Aus Friedrichsruh trgf hierauf das folgende, um 7 Uhr 15 Minuten Nachmittags“ aufgegebene Antwort⸗Tele⸗ gramm ein:
„Seiner Majestät dem Kaiser und König, Berlin. . Eure Majestät bitte ich, den ehrfurchtsvollen Ausdruck meiner Dankbarkeit für die Allerhöchste Kundgebung entgegenzunehmen, durch welche Eure Majestät jene mir noch unbekannte en meiner alten politischen Gegner zum Anlaß einer erfreuli hen Chena für mich umwandeln. von Bismarck.“
8
Seine Majestät der Kaiser und König haben
mittels Erlasses vom 13. d. M. bestimmt, daß am 1. April d. J, als an dem Tage, an welchem der Fürst von Bismarck, Herzog von Lauenburg, sein 80. Lebens⸗ jahr vollendet, die Keichs⸗ und Staatsgebäude beflaggt werden.
Der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten hat mit Allerhöchster Ermächtigung angeordnet, daß aus demselben Anlaß am Montag, den 1. April, der Unterricht an allen Schulen ausfällt.
Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für das Seewesen und für Handel und Verkehr hielten heute eine Sitzung. 8
Das Staats⸗Ministerium trat heute Nachmittag 2 Uhr unter dem Vorsitz des Minister⸗Präsidenten Mürsten zu Hohenlohe im Dienstgebäude, Leipziger Platz 11, zu einer Sitzung zusammen. 8
Die im Reichs⸗Eisenbahnamt aufgestellte Uebersicht der Betriebsergebnisse deutscher Eisenbahnen im Monat Februar 1895 ergiebt für 68 Bahnen, die schon im Februar 1894 im Betriebe waren, Folgendes: Gesammtlänge: 38 581,61 km.
im gegen auf gegen Einnahme ganzen das Vorjahr 1 km]†das Vorjahr
ℳ ℳ ℳ 7ee e;
für alle Bahnen im Februar 1895 aus dem Per⸗ sonenverkehr [17 694 6457 1 343 8466 468]⁄8 41 — 8,06 aus dem Güter⸗ verkehr . . . . 62 741 469 — 1 301 598 1 631 +— 54 — 3,22 für die Bahnen mit dem Rechnungsjahre 1. April — 31. März in der Zeit vom 1. April 1894 bis Ende Februar 18905
aus dem Per⸗
sonenverkehr . 264112864+6 058 147 8571+ 68 + 0,80 aus dem Güter⸗ -
verkehr . . . . 672455514]5+‿6 358 871] 21 448—- 115 — 0,53 für die Bahnen mit dem Rechnungsjahr 1. Januar — 31. Dezember in der 6 vom 1. Januar bis Ende
Februar 1895
aus dem Per⸗ 8 V
sonenverkehr. 6 901 3627— 396 341] 1 011 61 — 5,69 aus dem Güter⸗ .
verkehr . . . . 18 072 872 — 82 275] 2 617 — 19 — 0,72 Eröffnet wurde am 20. Februar die Strecke Eilenburg —Düben 17,70 km (Königliche Eisenbahn⸗Direktion in Erfurt) 8
8 8 8
Der General⸗Lieutenant von Petersdorff, Komman⸗ deur der 17. Division, ist mit kurzem Urlaub hier eingetroffen.
Der Köͤnigliche Gesandte in München Freiherr von Thielmann hat einen ihm Allerhöchst bewilligten kurzen Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit fungiert der Legations⸗Sekretär Graf von der Groeben als Geschäfts⸗ träger.
Der Landrath LE11A““ ist aus dem Kreise Norden, Regierungsbezirk Aurich, in gleicher Amtseigenschaft in den Kreis Hamm, Regierungsbezirk Arnsberg, versetzt worden.
Der Regierun zeügse ser Dr. Schreiber zu Posen ist
dem Königlichen Ober⸗Präsidium zu Posen zur weiteren dienst⸗
lichen e überwiesen und der Regierungs⸗Assessor romberg dem Landrath des Kreifes Stein⸗
Vanselow aus burg, Regierungsbezirk Schleswig, zur Hilfeleistung zugetheilt worden.
Dem Regierungs⸗Assessor von Behr zu Greifswald ist die kommissarische Verwaltung des vom 1. April 1895 ab zur Erledigung kommenden Landrathsamts im Kreise Greifswald übertragen worden. 1
Der zur Zeit als Hilfsarbeiter bei dem Landrath des
Kreises Düren beschäftigte Regierungs⸗Assessor Dr. Brüg⸗
mann ist der Königlichen Regierung in Oppeln zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen worden.
Der zur Zeit zur probeweisen Beschäftigung im höheren EEö der freien und Hansastadt Hamburg beurlaubte Regierungs⸗Assessor Dr. Hayessen ist vom 1. April d. J. ab der Königlichen Regierung zu Posen zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen worden.
r Dr. von Müller ist, wie meldet, gestern Nachmittag kurz nach 3 Uhr ge⸗
“ Hessen.
In Anwesenheit der gesammten Großherzoglichen amilie, der Herzoglich coburgischen Familie, des rinzen und der Prinzessin Friedrich Carl von Hessen, owie zahlreicher Würdenträger fand, wie „W. T. B.“ be⸗
richtet, gestern die Taufe der jüngst geborenen Prinzessin statt. Die Prinzessin erhielt die Namen Elisabeth Marie Alice Viktoria. 8 28
Oldenburg. 5 —
H) Seine Königliche Hoheit der Großherzog ist gestern on 8-S nach Oldenburg zurückgekehrt. ist ges
Der Landtag, der in seiner Sitzung vom 22. d. M.
zu der für das vorbehaltene Krongut auf⸗
zunehmenden Schloßbau⸗Anleihe ertheilt und die für eine Bau⸗
gewerk⸗ und Maschinenbauschule beantragte Staatssubvention
bewilligt hatte, genehmigte in seiner vorgestrigen Sitzung den
für die Erweiterung der Pieranlagen in Nordenham verlangten 000 und wurde sodann geschlossen.
seine Zustimmung
Zuschuß von
Der Landta Vorlagen am Sonnabe
st nach Erledigung der ih chlossen worden.
che Seiner Durchlaucht des Fürsten morgen Nachmittag in Detmold statt. Seine Erlaucht der Graf Ernst zur Lippe⸗Biesterfeld mit Familie und Seine Durchlaucht der Prin von Sachsen⸗Meiningen mit Gemahlin,
Oeynhausen eingetroffen.
. Die Beise Woldemar
riedrich
Oesterreich⸗Ungarn.
In der vorgestrigen Sitzung des österreichischen Ab⸗ geordnetenhauses richtete der Abg. Bareuther eine Interpellation an den Unterrichts⸗Minister wegen angeb⸗ licher Einflußnahme der Unterrichtsverwaltung auf die P fessoren der Innsbrucker Universität gegen die Betheiligung an der Feier des 80. Geburtstags des Fürsten Bismarck.
Das ungarische Oberhaus lehnte im weiteren Ver⸗ laufe der vorgestrigen Sitzung den Gesetzentwurf über die Rezeption der jüdischen Religion mit 117 gegen 111 Stimmen ab.
Der „Budapester Korrespondenz“ zufolge beabsichtigt die Regierung, bei der Berathung des Nuntiums des Ober⸗ hauses über das Gesetz, betreffend die freie Religions⸗ übung, im Unterhause zu beantragen, den vom Oberhause gestrichenen Abschnitt unverändert und den Gesetzentwurf in dieser Fassung dem Oberhause zurückzusenden.
Großbritannien und Irland.
Die Kaiserin Friedrich ist am Sonnabend von London
nach Deutschland abgereist. Der Admiral Lord Clarence Brighton gestorben.
anzunehmen
Paget ist vorgester
Frankreich. Der König Alexander von Serbien ist gestern
von Paris nach Belgrad abgereist. Bei drei gestern in Frankreich vorgenommenen Wahlen zum Senat wurden ein Royalist und zwei Republikaner
Rußland.
ntlichter Kaiserlicher Ukas bestätigt
Ein vorgestern verö seinem früheren Amt als
den Geheimen Rath Schi Adlatus des Ministers des
Italien.
Nach einer dem Pariser „Figaro“ aus Rom zugegangenen Depesche wäre es moöglich, daß Herzogs von Aosta in England stattfinde.
Das Kassationsgericht wird dem wahrscheinlich am 10. oder 17. April über die Berufung Giolitti's verhandeln.
Die „Politische Korrespondenz“ meldet aus Rom, die dortigen maßgebenden Stellen hätten dem Chinas gegenüber betont, daß eine Initiative Italiens bezüglich einer etwaigen Intervention der europäischen Mächte in den chinesisch⸗japanischen Friedensverhan ausgeschlossen sei; doch könne die italienische Regierung
sie sich einer eventuellen Aktion der sierten Mächte England,
die Vermählung des „W. T. B.“ zufolge
Gesandten
prinzipiell erklären, daß an der ostasiatischen Frage meistinteres und Rußland anschließen werde.
Spanien.
Das neue Kabinet hat sich am
konstituiert. Es ist in folgender Weise zusammengesetzt’: Praäͤ⸗ sident Canovas del Castillo, Aeußeres Herzog von Tetuan, Justiz Romero, Krieg Azcarraga, Marine Finanzen Reverter, Inneres Cosgayon, öffentliche Arbeiten Bosch, Kolonien Castellanos. Minister sind bereits vorgestern vereidigt worden. — Ferraz ist zum Unter⸗Sekretär des Auswärtigen, Ramiro zum Prä⸗ fekten und Renalver zum Bürgermeister von Madrid er⸗ nannt worden.
Die dissentierenden Konservativen hielten eine Versammlung ab; der Führer dieser Partei Si äußerte die Ansicht, daß das neue Kabinet einer Vereinigung der konservativen Elemente nicht günstig sei; reunden, die Regierung zu unterstützen. „Nacional“ appelliert an den Patriotismus der Nation: man möge die Ruhe wieder⸗ herstellen, die wirthschaftliche Lage ordnen und die Regierung in den Stand setzen, vor allem den Aufstand auf Cuba zu unterdrücken. Die konservative Partei werde die Regierung ihren seit der Restauration befolgten Doktrinen gemäß führen.
8 Schweden und Norwegen. „Der König wird sich, wie „W. T. B.“ aus Stockholm berichtet, morgen nach Christiania begeben.
Dänemark. Die Kaiserin⸗Wittwe von Rußland Wum 6 Uhr 50 Minuten mittels Sonderzugs von Gjedser in Kopenhagen eingetroffen. Der Kronprinz und der Prinz Waldemar waren der Kaiserin⸗Wittwe bis Gjedser entgegengefahren. Der König und die Königliche Familie waren zum Empfang am Bahnhof anwe
Amerika.
meldet „W. T. B.“ Manuel Candamo habe provisorisch die Präsidentschaft übernommen; Caceres habe sich nach Panama eingeschifft; die Bevölkerung habe Pierola mit Willkommensrufen empfangen; man nehme an, daß die Wahlen günstig für Pierola ausfallen würden.
MNach einem heute in New⸗York eingetroffenen Telegramm aus Lima hält General Mas, ein Anhänger Caceres' die Städte Cuzco und Puno besetzt. ländische Unterthanen, die zahlen, mißhandeln lassen.
Sonnabend Nachmittag
Beranger,
B er empfehle indessen seinen Das offiziöse Blatt
ist vorgestern
Aus Lim 9
hat aus⸗ sanleihen zu
. zt. Der General sich weigerten, Zwang
Ein bei dem Indischen Amt eingegangenes Telegramm bestätigt die Nachrichten aus Chitral und meldet weiter, daß Lieutenant Jones, der zweite Kommandierende in der Ab⸗ theilung des Lieutenants Roß, schwer verwundet worden sei. Eine Abtheilung von 20 Sappeuren unter Lieute⸗ nant Fowler und Lieutenant Edwards sei von der Roß'schen Truppe detaschiert gewesen. Bis jetzt sei noch keinerlei Nachricht von dieser Abtheilung eingegangen, und es werde befürchtet, daß der letzte Verlust der Engländer die Stämme, die sich bisher passiv verhalten hätten, zur Erhebung der Waffen gegen die Engländer ver⸗ anlassen könne. Es sollen sobald als möglich von Gilgit aus Verstärkungen vorgeschoben werden.
Aus Shimonoseki von gestern wird gemeldet, daß ein junger Japaner, als Li⸗Hung⸗Tschang von der Konferenz mit den japanischen Bevollmächtigten nach seiner Wohnun zurückgekehrt sei, mit einer Pistole auf ihn geschossen un ihn am Gesicht verwundet habe. Man schreibe das Verbrechen irregeleitetem Patriotismus zu. Der betreffende Japaner, der sofort verhaftet wurde, heißt Koyama Rokunosuki und ist 21 Jahre alt. Von seinem Vorleben weiß man nichts. Der Schuß hat die Wange getroffen, die Verwundung wird jedoch nicht für bedeutend gehalten. Der Premier⸗Minister Graf Ito telegraphierte nach Hiroshima um Entsendung des Dr. Sato, des Leibarztes des Kaisers. Die Minister und die höchsten Beamten sprachen in der Wohnung Li⸗Hung⸗ Tschang's vor. Seitens der Halizet und des Militärs sind Vorkehrungen gegen die Wiederholung eines solchen Aagriffe getroffen worden. Die Regierung hat Li⸗Hung⸗Tschang ihr tiefes Bedauern über die fanatische That ausgedrückt; der Kaiser und die Kaiserin von Japan ließen durch einen besonderen Abgesandten Li⸗Hung⸗Tschang ihre Theilnahme und ihren Abscheu vor der Frevelthat aussprechen.
Die „Times“ meldet aus Kobe: es verlaute daselbst gerüchtweise, Li⸗Hung⸗Tschang habe bereits alle Hoffnung auf
rfolg der Friedensverhandlungen aufgegeben.
Das japanische Parlament wird nach einer Meldung des „Reuter’'schen Bureaus“ aus Kobe heute geschlossen werden.
Die amtlichen Berichte beziffern die Verluste des ja⸗ panischen Heeres in der Zeit vom 21. September vorigen Jahres bis zum 8. März dieses Jahres auf 541 gefallene, 131 ihren Wunden erlegene, 981 an Krankheiten verstorbene Offiziere und Mannschaften; insgesammt auf 1653 Mann.
Das in Yokohama erscheinende Blatt „Jiji“ meldet: Die Japaner hätten die westliche Insel der Pescadores am 21. d. M. besetzt. Zuerst seien die Matrosen gelandet, denen die Truppen Pefolgt seien. Widerstand sei nicht geleistet Offizielle Berichte über die Besetzung lägen noch nicht vor.
Aus Shanghai wird der „Times“ unter dem 23. März telegraphiert: Nach der Ansicht von Marine⸗Sachverständigen würde die Besetzung Formosas durch eine kriegführende Macht den Interessen Großbritanniens wider⸗ sprechen, da die Schiffahrtsverhältnisse des Kanals von Formosa im Sommer sowohl wie im Winter den Handels⸗ verkehr von einer noch so kleinen Seemacht abhängig machten, die auf Formosa ihre Basis habe.
Nach einer Meldung vom 24. d. M. hätten sich die Chinesen auf Kintschu in Nord⸗China zurückgezogen. Die militärischen Operationen würden durch Schneestürme ver⸗
2„
üdwestlich von Kintschu genommen.
8—
Afrika. .
Nach einer in Madrid eingetroffenen Nachricht haben die Mauren das spanische Fort Rio de Hro an der Westküste Afrikas angegriffen. Die Garnison wies den Angriff zurück.
Parlamentarische Nachrichten. 8
Der Schlußbericht über die vorgestrige Sitzung
des Reichstags befindet sich in der Zweiten Beilage. — Der Geheime Regierungs⸗Rath Bredt, Mitglied des Herrenhauses, ist am 23. d. M. gestorben.
— Der Herrschaftsbesitzer von Langendorff, Mitglied des Hauses der Abgeordneten, ist am Sonnabend zu Schloß Ka⸗ witsch gestorben.
Statistik und Volkswirthschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
In Nürnberg sind, wie im „Vorwärts“ mitgetheilt wird, sämmtliche Arbeiter der Velozipedfabrik von Carl Waarschüt u. Co. wegen Lohnkürzung in den Ausstand eingetreten. Die Zahl der Aus⸗ ständigen wird mit 170 angegeben.
Aus Schmölln wird dem „Chemn. Tgbl.“ geschrieben: Der Ausstand der hiesigen Steinnußknopfarbeiter (vgl. Nr. 64 d. Bl.) scheint seinem Ende entgegen zu gehen. Infolge der Ver⸗ mittelungsbemühungen eines Abgesandten er Gewerkvereine sind ver⸗ schiedene, dem Verein angehörige Arbeiter bei ihren Arbeitgebern ge⸗ wesen und haben um Arbeit nachgefragt. Schon am vorigen Dienstag traten einige Arbeiter wieder in die Fabriken ein. Am Mittwoch haben 20 Mann in einer Fabrik die Arbeit wieder aufgenommen. Das Ausstandscomité macht bekannt, daß die Arbeiter, da die Fabri⸗ kanten erklärt hätten, nicht alle Arbeiter wieder annehmen zu wollen, eine Genossenschaftsknopffabrik gründen wollen. b
In Haynau i. Schl. haben nach dem „Vorwärts“ in einer Ziegelei 18 Arbeiter und 4 Arbeiterinnen wegen der Lohnverhältnisse die Arbeit eingestellt.
Aus London meldet „W. T. B.“ zum Ausstand der Schuh⸗ fabrik⸗Arbeiter: Der Staatssekretär des Innern Asquith drückte Labouchêre in einem Hüte en seine warme Zustimmung aus zu den Bemühungen, den Schuharbeiterausstand beizulegen. Die Meister haben es indessen abgelehnt, auf die eee ig. einzugehen.
In Montegnée kam es, wie dem „W. T. B.“ aus Lüttich vom 23. d. M. berichtet wird, zu einem Zusammenstoß zwischen den ausständigen Grubenarbeitern und Gendarmen. Die Ausständigen
aben Revolverschüsse ab, worauf die Gendarmen nach entsprechender Aufforderung an die Ausständigen Feuer gaben; mehrere von ihnen wurden verwundet und von ihren Genossen vom Platze geschafft. — Der Ausschuß des belgischen Arbeiterbundes veröffentlicht ein Manifest, in welchem die Grubenarbeiter aufgefordert werden, die Arbeit wieder aufzunehmen und zu warten, bis ein Einvernehmen zwischen den Arbeitern aller Gegenden des Landes hergestellt ist, um einen allgemeinen Ausstand zu beginnen, wenn das von der Regierung de Kommunalwahlgesetz votiert würde.
Aus Lens wird vom Sonnabend gemeldet: Der Kongreß der französischen Grubenarbeiter ist beendet; der Antrag zu
Gunsten eines allgemeinen Ausstandes wurde abgelehnt. — In einer
hnbert Die japanischen Schiffe hätten die In el Tao oa
gestern in Lens abgehaltenen sozialistischen Konferenz, in welcher etwa 3000 Pers⸗
onen anwesend waren, legten die sozialistischen Deputirten das revolutionäre Programm vor. Die Versammlung nahm einstimmig eine Tagesordnung an, welche sich für die Solidarität aller Arbeiter ausspricht. .
Aus Verviers wird dem „Wolff'schen Bureau“ gemeldet, daß der Direktor Simonis der großen dortigen Weberei den Ver⸗ tretern der ausständigen Arbeiter (vgl. Nr. 68 d. Bl.) mitgetheilt habe, er werde infolge ihrer Weigerung, die gemachten Einigungsvor⸗ schläge anzunehmen, die Fabrik schließen. Hierdurch werden 1100
Arbeiter beschäftigungslos.
Aus Philadelphia wird der Londoner „Times“ vom 23. d. M. legraphiert, daß 65 von den in New⸗York angehaltenen iamantschleifern die Landung gestattet werde, während
75 Diamantschleifer Anweisung erhalten haben, nach Europa zurückzu⸗
kehren. (Vgl. Nr. 72 d. Bl. unter
8 Kunst und Wissenschaft.
Um Anfragen und Mißverständnissen zu begegnen, sei zu unserer unlängst gebrachten Mittheilung über die Besuchszeit der König⸗ lichen Museen während der Sommermonate bemerkt, daß Mon⸗ tags die Sammlungen geschlossen bleiben.
J†† Im Oberlichtsaal von Schulte's Kunstsalon, Unter den Linden, ist gegenwärtig eine Son der⸗Ausstellung von Werken des Münchener Malers Fritz August von Kaulbach veranstaltet. Was die Gemälde dieses Künstlers, der Piloty's Nachfolger als Direktor der Münchener Akademie wurde, besonders aus⸗ zeichnet, ist die geschmackvolle Art, in der er die Errungen⸗ schaften fast aller Epochen der Malerei sich zu eigen gemacht hat; das Wesen seiner künstlerischen Persönlichkeit geht in diesem Eklektizismus auf. Die im großen Stile komponierte „Grablegung Christi“ zeigt die vornehme, aber kühl akademische Haltung der älteren Historienmalerei; einzelne Typen, wie der des Lieblingsjüngers Christi, erinnern stark an Gebhardt, aber der malerische Vortrag ist volltöniger, die asketische Härte des Düsseldorfer Meisters gemildert. Künstlerisch bedeutender sind die zahlreichen Damenporträts, die K. zu einem Liebling der Münchener Kunstwelt gemacht haben. Frreilich finden sich auch hier Anklänge an Angeli, Lenbach und Piglhein, aber fast immer weiß der Maler durch eine glückliche Wendung des Vor⸗ wurfs die Aufmerksamkeit von seinen Vorbildern auf sich zu lenken. Ein Meisterstück in der Delikatesse der Farbenstellung und Vor⸗ nehmheit der Auffassung ist das Bildniß einer Dame in violettem Kostüm am Strande des Meeres. Auch ein Frauenprofil nach rechts in Pastellfarben hebt sich besonders wirkungsvoll aus seiner Umgebung hervor, aus der wir noch eine Brünette im Spitzen⸗ schleier, eine sitzende Dame in weiß und eine Halbfigur in Pastell sowie eine liebenswürdige Blondine mit gelbem Strohhut erwähnen wollen, während ein antik stilisierter Frauenkopf
in den Formen etwas leer, das Porträt einer alten Dame allzu
kleinlich durchgeführt scheint. Ernsten, persönlichen Stil zeigen die
Landschaften K. s, eminentes Geschick die effektvollen und doch nicht
aufdringlichen Stillleben und dekorativen Entwürfe. In allen Arbeiten aber bekundet der Maler ein Feingefühl für Farbenwirkung, eine Vornehmheit des Geschmacks, die seine Leistungen über das Nipeau der Berliner Kunst erheben.
In den vorderen Räumen der Schulte'schen Kunsthandlung treffen wir die beiden Altmeister der Düsseldorfer Landschafterschule Dswald und Andreas Achenbach, die ihren bekannten Vorwürfen immer noch neue Reize abzugewinnen verstehen. Andreas Achenbach, der in
diesem Herbst sein achtzigstes Lebensjahr vollendet, hat eine holländische
Kanallandschaft im Mondschein ausgestellt, die sich seinen gelungensten Jugendwerken würdig anreiht: wohl das beredteste Zeugniß für die unverwüstliche Schaffenskraft des gefeierten Greises; während Oswald Achenbach durch zwei farbenglühende italienische Veduten seine Ver⸗ ebrer zu lauter Bewunderung hinreißt. Ein Blick auf die im gleichen Saale hängenden Landschaften von F. A. O. Krüger, Wentscher und C. Lessing lehrt uns allerdings, daß die jüngere Künstler⸗ generation mit andern Augen in die Welt blickt, andere Mittel für die Wiedergabe des Geschauten verwendet. Ein wenig glückliches Debut macht Meyer⸗Lüben, der in der modernen Technik noch recht unbeholfen sich bewegt, während Bennewitz von Löfen durch pikanten und zierlichen Vortrag diese Technik mehr zu Ehren bringt. Interessant ist der Vergleich solcher Arbeiten mit den Genrebildern von Vautier und Defregger, die gleich denen Achenbach's von der Moderichtung unberührt geblieben sind, wogegen letztere in etwas “ äußerlicher Weise in dem „Taufgang“ von Lankota zu Tage tritt.
— Der ordentliche Professor der Philosophie an der Universität Kiel, Dr. Gustav Glogau ist laut einer am 23. d. M. aus Griechenland bei der Universitätsbehörde eingegangenen telegraphischen Mittheilung infolge eines Unfalls auf der Eisenbahn zu Laurion plötzlich gestorben. Gustav Glogau, geboren am 6. Juni 1844 in Laukischken bei Labiau, sludierte seit 1863 in Berlin Medizin, dann Philologie, Geschichte und shdlcsepo- machte den Feldzug gegen Frankreich mit und habilitierte sich 1878 in Zürich. Im Jahre 1882 wurde er zum Professor am dortigen Polytechnikum befördert, ging 1883 als außerordentlicher Professor nach Halle und 1884 als ordentlicher Professor der Philosophie nach Kiel. Das Haupt⸗ werk Glogau's ist ein „Abriß der philosophischen Grundwissenschaften“ (Breslau 1880 —1888, 2 Bde.). Von anderen Schriften seien genannt: „Steinthal's pfychologische Formeln“ (Berlin 1876); „Grundriß der
(Breslau 1884); „Graf Leo Tolstoj, ein russischer Re⸗
rmator“ (Kiel 1893); .Di ptlehren der Logik und Wissen⸗
schaftslehre“ (Kiel 1894).
Saatenstand in Rußland.
„ Ueber den Stand der Wintersaaten während des Monats Februar e aus den einzelnen russischen Gouvernements folgende Nach⸗ „ In Livland, Kurland und dem Königreich Polen sind die Saaten mit einer reichlichen Schneedecke versehen. 8 Witterung war im Königreich Polen im Februar für das Gedeihen der Saaten günstig. Dagegen haben im Süden und Südwesten Rußlands in der ersten Hälfte des Februar starke Schneestürme in Abwechselung mit Thauwetter, Regen und Frost geherrscht, sodaß dort namentlich in den Goupernements Podolien und Kiew die höher gelegenen elder eine Zeit lang von Schnee entblößt und mit einer Fiskruste edeckt waren, während sich in den Niederungen solche Mengen von Schnee aufhäuften, daß dort beim Aufthauen für die Saaten befürchtet wird. In den letzten Tagen des Monats ist im 8 lichen und füdwestlichen Rußland bei mäßigem Frost reichlich V chnee gefallen. Die dort im Herbst vorigen Jaßres in großem Um⸗ fange aufgetretene Mäuseplage, durch die namhafte Verheerungen an⸗ gerichtet worden sind, ist verschwunden. e Transkaukasien sind nach langer Dürre Niederschläge erfolgt Verind * den Saatenstand günstig gestaltet. Nur im Jekaterinodarer Nee nes Kuban⸗Gebiets ist ein Theil der Saaten durch starken g ¹ achtfröste und Wurmfraß vernichtet worden. Schneemarfen zentralen und östlichen Gouvernements sind so große derselbeniedergegangen, daß bei einem etwaigen raschen Fort⸗ Die Anben wohl Ueberschwemmungen eintreten werden. nach den Be auflächen für Wintergetreide und Kartoffeln haben sich Fe. ecebtie Sen der russischen Steuer⸗Inspektoren gegen das Vor⸗ “ verringert. Die Abnahme ist am größten in den süd⸗ bebeüt ind nordkaukasischen Gouvernements (12,95 und 8,4 %) und Faropäischen Rußland und nördlichen Kaukasien im ganzen
1 000 18 8. Wintergetreide und rund 34 000 ha für
„Weizenernte in Süd⸗Australien 1894/9d99.
Ueber das ee. der Weizenernte in Süd⸗Australien im Jahre 1894/95 sind folgende Schätzungen angestellt worden:
Es wurden abgeerntet 628 459 ha (69 820 ha weniger als im Vorjahre) mit einem Gesammtertrag von 2 747 132 hl (2 357 180 hl weniger als im Vorjahre) und einem Durchschnittsertrag von 4,4 hl auf das Hektar (fast 3 hl auf das Hektar weniger als im Vorjahre). —. Wenn man von dem Gesammtertrag den Bedarf für Rahrungs⸗ und Saatzwecke abzieht, so würden nach Beendigung der gegenwärtigen Ernte etwa 1 400 000 hl (2835 300 hl weniger als im Vorjahre) zur Ausfuhr gelangen können.
Handel und Gewerbe.
ögliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Nen und in Oberschlesien.. 8 An der Ruhr sind am 23. d. M. gestellt 11 685, nicht rechtzeiti gestellt 20 Wagen. p Atrefis „In Oberschlesien sind am 22. d. M. gestellt 3640, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen.
— In der ordentlichen Generalversammlung der Bergwerks⸗ gesellschaft Hibernia, Herne i. W., wurde dem Vorstand und Aufsichtsrath für die Geschaäͤftsführung Entlastung ertheilt und der Antrag des Aufsichtsraths, für 1894 eine Dividende von 5 ½ % des Aktienkapitals zu vertheilen, von der Generalversammlung genehmigt. Die Dividende gelangt von heute ab zur Auszahlung.
— Der Aufsichtsrath der „Concordia', Kölnische Lebens⸗ Metsichenn, wird der Generalversammlung, wie „W. T. B.“ meldet, für das abgelaufene Geschäftsjahr eine Dividende von 51 ℳ pro Aktie vorschlagen.
— In der heutigen Sitzung des Verwaltungsraths der Lebens⸗ versicherungs⸗Gesellschaft zu Leipzig vom 23. d. M. wurde der Versicherungsabschluß für 1894, welcher einen Ueberschuß von 4 853 098 ℳ, den höchsten bisher erzielten, aufweist, genehmigt und die Dividende an die Versicherten für 1894 auf 42 % festgesetzt. Die ordentliche Generalversammlung findet am 10. April statt.
Magdeburg, 23. März. (W. T. B.) Zuckerbericht. Kornzucker exkl., von 92 % —, neue 10,05 — 10,20. Kornzucker exkl., 88 % Rendement 9,40 — 9,59, neue 9,55 — 9,70. Nachprodukte exkl., 75 % Rendem. 6,80 — 7,35. Ruhig, stetig. Brotraffinade I 21,75. Brot⸗ raffinade II 21,50. Gem. Raffinade mit Faß 21,50 — 22,00 Gem. Melis I mit Faß 21. Fest. Rohzucker I. Produkt Transito f.
a. B. Hamburg pr. März 9,40 Gd., 9,45 Br., pr. April 9,42 ½ Gd.,
güht Br., pr. Mai 9,52 ½ Gd., 9,57 ½ Br., pr. Juli 9,70 Gd., 9,75 Br. uhig.
Essen a. d. Ruhr, 23. März. (W. T. B.) Laut Meldung der „Rhein. Westf. Ztg.“ sandte die heutige Gewerken⸗Ver⸗ sammlung der Zeche „Centrum“ bei Wattenscheid folgendes Telegramm an den Fürsten Bismarck: „Anläßlich des soeben bekannt gewordenen ablehnenden Votums des Reichstags und der Amtsnieder⸗ legung des Präsidenten von Levetzow bringt Eurer Durchlaucht ein donnerndes „Glückauf“ die heutige Gewerkenversammlung der Zeche „Centrum“ zu Wattenscheid.“
Trier, 23. März. (W. T. B.) Die „Triersche Zeitung“ meldet: Die Weinversteigerungen wurden heute beendet. Im ganzen wurden 2 690 000 ℳ für 870 Fuder Mosel⸗ und Saarweine erzielt. Für 74 Fuder wurden je über 5000 ℳ bezahlt.
Hamburg, 23. März. (W. T. B.) Der Aufsichtsrath der Hamburger Freihafen⸗Lagerhaus⸗Gesellschaft beschloß
in seiner heutigen Sitzung, der Generalversammlung die Vertheilung
einer Dividende von 5 % wie im Vorjahre vorzuschlagen.
Paris, 23. März. (W. T. B.) Die nationale bimetalli⸗ stische Liga bat sich heute konstituiert. Die Versammlung, in welcher Loubet den Vorsitz führte, genehmigte die Statuten, stente das Arbeitsprogramm auf und faßte Beschlüsse über die Zusammen⸗ setzung sowie die Befugnisse des Generalraths der Liga. Zum Vor⸗ sitzenden des letzteren wurde Loubet, zu dessen General⸗Sekretär Edmund Thierry gewählt.
Verkehrs⸗Anstalten. Laut Telegramm aus Goch ist die erste englische
“ über Vlissingen vom 24. d. M. ausgeblieben. Grund:
turm auf See.
Kiel, 23. März. (W. T. B.) Die Dampfschiffahrt auf der Strecke Kappeln — Lindaunis ist von heute Abend ab wieder aufgenommen worden.
Bremen, 23. März. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Postdampfer „Pfalz“ hat am 22. März Morgens die Reise von Antwerpen nach Bremen Fte t. Der Reichs⸗Postdampfer „Oldenburg“' ist am 22. März Nachmittags auf der Weser an⸗ gekommen. Der Schnelldampfer „Werra“ ist am 22. März Vor⸗
mittags in Genua angekommen. Der Postdampfer „Roland“ hat
588 11. b Vormittags die Reise von Antwerpen nach Bremen ortgesetzt.
Hamburg, 23. März. (W. T. B.) Hamburg⸗Amerika⸗ nische Packetfahrt⸗Aktien⸗Gesellschaft. Der Postdampfer „Thuringia“ ist gestern und der Postdampfer „Kanadia“ heute in St. Thomas eingetroffen.
Triest, 23. März. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Thalien“ ist heute Nachmittag hier eingetroffen.
London, 23. März. (W. T. B.) Der Castle⸗Dampfer „Doune Castle“ hat auf der Ausreise Donnerstag die Kana⸗ rischen Inseln passiert. Der Castle⸗Dampfer „Tantallon Castle“ ist Freitag auf der Heimreise in Plymouth angekommen. Der Castle⸗Dampfer „Dunbar Castle“ ist Freitag auf der Aus⸗ reise in Mauritius angekommen. Der Castle⸗Dampfer „Drum⸗ mond Castle“ hat heute auf der Heimreise Madeira passiert.
Theater und Musik.
Königliches Opernhaus.
Am Sonnabend ging Richard Wagner's greße tragische Oper „Rienzi, der letzte der Tribunen“, neu einstudiert, mit neuen Dekorationen und Einrichtungen in Scene. Das Werk, das der Dichterkomponist in seinem 28. Lebensjahre schuf, und welches im Jahre 1842 in Dresden zur überhaupt ersten Aufführung gelangte, errang vorgestern bei seiner Wiederaufnahme in den Spielplan unserer Königlichen Bühne unter der bewährten und sicheren Leitung des Herrn Dr. Muck einen wohlverdienten großen Erfolg infolge der vorzüglichen Leistungen der Sänger und Musiker. Auch die choreo⸗ graphischen und scenischen Arrangements der Herren Gräb und Tetz laff, die von feinem Geschmack und Sorgfalt zeugten, trugen in Verbindung mit den künstlerisch prächtigen Dekorationen dazu bei, die Aufführung zu einer glänzenden zu gestalten.
ür die Zuhörer, die über vier Stunden der Oper willig und mit kaum erlahmender Genußfreudigkeit folgten, hatte die Vorstellung nicht nur ein künstlerisches, sondern auch ein historisches Interesse. Die Erstlingsoper Wagner's steht in allem Wesentlichen den späteren Musikdramen des Meisters gegensätzlich gegenüber. Wort⸗ und Ton⸗ dichtung bewegen sich noch in den hergebrachten Formen. Die Musik enthält deutliche Anklänge an Spontini, Meyerbeer und Weber; die „unendliche Melodie“ 8” noch nicht zum Theorem herangereift; das Lied, die abgeschlossene Melodie beherrscht die Komposition; Duette, Terzette, Quartette und der Chorgesang bilden das Gerüst der Oper, und Wagner's ästhetisches Gefühl wird noch nicht dadurch verletzt, daß mehrere Sänger verschiedene Texte zu gleicher Zeit singen; kurz, „Rienzi“ ist eine Oper im alten Stil; aber doch tritt das Ringen des musikalischen Genies Wagner's schon in dieser
feitbobenen Ehemanns Robiquet führte Herr Ha
mit vielem Beifall aufgenommen wurden.
ersten Oper gewaltig hervor. Mit wahrer Meisterschaft behande der jugendliche Künftler bereits die Instrumentation, eigenartig und zielbewußt. Klangwirkungen von besonderem Reiz, welcher der eigen ⸗ thümlichen Wagner'schen Mischung der Instrumente entspricht, über⸗ raschen den Hörer, und durch die fein erwogene allmähliche Entfaltung der Instrumentalkräfte wird der musikalische Gedanke zur vollen bramatischen 8 Wirkung geführt. Die vorgestrige Aufführung hat denn auch aufs neue den Beweis erbracht, daß der „Rienzi“, auch für sich betrachtet, ein bedeutendes, machtvolles Tonwerk ist. 8 Die Königliche Bühne hatte für die Perfrenunh ihre hervor ragendsten Sangeskräfte ausgewählt. Herr Sylva leistete in der Titelrolle nicht nur Erstaunliches an Kraft und Ausdauer, sondern auch Rühmliches in der musikalischen Erfassung und schauspielerischen Durchführung seiner Aufgabe; sein Organ klang frisch und mächtig bis zum Schluß, so daß noch das Gebet schön zur Geltung kam; allerdings gelangen dem Künstler die ersten drei Akte im Gesang und Spiel besonders gut. Frau Goetze als Adriano spielte und sang die Rolle des von Seelenkämpfen gequälten Liebhabers der 8 Irene mit Temperament und klarem Gefühlsausdruck. Fräulein Hiedler zeichnete sich besonders im dritten Akt durch den Wohl klang ihrer sympathischen Stimme aus. Die Herren Stamme (Colonna), Fränkel (Orsini) und Mödlinger (Raimondo) leisteten durchweg Tüchtiges. Einen besonders edlen Eindruck machte der Frauenchor der Friedensboten, an dessen Spitze Frau Herzog, Fräulein Dietrich und Fräulein Rothauser wirkten; die Inscenierung dieses Auftritts war von stimmunssvoller Wirkung, und der Gesang darf als mustergültig bezeichnet werden, sodaß Frau Herzog einen Applaus bei offener Scene errangg. — Die Pantomime im zweiten Akt, die Wagner an die Stelle des ursprünglichen Waffen⸗ M tanzes gesetzt hat, wurde namentlich durch Fräulein Urbanska und
Herrn Winter künstlerisch zur Geltung gebracht.
Der Vorstellung wohnten Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin, Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog von Baden und der Großherzog von Sachsen⸗Weimar sowie andere
Adolph Ernst⸗Theater.
Die Novität „Madame Suzette“, die am Sonnabend zur ersten Aufführung gelangte, ist ein Vaudeville, dessen Text von Sylvan von Ordonneau verfaßt ist, während Edmond Audran die Musik geschrieben hat. Die leicht aufgebaute Handlung weist Vorgänge voll französischer Pikanterie und munterer Laune auf. uzette, die Tochter des Hotelwirths Gabillot, schützt ihrem Vater gegenüber, der sie mit einem unwillkommenen Freier verloben will, vor, sie sei bereits verheirathet, um dem Unter⸗ Lieutenant Beauluron die Treue zu bewahren. Suzette's vor⸗ eblicher Gatte ist aber ein Verehrer, der ihr nur von Ansehen hekannt ist. Durch das plötzliche Erscheinen dieses Verehrers kommt 8 sie in eine sehr verwickelte, delikate Lage, aus der sie sich dadurch befreit, daß aus dem vorgeschobenen Gatten Robiquet der wirkliche wird⸗ Die Uebersetzer haben Witz und scherzhafte Bemerkungen reichlich ein⸗ gestreut, die unter den Zuschauern eine behagliche Stimmung ver⸗ breiteten; aber den werthvolleren und genußreicheren Theil der Novität bildet jedenfalls die anmuthige und humorvolle Musik, die den Text fast durchgängig begleitet, sodaß dieses Vaudeville fast völlig den Operettencharakter besitzt. Außer den Liedern Suzette’'s und ihren Zwiegesängen mit Beauluron und Robiquet fanden ein Männerterzett und ein Männerquartett besonders beifällige Aufnahme, die ebenso durch eine frische Melodik voll übersprudelnder ursprünglicher Laune wie durch rhythmische Gestaltung und die feine und charakteristische Orchesterbegleitung hervorragten und erheiternd wirkten. Um die eigen⸗ — artige und geschmackvolle Musik völlig zur Geltung zu bringen, müßte sie allerdings von musikalisch durchgebildeten Sanges⸗ und Orchesterkräften ausgeführt werden. Die Künstlerschaar des Adolph Ernst⸗Theaters ging mit Lust und Liebe ans Werk und legte den größten Nachdruck auf die graziöse und humoristische Art des Vortrags. Die Darsteller erzielten auch damit, trotzdem die Musik nicht immer tadellos zu Gehör kam, wie der stürmische Beifall bei jeder nur möglichen Gelegenheit bewies, kräftige Wirkungen. Fräulein Schlüter in der Rolle der naiven und verliebten Suzette spielte mit fröhlicher Schelmerei und sang mit Frische, während Fräulein Seemann mehr durch die Entfaltung eines kräftigeren Humors gefiel. Herr Tielscher stellte den aufgeregten Vater und Hotelwirth mit überaus beweglicher und drastischer Komik dar. Den schönen und leichtfertigen Beauluron gab Herr Karl Weiß mit künstlerischer Zurückhaltung und die Rolle des vor⸗ ßkerl zufrieden⸗
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Konzerte.
„Am Donnerstag fand im Saal der Sing⸗Akademie ein Prüfungskonzert des zur Zeit unter Leitung des Professors Gustav e stehenden Stern'schen Konservatoriums statt.
lus der Wahl der Studienwerke konnte man eine Richtung erkennen, die das Klassische mit dem guten Modernen zu vereinigen versteht. Die Klavierklassen der Professoren Ehrlich und Gernsheim leisteten ganz besonders Anerkennenswerthes; auch waren die Gesangs⸗ schüler der Frau Niklaß⸗Kempner und des Herrn Adolf Schulze zu loben, wobei allerdings die Annahme, daß die meisten derselben ihres jugendlichen Alters wegen noch nicht lange den Unter⸗ richt genossen, maßgebend ist. Schließlich seien noch die trefflich ge⸗ leiteten Violinklassen des Herrn Zalic und die Kompositionsklasse des Professors Gernsheim erwähnt, von denen ebenfalls eine kleine, aber gelungene Probe dargeboten wurde, und der Wunsch hinzugefügt, daß es der jetzigen Führung des Instituts gelingen möge, demselben seinen alten bewährten Ruf auch ferner zu erhalten. Das Phil⸗ harmonische Orchester unterzog sich den ihm zuertheilten Aufgaben mit lobenswerther Hingebung.
An demselben Abend ließ sich im Saal „Bechstein die
Sopranistin Frau Else Pagenstecher aus Elberfeld hören, die —
ihre sorgfältige Ausbildung dem dortigen Musikdirektor Haase zu verdanken hat. Ihre klangvolle und umfangreiche Stimme spricht in allen Lagen gleichmäßig leicht an; mit sicherer Intonation verbindet sie nicht nur eine deutliche Aussprache, sondern leistet auch in lebendiger, oft leidenschaftlich bewegter Vortragsweise Lobenswerthes. Ihre Vorzüge kamen in Gesangen von Rossini, Schubert, Liszt, Haydn,
und ganz besonders in dem beliebten Liede von Leßmann „Die rothe
Rose“ zur Geltung. Der junge Violinist Herr Hjalmar von Damek, ebenfalls ein Elberfelder, der seine Studien im Leip⸗ ziger Konservatorium gemacht hat, unterstützte das Konzert durch den wohlgelungenen Vortrag einiger Stücke von Reinecke, Sgambati, J. Röntgen und anderen, die gleich den Gesängen der Konzertgeberin
8 11““
Seine Majestät der Kaiser und König lie onn⸗ abend nach der Aufführung des „Rienzi“ von R. Wagner im König⸗ lichen Opernhause den General⸗Intendanten Grafen von Hochberg Allerhöchstseine große Befriedigung allen Mitwirkenden über⸗ mitteln und den Kapellmeister Dr. Muck in die Hofloge befehlen, um demselben Allerhöchstseine Anerkennung auszusprechen. Die nächste Aufführung der Oper „Rienzi“ findet am Mittwoch statt. — Morgen werden Mascagni’s „Cavalleria rusticana“ und Rossini's „Barbier von Sevilla“ (Figaro: Herr Bulß, Rosine: Fräulein Dietrich, Almaviva: Herr Lieban, Basilio: Herr Mödlinger, Bartolo: Herr Schmidt) gegeben. Die Kapellmeister Dr. Muck und Weingartner dirigieren.
„Nach der gestrigen Aufführung der „Jungfrau von Orleans“ im Königlichen Schauspielhause ließ Seine Majestät der Kaiser und König sämmtlichen Mitwirkenden Allerhöchstseine Zufriedenheit durch den General⸗Intendanten Grafen von Hoch⸗ berg ausdrücken und Fräutein Lindner in die Hofloge befehlen, um der Künstlerin Allerhöchstseine Anerkennung auszusprechen. — Der bisherige artistische Sekretär der Königlichen Schauspiele, Herr