“ — 96 Veranstaltungen aus Anlaß des 80. Ge⸗ burtstags des Fürsten Bismarck liegen heute folgende weiteren Berichte vor:
Frankfurt a. O., 2. April. Die ganze Stadt war gestern festlich geschmü Vom Thurm der Marienkirche wehten Fahnen in den deutschen und den preußischen Farben. Vormittags fanden Schulfeiern statt. In dem zu einer prächtigen Festhalle umgestalteten Frihebase des Leib⸗Grenadier⸗Regiments wurde Abends ein Kommers dien“ an dem sich etwa 1200 Personen betheiligten. Bei demselben brachte der Kommandeur der 8. Division, General⸗Lieutenant Vogel von Fe das
och auf Seine Majestät den Kaiser und Regierungs⸗Prä⸗ ident von Puttkamer das Hoch auf den Fürsten Bismarck aus.
Posen, 2. April. Der 80. Geburtstag des e. Bismarck wurde in den Königlichen Schulen durch be⸗ ondere Feierlichkeiten begangen. Abends war im Zoologischen Garten Kommers, an welchem der kommandierende General v. Seekt, der Ober⸗Präsident Freiherr von Wilamowitz⸗Möllendorff, der Ober⸗Bürgermeister und die Spitzen der Behörden theil nahmen. üle öffentlichen und viele Privatgebäude hatten geflaggt. Abends war Illumination.
Köln, 2. April. Gestern Abend 7 ½ Uhr fand das offizielle der Stadt zu Ehren des Fürsten Bismarck im großen Saale des „Gürzenich“ statt. Der Erste Beigeord⸗ nete Pelmann brachte in Vertretung des Ober⸗Bürgermeisters Becker, der als Vize⸗Präsident des Herrenhauses von Seiner Majestät dem Kaiser zum Diner nach Berlin befohlen war, das Hoch auf Seine Majestät den Kaiser aus. Rechtsanwalt Dr. Peusquens hielt die Festrede und schloß mit einem Hoch auf den Fürsten Bismarck. — Um 9 ½ Uhr war in der „Lesegesellschaft’ großer Kommers des Nationalliberalen Vereins; Professor Dr. Oscar Jaeger hielt die Festrede. Die Kriegervereine feierten den 8 in dem Lokal „Karl der Große“, die Turnvereine in den Vereinslokalen. — Die Stadt war reich beflaggt, überall herrschte festliche Stimmung. Das Bismarck⸗Denkmal vor dem Zivilkasino war mit Blumen⸗ und Palmenarrangements dekoriert, Abends erstrahlte das Denkmal in prachtvoller Beleuchtung.
Konstanz, 2. April. Hier und in vielen Ortschaften der Umgegend wurden gestern und am Sonntag Festbankette ꝛc. zur Feier des 80. Geburtstages des Fürsten Bismarck ver⸗ anstaltet. Gestern Vormittag fanden in allen Schulen Fest⸗ akte statt. Abends waren die badischen Bodensee⸗Ufer durch Freudenfeuer erleuchtet.
1 2. April. Die gestern an der Börse ver⸗
Laufmannschaft richtete auf den Vorschlag Herseeslehene Dr. H. H. Meier folgendes ürsten Bismarck:
„In dankbarer Erinnerung an die große Zeit der Wiedergeburt Deutschlands sendet Eurer Durchlaucht als deren mächtigstem Förderer die wärmsten Glückwünsche die Bremer Kaufmannschaft. Im Auf⸗ trage: Die Handelskammer.“
1 In das von dem Dr. Meier ausgebrachte Hoch auf den ürsten Bismarck stimmte die Versammlung begeistert ein.
amburg, 2. April. Die Hamburg⸗Amerikanische
Packetfahrt⸗Aktiengesellschaft verehrte dem Fürsten Bismarck
in großes Gemälde ihres Schnelldampfers „Fürst Bismarck“. Wien, 2.April. Die Vereinigung der deutschen Reserve⸗
und Landwehr⸗Offiziere veranstaltete gestern anläßlich des
80. Geburtstages des Fürsten Bismarck eine Feicr. Der orsitzende brachte im Verlauf derselben auf die ver⸗ ündeten Monarchen ein dreifaches Hurrah aus und die Armee sei das stärkste Band, welches die erhabenen Herrscher zum Schutz und Trutz
umschlungen halte. Es wurde sodann ein Huldigungs⸗Telegramm
an den Fürsten abgesandt. — Weitere Berichte über Festlichkeiten
Professor Thürlings. Der
n Oesterreich aus Anlaß des Geburtstages des Fürsten Bis⸗ arck liegen vor aus Cilly, Klagenfurt, Villach, Linz, Bruck, indsberg, Mürzzuschlag und Salzburg.
Bern, 2. April. Die hiesigen Deutschen feierten gestern en Geburtstag des Fürsten Bismarck durch ein Bankett, an em ungefähr 100 Personen theilnahmen. Die Festrede hielt deutsche Gesandte Dr. Busch rachte den Trinkspruch auf den Kaiser Wilhelm und auf die
Schweiz aus.
Aus Friedrichsruh vom heutigen Tage meldet
„W. T. B.*: Fürst Bisma rck hatte eine verhältnißmäßig gute Nachtruhe und befindet sich wohl. Heute und in den
nächsten Tagen wird keinerlei Empfang stattfinden.
8
“
Das Staats⸗Ministerium trat heute Nachmittag 2 Uhr unter dem Vorsitz des Minister⸗Präsidenten Fürsten
zu Hohenlohe im Dienstgebäude, Leipziger Platz 11, zu
*
Königlich
deren Bezirke hinausgehen,
wien bder
biete der Nundschreiben vom 7. März 1895, MHMebernahme des Karenzzeit bisher
einer Sitzung zusammen.
Ddie Nr. 4 der „Amtlichen Nachrichten des Reichs⸗ Versicherungsamts“
vom 1. April 1895 enthält eine Bekanntmachung vom 20. März 1895, wonach mit Rücksicht auf die am 1. Äpril 1895 in Kraft tretende Umgestaltung der preußischen Eisenbahnbehörden als Sitz der Unfall⸗Schiedsgerichtefür diejenigen Eisenbahn⸗Direktionen, über die Grenzen des preußischen Staats der Sitz der betreffenden Eisenbahn⸗ Direktion selbst bestimmt wird, ferner eine Bekanntmachung
vom 13. März 1895, betreffend den Prämientarif für die Versicherungsanstalt der gewerks⸗Berufsgenossenschaft, die Vorstände der
hannoverschen Bau⸗ ein Rundschreiben an dem Reichs⸗Versicherungsamt aus⸗ schließlich unterstellten gewerblichen Berufsgenossenschaften 12. Januar 1895, betreffend das Zusammen⸗ berufsgenossenschaftlichen Organe Staatsaufsichtsbeamten auf dem Ge⸗ Unfallverhütung, sowie ein weiteres betreffend die durch Heilverfahrens während der erzielten Erfolge, und endlich folgende Rekursentscheidungen:
Der Tod eines Versicherten, welcher wegen einer Handverletzung im August 1892 von der Berufsgenossen⸗ schaft einer Heilanstalt in Hamburg überwiesen worden und ort der Cholera während der damals herrschenden
und der
Epidemie erlegen war, ist als mittelbare Folge eines
“
Betriebsunfalls angesehen worden, weil derselbe sich der angeordneten Unterbringung in der Anstalt zu Hamburg ohne die Gefahr eines Rechtsnachtheils nach Lage des Gesetzes nicht entziehen konnte, und die Cholera damals in Hamburg eine solche Verbreitung erlangt hatte, daß die Gefahr, von der⸗ selben angesteckt zu werden, für jeden daselbst sich Aufhaltenden eine über die Gefahr des gewöhnlichen Lebens weit hinaus⸗ gehende war.
Skorbut, welcher einen Theil der Besatzung einer Bark auf der Seereise befallen hatte, weil das in den Tanks mit⸗ geführte Süßwasser infolge des ewaltsamen Eindringens von Seewasser bei schwerem Sturm brakig geworden war, ist nach der besonderen Lage des Falls als Folge eines Betriebs⸗ im Sinne des See⸗Unfallversicherungs⸗ gesetzes angesehen worden. 1 b
In mehreren, thatsächlich ähnlich liegenden Fällen ist Blutvergiftung als Betriebsunfall anerkannt worden, weil nach dem Sachverhalt die Feststellung Ferscht. fertigt war, daß die schädlichen Infektionskeime bei der Beschäf⸗ tigung im Betriebe und infolge der Bearbeitung bestimmter Gegenstände in den Körper eingedrungen seien.
Die Entschädigungsverpflichtung der Berufs⸗ genossenschaft ist in einem Falle anerkannt worden, in welchem ein Arbeiter vor Schreck über die Verschüttung eines anderen Arbeiters bei dem Versuche, mit den Händen den Kies von diesem wegzuräumen, plötzlich todt zusammengesunken war, weil der Herzschlag, welchem er erlegen war, eine Folge der hochgradigen, durch ein Betriebsereigniß unmittelbar erzeugten seelischen Erregung ge⸗ wesen war.
Ebenso ist die Berufsgenossenschaft zur Ent⸗ schädigungsleistung in einem Falle verurtheilt worden, in weicßemn ein gegen die Folgen von Unfällen versicherter Grubendirektor bei einem Wasserdurchbruch in der von ihm
eleiteten Grube persönlich die schwierigen und gefährlichen Rettungsarbeiten in der Grube geleitet und hierbei viele Stunden bis zur Brusthöhe im Wasser hatte stehend zubringen müssen, und bei dem dann infolge der mit diesem Vorfall, verknüpften Gemüths⸗ erregung und einer durch den Temperaturwechsel bei der Ausfahrt hervorgerufenen Erkältung sich ein bis dahin ungefährliches Herzleiden derart verschlimmert hatte, daß er einige Monate später daran starb. b
Eine hysterische Erkrankung, welche sich bei einem Arbeiter während der Nachbehandlung einer Unfallverletzung infolge der sehr energisch angewandten sren. insbesondere einer mediko⸗mechanischen ehand⸗ lung entwickelt hatte, ist als mittelbare Unfallfolge doeeben und deshalb ist auch die Berufsgenossenschaft für die dadurch hervorgerufene völlige Erwerbsunfähigkeit als ent⸗ schädigungspflichtig erachtet worden.
Der Tod eines auf dem Dache eines Neubaues beschäf⸗ tigten Maurergesellen, welcher kurz nach der Mittagspause einen Schluck aus der von ihm mitgebrachten, Schnaps ent⸗ haltenden Flasche zu sich nehmen wollte, aber versehentlich aus einer ganz ähnlichen, neben dem Schornstein zum Gebrauch für die Klempner und Mechaniker aufgestellten Flasche mit Salzsäure getrunken hatte und am folgenden Tage an den Folgen dieses Versehens gestorben war, ist als Betriebsunfall angesehen worden.
Der Tod eines Maurerpoliers, welcher von einem ihm wegen dienstlicher Zwistigkeiten feindlich gesinnten Arbeiter durch Arsenik vergiftet worden ist, ist als Betriebs⸗ unfall erachtet worden.
Die Verletzung eines Schichtmeisters infolge der Explosion einer Dynamitpatrone, welche von strikenden Bergarbeitern auf dem Betriebsgelände einer Zeche in ver⸗ brecherischer Absicht 2. Zweck der Betriebsstörung gelegt worden war, ist als Betriebsunfall angesehen worden.
In zwei Fällen ist die Verletzung eines Arbeiters durch einen Mitarbeiter als Betriebsunfall angesehen worden, weil sie nach dem festgestellten Thatbestande derart in erkennbarem ursächlichen Zusammenhange mit dem Betriebe stand, daß sowohl die Veranlassung dazu wesentlich in letzterem beruhte, als auch die verletzende Handlung selbst sich noch als ein Ausfluß der Betriebsgefahr darstellte.
Die Entschädigungsberechtigung eines Weichen⸗ stellers, welcher aus Anlaß der Ausübung seiner dienstlichen Thätigkeit mit fremden Arbeitern in Streit gerathen war und dabei eine Verletzung erlitten hatte, ist anerkannt worden.
Die Berufsgenossenschaft ist zur Entschädigungs⸗ leistung an die Hinterbliebenen eines Flößers ver⸗ urtheilt worden, welcher nach Ausführung eines Holz⸗ transports für die Heimreise seinen Kahn von einem Schleppdampfer hatte ins Schlepptau nehmen lassen und eines Tages während der Fahrt nach Eintritt der Dunkelheit spurlos und auf unaufgeklärte Weise von dem Dampfer verschwunden war, weil nach Lage der Sache die Feststellung gerechtfertigt war, daß der Flößer zur Zeit seines Todes noch in dem Betriebe beschäftigt gewesen, und daß er einer dem Betriebe eigenthümlichen Gefahr erlegen sei.
Aus ähnlichen Gründen ist auch die Entsch ädigungs⸗ berechtigung der Hinterbliebenen eines bei dem Bau des Nord⸗Ostsee⸗Kanals beschäftigten Schacht⸗ meisters anerkannt worden, welcher nach Ausführung eines bei einer entfernten Schleuse auszuführenden dienstlichen Auftrags zur Rückkehr den auf dem Kanal verkehrenden Dampfer seines Arbeitgebers benutzt hatte und dabei — offenbar unter der Einwirkung einer Ohnmacht oder eines epileptischen Anfalls — über Bord gestürzt und ertrunken war.
“
Der Kaiserliche Gesandte in Bern, Wirkliche Geheime Rath Dr. Busch ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.
Der Kaiserliche Gesandte in Belgrad Freiherr von Waecker⸗Gotter hat einen ihm Allerhöchst bewilligten kurzen Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit fungiert der Legations⸗Sekretär vom Rath als Geschäftsträger.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich bayerische Ministerial⸗Rath von Heller ist von Berlin abgereist. 3 “ “
Kronberg, 2. April. Ihre Majestät die Kaiseri Friedrich ist hler
hof Wohnung genommen.
Wiesbaden, 2. April. Der 29. Kommunal⸗Landtag
des Regierungsbezirks Wiesbaden wurde heute Mittag von 8 n 8 nsprache
dem stellvertretenden e . “ Präsidenten von Tepper⸗Laski mit folgender
eröffnet: Hochgeehrte
Für die diesjährigen —
Ihnen von seiten der Königlichen Staatsregierung eine gemacht werden, betreffend die eie einer kammer für den Regierungsbezirk Wiesbaden.
Die Königliche Staatsregierung legt wegen der Bedeutung dieser neuen Organisation für viele wichtige und gerade in jetziger Zeit dringliche Aufgaben der Landwirthschaft und wegen des 1— auch von Allerböchster Stelle diesem Gegenstand gewidmeten einen so hohen Werth darauf, durch ein zustimmendes Votum des Kommunal⸗Landtags zu ihrer Vorlage die Errichtung einer Land⸗ wirthschaftskammer für den diesfeitigen Regierungsbezirk gefördert zu sehen, daß sie sich andernfalls der Verpflichtung nicht würde entziehen können, auf ihren s. Z. dem Provinzial⸗Landtag gemachten ursprüng⸗ lichen Vorschlag der Errichtung einer Kammer für die ganze Provinz zurückzukommen.
Neben dieser Vorlage der Königlichen Staatsregierun eine Reihe von Vorlagen des Landesausschusses Ihrer Beschlu fefung. Unter denselben ist der Vorschlag zur Errichtung einer Ruhegehalts⸗ kasse für die Kommunalbeamten des Regierungsbezirks mit besonderer Freude zu begrüßen.
Indem ich Sie i willkommen heiße, erk den 29. Kommunal⸗Landtag des Regierungsbezirks für eröffnet.
Nachdem alsdann der Abgeordnete, Appellationsgerichts⸗ Vize⸗Präsident a. D. Dr. Bertram zum Alters⸗Präsidenten proklamiert worden war, übernahm derselbe den Vorsitz und brachte ein Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König aus, in welches die Versammlung lebhaft einstimmte.
Demnächst wurde der Vorstand des Landtags durch Zuru gewählt. Der zum Vorsitzenden gewählte Geheime Justiz⸗Rath Hilf theilte darauf die ingänge für den Kommunal⸗Landtag mit. Alsdann wurden die Mitglieder der gebildeten Kommissionen (Finanzkommission, Wegebaukommission, Eingabenkommission, Rechnungsprüfungskommission, Kommission für die Vorlage, betreffend die Errichtung einer Landwirthschaftskammer, Klein⸗ bahnkommission) durch Zuruf gewählt und die Eingänge den Kommissionen zugetheilt.
Vorlage
Hessen.
Den Ständen des Großherzogthums, zunächst der Zweiten Kammer, ist ein Gesetzentwurf, die Entschädigung für an Milzbrand und Rauschbrand gefallene Thiere betreffend, zugegangen.
8 SDesterreich⸗Ungarn.
Der Kaiser ist gestern Vormittag in Begleitung des Prinzen Leopold von Bayern in Brünn eingetroffen. Bei der Fahrt durch die festlich geschmückte Stadt bereitete die zahlreich angesammelte Bevölkerung dem Kaiser begeisterte Ovationen. Der Kaiser sprach seine Freude über den patrioti⸗ schen Sinn der mährischen Bevölkerung und über die innige Theilnahme derselben an dem freudigen Ereig niß in der Kaiserlichen Familie aus und erklärte, es freue ühn, daß sein Urenkel in Mähren geboren sei. Um 11 Uhr fuhr der Kaiser zum Taufakt in das Palais des Erzherzogs Joseph August. Der Täufling erhielt die Namen Joseph Franz Leopold Anton Ignatius Maria. Um 3 Uhr erfolgte die Abreise des Kaisers nach Wien.
Der Kaiser hat am 1. April fecebe Glöckwunsch⸗Depesche an den Fürsten Bismarck gesandt:
Mit herzlichster Theilnahme beglückwünsche ich Eure Durchlaucht zu Ihrem 80. Geburtstage und zu der hohen Genugthuung, zu welcher Ihnen dessen ehrenreiche Feier gereichen muß. öge die Er⸗ füllung meiner heutigen Wünsche für Ihr ungetrübtes Wohl sich auf Jahre hinaus übertragen. Franz Joseph.
Wie das „Vaterland“ meldet, wird in diesen Tagen ein Bischofs⸗Comité unter Vorsitz des Kardinals⸗Fürst⸗Erz⸗ bischos Schoenborn zu einigen Sitzungen zusammentreten.
Der bulgarische Minister⸗Präsident Stoiloff ist gestern zu mehrtägigem Aufenthalt von Wien nach Berlin abgereist.
Im Budgetausschuß des österreichischen Ab⸗ geordnetenhauses fragte gestern der Referent Gallwich den Handels⸗Minister Grafen Wurmbrand: erstens, ob bestimmte Absichten der Regierung auf Verstaatlichung von Privatbahnen beständen, und welche? zweitens, falls ja, ob dafür gesorgt sei, daß weder das Gleichgewicht im Staats⸗ haushalt noch die Valutaregulierung gestört würden; drittens, ob vorgesorgt sei, daß die Rechte der Privatbeamten bei der Verstaatlichung gewahrt würden? In seiner Antwort verwahrte sich der Handels⸗Minister Graf Wurm brand zu⸗ nächst gegen den Vorwurf, daß seitens der Regierung etwas an die große Glocke gehängt worden sei. Die Thatsache, daß Verhandlungen stattgefunden hätten, habe leider nicht geheim bleiben können, weitere dhatsächlich Mitthei⸗ lungen seien indeß nicht in das Publikum gedrungen. Wenn auf Konjunkturen und Hoffnungen hin Börsen⸗ spekulationen entständen, so sei die Regierung dafür nicht verantwortlich. Auf viele Fragen sei jetzt die Antwort verfrüht. Er habe seit dem Vorjahre die Absichten der Re⸗ gierung bezüglich der Eisenbahnpolitik entwickelt. Die Nord⸗ westbahn, sowie die Böhmische Westbahn seien für die Ver⸗ staatlichung reif. Die Verstaatlichung der Südbahn sei schon damals angedeutet worden, entsprechend den Absichten seines Vorgängers. Durch die Frsttrenung Ungarns würde ein Hinderniß entfallen; bisher sei in dieser Frage nichts geschehen und noch kein Einverständniß mit Ungarn erzielt worden. In finanzieller Hinsicht könne er weder günstiges noch ungünstiges über die Suͤüdbahn sagen. Neu sei, daß die Staatsbahn⸗Gesellschaft in den Kreis des Studiums mit einbe; 2,5 worden sei, weil der Einlösungs⸗ termin eingetreten sei. Jede Versäͤumniß würde eine schwere Vernachlässigung sein. Nur durch diese Bahnen erhielten die staͤatlichen Bahnen ein festes Gefüge, das eine gesunde Tarif⸗ politik ermögliche. Die Hauptbahnen und die Ausnutzung derselben muͤßten in der Hand des Staats sein, die Neben⸗ bahnen könnten Sache der Interessenten bleiben. Die Be⸗ dingungen der Verstaatlichung müßten solche sein, daß der Eisenbahn⸗Etat und der Staatshaushalts⸗Etat nicht efährdet würden. Eine Ausgleichung könne nur so vor sich gehen,
ein großer Theil der eingetroffen und hat in Schloß Friedrichs⸗ daß
erathungen des Kommunal⸗Landtags wird andwirthschafts⸗
nteresses
Verstaatlichung 89. einmal durchgeführt werde. Eine Erhöhung der Staatsbahntarife sei beabsichtigt für die Personentarife. Die bisherigen illigen Tarife hätten genügt, um die Prioatbahnen für die Verstaatlichung zu präparieren. Es sei ein Staffeltarif ge⸗ plant. Auf Einzelfragen, erklärte der Minister, wolle er nicht eingehen, weil es verfrüht sei, da die Regierung selbst noch nicht im klaren darüber sei, was sie den Bahnen anbieten könne. Man befinde sich in einer steigenden Tendenz des Verkehrs und man müsse sich die Frage vorlegen, um wieviel Millionen die Bahnen mehr kosten würden. Wenn die Regierung warte, könne sie sich nicht wundern, daß die Bahnaktien stiegen. Diese billiger herzugeben als nach den Erträgnissen, seien die Bahnen nicht genöthigt; wegen der Rücklagen müsse die Rente 882 sein als die bisherigen Dividenden, da die Erträgnisse stiegen. Wenn auf der Börse in dieser An⸗ gelegenheit zu viel gethan werde, so sei die Regierung dafür nicht verantwortlich. Schließlich erklärte der Minister, daß Ansprüche der Beamten der zu verstaatlichenden Bahnen ge⸗ wahrt bleiben würden. Die Berathungen der Zucker⸗Enquste⸗Kommission wurden gestern Vormittag vom Ackerbau⸗Minister Grafen Falkenhayn eröffnet, der die Versammlung namens der Regierung begrußte. Hierauf erklärte der Füchesetä⸗ Besitzer Auspi 8 die Fixierung eines einheitlichen übenpreises für nicht möglich und sich gegen die Einschränkung der Ruͤbenproduktion aus. Er bezeichnete es als Aufgabe der Re⸗ gierung, den österreichischen Fuckefabbtanie die Konkurrenz mit den deutschen zu ermöglichen. Das ungarische Unterhaus hat die Abgeordneten Albert Berzeviczy und Ignaz Daranyi zu Vize⸗ Präsidenten gewählt.
8
Frankreich.
Bei der gestern im Senat fortgesetzten des Budgets hob Loubet die Nothwendigkeit von Ersparnissen hervor. Der Minister⸗Präsident Ribot rechtfertigte die Staatsausgaben für wecke des öffentlichen Unter⸗ richts, für öffentliche Arbeiten und für die Landes⸗ vertheidigung. Die gegenwärtigen Schwierigkeiten kämen von zahlreichen Steuernachlässen und von dem Still⸗ stand im Wachsen der Einnahmen her. Es sei falsch, zu sagen, daß die Schwierigkeiten von dem gegenwärtigen ökonomischen Regime abhängen. England, das eihändlerisch geblieben sei, habe ebenso Se wie Frankreich. Nachdem der Minister⸗ Präsident Ribot noch die verschiedenen Staatsausgaben gerecht⸗ fänigt hatte, wurde die Generaldiskussion über das Budget ge⸗ ossen.
Die Königin Natalie von Serbien beabsichtigt, sich nach Ostern zu einem etwa sechswöchigen Aufenthalt na Serbien zu begeben und alsdann nach Frankreich zurück⸗
Belgien.
In der Repräsentantenkammer erklärte gestern Defuisseaux im Namen der sozialistischen Gruppe, der Generalrath der Partei habe in Uebereinstimmung mit den sozialistischen Deputirten beschlossen, daß kein Grund vor⸗ liege, einen Generalstrike hervorzurufen; es sei einzig und
allein nöthig, zu Gunsten des allgemeinen Stimmrechts die
1 Er hoffe, die Regierung werde angesichts dieser Entscheidung sich geneigt zeigen, einen Ver⸗ leich anzunehmen. Der Minister des Innern de Burlet chlug vor, den Schluß der Berathung über des Gemeinde⸗ wahlgesetz auf heute zu verschieben, um der Kammer Gelegenheit zu geben, von den Amendements Kenntniß zu nehmen.
Auf Grund der von Defuisseaux abgegebenen Erklärung erscheint, wie „W. T. B.“ berichtet, der Ausbruch eines allgemeinen Strikes für jetzt ausgeschlossen. Man nimmt
an, daß die Regierung einige Zugeständnisse machen und nicht
von vornherein alle Amendements verwerfen werde, die zu dem Kommunalwahlgesetz eingebracht werden dürften.
Propaganda zu organisieren.
Montenegro.
Der Erbprinz Danilo ist nach einer Meldung aus Cetinje leicht an den Masern erkrankt.
Schweden und Norwegen.
Aunus Christiania meldet „W. T. B.“, der Verein der Linken des Storthings habe in einer am Montag Abend ab⸗ gehaltenen Versammlung einstimmig die Ablehnung des Vor⸗ schlags Michelet's, an der Bildun eines Geschäfts⸗ Ministeriums theilzunehmen, beschlossen. Die Grund⸗ lage des Vorschlages sei gewesen, die Streitfrage für jetzt bei Seite zu lassen und die Budgetpositionen für die Konsulate und diplomatischen Vertretungen, darunter die Wiener Gesandtschaft, wie im Jahre 1892 zu bewilligen. Michelet theilte gestern Abend 10 ½ Uhr dem König den Beschluß- des Vereins der Linken mit. Der König wird heute Abend nach Stockholm zurückkehren.
Wie amtlich mitgetheilt wird, ist der Kontre⸗Admiral Klintberg zum Kommandeur der Flottenabtheilung ernannt worden, die zur Einweihung des Nord⸗Ostsee⸗Kanals nach Kiel abgehen wird. Farn Chef des schwedischen Panzerschiffs „Thule“ ist der Kommandeur⸗Kapitän Hägg, zum Chef des Panzerschiffs „Göta“ der Kom⸗ mandeur⸗Kapitän Olsen und zum Chef des Kanonen⸗ boots „Edda“ der Marine⸗Kapitän Pettersén ernannt worden. Von der norwegischen Flotte werden an der Einweihung theilnehmen das Kandnenboot „ Viking“, Chef Kommandeur⸗Kapitän Klingenberg, und das Kanonen⸗ boot „Sleipner“, Chef Kommandeur⸗Kapitän Fabricius
86 Dänemark. Der Reichstag ist gestern geschlossen worden.
Amerika.
Nach einer in Madrid Depesche des Gou⸗ verneurs von Cuba wäre der Aufstand auf die Provinz Santiago begrenzt, wo der General Lachambre verschiedene Rekognoszierungen vorgenommen habe, ohne auf die Auf⸗ ständischen zu stoßen. Letztere hätten sich in die Berge zurück⸗
gezogen und erwarteten dort Hilfe, die Küsten würden aber
von den spanischen Truppen scharf überwacht Asien.
6 Aus Simonoseki wird berichtet, die Wunde Li⸗Hung⸗
Tschang's heile gut, man hoffe, daß der Patient in einigen Tagen vollstaͤndig hergestellt sein werde; alsdann würden die
Unterhandlungen mit den japanischen Bevollmächtigten wieder aufgenommen werden.
Der „Times“ wird aus 1388 ong gemeldet, daß in Canton 3000 Freiwillige für Vertheidigung der Provinz Kwangtung ausgehoben würden; die Kosten für das Korps sollten durch eine Haussteuer, die jetzt erhoben werde, aufgebracht werden. —
Die unter den japanischen Truppen in Moji aus⸗ gebrochene Cholera nimmt fortwährend zu; auch von den aus China zuruͤckkehrenden Transporten werden viele Cholera⸗ fälle gemeldet.
Der britische Gesandte in Japan Le Poer Trench ist erkrankt und begiebt sich mit Urlaub nach England.
6
Afrika. Der Pariser „Rappel“ veröffentlicht eine Depesche aus St. Louis (Senegal), worin es heißt: nach einem von Ein⸗ geborenen verbreiteten Gerücht habe Samory die Stadt Kong eingenommen. Die Kolonne Monteil sei vollständig zersprengt. “
2
Parlamentarische Nachrichten. .
Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen
des Herrenhauses und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage. — FIn der heutigen (11.) Sitzung des Herrenhauses, welcher der Präsident des Staats⸗Ministeriums, Fürst zu Hohenlohe und der Justiz⸗Minister Schönstedt beiwohnten, wurde der Antrag des Grafen von Mirbach, betreffend die Währungsfrage, auf Vorschlag des Freiherrn von Man⸗ teuffel einer besonderen Kommission von 15 Mit⸗ gliedern vus Vorberathung überwiesen.
Der Gesetzentwurf, betreffend das Pfandrecht an bööö und Kleinbahnen und die
wangsvollstreckung in dieselben, wurde en bloc angenommen.
In einmaliger Schlußberathung stimmte das Haus dem Gesetzentwurfe, betreffend die unentgeltliche Uebereignung weier Abschnitte des Großen Thiergartens in
erlin an das Reich, zu.
Ueber eine Petition um Herabsetzung des von Fuhr⸗ werken erhobenen auf der von Se nach Ehrenbreitstein führenden Schiffsbrücke besch oß das Haus zur Tagesordnung überzugehen.
Schluß 2 Uhr.
— In der 15 (54.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ “ bildete die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, etreffend die Aufhebung der Stolgebühren für Taufen, Trauungen und kirchliche Aufgebote im Amtsbezirk des Kon⸗ sistoriums zu Wiesbaden, den ersten Gegenstand der Tages⸗ ordnung.
Abg. Rudolphi (Zentr.) führte Klage über imparitätische Be⸗ handlung der katholischen Geistlichen im Vergleich zu den evangelischen Geistlichen. Demnächst werde wohl auch noch die Aufhebung der Stolgebühren für Beerdigungen zu Gunsten der evangelischen Geist⸗ lichen erfolgen. So lange kein Aequivalent für die katholischen Geist⸗ lichen geschaffen sei, werde er gegen das 8s stimmen.
Regierungs⸗Rath Schwartzkopff: Die Befürchtung, daß dem⸗ nächst auch eine Ablösung der Stolgebühren für Beerdigungen erfolgen werde, sei unbegründet. Der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegen⸗ heiten habe bereits erklärt, daß weitere Gesetzvorlagen in dieser Richtung nicht zu erwarten seien.
Abg. Schall (kons.) tritt den Ausführungen des Abg. Rudolphi entgegen und betont die Bereitwilligkeit der Konservativen, auch den Wünschen der katholischen Geistlichen gerecht zu werden. 8
Abg. Dr. von Heereman (Gentr.): Meine politi⸗ schen Freunde haben für die Vergünstigungen, welche die Ablösung der Stolgebühren den evangelischen Geistli en brachte, gestimmet in der Erwartung, daß auch für die katholischen Geistlichen, sobald von zuständiger Seite die entsprechenden Wünsche formuliert seien, ähn⸗ liche Vergünstigungen geschaffen würden. Bis jetzt ist das noch nicht Fagehen. aber ich komme trotzdem nicht zu der Schlußfolgerung des
bg. Rudolphi; denn die Regierung hat keineswegs erklärt, daß sie nicht wolle. Es fehlt bis jetzt nur an einem Abschluß der diesbezüg⸗ lichen Unterhandlungen.
Regierungs⸗Rath Schwartzkopff: Betreffs dieser Unterhand⸗ lungen kann ich mich nur auf eine frühere Aeußerung des Ministers beziehen. Das Ministerium ist mit den katholischen Bischöfen in Unterhandlungen getreten und hat sich bereit erklärt, für die Ablösung der Stolgebühren auch bei den katholischen Geistlichen zu sorgen. Die Bischöfe haben es aber abgelehnt, einer derartigen Ablösung zuzu⸗ stimmen, und die Staatsregierung hat erklärt, daß sie bei dieser Sach⸗ lage keine Veranlassung habe, die Unterhandlungen fortzuführen.
Das Gesetz wird in den einzelnen Bestimmungen an⸗ genommen.
Zur Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Ab⸗ änderung von Bestimmungen des Ausführungs⸗ pesetzes zur Deutschen Zivilprozeßordnung, und des
esetzes, betreffend die Ausstellung gerichtlicher Erb⸗ bescheinigungen, nimmt das Wort Abg. Dr. Porsch (Zentr.): Eine Regelun⸗ der Zuständigkeit vor Gericht für Verschollene sei nöthig; ob aber der vorliegende Gesetzentwurf das Richtige treffe, sei nicht ohne weiteres zu bejahen. Die Felüte lang des Gerichtsstandes für solche Erelaser die zur Zeit ihres Todes in Preußen keinen ordentlichen Gerichtsstand gehabt haben, erfolge theils nach der Zivilprozeßordnung, theils auch nach der allgemeinen Gerichtsordnung.
8 “
Die allgemeine Gerichtsordnung sei jedoch veraltet, und es sei bedenklich, einen so unklaren Zustand zu einem dauernden zu machen. Eine Prüfung des Gesetzes in der Justizkommission wäre angebracht.
Vom Regierungstisch wird erwidert, daß bei der Regelung der Zuständigkeit vor Gericht der vorliegende Gesetzentwurf sich den Vorarbeiten der Kommission für das Bürgerliche Gesetzbuch ange⸗ schlossen habe. Bei der Feststellung des Gerichtsstandes handle es sich lediglich darum, für den Fall, daß ein Erblasser seinen letzten Gerichtsstand außerhalb Preußens gehabt habe, den Erben zu ermög⸗ lichen, ihr Erbe in Besitz zu nehmen.
Der Gesetzentwurf wird in Berathung angenommen.
Der Gesetzentwurf, betreffend die Vertretung der Kreis⸗ und ee11¹ in ver⸗ mögensrechtlichen Seleö gelangt ohne Debatte in erster und zweiter Berathung zur Annahme.
(Schluß des Blattes.)
erster und zweiter
Das „Eisenbahn⸗Verordnungs⸗Blatt“ hat in der Nr. 12 vom 29. März d. J. folgenden Inhalt: Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten: vom 16. rz 1895, betr. Prüfungsordnung
8 die mittleren und unteren Staatseisenbahnbeamten, sowie Be⸗ mmungen über die Annahme von Zivilsupernumeraren für den Staatseisenbahndienst und — zur Prüfungs⸗ ordnung; vom 16. März 1895, betr. Uebergangsbestimmungen zu der neuen Prüfungsordnung für die mittleren und unteren Staatseisen⸗ bahnbeamten. 1
Kunst und Wissenschaft.
8
Die juristische Fakultät der Universität Göttingen hat dem Fürsten Bismarck am 1. April folgende „Tabula gratulatoria“ überreichen lassen:
Quod felix faustumque sit! Auspiciis et auctoritate Augustissimi Potentissimi Principis ac Domini Wilhelmi II. Imperatoris Germanorum Borussiae Regis, Domini nostr. Longe Clementissimi, Rectore Academiae Georgiae Augusta Magnificentissimo Alberto, Regio Borussiae Principe, Cel- sissimo Ducatus Brunsvicensis Summo Moderatore, Ottonem Principem de Bismarck, Imperii Germanici quod Ipse stabilivit Primum Cancellarium, cunctis qui sunt honoribus cumulatum, virum per saecula unicum, qui inter tot tantaque merita in perpetuum duratura iureconsultum admirabilem sese praestitit, normas iuris tam publici quam privati, tam civilis quam gentium ingenii vi firmiter regendo, novas permultas saluberrimas addendo, pacta publica miram in artem redigendo, litteras publicas inexsuperabili elegantia conscribendo, quae pro salute patriae cogitavisset ferreo animo persequendo et, si res postularet, tanta commendando eloquentia, ut verborum et gravitate et venustate omnes convinceret, permulta belle et litterate dicta tanquam alata auribus animisque hominum imprimeret, probum proxenetam, arbitrum lubenter acceptum, controversiarum inter gentes saepenumero compositorem providum felicem sapientem, trium Imperatorum socium omniumque consiliorum administrum fidissimum, artis boni et aequi sacerdotem merito adpellandum, nostrae Academiae et alumnum et fautorem, nostrae civitatis civem, nostris suffragiis ante hos decem annos utriusque iuris doctorem electum, diei natalis anniversaria octogesima annuente Deo celebrantem felicibus ominibus medullitus conceptis prosequitur ordo iureconsultorum Gottingensium Prorectore Magnifico Hermanno Schultz, interprete decano Carolo Eduardo Ziebarth, qui hasce litteras sigillo ordinis sui muniri curavit. P. p. in Academia Georgia Augusta Kalendis Aprilibus a. MDCCCLXXXXV. (L. S)
Fürsten Otto von Bismarck, Ihn, des Deutschen Reichs, das Er selbst auf feste Grundlagen gestellt hat, Ersten Kanzler, mit allen Ehrungen, die da sind, überschüttet, einen Mann, einzig in Jahr⸗ hunderten, der unter so vielen und großen alle Zeit dauernden Ver⸗ diensten sich auch als bewundernswürdiger Rechtskundiger erwiesen hat, indem Er die Normen des öffentlichen und des privaten, des Landes⸗ und des Völkerrechts durch die Kraft seines Geistes sicher beherrschte, viele neue und heilsame hinzufügte, die Staats⸗ verträage mit staunenswerther Kunst zu verfassen wußte, die Staatsschriftee in nie übertreffjbarer Formvollendung entwarf, das, was Er für das Heil des Vaterlandes ersonnen hatte, mit eisernem Willen durchführte und, wenn es Noth that, mit solcher Beredsamkeit vertheidigte, daß Er durch der Worte Wucht und An⸗ muth Alle bezwang und viele geistvolle, aus reichstem Wissen ge⸗ schöpfte, gleichsam geflügelte Aussprüche den Ohren und Herzen der Menschen einprägte, den ehrlichen Makler, den willkommenen Schieds⸗ richter, bei Streitfragen unter den Nationen oft ein weitschauender, erfolgreicher und weiser Schlichter, dreier Kaiser Genosse und bei allen Fragen allertreuester Berather, darum ein Priester der Wissens chaft Dessen, was recht und billig ist, in Wahrheit zu nennen, unserer Universität sowohl Zögling als Gönner, unferer Stadt Bürger, durch unsere Wahl vor nunmehr zehn Jahren zum Doktor beider Rechte erkoren — diesen Mann, der jetzt durch Gottes Fügung seines Geburtstags achtzigste Wiederkehr zu feiern im Begriff ist, begleitet die Fakultät der Göttinger Rechtsgelehrten mit ihren dem innersten Marke entquellenden Segenswünschen, unter dem Prorektorat von Hermann Schultz, durch den Mund des Dekans Karl Eduard Ziebarth, der diese Urkunde mit dem großen Insiegel der Fakultät hat ausrüsten lassen. Verkündet bei der Georg⸗August⸗Universität am ersten April 1895.)
— Die von der Festversammlung in Münster i. W. dem Fürsten Bismarck zum 80. Geburtstag gewidmete Glückwunsch⸗ Adresse (welche schon anläßlich des Berichts über das estbankett in Nr. 80 d. Bl. erwähnt wurde), ist prächtig und künstlerisch aus⸗ gestattet. Sie hat Großfolio⸗Format, ist in braunes Leder gebunden, trägt an den Ecken schwere kupferne Reichsadler als Eck⸗ verzierungen und in der Mitte in getriebenem Kupfer das srohe heraldische Wappen der Provinz Westfalen. Die Innen⸗ eite des Einbandes ist mit bunter Seide ausgeschlagen, deren Zeichnungen die Kleeblätter des Fürstlich Bismarck'schen Wappens in feiner Stilisierung wiedergeben. Das eigentliche Titelblatt der Adresse zeigt in der Mitte eine reich und geschmackvoll ausgemalte tabula ö Sie wird rechts gekrönt von dem imposanten Hegen⸗ urg⸗Kaiserdenkmal, unten befindet sich zwischen den Wappen von
ünster und Westfalen eine Ansicht des Prinzipalmarkts mit dem schönen Rathhausgebäude. Wie im Adreßtext ist auch in dem bunt aquarellierten Titelblatt die Interessenharmonie von Industrie und Landwirthschaft zum Ausdruck gebracht: links die typische Figur eines von der Erntearbeit westfälischen Landmanns, im Hintergrunde goldglänzende Aehrengarben und weiter der silberne Lauf der Weser, wie sie sich anmuthig durch die Porta Westfalica windet. Das Denkmal Kaiser Wilhelm's I. auf der einen Seite krönt die er⸗ höhte grüne Uferseite. Auf der rechten Seite sieht man den Vertreter der Industrie, eine männlich⸗kräftige Erscheinung des Feuerarbeiters, da⸗ hinter zischt, glüht und qualmt es aus Hochöfen, Whr. und Schloten. Ein heiter blauer Himmel breitet sich über das Ganze, und in ihn hinein ragt eine mächtige knorrige Eiche, als Symbol westfälischer Kraft und Echtheit. In den Aesten hängt das blausilberne Wappenschild des Fürsten von Bismarck. Die Rückseite des Titelblatts zeigt das große
eraldische Wappen der Familie von Bismarck⸗Schönhausen, um⸗
schlungen von einem Wappenband, den bekannten Spruch „in trinitate robur“ tragend. Der Adreßtext, vom Geheimen Rath Professor Dr. Storck⸗Münster verfaßt, anderthalb Folioseiten umfassend, ist in Pe Buchstaben geseßt „die Initialen sind in reicher Verzierung unt ausgemalt. Der künstlerische Urheber der Adresse ist der be⸗ kannte Düsseldorfer Maler Fritz Neuhaus, Lehrer an der dortigen Kunstgewerbeschule.)
—. Im oberen Vestibül des Kunstgewerbe⸗Museums sind gegenwärtig zwei Ausstellungen veranstaltet. Die eine Aus⸗ stellung umfaßt eine größere Auswahl der in der Modellierklasse der Unterrichts⸗Anstalt entworfenen und in der Ziselierklasse ausgeführten Bronzearbeiten, sowohl größere Prunkstücke wie kleineres Geräth, mehrflammige Girandolen, Leuchter, Vasen, Schreibzeuge, Toiletten⸗ spiegel ꝛc., die, an die Stilformen des 18. Jahrhunderts sich an⸗ schließend, auf die künstlerische Durchbildung der besten Arbeiten jener 88g abzielen. Die Ausstellungsgegenstände sind sämmtlich verkäuflich.
n der zweiten Ausstellung sind italienische Aufnahmen und Studien von R. Hendorf, einem ehemaligen Schüler des Mu⸗ seums, vereinigt. Die Motive entstammen zumeist der Landschaft um Rom und derjenigen der neapolitanischen Küsten. Ausgeführt sind die Blätter zumeist in Aaquarell, einige in Bleistift, andere wieder, im Hinblick auf dekorative Verwendung für Fayencemalerei ꝛc., blau in blau.
Verdingungen im Auslande.
1 Italien. Ausrüstungsdirektion des 2. Marine⸗Departe⸗
8. April, 2 Uhr. Lieferung von 10 000 kg rohem Leinöl und
ments in Neapel: