechtigt erscheinen läßt.

Bei Schluß des Blattes spricht der Minister fort.

Nr. 8A des „Zentralblatts der Bauverwaltung“, herausgegeben im Ministerium deröffentlichen Arbeiten, vom 27. Februar, hat folgenden Inhalt: Das Binnenschiffahrtswesen Frankreichs und seine neueste Entwicklung. Der Wettbewerb für eine Fest⸗ Rheinbrücke bei Bonn. VI. (Fortsetzung.) Vermischtes: Zwei Wettbewerbe für die Mitglieder des Berliner Architektenvereins. Begrüßungsfeier für den Geheimen Baurath, Professor Dr. Wallot in Dresden. Die europäischen Dampfergesellschaften. Technische ö in Darmstadt. Generaldirektor Karl Schnorr von Carols⸗ feld in München f†.

Statistik und Volkswirthschaft.

Kinderhorte.

Aus Köln wird geschrieben: Eine bemerkenswerthe Einrichtung hierselbst g. die Kinderhorte, deren es bereits 7 mit etwa 500 Knaben

und Mädchen giebt. Die Horte verfolgen den Zweck, arme schul⸗ pflichtige Kinder, welche wegen Mangels an 2 eauffichti ung und Pflege im Elternhause zu verwahrlosen in Gefahr sind, während der schulsreien Stunden zu versammeln und bei nützlicher Beschäftigung und passender Unterhaltung für ihr leibliches und geistiges Wohl zu

orgen.

fes Err Verwirklichung dieses Zwecks haben sich zwei aus Bürgern der Stadt bestehende Vereine, einer für die Kinderhorte im nördlichen, einer für die im füͤdlichen Stadttheil, gebildet, Jeder Verein wird

von einem aus 24 Mitgliedern bestehenden Vorstand vertreten.

Dem nördlichen Verein gehören gegenwärtig 198, dem südlichen cirea 150 Mitglieder an. Aus den Jahresbeiträgen der Mitglieder 3 ℳ) und sonstigen freiwilligen Zuwendungen werden die erforderlichen Auslagen bestritten. Um die Eltern nicht ganz von der Verpflichtung der Fürsorge für ihre Kinder während der Aufenthaltszeit in den Horten zu entbinden, ist ein wöchentlicher Beitrag für das Kind von 30 festgesetzt. Wo den Eltern schwer fällt, kann Ermäßigung oder Erlaß eintreten.

In jedem der 7 Horte werden zur Zeit zwischen 70 bis 80 Kinder ohne Unterschied der Konfession täglich von ½5 bis gegen 7 Uhr Abends theils in städtischen Schullokalen, theils in Tuhnhallen städtischer Volksschulen, theils in einer städtischer Bewahrschule versammelt. Die Stadt Köln stellt diese Lokale sowie deren Heizung und Be⸗ leuchtung unentgeltlich zur ö

Unter Leitung bestimmter, besonders geeigneter Volksschullehrer und Lehrerinnen der Stadt fertigen die Kinder ihre häuslichen Schul⸗ arbeiten an, singen, lesen für sich in Schriftchen aus der Schüler⸗ bibliothek der Horte oder werden durch Erzählung und Vorlesen der Leiter unterhalten. Die Mädchen fertigen außerdem Handarbeiten an, die größeren und geschickteren Knaben in jedem Hort zwischen 12 und 20 werden unter Anleitung und Aufsicht von sachkundigen Volksschullehrern mit Handfertigkeits⸗Arbeiten Papp⸗ und Schnitz⸗ arbeiten beschäftigt. Die jährliche Vergütung der Lehrer bezw. Lehrerinnen beträgt etwa 150 bis 160

Soweit die Witterung es erlaubt, bewegen sich die Kinder zeit⸗ weise unter Aufsicht der Lehrer bezw. Lehrerinnen spielend auf dem Schul⸗ hofe; an den freien Mittwoch, und Sonnabend⸗Nachmittagen werden weitere Spaziergänge unter Führung der Lehrer mit ihnen unter⸗ nommen. Täglich erhalten sämmtliche Kinder beim Eintritt in den Hort eine warme Tasse Milchkaffee nebst reichlichem Graubrot zur

ahrung. Die Einrichtung und Wirksamkeit der Kinderhorte in Köln ist in sozialer Hinsicht von segensreichem Erfolge.

Fortbildungsschulwesen.

Am 28. Dezember v. J. hat sich in Köln ein Verein gebildet, der sch zur Aufgabe stellt, die Ausbildung der Frauen für das praktische Leben und für die den Frauen offenstehenden Berufszweige zu fördern. Es soll zunächst eine Fortbildungsschule für Mädchen errichtet werden; ferner ist in Aussicht genommen die Förderung von Fort ildungskursen für Lehrerinnen des höheren Schulfaches und die Gründung von Haushaltungsschulen.

5 Zur Arbeiterbewegun

Hier in Berlin hat ein Theil der Lischter der Weiß’'schen Werkstatt wegen Lohnstreits und aus anderen Gründen die Arbeit niedergelegt. Die übrigen Gehilfen werden, wie im „Vorwärts“ be⸗ richtet wird, nach Fertigstellung ihrer Arbeitsstücke gleichfalls die Arbeit einstellen.

Aus Charleroi wird der „Köln. Ztg.“ geschrieben: Die Glas⸗ bläser des Henne aus beschlossen mit 1879 gegen 37 Stimmen, die „Arbeitgeber“ zur Preis⸗ und Lohnerhöhung bis zum 1. März unter Androhung des ö aufzufordern. Durch den Ausstand würden 13 000 Personen arbeitslos.

Kunst und Wissenschaft.

Die „Société d'artistes frangais“ zu Paris, welche den Salon der Champs⸗Elysées veranstaltet, beschloß (im vheerte zu der sezessionistischen Société nationale des beaux arts vom hamp de Mars, vgl. d. gestr. Nr. d. Bl.) ein⸗ stimmig, an der Berliner Kunstausstellung nicht theil⸗ zunehmen. Der Sekretär des Vereins erklärte einem Bericht⸗ erstatter des „Temps“, die Einladung sei zu spät ge⸗ kommen, alle Vereinsmitglieder seien vollauf mit den Vorbereitungen zur Beschickung des Elysée⸗Salons beschäftigt. Die offizielle Theilnahme des Vereins würde die Beschickung der Veeliner Ausstellung seitens mehrerer hundert Vereinsmitglieder nach sich ziehen, was innerhalb Monatsfrist nicht mehr zu ermöglichen sei. ffür seine Person könne übrigens jedes Vereinsmitglied der Ber⸗ iner Ausstellung theilnehmen.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Ernteergebniß 1894 in Oesterreich.

Der im K. K. österreichischen Ackerbau⸗Ministerium zusammen⸗

estellten Uebersicht über das Ernteergebniß der wichtigsten Körner⸗ rüchte im Jahre 1894 entnehmen wir folgende Angaben: VVon der gesammten Ackerbaufläche der österreichischen Reichshälfte im 1 von 10 636 872 ha entfiel auf den Anbau von Weizen, Roggen, Gerste, Hafer und Mais im Jahre 1894 eine Area von 6 390 609 ha, d. i. 60 %.

Dieselbe vertheilt sich auf die fünf Körnerfrüchte, wie folgt: Ernteertrag im Jahre 1894

Anbau⸗ durchschnittli⸗ fläche im ganzen in pro Hektar in

in Hektar V

1 098 113116 981 420/12 860 830 1 951 394 [29 908 890 21 042 820 1 135 910][21 321 030]13 590 990 1 879 010[38 594 500]17 444 130

326 182] 4 885 810] 3 491 520

= 1 Meterzentner = 100 kg.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Spanien.

Zufolge Königlicher Verordnung vom 20. d. M. unterliegen Herkünfte aus Santos einer Quarantäne. Gleichzeitig sind alle Häfen, welche von dem genannten Ort nicht weiter als 165 km entfernt sind, für choleraverdächtig erklärt worden.

Cholera.

Wien, 26. Februar. Im Obersten Sanitätsrath stellte der Sanitäts⸗Referent Dr. Kusy fest, daß die Cholera in ganz Oesterreich erloschen ist. 3 v

Verkehrs⸗Anstalten.

Mailand, 26. Februar. (W. T. B.) In der heutigen zweiten Konferenz in der Simplonbahn⸗Frage wurden im Anschlusse an die Debatte der ersten Sitzung mehrere Beschlüsse gefaßt über den Bau einer großen Galerie und die Anschlußlinie zwischen dem Paß von Tella und Domodossola, alsdann über die prinzipiellen Grund⸗ sätze einer Konzession vom administrativen und militärischen Stand⸗ Farte endlich über de eeriftag, und die Vertretung der italienischen

nteressen. Morgen wird wahrscheinlich die Feststellung des Sitzungs⸗ protokolls vorgenommen und übermorgen dürften die Berat ungen heich chae werden. Die italienischen Delegirten veranstalteten eute Abend ein Bankett zu Ehren der eidgenöͤssischen Kollegen.

Theater und Mufik.

8 Im Königlichen Opernhause wird mor Richard Wagner’s Oper „Der fliegende Holländer“ unter Kapellme