1895 / 56 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 05 Mar 1895 18:00:01 GMT) scan diff

trotz der außergewöhnlichen Anforderungen 1 und 82 das Kreishaus in Dessau auf nicht höher als 706 000 bemessen. Diese Summe bedeutet jedoch gegen das Vor⸗ zahr, in welchem der Bauaufwand wegen der anderweiten erhöhten Anfgeberungen des Etats auf das äußerste Maß des Rethnraen beschränkt war, eine Steigerung von 258 000 ℳ, welche hauptsächlich den im Vörjahre besonders knapp bemessenen Etats der Schulverwaltung, der Verwaltung des Innern und der Wasserbauverwaltung zu gute kommt. Die diesjäbrige Steigerung des Staatszuschusses zum Unterrichts⸗ Etat beziffert sich auf die Summe von 59 000 Bei der leider fortdauernd ungünstigen Lage der Landwirthschaft und namentlich der für das Herzogthum so bedeutsamen Rübenzuckerindustrie ist eine nicht unwesentliche Verminderung des Steuereinheitsbetrags für die nächsten Jahre bedauerlicherweise mit Sicherheit zu er⸗ warten. Die Staatsregierung hat daher geglaubt, die Einkommen⸗ steuereinheit auf nicht höher als 50 000 veranschlagen zu sollen, also um 6000 niedriger als im Vorjahre Wenn gleichwohl zur Herstellung des Gleichgewichts zwischen Ausgaben und Einnahmen nur 14 Steuereinheiten erfordert werden, so ist dies dem Umstande zu verdanken, daß der Ueberschuß des Salzbergwerks Leopoldshall um 359 000 höher hat angenommen werden können. An sonstigen Vorlagen werden Ihnen, neben einem Gesetzentwurfe über Abänderung einiger Bestimmungen der Brandkassenordnung, welche sich aus Veranlassung des Abschlusses eines neuen Rückversicherungs⸗Vertrages zwischen der Landesbrandkassen⸗ verwaltung und der agdeburger Feuerversicherungs⸗Gesellschaft nöthig machen, sowie einigen anderen nothwendigen Abänderungs⸗ vorschlägen zu bestehenden Gesetzen, eine Reihe kleinerer Anträge zu⸗ gehen, welche sich meist auf An⸗ oder Verkauf von Grundstücken und auf außerordentliche Kostenbewilligungen zu verschiedenen öffentlichen Zwecken beziehen. Der Präsident Lezius brachte darauf ein Hoch auf Seine

ammlung dreimal begeistert einstimmte.

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Hoheit den shaen und das Herzogliche Haus aus, in

Oesterreich⸗Ungarn.

Im österreichischen Abgeordnetenhause erklärte

estern der Minister des Innern Marquis Bacquehem in Fewas ußg auf eine Interpellation der Abgg. Hauck und Genossen, es liege kein Anlaß vor, die Postdebitentziehung der Zeitschrift „Deutsche Nationale Worte“ in Hamburg auf⸗ zuheben. Bei der sodann fortgesetzten Berathung über die Novelle zum Strafgesetz begründete der Abg. Schorn einen Antrag, wonach nur Schmähungen gegen gesetz⸗ lich anerkannte Kirchen oder Religionsgenossenschaften strafbar sein sollen, mit dem Hinweis auf den wichtigen Unter⸗ schied zwischen gesetzlich anerkannten und bloß tolerierten Ge⸗ nossenschaften, und begründete dann einen Antrag auf Resti⸗ tution der Regierungsvorlage, betreffend die geheimen Ver⸗ bindungen und Bestrebungen auf Umsturz der Institutionen der Ehe, der Familie und des Eigenthums. Wenn der Aus⸗ schuß die Bestimmungen über geheime Verbindungen beseitige, so werde der Freimaurerei Thür und Thor geöffnet; diese sei das Prototyp einer staatsgefährlichen ge⸗ heimen Verbindung. Der Justiz⸗Minister Graf Schönborn erklärte, seit Jahren habe er über die Freimaurerei in Wort und Schrift sich geäußert, seine Meinung hierüber aber nicht eändert. Gegenüber dem Antrag Schorn bezüglich des Scehutzes anerkannter Konfessionen bemerkte der Mäͤister, daß der Schutz des Staats allen zustehe, und daß auch die nicht

anerkannten Religionen einen gewissen Schutz in der Praxis genössen. Bei der Abstimmung wurde das sechste Hauptstück unter Ablehnung aller Abänderungsanträge angenommen.

Das „Prager Abendblatt“ meldet eine Reihe von frei⸗ willigen Auflͤsungen von Ortsgruppen des böhmi⸗ schen Schulvereins in dem Weichbilde von Prag, und zwar diejenigen der akademischen Ortsgruppen und der DOrtsgruppen von sechs verschiedenen Prager Pfarrsprengeln.

In Tarnopol begann gestern vor dem dortigen Schwur⸗ gericht die Strafverhandlung gegen 26 junge Leute, zumeist Hörer der Lehrerbildungsanstalt in Tarnopol, wegen Ver⸗ brechens des Hochverraths, der öffentlichen Ruhe⸗ störung, der Majestätsbeleidigung und Geheimbün⸗ delei. Der Anklageschrift zufolge waren die Hörer der Lehrer⸗ bildungsanstalt Bieniecki, Krzyworaczka, Chabin, Zubczenski, sowie die Gymnasialschüler Szelay und Pfützner Mitglieder einer geheimen Verbindung „Organisation“ zur Wieder⸗ erlangung der staatlichen Unabhängigkeit Polens. Das Ergreifen der Waffen sollte bei diesen irredentistischen Revolutionsbestrebungen, für welche besonders das Landvolk, die Arbeiterklassen und die Jugend zu gewinnen seien, nicht aus⸗ geschlossen sein. Der Geheimbund umfaßte die Stadt Lemberg, wo 1892, 1893 und 1894 Delegirtentage stattfanden, und hatte Kreis⸗ filialen in Przemysl und Tarnopol. Gegen den Tarnopoler Katecheten Librewski, der den Geheimbund aufdeckte, wurde ein Attentat geplant. Zwei aus demselben ausgetretene Stu⸗ denten wurden überfallen und mißhandelt. Die Majestäts⸗ beleidigungen geschahen wiederholt in den Versammlungen des Bundes.

In Triest begann gestern die Gerichtsverhandlung gegen 14 Personen wegen Theilnahme an den Unruhen, die am 21. Oktober v. J. anläßlich der Anbringung zweisprachiger Straßentafeln in Pirano stattfanden. Das ungarische Unterhaus setzte gestern die Be⸗ rathung über das Finanzgesetz fort Dabei führte der frühere Kultus⸗Minister Gra Czaky über die Volkspartei und die Frage der Fusion aus, daß die Volkspartei darauf ausgehe, den weniger intelligenten Theil der Be⸗ bölkerung über die Tragweite und Bedeutung der Kirchen⸗ gesetze irre zu führen. Es sei zu hoffen, daß die Durchführung der Gesetze das Volk darüber belehren werde, daß kein An⸗ griff gegen die Religion geplant sei. Bezüglich der Fusion vemerkte der Redner, er halte die Vereinigung der auf der Grundlage von 1867 stehenden Parteien für sehr wünschens⸗ werth. Allein diese Vereinigung dürfe nicht mit der Ver⸗ leugnung der politischen Ueberzeugung, wessen auch immer, verbunden sein. Er halte die Fusion auch jetzt noch für mög⸗ lich. Der Minister⸗Präsident habe seiner Ansicht nach nur seine Pflicht erfüllt, als er den ersten Schritt gethan, um eine Vereinigung zu versuchen. Redner empfahl im Interesse des Landes die Verwirklichung der den Parteien gemeinsamen großen Prinzipien anstatt einer Zuspitzung der sie trennenden ragen.

Großbritannien und Irland.

Majestäten die Königin Bictoria und die Kaiserin Friedrich kamen gestern Nachmittag, wie „W. T. B.“ meldet, von Windsor nach London, um dem heute im Buckingham⸗Palast stattfindenden Empfang beizu⸗ wohnen. Morgen gedenken Ihre Majestäten nach Windsor zurückzukehren.

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für das Schloß in Bern⸗

Berathung des Kolonial

Nach dem gestern ausgegebenen Bulletin nehmen die Kräfte des Premier⸗Ministers Lord Rosebery stetig zu.

Die Nacht zu Montag war nicht ganz so unruhig als die

früheren. 3 In der gestrigen Sitzung des Unterhauses erklärte der

Präsident des Handelsamts Bryce, das Patent für die Be⸗ reitung von Medikamenten und insbesondere von Diphtherie⸗ Antitoxin in konzentrierter Form sei im Patentamt nach⸗ esucht worden. Der General⸗Kontroleur des Patentamts sat ihm mitgetheilt, das be werde in der üblichen

eise bewilligt werden. Ob das Patent, wenn es be⸗ willigt sein werde, gültig sei, sei eine Frage, über die er kein Urtheil abgeben könne. Ob ein solches Patent die Produk⸗ tion von Heilserum in konzentrierter Form für den Gebrauch in Krankenhäusern beschränken werde, sei ein Punkt, über den er zur Zeit keine Meinung äußern wolle. Eine Be⸗ stimmung der Patentakte von 1883 ermächtige das Handels⸗ amt, den Patentinhaber anzuweisen, unter annehmbaren Be⸗ dingungen Lizenzen zu ertheilen. Der Parlaments⸗Sekretär des Kolonäalamts Buxton erklärte in Betreff des Be⸗ schlusses des kanadischen Parlaments, durch welchen der französisch⸗ kanadische Vertrag bestätigt wird, die Raliflrationen seien infolge eines Formfehlers noch nicht ausgetauscht worden. Der Beschluß werde sofort nach dem Zusammentreten des kanadischen Parlaments ergänzt werden, und es werde dann der Austausch der Rati⸗ fikations⸗Urkunden stattsinden. Der Chef⸗Sekretär für Irland John Morley brachte eine Bill ein, durch welche die iri⸗ schen Landakten abgeändert werden soll. Von den von 1816 bis 1842 genehmigten Akten seien nicht weniger als 32 zu Gunsten der Eigenthümer, die Gesetzgebung habe aber nie⸗ mals für die Pächter gesorgt. Der erste Schritt hierzu habe 1870 stattgefunden; die Akte von 1870 habe in der irischen Pächtersache eine große Revolution hervorgerufen, die ihr Ende noch nicht erreicht habe. Die Akte von 1881 habe den Pächtern das Recht gegeben, das Pachtrecht irgend jemand zu überweisen oder zu verkaufen, eine entsprechende Rente festgesetzt zu verlangen, und den Pachttermin für eine fest⸗ gesetzte Periode zu erneuern. Er habe geglaubt, der Land⸗ ankauf werde die letzte Lösung der irischen Landfrage sein; derselbe hänge aber von zwei Punkten ab: erstens würden Zwangsankäufe mehr als eine Generation zur Durchführung nöthig haben; und zweitens müsse in der Zwischenzeit ein modus vivendi Platz greifen. Seit 1881 habe die irische Landkommission die sich auf eine und eine viertel Million Pfund belaufenden Renten auf etwas über eine Million reduziert. Im nächsten September oder Oktober solle den Pächtern das Recht eingeräumt werden, an Stelle der jetzigen vor 13 Jahren festgesetzten Renten neuer Festsetzungen von Renten zu verlangen. Deshalb müsse die kte von 1881 abgeändert werden. Dem Re⸗ 1“ liege eine durchgreifende Sozialpolitik u Grunde. Wenn es im allgemeinen richtig sei, einen Pächter als rechtmäßigen Besitzer derjenigen Verbesserungen, die er vorgenommen, zu schützen, so sei dies um so weiser und richtiger in Irland, wo es geradezu unerläßlich sei. Die Vor⸗ lage schlage vor, daß alle

Verbesserungen auf einem Pachtgut als vom Pächter herrührend anerkannt werden sollten, S. nicht das Gegentheil bewiesen werde. Wenn aber vor dem entscheidenden Gerichtshof nachgewiesen werde, daß eine Ver⸗ besserung vor 1850 gemacht worden sei, dann solle dieser den Beweis auferlegen, wer die Verbesserung gemacht habe. Zum Schlusse seiner Rede erklärte Morley, innerhalb der nächsten zwei Jahre sollten die vorhandenen Rentenrückstände noch gedeckt werden, nach Ablauf dieser zwei Jahre aber solle die Forderung auf Nachzahlung solcher Renten, die über zwei Jahre rückständig seien, keine Rechts⸗ panfe mehr finden. Mit Bezug auf ausgewiesene Pächter chlage die Vorlage vor, den bezüglichen Abschnitt der Akte von 1881 mit einigen Abänderungen, namentlich derjenigen zu übernehmen, daß die Grundeigenthümer nicht gehalten sein sollten, einen ausgewiesenen Pächter wieder in Pacht einzu⸗ setzen. Morley schloß: er habe sich ernstlich bemüht, den that⸗ sächlichen Schwierigkeiten einer der dornigsten Fragen zu be⸗ gegnen. Er wende sich an alle nüchternen und ihrer Verant⸗ wortlichkeit bewußten Mitglieder der beiden irischen Parteien; dieselben möchten nicht leichthin oder leidenschaftlich in dieser Zeit, wo Irland Ruhe genieße, die Gelegenheit zur Durch⸗ führung eines großen und politischen Entwurfs vorübergehen lassen. Carson erklärte, die Opposition sei bereit, die Bill in wohlwollende Erwägung zu ziehen. Redner kritisierte die Maßnahmen bezüglich der von den Pächtern vorge⸗ nommenen Verbesserungen, die den Eigenthümern nichts als den bloßen Wiesenwerth lassen wollten; Vorschläge, die irgend einen weiteren Theil des Eigenthums der Besitzer an die Pächter überweisen wollten, würden soviel wie möglich be⸗ kämpft werden. Clancy unterzog die meisten Vor⸗ schläüge der Bill einer günstigen Kritik, verurtheilte aber auf das eifrigste die Anträge bezüglich der aus⸗ gewiesenen Pächter. Schließlich wurde die erste Lesung der Bill, betreffend die Abänderung der irischen Land⸗ akte, angenommen, ebenso die erste Lesung der von dem Parlaments⸗Sekretär des Kolonialamts Buxton eingebrachten Bill auf Abänderung des Gesetzes über die austra⸗ lischen Zölle. Zum Schluß der Sitzung bat der Präsident des Handelsamts Bryce um die Erlaubniß, eine Bill vor⸗ legen zu dürfen, die geeignetere Maßnahmen für die Erledi⸗ gung von Handelsstreitigkeiten vorschlage. Die Bill gebe den lokalen Behörden die Ermächtigung, in Verbindung mit dem Handelsamt Schiedsgerichte einzusetzen. Die Debatte hierüber wurde vertagt.

Das Ergebniß der Wahlen zum Londoner Graf⸗ schaftsrath ist, daß 59 Gemäßigte und 59 Pro⸗ gewählt worden sind. Erstere gewannen 23 Sitze.

ie endgültige Zusammensetzung des Grafschaftsraths hängt von der Wahl 9 neuer Aldermen ab; wahrscheinlich wird sich eine Mehrheit von 7 Progressisten ergeben.

Frankreich. 88 8

Die französische Regierung hat, wie „W. T. B.“ meldet, die Einladung zur Betheiligung an der Eröffnungs⸗ feier des Nord⸗Ostsee⸗Kanals angenommen und wird zwei Panzerschiffe und einen Aviso, entsenden. Das Geschwader wird von dem Kontre⸗Admiral Alquier befehligt werden. Im Senat brachte Trarieux gestern eine Gesetzesvorlage ein, wodurch gewissen Kategorien von Staats⸗ angestellten, sowie den Eisenbahnbeamten das Recht, die Arbeit einzustellen, untersagt wird.

Die Deputirtenkammer setzte Zestern Vormittag die Btats bei schwach besetztem Hause

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fort. Der Budgetausschuß erklärte daher, künftig auf die Morgensitzungen verzichten zu wollen. Der Deputirte Le Hérissé sprach sich abfällig über die Thätigkeit des Gou⸗ verneurs vom Sudan Grodet aus und schob ihm die Schuld an der Niederlage der Kolonne Bonnier bei Timbuktu zu.

Der Kolonial⸗Minister Chautemps erwiderte, er sei mit

der Neugestaltung der Verwaltung des Sudan beschäftigt; an die Stelle der militärischen Aktion solle ein friedliches Vor⸗ gehen treten. In der Nachmittagssitzung wurde die Berathung eetäh Der Deputirte Goblet sprach sich tadelnd über die Mißhandlungen aus, die gegen die zur Zwangsarbeit Ver⸗ urtheilten verübt würden, und behauptete, man habe gewisse An⸗ archisten Fluchtversuche machen lassen, um sie ohneÜrtheil erschießen zu können. Der Kolonial⸗Minister Chautemps erwiderte, die an⸗ geführten Grausamkeiten seien nicht wahr, andere würden in Abrede gestellt. Die Regierung habe über die Flucht von Anarchisten eine Untersuchung eingeleitet. Das Kolonial⸗ budget wurde hierauf angenommen und sodann die Berathung des Armeebudgets begonnen. Bei der Debatte über das Budget des Kriegs⸗Ministeriums tadelte der Deputirte Delafosse (Rechte) das jetzige Militärgesetz und führte aus, es sei ein Irrthum, die Zahl der deutschen Kontingente erreichen zu wollen; man müsse vielmehr das Augenmerk auf die Solidität und Stärke der Organisation richten. Der Deputirte Périer bedauerte die Verwendung italienischer Arbeiter und selbst italienischer Offiziere bei dem Bau von Fern⸗ und machte Einwendungen gegen die ungenügende Befestigung der süd⸗ östlichen Grenze. Die Fortsetzung der Berathung findet

heute statt. Rußland.

Das Befinden des Kaisers war gestern, wie dem „W. T. B.“ aus St. Petersburg berichtet wird, ein vollkommen zufriedenstellendes.

Italien. 8 Infolge des gegen Giolitti in der Angelegenheit des

Prozesses wegen Entwendung von Schriftstücken der Banca Romana erlassenen Vorladungsbefehls erschien

derselbe gestern Vormittag vor dem Untersuchungsrichter des Wie verlautet, hätte Giolitti auch diesemtt 8 unter Berufung auf die gesetzlichen Bestimmungen erklärt, daß die ordentlichen Gerichte nicht zuständig

Appellgerichtshofes.

seien, über ihn Recht zu sprechen.

Spanien.

Der Beschluß der spanischen Senn9. acht Bataillone nach Cuba zu senden, ist dem „W. T. B.“ zufolge nicht aus dem Grunde erfolgt, weil eine gefahrdrohende Revolutio eine solche Macht erfordere, sondern um die Unruhen im Keim

zu ersticken. Schweiz. Im Bundesrath hat sich, wie „W. T. B.“ berichtet, der Vorsteher des Bahndepartements Zemp dahin aus⸗ gesprochen, er sei der Ansicht, daß der Bund gegenwärtig die verfassungsmäßige Zuständigkeit für die Verstaat lichung der Bahnen nicht habe. Das Volk sei daher zu befragen, ob es die Verstaatlichung wolle oder nicht. Vorher aber müsse das Volk über die Kosten des konzessions⸗ gemäßen Rückkaufs, sowie über die Organisation, die Ver⸗ waltung und den Betrieb aufgeklärt werden. Der mehrmals in Aussicht gestellte Bericht über die finanzielle Tragweite des Erwerbs der Bahnen durch Rückkauf liegt in einem gedruckten ersten Entwurf vor; doch sollen, bevor er dem Bundesrah vorgelegt wird, noch einige Erhebungen angestellt werden.

Belgien.

Die von der „Opinion“ gebrachte Nachricht, daß die Re⸗ gierung beabsichtige, ie Congovorlage zurückzuziehen, wird nach einer Meldung des „W. T. B.“ als unbegründet erklärt; ebenso wird die Nachricht von Meinungsver⸗ schiedenheiten im Kabinet als jeder Begründung entbehrend bezeichnet.

Türkei.

Die Leiche des früheren Khedive Ismail Pascha wird mit Genehmigung des Sultans heute auf einem egyptischen Schiff, das von einem türkischen Schiff begleitet werden wird, nach Kairo überführt werden.

Rumänien.

Der Direktor der Universität Bukarest Majoresco (kons.) ist als Vertreter der Universität an Stelle des verstorbenen Oresco (lib.) zum Mitglied des Senats gewählt worden.

Serbien.

Der „Polit. Korresp.“ wird aus Belgrad gemeldet, der Ministerrath habe beschlossen, dem König nach dessen Rückkehr die Festsetzung der Skupschtinawahlen für die erste Woche des April vorzuschlagen. Die Skupschtina werde in Nisch tagen.

Dasselbe Blatt meldet, die vor einigen Monaten mit Ge⸗ nehmigung der türkischen Regierung und des ökumenischen

Patriarchen in Ochrida eröffnete serbische Schule sei ge⸗

schlossen worden, worüber in der serbischen Bevölkerung große Aufregung herrsche.

Die türkische Regierung hat dem in Belgrad erscheinenden Blatte „Makedonia“ den Eintritt in die Türkei untersagt.

Amerika.

Der 53. Kongreß ist gestern vertagt worden. Die Schiffsbill, welche zum Bau von 2 Panzerschiffen, 6 Ka⸗ nonenbooten geringeren Tiefgangs und 3 Torpedobooten er⸗ mächtigt, wurde angenommen.

Der Marine⸗Sekretär Herbert hat die Kreuzer „San Francisco“ und „Marblehead“ beordert, die Ver⸗ einigten Staaten bei der Eröffnung des Nord⸗Ostsee⸗ Kanals zu vertreten.

Aus Panama wird gemeldet: Die kolumbischen Re⸗ gierungstruppen seien in Cucuta von den Rebellen bes chlagen worden. Die Rebellen hätten sich der Stadt 8e;; Achthundert Mann seien auf beiden Seiten getödtet worden.

Das Pulvermagazin sei in die Luft geflogen, viele Häuser seien vernichtet worden. v1“

11114“ Nach einer Meldung der „Times“ aus Haitschen he 3 sich die 3. japanische Division von Haitscheng am 2. d. M. mit der 5. Division von Fenghuangtscheng 20 Meilen süͤdlich von Liaoyang vereinigt.

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die Vorgänge

der Grube bei

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Parlamentarische Nachrichten. 8

Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten be⸗ finden sich in der Ersten Beilage.

In der peutihen (52.) Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretär Dr. Graf von Posadowsky und der Kriegs⸗Minister Bronsart von Schellendorff beiwohnten, wurde die Berathung des Militär⸗Etats fortgesetzt.

Zunächst stellte der Kriegs⸗Minister den von dem Abg. Bebel gestern vorgebrachten Fall, betreffend das Duell des Lieutenants Ratzel mit seinem Schwager und auf der Pferdebahn in amburg, richtig und wies den nach dem Bericht des „Vorwärts“ im Verlauf der Rede des Abg. Bebel anläßlich der Erwähnung der letzteren Vorgänge gefallenen Zwischenruf: „Feigheit!“ entschieden zurück.

Abg. Beckh (fr. Volksp.) regte die Reform des Militärstraf⸗ prozesses nach Muster des bayerischen Verfahrens an.

Abg. Bebel (Soz.) rechtfertigte die von ihm gegebene Darstellung der oben erwähnten Fälle. In der Kritik der Vorgänge sei er nicht über das Maß des Erlaubten hinausgegangen.

Präsident von Levpetzow bemerkte, er habe gestern nicht präsidiert. Seine Ansicht zur Sache sei, daß jeder Abgeordnete be⸗ rechtigt sei, Thatsachen vorzubringen, aber nicht, einen Abwesenden zu beschimpfen. Der Ausdruck „Feigheit“ sei aber eine Beschimpfung, und wenn er den Vorsitz geführt und den Zwischenruf gehört hätte, würde er ihn gerügt haben. 8

(Schluß des Blattes.) 8

In der heutigen (35.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch beiwohnte, stand der Etat der Berg⸗, Hütten⸗ und Salinenverwaltung zur Berathung.

Berichterstatter der Budgetkommission ng. Vopelius (fr. kons.): Der uns vorliegende Etat zeigt eine kleine Besserung gegenüber dem laufenden Etat; dieser hatte allerdings einen Ueberschuß von 15 108 740 vorgesehen, während der diesjährige nur einen solchen von 9 882 209 vorsieht; dieser Minderüberschuß von 5 226 531 wird jedoch hervorgerufen durch den Ausfall der Bergwerksabgaben, welche auf Grund des Gesetzes vom 14. Juli 1893 außer Hebung kommen. Diese betragen die Summe von 6 392 012 ℳ, sodaß ein Mehrerlös von 1 165 481 gegenüber dem vorigjährigen Etat zu verzeichnen ist. Im Bergwerksbetriebe spielen, wie immer, die Preise der Kohlen im Saarreviere die Hauptrolle; hier konnten dieselben mit Recht etwas höher angesetzt werden, wodurch ein Mehrerlös von 1 309 000 in Rechnung kommt. Oberschlesien erzielt bei gleichen Preisen eine kleine Mehreinnahme von 6320 Dem gegenüber steht jedoch bedauerlicher Weise eine starke Mindereinnahme von 817 770 durch Stillliegen Ibbenbüren, worauf ich im Extraordinarium zurück⸗ kommen werde; eine fernere starke Mindereinnahme von 521 395 ist bedingt durch den Mindererlös von 21,61 per Tonne an Silber⸗

erz. Diesen Mindereinnahmen der Bergwerksprodukte steht jedoch auch

eine starke Minderausgabe an Betriebslöhnen und Betriebsmaterialien in Gesammthöhe von 1 808 860 gegenüber. Aus der uns nefce h Uebersicht der Hööb der hauptsächlichen Stein⸗ kohlenbezirke Preußens geht hervor, daß die Löhne im Bezirk Dort⸗ mund gegenwärtig beinahe gleichstehen mit denen im Saarbrücker Revier, nämlich 3,70 und 3,68 für die Schicht der unterirdisch beschäftigten Arbeiter, während in Nieder⸗ und Oberschlesien 2,59 resp. 2,82 betragen. Bei den Hütten ist eine Minder⸗ einnahme von 1 684 650 zu erwähnen, welcher jedoch eine Minder⸗ ausgabe von 1 520 892 gegenübersteht. Die Mindereinnahme ist hauptsächlich auf den Minderwerth der Metalle und namentlich des Silbers zurückzuführen, der Rückgang des Silberpreises beträgt 20 für das Kilo. Die Minderausgaben sind auf billigere Preise der anzukaufenden Schmelzgüter zurückzuführen. Die Budgetkommission schlägt die Bewilligung der Einnahmen und Ausgaben, wie dieselben verc. vor. bg. Graf Strachwitz (Zentr.): Eine Tonne Walzeisen kostete im Jahre 1890 119 ℳ, jetzt 95 Die Staatsverwaltung hat keine dem entsprechende Herabsetzung des Preises für Fettkohle vorgenommen. Oberschlesien befindet sich schon seiner geographischen Lage wegen in Bezug auf seine Montanindustrie in einer ganz besonders schwierigen Lage. Die WL aber hat neben der Zink⸗ und der Kohlenindustrie gewiß eine Berechtigung, berücksichtigt zu werden. Sie beschäftigt Tausende von Arbeitern. Dabei besteht in Oberschlesien keine Ueber⸗ produktion; die Produktion ist in anderen Montanbezirken bedeutend mehr gestiegen als in Oberschlesien. Schon früher waren Arbeiter⸗ entlassungen nöthig geworden, deshalb wandten sich die Eiseninter⸗ essenten mit einer Eingabe an den Minister um Heeegsehf des Preises für Fettkohle, wurden jedoch abschlägig beschieden. Der Minister war der Ansicht, eine Herabsetzung der Fettkohlenpreise würde nichts nützen, während doch die Walzwerke einen Verband besitzen und ein Unter⸗ bieten a g glosen ist. Es wurde nun eine neue Eingabe eingereicht mit der Bitte um Prüfung der Bücher der Walzwerke, damit nachgewiesen werden könne, welchen bedeutenden Einfluß die Preise der Fettkohle auf die Gestellungskosten haben. Der Staat hat in Bezug auf die Fettkohlen nahezu ein Monopol. Der Minister hat 1892 erklärt, wenn es sich darum handle, die Walzwerke lebensfähig zu erhalten, werde er die Preise für Fettkohle herabsetzen. Schon jetzt aber haben Feierschichten ein⸗ gelegt werden müssen. Nur eine Hemabsefzana des Preises für Fett⸗ kohle kann den Niedergang der Eisenindustrie aufhalten und dadurch eine groß wirthschaftliche Kalamität für die Arbeiter verhindern. Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch: Die Lage der siskalischen Kohlengruben ist nicht derartig glänzend, daß sie in ihrer Preisgestaltung sich ausschließlich nach den Ver⸗ hältnissen der sie umgebenden Eisenindustrien richten könnten. Im ihre momentane Lage ist recht mißlich. Wenn wir genöthigt werden, die Preise erheblich herabzusetzen, so müßten wir auch die Arbeiten in vermindertem Maße vornehmen lassen und Feierschichten einlegen, die in letzter Zeit leider auch in den fiskalischen Bergwerken nothwendig waren. Daß der Staat in Bezuͤg auf die Fettkohlen bei⸗ nahe ein Monopol habe, trifft ja für die oberschlesische Eisen⸗ industrie zu. Aber an anderen Stellen der Monarchie bestehen Eisenindustrien, die Koks konsumieren. Deren Lage würde durch Herabsetzung der Fettkohlenpreise unzweifelhaft beeinflußt werden. Wir müssen ferner auch danach streben, daß die ht der fiskalischen und anderer Kohlen möglichst stabil bleiben. ir haben in Westfalen, an der Saar und in Oberschlesien in den letzten drei Jahren sehr wenig Schwankungen in den Kohlenpreisen ehabt; dieses Verhältniß müssen wir soweit wie möglich erhalten. 8 giebt ja außergewöhnliche Lagen in der Industrie, auf die der Staat Uscht.nehmen muß; aber die Preise sind an sich nicht zu hoch, und ig isenwerke, die auf den Bezug der Kohle angewiesen sind, haben is jetzt keine Eingaben um Herabsetzung der Preise an das Ministerium gerichtet, mit Ausnahme eines einzigen We Die Lage der oberschlesischen Eisenindustrie wird meines Erachtens 8 Verbilligung der Kohle nicht ge⸗ ändert werden; sie hat ihre Ursache in der schlechten Konjunktur, und jenes eine Werk, welches für die Herabsetzung der Kohlenpreise eingetreten ist, hat seine schlechte Lage ich will das hier nicht näher erörtern, bin aber bereit, es privatim zu begründen sich durch eigene Schuld zugezohen. Im übrigen wollen wir Er⸗ hebungen anstellen, ob und wie weit wir der Eisenindustrie entgegen⸗ bomqs Facner. Limburg⸗S e Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum (kons.): Die oberschlesische Eisenindustrie verlangt, daß der Fiskus seine Kohlenpreise so chles te, wie es ihr genehm ist. Wenn man der Privatkohlenindustrie eine solche

bracht hat.

Zumuthung machen wollte, so würde der Antragsteller einfach aus⸗ gelacht werden. In der Eingabe des Eisenwerks ist gesagt, daß die schlechte Lage der Eisenindustrie auch begründet sei durch die mißliche Lage der Landwirthschaft. Als die Handelsverträge in Frage standen, war die oberschlesische Eisenindustrie Neich bereit, die ver⸗ meintlichen Vortheile derselben auszunützen. Aber diese Vortheile sind ausgeblieben, und heute giebt es nur noch wenige Leute, welche die Handelsyerträage als einen Erfolg unserer Po⸗ litik ansehen. Die Landwirthschaft, ist durch diese Verträge bedeutend geschädigt worden; aber wir wollen nicht Gleiches mit Gleichem vergelten und halten an der Solidarität von Industrie und Landwirthschaft fest. Wenn es möglich ist, der oberschlesischen Eisen⸗ industrie entgegen zu kommen, so muß es geschehen; wie weit das möglich ist, vermag ich freilich nicht zu beurtheilen.

„Abg. Gothein (Fr. Vg.): Mit der Ansicht des Vorredners, daß nur noch wenige Leute die Vortheile der Handelsverträge an⸗ erkennen, stimme ich nicht überein. Man wird auf der gegnerischen Seite nicht bestreiten können, daß speziell der russische Handels⸗ vertrag für unsere Ausfuhr nach Rußland großen Nutzen ge⸗ 1 „Es gilt das nicht nur von der Eisen⸗ und Kohlenindustrie. Daß es der Landwirthschaft nicht gut geht, erkennen auch wir an; aber es sind in der leshen Zeit vielfache Maßnahmen getroffen worden, welche der Landwirthschaft aufzuhelfen bestimmt sind, wie die Aufhebung des Identitätsnachweises, und es ist ein Märchen, daß die Handelsverträge an der schlechten Lage der Landwirthschaft schuld seien. Der Minister hat heute ausschließlich den fiskalischen Standpunkt vertreten. Es ist überhaupt die Wahrnehmung zu machen, daß das Interesse an dem privaten Bergbau bei dem Minister bedeutend im Rückgang begriffen ist. Andernfalls würden wir für die oberschle⸗ sische Kohle längst die gleichen Eisenbahntarife wie für die westfälische Kohle und die Saar⸗Kohle baben. Die oberschlesische Eisenindustrie leidet unter den ungünstigsten Verhältnissen. Die Verbilligung der Fettkohle würde diese wohl nicht Lanz beseitigen; aber sie ist doch ein Mittel, die Lage der genannten Industrie zu verbessern. Was den Rückgang der Einnahmen aus den Bergwerken betrifft, so rührt er umeist aus dem Rückgang des Silberwerthes her. Aber ich glaube nicht, daß auf dem Wege des Antrags Graf Mirbach und Genossen eine Besserung herbeigeführt werden könne. Es handelt sich dabei hauptsächlich um den Ober⸗ harzer Bergbau, und ich halte es für angezeigt, für den Fall, daß nicht bald eine Aenderung in den Verhältnissen eintritt, Er⸗ hebungen anzustellen, welche anderen Industrien nach dem Harz ver⸗ pflanzt werden könnten. Was die oberschlesische Friedrichs⸗Grube beefft so wäre es angezeigt, den unlohnenden Betrieb derselben ein⸗ zustellen.

(Schluß des Blattes.)

Nach amtlicher Ermittelung sind, wie „W. T. B.“ meldet, bei der am 28. Februar vorgenommenen Reichstags⸗ Ersatzwahl für den Eschwege⸗Wi enhausen⸗ Schmalkalden (4. Cassel) insgesammt 16 037 Stimmen ab⸗ gegeben worden. Davon erhielten Huhn (Soz.) 5605 und Iskraut (Antisem.) 3826 Stimmen. Die erforderlich ge⸗ wordene Stichwahl ist auf den 14. März angesetzt worden.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Die Strafversolgung wegen Verletzung eines Patent⸗ rechts aus § 34 des Patentgesetzes verjährt, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, I. Strafsenats, vom 1. Oktober 1894, in fünf Jahren. „Unhaltbar ist die Annahme des ersten Urtheils, daß für die vorliegende Sache nur die Zeit von drei Jahren zurück um des⸗ halb in Betracht komme, weil nach § 38 des Patentgesetzes eine drei⸗ jährige Verjährungsfrist bestimmt sei. Die letztere Frist bezieht sich nur auf die Entschädigungsklage, nicht aber auf die Straf⸗ verfolgung und auf die Buße. Bezüglich dieser sollen nach der aus⸗ drücklichen Erklärung der Kommissionsberichte zum Entwurf des Patentgesetzes die allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuchs in Geltung bleiben. Dasselbe ist auch bereits vom Reichsgericht an⸗ genommen. Es kommt danach der § 67 Strafgesetzbuchs zur Anwen⸗ dung, der für das Vergehen gegen § 34 des Patentgesetzes von 1877 eine fünfjährige Verjährungsfrist erfordert.“ (2208/94.)

Als eine Benachtheiligung der Gläubiger im Sinne des Anfechtungsgesetzes vom 21. Juli 1879 ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Zivilsenats, vom 5. Oktober 1894, nicht zu er⸗ achten die Veräußerung eines mit Schulden belasteten Grundbesitzes seitens des Schuldners, wenn der Nachweis erbracht wird, daß ein zur Befriedigung des Gläubigers dienender Ueberschuß aus dem weggegebeneu Gegenstande, auch wenn er im Besitze des Soulpnere geblieben wäre, nicht gewonnen worden sein würde. Sch. hatte durch Kaufvertrag von seinem Vater dessen sämmtlichen Grundbesitz erworben gegen Uebernahme der zu 9000 angegebenen

ypotheken und Leistung von Alimenten an den Vater und dessen

ochter. Dieser Kauf wurde von einem Gläubiger des Vaters, B., aus § 3 Z. 2 des Anfechtungsgesetzes angefochten. Der Anfechtung setzte Sch. den Einwand entgegen, daß zur Zeit der Veräußerung der veräußerte Grundbesitz, dessen Belastung mit 9000 im Vertrag unrichtig und zu niedrig angegeben sei, dergestalt mit Hypotheken belastet gewesen sei, daß, wenn auch formell ein Gegenstand der Zwangsvollstreckung entzogen sei, materiell der Gläubiger nicht als Peschädigt erscheine, weil im Subhastationsfalle bei der vorhandenen Belastung die Er⸗ zielung einer auch nur theilweisen Befriedigung des Gläubigers aus⸗ geschlossen gewesen sei. Dieser Einwand wurde vom Berufungsgericht für zulässig erachtet, und die dagegen vom Kläger B. eingelegte Re⸗ vision wurde vom Reichsgericht zurückgewiesen, indem es begründend ausführte: „Die Rechtsprechung des Reichsgerichts hat den formellen Verlust eines Vollstreckungsgegenstandes nicht schlechthin und unwider⸗ leglich für eine Benachtheiligung des Gläubigers im Sinne des Ge⸗ setzes erachtet, sondern den Begriff der Benachtheiligung im mate⸗ riellen Sinne genommen und den Nachweis zugelassen, daß ein zur Befriedigung des Gläubigers dienender Ueberschuß aus dem weggegebenen Gegenstande nicht gewonnen sein würde. Diese Ansicht ist auch im vorliegenden Falle aufrecht zu erhalten. Daß der verlangte Nachweis des event. Versteigerungserlöses unter Zuziehung von Sachver⸗ ständigen ebensogut erbracht werden kann, wie jeder andere Werths⸗ nachweis, und daß bei Feststellung des Versteigerungswerthes die minder guten Aussichten bei der im Zwangsverfahren Berück⸗ sichtigung verdienen, ist nicht zu bezweifeln.“ (139/94.)

Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.

Ist auf die Beschwerde der Saaxe hereh vneg. egen die Entscheidung der Berufungskommission mit dem Antrage auf Er⸗ mäßigung oder ʒ tellung von der Steuer vom Ober⸗Verwaltungs⸗ ericht die Sache zur anderweiten Entscheidung an die erufungskommission zurückgegeben, sc darf, nach einer Entscheidung des Ober⸗Verwaltungsgerichts, VI. Senats, 2. Kammer, vom 16. Juni 1894, diese Kommission keinen höheren vrn. als in der ersten Entscheidung festsetzen. Die Einkommensteuer eines Steuerpflichtigen war von der Berufungskommission auf 21 festgesetzt worden. Auf die von dem Zensiten mit dem Antrage auf Freistellung er⸗ hobene Beschwerde gab das O.⸗V.⸗G. die Sache zur anderweiten Ent⸗ scheidung an die ““ zurück. Bei erneuter Erörterung der Verhältnisse des Zensiten ermittelte diese ein steuerpflichtiges Einkommen desselben von 3177 und setzte die Steuer auf 60 fest. Auf die Beschwerde des Steuerpflichtigen berichtigte das O.⸗V.⸗G. die Steuer⸗ eees auf 21 ℳ, indem es begründend ausführte: „Durch die von dem Vnsten gegen die Entscheidung der Berufungskommission eingelegte

*

Beschwerde war diese Entscheidung nur soweit angegriffen, als d Steuer dadurch nicht, entsprechend den Anträgen des dem Betrage von 21 festgesetzt bezw. die vollständige Befreiung vo der Steuer ausgesprochen war. Erwiesen sich die bez. Anträge a unbegründet, so konnte dies nur zur theilweisen oder vollständigen Zurückweisung derselben führen, nicht aber zur Feststellung einer noch höheren als der in der angegriffenen Entscheidung festgestellten Steuer, für welche Feststellung es an jedem entsprechenden Antrag als der nothwendigen Voraussetzung fehlte.“ (VI B. 1438/94.)

Hinsichtlich des Einkommens aus Kapitalvermögen sind die Zinsen, welche dem Steuerpflichtigen zwar für das in Betracht kommende Steuerjahr zugesichert worden, aber erst nach Ablauf des Steuerjahres 6 Ilig werden, nach einer Entscheidung des VI. Senats, 2. Kammer, vom 3. Juli 1894, zu dem steuerpflichtigen Einkommen

desjenigen Steuerjahres hinzuzurechnen, für welches sie zugesichert

sind. Zensit hatte eine Kaufgelderforderung von 68 000 ℳ, zu 4 ½ % verzinslich, bei Beginn des Steuerjahres 1892/93 erlangt. He Zinsen für die Zeit vom 1. April 1892 bis zum 31. März 1893 sollten jedoch erst in den Tagen vom 1. April bis 10. April 1893 zahlbar sein. Der Steuerpflichtige nahm an, daß dieser Zinsbetrag von 3060 nicht als ein im Steuerjahre 1892/93, sondern als ein erst im Steuer⸗ jahre 1893/94 ihm Einkommen anzusehen sei und daher für das erstere Steuerjahr nicht zur Anrechnung kommen dürfe. Diese Annahme wurde vom Ober⸗Verwaltungsgericht nicht gebilligt, indem es begründend ausführte: „Für die Annahme eines Einkommens aus Kapitalvermögen ist es nicht entscheidend, in welchem Zeitpunkt die Zinserträge dieses Vermögens dem Steuerpflichtigen zufließen,

sondern für welchen sie ihm zustehen. Ist dem Steuer⸗

pflichtigen für das in Betracht kommende Steuerjahr ein Zinsenbetrag

ensiten, unter

zugesichert worden, so stellt dieser Betrag sich als Einkommen des

Steuerpflichtigen für das bez. Steuerjahr auch dann dar, wenn d

Steuerpflichtige nach Inhalt des Vertrages erst nach Ablauf dieses Jahres die Zahlung des Zinsbetrages oder die Verfügung über ihn erhalten soll..“ (VI B. 2039/93.)

Kunst und Wissenschaft

Der Bildhauer Professor Max von Widnmann ist, wie dem „W. T. B.“ unter dem gestrigen Tage aus München gemeldet wird, im 83. Lebensjahre gestorben. Der zu Eichstädt geborene Künstler bildete sich an der Münchener Akademie unter Eberhard und Schwan⸗ thaler und studierte von 1836 bis 1839 in Rom. Im Jahre 1839 nach München zurückgekehrt, entfaltete er eine um⸗ fangreiche Thätigkeit auf dem Gebiete der monumentalen und idealen Plastik und seit 1849 auch eine Lehrthätig⸗ keit als Professor der Kunst⸗Akademie. Für München schuf er die Statuen von Orlando di Lasso, Westenrieder und Rauch, die Denk⸗ mäler von Schiller und Goethe, das Reiterstandbild Ludwig's I. und die Kolossalfiguren des Castor und Pollux für die Kunst⸗Akademie; für Würzburg das Denkmal des Bischofs Julius und für Mannheim die Bronzestatuen Dalberg's und Iffland's.

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Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 4. d. M. gestellt 10 638, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. 1 In Vberschlesien sind am 2. d. M. zeitig gestellt keine Wagen.

Zwangs⸗Versteigerungen. Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin standen am

4. d die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerun Groß⸗Görschenstraße 25, den Maurer⸗ und Zimmermeistern F. Magnus und E. Eggert gehörig; Fläche 4,14 a; für das Meist⸗ gebot von 69 000 wurde der Verlagsbuchhändler Elwin Paetel, Lützowstraße7, Ersteher. Tresckowstraße 51, dem Zimmermeister

Wilh. Schneider und dem Bauunternehmer Aug. Ludwi

gehörig; Fläche 6,73 a; Meistbietender blieb der Rentier Jako Appelbaum, Alexander Ufer 3, mit dem Gebot von 101 700 Forsterstraße 54, der Frau Kaufmann Adelheid Voß gehörig; Fläche 11,55 a; Nutzungswerth 15 940 ℳ; mit dem Gebot von 238 000 blieb der Rittergutsbesitzer Otto Japke zu Char⸗ lottenburg Meistbietender.

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Ausweis über den Verkehr auf dem Berliner Schlacht⸗ viehmarkt vom 2. März 1895. nach Schlachtgewicht mit Ausnahme der Schweine, welche na Lebendgewicht gehandelt werden. Rinder. Auftrieb 3808 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) I. Qualität 120 126 ℳ, II. Qualität 106 116 ℳ, III. Qualität 94 100 ℳ, IV. Qualität 86 —- 99 Schweine. Auftrieb 5154 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) Mecklenburger 94 96 ℳ, Landschweine: a. gute 90 92 b. geringere 84 88 ℳ, Galizier ℳ, leichte Ungarn b 20 % Tara, Bakonyer 94 96 bei 27,5 kg Tara pro Stück. Kälber. Auftrieb 806 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) I. Qual. 1,12 1,18 ℳ, II. Qual. 0,96 1,10 ℳ, III. Qualit 0,84 0,94 Schafe. Auftrieb 9745 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) I. Qualität 0,92 1,04 ℳ, II. Qualität 0,86 0,90 ℳ, III. Qualität

Vom Berliner Pfandbrief ⸗Institut sind bis zum 28. Februar 1895 18 784 500 3 ½ %, 21 556 800 4 %, 45 684 600 4 ½ % und 9 706 500 5 % alte Pfandbriefe und 1 810 800 3 ½ % neue, zusammen 97 543 200 Pfandbriefe aus⸗ gegeben worden, wovon noch 16 013 100 3 ½ %, 12 307 200 4 %, 12 576 900 4 ½ % und 2 256 600 5 % alte Pfandbriefe und 1 810 800 3 ½ % neue, zusammen 44 964 600 Pfandbriefe von den Grundstückseigenthümern zu verzinsen sind. Angemeldet zur Be⸗ leihung in Neuen Berliner Pfandbriefen sind bis 28. Februar 1895 40 Grundstücke mit einem Feuerversicherungswerthe von 7 211 400 Zugesichert, aber noch nicht abgehoben sind 8902 700

Die Betriebseinnahmen der Ostpreußischen Südbahn betrugen im Februar 1895 nach vorläufiger Feststellung im Personen⸗ verkehr 45 168 ℳ, im Güterverkehr 201 912 ℳ, an Extra⸗ ordinarien 14 000 ℳ, zusammen 261 080 ℳ, darunter auf der Strecke sisc tansen. Palmnicten 4638 ℳ, im Februar 1894 nach vor⸗ äufiger Feststellung 367 431 ℳ, mithin gegen den entsprechenden Monat des Vorjahres weniger 106 351 ℳ, im ganzen vom 1. Ja⸗ nuar bis 28. Februar 1895 612 924 (vorläufige Einnahme aus russischem Verkehr nach russischem Stil), gegen vorläufig 760 942 im Vorjahr, mithin gegen den entsprechenden Zeitraum des Vorjahres wen 1 018 ℳ, gegen die endgültige Einnahme von 775 596 im Vorjahr mithin weniger 162 672

Der Aufsichtsrath der Saalbahn erklärte sich, wie „W. T. B.“ aus Jena meldet, in seiner gestrigen Sitzung im wesentlichen mit dem Kaufanerbieten der näglic preußischen Regierung einverstanden. Weitere Verhandlungen stehen bevor.

Der Aufsichtsrath des A. Schaaffhausen'schen Bank⸗ vereins schlägt für 1894 die Vertheilung einer Dividende von 6 ½ %, gegen 6 % im vorhergehenden Jahre, vor. Der Reingewinn beträgt 4 062 8905 gegen 3 393 349 im Jahre 1893. Einem zu bildenden b werden 50000 ℳ, dem Reservefonds 398 745 % überwiesen. Auf neue Rechnung sollen 178 325 übertragen werden. Außerdem soll das Grundkapital durch Ausgabe von 12 000 neuen Aktien auf 60 Mihionen erhöht werden. Die neuen Aktien sollen den Inhabern der alten zum Kurse von 120 % angeboten werden, sodaß auf 4000 nominal alte Aktien eine neue Aktie von 1000 entfällt. Die neuen Aktien erhalten Dividendenkupons ab 1. Juli 1895. Die General⸗ versammlung wird zum 3. April einberufen.

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Auftrieb und Marktpreise