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theiligten, wurden eine goldene und zwei silberne Medaillen vertheilt. Dem Festschießen folgte ein Kommers. *
In Groß⸗Lichterfelde wurde auf dem Platz an der Bis⸗ march und Wilhelmstraße ein Bismarck⸗Denkmal enthuͤllt. Die auf einem Sockel aus bayerischem Granit sich erhebende v- die den in Kürassier⸗Uniform ohne Kopf⸗ bedeckung darstellt, stand zwischen tannenzweigumwundenen Masten, die, durch grüne Gewinde untereinander verbunden, mit
annern und Wappen in den verschiedensten Farben geschmückt
waren. An der Feier betheiligten sich außer der Gemeindebehörde und dem Comité zahlreiche Offiziere, die beiden Lichterfelder Kriegervereine, ein Turnverein, der Gesangverein Eintracht, die freiwillige Feuerwehr und die Kapelle und Spielleute der Hamss eeha 2 eern vn
zestern Abend hatten zahlreiche Häuser der . ü iniert. Bis unter das Hach hinaf erstrahlte ein großer Theil der S.eee n vom Pariser Platz an bis in die äußerste Vorstadt hinaus im Glanze der Kerzen. Einzelne größere Geschäfte und Lokale zeigten auch prachtvolle bunte elektrische Beleuchtung. Durch die auptstraßen aber strömte bei herrlichstem Frühlingswetter eine dichtgedrängte Menschenmenge. 1
In den Königlichen Theatern fanden Festvorstellungen statt) die einen würdigen Verlauf nahmen. Im König⸗ lichen Opernhause, wo dieser Festabend zugleich der letzte Gesellschaftsabend war, wurde die Aufführung von Richard
agner's „Lohengrin“ durch des Meisters tongewaltigen Kaiser⸗
Marsch eingeleitet, dem ein von Ernst Wichert verfaßter und von Herrn Kahle gesprochener kurzer Prolog folgte. Der Dichter schildert darin in poetischer Gestaltung die Großthaten, die dem Fürsten Bismarck unter des Hel enkaisers weiser Führung zu vollbringen vergönnt war. — Im Königlichen Schauspielhause, wo Ihre Majestäten der Kaiser unddie
Kaiserin der Festvorstellung beiwohnten, sprach Herr Molenar
fanden Festvorstellungen statt, denen der Bedeutung des
den von Herrn Max Grube gedichteten Prolog, der den ersten Reichskanzler als treuen Diener seines Herrn und geistigen Führer seines Volkes in großer Zeit feierte. Als estvor⸗ stellung war hier Heinrich von Kleist’s „Hermanns⸗ schlacht“ gewählt. — Auch in den meisten übrigen Theatern der Residenz, so im Deutschen, im Berliner, im Neuen T zus age Ausdruck gebende Prologe vorausgeschickt wurden.
Ueber die Geburtstagsfeier in Friedrichsruh wird dem „W. T. B.“ weiter berichtet:
In Erwiderung auf die bei der gestrigen Huldigung der deutschen Universitäten gehaltene Ansprache des Sprechers der Rektoren⸗Deputation (vgl. d. gestr. Nr. d. Bl.) führte Fürst
Bismarck aus:
Wenn man von den Parteien soviel angefeindet werde, könne man es nicht tragisch nehmen; es sei der Lauf der Welt, daß ge⸗ kämpft werde; daraus, daß man ihn bekämpfe, ersehe er, daß seine Gedanken nicht todt seien. Wenn verschiedene Fraktionen: Sozial⸗ demokraten, das Zentrum oder die Polen, es ihm übelgenommen, daß er sie reichsfeindlich genannt habe, so könne er dies aufrecht erhalten. Theoretisch möchten sie alle reichsfreundlich sein, voraus⸗ gesetzt, daß das Reich so sei, wie sie es wünschten. Bedauerlich sei, daß die Sozialdemotraten nicht die zweite Vize⸗ Präsidentenstelle im Reichstag erhalten hätten, weil sich dann gezeigt hätte, daß die Sache der Sozialdemokraten noch nicht reif sei, um entscheidend einzugreifen. Man müsse mit dem Reich rechnen, wie es sich aus den Thatsachen praktisch entwickelt habe; es müsse die Aufgabe aller sein, dies zu erhalten.
Auf die Rede des Sprechers der Studentenschaft erwiderte Fürst Bismarck mit folgender Ansprache:
„Meine Herren! Ich habe soeben aus dem Munde Ihrer Lehrer,
der Pirigenten der Hochschulen, eine Anerkennung über die Ver⸗
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angenheit erhalten, die für mich von höchstem Werth ist. Aus Fhrer Begrüßung entnehme ich die Zustimmung für die Zukunft, die für einen Mann meines Alters mehr Werth hat als sonst. Viele von Ihnen werden bis zur Mitte des nächsten Jahrhunderts die Gesinnung,
welche Sie heute bekunden, bethätigen können, während ich dann seit
langem der Vorzeit angehöre. Das ist mir ein Trost; denn der Deutsche ist nicht so organisiert, daß er das, wofür er sich in der
Jugend begeisterte, in späteren Jahren vollständig fallen läßt. Sie
werden in 40, in 60 Jahren nicht ganz die heutigen Ansichten haben. Aber was die Regierung Kaiser Wilhelm's in Ihre Herzen gelegt, wird immer seine Früchte tragen, wie auch die staatlichen Einrich⸗ tungen sich gestalten. Das Nationalgefühl bleibt erhalten, selbst wenn man auswandert. Ich habe heute den Beweis, daß Hunderttausende Deutscher in Kapland, Amerika und Australien mit gleicher Begeiste⸗ rung an dem alten Vaterland hängen. Wir haben unsere nationale Unabhängigkeit in schweren Kriegen erkämpfen müssen. Die Vor⸗ bereitung, der Prolog dazu war der holsteinische Krieg; wir mußten den österreichischen Krieg führen, um uns mit Oester⸗ reich auseinanderzusetzen, sozusagen vor Gericht ein Separations⸗ erkenntniß zu erlangen. Nach dem Kampfe von Sadowa hat jeder
porausgefehen, daß der Krieg mit bevorstehe. Es empfahl
sich nicht, ihn zu früh zu führen, Einigung unter Dach gebracht waren.
evor die Früchte der norddeutschen Dann entstand das Gerede,
in fünf Jahren sei der nächste Krieg. Das stand ja zu fürchten, aber
ich suchte es zu verhindern. Wir hatten keinen Grund dazu; wir hatten, was wir brauchten. Darüber hinaus zu fechten, aus Erobe⸗ rungsbedürfniß, schien mir bonapartische Ruchlosigkeit und nicht germa⸗ nische Art. Nach dem Ausbau unseres Hauses bin ich immer Friedensfreund gewesen und habe dazu kleine Opfer nicht gescheut. Ich habe in der Frage der Karolinen⸗ und der Samoa⸗ Inseln nachgegeben, so großen Werth ich auf unsere koloniale Ent⸗ wicklung legte, um nicht Kriege zu führen. Das ist der Vorzug des germanischen Charakters: seine Befriedigung in der Anerkennung des eigenen Werthes findend, hegt er kein Bedürfniß nach Herrschaft und Vorrecht. Es ist in politischen Dingen viel leichter zu sagen, was man vermeiden, als was man thun soll. Gewisse Grundsätze der Ehrlichkeit und Tapferkeit untersagen, manches zu thun — so wie es beim Manöyer verboten ist, bestimmte Felder zu betreten. Für die Entschließungen über das, was geschehen soll, giebt es keine sichere Voraussicht; sie sind abhängig von den Ent⸗ schließungen Anderer. Wenn die Freunde ihre Ansicht ändern, ist oft der ganze Plan mißlungen. Positive Unternehmungen sind in der Politik sehr schwer; wenn sie gelingen, soll man Gott danken, daß er seinen Segen dazu gegeben, und nicht mäkeln, daß Kleinigkeiten fehlen. Ein Mensch kann den Strom der Zeit nicht schaffen noch lenken, sondern nur darauf steuern mit größerem oder minderem Ge⸗ schick. Wenn wir zum guten Hafen gekommen sind, wie ich aus der überwiegenden — ich kann nicht sagen, der allgemeinen — Zustimmung entnehme, so wollen wir zufrieden sein und erhalten, was wir erlangt an Kaiser und Reich — ein Reich, wie es ist, nicht, wie manche es wünschen, mit anderen Einrichtungen und etwas mehr Zuthaten von dem, was jedem am Herzen liegt, sowohl in konfessioneller als in sozialer Beziehung.
Wir wollen sorgfältig festhalten, was wir haben, in der Sorge, auch dies zu verlieren. Beutschland ist ein mächtiges Reich gewesen unter den Karolingern, den Sachsen und den Hobenstaufen, und als es diese Stellung verloren hatte, sind 500, 600 Jahre vergangen, ehe es wieder auf die Beine kam. Die politische Entwicklung ist so langsam, wie die der geologischen Schichten: die legen sich übereinander und bilden neue Bänke und Gebirge. Aber ich möchte vor allem die jungen Herren bitten, sich nicht dem deutschen Bedürfniß der Kritik
allzusehr hinzugeben. Eroßf Heiterkeit.) Nehmen Sie an, was uns Gott gegeben, was wir mühsa
m unter dem drohenden Gewehranschlag des übrigen Europa errungen.
Das war nicht leicht; wären wir damals vor den europätschen Seniorenkonvent zitiert worden, wir wären nicht so gut weggekommen. Es bleiben freilich noch berectigte und erstrebenswerthe Ansprüche übrig — aber nur nicht zu früh, nicht zu hastig! Halten wir vor allem fest, was wir haben. Die meisten Opfer für die Herstellung des Deutschen Neichs brachten die deutschen Fürsten, der König von Preußen nicht ausgeschlossen. Mein alter Herr hat lange gezögert, ehe er die Reichsunabhängigkeit bereitwillig an das Reich au gab. Seien wir ihnen dankbar, daß sie für das Reich Opfer ge⸗ bracht, die den Dynastien schwer werden mußten nach ihrer Geschichte. Seien wir auch dankbar der Wissenschaft und ihren Pflegern, daß sie auf ihrem Herde das Feuer der Einheit erhalten haben, bis die Zeit kam, da die Flammethöher aufloderte und die leuchtende Wärme wirkte. Ich sei ein alter, konservativer Mann, werden Sie sagen. Ich wiederhole aber: Halten wir zusammen, was wir haben; fürchten wir uns nicht vor denen, die uns nicht gönnen, was wir haben. In
Deutschland hat es immer Kämpfe gegeben; die heutigen Fraktions⸗
spaltungen sind die Nachwehen der alten Kämpfe seit den Bauern⸗ kriegen. Ohne Kampf kein Leben, ohne innere Kämpfe kommen wir zuletzt beim Chinesenthum an und versteinern. Nur muß man in allen Kämpfen einen Sammelpunkt haben. Der Sammelpunkt ist für uns das Reich — nicht wie es von einzelnen gewünscht wird sondern wie es ist. Deshalb bitte ich Sie, einzustimmen in ein Hoch auf Kaiser und Reich. Kaiser und Reich, sie leben hoch!“
Mit jubelnder Begeisterung stimmte die Versammlung in die Hochrufe ein, die sich minutenlang fortsetzten. Darauf trank Fürst Bismarck den Chargierten aus dem Bierpokal zu und stieg die Treppe herab, um sich mit Einzelnen der Studierenden zu unterhalten. Dabei vertheilte er aus den ihm gespendeten Sträußen viele Blumen an die Studentenschaft, welche unausgesetzte Hochrufe auf den Fürsten unter Zusammenschlagen der Rappiere ausbrachte. Der Studenten waren etwa 5000 an Zahl. Der Aufmarsch hatte etwa eine halbe Stunde gedauert. Um 1 Uhr war die Spitze des Zuges vor dem Schlosse eingetroffen; um 1 ½ Uhr war der Fürst auf dem Balkon, um die Huldigung entgegenzunehmen.
Als die Dunkelheit hereinbrach, nahm die Illumination ihren Anfang. Prächtig war die Specht’ sche Villa be⸗ leuchtet. Zwanzig Mastbäume, im albkreise stehend, trugen die Flaggen der Hamburger Rhedereien, durch farbige Lampions verbunden. Der Garten und die Villa waren durch etwa 6000 Beleuchtungskörper feenhaft illuminiert. In Flammenschrift prangten riesengroß die Worte: „Hoch Bismarck!“ Nachdem alle Beleuchtungskörper angezündet waren, wurde ein Brillantfeuerwerk abgebrannt. Der Bahnhof war gleichfalls prächtig illuminiert.
Am Abend brachte der Hamburger Reichs⸗Wahlverein dem Fürsten einen Fackelzug dar, der einen Zrofarchgen Ver⸗ lauf nahm. Der Zug setzte sich aus mehreren Tausend Per⸗ sonen zusammen und zählte gegen 2000 Fackeln. Als derselbe dem Schloß nahte, erschien der Fürst, von Jubelrufen becrüßt; auf der Terrasse. Dr. Semler hielt alsdann folgende
nsprache: 2
„Wir Hamburger danken Eurer Durchlaucht dafür, daß Eure Durchlaucht auch in diesem Jahre unseren Fackelzug entgegen⸗ nehmen, wo Alldeutschland glückwünschend Eure Durchlaucht umdrängt. Wir danken stolz dafür, daß Eure Durchlaucht wieder, wie seit Jahren, uns diesen Abend gegeben, in dem Bewußtsein, daß wir seit dem ersten Tage, wo Eure Durch⸗ laucht hier geweilt und wo es einsamer in Friedrichsruh war als heute, es als heilige Pflicht erkannten, Eurer Durchlaucht zu beweisen, daß es eine nationale Dankbarkeit giebt und daß die nächste große Stadt sich dessen bewußt ist. Eurer Durchlaucht dankt ferner der große politische Verein, der stets an der Spitze dieser jähr⸗ lichen 1.78e 28. *n gestanden hat. In einer Zeit, wo seine 5000 Mitglieder unthätig am Rande des politischen Zeitstroms stehen mußten, bis das Wildwasser der überschäumenden Sozial⸗ demokratie auch in unserer Stadt verrauscht und eingedämmt war, hat der Fackelzug ein kräftiges Band geschlungen um viele deutsche Männer von Jahr zu Jahr. Es 8” nicht ein Fackelzug wie andere, sondern wird Eurer Durchlaucht gebracht, der den Einheitsgedanken, des Deutschen Reiches große Herrlichkeit, kurz alles nationale Empfinden in sich verkörpert. Eben weil der Gedanke an das Vaterland uns heilig und ein Theil unseres edelsten Empfindens ist, darum ist uns auch heilig die Hoffnung, daß Eure Durchlaucht noch lange uns vor Augen weilen wird, und aus innerstem Hene klingt unser Wunsch: Lang lebe Eure Durchlaucht! Seine
urchlaucht Fürst Bismarck allerwege eins, zwei, drei Hurrah!“ Nachdem die brausenden Hurrahrufe, welche dieser An⸗ sprache folgten, verklungen waren, nahm Fürst Bismarck das Wort zur Erwiderung.
Die Begrüßung seiner Hamburger Nachbarn zu seinem Geburts⸗ tage — so etwa führte er aus — sei ihm nachgerade zu einer Gewohn⸗ heit geworden, auf die zu verzichten ihm schwer fallen würde. Er habe in seinen Bestrebungen zur Bildung des Nationalgefühls, zur Herstellung der nationalen Einheit manch ungerechten Zweifel gehabt, manch irrthümliches Vertrauen gehegt, aber niemals gezweifelt, daß der alte Hansageist, der vor Jahrhunderten bereits deutsches Ansehen weit uͤber Land und See vertreten habe, immer weit über die Kräfte, die Hamburg hätte aufbringen können, ihn auf die Dauer nicht ruhen lassen würde. Irrungen, Mißverständnisse, Kämpfe, die unter den Deutschen üblich, sobald gemeinsame Entschließungen zu fassen seien, hätten stattgefunden, aber seit Hamburg den Anschluß an das Reich be⸗ schlossen hätte, gäbe es keine sicherere, festere Stütze der nationalen Empfindungen, als Hamburgs alten hanseatischen Unternehmungs⸗ geist. Er hoffe, daß es die betretenen Bahnen in bisher nicht ge⸗ kannter Weise ausdehnen werde. Hamburg habe sich selbständig er⸗ halten, obwohl es so wenig kriegsstark gewesen sei; das verdiene bei dem Handel in den weiten Meeren alle Anerkennung. Jetzt, wo die gesammte deutsche Macht hinter Hamburg stehe, dürfe man hoffen, daß die weitere Entwickelung Hamburgs auf kein Hinderniß stoßen werde. Die Hamburger und Bremer unterhielten freundliche Be⸗ ziehungen zu allen über See. Dieses Ueberseegehen unterhalte die Be⸗
tiehungen zu Amerika mehr, als es irgend eine staatliche, amtliche Ver⸗ tretung könnte. (Bravo!) Wenn alle Hamburger, Bremer, die heute in Süd⸗
Amerika leben, heimkehren wollten, so würde er das für verbängniß⸗ voller halten, als wenn alle amtlichen Vertreter Deutschlands dort verschwänden. (Große Heiterkeit.) Er halte den überseeischen Kauf⸗
mann für einen zuverlässigeren und bequemeren Vertreter nicht nur nach
unten, sondern auch nach oben, wie den amtlichen. Denselben Gedanken habe er in Bezug auf Afrika gehabt und gehofft, dort kaufmännische Re⸗ gierungen auszubilden. Nun wolle er nicht auf den Irrweg der itik des Geschebenen verfallen. Er hoffe, auch in Afrika ein System kommen zu sehen, das England in Ostindien groß gemacht habe, nämlich das System der regierenden Kaufmannschaft, die am besten wisse, was den überseeischen Beziehungen fromme. In diesem Sinne habe er Hamburg, dem er leider wegen körperlicher Hinfälligkeit fern geblieben sei, immer geschätzt und geliebt. Die vor 1 ⅛ Jahren in Kissingen überstandene Erkrankung habe ihm einen schweren Schlag gegeben, der durch die Vereinsamung in seinem Hause seither noch verschärft worden sei. Trotzdem bitte er, voll Hoffnung und freudig in die Zukunft zu blicken. „Die Hansastädte, besonders Hamburg und alle Hanseaten leben hoch!“ “ Lauter, endloser Jubel brach aus, als der Fürst seine Ansprache beendet hatte. Der Fürst stieg die Gartentreppe herab und ließ den Fackelzug unter erneuten Hoch⸗
S
rufen der Fackelträger vorüberziehen. Wiederholte Ver⸗ suche, ihn zum Eintreten ins Haus zu veranlassen, wies der Fürst zurück. Schließlich, nachdem der Fackelzug vorüber war ußerte der Fürst: „Ich sage herzlichen Dank. Ich bin verbraucht und zu alt, um länger aufzubleiben.“
Ferner wird aus Friedrichsruh noch gemeldet: Seine Majestät der Kaiser hat an den Fürsten Bismarck gestern ein längeres Glückwunsch⸗Telegramm gerichtet. Auch Seine Majestät der König von Württemberg sandte ein in den herzlichsten Ausdrücken abgefaßtes Glückwunschschreiben. Im Namen Seiner Majestät des Sultans beglückwünschte den Fürsten der türkische Botschafter Tewfik⸗Pascha, im Namen Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs von Meck⸗ lenburg⸗Schwerin ein Adjutant desselben. Befehl Seiner Majestät des Kaisers erschienen kurz na 12 Uhr Mittags eine Abordnung des 9. Jäger⸗Bataillons in Ratzeburg, aus dem Kommandeur und zwei zieren bestehend, sowie die Musikabtheilungen des 4. Garde⸗Regiments, später des 31. und des 76. Infanterie⸗Regiments, des 9. Pionier⸗ Bataillons und des 24. Feld⸗Artillerie⸗Regiments, um dem Fürsten Ständchen darzubringen.
Im Namen von 20 Hamburger Rhedereien wurde dem Fürsten Bismarck durch eine Abordnung eine Adresse über⸗ reicht. In derselben heißt es:
Die Rhedereien schätzten sich glücklich und seien von Stolz erfüllt, durch Führung der deutschen Flagge in den fernsten Erdtheilen den Ruhm und das Ansehen derselben den Völkern verkünden zu können. Das Wort „deutsch“ habe vor 1870 einen unklaren Begriff be⸗ zeichnet, dasselbe Wort habe jetzt einen helltönenden Klang und sei unzertrennlich von dem Namen „Bismarck“. Mögen die Farhen der deutschen Flagge — „schwarz“, entstanden aus der Trauer über die Zerrissenheit des Vaterlandes, „weiß“, dem Symbol des geschliffenen Eisens und „roth“ demjenigen des vergsssenen Bluts — ewig bestehen und Zeugniß ablegen von des Fürsten herrlicher That.
Von auswärts liegen heute folgende weitere Berichte über Festlichkeiten aus Anlaß des 80. Geburtstags des Fürsten Bismarck vor:
München, 1. April. Die auf dem Königsplatz hierselbst veranstaltete Bismarckfeier verlief in imposantester Weise. Trotz des ungünstigen Wetters belief die Zahl der Theilnehmer sich auf mehrere Tausende. Nach einem Chorgesange, der von dem General⸗Musikdirektor Levi dirigiert wurde, und nach der zündenden Festrede des Dr. Dürck brausten endlose Hochrufe über den illuminierten Festplatz. Trotz des übergroßen Menschen⸗ andrangs sind keinerlei Störungen vorgekommen.
Dresden, 1. April. Wie das „Dresdner Journal“ mit⸗ theilt, hat das sächsische Gesammtministerium ein Glück⸗ wunschschreiben an den Fürsten Bismarck gerichtet.
Karlsruhe, 1. April. Der Bismarckfeier in der Fest⸗ halle wohnten Seine Königliche Hedet der Großherzog und Prinz Karl von Baden bei. er Großherzog hielt eine Ansprache, in welcher er die Verdienste des Fürsten Bismarck feierte und ein Hoch auf die Stadt Karlsruhe ausbrachte.
Darmstadt, 1. April. Die amtliche „Darmstädter Zeitung“ meldet, daß Seine Königliche Hoheit der Groß⸗ verzog an den Fürsten Bismarck am heutigen Tage ein Handschreiben gerichtet hat, welches dem Fürsten seitens des Großherzoglichen Staats⸗Ministers mit einem von den Mit⸗ gliedern des Staats⸗Ministeriums unterzeichneten Begleit⸗ schreiben übersandt worden ist. 1
Coburg, 1. April. An dem heute zu Ehren des Fürsten von Bismarck veranstalteten Kommers nahmen Ihre König⸗ lichen Hoheiten der Herzog und der Erbprinz theil.
Lübeck, 1. April. ei der heutigen Festversammlung beschloß die Bürgerschaft, nachfolgendes Glückwunsch⸗ Telegramm an den Färsen Bismarck abzusenden:
„Eurer Durchlaucht, dem Ehrenbürger Lübecks, drückt die Bürger⸗ schaft, aus Anlaß des heutigen nationalen Festtags zu einer außer⸗ ordentlichen Versammlung berufen, einmüthig den Dank und die An⸗ erkennung aus für die unvergänglichen Verdienste um das deutsche
Vaterland, und übersendet ehrfurchtsvoll die wärmsten Glückwünsche.“
Nachmittags 3 Uhr fand hier eine öffentliche Feier auf dem Marktplatz statt unter Betheiligung einer vieltausend⸗ köpfigen Menge; etwa hundert Vereine mit Fahnen und Bannern waren erschienen. Um 4 Uhr fand ein Festmahl im Weinkeller des Rathhauses statt. Abends ist allgemeiner Festkommers. Die Stadt und der Hafen haben festlich geflaggt.
Bremen, 1. April. Dem Fuͤrsten Bismarck ist seitens des „Norddeutschen Lloyd“ als Ehrengabe zu seinem 80. Ge⸗ burtstage das volle Modell des Reichs⸗Postdampfers „Prinz⸗ Regent Luitpold“ gewidmet worden. Die Uebergabe des Modells foll am 10. d. M. in Friedrichsruh durch eine Ab⸗ ordnung des „Norddeutschen Lloyd“ stattfinden. — Sämmtliche Schiffe des „Norddeutschen Lloyd“ hier sowohl wie in Bremer⸗ haven haben Flaggenschmuck angelegt. b 8
Hamburg, 1. April. Die Börsenversammlung beschloß heute Nachmittag nach einer Ansprache des Handelskammer⸗ Präsidenten Laeisz einstimmig, folgendes Telegramm an den Fürsten Bismarck abzusenden:
„Zur Vollendung des 80. Lebensjahres sendet dem Gründer des Deutschen Reichs dankerfüllten Glückwunsch in begeistertem Zurufe die zu Tausenden versammelte Kaufmannschaft von Hamburg.“
Wien, 1. April. Gestern Abend fand im Hotel Metro⸗ pole ein von Reichsdeutschen veranstalteter Bismarck⸗Kommers statt, an welchem unter Anderen der deutsche Botschafter Graf zu Eulenburg mit dem gesammten Botschaftspersonal und der sächsische Gesandte Graf Wallwitz theilnahmen. Der erste Trink⸗ spruch, welcher dem Deutschen Kaiser und dem Kaiser Franz Joseph galt, wurde mit stürmischem Beifall aufgenommen. Nach⸗ dem hierauf die beiden Nationalhymnen von den Anwesenden stehend angehört worden waren, feierts Dr. Herbst in einer mit großem Beifall aufgenommenen Rede den Fürsten Bismarck als Gründer des Deutschen Reichs. Im Laufe des Abends wurde ein von Karl Strauß verfaßtes Festlied gesungen und ein Huldigungs⸗Telegramm an den Fürsten Bismarck ab⸗ gesandt. — Der Verein der Bayern hielt eine eigene Feier ab. — Heute Abend findet im Hotel Metropole eine von der deutsch⸗nationalen Vereinigung des Reichsraths veranstaltete Bismarck⸗Feier statt. .
Budapest, 1. April. Gestern fand hier eine Feier anläßlich des 80. Geburtstages des Fürsten Bismarck statt, an welcher 143 Reichsdeutsche und siebenbürgische Sachsen theil⸗ nahmen. Toaste wurden ausgebracht auf den Kaiser von Oesterreich, den Kaiser Wilhelm, den Fürsten Bismarck und die gastliche ungarische Nation. An den Fürsten Bismarck wurde ein Begrüßungs⸗Telegramm abgesandt.
London, 1. April. Der Geburtstag des Fürsten von Bismarck wurde von den Deutschen Londons in der Queens⸗
hall festlich begangen. Die Halle war mit deutschen Wappen,
Gute Nacht!
der Marine ist S. M. S Lieutenant Bachem, am 30. März in St. Thomé ein⸗
18 Liberale und 20 Antisemiten gewählt.
der
hnen und Büsten der Kaiser Wilhelm I., Friedrich, Wil⸗
Im II., Bismarck's und Moltke's geschmückt. Ein Be⸗ grüßungs⸗Telegramm wurde an den Fürsten Bismarck ab⸗ gesandt, worauf später eine Dankdepesche aus Friedrichsruh eintraf. Nach der ersten Toast auf die Königin Victoria brachte der Vorsitzende von Ernsthausen das Wohl des Kaisers Wilhelm aus, worauf die Versammlung „Heil Dir im Siegerkranz“ anstimmte. Hierauf folgte eine von Herrmann Schmidt ge⸗ haltene, mit stürmischem Beifall aufgenommene Festrede. Zum Schluß wurde eine Anzahl patriotischer Lieder durch die ver⸗ einigten Männergesangvereine vorgetragen.
St. Petersburg, 1. April. Zur Feier des Geburts⸗ tags des Fürsten Bismarck fand heute ein Festkommers statt, welchem der bisherige Botschafter General von Werder, Baron Gasser und etwa 500 Mitglieder der deutschen Kolonie bei⸗ wohnten. Der Festsaal war prächtig dskoriert. Auf der Bühne war, umgeben von Blattpflanzen und Blumen, die Büste des Fürsten aufgestellt. Zur Seite stand das Geschenk der Deutschen Rußlands: eine große Nephrit⸗Vase auf einem Porphyr⸗Postament, die nächstens durch eine Deputation dem Fuͤrsten Bismarck überreicht werden soll. An die Fest⸗ rede uͤber die Bedeutung des Tages schloß sich ein Hoch auf den Fürsten, worauf die Versammelten das Lied „Deutschland, Deutschland über Alles“ anstimmte. Einen weiteren Toast brachte General von Werder auf die deutsche Kolonie aus, worauf ein Mitglied der Kolonie mit einem Hoch auf General von Werder erwiderte.
Brüssel, 1. April. Die hier lebenden Deutschen ver⸗ anstalteten heute Abend einen glänzenden Festkommers im „Neuen Hofe“ zu Ehren des 80. Geburtstags des Fürsten Bismarck. Die Betheiligung war sehr stark. Der deutsche
Gesandte Graf von Alvensleben führte den Ehrenvorsitz;
ihm zur Seite saßen die Herren der Gesandtschaft und der deutsche Konsul. Unter großer Begeisterung wurden die Trinksprüche auf den Deutschen Kaiser, den Fürsten Bismarck und den König der Belgier ausgebracht. Die Saal⸗ ausschmückung und die Fetgehichne sowie der Gesang von vaterländischen Liedern riefen die Erinnerung an die wach. Bis zur späten Stunde herrschte die gehobenste Stimmung.
Stockholm, 1. April. Die Deutschen Stockholms aus allen Schichten versammelten sich heute in Froßer Zahl zu einem Festmahl zu Ehren des Fürsten Bismarck. Der deutsche Gesandte Graf von Bray⸗Steinburg, welcher das Präsidium übernommen hatte, brachte das Hoch auf den Kaiser Wilhelm und den König Oskar von Schweden und Norwegen aus. Hierauf hielt Pforrer Dr. Sterzel die Pheebe 2 den Fürsten Bismarck, die in ein dreifaches Hoch ausklang. Der Gesang der deutschen Volkshymne folgte der Rede. Dr. Gereke sprach hierauf im Namen des deutschen Vaterlandes. Während des Festes wurde folgendes Huldigungs⸗Telegramm nach Friedrichsruh abgesandt:
„Die zur Feier des heutigen denkwürdigen Tages zahlreich ver⸗ sammelte deutsche Kolonie in Stockholm sendet dem Schöpfer der deutschen Einheit ihre ehrfurchtsvollsten Glück⸗ und Segenswünsche.“
New⸗York, 1. April. Im „Terrace Garden“ waren heute Abend etwa 2000 Deutsche zur Feier des Geburtstags des Fürsten Bismarck versammelt. Viele zu Ehren des Tages gedichtete Lieder wurden gesungen. Auch in anderen Theilen New⸗Yorks und in vielen anderen Städten der Union wurde der Tag festlich begangen.
Buenos Aires, 1. April. Zu Ehren des Fürsten Bismarck wurde hier eine großartige Festlichkeit veranstaltet, an welcher sich 5000 Personen betheiligten. Auch aus Chile, Uruguay und Brasilien wird von großen festlichen Ver⸗ anstaltungen berichtet.
Sansibar, 1. April. Die hier vor Anker liegenden deutschen und englischen Kriegsschiffe gaben heute einen Salut r 1 Schüssen zu Ehren des Geburtstags des Fürsten
ismarck ab.
Weitere Meldungen über Bismarck⸗Feiern sind aus Braun⸗ weig, Halberstadt, Hirschberg, Jena, Schwerin i. Meckl. und Straßburg i. Els. eingegangen.
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Der General⸗Lieutenant von Goßler, Kommandeur der
Großherzoglich Hessischen (25.) Division, ist nach beendetem Urlaub von hier wieder abgereist.
Laut telegraphischer Mittheilung an das Ober⸗Kommando
„Hyäne“, Kommandant Kapitän⸗
getroffen und von dort am 31. März wieder in See gegangen. b .S. „Arcona“, Kommandant Korrvetten⸗ apitän Sarnow, ist am 31. März in Hongkong, S. M. S. „Marie“,
Kommandant Korvetten⸗Kapitän Credner, am 90. März in Chefoo angekommen.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.
Der am 30. v. M. in Gotha zusammengetretene Landtag des Herzogthums Gotha beschloß, wie die „Goth. Zig. berichtet, nachdem der Präsident der Verdienste des Fürsten Bismarck mit warmen Worten gedacht hatte, auf
ntrag des Abg. Troch die Absendung eines Huldigungs⸗
telegramms an den Fürsten. Nur der Abg. Bock widersprach.
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Kaiser empfing gestern Mittag den bulgarischen Minister⸗Präsidenten Stoilow in Audienz.
Bei den gestern vorgenommenen 46 Ergänzun gonch len zum Gemeinde⸗Ausschuß wurden im zweiten Wahlkörper . Acht Stichwahlen⸗ d erforderlich. Die Antisemiten gewannen 13 Mandate.
Großbritannien und Irland.
In der gestrigen Sitzung des Unterhauses erklärte der Parlaments⸗Sekretär des Auswärtigen Sir E. Grey, das Uebereinkommen zwischen der britischen und der russischen Re⸗ gierung wegen der Pamirs sei abgeschlossen und werde in kurzem dem Hause vorgelege⸗ werden. Die Fragen, betreffend die Lugehörigteit des Nilthals zwischen den Seen und
er Südgrenze Egyptens sowie die Stellung Englands dazu, seien im vergangenen Jahre Gegenstand von Verhandlungen
und hätten 49 Todte verloren.
mit der französischen e! lewesen. Die Verhandlungen hätten zu keinem definitiven Eiluß geführt, seien aber nicht abgebrochen worden. Die westliche Grenze der britischen Einflußsphäre sei in dem Uebereinkommen mit Deutschland vom 1. Juli 1890 festgesetzt worden. Die britische Regierung könne nicht anerkennen, daß die Regierung des Mahdi oder seines Nachfolgers die Rechte Egyptens in diesen Territorien aufhebe oder beeinträchtige. Der britischen Regierung seien die Ansprüche der Türkei und Egyptens im Becken des oberen Nil sehr wohl bekannt. Der Schatzkanzler Sir W. Harcourt sprach die Hoffnung aus, daß die Osterferien vom 10. bis 22. April stattfinden würden. Im weiteren Verlauf erklärte Sir W. Harcourt, der Regierung sei keine Mittheilung über eine bevorstehende Münzkonferenz zugegangen. Die Frage von Vorbereitungen, die mit einer solchen Konferenz in Verbindung ständen, sei deshalb noch nicht aufgetaucht. Schließlich wurde nach fünf⸗ tägiger Debatte die F.e Lesung der Bill über die Ent⸗ staatlichung der Kirche in Wales mit 304 gegen 260 Stimmen angenommen.
„Der Senat begann gestern die Berathung des Budgets für 1895. Hugot beschwerte sich, daß das Budget mit einem Defizit abschließe, und behauptete, es müsse eine neue Anleihe aufgenommen werden. Redner betonte die Nothwendigkeit, Ersparnisse zu machen. Morel vertheidigte das Budget, das mehrere Verbesserungen enthalte. — In der Deputirten⸗ kammer befragte der Devputirte Defontaine den Kriegs⸗Minister über den Verkauf von vier Kanonen und 400 000 Patronen nach Deutschland durch Pariser Häuser, ferner über den Verkauf von Gewehren nach Oester⸗ reich und über die Versendung von für Madagaskar be⸗ stimmten Waffen über Hamburg und Antwerpen. Der Kriegs⸗ Minister General Zurlinden antwortete, die Ausfuhr von Waffen sei seit Oktober v. J. verboten, für die Liquidation der noch laufenden Geschäfte sei aber eine gewisse Frist bewilligt worden. Der Verkauf von alten Waffen durch die Arsenale dft. örigens keinerlei Gefahr. Damit war der Zwischenfall erledigt.
Die beiden begnchüggen italienischen Offiziere Falta und Aurelio sind gestern Vormittag einfach in Freiheit gesetzt und nicht an die Grenze gebracht worden.
Spanien.
Der Finanz⸗Minister hat mit der Bank von Spanien die Verlängerung der Schatz⸗Obligationen bis zum 31. Dezember d. J. vereinbart, so daß die Regierung bis zum Jahresschluß keine Anleihe zu veranstalten braucht.
Im Senat erklärte gestern, wie „W. T. B.“ berichtet, der Marschall Martinez Campos, die Anwendung des Militär⸗ Strafgesetzes auf die Journalisten sei auf den früheren Kriegs⸗ Minister Lopez Dominguez zurückzufuͤhren. Groizard erwiderte, die Liberalen würden niemals gestatten, daß Preßvergehen vor die Militärgerichte gebracht würden. Lopez Dominguez führte aus, daß die Anwendung des Militär⸗Strafgesetzes vollkommen gesetzmäßig gewesen sei. Der Premier⸗Minister Canovas erklärte, er habe die Gewalt von der Krone fangen, die allein sie ihm habe verleihen können. — Der Budgetausschuß der Kammer hat sich günstig über die Vorlage wegen Verlängerung der Dauer der Schatzobligationen ausgesprochen. v111
8 Serbien. 8 Der Justiz⸗Minister Djiordje wic hat, wie „W. T. B.“ meldet, aus Gesund itsrücksichten seine Entlaff ung ein⸗ gereicht. Der Präsident des Obersten Rechnungshofes Stefanowic ist zum Justiz⸗Minister ernannt.
Bulgarien. 8 . Die zu gemeinsamen Verhandlungen in Sofia ein⸗ getroffenen Vertretungen der macedonischen Vereine ulgariens sollen, wie verlautet, in einer vorgestern ab⸗ gehaltenen Vorbesprechung beschlossen haben, von der be⸗ absichtigten feierlichen Eröffnung der Berathungen und der
Oeffentlichkeit der Verhandlungen abzusehen.
Schweden und Norwegen.
Aus Stockholm wird gemeldet, der Bewilligungs⸗ ausschuß habe die Kündigung des schnebeß 2 norwegischen Handelsvertrags vorgeschlagen, damit eine neue Uebereinkunft zu stande komme, welche die Ver⸗ hältnisse in gerechter Weise regele.
In der gestern in Christiania abgehaltenen Sitzung des Staatsraths stellte, wie „W. T. B.“ meldet, die Regie⸗ rung dem König anheim, baldmöglichst die von ihr einge⸗ reichten Abschiedsgesuche zu bewilligen. Der König berief gestern den Amtmann Michelet, wie verlautet, um denselben zu beauftragen, er möge die Bildung eines Geschäfts⸗ Ministeriums versuchen.
Wie der Zeitung „Stockholms Dagblad“ aus Christiania
güenagn wird, hätte der König schon am Sonnabend auf norwegischen Ministeriums,
ie Aufforderung des der König möchte sich wegen der Bildung des neuen Kabinets an die Partei der Linken wenden, geantwortet, daß das nicht geschehen werde, nachdem der Führer der Linkenpartei, der Storthingspräsident Steen, es in der Sitzung vom Freitag bei der Debatte über die freiwilligen Schützen⸗ vereine unterlassen 9. den Storthingsmann Rinde zur Ordnung zu rufen, als dieser geäußert habe, die oberste Leitung der Vertheidigung Norwegens sei einem fremden Manne aus fremdem Lande anvertraut.
Dänemark.
Die Abreise der Kaiserin⸗Wittwe von Rußland von Kopenhagen wird, nach einer Meldung des „W. T. B.“, möglicherweise fruͤher als beabsichtigt erfolgen, da in dem Besinden des ee eine Wen⸗ dung zum Schlechteren eingetreten i 1.“
Amerika. E“ Das „Reuter'sche Bureau“ meldet aus New⸗York, von Key West sei daselbst die Nachricht eingetroffen, daß sowohl am 26. wie am 28. v. M. ein Gefecht zwischen den kuba⸗ nischen Insurgenten und den Regierungstruppen der Provinz Santa Clara stattgefunden habe, Die Regierungs⸗ truppen seien an beiden Tagen in die Flucht geschlagen worden Viele Truppen hätten sich den Insurgenten angeschlossen; die Zahl der letzteren werde auf 20 geschätzt. Die bei Eröffnung des mexikanischen Kon resses an diesen gerichtete tschaft des Präsidenten Porfkrks Diaz
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g. das Land lebe in seiner ganzen Ausdehnung in Frieden, die Beziehungen zu allen “] seien freundschastliche. In der Grenzstreitfrage mit Guatemala seien die Bemühungen zur Wahrung der Würde undder berechtigten - nicht fruchtlos gewesen und gäben der Hoffnung auf eine baldige, für beide Länder ehrenvolle Verständigung Raum. Die Minenindustrie des Landes zeige einen au erordent⸗ lichen dascheenh. auch die Landwirthschaft weise Fort⸗ schritte auf, besonders im Kaffeebau. Ebenso sei der Unter⸗ nehmungsgeist wieder im Wachsen. Im letzten Semester seien 19 Eisenbahnen konzessioniert worden. Die Einnahmen der Tehuantepec⸗Eisenbahn würden sich, sobald erst die ganze Linie im Betriebe sein werde, voraussichtlich vervierfachen. Die finan⸗ zielle Situation habe sich merkbar gebessert. Die Eingangs⸗ ölle zeigten schon jetzt im Vergleich mit der korrespondierenden Pericde des Verjobens eine Zunahme von 750 000 Doll. Die Stempeleinnahmen überstiegen die Voranschläge des Budgets, andererseits erfordere der Aufwand für die auswärtige Schuld größere Fe. als budgetmäßig vorgesehen, ohne daß hierin jedoch ein Moment der Seee ung liege. ehlbetrag sei kein übermäßiger, und der Wechselkurs cheine sich zu bessern. Die Hindernisse, welche einer Auf⸗ lösung der Pachtverhältnisse der Münzen entgegengestanden hätten, seien beseitigt, und die Regierung könne bald mit diesen wichtigen Einnahmeposten rechnen. Der Zeitpunkt sei ge⸗ kommen, um durch fortgesetzte Reformen auf dem Gebiet der Fhane den wirthschaftlichen Fortschritt der Nation sicher⸗ zustellen.
Eine weitere Meldung des „W. T. B.“ besagt, daß der Grenzstreit zwischen Mexiko und Guatemala beendet und eine entsprechende Konvention zwischen beiden Regierungen unterzeichnet worden sei.
Der Ministerrath der Argentinischen Republik hat nach einer Meldung aus Buenos Aires den Ankauf neuer Waffen beschlossen.
Asien.
In dem Berichte des Obersten Ito über die Einnahme der Fischerinseln heißt es, wie aus Hiroshima gemeldet wird, das Kastell Makung sei erst nach zwei Zusammenstößen genommen worden. Der Verlust der Chinesen habe sich auf 30 Todte und 60 Gefangene, der der Japaner auf 1 Todten und 16 Verwundete belaufen. Auf der Halbinsel Yenkung hätten sich 1000 Chinesen ergeben. Die Japaner hätten 9 schwere Geschütze und eine große Anzahl Gewehre erbeutet. Die Chinesen hätten ein Magazin auf den Fischerinseln in die Luft Pfprengt.
Die „Times“ meldet aus Peking von gestern, daß die Regierung die nöthigen Anordnungen in Gemäßheit des Waffenstillstandes erlassen habe. Die Friedensaussichten seien in Anbetracht der freundlichen Haltung des Mikado gegenüber Li⸗Hung⸗Tschang günstigere.
Afrira. 1
In Paris eingetroffenen Meldungen aus Tamatave zu⸗
folge versuchten die Hovas in der Nacht vom 22. März die
französischen Vorposten anzugreifen, jedoch ohne Erfolg.
Parlamentarische Nachrichten.
In der heutigen (10.) Sißung des Herrenhauses machte der Präsident Fürst zu Stolberg zunächst die Mittheilung, daß das Mitglied des Herrenhauses Herr von Bandemer am 31. März gestorben sei. Die Mitglieder des Hauses ehrten das Andenken des Heimgeengenen durch Erheben von den Plätzen. Vor Eintritt in die Tagesordnung nahm das Wort Graf von Klinckowström, um gegenüber der letzten Rede des Grafen von Frankenberg zu erklären, daß die Behauptung, die leichzeitige Behandlung der Agrarfragen in den drei Parlamenten ei auf Grund U seeiher Abmachung erfolgt, irrig sei. Graf von Fran enberg erklärte demgegenüber, daß unter seinen politischen Freunden wie in der Presse die von ihm aus⸗ gesprochene Ansicht weit verbreitet gewesen sei. Er freue sich, wenn dies nicht der Fall sei, und die Agitation, vor der er gewarnt habe, nun⸗ mehr im Lande aufhören solle. Er hoffe dann auf ein weiteres Zu⸗ sammengehen mit den politischen Freunden des Grafen von Klinckowström.
(Schluß des Blattes.)
— In der heutigen (53.) Sitzung des Hauses der Ab⸗
e; welcher der Finanz⸗Minister Dr. Miquel und eer Justiz⸗Minister Schönstedt beiwohnten, wurde zunächst
das Gesetz, betreffend die Berliner Stadtsynode und die Parochialverbände in größeren Orten, in dritter Berathung angenommen und sodann die zweite Be⸗ rathung des preußischen Gerichtskostengesetzes bei § 81 fortgesetzt.
Dieser Paragraph bestimmt, daß für die Ausstellung von Erbbescheinigungen und Bescheinigungen darüber, daß sich nach erfolgter öffentlicher Ladung niemand gemeldet habe, der ein besseres Erbrecht in Anspruch nehme, das Zwei⸗ fache des im § 56 festgesetzten Gebührensatzes B erhoben werden soll. Außerdem soll bei der Berechnung der Gebühren der Werth des Nachlasses nach der auf dem Nachlaß ruhenden Schulden zu Grunde gelegt werden. Der Abzug der Schulden soll jedoch insoweit nicht stattfinden, als Seeeeen der Werth um mehr als die Hälfte verringert werden würde.
Abg. Gorke (Zentr.) beantragte, die letztere Bestimmung zu streichen, und ferner, daß im Geltungsbereich des rheinischen Rechts für die Ausstellung der Bescheinigungen nur die einfache Gebühr er⸗ hoben werde.
Abg. Hartmann⸗Lübben (kons.) beantragte, daß nicht mehr als das Zweifache des für gerichtliche Beurkundungen und Bestätigungen festgestellten Gebührensatzes zu erheben ist.
Abg. Stephan⸗Beuthen (Zentr.) wollte den Antrag Gorke dahin erweitern, daß für die Ausstellung von Bescheinigungen überhaupt nur die einfache Gebühr erhoben werden soll.
Justiz⸗Minister Schönstedt: Weitere Ermäßigungen der Ge⸗ bührensätze muß die Regierung mit Rücksicht auf die Finanzlage ab⸗ lehnen. Was den ersten Theil des Antrags Gorke betrifft, so gehen die in der Vorlage gemachten Konzessionen schon sehr weit. Die Regierung muß dabei stehen bleiben.
Die Anträge Gorke und Stephan⸗Beuthen und § 81 in der hierdurch abgeänderten Fassung wurden angenommen.
Der 8 84 der Vorlage regelt die Gebühren für das Erbtheilungsverfahren. Die Gebühren für Vermögens⸗ ver eichgisse eee und Versteigerungen sollen neben diesen Gebühren besonders erhoben werden.
Abg. Stephan⸗Beuthen (Zentr.) beantragte, die besondere Gebührenerhebung für Vermögensverzeichnisse und Schätzungen fallen