1895 / 57 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 06 Mar 1895 18:00:01 GMT) scan diff

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elder zu finden und auszunutzen, dann die Position des Fiskus jetzt eine ganz andere wäre, als sie ist, daß insbesondere seine Stellung im Syndikat eine ungleich stärkere geworden wäre. (Sehr richtig! rechts.) Das ist mir außer Zweifel, und ich kann deshalb die Be⸗ merkung des Herrn Vorredners nicht für zutreffend halten.

8 Er hat dann bemerkt, daß es vielleicht besser gewesen wäre, ich hätte die Angriffe auf diejenigen Mitglieder des Hauses, welche das Kaligesetz abgelehnt haben, unterlassen, da ich doch über die Intentionen unterrichtet gewesen wäre, daß eine Besprechung der Interpellation nicht stattfinden sollte. Ich kann dem Herrn Vorredner nur erwidern, daß ich darüber nicht unterrichtet war.

Abg. Stötzel (entr.): Ich bin kein entschiedener Gegner der Syndikate, top muß ich sagen, daß sie manche Unzuträglichkeiten haben. So hat das rheinisch⸗westfälische Kohlensyndikat im Laufe des Winters ziemlich zahlreiche Arbeiterentlassungen vorgenommen. Diese im Winter entlassenen Arbeiter fallen zunächst den Kommunen zur Last. Ich meine, ein großer Theil der Uebelstände hätte sich vermeiden lassen. Im Reichstag war vor einiger Zeit von den Arbeiterorganisationen die Rede; es wurde erklärt, die Regierung habe die Absicht, diese Organisationen, entsprechend den Kaiserlichen Erlassen, durchzuführen. Ich hätte gewünscht, daß von einer recht baldigen Durchführung gesprochen worden wäre; die gesetz⸗ liche Organisation der Berufsvereine lies nicht nur im Interesse der Arbeiter. Die Arbeiter werden am besten von der Sozialdemo⸗ kratie ferngehalten, wenn sie gezwungen werden, in eseslig organi⸗ sierten Berufsvereinen zu sein. Die Gewerkvpereine der christlichen Bergarbeiter sind nicht so schlimm, wie sie geschildert werden. Als die Gewerbegerichte eingeführt wurden, vereinigten sich die Gewerk⸗ vereine der beiden Konfessionen und einigten sich darüber, welche ihrer Mitglieder sich am besten für die Gewerbe⸗ gerichte eignen würden. Diese wurden dann auch gewählt. Der Vorsitzende des Gewerbegerichts hat sich später sehr lobend über die Gewählten ausgesprochen. Man hat gefürchtet, daß die Gewerkvereine der Sozialdemokratie anheim fallen würden, und doch haben sie statutenmäßig Sozialdemokraten ausgeschlossen. Ist es denn nicht gerecht, wenn die Vereine die Forderung stellen, der Lohn möge der Arbeitsleistung entsprechen, und wenn sie eine Reform der Knappschaftskassen verlangen, dieihnen erst nach einem Spruch des Reichs⸗ erichts ihre gerechten Invalidenansprüche erfüllten? Das hat große rbitterung erregt. Die Sozialdemokratie und ihre Gefahren bilden hier nur einen man will keine Vereinigung der Berg⸗ arbeiter, weil man so leichter mit ihnen fertig wird. Vor dem augen⸗ blicklichen Erfolge vergißt man den tieferen Schaden. Auch konfessionell wollte man die Arbeiter verhetzen, jedoch ohne Erfolg. Ich hoffe, daß man einsehen wird, daß gerade die Gewerkvereine geeignet sind, den Frieden zu fördern, und daß sie das gleiche Recht haben, wie die Ver⸗ einigungen der Arbeitgeber.

AFrg. Krahwinkel (nl.) legt der Bergwerksverwaltung dringend eine Verbilligung der fiskalischen Fettkohlen Oberschlesiens im Inter⸗ esse der dortigen Walzeisen⸗Industrie ans Herz, welche letztere ohne billigere Kohlenpreise die Konkurrenz mit dem Auslande nicht aus⸗ halten könne. Die beiden fiskalischen Gruben „König“ und „Königin Louise“ ergäben einen Ueberschuß von 1,48 resp. 1,58 pro Tonne, was gegenüber den Kohlen des Saarreviers ein viel zu hoher Gewinn sei. 1 1

Abg. von Mendel⸗Steinfels (kons.): Das Kaligesetz würde mit den Amendements der Abgg. Freiherr von Zedlitz und von Bockel⸗ berg wohl geeignet gewesen sein, uns den nationalen Schatz der Kali⸗ salze und eine Einwirkung auf die Preisbildung derselben zu erhalten.

Ich möchte aber fast einem Austritt der fiskalischen Verwaltung

aus dem Syndikat vor der Wiedereinbringung dieses Gesetzes den Vorzug geben. Gegenüber der Nothlage der Landwirthschaft ist ein so 58 Gewinn von 30 %, wie ihn die Bergverwaltung aus den Kalisalzen erzielt, durchaus ungerechtfertigt, und sie zieht diesen Gewinn gerade von der ärmsten Landwirthschaft, nämlich der, die den schlechtesten Boden hat. Nach dem Austritt aus dem Syndikat im Jahre 1898 müßte sie auf eine mäßigere Verzinsung ihres Anlage⸗ kapitals zu Gunsten der Landwirthschaft Bedacht nehmen. Die Preise der Kalisalze sind trotz der 5 % Ermäßigung jetzt immer noch höher, wie vor Abschluß des Syndikats. s ist un⸗ wirthschaftlich, wenn der Staat als Produzent sich durch den Bei⸗ tritt zu einem Syndikat die Fiere gegenüber den öffentlichen Ver⸗ hältnissen bindet. Daß neue Werke zu einer Preisreduktion der Kali⸗ salze führen würden, glaube ich nicht; diese würden sich einfach der Vereinigung anschließen. Ueber die Wirkungen des russischen Handels⸗ vertrags habe ich die gegentheilige Meinung wie der Abg. Gothein, viele Handelskammern seiner Schlesien häaben sich in meinem Sinne ausgesprochen. er Abg. Graf Limburg⸗Stirum ist nicht verstanden worden. Der Schwerpunkt seiner Ausführungen lag darin, daß, obwohl die Industrie uns beim russischen Handelsvertrage in Stich ElcPhs ns uns doch mit ihr solidarisch fühlen und zusammengehen sollten. Für den österreichischen Handelsvertrag haben wir nur aus politischen Gründen gestimmt; wir hatten das Gefühl, als würden wir dadurch den Dreibund stärken. Die Methode der Handelsverträge haben wir aber von Anfang an verurtheilt, weil wir nicht wirthschaft⸗ liche Interessen mit der Politik verquicken wollten. 8

Abg. Gothein (fr. Vg.): Die Erklärung des Ministers, daß durch Ermäßigung der Fettkohlenpreise Arbeitsmangel eintreten und Feierschichten eingelegt werden müßten, verstehe ich nicht recht. Wenn man ein Produkt billiger abgiebt als sonst, so hat

8 man erfahrungsgemäß auch einen größeren Absatz. In der

Industrie ist der Glaube sehr verbreitet, daß der Minister für die Frachtherabsetzung kein Interesse habe; ich freue mich, ihn zu seiner Erklärung provoziert zu haben, und hoffe auf seine Unter⸗ stützung bei etwaigen Anträgen. Der Bergwerks⸗Etat weist eine Reihe von Stilblüthen auf. Das ist ja an sich nebensächlich, aber es liegt doch die Gefahr vor, daß die Bergwerksreferendare ihren Stil an dem Regierungsstile bilden.

Minister für Handel und Gewerbe Berlepsch:

Meine Herren! Den letzten Theil der Rede des Herrn Abgeord⸗ neten darf ich wohl unerwidert lassen. Ich will nur ganz kurz be⸗ merken: wenn in der Bergverwaltung Referendarien sein sollten, die ihren Stil aus dem Etat erlernen, so thun sie mir von Anfang an leid. (Heiterkeit.)

Was seine Bemerkung anbetrifft, daß ich es doch wohl nicht rechtfertigen könne, wenn ich gesagt habe, es müßten, wenn die Kohlen⸗ preise der fiskalischen Gruben sehr herabgehen, Feierschichten eingelegt werden, so habe ich darauf zu bemerken, daß, wenn die Preise eines Produkts so herabgehen, daß die Förderung nicht mehr lohnend ist, man dann die Produktion einschränken muß.

Er hat ferner den Wunsch ausgesprochen, daß bei der nächsten

Freiherr von

Debatte über Frachttarife ich hier anwesend sein und mit ihm den Standpunkt der Ermäßigung der Tarife vertreten sollte. Diesen

Gefallen werde ich ihm nicht thun. Die Frage der Eisenbahntarife gehört zum Ressort des Herrn Eisenbahn⸗Ministers, und es würde eine vollständige Verkehrung und Verwirrung in der Verwaltung geben, wenn der Minister eines anderen Ressorts vor dem Hause dessen Geschäfte vertreten und seiner Meinung wenn ich dem Herrn Abg. Gothein folgte noch dazu im abweichenden Sinne Ausdruck geben wollte. Davon kann gar keine Rede sein.

Was die Bemerkungen des Herrn Abg. von Mendel über das Syndikat betrifft, so habe ich mir gestattet, bereits bei der Inter⸗ pellation, die uns vor wenigen Tagen beschäftigt hat, auszusprechen, daß ich in erneute Verhandlungen mit dem Syndikat eintreten würde,

Sitzung des Staats⸗Ministeriums abgefaßt war daß die

Üum zu versuchen, ob nicht eine Verbilligung der Preise auch jetzt schon zu erreichen sei. Ich bemerke dabei er ist leider nicht an⸗ wesend; ich bin aber genöthigt, auf die Frage kurz einzugehen (Zuruf: Er ist ja schon da!) ich bemerke dabei, daß die Anführung des Herrn Abg. von Mendel, daß nach seiner Kenntniß der Dinge die Kalipreise auch heute noch, nach dem 5 prozentigen Erlaß, höher seien, als sie vor Abschluß des Vertrags im vorigen Jahre gewesen sind, mit meinen Zahlen nicht übereinstimmt. Nach unserer Ueber⸗ zeugung liegt die Sache so, daß die Preise nicht höher sind, als sie früher waren, und ich bin bereit, mich mit ihm über diese Frage privatim auseinanderzusetzen, resp. wird einer von meinen Herren das

sehr gern übernehmen.

Im übrigen, was die Frage des Austritts aus dem Syndikat anlangt, so kann dieser ja erst, wenn nicht eine freiwillige Ver⸗ einbarung vorher eintritt, im Jahre 1898 zur Ausführung gebracht werden. Welche Stellung die Regierung dann einnehmen wird, das kann ich ja heute noch nicht mit absoluter Bestimmtheit sagen; aber ich erinnere Sie daran, daß gelegentlich der Berathung des Kali⸗ gesetzes, allerdings für den Fall des Zustandekommens desselben, eine Erklärung der Staatsregierung abgegeben und dem Hause zur Kenntniß gebracht worden ist eine Erklärung, die in der

Regierung sich dann erst wieder in ein Syndikat begeben würde, wenn ihr der ausschließliche Einfluß auf die Gestaltung des Preises der Rohsalze für die heimische Landwirthschaft überlassen würde. Die Vorbedingung dieser Erklärung. daß nämlich das Kaligesetz zu stande käme, ist ja zu meinem Bedauern bekanntlich nicht eingetreten; immer⸗ hin wird, ehe die Regierung in ein neues Syndikat eintritt, sie auf alle Fälle den Gesichtspunkt, inwieweit ihr ein Einfluß auf die Preis⸗ gestaltung der Rohsalze für die Landwirthschaft gestattet wird, zu einem ausschlaggebenden für ihre weiteren Schritte machen. So leichten Herzens das Syndikat aufzugeben, wie Herr von Mendel anregt, es zu thun, dazu würde ich mich allerdings nicht entschließen. Denn die Bedeutung dieses Syndikats ist meines Erachtens eine sehr erheb⸗ liche; vor allen Dingen ist sie von ganz großer Erheblichkeit bezüglich der Einschränkung des Bergbaues, der Abteufung von Schächten, be⸗ züglich der Wassergefahr, von der ich mir erlaubt habe, gelegentlich des Kaligesetzes Ihnen das Nöthige mitzutheilen. Von ganz beson⸗ derer Bedeutung aber ist das Syndikat auch für die Gestaltung der Preise im Absatz nach dem Auslande; denn die Auslands⸗ preise für Fabrikate sind diejenigen, die ganz wesentlich bei den Einnahmen der ganzen Kaliindustrie in die Wagschale fallen und die Verbilligung der Rohsalze im Inland ermöglichen. Deshalb würde ich glauben, daß es nicht richtig ist, so ohne weiteres den Bestand des Syndikats aufzugeben. Alle diese Dinge wollen wohl überlegt werden, aber, wie gesagt, ich stehe noch heute auf dem Standpunkt, und die Staatsregierung jedenfalls mit mir, daß, wenn das Syndikat abgelaufen ist, die Regierung die Frage der Gestaltung der Preise der Rohsalze für die Landwirthschaft für eine der wichtigsten erklären wird, die sie dabei beschäftigt.

Abg. von Bockelberg (kons.): Eine Antwort auf die Frage, wie der Minister sich zu einem neuen Kaligesetze stelle, hat er nicht ertheilt. Die vorjährige Abstimmung war eine rein zufällige, während andererseits die Nothlage jetzt eine erhöhte ist. Die deutsche Land⸗ wirthschaft muß wenigstens fordern, daß der Fiskus seine Stellung zum Syndikat wesentlich ändert. Der Gewinn muß dabei in zweiter Linie stehen. Ich freue mich über die entgegenkommende Stellungnahme des Ministers hinsichtlich des Syndikats. Sollte der Staat aus dem Syndikat ausscheiden, so müßte dafür gesorgt werden, daß die Verhältnisse für die Landwirthschaft nicht schlechtere werden. Der Bergbau müßte jetzt schon so erweitert werden, daß der Inlands⸗ verbrauch durch den Fiskus gedeckt werden kann. Wenn Verbilligung des Produkts und Vermehrung der Produktion erreicht wird, so ist das geschehen, was wir vom Staat nach dieser Richtung hin im Interesse der Landwirthschaft verlangen können.

u dem Titel „Hütten“ erhält das Wort

.Dr. Arendt (fr. kons.): Ich will jetzt keine große Wäh⸗ rungsdebatte beginnen, da die Zeit jetzt vor der Staatsrathssitzung und nach der Erklärung des Reichskanzlers nicht dazu geeignet ist. Nur weniges will ich bemerken. Es ist im Etat nur noch ein durch⸗ schnittlicher Silberpreis von 85 pro Kilo angenommen worden, aber trotzdem sollte man den Harzer Bergbau nicht aufgeben, der meiner Ansicht nach ein ganz lohnender wieder werden kann. Man kann keine anderen Industrien im Harz ins Leben rufen, da ja in allen Industriezweigen augenblicklich ein Niedergang herrscht. In einer viel schlimmeren Lage als der staatliche Berg⸗ bau ist aber der Privpatbergbau im Harz, besonders der Mans⸗ felder Bergbau. Danken kann ich dem Reichs⸗Schatzsekretär nur dafür, daß auch er für den Silberbergbau eingetreten ist. Die Ent⸗ werthung des Silbers wäre ohne unsere gesetzgeberischen Maßnahmen im Jahre 1873 nicht eingetreten und alle anderen Gründe, die man dafür anführen will, sind nicht stichhaltig. Im Jahre 1893 hat die Schließung der indischen Mäünzstätten eine weitere, sehr erhebliche Entwerthung des Silbers herbeigeführt. Wenn man den Rückgang des Silberpreises mit der Ausdehnung der Silberproduktion er⸗ klären will, so ist doch das Gold nicht im Preise gesunken, obwohl dessen vüavsen bedentend vermehrt worden ist. Auch die jetzige Einschränkung der Silberproduktion wird eine Preissteigerung nicht bewirken. Es giebt keinen natürlichen Silberpreis und auch keinen natürlichen Goldpreis. Der Goldpreis ist einfach jetzt ge⸗ setzlich festgestellt und der Silberpreis ist ein den Verkehrs⸗ schwankungen unterworfener. Es giebt bei den Edelmetallen nur Weltmarktpreise. Der Rückgang der Silberproduktion ist allerdings durch Verhältnisse bedingt worden, die mit dem Silberpreise an ich nichts zu thun haben. In den Vereinigten Staaten ist ie Silberproduktion von 63 Millionen Unzen auf 48 Millionen gesunken und in Australien wird die Silberproduktion, die jetzt noch 22 Millionen Unzen beträgt, in einigen Jahren eingestellt werden. Trotz alledem wird eine Steigerung des Silberpreises nicht eintreten, da an dem niedrigen Silberpreise nicht die Produktion, sondern nur die Währung schuld ist. Die Goldwährungspartei steht vollkommen rathlos und hilflos den zweifellosen Schädigungen infolge der Ent⸗ werthung des Silbers gegenüber, da auf dem Boden der Gold⸗ währung naturgemäß eine Abhilfe nicht erfolgen kann. Ich muß hier noch eine Zeitungsnachricht als vollkommen unrichtig zurück⸗ weisen, daß nämlich in der Silberenquste die Antragsteller immer nur ganz allein für ihren Antrag eingetreten seien und keinen An⸗ hänger hätten gewinnen können. Die Goldproduktion ist immer noch ungenügend zur Deckung des Bedarfs. Gold ist nur in be⸗ schränktem Maß vorhanden und wird von Jahr zu Jahr immer weniger, da man es nicht wie Kartoffeln produzieren kann, die sich immer wieder erneuern. Schon aus diesem Grunde ist eine Gold⸗

währung auf die Dauer unmöglich. 1e Abs. Bueck (nl.) will der Legende entgegentreten, daß in der Silberkommission die Goldwährungsmänner in der Majorität ge⸗ wesen seien, und stellt fest, daß 8 Bimetallisten und 7 Anhänger der Goldwährung in der Kommission gewesen seien, denn man müsse Pro⸗ fessor Lexis und Königs auch zu den ersteren rechnen. Abgestimmt worden sei in der Kommission nicht; wenn aber sich fast alle gegen den Antrag Arendt erklärt hätten, so könne man ihn wohl als abgelehnt be⸗ zeichnen, wie der Abg. von Eynern es neulich gethan habe. Der

429 067 Fl. auf neue Rechnung vorzutragen.

In der Kommission habe der Abg. Arendt die Entdeckung gemacht, daß eigentlich gar keine Silberentwerthun 1.“ habe, sondern nur der Goldpreis des Silbers gefallen sei, weil eine feste Umtausch⸗ stelle für Gold und Silber nicht mehr existiere; die Produktion habe keinen Einfluß darauf geübt. Die Währung haben wir doch gemacht, weil uns die Verhältnisse dazu zwangen. Nach einem Gut⸗ achten eines Ober⸗Bergraths, das der Abg. Leuschner in der K

mission überreicht hat, ist noch auf Jahrhunderte hi eine Zunahme des Silberbergbaues zu erwarten. Das An⸗ gebot drückt doch den Preis ganz natürlich, dieses Gesetz voll. zieht sich tagtäglich im Handel, und der Abg. Arendt wird wenige Gläubige für seine gegentheilige Behauptung finden. Professor Sueß

worden, er wurde auch schließlich zur Abgabe eines utachtens berufen, erwies sich aber als ein fanatischer Anhänger der Silber⸗ währung. Diese Rolle des Hrgfessar Sueß hat mir nicht gefallen. Wenn auch das Gold nach Professor Sueß nur noch für 50 Jahre ausreichen sollte, so ist das doch ein solcher Zeitraum, daß wir nicht heute schon darauf hin Maßregeln beschließen können. Durch die Haltung der Regierung in der Währungsfrage sind weite Kreise beunruhigt worden; wir bedauern die 0 . des Reichskanzlers und des Reichs⸗Schatzsekretärs. Ich hätte eine be⸗ stimmte Erklärung gewünscht, nach der einen oder anderen Richtung, oder angesichts der Staatsrathsverhandlungen eine völlige Neutralität; denn die Erklärung des Reichskanzlers neigte doch sehr nach bimetal⸗ listischer Richtung. Ich bedauere nicht, wenn eine neue internationale Konferenz stattfindet, denn dann wird der Bimetallismus auf lange eit todt sein, aber ich bedauere, daß von Deutschland der erste An⸗ toß dazu ausgeht. Die besten Freunde der Regierung bereiten eine ewegung vor, die die Regierung belehren wird, daß sie durch die Erklärung des Reichskanzlers viel an Vertrauen eingebüßt hat.

Abg. von Waldow (kons.): Die zur Sprache gebrachte Frage ist von 5 großer Bedeutung, daß wir sie nicht übergehen können. Wir sind der Ansicht, daß der Rückgang des Silbers zum größten Theil die Depression aller Erwerbsstände herbeiführt. Die Landwirth⸗ schaft leidet am meisten, da sie in Konkurrenz mit vielen Ländern, die eine unterwerthige Valuta haben, steht. Wir können die Landwirth⸗ schaft nicht der Voldwäbrung zu Liebe zu Grunde gehen lassen. Des⸗ halb stehe ich auf dem Standpunkt, daß man dem Silber einen er⸗ höhten Werth wiedergeben muß. Das Gold dient wesentlich dem Kapital bei seinen internationalen Beziehungen. Wir sehen in der Herstellung eines festen Verhältnisses zwischen Gold und Silber ein Mittel zur Hebung unseres Nationalwohlstandes, vor allem der Landwirthschaft. Wir erwarten allerdings, daß auch noch andere Mittel zu Gunsten der Landwirthschaft angewandt werden. Daß die Remonetisierung des Silbers sich nicht rasch vollziehen kann, wissen wir; um so eher hoffen wir, daß bald vorgegangen werden wird, zum Besten des Gesammtwohlstandes und des Bestehens unserer Land⸗ wirthschaft. . .

Abg. von Tiedemann⸗Bonst (fr. kons.); Wir halten den gegen⸗ wärtigen Zeitpunkt nicht für geeignet, ausführlich auf die Währungs⸗ frage einzugehen. Der Abg. Arendt, der dies auch betont hat, hat ze 1ccc; mehr vom Silberpreis als der Doppelwährung selbst gesproche Wir stehen um so mehr auf diesem Standpunkte, da wir wissen, daß bel⸗ eine ausgedehnte Behandlung der Frage im Staatsrath bevorsteh. Meine Freunde und ich halten es aber doch für nöthig, über unsen Stellung keinen Zweifel zu lassen. Wir stehen auf dem Standpunk unserer Freunde im Reichstag. Wir haben uns gefreut über die Er⸗ klärung des Reichskanzlers und möchten bitten, daß die preußische Re⸗ ierung in diesem Sinne im Bundesrath auftrete, indem die gange

echte dieses Hauses hinter ihr steht.

Abg. von Eynern (nl.): Nachdem die Reichsregierung be⸗ schlossen hat, einen neuen Versuch zur Lösung der Währungsfrage zu machen, halte ich hier derartige ausführliche Aeußerungen, wie sie der Abg. Arendt gemacht hat, nicht für angebracht. Nur möchte ich den Abg. Arendt daran erinnern, daß alle meine Voraussagungen, die ich hier in Bezug auf die Gestaltung des Silberpreises gemacht habe, ein⸗ getroffen sind. Wenn nun der Abz. Arendt prophezeit, daß die Silber⸗ produktion immer mehr abnehmen werde, so steht es hiermit wie mit anderen Prophezeiungen, die später nicht in Erfüllung gehen.

Um 4 ½ Uhr wird die weitere Berathung vertagt.

Handel und Gewerbe.

In der ordentlichen Generalversammlung der Vereinigter vormals pangeh ‚chen Spinnereien und Weberein Aktien⸗Gesellschaft in Odenkirchen vom 4. d. M. wurde n Tagesordnung nach den Vorschlägen des Vorstandes erledigt und de sofort zahlbare Dividende auf 3 ½ % festgestellt.

Die gestrige Generalpersammlung der Aachener Diskont⸗o⸗ gesellschaft beschloß die Vertheilung einer sofort zahlbaren Divi⸗ dende von 6 ½ %. 1 1

Der Administrationsrath des Wiener Bankvereins be⸗ schloß, vom Reingewinn für 1894 im Betrage von 3 498 278 Fl. eine Gesammtdividende von 8 Fl. zu bezahlen, dem Reservefonds eine außerordentliche Zuweisung von 500 000 Fl. zuzuwenden und außerdem Mehrere abgewickelte Geschäfte sind in die Bilanz pro 1894 nicht aufgenommen. 1

London, 5. März (W. T. B.) Der „Times“ wird aus Philadelphia gemeldet, die Goldreserve des Schatzes gegenwärtig 92 Millionen Dollars beträgt.

New⸗York, 5. März. (W. T. B.) Zu Beginn der Börse waren die Kurse steigend, später wurde die Heee unregelmäßig. Der Schluß war recht fest. Der Umsatz der Aktien betrug 163 000 Stück.

und matte Kabelmeldungen, später infolge Kaufordres vorübergehend bessere Stimmung, schließlich wiederum fallend. Schluß schwach. Mais fallend einige Zeit nach Eröffnung, dann infolge geringer An⸗ künfte lebhafte Reaktion, später entsprechend der Mattigkeit des Weizens wieder fallend.

Waagrenbericht. Baumwolle, New⸗York 5 ⅝, do. New⸗Orlean⸗ 5 ½. Petroleum träge, do. New⸗York 6,30, do. Philadelphie 6,25, do. rohes 7,00, do. Pipe line cert. p. April 105 non, Schmalz West. steam 6,75, do. Rohe & Brothers 7,05, Mai behauptet, do. p. März 48 ¾, do. p. Mai 49, do. p. Juli 498 Weizen träge, aber behauptet, rother Winterweizen 60 H, do. Weize p. März 58 ⅜, do. p. Mai 59 ⅛%, do. p. Juli 59 ¼, do. p. Dez. 6 3⅜ Getreidefracht nach Liverpool 2 %, Kaffee fair Rio Nr. 7 16 ¼, de Rio Nr. 7 p. April 14,70, do. do. p. Juni 14,60, Mehl, Sprim clears 2,40, Zucker 211/16, Kupfer 9,55.

Der Werth der in der vergangenen Woche ausgeführte. Produkte betrug 7 460 339 Dollars gegen 5 826 372 Dollars in de Vorwoche.

Weizen⸗ Verschißfungen der letzten Woche von dae atlantischen Häfen der Vereinigten taaten nach Grch⸗ britannien 102 000, do. nach Frankreich —, do. nach andern Häfen des Kontinents 34000, do. ven Kalifornien und Oregor ““ 72 000, do. nach anderen Häfen des Kontinente QOrts

Chicago, 5. März. (W. T. B.) Weizen fallend den ganzen Tag mit wenigen Reaktionen auf matte Kabelmeldungen⸗ reichliche Realisierungen und große Ankünfte im Nordwesten. Mais einige Zeit steigend nach Eröffnung, später Reaktior⸗ Schluß träge. 1“

eizen pr. März 52 ¼, pr. Mai 54 ½. Mais pr. März ℳ. Speck short clear nom. ork pr. März 10,25.

Alabama, 6. März. (W. T. B.) Eine Versammlung der Baumwollpflanzer hat bescloson die Baumwollproduktion fi 1895 auf 50 % einzuschränken. Voraussichtlich werden sich drei Vierte

Antrag Leuschner sei in der Kommission wieder zurückgezogen worden.

der Pflanzer im Süden anschließen.

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ist zuerst von den Bimetallisten für die Kommission vorgeschlagen 1

Erklärungen

Weizen eröffnete schwach und fiel darauf heftig auf Realisierungen

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Höhe der Schneedecke in Zentimetern am Montaz, den 4. März 1895, um 7 Uhr Morgens.

vom Königlich preußischen Meteorologischen Institut. (Die Stationen sind nach Flußgebieten geordnet)

Oestliche Küstenflüsse.

Memel (Dange) 36, Tilsit (Memel) 40, Insterburg (Pregel) 39, Heilsberg (Pregel) 46, Königsberg i. Pr. (Pregel) 28.

Weichsel.

Groß⸗ Blandau (Bobr. Narew) 38, Czerwonken (Bobr, Narew) 46, Marggrabowa (Bobr, Narew) 39, Klaussen (Pissa) 20, Neidenburg (Wkra) 2, Osterode (Drewenz) 27, Altstadt (Drewenz) ?, Thorn 24, Konitz (Brahe) 40, Bromberg (Brahe) 25, Berent (Ferse) 2, Marienburg (Nogat) 30. ““

Kleine Flüsse zwischen Weichsel und Oder.

Lauenburg i. P. (Leba) 23, Köslin (Mühlenbach) 31, Schivelbein

23. ega) Oder.

Leobschütz (Zinna) 39, Ratibor 25, Beuthen (Klodnitz) 30, Oppeln 23, Füre Re (Glatzer Neisse) 38, Brand (Glatzer Neisse) 2, Reinerz

Glatzer Neisse) 77, Glatz (Glatzer Neisse) 33, Friedland (Glatzer keisse) 80, Weigelsdorf (Glatzer Neisse) 53, Rosenberg (Stober) 46, Breslau 25, Liegnitz (Katzbach) 14, Fraustadt (Landgraben) 22, Grünberg 30, Krummhübel (Bober) 74, Wang (Bober) 121, Eich⸗ berg (Bober) 43, Schreiberhau (Bober) 75, Warmbrunn (Bober) 26, Bunzlau (Bober) 27, Görlitz (Lausitzer Neisse) 30, Frankfurt 16, Ostrowo (Warthe) 17, Posen (Warthe) 9, Tremessen (Warthe) 14, Samter (Warthe) 12, Paprotsch (Warthe) 20, Neustettin (Warthe) 29, Deutsch⸗Krone (Warthe) 30, Landsberg (Warthe) 4, Stettin 8, Pammin (Ihna) 24, Prenzlau (Uecker) 8, Demmin (Peene) 13.

Kleine Flüsse zwischen Oder und Elbe.

Putbus 27, Rostock (Warnow) 2, Kirchdorf auf Poel 28, Sege⸗ berg (Trave) 21, Lübeck (Trave) 2, Eutin (Schwentine] 15, Schleswig (Schlei) 2, Flensburg , Gramm (Fladsau) 15, Westerland auf Sylt 4, Wyk auf Föhr 1, Husum 10, Meldorf 12.

. Elbe.

Torgau 24, Dessau (Mulde) 1, Rudolstadt (Saale) , Jena (Saale) 8, Ilmenau (Saale) 53, Stadtilm (Saale) 28, Dingelstädt (Saaͤle) 37, Erfurt (Saale) 23, Sondershausen (Saale) 27, Nordhausen (Saale) 16, Halle (Saale) 2, Klostermansfeld (Saale) 25, Bernburg (Saale) 6, Quedlinburg (Saale) 5, agdeburg 0, Neustrelitz (Havel) 23, Kottbus (Habel) 15, Dahme (Havel) 19, Berlin (Havel) 7, Blankenburg bei Berlin (Havel) 9, Spandau (Havel) , Heinersdorf, Kr. Teltow (Havel) 2, Potsdam (Heveh 25, Brandenburg (Havel) 3, Kyritz (Havel) 6, Gardelegen (Aland) 16, Jeetze (Aland) 13, Waren (Elde) 28, Marnitz (Elde) 31, Schwerin (Elde) 29, Uelzen (Ilmenau) 2, Lüneburg (Ilmenau) 15,

Neumünster (Stör) 2, Bremervörde (Oste) 4. 8

Weser.

Meiningen (Werra) 36, Liebenstein (Werra) 51, Fulda (Fulda) 14, Schwarzenborn (Fulda) 47, Cassel (Fulda 12, Uslar (Werre) 24, Herford (Werre) 6, Scharfenstein (Aller 112, Ilsenburg (Aller) 44, Braunschweig (Aller) 12, Celle (Aller) 14, Göttingen (Aller) 14, Herzberg (Aller) 32, Klausthal (Aller) 2, Seesen (Aller) 35, Hannover (Aller) 9, Bremen 0, Oldenburg (Hunte) 0, Elsfleth 0.

Kleine Flüsse zwischen Weser und Ems.

Ems.

Gütersloh (Dalke) 0, Münster i. W. 2, Lingen 0, Osnabrück (Haase) 0, Löningen (Haase) 3, Aurich 13, Emden 2.

Rhein.

Darmstadt 1, Coburg (Main) 31, Frankenheim (Main) 103, Frankfurt (Main) 0, Wiesbaden 4, Geisenheim 0, Birkenfeld e 12, Schweinsberg (Lahn) 5, Neuschenberg 85 9, Mar⸗ urg (Lahn) 7, Weilburg (Lahn) 2, Schneifel⸗Forsthaus (Mosel) 53, Bitburg (Mosel) 4, von der Heydt⸗Grube (Mosel) 15, Trier (Mosel) 3, Neuwied 0, Siegen (Sieg) ?, Hachenburg (Sieg) 29, Köln 0, Krefeld —, Arnsberg (Ruhr) 2, Brilon (Ruhr) 54, Lüdenscheid (Ruhr) 2, Alt⸗Astenberg (Ruhr) 113, Mülheim (Ruhr) 2, Kleve 0, Ellewiek (Yssel) 2, Aachen (Maas) 13.

Der Höhe von 1 cm Schneedecke entsprachen:

am 3. März 1895 in Fernos eg 22 mm Schmelz⸗ 8 Marggrabowa 2. wasser. „Neidenburg Weichsel) 7 8 Altstadt „Schivelbe Leobschütz Wang . Ostrowo

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Neuwied 8 Brilon 8 d Die Schneedecke hat im allgemeinen etwas abgenommen, nur in em ganzen Gebiet östlich der Weichsel und an den höher gelegenen 1 ist eine unahme der, vSefeafehebe zu Ferzeichufn, 1“

em. Fast gänzlich schneefrei i 8 einthal und das untere Meser Enes. alie N

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Entscheidungen des Reichsgerichts. 8

8 Wird ein Schiff oder dessen Ladung ganz oder theilweise von nem anderen Schiffe geborgen oder gerettet, so wird nach wff 51 des Fandelsgesetzbu s der Berge⸗ oder Hilfslohn n chen dem Rheder, dem Schiffer und der übrigen Besatzung des Schiffes, sofern nicht durch Vertrag unter ihnen ein din eres bestimmt ist, in der Art vertheilt, daß der Rheder zuf Hälfte, der Schiffer ein Viertel und die übrige Besatzung ammen gleichfalls ein Viertel erhalten. In Bezug auf diese Be⸗

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d. h. bei Dampfern, die gewerbsmäßig zum Zwecke der Bergung be⸗ stimmt sind, und auch be⸗ einer Hilfeleistung in Seenoth, d0 für die Besat ung des bergenden Schiffs keine besondere Gefahr ein⸗ getreten war, regelmäßig Anwendung findet. „Dadurch daß die „DOie“, welche, wie die beklagte Rhederei nicht bestritten hat, auch als Schlepp⸗Dampfer benutzt wird, unter der Führung des Klägers auch zu S und Hilfeleistungszwecken benutzt worden ist, wird selbstverständlich der Kläger von der ihm gesetzlich zustehenden Theilnahme an dem verdienten Berge⸗ oder Hilfslohne nicht ausge⸗ schlossen. Denn das Gesetz macht in dieser Beziehung keine Unter⸗ scheidung, und es ist vielmehr bei der Berathung desselben der Fall, daß der Rheder aus dem Bergen ein Geschäft macht, ausdrücklich in Betracht gezogen, wobei man davon ausging, daß in diesem Falle schon der Heuervertrag das Nöthige, sei es ausdrücklich oder stillschweigend, enthalten werde, sodaß mithin als Regel auch hier die Anwend⸗ barkeit des Art. 751 H.⸗G.⸗B anerkannt ist. Daß die gewerbsmäßige Benutzung eines Schiffs zum Zwecke der Bergung oder Hilfeleistung in Seenoth neben anderen dafür sprechenden Anzeichen als Moment für die Annahme eines auf den Ausschluß der Ansprüche des Schiffers und der Mannschaft gerichteten Parteiwillens bilden kann, ist vom Berufungsgericht garnicht bestritten. Wenn aber in dieser Richtung von der Revision zunächst darauf hingewiesen wird, daß bei der hier fraglichen Hilfeleistung für die Besatzung der „Oie“ keine besondere Gefahr eingetreten sei, so ist dieser mstand, welcher nur für die Ausmessung der Höhe des Hilflohns in Betracht kommen würde, unerheblich. Von wesentlicher Bedeutung für die hier zu ent⸗ scheidende Frage könnte dagegen der Inhalt des von der Beklagten mit dem Kläger abgeschlossenen Heuervertrags, insbesondere die Höhe der dem Kläger darin zugesicherten Heuer sein .. .“ (286/94.)

Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.

Kauft ein Vater seine Kinder in eine Aussteuerversiche⸗ rung ein durch die Entrichtung eines einmaligen Betrages (an Stelle der jährlichen Prämienzahlung), mit der Maßgabe, daß im Falle des Todes der Kinder höchstens der eingezahlte Betrag zinslos zurückgezahlt werde, so scheidet, nach einer Entscheidung des Ober⸗ Verwaltungsgerichts, VI. Senats, 2. Kammer, vom 19. Juni 1894, für die Veranlagung des Vaters zur Staats⸗Einkommensteuer dieser entrichtete Betrag vollständig aus dem Kapitalvermögen desselben; es können Zinsen davon nicht berechnet und zum Kapital⸗ ein kommen hinzugesetzt, werden. Einem Steuer⸗ pflichtigen, welcher seine Kinder in die Aussteuerversicherung mit einem einmaligen Betrage von 30 000 eingekauft hatte, wurden von der Veranlagungs⸗ und der Berufungskommission 4 % Zinsen von den 30 000 mit 1200 in Ansatz gebracht und seinem steuerpflichtigen Einkommen hinzugerechnet. er hiergegen vom Steuerpflichtigen erhobenen Beschwerde wurde vom Ober⸗Ver⸗ waltungsgericht stattgegeben, indem es begründend ausführte: „Aus⸗ steuer Versicherungsprämien mögen von dem steuerpflichtigen Ein⸗ kommen freilich nicht abzuziehen sein, da die Aussteuerversicherung nicht unter die im § 917 des Einkommensteuergesetzes aufgeführten Versicherungen fällt. Hier kommt aber lediglich in Frage, ob die einmaligen Leistungen des Zensiten für die Aussteuerversicherung seiner Kinder noch seinem Kapitalvermögen zuzurechnen sind und ob ihm ein Einkommen daraus zufließt. Diese Fragen mußten schon nach dem Wortlaut des § 12 Ein⸗ kommensteuergesetzes verneint werden. Von den dort bezeichneten Arten des Kapitaleinkommens kommt hier keine in Betracht. Auch die unter c. daselbst gedachte Form der Kapitalverzinsung trifft auf den Fall offenbar nicht zu, da der Steuerpflichtige durch den Einkauf der Kinder in die Aussteuerversicherung von vorn⸗ herein auf jeden Zinsgenuß verzichtet. An die Versicherungsgesellschaft im Falle des Todes der Kinder binnen einer bestimmten Zeit hat er seinerseits vielmehr nur den Rechtsanspruch auf zinslose Rückgewäh⸗ rung des eingezahlten Betrages und allein für die Kinder unter ge⸗ wissen Bedingungen einen weiteren Rechtsanspruch begründet. Es liegt also in der That eine Henen seitens der Steuerpflichtigen an die Kinder vor, über welche er sich der Verfügung und des Zins⸗ genusses begeben hat, und welche daher keinenfalls mehr einen Theil seines zinstragenden Vermögens bildet.“ (VI. B. 1886/93.)

In den Städten der neun älteren preußischen Provinzen ist, nach einem Urtheil des Ober⸗Verwaltungsgerichts, II. Senats, vom 12. Dezember 1894, ein Reichsangehöriger, welcher nicht preußischer Staatsbürger ist, nicht berechtigt zur Theil⸗ nahme an den Gemeindewahlen, zur Uebernahme unbe⸗ soldeter Gemeindeämter und zur Gemeindevertretung. „Das durch Art. 3 Abs. 1 der Reichsverfassung, lautend: Für den ganzen Umfang des Bundesgebiets besteht ein gemeinsames Indigenat mit der Wirkung, daß der Angehörige (Unterthan, Staats⸗ bürger) eines jeden Bundesstaats in jedem anderen Bundesstaat als Inländer zu behandeln und demgemäß zum festen Wohnsitz, zum Gewerbebetriebe, zu öffentlichen Aemtern, zur Erwerbung von Grune stücken, zur Erlangung des Staatsbürgerrechts und zum Genusse aller sonstigen bürgerlichen Rechte unter denselben Voraussetzungen wie der Einheimische zuzulassen, auch in Betreff der Rechtsverfolgung und des Rechtsschutzes demselben gleich zu behandeln ist eingeführte Reichsindigenat hat nur die Bedeutung und die Wirkungen, welche an dieser Stelle selbst angegeben sind. Die Staats⸗ angehörigkeit in den einzelnen Bundesstaaten ist nicht in der Reichsangehörigkeit aufgegangen; ebensowenig ist der An⸗ gehörige eines Bundesstaats etwa Angehöriger aller übrigen Bundesstaaten, wie denn auch das Bundesgesetz vom 1. Juni 1870, betr. die Erwerbung und den Verlust der Bundes⸗ und Staats⸗ angehörigkeit, Bestimmungen über den Erwerb der Staatsangehörigkeit in dem einen Bundesstaat seitens des Angehörigen eines anderen Bundesstaats enthält. Es kann also auch nicht derjenige, welcher in dem einen Bundesstaate Staatsbürger ist, damit ohne weiteres befugt sein, in einem anderen Bundesstaat die Rechte auszuüben, welche den Besitz des Staatsbürgerrechts in diesem voraussetzen, wie z. B. das Recht, sich an den Wahlen für den Landtag zu betheiligen. Das Gleiche muß in Ermangelung einer anderweitigen Bestimmung von der Fähigkeit zur Erwerbung des Gemeindebürgerrechts gelten. Namentlich ist das Gegentheil nicht aus den Worten „und zum Ge⸗ nusse aller sonstigen bürgerlichen Rechte“ zu folgern, da das Gemeinde⸗ bürgerrecht nicht zu den bürgerlichen, sondern zu den politischen Rechten gehört. Dazu kommt, daß der 3. Absatz des Art. 3 der Reichs⸗ verfassung dis en bestimmt, daß der im ersten Absatz ausgesprochene

Grundsatz die Vorschriften, welche die Aufnahme in den Gemeinde⸗ verband betreffen, nicht berühren soll. Dementsprechend hat sich der Minister des Innern bereits in einem Erlasse vom 8. Februar 1875 unter ausdrücklicher Berufung auf den Abs. 3 des Art. 3 dahin ausge⸗ sprochen, daß ein württembergischer Staatsangehöriger gemäß § 3 der Städteordnung für die Rheinprovinz vom 15. Mai 1856, nach welcher die Eigenschaft eines Preußen die Vorbedingung zur Erwerbung des städtischen Bürgerrechts sei, zur Theilnahme an den Gemeinde⸗ wahlen in einer rheinischen Stadtgemeinde nicht berechtigt erscheine. Auch der unterzeichnete Gerichtshof hat schon früher in dem Sinne

181113AA“ zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staat

Verlin, Mittwoch, den 6. März

Daraus, daß neuere Gesetze eine gleiche bezw. entsprechende Bestimmung nicht enthalten, kann nur gefolgert werden, daß der Gesetzgeber sie als fortan entbehrlich, keineswegs aber, daß er sie als auch in den Gebieten der älteren Städteordnungen nicht mehr geltend angesehen hat“. (II 1702.)

Statistik und Volkswirthschaft. 8

Ueber den Verkehr auf den deutschen Wasserstraßen veröffentlicht das neueste Heft der Vierteljahrshefte zur Statistik des Deutschen Reichs eine Zusammenstellung für die Jahre 1872 bis 1893, die jedoch nur die Entwicklung des Verkehrs an den wichtigsten Ver⸗ kehrspunkten darstellt, da der Gesammtverkehr auf den deutschen Wasserstraßen nicht erhoben wird. Im allgemeinen wird bemerkt, daß dieser Verkehr im Jahre 1893 durch niedrige Wasserstände, welche eine Folge der ungewöhnlichen Trockenheit des e und Som⸗ mers waren, sehr ungünstig beeinflußt worden ist. Der Güterverkehr in den östlichen Gewässern ist außerdem noch durch den deutsch⸗russi⸗ schen Zollkrieg der im Juli 1893 ausbrach, beeinträchtigt worden.

Von dem Verkehr auf der Spree weist die L“

nur die Zufuhr nach Berlin nach, da die Durchfuhr durch die Stadt und die Abfuhr nur verhältnißmäßig geringfügige Bedeutung haben. Auch der Wasserverkehr der Vororte Berlins ist nicht mit nach⸗ gewiesen. Zu Berg sind, in Berlin angekommen 1891 2 759 000 t (d. i, Tonnen zu 1000 kg] Schiffsgüter und 5000 t Floßholz, 1892 2 332 000 t Schiffsgüter und 7000 t Floßholz und 1893 2,531 000 t Schiffsgüter neben 3000 t Floßholz; zu Thal 1891 2018 t Schiffsgüter nebst 8000 t Floßholz, 1892 1900 t Schiffsgüter, 6000 t Floßholz und 1893 1942 t Schiffsgüter 11 000 t Floßzholz. Danach hat die Zufuhr von Schiffsgütern na Berlin gegen 1891 nicht unerheblich abgenommen, hat sich aber 1893 hepen 1892 wieder gehoben; und namentlich sind Baumaterial, Stein⸗ ohlen, Getreide, Mehl und Obst 1893 in größeren Mengen zugeführ worden als 1892. Faßt man die verschiedenen betheiligten Güter i Hauptarupven zusammen, so ergeben sich für das Jahr 1893 als An theil an der Wasserzufuhr nach Berlin dem Gewichte nach: be Steinen 65 %, Brennmaterial 14 %, Nahrungsmitteln 9 %, Hol⸗ 6 % und Kaufmannsgütern 6 %9.

Der Verkehr auf der Ober⸗Elbe bei Hamburg ist für den Punkt nachgewiesen, an welchem vor dem Zollanschluß die Zollgrenze lag (Entenwärder). Durchgegangen zu Berg sind hier: 1891 1 550 000 t, 1892 1 671 000 t und 1893 1 512 000 t Schiffsgüter; zu Thal: 1891 1 748 000 t Schiffsgüter, 20 000 t Floßholz, 1892 1 399 000 t Schiffsgüter, 22 000 t Fies h und 1893 1 527 000 t Schiffsgüter, 22 000 t Floßholz. demnach ist 1893 gegen 1892 der Verkehr zu Berg zurückgegangen, dagegen der zu Thal gestiegen, ohne jedoch den Stand von 1891 zu erreichen. Den Hauptantheil an dem Bergverkehr (Abgang von Hamburg) haben: Getreide (1893 26 %), Häͤngemittel (15 %), Steinkohlen (5 %), Roheisen (4 %), Petroleum, fette Dele und Fette, Oelsaat und Kolonialwaaren. An dem Verkehr zu Thal (dem Zugang nach Hamburg) sind hauptsächlich betheiligt: Zucker (1893 43 2%), Düngemittel (13 %), Steine, Getreide, Salz und Mehl.

Mannheim besitzt eine große Bedeutung als Stapelplatz für die von dem unteren Rhein nach Süddeutschland und Oesterreich, sowie umgekehrt bestimmten „Güter. Der Rheinverkehr im Mann⸗ heimer Hafen hat naturgemäß bei der Ankunft zu Berg und dem Abgang zu Thal den größten Umfang, während die Ankunft zu Thal nur unbedeutend ist und der Abgang zu Berg fast ganz verschwindet. Angekommen zu Berg sind: 1891 1 916 000 t, 1892 2 115 000 t und 1893 2 388 000 t Schiffsgüter; abgegangen zu Thal: 1891 353 000 t Rtfsgtte⸗ 106 000 t Floßholz, 1892 420 000 t Schiffsgüter, 105 000 t Floßholz und 1893 393 000 t Schiffsgüter, 96 000 t Floßholz. Die Menge der zu Berg angekommenen Schiffs⸗ güter hat sich von Jahr zu Jahr gesteigert; diese bestehen haupt⸗ sächlich aus Steinkohlen (1893 53 %), Getreide, Petroleum, Oelsaat, Roh⸗ und verarbeitetem Eisen und fetten Oelen. Die zu Thal ab⸗ gegangenen Schiffsgüter bestanden hauptsächlich in Salz, Holz und Zement. Der Floßverkehr ist nicht unbedeutend, war aber 1893 geringer als in den Vorjahren. SA

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Idar wird der „Köln. Ztg.“ telegraphisch gemeldet, daß sämmtliche Arbeiter der Diamantschleiferei von Hahn u. Co. 88 Arbeit niedergelegt haben; sie fordern eine Abänderung des Lohntarifs Schmölln soll sich nach einer Mittheilung des „Vorwärts“ die Zahl der ausständigen Knopfarbeiter gestern auf 800 belaufen haben. Gl. Nr. 56 d. Bl.)

Aus München berichtet die „Münch. Post“, daß der sozial⸗ demokratische Boykott ü⸗ er die Brauerei zum Münchner Kindl Futsehabfn worden ist, nachdem die Brauerei ihre Räume wieder für sozialdemokratische Versammlungen geöffnet hat.

In Bückeburg hatten, wie der Vorwärts“ mittheilt, 200 Arbeiter, die mit Aufräumungsarbeiten am Schloßgarten be⸗ schäftigt waren, vor einigen Tagen wegen der Lohnverhältnisse die Arbeit niedergelegt, kehrten aber infolge der Vermittlung des Landraths noch an demselben Tage zur Arbeit zurück.

In Flensburg ist nach demselben Blatt in der Müller'schen Blechwaarenfabrik zwischen den Klempnern und ihren Arbeit⸗ gebern ein Lohnstreit gebrochen.

2 18 Literatur.

fk. Briefe der Herzogin Elisabeth Charlotte von Orleans. Herausgegeben von Dr. Eduard Bodemann. Hannover und Leipzig, Hahn, 1895. Die Persönlichkeit, mit der uns Bodemann hier bekannt macht, ist eine der originellsten und zugleich anziehendsten rauengestalten der neueren Geschichte. Eine geborene Prinzessin von der Pfalz, wurde Elisabeth Charlotte am verwandten welfischen Hofe zu Hannover erzogen und heirathete später sehr wider Willen den Herzog v. Orleans, den Bruder Ludwig's XIV. Sie war ein gesundes, derbes Naturkind von scharfem Verstande und prächtigem Humor; durch und durch deutsch gesinnt, vergaß sie auch am französischen Hofe ihrer Muttersprache nicht; ihrem angeborenen kalvinischen Glauben treu er⸗ 8 konnte sie es nie verwinden, daß man sie wegen der französischen 85 zum Katholizismus überzutreten gezwungen hatte, und hielt in der Stille an den religiösen Gebräuchen und den Gebeten ihrer Kindheit fest. Daheim hatte „Liselotte“ in der einfachen Haushaltung ihres Vaters und ihrer Verwandten wenig von verfeinertem Lebensgenusse kennen gelernt, und nun kam sie, noch nicht zwanzigjährig, an den Sammelpunkt der Ueppigkeit und der Verschwendung, den Hof von Versailles. Keine Freundin empfing sie dort, ganz allein auf sich an⸗ Fsefen stand sie inmitten des bigotten und doch frivolen, des prun⸗ enden und dabei innerlich hohlen öfischen Getriebes; für die Gefühle der Anhän lichkeit an ihre Heimath und ihren alten Glauben fand sie nirgends Verständniß, am wenigsten bei ihrem Gemahl. Ihre sten

stimmung hat das Reichsgeri lvi 1 sgericht, I. Zivilsenat, durch Urtheil vom 12. De⸗ zember 1894 ausgesprochen, daß dieselbe auch bei Berge⸗Dampfern,

entschieden, daß die Bestimmung der Städteordnungen, wonach nur ein Preuße das Heenbereee h erwerben kann, noch in Kraft sei.

Freundinnen, die Herzogin von Hannover und ihre Erzieherin die Frau von Harling, geb. von Uffeln, waren in Deutschland geblieben, und allei