1895 / 52 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 28 Feb 1895 18:00:01 GMT) scan diff

8 Gestern Abend 8 Uhr trat Seine g der Kaiser 8 Wilhelm die Rückreise von Wien nach Berlin an. Seine Majestät der Kaiser Franz Joseph geleitete Allerhöchst⸗ denselben zum Bahnhof, wo sich der deutsche Botschafter Graf zu Eulenburg nebst Gemahlin, der Militär⸗Attaché Graf Hülsen⸗ Häseler mit Gemahlin, die übrigen Mitglieder der deutschen Botschaft und der deutsche General⸗Konsul in Budapest Prinz Ratibor zur Verabschiedung eingefunden hatten. Vor dem Bahnhof war ein zahlreiches Publikum versammelt, das Ihre Majestäten ehrerbietigst begrüßte. Nachdem Ihre Majestäten Sich auf das herzlichste verabschiedet hatten, bestieg er Kaiser Wilhelm den Zug und verblieb, die Abschiedsgrüße des Kaisers Franz Joseph erwidernd, an dem offenen Wagen⸗ fenster, bis der Zug die Halle verließ. Gestern Abend sind auch der Prinz Arnulf von Bayern na Nünchen und der Hersoß von Aosta nach Rom abgereist. Der Großfürst Wladimir tritt heute Mittag die Rückreise an. 1 Vorgestern Abend wurde ein von Seiner Majestät dem Deutschen Kaiser gewidmeter Kranz am Sarge des Kron⸗ prinzen Rudolph in der Kapuzinergruft niedergelegt. Der Kaiser hat an den Minister⸗Präsidenten Fürsten Windischgrätz folgendes Handschreiben gerichtet: „Lieber Fürst Windischgrätz! Von Trauer erfüllt waren die letzt⸗ verflossenen Tage, von Trauer um den unersetzlichen Verlust, welchen mein Haus und die ganze Monarchie durch das Ableben meines eliebten Oheims, des Erzberzogs Albrecht erlitten hat. Eine wohl⸗ huende Linderung der großen Schmerzen fand ich jedoch in den zahllosen Kundgebungen der Theilnahme und Loyalität, welche mir aus diesem Anlaß von Einzelnen sowohl als von den verschie⸗ densten Korporationen in so erhebender Weise dargebracht worden Gleichwie dem Verblichenen seine unvergänglichen Ver⸗ in der Armee, sein stets warm fühlender Patrio⸗ sein musterhaft voranleuchtender Pflichteifer und sein unerschöpflicher Wohlthätigkeitssinn in allen Ländern und allen Schichten der Bevölkerung ein ruhm⸗ und ehren⸗ olles Andenken für alle Zeiten sichern, ebenso diese Kundgebungen aufrichtiger Trauer auch für alle, die sich daran betheiligten. Tief gerührt von diesem neuerlichen Beweise der Theil⸗ nahme und der Anhänglichkeit, mit welcher meine treuen Völker reude und Leid meines Hauses stets begleiten, drängt es mich, hier⸗ r Allen meinen innigsten Dank zu sagen. Ich beauftrage Sie, dies allgemein bekannt zu geben. Franz Joseph.“ Das österreichische Abgeordnetenhaus setzte gestern die Berathung der Strafgesetznovelle fort. Bei dem Hauptstück (Verbrechen und Vergehen bezüglich der Wahlen nd der Wirksamkeit der Vertretungskörper) sprachen die lbgg. Pacak, Slama, Purghardt, Scheicher und Pernerstorfer gegen die Vorlage. Die Abgg. Menger und Pininski betonten die Nothwendigkeit des Schutzes der parlamentarischen Freiheit. Der Justiz⸗Minister Graf Schönborn fand es auffallend, daß die Parteien, die sich als die Paladine der Wahlfreiheit gerierten, gegen den chutz und die Freiheit des Parlaments opponierten. Das Haupistück wurde angenommen. Hierauf brachte der Abg. Pacak einen Dringlichkeitsantrag ein, wonach die in dem Reichsrath und in den Landtagen gehaltenen Reden der gerichtlichen Judikatur entzogen werden sollen. Der Antragsteller wies dabei auf das Erkenntniß des Prager Landes⸗ gerichts hin, das eine lobende Besprechung der Landtagsreden der Abgg. Gregr und Graf Kaunitz wegen des hochverrätherischen In⸗ halts derselben für strafbar erklärt hat. Der Justiz⸗Minister Graf Schönborn erwiderte, die Reden der Abgeordneten seien immun, aber nicht alle Zustimmungen. Die Privilegien seien nicht extensiv zu beurtheilen; der Antrag des Abg. Pacak bezwecke die Ausdehnung des Privilegs über das zu dem nöthigen Schutze der Abgeordneten Normierte. In Uebereinstimmung mit dem Generalprokurator halte er es für zulässig, Zustimmungen zu Reden, welche wegen ihres Inhalts das Strafgesetz verletzten, strafrechtlich zu verfolgen. Der Antrag Pacak wurde mit 106 gegen 52 Stimmen abgelehnt. Der Finanz⸗Minister Dr. von Plener beantwortete sodann die Interpellation des Steinwender wegen der vor kurzem erfolgten Begebung der letzten Rate der Goldrente mit dem Hinweise, daß der vierprozentige Zinsfuß deshalb gewählt worden sei, weil die gesetzliche Ermächtigung so laute. Die Einholung einer neuen Ermächtigung würde zeitraubend gewesen und durch eine solche der der gegenwärtigen Plazierung günstige Zeitpunkt verabsäumt worden sein. Ein niedriger verzinsliches Papier würde nur beträchtlich unter pari zu be⸗ geben gewesen sein, während die Kapitalverschuldung in Gold zugenommen haben würde. Der Uebergang zu einem niedrigeren Zinsfuß hänge von mehrfachen Erwägungen ab, der gewählte vierprozentige präjudiziere keineswegs. ie Benutzung eines Bankkonsortiums sei aus dem Zweck und der Natur des An⸗ lehens erklärlich, das ausschließlich im Auslande zu be⸗ geben gewesen sei. 1 1 Die Fraktion Eötvös der ungarischen Unabhängig⸗ keitspartei hat beschlossen, sich der Fraktion Justh an⸗ zuschließen. Großbritannien und Irland.

Das Unterhaus nahn gestern mit 204 gegen 85 Stimmen die zweite Lesung der Bill an, durch welche der Verkauf und der Besitz von Pistolen auf durch ein Patent dazu berechtigte Personen beschränkt wird und verschiedene den Verkauf regelnde Bestimmungen getroffen werden. Die Regie⸗ rung hatte die Vorlage als sehr erwünscht unterstützt.

Sir Hercules Robinson ist zum Gouverneur der Kapkolonie ernannt worden. 8

Frankreich. S 1 Die Deputirtenkammer hat gestern die Berathung des Budgets des Arbeits⸗Ministeriums wieder auf⸗ genommen. Ein Antrag auf Bewilligung eines Kredits von 431 000 Fr., um die Ruhegehälter von Bahn⸗ und Wege⸗ wärtern zu erhöhen, wurde, obgleich der Berichterstatter und der Minister für öffentliche Arbeiten Dupuy⸗Dutemps ihn bekämpften, mit 306 gegen 196 Stimmen angenommen.

Rußland.

Meldungen einer Tifliser Zeitung zufolge beabsichtige die Militärverwaltung, aus den mohamedanischen Frei⸗ willigen in Transkaukasien besondere Regimenter zu bilden.

Italien.

eingetroffen.

Giolitti ist dem „W. T. B.“ zufolge gester in R. 19

Rumänien.

Der Senat nahm gestern nach den Ausführungen des Ministers des Auswärtigen Lahovary mit 61 gegen

1

ehrend sind!

9 Stimmen einen Antrag des Abg. Vacaresco an, welcher dahin geht, daß die Ausloosung der Hälfte der Senatoren nicht nach dem Wortlaute des Reglements in der gegenwärtigen vierten Session, sondern nach dem Geiste desselben in der letzten, die bis 1896 dauernde gegenwärtige Legislaturperiode abschließenden Session vorzunehmen sei. Der Präsident des Senats, der nschauung war, erklärte, er wolle sich der Enischen ung des Senats unterwerfen. G

88 Schweden und Norwegen.

In einem gestern in Christiania abgehaltenen Minister⸗ rath forderte, wie „W. T. B.“ berichtet, der König das Ministerium zur Rücknahme seines Entlassungs⸗ gesuchs auf, was das Ministerium jedoch ablehnte. Hierauf berief der König den Führer der gemäßigten Linken Sver⸗ drup, um ihn mit der Kabinetsbildung zu betrauen. Sver⸗ drup hat den Auftrag indessen nicht angenommen.

Im Storthing wurde gestern die Regierungsvorlage eingebracht über Verwendung der am 19. Juli 1894 be⸗ dingungsweise bewilligten Kredite von 183 370 Kronen zu diplomatischen Ausgaben, obgleich die damals gestellte Be⸗ dingung (Aufhebung der Gesandtschaft in Wien) nicht erfüllt ist. In der Begründung hob der Minister des Innern hervor, es widerstreite der Würde Norwegens, daß Schweden sämmtliche Ausgaben für die gemeinsamen diplomatischen Vertretungen bestreite.

Amerika.

Der Senat hat, wie „W. T. B.“ aus Washington berichtet, den Antrag Wolcott, auf Erwählung eines Aus⸗ schusses, der die Vereinigten Staaten bei einer eventuellen internationalen Münzkonferenz vertreten soll, angenommen. saach einer Meldung der „Times“ hat der Senat 5 Millionen Dollars als Zuckerausfuhrprämien für die letzte Ernte und für die Ernte dieses Jahres bis zum 30. Juni inklusive bewilligt. 8 82

Der General⸗Postmeister der Vereinigten Staaten Bissel ist von seinem Amt zurückgetreten.

Aus Cuba ist in Madrid die Nachricht eingetroffen, die Aufständischen in Guantanamo und Matanzas (Cuba) würden vG verfolgt; erstere seien zerstreut worden, die letzteren hätten zwei Todte und drei Cheen zene verloren. Sfazieg Telegramme melden, daß die Aufständischen von Santiago 120 Mann stark seien, daß die Stadt Baira für

die Aufständischen Partei genommen habe und daß die Truppen

große Thätigkeit entfalteten. 8 Asien.

Die „Times“ meldet aus Peking, Li⸗Hung⸗Tschang

sei vom Kaiser gut aufgenommen worden und habe drei Audienzen gehabt. Er habe den Auftrag, über den Frieden zu untexhandeln, angenommen; die fremden Diplomaten hätten ihn zu diesem Entschlusse ermuthigt. Der Ort der Friedens⸗ unterhandlungen sowie die Einzelheiten seien noch nicht fest⸗ esetzt. ö“ „Reuter'sche Bureau“ meldet aus Chefoo von heute, die Japaner räumten die vorgeschobenen Stel⸗ lungen bei Wei⸗Hai⸗Wei. Ninghai sei verlassen worden. Der größere Theil der japani Talienwan abgegangen. 8 EEXXX“ 1 8 In Abbasijeh fand gestern vor dem Khedive eine Be⸗ sichtigung der ganzen britischen Garnison von Kairo statt. Der Khedive, der das Großkreuz des Bath⸗Ordens trug, sprach dem Ober⸗Befehlshaber der Armee, General⸗Major Walker seine hohe Befriedigung über die Parade aus.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (48.) Sitzung des Reichstags, welcher der Reichskanzler Fuͤrst zu Hohenlohe, der Staatssekretär, Staats⸗Minister Freiherr von Marschall und der Staats⸗ sekretär Hollmann beiwohnten, wurde die zweite Berathung des Reichshaushalts⸗Etats fortgesetzt. Es stand zur Verhandlung der Etat der Verwaltung der Kaiser⸗ lichen Marine. .

Bei den fortdauernden Ausgaben wurden die Mehrforderungen für die Personalvermehrung beim Ober⸗Kommando der Marine und beim Reichs⸗ Marineamt gemäß den Beschlüssen der Budgetkommission gestrichen.

Beim Kapitel Reichs⸗Marineamt machte der Referent der Budgetkommission

Abg. Lieber (Zentr.) Mittheilung über die Antworten, welche seitens des Reichs⸗Marineamts auf Anfragen betreffs der Unter⸗ suchung über den Unfall auf der „Brandenburg“ sowie be⸗ treffs der Zurückziehung der beiden Kriegsschiffe „Falke“ und „Bussard“ von Apia in der Kommissionsberathung er⸗ theilt worden sind. Auf die erste Anfrage sei die Auskunft gegeben, daß weder einen Militär⸗Marine⸗Funktionär noch eine Zivilperson des Marineamts ein Verschulden treffe. Die Verantwortung für das Unglück falle lediglich dem Vulkan zu. Als Ursache sei das Fehlen eines Sicherheitsventils und die Lockerung eines Flantschenringes festgestellt. Wenn sich er⸗ gebe, daß der Vulkan zivilrechtlich haftbar sei, so werde das Reichs⸗ Marineamt vollen Schadenersatz verlangen. Grund für die Zurück⸗ ziehung der beiden Schiffe von Apia seien schlechter Ankergrund und die in den Monaten eh g und März in der Südsee herrschenden Stürme gewesen. Beide Antworten seien von den Fragestellern für befriedigend erklärt.

(Schluß des Blattes) 8 8 In der Fsan (31.) Sitzung des Hauses der

Abgeordneten, welcher der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Bosse beiwohnte, nahm vor dem Ein⸗ tritt in die Tagesordnung das Wort

Abg. Freiherr von Erffa Canlh. Als ich bei der Berathung des Justiz⸗Etats den Bau eines Dienstwohngebäudes für den Amts⸗ richter in meiner Heimathsstadt Ranis befürwortete, hatte ich gesagt, daß, so wie die Wohnungsverhältnisse dort zur Zeit lägen, der Amtsrichter gezwungen sei, in der benachbarten meiningenschen Stadt Pösneck, also im Auslande, zu wohnen; zudem sei diese Stadt eine Versuchsstation für die Sozialdemokratie. Wie ich nun aus den Blättern ersehe, hat diese Aeußerung in Pösneck roße Erregung hervorgerufen. Ich erkläre also, daß es mir gänzlich 8 elegen hat, mit jener Aeußerung, die ich unter der Immunität eines habe, die Stadt irgendwie

preußischen Abgeordneten gethan

zu beleidigen. Ich weiß, daß es dort eine große Zabl

patriotisch gesinnter Männer giebt, die die Sozialdemokratie bekämpfen, und habe mit meiner Aeußerung nur sagen wollen, daß es für den Amtsrichter besser sein würde, wenn er fern den Perteigan sen die sich bei jeder Kommunal⸗ und Reichstagswahl in ösneck abspielen, in Ruhe in Preußen wohnen könnte.

Bei der Fortsetzung der zweiten des Etats des Ministeriums der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten nahm beim Kapitel des Volksschulwesens das Wort

Abg. B von Heereman (Gentr.), der der Ansicht war, daß der Minister in der Frage des polnischen Religionsunter⸗ richts einen anderen Standpunkt einnehme, als im vorigen Jahre. Das sei schon aus seiner schärferen Tonart zu erkennen. Redner tadelte dann die Verfügung für Westfalen, wonach in den Volks⸗ schulen statt eines ganzen Tages zwei halbe Tage freigegeben würden. Diese Verfügung sei den ländlichen Verhältnissen durchaus nicht an⸗ epaßt; denn die Kinder seien dadurch gezwungen, täglich den weiten

eg zur Schule zu machen.

Minister der geistlichen 2⸗7. Angelegenheiten Dr. Bosse: Meine Stellung zur Frage des polnischen Sprachunterrichts ist genau dieselbe wie im vorigen Jahre. Die in Posen und Oberschlesien getroffenen Maßregeln waren bedingt durch das Interesse der Erhaltung des Deutschthums. Wenn mein Ton etwas schärfer geworden ist, so ist das nur die Reaktion auf die Tonart, die die polnischen Abgeordneten hier angeschlagen haben. Die Verfügung, daß zwei halbe 85 Tage statt eines ganzen eingeführt werden, hat sich überall bewährt. Bis jetzt sind mit Ausnahme eines Zeitungsartikels keine Klagen darüber an mich gelangt. Wenn man einen ganzen Tag frei giebt, so ver⸗ theilt sich das Pensum von 32 Stunden auf 5 Tage. Das ergiebt nothwendigerweise eine Ueberlastung der Kinder und Lehrer. Auch in . wo die ländlichen Verhältnisse ähnlich wie in Westfalen iegen, hat man mit dieser Maßregel gute Erfahrungen gemacht.

Abg. Pleß (Zentr.): Die finanziellen Aufwendungen für die Elementarschulen sind im Etat außerordentlich hohe, und es kommen noch hinzu die Aufwendungen, welche von den Gemeinden für die Volksschule gemacht werden. Trotz alledem aber genügen diese Schulen nicht völlig dem Zweck, den sie erfüllen sollen. Die Schulpaläste, die auf dem Lande gebaut werden, sind für die Kinder der auf dem platten Lande wohnenden Leute ebensowenig nöthig, wie die bis über 14 Jahre ausgedehnte Schulzeit, die auf die körperliche Entwickelung der Mädchen schädlich einwirken kann. Früher lernte man gründlich Lesen, Schreiben, Rechnen und den Katechismus; jetzt wird der Kopf der Kinder mit allerlei Material belastet, was auf die Entwickelung des Geistes der Kinder ungünstig wirkt und direkt die Oberflächlichkeit befördert. Vor allem müßte der Religionsunterricht einen breiteren Raum in der Volksschule einnehmen und nur in der Muttersprache der Kinder von Geistlichen ertheilt werden dürfen.

Abg. Segeth (fr. kons.): Ich habe das Wort erbeten, um auch einiges uͤber den Antrag für den polnischen Unterricht in Oberschlesien aus eigener Erfahrung zu sprechen, da ich selbst Katholik und Pole bin. Uebrigens ist von dem Abgeordneten von kedris in dieser Sache alles so gut widerlegt worden, daß ich mich ihm in allen Punkten anschließe, um nicht noch einmal alles wiederholen zu müssen. Der Abg. Conrad (Pleß) hat seinen Antrag auf Einführung des polnischen Unterrichts sehr zaghaft eingebracht, und ich glaube kaum, daß ihm in seinem eigenen Empfinden es recht Ernst damit gewesen sein kann, da er selbst ein Deutscher ist. Daß der deutsche Unterricht, wie der Abg. Stephan behauptete, unzulänglich sei, muß ich bestreiten. Ich kenne mehrere Fälle, wo aus ganz polnischer Gegend, in der jetzt deutsch unterrichtet wird, Schüler direkt in das Seminar in Peiskretscham aufgenommen sind, von denen namentlich einer so gut vorbereitet war, daß er in voriger Woche ohne jede andere Beihilfe das Examen als Lehrer bestanden hat. Weiter wurden im vorigen Jahre zwei Mädchen, die ausschließlich in einer Dorfschule vorgebildet waren, ohne weiteres in das staatliche Hebeammen⸗Institut in Oppelg aufgenommen und sogar für ihre deutsche Sprache und Schrift sehr belobt. Daß einzelne polnische Zeitungen schon bis zu 15 000 Abonnenten haben, mag zutreffen, dann ist aber die größere Abonnenten⸗ zahl auf die Mitwirkung der Zentrumsleute zurückzuführen, denn es wird Ihnen allgemein bekannt sein, wer die Zeitungen „Katölik“, „Mäh⸗ rische Zeitung“ und „Schlesische Volkszeitung“ unterstützt. Die Krawalle in Redendorf im oberschlesischen Industriebezirk sind nicht den Sozialdemokraten zuzuschieben, denn dort ist die Sozialdemokratie noch nicht eingewurzelt, wohl aber giebt es dort polnische Vereine, die die arbeitende Bevölkerung Behörden und Ar⸗ beitgebern zu entfremden und sie gegen dieselben aufzuhetzen suchen. Der Abg. Porsch hat dem Minister gesagt, daß er sich bloß in einem Zipfel von Ober⸗Schlesien erkundigt zu haben scheine, ob der deutsche Unterricht hinlänglich sei, das glaube ich nicht. Der Minister wird sich gewiß bei mehreren vertrauenswürdigen Herren erkundigt haben. Oder sollte sich der Minister bei den Pfarrern erkundigen, den Vorsitzenden und Protektbren der polnischen Vereine? Was ist nun der Kern des Verlangens nach polnischem Unterricht? Glauben Sie vielleicht, daß den Leuten damit gedient ist, wenn sie polnisch lernen? Nein; wenn der Sohn aus der Schule kommt, so muß er in die Arbeit. Seine Vorgesetzten sind dann alle Deutsche, und kann der Arbeiter nicht deutsch, so wird er nur zu den allergröbsten Arbeiten verwandt und kann nie⸗ mals selbst in Vorarbeiter⸗ oder Aufseherstellen kommen. Auch beim Militär wird der Mann den Dienst viel leichter lernen, wenn sich seine Vorgesetzten mit ihm verständigen können. Mit dem Grund⸗ gedanken des Wunsches, den polnischen Sprachunterricht zu fördern, wird dem allgemeinen Wohl und dem natio⸗ nalen Interesse nicht gedient. Er verfolgt die Sonder⸗ absicht, die Leute dumm zu erhalten, um dieselben für eigene Zwecke auszunutzen. Ich glaube allerdings, daß die Sache abgethan ist, denn der Minister hat den Herren eine so deutlich ab⸗ weisende Antwort gegeben, daß sie wohl für immer beruhigt sein werden. Und ich bitte den Minister, nochmals von dem, was die Königliche Regierung mit Mühe und großen Geldopfern errungen hat, nicht einen Zentimeter abzugehen.

Schluß des Blattes.)

Bei der am 23. d. M. im 6. Gumbinner Wahl⸗ kreise (Johannisburg⸗Oletzko⸗Lyck) vorgenommenen Ersatz⸗ wahl zum Reichstag wurden im ganzen 17 695 Stimmen abgegeben, wovon 12 259 auf den Ober⸗Präsidenten der Pro⸗ vinz Ostpreußen Grafen zu Stolberg⸗Wernigerode (kons.) fielen. Graf Stolberg ist sonach gewählt.

Entscheidungen des Reichsgerichtzs.

Im Enteignungsverfahren steht nach § 30 des preußischen Enteignungsgesetzes vom 11. Juni 1874 gegen die Entscheidung der Regierung über die Entschädi ung sowohl dem Unternehmer als den übrigen Betheiligten die Beschreitung des Rechtsweges zu, und nach dem letzten Absatz dieses Paragraphen fallen, wenn von dem Se nehmer auf richterliche Entscheidung angetragen wird, ihm jedenfalls die Kosten der ersten Instanz zur Last. 82 Bezug auf diesen Schlußsatz des § 30 hat das Reichsgericht, II. Zivil. senat, durch Urtheil vom 19. Oktober 1894 ausgesprochen, daß 1 darin enthaltene Bestimmung durch die widersprechende all gemeine Bestimmung des § 87 der Zivilprozeßordnung unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtostreiges 8is tragen. “) nicht aufgehoben worden ist. „Der letzte A se 22⸗ § 30 des Enteignungsgesetzes steht, insofern er bestimmt, 2 1 Unternehmer „jedenfalls“, d. h. ob er nun mit der Klage durch sun¹ oder unterliege, mit den erstinstanzlichen Kosten zu belasten ser,

einem epidemischen

dem § 87 der Z.⸗Pr.⸗Ordn. in Widerspruch, ch grundsätzlich die Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Gleich⸗ wohl kann die fortdauernde Gültigkeit des .30 Abf. 5 nicht zweifel⸗ haft sein, weil nach § 15 Nr. 2 des Einführungsgesetzes 2 Zivil⸗ prozeßordnung die landesgesetzlichen Vorschriften über das Verfahren bei Streitigkeiten, welche die Zwangsenteeignung und die Entschädigung megen derselben betreffen, unberührt geblieben sind.“ (165/94.)

Ein Sachverständiger, welcher vor Erhebung einer Klage von einer Prozeßpartei zur technischen Begutachtung ihres Anspruchs herangezogen worden ist und ein Gutachten ertheilt hat, kann, nach einem Beschluß des Reichsgerichts, V. Zivilsenats, vom 10. November 1894, sodann im Prozeß deshalb nicht ohne weiteres wegen Besorgniß der Befangenheit vom Prozeßgegner abgelehnt werden. „Wegen Besorgniß der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen Ci hece euun LEIö1 teien wenden sich häufig vor Erhebung eines Anspruchs an einen Sachverständigen, auf den sie sich im Prozeß nachher berufen, um sich über technische Fragen zu informieren und das von ihm ertheilte Gut⸗ achten als Theil eines Schriftsatzes zu benutzen. Nach allgemein menschlichen Verhältnissen ist anzunehmen, daß der Sachverständige, wenn er die Begutachtung übernimmt, dabei nach Pflicht und Gewiffen handeln wird, sodaß dieser Umstand allein beim Gegner noch nicht die. Besorgniß der Befangenheit zu erwecken geeignet ist.“ (179/94.)

Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.

Die den Bankgeschäften, weasgtaß und Kreditvereinen zufließenden Depositen und Spareinlagen sind, nach einer Entscheidung des Ober⸗Verwaltungsgerichts, VI. Senats 1. Kammer, vom 25. Oktober 1894, im Sinne des Gewerbesteuergesetzes regelmäßig nicht zum Anlage⸗ und Betriebskapital zu rechnen, und die Zinsen, welche für diese Depositen und Spareinlagen gezahlt werden, sind daher von dem Ertrage, behufs Veranlagung zur Gewerbesteuer, ab⸗ zuziehenFD . Die Entstehungsgeschichte des § 23 des Gewerbe⸗ steuergesetzes vom 24. Juni 1891: „Das Anlage⸗ und Betriebs⸗ kapital umfaßt sämmtliche dem betreffenden Gewerbebetriehe dauernd gewidmeten Werthe’ stellt überzeugend klar, daß die Hinzurechnung der sogenannten Depositen zum Betriebskapital hat ausgeschlossen werden sollen. Die Depositen werden von dem Einzahlenden nicht in der Absicht gegeben, das Betriebskapital des Empfängers zu vermehren. Sie erfolgen viel⸗ mehr zunächst aus dem Grunde, weil der Einzahlende überflüssige baare Gelder nicht selbst aufbewahren, sondern gegen Diebstahl und sonstigen Verlust sichern will. Dabei hat er die Nebenabsicht, einen gewissen, wenn auch nur geringen Zinsfuß zu erzielen. Wesentlich mit Rücksicht hierauf gestattet er dem Empfänger eine Benutzung des ein⸗ gezahlten Geldes in seinem Gewerbebetrieb, aber stets nur eine vorübergehende Benutzung. Er verzichtet niemals dauernd auf eine erfügung über seine Gelder. Der Empfänger der Depositen kann wohl die Absicht haben, im allgemeinen durch die Verwendung von Devpositen seine Betriebsmittel zu vermehren; dagegen fehlt ihm die Absicht, durch die De⸗ positen dauernd sein Betriebskapital zu vergrößern. Noch weniger könnte sich eine solche Absicht auf die einzelnen Depositen erstrecken, da sie nach den Intentionen der Einzahlenden der dauernden Verwen⸗ dung entzogen sind. Durch diese Erwägungen wird nicht aus⸗ geschlossen, daß unter besonderen Umständen fremde Gelder, welche von den Interessenten als Depositen bezeichnet werden, dennoch ihrem inneren Wesen nach als Vermehrung des Betriebs⸗ kapitals anzusehen sind. Allein es wird in jedem einzelnen Falle eine hierauf erichtete besondere Feststellung erfolgen müssen, und es wird insbesondere nicht genügen, rein mechanisch etwa diejenigen Depositen, die erst nach einer besfur längeren Kündi⸗ gungsfrist (z. B. von wenigstens 3 Monaten) rückzahlbar sind, ohne weiteres zum Betriebskapital zu rechnen. Daneben würden noch andere Unterlagen gefordert, und es würde hierbei insbesondere auf die wirkliche Absicht der Kontrahenten ein entscheidendes Gewicht ge⸗ legt werden müssen. Fer. Depositen im kaufmännischen Sinne werden niemals zum Betriebskapital zu rechnen sein. Was von den sogenannten Depositen gilt, findet ebenso Anwendung auf sogenannte Spareinlagen. .“ (VI. G. 6/93.)

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung. Aus Leipzig schreibt man dem „Vorwärts“: Der Ausstand

in der Metallwaarenfabrik von Grieß u. Ko. (vergl. Nr. 32

d. Bl.) in Leipzig ist nach Lage der Dinge für die Arbeiter als ver⸗ loren zu betrachten. Von den 15 Ausständigen sind acht theils ab⸗ gereist, theils haben sie anderweitig Arbeit gefunden; sieben Mann, darunter drei Verheirathete, sind noch ferner zu unterstützen.

Dem sozialdemokratischen Arbeiter⸗Sängerbund, der vor einigen Jahren gegründet wurde, gehören, wie die Berliner „Volksztg.“ mittheilt, gegenwärtig 215 Gesangvereine, 207 Männer⸗ chöre und 8 gemischte Chöre, an. Davon kommen 140 Vereine auf die Stadt Berlin und 75 auf ihre Vororte. Der Bund zählt 5863 aktive und 864 passive Mitglieder.

Aus Pest wird dem „H. T. B.“ gemeldet: Die Ausstandskasse sowie die Akten der Tischlergehilfen,z welche letzteren sich seit einiger Zeit in einem Theilausstand befinden, sind von der Polizei nesesirg abmt worden.

Aus Lille wird der „Köln. Ztg.“ geschrieben: Wegen der haupt⸗ sächlich durch den Mitbewerb der amerikanischen Glashütten ver⸗

ursachten Krisis im belgischen sollen die Löhne der

Glasbläser herabgesetzt werden. Daraufhin fand am 24. d. M.

unter diesen Arbeitern eine Abstimmung statt, die das Ergebniß hatte,

daß am 1. April d. J. ein allgemeiner Ausstand beginnen soll. Frei⸗

lich haben von 13 000 betheiligten Arbeitern nicht volle 2000 an der

1“ theilgenommen; von diesen waren aber nur 37 gegen den usstand.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Cholera.

Oesterreich⸗Ungarn. In Galizien wurden dem Oest. San.⸗W.“ zufolge vom 11. bis 17. Februar in 2 Gemeinden des befitischen Bezirks Buczacz 2 Erkrankungen und 1 Todesfall fest⸗ gestellt.

Türkei. In Konstantinopel wurden vom 6. bis zum 10. Februar 45 Erkrankungen (27 Todesfälle), in Adalia vom 27. Januar bis zum 4. Februar 19 (11) angezeigt.

Ostindien. Kalkutta. Vom 13. bis 19. Januar sind 68 Personen an Cholera gestorben.

Argentinien. In der Stadt Buenos Aires sind, wie in den „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ mitgetheilt wird, in der Zeit vom 23. Dezember 1894 bis 23. Januar 1895 etwa

Personen unter den Anzeichen der asiatischen Cholera erkrankt und etwa 10 davon verstorben. Außerdem wurde auf den im Hafen liegenden Schiffen eine Anzahl von Erkrankungen und Todesfällen an Cholera fe tgestellt. Auch außerhalb der Hauptstadt sind vereinzelte

Fälle der Krankheit zur amtlichen Kenntniß gelangt, doch ist es zu

uftreten der Cholera bisher nicht gekommen. ie dem „W. T. B.“ unter dem 27. d. M. aus Buenos Aires ge⸗

mieldet wird, sind in Rosario 17 Personen an Cholera erkrankt und gestorben, in Santg Fs, 9 bezw. 0..

Dritteln

8 8

Der Gesundheitsstand in Berlin blieb auch während der Woche vom 10. bis 16. Februar ein ziemlich guter und die Sterblichkeit die gleich niedrige wie in der Vorwoche; von je 1000 Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 14,9. Zahlreich kamen jedoch auch in dieser Woche akute Entzündungen der Athmungsorgane zum Vor⸗ schein; doch blieb der Verlauf überwiegend ein milder und die Zahl der durch sie bedingten Sterbefälle eine mäßig hohe. Erkrankungen an Grippe wurden gleichfalls häufiger, doch war auch hier der Verlauf im ganfen ein günstiger und wurden 5 Todesfälle infolge von Grippe mitgetheilt. Akute Darmkrankheiten zeigten sich in wenig gegen die Vor⸗ woche veränderter Zahl als Todesursachen; auch die Theilnahme des Säuglingsalters an der Störblichkeit blieb die gleich niedrige wie in der Vorwoche; von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 36 Säuglinge. Von den Infektionskrankheiten blieben Erkran⸗ kungen an Unterleibstyphus selten; Erkrankungen an Masern und Scharlach wurden in fast gleicher, an Diphtherie in etwas geringerer Zahl als in der Vorwoche zur Anzeige gebracht; und zwar kamen Erkrankungen an Masern aus der Friedrichstadt, an Diphtherie aus der jenseitigen Luisenstadt, dem Span⸗ dauer Viertel, der Rosenthaler Vorstadt und dem Weddin am häufigsten zur Meldung, während Erkrankungen an Scharla sich in keinem Stadttheil in nennenswerther Zahl zeigten. Er⸗ krankungen an Kindbettfieber sind nicht bekannt geworden, auch Er⸗ krankungen an rosenartigen Entzündungen des Zellgewebes der Haut

elangten wenig zur ärztlichen Beobachtung. Erkrankungen an Keuch⸗

S die in 7 Fällen tödtlich verliefen, waren nicht selten. Rheuma⸗ tische Beschwerden der Muskeln kamen in gesteigerter Zahl zur ärzt⸗ lichen Behandlung, während das Vorkommen von akutem Gelenk⸗ rheumatismus keine wesentlichen Veränderungen aufwies. 8

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien.

An der Ruhr sind am 27. d. M. gestellt 10 963, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.

In Oberschlesien sind am 26. d. M. gestellt 4672, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen. 8

Zwangs⸗Versteigerungen. Beim Königlichen Amtsgericht II Berlin gelangten am 27. Februar die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Das im Grundbuch von Groß⸗Lichterfelde Band 36 Blatt Nr. 1074 auf den Namen des Direktors des City⸗Hotels Louis Meyer zu Berlin, Zimmerstraße 34, eingetragene, zu Groß⸗Lichterfelde Mittelstraße 10 b, belegene Grundstück; Fläche 6,54 a; Nutzungswerth 975 ℳ; Mindestgebot 19 210 ℳ; für das Meistgebot von 31 000 wurde der Direktor Eugen Redantz zu Schöneberg, Hauptstraße 152, Ersteher. Das im Grund⸗ buch von Groß⸗Lichterfelde, Band 62 Blatt Nr. 1868 auf den Namen der Frau Restaurateur Friederike Trinack, geb. Lellmann, zu Groß⸗Lichterfelde eingetragenen, zu Groß⸗Lichter⸗ felde, Giesendorferstr. belegene Grundstück; Fläche 10,89 a; Mindest⸗ gebot 183 ℳ, für das Meistgebot von 200 wurde der Kaufmann Benno Werner zu Groß⸗Lichterfelde, Mittelstr. 1a., Ersteher. Das zu Treptow am Kiefholzwege belegene Grundstück der Frau Emilie Heyn, geb. Wagner, gehörig; Fläche 16,80 a, Nutzungswerth 1080 ℳ; Mindestgebot 14 808 ℳ; für das Meist⸗ gebot von 50000 wurde der Klempnermeister Max Wünsche zu Treptow, Elsenstr. 1, Ersteher.

In der heutigen Generalversammlung der Pommerschen Hypotheken⸗Aktien⸗Bank, Berlin, wurde der Abschluß für 1894 genehmigt, der Direktion und dem Kuratorium Entlastung er⸗ theilt und die sofort zahlbare Dividende auf 6 % festgesetzt. Daneben wurden dem Spezialreservefonds 110 924 und dem Beamten⸗ saensens⸗ und Unterstützungsfonds 70 000 überwiesen. Die aus⸗ cheidenden Mitglieder des Kuratoriums wurden wiedergewählt, und es wurde ferner die Erhöhung des Aktienkapitals bis auf 10,2 Millionen Mar sesee die Aenderung der Statuten in der vorgeschlagenen Fassung genehmigt. .

Unter der Firma Rügensche Kleinbahnen Aktien⸗ Gesellschaft ist in Bergen eine Gesellschaft mit einem Grund⸗ kapital von 2 032 000 gegründet worden, welche Kleinbahnen im Kreise Rügen bauen und betreiben will. Zunächst sind die Linien Altefähr Poseritz -Garz Putbus— Binz —Sellin und Bergen— Wittower Fähre —Altenkirchen in Aussicht genommen.

Vom oberschlesischen Steinkohlenmarkt berichtet die Schl. Ztg.“: In der letzten Woche fand, abgesehen von Stückkohlen im allgemeinen ein flotter Absatz statt. Auch der Eisenbahnverkehr hat trotz des bedeutenden Schneefalls verhältnißmäßig geringe Stockungen erlitten, selbst die österreichischen Bahnen waren verkehr⸗ frei, sodaß ein Mangel an Eisenbahnwagen oder eine nicht rechtzeitige Wagenstellung nirgends zu verzeichnen gewesen ist und die Verladungen regelmäßig vor sich gehen konnten. Der kumulative Absat nach Galizien und im oberschlesischen Revier selbst war vor⸗ züglich, erstreckte sich aber nur auf Würfel⸗, Nuß⸗ und Erbskohlen. Diese drei Sorten werden augenblicklich am meisten begehrt, während der Absatz in Stückkohlen . und mehr nachläßt. Würde nicht die Eisenbahn den Bedarf ihrer Betriebskohlen bis etwa zu zwei in Stückkohlen decken, so wäre die Nachtrage nach diesem Sortiment augenblicklich äußerst gering, denn das Quantum an Stückkohlen, welches noch nach Oesterreich verladen wird, fällt kaum ins Gewicht. Bedenkt man nun, daß der durch⸗ S. Stückkohlenfall etwa 30 bis 33 % der gesammten Pro⸗ duktion beträgt, während Würfel nur etwa 12 vis 14 % und Nuß 7 bis 10 %, also beide zusammen noch nicht den Prozentsatz an Stückkohlen erreichen, und daß ferner für Stückkohlen fast gar keine Nachfrage vorliegt, während in Würfel⸗ und Nutzkohlen nicht ge⸗ nügend beschafft werden kann, so liegt die Frage sehr nahe, warum man aus den Stückkohlen nicht Würfel und Nuß gewinnt? Stehen doch noch obendrein die Preise dieser beiden Sorten nur um einige wenige Pfennige auseinander. Eine größere ober⸗ schlesische Grubenverwaltung hat bereits seit Jahren, in richtiger Erkenntniß des Absatzverhältnisses, Vorrichtungen getroffen, um Stück⸗ kohle zu brechen und hieraus Würfel⸗ und Nußkohle zu gewinnen. Daß sich dies gut bewährt, sieht man aus den geringen Beständen, welche auf diesen Gruben zu sehen waren. Diesem Beispiele folgten bereits einige andere Gruben, jedoch mit dem Unterschied, daß sie die Zerkleinerung nicht in Kohlenbrechern, sondern in anderer, weniger rationeller Weise vornehmen. Erbskohle hat etwas nachgelassen, wird aber noch vollständig untergebracht. Für Gries⸗ und Staubkohlen liegen nicht immer genügend Aufträge vor, doch wurde hiervon noch nichts gestürzt. Koks⸗ und Gaskohlen nden nach wie vor reißenden Absatz. Die Kokswerke haben hren regelmäßigen Betrieb bis jetzt aufrecht erhalten und ihre Pro⸗ duktion an Stück⸗, Würfel⸗ und Kleinksks fand noch nach dem In⸗ wie Auslande genügende Abnahme. Theer und Theerprodukte werden bereits zur Lieferung per Frühjahr gehandelt.

—. In der gestrigen ordentlichen Generalversammlung der Schlesischen Boden⸗Credit⸗Actien⸗Bank wurde die vor⸗ gelegte Bilanz genehmigt, die Dividende auf 7 % für das Jahr 1894 festgesetzt und der Verwaltung Entlastung ertheilt. Die Auszahlung der Dividende erfolgt vom 1. März d. J. ab. .

Die Eröffnung der Papier⸗ und Schreibwaaren⸗ Meßausstellung des Mitteldeutschen Papiervereins findet am 5. März im Kaufmännischen Vereinshause zu Leipzig statt. Der Eintritt ist während der ganzen Ausstellungsdauer, vom 5. bis 7. März, 8 seden der ein geschäftliches Interesse am Besuch haben kann, ostenfrei.

Die Norddeutsche Versicherungsgesellschaft in Hamburg beabsichtigt, der „Hamb. B. H.“ zufolge, zur Ausdehnung ihres Betriebes das Aktienkapital auf 4 ½ Millionen Mark zu erhöhen.

Magdeburg, 27. Februar. (W, T. B.) Zuckerbericht. Kornzucker exkl., von 92 % —, neue 9,70 9,80. Kornzucker exkl.,

ndement! 9,1 ,25, neue 9,15 9,25.

75 % Rendem. 6,20 6,75. Schwach. Brotraffinade 1 —. Brot⸗ raffinade I —. Gem. Raffinade mit Faß 21,00 21,75. Gem. Melis I mit Faß —. Ruhig, Rohzucker I. Produkt Transito f. 8 2.2. 2—2 -. t ee, 79n 8 E-2 Br., . 8,95 Gd., 1 r., pr. ril 8, d., 9, r., pr. ai 9,07 ½ Gd., 9,10 Br. Still. 8 98

Essen, 27. Februar. Kohlenbörse. Das Streckengeschäft war sehr lebhaft, dagegen das Hauptgeschäft sehr ruhig, weil die Ab⸗ fuhr per Schiff unmöglich ist. Die nächste Börse findet am Diens⸗

tag, den 26. März, statt.

Leipzig, 27. Februar. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. pr. Februar —,— ℳ, pr. März 3,00 ℳ, pr. April 3,00 ℳ, pr. Mal 3,02 ½ ℳ, pr. Juni 3,05 ℳ, pr. Juli 3,05 ℳ, pr. August 3,07 ½ ℳ, pr. September 3,10 ℳ, pr. Oktober 3,12 ½ ℳ, pr. November 3,12 ½ ℳ, pr. Dezember 3,12 ½ ℳ, pr. Januar 3,15. Umsatz 125 000 kg.

Mannheim, 27. Februar. (W. T. B.) roduktenmarkt. Weizen pr. März 14,00, pr. Mai 13,80, pr. Juli 13,85. Roggen pr. pr. Mai 11,45, pr. Juli 11,55. Hafer pr. März 12,10, pr. Mai 12,20, pr. Juli 12,35. Mais pr. März 11,35, pr. Mai

11,35, pr. Juli 11,30.

Bremen, 27. Februar. (W. T. B.) (Börsen⸗Schlußbericht.) Raffiniertes Petroleum. (Offizielle Notierung der Bremer Petroleum⸗Börse.) Höher. Loko 5,70 Br. Baumwolle. Ruhig. Upland middl. loko 28 . Schmalz. Ruhig. Wilcox 35 ½ ₰, Armour shield 35 ₰, Cudahy 35 ¾ ₰, Fairbanks 29 ₰. Speck. Ruhig. Short clear middling loko 30 ¾, Januar⸗Februar⸗ Abladung 30 ¾. Wolle. Umsatz 57 Ballen. Taback. Umsatz 1100 Seronen Havannah.

Bremen, 27. Februar. (W. T. B.) In der heutigen Bürger⸗ schaftssitzung wurde der Senatsantrag über die Konversion der 3 ½ % Anleihen von 1873 und 1885 sowie über die Aufnahme einer 8692 6 10 Anleihe nach längerer Debatte mit 52 gegen 48 Stimmen abgelehnt.

„Hamburg, 27. Februar. (W. T. B.) Kaffee (Nachmittags⸗ bericht.) Good average Santos pr. März 78, pr. Mai 77 ½, pr. Sep⸗ tember 76 ½, pr. Dezember 73 ⁄¼. Ruhig. Zuckermarkt. (Schlußbericht.) Rüben⸗Rohzucker I. Produkt Basis 88 % Rende⸗ ment neue Usance, frei an Bord Hamburg pr. we. 9,07 ½, pr. März 8,97 ½, pr. Mai 9,10, pr. August 9,37 ½. Behauptet.

Wien, 27. Februar. (W. T. B.) Die Brutto⸗Einnahmen der Orientbahnen betrugen in der 4. Woche (vom 22. Januar bis 28. Januar 1895) 155 044,73 Fr., Abnahme gegen das Vorjabr 44 965,69 Fr. Seit Beginn des Betriebsjahres (vom 1. Januar bis 28. Januar 1895) betrugen die Brutto⸗Einnahmen 596 099,69 Fr., Abnahme gegen das Vorjahr 106 320,75 Fr.

Wien, 28. Februar. (W. T. B.) Das „Fremdenbl.“ erfährt, es sei als sicher anzunehmen, daß Oesterreich einer etwaigen Ein⸗ ladung zur Theilnahme an einer Währungskonferenz zustimmen und sich durch Delegirte dort vertreten lassen werde.

est, 27. Februar. (W. T. B.) EE“ Weizen fester, pr. Frühjahr 6,49 Gd., 6,50 Br., pr. Herbst 6,91 Gd., 6,92 Br. Roggen pr. Frühjahr 5,41 Gd., 5,42 Br. Hafer pr. Früh⸗ jahr 6,03 Gd., 6,05 Br. Mais pr. Mai⸗Juni 6,20 Gd., 6,21 Br. Kohlraps pr. August⸗September 10,55 Gd., 10,60 Br.

London, 27. Februar. (W. T. B.) An der Küste 1 Weizen⸗ ladung angeboten.

96 % Favazu cker loko 11 ruhig, Rüben⸗Rohzucker loko 9 ruhig. Chile⸗Kupfer 39, pr. 3 Monat 39ꝛ ¾.

Sheffield, 27. Februar. (W. T. B.) Dem „Telegraph“ zu⸗ folge wurden Feten. Zirkulare, enthaltend den Entwurf einer pro⸗ jektierten Midland⸗Eisenhandelvereinigung an 200 Eisen⸗ firmen in Südyorkshire, Lancashire, Derbyshire, Straffordshire, Worcestershire und Shropshire versandt. Das geplante Syndikat sei das bisher größte Unternehmen des britischen Eisenhandels; es sei beabsichtigt, die Preise aller Arten von fabriziertem Eisen zu re⸗ gulieren. Vergehen gegen die Vereinbarung sollten mit großen Geldstrafen belegt werden. Die Leitung solle einem Ausschuß von 20 Mitgliedern übertragen werden. Die Arbeiter haben dem Projekt

zugestimmt. Amsterdam, 27. Februar. (W. T. B.) Java⸗Kaffee good ordinary 54. Bancazinn 36.

„New⸗York, 27. Februar. (W. T. B.) Die Börse eröffnete ruhig, das Geschäft war durchweg unregelmäßig; der Schluß ruhig. Der Umsatz der Aktien betrug 137 000 Stuch.

„Weizen anfangs fest, dann steigend infolge großer Käufe, Be⸗ richte von Ernteschäden in Frankreich, sowie auf Deckungen der Baissiers und höhere Kabelberichte, darauf abgeschwächt und fallend auf Realisierungen in New⸗York und Chicago. Schluß schwach. Mais einige Zeit steigend nach Eröffnung, spater Reaktion auf Ver⸗ käufe für Rechnung des Westens. Schluß träge.

Waarenbericht. Baumwolle, New⸗York 5 9/16, do. New⸗Orleans

5 ¼16. Petroleum träge, do. New⸗York 6,30, do. Philadelphia 6,25, do. rohes 7,00, do. Pipe line cert. p. Februar 104 nom., Schmalz West. steam 6,65, do. Rohe & Brothers 6,95, Mais schwach, do. p. Februar 48 ½, do. p. März —, do. p. Mai 49 ¼, Weizen schwach, rother Winterweizen 59 ⅜, do. Weizen p. Februar 58 ¾, do. p. März 58 ½, do. p. April —, do. p. Mai 59, Getreidefracht nach Liverpool 2 ¼, Kaffee fair Rio Nr. 7 16 H, do. Rio Nr. 7 p. März 15,00, do. do. p. Mai 14,70, Mehl, Spring clears 2,40, Zucker 21 16, Kupfer 9,60.

„Chicago, 27. (W. T. B.) Weizen fallend einige Zeit nach Eröffnung auf bedeutende Ankünfte, dann lebhafte Reaktion infolge Deckungen der Baissiers und auf Gerüchte von Ernteschäden in Frankreich, später wieder fallend auf günstiges Wetter im Westen. Mais einige Zeit steigend nach Eröffnung, später 55 entsprechend der Mattigkeit in den Weizenmärkten. Schluß rãge.

Weizen pr. Februar 51 ¾, pr. Mai 54. Mais pr. Februar 43 ½. Speck short clear nomin. Pork pr. Februar 9,95.

Verkehrs⸗Anstalten.

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Der Abgang des direkten Post dampfers n g nach Deutsch⸗Südwestafrika, welcher nach der Bekanntmachung der Reichs⸗Postverwaltung am 3. März stattfinden sollte, ist auf den 2. März vergerdct worden. Briefe und Packete, welche mit diesem Dampfer Beförderung erhalten sollen, müssen in Hamburg spätestens am Morgen des 2. März eintreffen.

„Ueber Verkehrsstörungen, die durch die Witterungsverhält⸗ nisse verursacht wurden, bezw. deren Beseitigung liegen folgende

eldungen des „W. T. B.“ vor:

„Nach amtlicher Bekanntmachung ist die Strecke Stargard Lippehne der Bahnlinie Stargard-—Küstriner Vorstadt infolge von Schneeverwehungen seit gestern Nachmittag gesperrt; man hoffte, daß die Strecke heute Nachmittag wieder frei werden würde. Die Strecken Ve lgast Barth und Altefähr Krampas sind wegen Schneeverwehungen bis auf weiteres gesperrt.

Die Strecke 1848218 Warnem ünde ist wieder fahrbar. Wien, 28. Februar. ie Verkehrsstörungen auf der Süd⸗ bahn sind wieder gehoben.

Bremen, 28. Februar. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Reichs⸗Postdampfer „Sachsen“ ist am 26. Februar Abende in Neapel angekommen. Der Postdampfer „H. H. Meier“ hat am 24. Februar Abends Las Se passiert. Der Postdampfer „Weser ist am 25. Februar Nachts in Oporto angekommen. Der Schnelldampfer „Havel“ hat am 27. Februar Morgens Dover passiert. Der chnelldampfer „Lahn“ ist am 26. Februar Vor⸗ mittags von New⸗York nach der Weser abgegangen. Der Post⸗ dampfer „Köln“ hat am 27. Februar Nachmittags die Reise von Antwerpen nach Bremen fortgesetzt. Der Postdampfer „Endea⸗ vour ist am 27. Februar Vormittags in Antwerpen ange⸗

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