1895 / 61 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 11 Mar 1895 18:00:01 GMT) scan diff

plötzlich niederlegt auf Ordre von außen? Es bleibt also dabei: die⸗ jenigen Arbeiter,kdie durch ihre Aeußerungen oder Handlungen zu er⸗

kennen geben, daß sie von meinem Standpunkt als unzuverlässig zu

erachten sind, werden nicht angenommen, oder, wenn sie es waren, entlassen.

Abg. Dr. Pachnicke (fr. Vg.): Die Befürchtungen, welche bezüglich der sozialdemokratischen Arbeiter in den Militärwerkstätten 8s werden, sind unbegründet; denn die Sozialdemokraten haben oft genug erklärt, daß sie ihr Vaterland ebenso lieben und gegebenen Falls vertheidigen werden, wie die anderen Staatsbürger, daß sie also auch nicht daran denken können, bei einer Mobilmachung die Arbeit niederzulegen. Was die Arbeiterwohnungen betrifft, so halte auch ich enbe nur für ein Mittel, die Freiheit der Arbeiter zu be⸗

ränken.

Die Position wird mit großer Mehrheit bewilligt.

Die Forderung von 400 000 (erste Baurate) für den Neubau einer Kaserne nebst Zubehör für ein Bataillon In⸗ fanterie nebst Regimentsstab, sowie eine Offizier⸗Speiseanstalt für ein Infanterie⸗Regiment in Straßburg i. Els. wird auf Antrag des Abg. Richter an die Budgetkommission zurück⸗ verwiesen.

Die erste Rate von 14 000 zum Neubau eines General⸗ Kommando⸗, Dienstwohnungs⸗ und Bureaugebäudes für das XVI. Armee⸗Korps in Metz beschließt das Haus, dem Antrage der Budgetkommission entsprechend, zu streichen.

Ferner werden gestrichen 1850 für die neu zu er⸗ richtenden zwei sächsischen Bezirks⸗Kommandos, die erste Bau⸗ rate für das Kriegsarchiv in Dresden in Höhe von 50 000 ℳ, 196 000 für Neubau⸗ und Ausstattungsergänzung eines Schulgebäudes für das Kadettenkorps in Dresden, für Be⸗ schaffung der ersten Bekleidung und Ausrüstung aus Anlaß der Etatserhöhung bei dem Kadettenkorps in Dresden 4000 Für die Vergrößerung und Einrichtung des Z bei Zeithain zu einem Truppen⸗Uebungsplatze werden statt der geforderten 9 000 000 5 000 000 bewilligt, für den Neubau eines Garnison⸗Lazareths in Borna (zweite Rate) statt der geforderten 90 000 50 000

Im Etat für Württemberg werden 9 000 000 zur Er⸗ werbung eines Truppenübungsplatzes für das württem⸗ bergische (XIII.) Armee⸗Korps gefordert, sowie zur Aus⸗ sühreng der für die wiederkehrende lagermäßige Unterbringung er Truppen auf demselben Einrichtungen (zweite Rate für Grunderwerb). Die 5 000 000 zu bewilligen.

Berichterstatter Abg. Gröber (Zentr.): Die Kommission war der Ansicht, daß an Stelle eines Truppenübungsplatzes ein Gefechts⸗ schießplatz genüge, und beantragt, für diesen 5 000 000 zu bewilligen. Die Mittel für die Einrichtung sind darin nicht einbegriffen. Die Militärverwaltung hat darauf hingewiesen, daß der alte Schießplatz den Bedürfnissen der Neuzeit nicht genügt, auch ein Uebungsplatz für die Infanterie nöthig sei. Bis jetzt habe man nur mit den größten Schwierigkeiten einen Platz für die Gefechtsschieß⸗ übungen der Infanterie erhalten können. Die Kommission hat das Bedürfniß für einen Schießplatz anerkannt, meint aber, es genüge ein Schießplatz für Artillerie und Infanterie. Die Gelder für die Ein⸗ richtung sollen später gefordert werden, eine Nachforderung zur Er⸗ weiterung des Schießplatzes ausgeschlossen sein.

Der Antrag der Kommission wird angenommen. Im

Kommission beantragt,

übrigen werden die einmaligen Ausgaben nach den Etats⸗ ansätzen genehmigt.

Damit ist der Militär⸗Etat bis auf die an die Kom⸗ mission zurückgewiesenen Posten erledigt.

Haus der Abgeordneten.

39. Sitzung vom Sonnabend, 9. März.

Die zweite Berathung des Etats der Bauverwaltung wird fortgesetzt. b 3 Ueber den Beginn der Sitzung ist gestern berichtet worden.

Bei der Position Verbreiterung des Oder⸗Spree⸗ Kanals nimmt nach dem Abg. Ring (kons.) das Wort

Ober⸗Baudirektor Wiebe: Die Untersuchungen, welche beim Oder⸗Spree⸗Kanal angestellt sind, haben ergeben, daß eine Verwässerung der angrenzenden Ländereien infolge Undichtheit des Kanals nicht mehr möglich ist. Es ist auch alles Mögliche gethan, um einer Verwässerung durch Grundwasser vorzubeugen. Was die Versandung des mittleren Laufs der Spree betrifft, so ist dieselbe auf keinen Fall so bedeutend, daß sie zu den Klagen des Vorredners im vollen Umfang berechtigte. Wo thatsächlich eine Schädigung der Adjazenten festgestellt wird, wird die Königliche Staatsregierung stets zu einer billigen Entschädi⸗ gung bereit sein.

Abg. Gothein (fr. Vg.): Der Oder⸗Spree⸗Kanal wird seine volle Ierenferne erst erhalten, wenn die Kanalisierung der oberen Oder und die Oderregulierung bei Breslau vollendet sein werden. Erst dann wird sich auch eine volle Verzinsung des Anlagekapitals mit 3 % erreichen lassen. Bei der zu erwartenden Steigerung des Verkehrs ist ein entsprechender reicherer Ertrag mit Sicherheit zu er⸗ warten. Zu berücksichtigen ist dabei auch, daß, falls man den Kanal nicht verbreitert und die Abgaben also einschränkt, man auch mit einem Minderertrag aus den Abgaben auf der Oder und auf den märkischen Wasserstraßen rechnen muß. Es ist deshalb dringend wünschenswerth, diese Wasserstraßen leistungsfähig zu gestalten und die Position zu bewilligen.

Abg. Graf von Strachwitz (Zentr.): Die Dimensionen des Kanals sind vor neun Jahren dem damaligen Verkehr entsprechend festgestellt worden. Die bedeutende Zunahme des Verkehrs rechtfertigt jetzt vollkommen eine Verbreiterung. Den Anspruch auf Entschädigung der benachtheiligten Adjazenten halte ich aber für vollständig gerecht⸗ fertigt. Auf Prozesse darf es bei dieser Gelegenheit die Regierung schon der Kosten für die Adjazenten wegen nicht ankommen lassen. Fordert man von der Staatsregierung, daß sie der Expansion des Verkehrs folgt, so muß man dieser Erweiterung des Kanals beistimmen. Der oberschlesischen Kohle wird es nur auf dem Wege des Wasser⸗ möglich sein, die Konkurrenz mit der enchche Kohle auf⸗ zunehmen.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Ich möchte auch meinerseits der Bitte des Herrn Vorredners aus vollem Herzen zustimmen. Daß der Oder⸗Spree⸗ Kanal einem tiefempfundenen Bedürfniß entsprochen hat, dazu bedarf es nicht theoretischer Beweise; vielmehr kann die Staatsregierung sich in dieser Beziehung auf die thatsächlichen Erfahrungen beziehen. Seit Eröffnung des Oder⸗Spree⸗Kanals ist der Verkehr auf demselben in einer Weise gestiegen, daß die Staatsregierung sich genöthigt gesehen hat, die Vergrößerung der Dimensionen? des Kanals ins Auge zu fassen und eine dementsprechende Position in dem Etat Ihnen vor⸗ zuschlagen.

1 Meine Herren, es ist von verschiedenen Seiten der Wunsch aus⸗ gesprochen worden, es möchte die Staatsregierung Auskunft geben über die bisherige Rente des Kanals. In der Budgetkommission waren wir leider noch nicht im stande, diese Auskunft zu geben, weil

bekanntlich die Erhebung der Abgaben für die Wasserstraßen erst vom

1. April d. J. ab auf die Bau⸗Verwaltung übergeht. Inzwischen sind indessen mit dem Herrn Finanz⸗Minister Verhandlungen gepflogen worden, und ich bin heute in der Lage, wenigstens annähernd die Rentabilität des Oder⸗Spree⸗Kanals Ihnen nachweisen zu können.

Es sind vereinnahmt worden auf dem Oder⸗Spree⸗Kanal im ersten Jahre rund 127 000 ℳ, im zweiten Jahre rund 160 500 ℳ, im dritten Jahre, dem letzten, rund 220 500 Es geht wohl schon daraus hervor, daß der Verkehr auf dem Kanal gewaltig wächst. Aus der Rentabilitätsrechnung ergiebt sich, daß bei einer Einnahme von 220 500 und bei den Kosten für Betrieb und Unterhalt von 98 000 ein Reinertrag von 122 500 bleibt. Wenn man die Baukosten mit 12 600 000 in Rechnung stellt, so erhält man eine Rente von 0,97 %, also rund 1 %. Meine Herren, das ist mehr, als wohl jemals, früher wenigstens, von einem Kanal erwartet worden ist. (Hört! hört! rechts.) Bei den früheren Bewilligungen, die das hohe Haus in Bezug für Kanäle gemacht hat, ist überhaupt, soweit ich unterrichtet bin, auf eine direkte Rente, auf eine Verzinsung des Kapitals nicht gerechnet. (Hört! hört! rechts.) Erst im vorigen Jahre ist zum ersten Male der Standpunkt aufgestellt worden und ich will die Berechtigung desselben durchaus hier nicht bestreiten (hört! hört! rechts), daß eine gewisse Rente aus den künstlichen Wasserstraßen erwartet werden müsse sei es nun, daß diese Rente direkt erzielt werde durch die Kanal⸗Gebühren, sei es indirekt dadurch, daß die Zunächst⸗ betheiligten an dem Kanal ihrerseits eine gewisse Rente gewährleisten. Bekanntlich war auf diesem Grundsatz die Vorlage aufgebaut worden, die im vorigen Jahre leider Ihre Zustimmung nicht gefunden hat, der Kanal von Dortmund nach dem Rhein. Bei der Gelegenheit ist ja des Breiteren die Frage erörtert worden, von welchen Grundsätzen man auch in der Zukunft beim Ausbau der Wasserstraßen in Bezug auf ihre Rentabilität ausgehen müsse.

Meine Herren, wenn ich nun nach diesem Grundsatz den Oder⸗ Spree⸗Kanal betrachte, so muß ich sagen, daß, wenn eine künstliche Wasserstraße, die bis jetzt nur unvollkommen ausgebaut ist, die, wenn ich mich so ausdrücken darf, nur ein Geleise hat, bereits im dritten Jahre ihr Kapital mit ungefähr 1 % verzinst, so ist das in der Ge⸗ schichte der Wasserstraßen, glaube ich, fast ein Unikum. Es beweist aber diese Thatsache auch andererseits, daß die Aptierung dieser Wasser⸗ straße für einen größeren Verkehr jedenfalls geeignet ist, das bisherige Anlagekapital und die Ergänzungskosten zu einer höheren Rente zu bringen, als es bisher der Fall gewesen ist.

Meine Herren, seitdem der Oder⸗Spree⸗Kanal Ihrerseits in der ursprünglich beschränkten Ausmessung bewilligt worden ist, sind drei auf Ihrer Genehmigung beruhende Momente hinzugekommen, die ge⸗ eignet sind, einen sehr erheblich vergrößerten Verkehr dem Kanal zu⸗ zuführen. Das ist der Ausbau der oberen Oder, die Her⸗ stellung des Großschiffahrtsweges durch Berlin und drittens der in der Ausführung begriffene Großschiffahrtsweg durch Breslau. Es ist nun unzweifelhaft, daß schon jetzt der Kanal kaum im stande ist, den gesteigerten Ansprüchen zu genügen. Sind diese drei großen Anlagen aber ausgeführt und in vollem Betriebe, so wird unzweifelhaft die Erfahrung beweisen, daß der Oder⸗Spree⸗Kanal in seinen gegenwärtigen Dimensionen den ihm zugeführten Verkehr zu fassen nicht in der Lage sein wird.

Meine Herren, der Oder⸗Spree⸗Kanal ist für die Industrie und, ich glaube nicht zu viel zu sagen, auch für die Landwirthschaft Schlesiens von der allergrößten Bedeutung. Die Provinz Schlesien ist durch ihre ungünstige, von zwei Grenzen auf lange Strecken eingeklemmte Lage im wesentlichen darauf angewiesen, ihre Produkte und ins⸗ besondere die Produkte ihres Kohlenbergbaus nach dem großen Konsum⸗ platze Berlin zu bringen. Sie hat sich daher auch in steigendem Maße an dem Konsum von Berlin und Umgegend betheiligt. Sie hat in neuerer Zeit gegen die englische Kohle, die sie zeitweise zurück⸗ gedrängt hatte, wieder mit größeren Schwierigkeiten zu kämpfen. Meine Herren, es sind oberschlesische Steinkohlen im vorigen Jahre nach Berlin gebracht worden 963 000 t; davon sind auf der Wasser⸗ straße transportiert 345 000 t. Den 963 000 t oberschlesischer Kohle stehen gegenüber 189 000 t englischer Kohle. Der Konsum an eng⸗ licher Kohle betrug im Jahre 1892 106 000 t, ist also in den beiden letzten Jahren um 83 000 t gestiegen. Allerdings ist auch die oberschlesische Kohle von 1892 nach 1893 nicht unbedeutend im Berliner Konsum gewachsen und im Jahre 1894 nur unerheblich gefallen; weit mehr hat der Konsum der Braunkohle, sei es in ihrer ursprünglichen Form, sei es in der Form der Briketts, zugenommen. Es geht daraus hervor, daß Schlesiens Zukunft mit dieser Wasserstraße auf das engste verbunden ist. Lassen wir sie in dem gegenwärtigen ungenügenden Zustand, so werden zweifelsohne die beiden hauptsächlichsten Konkurrenten von Schlesien: die englische Kohle und die Braunkohle, davon Vortheil ziehen.

Aber ganz abgesehen davon, schon aus rein wirthschaftlichen Rück⸗ sichten sind die 2 070 000 ℳ, nicht 2 500 000 ℳ, wie der Herr Abg. Gothein irrthümlich angeführt hat, sehr gut und rentabel angelegt, indem sie die Möglichkeit bieten, das gesammte Kapital ebenfalls höher zu verzinsen, als das in der beschränkten Form möglich ist.

Meine Herren, dem Oder⸗Spree⸗Kanal geht es genau so, wie jeder großen Anlage. Diejenigen, die den Vortheil davon haben, schweigen fein stille und nur diejenigen melden sich, die einen Nach⸗ theil davon haben oder ihn wenigstens zu verspüren glauben. Es erwächst daraus vielfach ein ganz falsches Bild und, wie schon mein Herr Kommissar nachgewiesen hat, ist jedenfalls bei den betreffenden Grundbesitzern eine solche falsche oder doch übertriebene Vorstellung vorhanden. Ich kann daher auch meinerseits nur dringend dazu rathen, den von meinem Herrn Kommissar empfohlenen Weg zu betreten, daß im Wege der Verhandlungen womöglich an Ort und Stelle festgestellt werde, ob und inwieweit eine Schädigung durch den Oder⸗Spree⸗ Kanal wirklich stattgefunden hat, und ich würde glauben, daß hierfür insbesondere der Wasserausschuß in seiner Zusammensetzung alle die⸗ jenigen Garantien bietet, die auch die Landwirthschaft ihrerseits nur wünschen kann für eine gerechte, vorurtheilsfreie Beurtheilung der betreffenden Sachlage. Ich wiederhole daher nochmals die dringende Bitte: bewilligen Sie die hier Ihnen vorgeschlagene erste Rate für die Erweiterung des Oder⸗Spree⸗Kanals. (Bravo!)

Abg. Reimnitz (nl.) befürwortet die Bewilligung der Hosten und hofft, daß sich in zehn Jahren der Verkehr so gesteigert haben werde, daß von neuem eine Verbreiterung nöthig würde.

Abg. von Woyna (fr. kons.): Ich erkläre namens meiner poli⸗ tischen Freunde, daß wir geschlossen für die Bewilligung dieser Position Hhenaen werden. Wir treten für die Bewilligung ein, nicht nur in

ücksicht auf die Möglichkeit einer Erhöhung der Rentabilität der

vorhandenen Wasserstraßen, worauf auch schon der Minister hi ewiesen hat, sondern auch mit Rücksicht auf die Wohlfahrt i⸗ rovinz Schlesien, deren natürliche Lag⸗ es durchaus erford da macht, daß man ihren reichen natürlichen Schätzen ein möglichst 2 Absatzgebiet verschafft. Berlin bleibt der Hauptabsatzort sür die 8. b Schlesien. Wir hoffen ganz bestimmt, daß es uns dur n B rweiterung des Oder⸗Spree⸗Kanals gelingen wird, die Konkurrenz e englischen und böhmischen Kohle zu brechen. Meine Partei ü. darum für die Forderung eintreten. ird Abg. von Buch (kons.): Wenn auch die Verzinsung nur 1 9 aufweist, so hält man das schon für ein Unikum. Thatsächlich ist ja auch erfreulich, daß die Verkehrsverhältnisse einen solchen 4, schwung genommen haben, h. überhaupt eine Rentabilität vorhande ist. Aber das Bedürfniß für eine Verbreiterung halten wir d nicht für so dringend, daß es bei der gegenwärtigen Finanzlage erfüll werden müßte. Ich wünschte, daß man eine höhere Verzinsung, etde durch Erhöhung der Gebühren, möglich machen könnte, damit mi demnächst den Wunsch der Provinz Schlesien erfüllen könnten b

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Ich möchte hier nur kurz berichtigen, daß ü nicht gesagt habe, daß eine Verzinsung von 1 % ein Unikum saj ich habe nur gesagt, der Oder⸗Spreekanal sei in so fern ein Unikun als er bereits im dritten Jahre 1 % aufbringt (hört, hört!), 8 das, glaube ich, kann ich vollständig aufrecht erhalten. (Sehr gut!)

Meine Herren, die Verbreiterung des Oder⸗Spreekanals with einen Zeitaufwand von zwei bis drei Jahren erfordern, und schon heut⸗ wissen wir positiv, daß wir in zwei Jahren nicht im stande sein werden 1 durch den Oder⸗Spreekanal die Transporte ordnungsmäßig auszuführen die demselben zufließen werden. (Hört, hört! links.) Es ist also n so fern dringend, daß die Erweiterung des Oder⸗Spreekanals in N⸗ griff genommen wird. Die Staatsregierung hat sich sehr schwer ent, schlossen, schon jetzt im dritten Jahre dazu überzugehen, das, was se allerdings schon bei der ersten Vorlage in Aussicht gestellt hat, ke dem Landtage zu beantragen. Aber die bittere Nothwendigkeit, de Nachweis, der uns geführt worden ist, daß die Zunahme der Schffe schon jetzt eine sehr erhebliche ist und in nächster Zukunft noch in stärkeren Dimensionen wachsen wird wir haben in dieser Beziehung umfangreiche Ermittlungen angestellt —, haben uns dazu veranlat schon in diesem Jahre die Vorlage zu machen. 2

Was die vom Herrn Abg. von Buch angeregte Gebührenfrage n⸗ betrifft, so darf ich mich wohl auf die Erklärung beziehen, die der Budget⸗Kommission gegeben und hier auch im hohen Hause zm Verlesung gekommen ist, und die darin gipfelt, daß die Staatsregiern mit dieser Frage beschäftigt ist.

Abg. Freiherr von Huene (Zentr.): Gerade hier, wo z dringendes Bedürfniß nachgewiesen ist, darf man auch angesichts; Finanzlage die Forderung nicht von der Hand weisen. Die Verbrg rung muß fertig sein, wenn nach Vollendung der Oder⸗Korrektion ein großer Verkehr dem Kanal zufließt; sonst erfahren wir schpa Verkehrsschäden. Die Rentabilität muß man doch nicht allein in de Höhe der Verzinsung und Amortisation suchen, sondern darin, ii durch den Kanal die oberschlesische Industrie leistungs⸗ und steuerfibt erhalten wird. Diese Erwägung ist auch für die schlesische Landwirt⸗ schaft von Bedeutung, die zum großen Theil von der Prosperität d oberschlesischen Industrie abhängig ist.

Abg. von (fr. kons.): Die Beschwerden de Abg. Ring sind in der Kommission nicht vorgebracht worden, aberme ich nach der Haltung der Kommission annehme, hätten sie auch nich zur Ablehnung geführt. Die soeben vorgetragenen Ansichten des Ach.

reiherrn von Huene repräsentieren auch die Ansichten der Kommissicr Ich füge noch hinzu, daß voraussichtlich die Verbreiterung des Kanal Flacnetig auch den Schäden für die Landwirthschaft abhelfen wird. Ge⸗ schieht das nicht, so wird das Abgeordnetenhaus gern bereit sein, angemessen⸗ Entschädigungen zu bewilligen. Fordert man den Nachweis der Va⸗ zinsung, fo wird man keinen Kanal, aber auch keine Sekundärbale bauen können. Wollte man die Abgaben von vornherein zu hoh stellen, so würden sie prohibitiv für den Verkehr wirken. Nachdem ui den ersten Schritt bei diesem Kanal gemacht haben, braucht man ga kein Kanalverehrer zu sein, um auch dem zweiten zuzustimmen. Die See wird angenommen. Abg. Weibezahn inl.) wünscht eine Vertiefung der Fahrrim der Süderelbe bei Hamburg, Verbindung des dortigen Hafens ut dem Eisenbahnnetz durch eine Gleisanlage und den Bau einer festa Brücke zwischen dem Südufer der Süderelbe und der Insel.

Geheimer Baurath Schelten sagt die Erfüllung des erste Wunsches nach Möglichkeit zu. Auch in Bezug auf die beiden ande Forderungen schwebten Verhandlungen mit den Interessenten.

Zur Vertiefung des Fahrwassers zwische Stettin und Swinemünde erste Rate werden 750 000 gefordert.

Abg. Broemel (fr. Ver.) führt aus, daß die Stadt Stettin, um sich infolge des Baues des Nord⸗Ostsee⸗Kanals konkurrenzfähig zu a halten, den Hafen mit einem Kostenaufwand von 10 ½ Millionen Ma ausbaue. Auch an den Kosten der Fahrwasservertiefungen von Stett nach Swinemünde betheilige sich die Stadt.

Abg. Jürgensen (nl.) wünscht einen besseren Schutz de Halligen in der Nordsee, von denen von Jahr zu Jahr mch abgespült werde. 1g

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen: u6“

Meine Herren! Es giebt gewiß niemanden hier im hole Hause, der nicht für die Reste eines einstens blühenden Landes, welche vor Jahrhunderten durch die brausende Nordsee zerrissen und vder schlungen worden ist, ein warmes Herz und gleichzeitig den dringende Wunsch hat, diese Reste thunlichst und soweit das mit einem ue. nünftigen Ausmaß von Mitteln möglich ist, zu erhalten und schützen. 1

Meine Herren, Sie ersehen aus der Vorlage, an die der Lm Vorredner angeknüpft hat, daß die Staatsregierung auch bereit it thatsächlich und mit verhältnißmäßig großen Opfern an diese Aufgu heranzutreten. Es ist zunächst für Pelworm und für Föhr ein Süch in Aussicht genommen; es schweben bezüglich letzterer Insel Te handlungen zwischen den betheiligten Ressorts. Die Erhaltung dies größeren Eilande ist an und für sich weniger schwierig, als der Sce⸗ und die Erhaltung der kleineren Reste, der eigentlichen Hallig⸗ 8 Ohland, Hoge, Habel, Gröte und wie sie alle heißen mögen. Es sa⸗ aber auch in dieser Hinsicht Vorarbeiten gemacht worden, die nh nicht zum Abschluß gekommen sind. Es ist aber, wie ich mir bercs erlaubt habe auszuführen, mit großen technischen Schwierigkeiten bunden und wird verhältnißmäßig hohe Opfer erfordern. Erwägung innerhalb der Staatsregierung wird aber jedenfalls, es auf mich ankommt, ein gutes Stück warmer, auf üigene;⸗

sc

schauung und Berührung beruhender Sympathie mit den Resten Halligen und den biedern Bewohnern derselben in die Wag hineingeworfen werden. (Bravo!)

Es ist auch durchaus nicht zu verkennen, daß die Frage 5 haltung der Halligen für die festländische Küste von der größten; 9 deutung ist. Wir schützen mit der Erhaltung der Halligen jedene⸗ einen Theil der Küste, wir dürfen sogar die kühnen Hoffnungen, der Herr Abg. Jürgensen hier ausgesprochen hat, daß wit

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ssi gegen die Nordsee vorgehen können, vielleicht, wenn auch nur

in bescheidenem Maße, auch unsererseits hegen. Es sind bereits” Arbeiten ausgeführt, die der Herr Abg. Jürgensen jedenfalls kennt ich erinnere an die Hamburger Hallig —, die uns hoffen lassen, 5 allmählich dort ein Marschgebiet sich wieder anschwemmen wird. Ich kann daher nur wiederholen: die Staatsregierung hat ein warmes Interesse für diese Frage und hofft auch, daß die Möglichkeit nicht

öllig ausgeschlossen ist, diesem warmen Interesse thatsächlich Aus⸗

druck zu geben.

Abg. Hansen (fr. kons.): Wir müßten nach dem alten Grundsatz erfahren: „Hand wird nur von Hand gewaschen; wenn Du nehmen willst, so gieb. Die Deiche in Föhr sind alt und schwach, und wenn sie auch noch den Stürmen dieses Winters Stand gehalten haben, so ist ihr Zustand doch unhaltbar. Ich hoffe, daß hier bald Hilfe eantein., von Woyna (fr. kons.) dankt für die Beihilfe zum Bau einer Weserbrücke bei Stolzenau, weist aber darauf hin, daß die Gemeinde arm ist und die von ihr zu tragenden Unterhaltungs⸗ kosten möglichst beschränkt werden müßten.

um „Neubau der Geschäftsgebäude für beide Häuser des Landtags“ sind als vierte Rate 1 250 000

ordert.

gef Berichterstatter Abg. von Tie de mann⸗Bomst (fr. kons.): Der Neubau des Abgeordnetenhauses wird noch in diesem Jahre unter Dach gebracht werden, im nächsten Winter sollen die Heizungsanlagen angelegt werden und 1897 wird das Haus in Benutzung genommen werden können. Aller Luxus ist bei dem Bau vermieden, er ist aber bequem und solide, und es ist für alle Bedürfnisse in jeder Weise gesorgt. Wenn wir dieses Lokal geräumt haben, kommt das Herren⸗ haus hierher, und bis Ende des Jahrhunderts dürften beide Häuser des Landtags fertig gestellt sein.

Hiermit ist der Etat der Bauverwaltung erledigt.

Das Gesetz, betreffend die von der Umgestaltung der Kassen im Bereich der Verwaltung der direkten Steuern betroffenen Beamten, wird von der Budget⸗ kommission mit geringfügigen Aenderungen zur Annahme empfohlen. 88

Abg. Kirsch (Zentr.) bittet den Finanz⸗Minister, dasselbe Wohl⸗ wollen, welches er in diesem Gesetz den Beamten des he seris der direkten Steuern entgegenbringe, auch den durch die Reform des Eisenbahnwesens disponibel werdenden Beamten gegenüber zu zeigen.

Zwei auf günstigere Berechnung des Diensteinkommens der Rentmeister von Rheinland und Westfalen gerichtete Amendements werden gegen die Stimmen eines Theils des

intrums und der Nationalliberalen abgelehnt, nachdem der herterungskoenmssar, Geheime Ober⸗Finanz⸗Rath Wallach, erklärt hatte, daß die in dem Gesetz enthaltene Feststellung des Diensteinkommens der Billigkeit und dem Grundsatz entspreche, den Beamten fortab dasselbe Einkommen zu sichern, was sie vom Staat erhalten hätten.

Ebenso lehnt das Haus einen Antrag, den Finanz⸗Minister u ermächtigen, das Wartegeld der Rentmeister bis auf Höhe des bisherigen Gehalts zu erhöhen, ab.

Nach § 9 soll der Finanz⸗Minister ermächtigt sein, den zu seiner Verfügung verbleibenden Beamten beim Uebertritt 6 eine nichtstaatliche, insbesondere in eine kommunale Dienststellung die Aufrechterhaltung ihrer dem Staat gegen⸗ über bereits erworbenen Ansprüche auf ension und Re⸗ liktenversorgung zuzusichern sowie Zuschüsse zu deren Besoldung bis zur Erreichung ihres seitherigen reinen Diensteinkommens, insoweit dasselbe den Betrag von 4200 zuzüglich des seitherigen Wohnungsgeld⸗ zuschusses nicht übersteigt, zu gewähren.

Die Budgetkommission beantragt, die gesperrt gedruckten Worte zu streichen.

Die Abgeordneten von Bockelberg (kons. Tiedemann⸗Bomst (freikons.) beantragen, diese aufzunehmen.

Auch dieser letztere Antrag wird abgelehnt und nach den Vorschlägen der Kommission die Vorlage in zweiter Berathung angenommen. 11AAA“

Schluß 4 Uhr.

und von orte wieder

Statistik und Volkswirthschafr.

Zur Arbeiterbewegung. 1“

Aus Aachen berichtet der „Vorwärts“, daß die Weber dortigen Firma Schwam born u. Classen die Arbeit heute wieder aufnehmen wollten, da der Ausstand durch Vermittelung des Fest. rungs⸗Präsidenten und des Vertreters des Polizei⸗Direktors beigelegt worden ist. Es wurde eine Lohnerhöhung und die Wiederanstellung eines entlassenen Webers zugesichert. 1 In Braunschweig sind die Barbiere in eine Lohnbewegung eingetreten; nach dem „Vorwärts“ fordern sie 6 Mindestlohn für die Woche bei freier Station und Anerkennung des Arbeits⸗ nachweises.

In Bamberg haben 386 demselben Blatt die Schuh⸗ und Schäfte macher der Firma anz wegen Lohnstreits die Arbeit niedergelegt.

Hier in Berlin haben in der Lederwaarenfabrik und Gürtlerei von O. Lundershausen die Gürtler, Drücker, Klempner und Schnittarbeiter die Arbeit eingestellt; als Grund wird die Ent⸗ Ph älterer Arbeiter engegeben. b

Zus Wien meldet „W. T. B.“: Etwa 15 000 Arbeiter zogen gestern Nachmittag nach dem Zentral⸗Friedhof, um auf dem Grabe der in den Märtagen von 1848 Gefallenen Kränze nieder⸗ ulegen. Ein Zwischenfall ist weder bei dem Hinmarsch nach dem riedhof noch bei dem Rückmarsch vorgekommen. Abends zogen

Arbeiter unter Absinguns von Liedern über die Ringstraße zum

Herlamentsgebäude, woselbst sie von der Polizei zum Verlassen des

latzes veranlaßt wurden.

Aus London wird dem „Wolff'schen Bureau“ über die Lohn⸗ bewegung der Schuhmacher (vgl. Nr. 58 d. Bl.) gemeldet: Infolge verwickelter Streitigkeiten zwischen Fabrikanten und Arbeitnehmern über die Anwendung von Maschinen und über einige andere Punkte at der „Nationale Schuharbeiterbund“ die Arbeiterschaft auf⸗ seordert, am 16. d. M. in den Ausstand einzutreten. An nn Ausstand werden 200 000 männliche und weibliche Ar⸗ ketbr, darunter 20 000 in und 9000 in Northampton be⸗ heiligt sein. Die Fabrikanten haben die Anrufung eines Schieds⸗ fenlchts abgelehnt, indem sie darauf hinwiesen, daß die Arbeiter

ühere schiedsgerichtliche Entscheidungen nicht respektiert haben.

d Aus Nancy geht dem Pariser „Temps“ eine Mittheilung zu, Fr ufolge der Bauunternehmer Gill, welcher für die Arbeiten am bsi Pont⸗St.⸗Vincent IJtaliener angeworben hatte, von fran⸗ vülleren Arbeitern mit Steinwürfen angefallen wurde. Der Wagen dlde zertrümmert; Gill mußte auf die Mairie flüchten. Gendarmerie 88 3 Denung wicder. 82 Die Itallener e he edrohungen un eschimpfungen durch die Bevölkerun

sofort Pont.St.⸗Wincent, schimofen 8 3 Sofia sind sämmtliche typographischen Arbeiter in

I einen Ausstand eingetreten

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Königlich preußisches Landes⸗Oekonomie⸗Kollegium.

Das Landes⸗Oekonomie,Kollegium trat am Sonnabend Vormittag im B“ e hierselbst zu seiner diesjährigen Sitzung zusammen. Vor Beginn der Sitzung erschien der Minister für Landwirthschaft ꝛc. Freiherr von Hammerstein. Der Vorsitzende, Wirkliche Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath und Ministerial⸗Direktor Sterneberg er⸗ öffnete die Versammlung mit der Mittheilung, daß der bisherige stellvertretende Vorsitzende Freiherr von Hammerstein durch seine Ernennung zum preußischen Landwirthschafts⸗Minister aus dem Landes⸗ Oekonomie⸗Kollegium ausgeschieden sei. Der Minister für Landwirthschaft ꝛc. Freiherr von Hammerstein bedauerte, hinfort nicht mehr Mitglied sein zu können, setzte aber zu⸗ hinzu, daß er durch seine amtliche Stellung jeßt in 8 engere Beziehung zu dem Kollegium gekommen sei. Der Minister hieß das Kollegium herzlich willkommen und fuhr dann etwa folgendermaßen fort: Meine Herren, Sie werden vielleicht zum letzten oder vorletzten Male in dieser Form hier tagen; denn wenn die Land⸗ wirthschaftskammern gesetzlich zur Einführung gelangen, dann wird die Wahl zum Landes⸗Oekonomie⸗Kollegium nicht mehr durch die landwirthschaftlichen Zentralvereine, sondern durch die Landwirthschaftskammern zu erfolgen haben. Ich habe jedoch die Ueberzeugung, daß diese formale Aenderung auf die Zusammensetzung dieses Kollegiums ohne Einfluß sein wird. Ich glaube daher, daß 8 auch unter dem veränderten Wahlsystem die Ehre haben werde, dieselben Herren hier begrüßen zu können. Meine Hemner, es ist kein Zweifel, daß die Lage der Landwirthschaft eine öchst kritische ist. Dies wird von der Regierung in vollem Umfang anerkannt. Es ist deshalb um so nothwendiger, daß eine Körper⸗ schaft wie das Landes⸗Oekonomie ⸗Kollegium Vorschläge macht, wie diesem Nothstand abgeholfen werden könne. Das Landes⸗Oekonomie⸗Kollegium hat ja bereits in seiner vorjährigen Versammlung diesen Weg betreten, indem es Kommissionen zur Be⸗ rathung der verschiedensten Fragen, die geeignet sind, eine Besserung der Lage der Landwirthschaft herbeizuführen, ernannt hat. Damit allein ist es aber noch nicht gethan. Es empfiehlt sich, zu diesen Kommissionsberathungen Sachverständige zu Rathe zu ziehen. n dieser ernsten Zeit ist die Verantwortung der Regierung eine um so schwierigere. Sie ist daher gern bereit, den Rath der Interessenvertretungen sowie der feachwissenschaftlichen Sach⸗ verständigen entgegenzunehmen, um an ihrem Theile der Land⸗ wirthschaft zu helfen und den Nothstand zu beseitigen.

Auf Vorschlag des Justiz⸗Raths Reich (Meyken in Ostpreußen) wurde hierauf Landeshauptmann von Röder (Ober⸗Ellguth, Schlesien) zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt und sodann in die Tagesordnung eingetreten.

Den ersten Gegenstand derselben bildete die Frage: „Welche Maßnahmen empfehlen sich, um der Tuberkulose des Rindviehs, der Schweine und Ziegen entgegenzutreten?“

Der Referent, Professor Dr. Schütz von der Thierärztlichen Hochschule zu Berlin führte aus, daß die Tuberkulose beim Rindvieh immer mehr um sich greife. Es empfehle sich daher, weniger auf die Zuchtwahl als darauf zu achten, daß gesundes Vieh erzeugt werde; deshalb sei es erforderlich, Zuchtbullen nur dann zu verwenden, wenn durch Einspritzung von Tuberkulin festgestellt worden, daß sie nicht tuberkulös seien. Er ersuche, folgendem Antrage zuzustimmen: „Das Landes⸗Oekonomie⸗Kollegium beschließt: 1) Es dürfte sich empfehlen, die mit Hilfe von Staatsmitteln angeschafften Bullen nur dann zur Zucht zu verwenden, wenn bei diesen nach der Einspritzung des Tuberkulins entweder keine oder nur eine ganz geringe Reaktion ein⸗ getreten ist. 2) Es dürfte sich empfehlen, an die Kälber nur Milch zu verabreichen, welche auf 85 Grad Celsius erwärmt ist.“ Der Redner bemerkte noch zur Begründung dieses Antrags, daß bei dem erwähnten Hitzegrad alle Tuberkeln getödtet werden.

Graf von Bernstorff (Wehningen in Hannover) befürwortete nachstehenden Antrag: „Das Landes⸗Oekonomie⸗Kollegium beschließt: Die Königliche Staatsregierung zu ersuchen: 1) Schritte zu thun, um die Versicherang egen Verluste beim Impfen von Viehbeständen aus importiertem Zuchtmaterial zu ermöglichen und zu erleichtern, 2) zu erwägen, ob nicht durch gesetzliche Bestimmungen oder Verordnungen, die den Sammelmolkereien aufgegeben werden könnten, Magermilch nur nach Erhitzung von 85 Grad Celsius den Lieferanten zurück⸗ zugeben seien“.

Nach längerer Debatte gelangten beide Anträge zur Annahme.

Es folgte ein Referat des Geheimen Regierungs⸗Raths Professor Dr. Maercker (Halle a. S.) über die Frage: „Nach welchen Richtungen sind unsere landwirthschaftlichen Versuchs⸗ stationen einer Ausdehnung bedürftig?⸗ Der Referent be⸗ merkte: Die Landwirthschaft befinde sich in einer Nothlage, weshalb sie bemüht sein müsse, ihr Rüstzeug möglichst zu vervollkommnen und alles aufzuwenden, damit sie befähigt sei, den Betrieb nach Möglichkeit zu fördern und sich aller wissenschaftlichen Hilfsmittel zu bedienen. Dazu sei es aber erforderlich, die landwirthschaftlichen Versuchsstationen weiter auszudehnen, d. h. die Versuchsstationen derartig zu gestalten, daß dieselben ihre Thätigkeit nicht bloß auf die Laboratorien zu beschränken genöthigt, sondern auch in der Lage seien, praktische Versuche, und zwar in größerem Maßstabe zu machen. Es müßten größere Versuchsfelder geschaffen werden, und zwar sei es erforderlich, daß in diesen Versuchsstattonen der Mann der Wissenschaft mit dem

raktiker zusammenarbeite. Es gebe doch eine ganze Reihe von ragen, wie: ob es angezeigt sei, Viehzucht zu betreiben, welche Art der Ftsefafag die beste sei, ob der Stalldünger dem Gründünger vor⸗ zuziehen sei, ob es üich empfehle, bei dem Zuckerrübenbau zu einer extensiven Wirthschaft überzugehen u. s. w., die nur auf dem Wege der Experimente, nicht aber im Laboratorium gelöst werden könnten. Es würde sich daher empfehlen, kleine Domänen, die unter den heutigen Verhältnissen billig zu haben wären, als Versuchsstationen anzukaufen. Im weiteren empfehle es sich, mit Rücksicht auf die große Bedeutung, die die Spiritus⸗ und Stärke⸗ Industrie als landwirthschaftliches Nebengewerbe haben, Versuchs⸗ stationen für Spiritus und Stärke zu errichten. Es sei bekannt, welchen großen Vortheil die von den Brauereien errichtete Versuchs⸗ brauerei in Berlin dem Brauereigewerbe gebracht habe. Aehnliche Vortheile würden zweifellos die Spiritus⸗ und Stärke⸗Industrie aus Versuchsstationen haben. Im weiteren empfehle sich zur Förderung des landwirthschaftlichen Betriebes die Verbesserung des landwirthschaftlichen Wanderlehrerthums. Derartige Dinge wären in hohem Maße geeignet, dem Nothstande der Land⸗ wirthschaft abzuhelfen. Korreferent, Landeshauptmann von Röder G „Ellguth in Schlesien): Er stimme mit den Ausführungen des Referenten vollständig überein, nur befürchte er, daß Versuche auf kleinen Domänen ich nicht stets auch auf großen Weihchschaften bewähren würden. Er ersuche, dahin zu wirken, daß Beeli roße Domänen als Versuchsstationen gepachtet würden. Ober⸗Forstmeister Dr. Danckelmann (Ebers⸗ walde) beantragte, die Fürsorge auch auf die Forstwirthschaft auszu⸗ dehnen. Es sprachen noch Kammerherr von Rheden (Rheden in Hannover), Amtsrath Elsner (Gr. Rosenburg, Provinz Sachsen), Rittergutsbesitzer von Arnim (Güterberg, Uckermark), Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Thiel (Berlin) und Landes⸗ Direktor Sartorius (Wiesbaden). Danach gelangte folgende, von dem Referenten beantragte Resolution einstimmig zur Annahme: „I. Das Landes⸗Oekonomie⸗Kollegium ersucht den Feimn Minister für Land⸗ wirthschaft, den landwirthschaftlichen Versuchsstationen größere Mittel zu stellen, damit dieselben, und zwar eine jede in ihrer speziellen Arbeitsrichtung, in die Lage kommen, ihre für die weitere Entwickelung der Landwirthschaft unentbehrlichen wissen⸗ schaftlichen Arbeiten in noch größerem Umfang als bisher zu fördern, auch die gleiche Fürsorge der Forstwirthschaft zuzuwenden. II. 1) Die Lage der undwitlhschaft erfordert eine gesteigerte und praktisch erfolg⸗ reiche Thätigkeit ihrer wissenschaftlichen Organe, besonders der landwirthschaftlichen Versuchsstationen, zur Erforschung der brennenden Tagesfragen, durch welche die Fandwereäsek hafac. Produktion gefördert und verbilligt werden kann. 2) Da die Gefahr 8 1“

als bisher zur Verfügun

vorliegt, daß die eigene opferwillige Versuchsthätigkeit der Landwirthe, durch welche dieselben die veutsche Landwirthschaft bisher in groß⸗ artiger Weise gefördert haben, durch die schlechte Lage, bei der doch eine Versuchsthätigkeit zur Erforschung der verschiedenen Verhältnisse besonders nothwendig ist, aufhört oder doch wesentlich eingeschränkt wird, so ersucht das Königliche Landes⸗Oekonomie⸗Kollegium den Herrn Minister für Landwirthschaft, ausgiebige Mittel zur Verfügung zu stellen, um das Versuchswesen zur möglichst schnellen Uebertragung der wissenschaftlichen Ergebnisse in die Praxis mehr als bisher zu unterstützen. 3) Für diesen Zweck hält es das Königliche Landes⸗Oekonomie⸗ Kollegium für angemessen, denjenigen landwirthschaftlichen Versuchs⸗ stationen, welche sich mit Vegetationsversuchen beschäftigen oder nach Lage der Verhältnisse dazu geeignet sind, eine Versuchswirthschaft, bezw. ein größeres Versuchsfeld zu überweisen, welches von einem praktischen Landwirth unter maßgebender Mitwirkung der betr. land⸗ wirthschaftlichen Versuchsstation zu bewirthschaften wäre. 4) Das Landes⸗Oekonomie⸗Kollegium ersucht den Herrn Minister, im Anschluß an die Versuchswirthschaften und auch betr. landwirthschaftlichen Versuchsstation eine Verbindung mit einer Versuchswirthschaft oder einem größeren Versuchsfelde nicht zulassen oder nicht angemessen erscheinen lassen, entsprechende Mittel zur Ver⸗ fügung zu stellen, um die Ausführung von Versuchen durch eine größere Zahl von geeigneten praktischen Landwirthen unter Ge⸗ währung eines vollen Ersatzes für die erwachsenden Kosten und Gewährung von technischen Hilfskräften zu ermöglichen. Diese Versuche sollen unter der Oberleitung der landwirthschaftlichen Versuchsstation, womöglich auch unter Heranziehung der Wander⸗ lehrer, Leiter und Lehrer der landwirthschaftlichen Winterschulen aus⸗ geführt werden. III. Da die beiden wichtigen landwirthschaftlichen Nebengewerbe, die Spiritus⸗ und Stärkefabrikation, bis jetzt Versuchs⸗ anstalten nicht besitzen, von solchen Anstalten aber eine Förderung der genannten Nebengewerbe zu erwarten ist, so ersucht das Königliche Landes⸗Oekonomie⸗Kollegium den Minister für Landwirthschaft, dahin wirken zu wollen, daß baldmöglichst solche Anstalten unter Mitwirkung der ne des Spiritus⸗ und Stärkefabrikanten⸗Vereins errichtet werden.“

Den nächsten Gegenstand bildete die Berathung über die Frage: „Ist es zweckmäßig, in den Tö“ seitens der Is w ei vDar en Provinzial⸗Vereine Viehzucht⸗ Inspektoren anzustellen? Nach sehr langer Debatte wurde auf Antrag des Oekonomie⸗Raths Winkelmann (Köbbing, Westfalen) folgender Beschluß gefaßt: „Das Landes⸗Oekonomie⸗Kollegium be⸗ schließt: den Herrn Minister für Landwirthschaft zu bitten, die An⸗ stellung von Viehzucht⸗Inspektoren auf Antrag der Zentralvereine durch Staatshilfe zu unterstützen’. Danach wurde die Verhand⸗ lung gegen 5 Uhr Nachmittags auf heute Vormittag 11 Uhr vertagt.

Der österreichische Agrartag hat, wie aus Wien gemeldet wird, einen Antrag auf Erhöhung der Staatssubventionen für die Hebung der Rindviehzucht angenommen. Ferner wurde eine Resolution genehmigt, in welcher die über das Heimathsrecht und um schleunige Er lich wurde ein ständiger Ausschuß gewählt.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗

Maßregeln. 8 Griechenland.

Quarantäne ist wieder aufgehoben worden.

(Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 4 vom 23. und Nr. 49 vom 25. v. M.).

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 9. d. M. gestellt 11 666, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. „In Oberschlesien sind am 8. d. M. gestellt 3993, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen. Zwangs⸗Versteigerungen.

Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin standen am 9. März die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Kleine Poststraße 2, dem Kaufmann Julius Hirschfeld ge⸗ hörig; Nutzungswerth 1800 ℳ; für das Meistgebot von 25 900 wurde der Kaufmann Heinrich Emmler, Beuthstraße 6, sts hh Ritterstraße 108, dem Rentier C. O. H. F. Boerner gehörig; Nutzungswerth 7194 ℳ; für das festgesetzte geringste Gebot von 61 700 wurde der Kaufmann Max Benjamin zu Berlin Er⸗ steher. Buchholzerstraße 1, dem Kaufmann Wil helm Siek zu Weißensee gehörig; Fläche 7,21 a; Nutzungswerth 8340 ℳ; Mindestgebot 700 ℳ; für das Meistgebot von 122 000 wurde die IEöe Deutsche Grundschuldbank zu Berlin Er⸗ tteherin.

Beim Königlichen Amtsgericht II Berlin gelangten die nachbenannten Grundstücke zur Versteigerung: Das im Grundbuch von Weißensee Band 6 Blatt Nr. 151 auf den Namen des Dampf⸗ schleifereibesitzers Carl Scheibert zu Weißensee, Langhansstr. 33, eingetragene, zu Weißensee, Langhansstr. 33, belegene Grundstück; Fläche 8,37 a; Nutzungswerth 2420 ℳ; Mindestgebot 533 ℳ; für das Meistgebot von 48 000 wurde die verehelichte Dampfschleiferei⸗ besitzer Anna Scheibert, geb. Oleischuck, zu Weißensee, anghans⸗ straße 33, Ersteherin. Das im Grundbuch von Reinicken dorf Band 16 Blatt Nr. 506 auf den Namen des Häusermaklers Franz Köhler zu Berlin, Lynarstraße 4, eingetragene, zu Reinicken⸗ dorf S Grundstück; Fläche 6,56 a; Nutzungswerth 335 ℳ; indestgebot 244 ℳ; für das Meistgebot von 5020 wurde die Frau Buchhalter Emma Dartsch, geb. Teichert, verwittwet gewesene Kellermeister zu Berlin, Cuxhavenerstr. 6, Er⸗ steherin. Das im Grundbuch von Weißensee Band 28 Blatt Nr. 804 auf den Namen des Bäckermeisters Richard Hammel⸗ mann zu Neu⸗Weißensee, Sedanstraße 28, eingetragene, zu Neu⸗ Weißensee, Sedanstraße 28, belegene Grundstück; Fläche 4,43 a; Nutzungswerth 880 ℳ; Mindestgebot 809 ℳ; für das Meistgebot von 17 500 wurde der Bäckermeister Emil Liebing zu Reinickendorf, Residenzstr. 59, Ersteher. Eingestellt wurde das Verfahren der Zwangsversteigerung wegen des Grundstücks zu

ankow, an der verlängerten Florastraße belegen, dem Baumeister Dreßler, zu Berlin wohnhaft, gehörig.

Beim Königlichen Amtsgericht zu Charlottenburg. Das Verfahren der Zwangsversteigerung des im Grundbuche von der Stadt Charlottenburg Band 121 Blatt Nr. 4452 auf den Namen des Banquiers Markus Kappel zu ⁄16, des Banquiers David Kappel zu ¾⁄16, des Kaufmanns Hermann Jacoby zu d, des Banquiers Abraham 88 zu x eingetragenen, zu Charlotten⸗ burg, Schloßstraße 38, belegenen Grundstücks wird aufgehoben. Die Termine am 8. April d. J. fallen fort. Ferner wurde das Ver⸗ fahren der Zwangsversteigerung des im Grundbuche von der Stadt Charlottenburg Band 39 Blatt Nr. 1778 auf den Namen des Bau⸗ meisters FranzPiater zu Berlin eingetragenen, zu Charlottenburg, Leibnizstr. 72, belegenen Grundstücks acra gh Das Verfahren der

wangsversteigerung wegen des Grundstücks zu Charlottenburg,

15, Parzelle Nr. 14 belegen, dem Kaufmann Richard Graff gehörig, jetzt auf den Namen des Malermeisters A. Evard eingetragen, wurde aufgehoben.

Die Einnahmen der Lübeck⸗Büchener Eisenbahn betrugen im Februar 1895 nach vorläufiger Feststeung 258 460 egen 300 808 im Februar 1894, mithin weniger 42 348 He Gesammteinnahmen vom 1. Januar bis Ende Februar 1895 be⸗ trugen 591 831 gegen 603 124 im gleichen Zeitraum des Vor⸗ jahres, mithin weniger 11 293

da, wo die Verhältnisse der

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edigung derselben gebeten wird. Schließ⸗

Die gegen Provenienzen aus Dedeagatsch verhängte keöntägige 4