1895 / 91 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 16 Apr 1895 18:00:01 GMT) scan diff

Finanz⸗Ministerium.

kassen eingerichtet:

Regierungsbezirk:

chleswig.

Hannover.

Sitz der Kreis⸗ kassen: Altona.

Apenrade. Eckernförde. Flensburg. Hadersleben. Husum.

Meldorf. Pinneberg.

Plön.

Ratzeburg.

Rendsburg. Schleswig. Segeberg. Tondern. Wandsbek.

Diepholz. Hameln.

Hannover.

Hoya. Linden.

Nienburg. 58 Stolzenau. Syke. Alfeld. Clausthal. Duderstadt. Einbeck.

Burgdorf.

Celle.

Dannenberg. Gifhorn. Hankensbüttel.

Winsen a. d. L. remervörde.

Geestemünde. Otterndorf.

Osterholz. Rotenburg.

Bekanntmachung. Infolge der vom Etatsjahre 1895/96 ab eintretenden anderweiten Regelung des Hebewesens der direkten Staatssteuern ꝛc. sind vom 1. d. M. ab an Stelle der bisherigen Steuerkassen in den n Schleswig⸗ Felkele: Hannover, Westfalen, He 12 heinland die in nachstehender Tabelle aufgeführten Kreis⸗

Kreiskassen⸗Bezirk. Kreise: Altona Stadt. Apenrade. Sonderburg. Eckernförde. Flensburg adersleben. 8 usum. iderstedt. Steinburg. Kiel Stadt. Land. Suͤderdithmarschen.

Norderdithmars chen.

Pinneberg. Plön. Oldenburg.

Herzogthum

burg. Rendsburg. Schleswig. Segeberg. Tondern.

Sulingen. Hameln. Hannover Stadt. . Land. Neustadt a. R. Hoya. Linden Stadt. Land. Springe. Nienburg. Stolzenau.

Syke.

Alfeld. Zellerfeld.

uderstadt. Einbeck. Göttingen

Goslar.

Gronau.

Osterode.

Ilfeld.

Hildesheim Stadt. 8 Land.

Marienburg.

Burgdorf. Celle Stadt.

Land. Dannenberg. Gifhorn. Isenhagen. Harburg Stadt.

Land.

Stadt. Land.

Uelzen. Fallingbostel Winsen a. d. Bremervörde. Zeven. Geestemünde. Lehe.

Hadeln. Neuhaus a. d. O Osterholz. Blumenthal. Rotenburg. Stade.

Jork.

Kehdingen. Achim. Bersenbrück. Wittlage. Lingen. Bentheim.

Aschendorf. Hümmling. Osnabrück Stadt.

Norden. Weener.

Wittmund.

Tecklenburg. Coesfeld.

Lüdinghausen.

sen⸗Nassau und

Münster. Münster.

Recklinghausen. Warendorf.

21

ete.

Minden. 8 Bielefeld.

aAà A22A222AAb

Arnsberg.

Warburg. .

Wiedenbrück.

Altena. Arnsberg. Berleburg

Eschwege Frankenberg. Fritzlar. Fulda. elnhausen. Gersfeld. S

Hanau.

Hersfeld. Hofgeismar. Homberg. Hünfeld. Kirchhain. Marburg. Melsungen. Rinteln. Rotenburg a. F. Schlüchtern. Schmalkalden. Witzenhausen. Wolfhagen.

Ziegenhain.

Biedenkopf. Diez. Dillenburg.

Frankfurt a. M.

omburg v. d. H. Limburg

Montabaur.

St. Goarshausen. Usingen. Weilburg.

Wiesbaden.

Ahrweiler. Altenkirchen.

Koblenz.

Neuwied. Simmern. St. Goar. Wetzlar. Kleve.

Duisburg.

Elberfeld.

Geldern Grevenbroi Kempen.

Lennep. Mörs.

der Kreis⸗ Kreiskassen⸗Bezirk.

Kreise: 1

Münster Stadt. Land

Recklinghausen. Warendorf. Beckum. Bielefeld Stadt. f Land. alle. Büren. Herford. öxter. übbecke.

Arnsberg. Wittgenstein. Bochum Stadt.

8 Land. Brilon. Dortmund Stadt. Gelsenkirchen. - Hagen Stadt. Land. Hamm. Hörde. Iserlohn. Lippstadt. Meschede. Schwelm. Hattingen. Siegen. Olpe. Soest. Cassel Stadt. Land. Eschwege.

Gelnhausen. ersfeld. . Hanau Stadt. Land. Hersfeld. H

Schlüchtern. Schmalkalden. Witzenhausen. Wolfhagen. Dis 2 8 Ziegenhain.

Frankfurt. a. M.

Höchst. 8 Obertaunus. Untertaunus. Limburg. Oberwesterwald, heriger

rod

Westerburg. Unterwesterwald,

heriger

rod Westerburg. St. Goarshausen. Usingen. Oberlahn. Wiesbaden

Stadt. 8 Land. Rheingau. Adenau. Ahrweiler. Altenkirchen. Koblenz Stadt.

Lanb. Cochem. Zell.

Kreuznach. Meisenheim.

Simmern. St. Goar. Wetzlar. Kleve.

Düsseldorf Stadt.

5 Land. Duisburg Stadt. Ruhrort. Elberfeld Stadt. Barmen 8 Essen Stadt. Land. Geldern. Grevenbroich. Kempen. Krefeld Stadt. Land. Remscheid Stadt.

w’

bis⸗ Steuer⸗ kassenbezirk Renne⸗ vom Kreise

bis⸗ Steuer⸗ kassenbezirk Walme⸗ vom Kreise

Regierungsbezirk: Düsseldorf.

.

8 M.⸗Gladbach. Mülheim a. d. R. Neuß.

Solingen. Vohwinkel. Wesel.

Bonn. Köln I.

Euskirchen.

Siegburg. Waldbröl. Bernkastel. Bitburg. Daun Merzig. Ot!weiler. Saarbrücken. Saarburg. Saarlouis. St. Wendel.

Trier. Wittlich. Aachen.

Düren. Erkelenz. Eupen. Geilenkirchen.

- M⸗Gladbach

Mülheim a. d. R. Neuß. Solingen. Mettmann. Rees.

- Bonn Stadt.

ass Kre Land.

Land.

Köln Stadt.

Köln Land.

heim.

Euskirchen.

Rheinbach.

Gummersbach. Mülheim. Wipperfürth.

Sieg. Waldbröl. Bernkastel Bitburg. Daun. Merzig. Ottweiler. Prüm. Saarbrücken. Saarburg. Saarlouis. St. Wendel. Trier Stadt.

Land.

Wittlich. Aachen Stadt

Land.

Düren. Erkelenz. Eupen. Geilenkirchen.

Heinsberg.

Jülich.

Malmedy. Montjoie. Schleiden.

Jülich. Malmedy. Montjoie. Schleiden.

Aus dem gleichen Anlaß sind in den östlichen Pro⸗ vinzen der Monarchie folgende Aenderungen im Be⸗ stande der Kreiskassen eingetreten:

Regierungsbezirk

Die bisherigen Kreis⸗ kassen in

sind vereinigt zu einer Kreiskasse in

Königsberg. Marienwerder.

Frankfurt a. O.

Stettin.

2

Oppeln. Merseburg.

Heilsberg und Rössel

Marienwerder und Stuhm

Kottbus und Sprem⸗ berg

Zielenzig und Drossen

Anklam und Demmin

Naugard und Greifen⸗

berg Gleiwitz und Zabrze Halle für den Stadt⸗ kreis und Halle für den Saalkreis

Heilsberg. Marienwerder.

Kottbus.

ielenzig. Anklam.

Naugard. Gleiwitz.

V Halle a. S.

DDie vollständige Auflösung der ersterwähnten Steuerkassen sowie der nach Vorstehendem aufzuhebenden Kreiskassen erfolgt

nach Abwicklung der ihnen noch obliegenden Geschäfte für das

Etatsjahr 1894/95.

Berlin, den 7.

u

April 1895.

Der Finanz⸗Minister.

Miquel.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Bergarbeiterstatistik. Ueber die Ergebnisse der Bergarbeiterzählung im Ober⸗Berg⸗ amtsbezirk Dortmund ist unter dem Titel „Die Belegschaft der

Bergwerke und

Salinen

im Ober⸗Bergamts bezirk

Dorkmund nach der Zählung vom 16. Dezember 1893“ ein vom Königlichen Ober⸗ Bergamt in Dortmund zusammengestelltes Tabellenwerk erschienen, welches der Königliche Berghauptmann und

Ober⸗Bergamts⸗Direktor O.

sehen hat.

Taeglichsbe

2 mit Erläuterungen ver⸗ Im Vorwort wird bemerkt, daß die Zählung vom 16. Dezember 1893 nach erfolgter Bearbeitung ein so

reiches

Material ergeben hat, daß seine Veröffentlichung in zwei Theilen

zweckmäßig erscheint. Tabellen. frühere

maligen Zählung,

Dortmund und über

meinen. Folgende ständniß des

westfälische

Der vorliegende erste Theil

In der Einleitung werden Mittheilungen gemacht über über

über die den Umfang des

den dortigen Bergbaubetrieb im Betriebsergebnisse Tabellenwerks Steinkohlenbergbau hat

sind vorausgeschickt.

Ausführung

in 1893

umfaßt sieben der dies⸗ Ober⸗Bergamtsbezirks allge⸗ zum näheren Ver⸗ Der niederrheinisch⸗ eine Gewinnung

von 38 613 146 t Steinkohlen gehabt, aus denen 4 352 656 t Koks⸗

und

720 988 t Briquets

hergestellt worden sind. An

Eisenerzen

wurden im Dortmunder Bezirk 375 923 t gewonnen; der Zinkerz⸗ bergbau in den Revieren Witten und Werden hat 24 219 t ergeben; der dortige Bleierzbergbau führte nur zu einer Förderung von 523 t

Bleiglanz.

Die Schwefelkiesgewinnung des

ber⸗Bergamtsbezirks

betrug 692 t. Die Salzgewinnung auf den fünf in die Zählung ein⸗

begriffenen westfälischen Salinen hat 1893 20 900 t

Die Tabelle I a nach Gesammtzahl,

Gese 1 Küstammung, 4 Knappschaftsverhältniß und Personenstand.

betragen.

ebt die allgemeine Uebersicht der Belegschaft

Sprache,

Religionsbekenntniß,

Die Gesammtzahl der am

16. Dezember 1893 auf den Steinkohlen⸗ und Erzbergwerken, auf den

Salinen und

bergbau

155 934 Personen,

einer Badeanstalt vorhanden gewesenen F2* Salinenleute betrug 158 368 Personen, davon beim Stein beim Erzbergbau 2147,

ohlen⸗ auf den

Salinen 225 und auf der Königlichen Badeanstalt zu Oeynhausen

62 Personen. der Gesammtzahl

Der

Steinkohlenbergbau, der

der Belegschaft

beanspruchte,

98,46 2% umfaßte

allein

in 17 Bergrevieren 1 Staatsbergwerk und 163 Privatgruben, im

ganzen also 164 Werke.

findet nicht statt.

unter den hierbei thätigen 2147 Personen befanden die aber nur mit Arbeiten über Tage beschäftigt wurden.

Arbeiter,

Unter der Gesammtzahl von 158 368 Personen befanden

Eine Verwendung weiblicher 8 Der Erzbergbau wurde auf 24 Werken betrieben:

rbeits kräfte 27 weibliche ich 59 256

oder 37,42 %, die von Vätern des gleichen Berufs stammen, und 23 410 Mann oder 14,78 % aus Sprachgebieten nichtdeutscher Zunge. Nach dem Religionsbekenntniß ergiebt sich ein Verhältniß von 47,91 068 Protestanten, 51,82 % Katholiken und 0,27 % Andersgläubigen.

der Gesammtzahl der Berg⸗ und Salinenarbeiter haben 48 731 Mam

Stadt.

8 2 8 2 1 8 vöö 1“

Heere gedient. Lesen und schreiben konnten von der

97,57 %. Den Knappschafts⸗Vereinen,

im Ober⸗Bergamtsbezirk Dortmund 11 giebt, gehören

158 243 Personen an. Von der Gesammtzahl der Berg⸗ und Salinen⸗ arbeiter waren 91 648 oder 57,87 % verheirathet, 64 254 unverheirathet, verwittwet und 72 geschieden. Die Tabelle I b giebt die all⸗

ine Ueb der Belegschaften nach Besitzstand, Unterkunft und Zahl der hörigen. Unter den überhaupt gezählten 158 368 Betriebsbeamten und Arbeitern sind 16 212 oder 10,24 % Hausbesitzer; von diesen wohnen im eigenen Hause innerhalb des Grubenbezirks 13 914. Von der Gesammtbelegschaft haben 140 180 oder 88,52 % weder Haus noch Land. Auf etwa je 2 Köpfe der Gesammtbelegschaft entfällt der Besitz eines Stückes Vieh, wenn man Pferde, Rindvieh, Ziegen, Schweine und Schafe nach der Stückzahl zusammen⸗ rechnet. Neben der Grubenarbeit betreiben 166 Mann die Gast⸗ wirthschaft, 821 ein sonstiges Geschäft und 762 ein Handwerk; also 1749 Personen oder 1,1 % der Gesammtbelegschaft eine regelmäßige Nebenbeschäftigung. Von der Gesammtbeleg⸗ schfft wohnten 8,78 % in eigenen Häusern, 1,61 % in ienstwohnungen, 46,83 %]" in Miethwohnungen, 0,62 % in Schlafhäusern; 21,94 % hatten Wohnung und Kost bei den Eltern, 20,22 % bei Fremden. Die Zahl der von den 90 620 Haushaltungs⸗ vorständen benutzten Räume betrug 290 112, sodaß zu einem Haus⸗ halt im Durchschnitt 3,20 Wohnräume gehörten. Die Gesammtzahl von 158 368 Werksbeamten, Berg⸗ und Salinenarbeitern hatte 420 552 Familienangehörige, d. i. auf den Kopf 2,66 Angehörige. Im Ganzen hat nach der Zählung vom 16. Dezember 1893 eine arbeitende Bevölkerung von 578 920 Köpfen bei dem Bergwerks⸗ und Salinenbetrieb des Ober⸗Bergamtsbezirks unmittelbar Beschäftigung und Lebensunterhalt gehabt. Die Tabelle II enthält die Nach⸗ weisung der verschiedenen Klassen des Aufsichts, und Arbeiterpersonals. Der niederrheinisch⸗westfälische Steinkohlenbergbau hat bei der Zählung ein Beamtenpersonal von 4875 Personen gehabt; 80 Beamte waren bei dem Erzbergbau, 18 im Salinenbetriebe und 3 bei der Badeanstalt in Oeynhausen angestellt. Bei einer gesammten Arbeiterzahl des Steinkohlenbergbaues von 151 059 Mann ergiebt sich das Verhältniß von einem Beamten auf 30,99 Arbeiter. Bei den Erzbergwerken er⸗ iebt sich für den Ober⸗Bergamtsbezirk Dortmund ein Ver⸗ bünas von einem Grubenbeamten auf 25,84 Personen. Beim inenbetriebe kommen 11,5 Arbeiter auf einen Beamten. Zu den unter Tage beschäftigten Bergarbeitern gehören im Dortmunder Bezirk 72 770 Hauer (Gesteins⸗ Kohlen⸗, Schacht⸗, Zimmerhauer u. s. w.), 17 840 Lehrhauer und 27 703 Schlepper, somit 118 313 bei der unter⸗ irdischen Gewinnung unmittelbar betheiligte Arbeiter, d. i. 78,32 % der Gesammtarbeiterzahl des Steinkohlenbergbaues. Es ergiebt sich daraus ein Verhältniß der Vollhauer zu den Lehrhauern von 4,07:1, der sämmtlichen Hauer zu den Schleppern von 3,27: 1. Die Tabelle III enthält die allgemeine Uebersicht der Belegschaft nach Aufsichtspersonal, Arbeiter⸗ llassen und Lebensalterstufen. Was die jugendlichen Arbeiter is zum 16. Lebensjahre betrifft, so sind am 16. Dezember 1893 im Ober⸗Bergamtsbezirk Dortmund 4738 (darunter 5 Mädchen) gezählt vorden, d. i. 2,99 % der Gesammtbelegschaft. Beim Steinkohlen⸗ allein waren 4695 jugendliche Arbeiter oder 3,02 % seiner egschaft beschäftigt. Von den beim Steinkohlenbergbau beschäf⸗ tigten jungen Leuten üben 27 Beamtenfunktionen aus. Von den Beamten der Erzbergwerke ist der jüngste 21, auf den Salinen 22 und auf der Badeanstalt zu Oeynhausen 31 Jahre alt. Die Alters⸗ stufe von 19 Jahren ist am zahlreichsten und zwar mit 6811 Köpfen, d. i. 4,31 % der Gesammtzahl, vertreten. Die Jahrgänge des 20. bis 39. Lebensjahres, welche die zum Dienste in dem stehenden Heere und nachher der Landwehr verpflichteten Wehrfähigen einschließen, fählen unter der Belegschaft des Dortmunder Bezirks 93 726 Köpfe, d. i. nach Abzug der Arbeiterinnen 59,18 % der gesammten Beleg⸗ schaft. Die Jahrgänge des 17. bis 45. Lebensjahres umfassen die landsturmpflichtigen Mannschaften, von denen 129 708 Mann oder 81,90 % in der Gesammtbelegschaft enthalten sind. Bezieht man die 48 731 Mann der Belegschaft, die als Soldaten gedient haben, auf diese Zahlen, so ergiebt sich, daß sie 51,99 % der überhaupt im militärpflichtigen Alter Stehenden und 37,57 % von den Altersklassen ausmachen, die zum Landsturm gehören. Die Tabelle IV enthält die Uebersicht der Belegschaft nach dem knappschaftlichen Verhältniß und nach Lebensalterstufen. Von den 158 247 Knappschaftsmitgliedern, die am 16. Dezember 1893 gezählt wurden, sind 1095 oder 0,69 % Beamte 1. Klasse, 1957 oder 1,24 % Beamte 2. Klasse, 90 296 oder 57,06 % ständige, 61 797 oder 39,05 % nicht ständige Mitglieder und 3102 oder 1,96 % Ganz⸗ und Halbinvaliden. 121 oder 0,08 % der Belegschaft sind anderweit versichert. Die Tabelle V enthält die Uebersicht der Belegschaft nach Aufsichtspersonal, Arbeiterklassen und Dienst⸗ alterstufen, und die Tabelle VI die Uebersicht der Belegschaft nach

D

dem knappschaftlichen Verhältniß und nach Dienstalterstufen. v14“

1 Zur Arbeiterbewegung. In Leipzig verhandelte eine Versammlung der Vergolder⸗ gehilfen am Donnerstag über Streitigkeiten, die in der Gold⸗ leistenfabrik von Groß in Reudnitz zwischen dem Arbeitgeber und den Gehilfen entstanden sind. Die Gehilfen verlangten, nach einem Bericht der „Lpz. Ztg.“, die Entlassung eines Arbeitsgenossen, die der Arbeitgeber verweigert hat. Die Forderung soll aufs neue an den Arbeitgeber gestellt werden, und, wenn sie wieder nicht bewilligt wird, wollen die Arbeiter, mit Ausnahme von einem, in den Ausstand eintreten. In der Fabrik sind 18 Vergolder beschäftigt. In der Grob’schen Maschinen⸗ fabrik in Eutritzsch sollen infolge der Entlassung eines Monteurs, der in der Metallarbeiterversammlung vom 7. d. M. (vgl. Nr. 87 d. Bl.) gegen die Fabrikleitung gesprochen hat, 15 andere Monteure die Arbeit niedergelegt haben. 4

In Lahr wurde, wie das „D. B. H.“ meldet, am Sonntag der fünfte badische Arbeitertag der sozialdemokratischen Partei Badens eröffnet.

In Wien trat gestern der fünfte österreichische Berg⸗ und Hüttenarbeiter⸗Kongreß zusammen. Die Entschließungen zu Gunsten des Achtstundentages wurden, wie „W. T. B.“ meldet, einer besonderen Kommission zur Ausarbeitung überwiesen. Später wurde eine Entschließung angenommen, in welcher die gesetzliche Einführung der Achtstundenschicht für sämmtliche Bergarbeiter verlangt wird und die Bergarbeiter aufgefordert werden, die sozialdemokratische Partei im Kampfe für das allgemeine direkte Wahlrecht zu unterstützen und den Werksleitungen die Forderung der Acht⸗ stundenschicht bis zum 1. Mai zu unterbreiten. Gegen die Stimmen der czechischen Delegirten wurde eine Entschließung angenommen, in welcher die Aufhebung der Werksbruderladen, die Gründung einer Reichsbruderlade und die Unterstellung der Bergarbeiter unter das Kranken⸗ und Unfallversicherungsgesetz gefordert wird. In der Nach⸗ mittagssitzung verlangten die czechischen Delegirten eine nochmalige Abstimmung über die Reichsbruderlade zu Gunsten der von ihnen bereits im Jahre 1893 sowie auch diesmal geforderten Ein⸗ führung von Landesbruderladen. Dieser Antrag und der Wunsch der eczechischen Delegirten nach Protokollierung ihres Antrages wurden abgelehnt, worauf sie demon⸗ strativ den Saal verließen. Zwei Delegirte, die später entsendet wurden, um die Czechen zur Rückkehr zu der Verhandlung zu be⸗ wegen, erzielten kein Resultat, da die Czechen nicht aufzufinden waren. Der Kongreß nahm im weiteren Verlauf der Verhandlungen einstimmig eine gegen das Parlament gerichtete Entschließung zu Gunsten des allgemeinen und direkten Wahlrechts und ferner eine Ent⸗ schließung an, durch welche das Ackerbau⸗Ministerium aufgefordert wird, in allen Gruben die zum Schutze der Sicherheit und des Lebens der Bergarbeiter erforderlichen Maßregeln zu treffen. Diese Entschlie⸗ ung fordert ferner die Einsetzung einer Kommission unter Zuziehung von Bergarbeitern als Sachverftändigen, die alle Gruben mit zu untersuchen haben, sodann die Abschaffung der Accordarbeit in den Gruben, wo lebensgefährliche Arbeiten zu verrichten sind, und Gließlich die Bestallung vom Staate besoldeter, technisch gebildeter

amten.

„Aus Brüssel wird der „Köln. Ztg.“ telegraphiert: Die aus⸗ ständigen Steinbrecher in Soignies und Lessines haben die Arbeit wieder aufgenommen. In Charleroi haben sich die Ver⸗ handlungen der Hüttenbesitzer mit den Glasbläsern zerschlagen; der Ausstand dauert fort.

In Antwerpen trat am Sonntag der Jahreskongreß der Arbeiterpartei zusammen. Nach langer Berathung wurde folgende Entschließung einstimmig angenommen: Nachdem der Arbeiter⸗ kongreß die Erklärungen des Generalraths entgegengenommen hat, billigt er das Verhalten des Generalraths, bezeugt ihm sein volles Vertrauen und beschließt, eine lebhafte Propaganda einzuleiten zur Beseitigung des vom Parlament genehmigten Gemeindewahlgesetzes. In seiner gestrigen Sitzung nahm der Kongreß eine Tagesordnung an, welche besagt, die sozialistische Gruppe der Kammer solle die Durchführung des mili⸗ tärischen Prinzips verfolgen, welches die Gleichheit der Buürger gegen⸗ über den staatlichen Lasten auf Grundlage der Volksbewaffnung Festhett.

Aus Gent wird der „Köln. Ztg.“ geschrieben: Die Abgeord⸗ neten des sozialdemokratischen, des liberalen und des katholischen Arbeiterverbandes haben sich zusammengethan, um gemeinschaftlich mit den Fabrikbesitzern über die Einführung eines einheitlichen Lohnsatzes für alle Webereien Gents und der Umgegend zu verhandeln. Die Arbeitgeber haben sich im Grunde damit einverstanden erklärt und den Arbeitern den englischen Tarif von Blackburn vom Jahre 1893 vorgeschlagen. Diese haben be⸗ schlossen, den Tarif nähber zu prüfen, und den Ausschuß der Arbeit⸗ geber ersucht, ein Mitglied zur Auskunftsertheilung zu ihren Berathungen zu entsenden.

Literatur.

Geschichte.

Das Hohenzollernhaus. Geschichte der brandenburgisch⸗ preußischen Regenten aus dem Hause Hohenzollern, voen Max Ueber⸗ schaer. Magdeburg, 1894. Gebrüder Geitel's Verlag. Dieses volksthümlich geschriebene, patriotische Werk ist in erster Ausgabe im Jahre 1834 erschienen und seinerzeit an dieser Stelle eingehend be⸗ sprochen worden. In der jetzt vorliegenden zweiten Ausgabe ist es erweitert worden bis zur Gegenwart. Es enthält eine Schilderung der schmerzlichen Ereignisse des Jahres 1888, in welchem das deutsche Volk den Verlust der beiden ersten deutschen Kaiser aus dem Hohbenzollern⸗ hause zu beklagen hatte, und eine Beschreibung der kurzen Regierungs⸗ zeit des Hochseligen Kaisers Friedrich III. Ausführlicher be⸗ schäftigt sich dann der Verfasser mit der Regierungszeit Seiner Majestät des regierenden Kaisers und Königs Wilhelm II., welchen er als Herrscher, Gatten, Familienvater gebührend würdigt, wobei auch aus der Schulzeit des Monarchen interessante Mittheilungen ge⸗ macht werden. Das trefflich ausgestattete Buch ist geschmückt mit einer Abbildung der Burg Nürnberg und mit gut ausgeführten Reproduktionen der im Verlage von Georg Wigand in Leipzig er⸗ schienenen Hohenzollernbilder, sodaß sämmtliche Regenten, die Brandenburg, Preußen und Deutschland der Familie der Hohenzollern verdankt, in lebensvollen Bildnissen zur Darstellung kommen. Die dem Werke von vielen früher ausgesprochene Anerkennung kann jetzt nur rückhaltlos wiederholt werden; es wird in hohem Maße dazu beitragen, die Liebe zum preußischen Königshause zu pflegen, und ist deshalb Lehrern und Eltern wärmstens zu empfehlen.

Geographie. Das Deutsch⸗Ostafrikanische Schutzgebiet. Im amt⸗ lichen Auftrage von Dr. Karl Peters. Mit 23 Vollbildern und 21 Textabbildungen, sowie 3 Karten in besonderer Mappe. (IX und 460 S. Druck und Verlag von R. Oldenbourg in München und Leipzig, 1895.)

Koloniale Unternehmungen entspringen wirthschaftlichen Bedürf⸗ nissen der Völker. Wenn wir die Kolonialgründungen aller Zeiten, von denen der Araber am Indischen Ozean und der Phöniker im Mittelmeer an bis zu denen der Holländer und Engländer in unseren Tagen prüfen, so finden wir letzten Endes immer zwei Motive oder Ursachen, aus denen sie entstanden sind. Entweder galt es, den Ueber⸗ schuß der einheimischen Bevölkerung in der Fremde zu versorgen; dies führte zu Ansiedelungen, welche zunächst zwar in mehr oder weniger innigem politischem Zusammenhange mit dem Mutterlande blieben, später jedoch in der Regel zu selbständigen Gemeinwesen heraus⸗ wuchsen; oder es kam darauf an, für den Haushalt der Nation neue Erwerbsquellen zu eröffnen. Dies führte zu Handelskolonien und zur Besitzergreifung von Ländern für die

e Serre Selle

als Absatzgebieten heimische Industrie oder schließlich zur Eroberung von Territorien, in denen umgekehrt für den Verbrauch des Mutterlandes und den Welt⸗ markt fremdartige Produkte geschaffen werden konnten, d. h. zu Plan⸗ tagen⸗Kolonien.

Deutschland sieht sich nun vor diese 88 seeischer Kulturpflanzung gestellt und i eigener Kolonien der Nothwendigkeit i ung voll bewußt. Was versprechen uns aber diese neue n Uebungsplätze nationaler Kraft? Die Betrachtungen über aftlichen Werth der deutschen Schutzgebiete haben a Charakter unfrucht⸗ barer Diskussion beibehalten. Zeit der Erwerbung der Kolonien konnte man Schwanken zwischen Ueber⸗ und Unterschätzung als igen Uebergang hin⸗ nehmen. Nachdem indessen durch die eingehende Prüfung einzelner Gebiete die Unterlagen für eine sachliche Beurtheilung sich erweitert haben, ist es Zeit, daß jener Zustand aufhört. Namentlich ist eines unserer Schutzgebiete Deutsch⸗Ostafrika jetzt soweit bekannt, daß eine diskutable Unterlage für die wirthschaftliche Beurtheilung geschaffen werden kann. Die Kolonialabtheilung des Auswärtigen Amts ertheilte daher einem der besten Kenner Deutsch⸗Ostafrikas, Dr. Karl Peters, der vor zehn Jahren die ersten ostafrikanischen Ge⸗ biete für Deutschland gewann und, nachdem er den bekannten Zug nach Uganda unternommen, das Buch über die deutsche Emin Pascha⸗Expedition schrieb, das als schönes Denkmal des kolonialen Jugenddranges bestehen bleiben wird, den Auf⸗ trag: ein besonderes, die wirthschaftliche Verwendbarkeit für den Kaufmann und den Landwirth berücksichtigendes Bild von Deutsch⸗Ostafrika zu entwerfen. Diesem Auftrage ist Dr. Peters in dem vorliegenden Werke nachgekommen.

Das deutsch⸗ostafrikanische Schutzgebiet hat danach mit den dazu gehörigen Wasserflächen einen Umfang von annähernd eeiner Million Quadrat⸗Kilometern, ist also ungefähr doppelt so groß als das Deutsche Reich. Der Beschreibung des Schutzgebietes in seinen Einzeltheilen nach Landschaften ist ein Kapitel voraufgeschickt, welches interessante Bemerkungen über das Klima, die Bewässerung, die Bodenverhältnisse, die Arbeiter⸗ frage, die Handelsverhältnisse und das Verkehrswesen von Deutsch⸗ Ostafrika enthält. Nach dem Hinweise darauf, daß durch sorgsame Gewöhnung und Selbstbeachtung, durch Anlegung gesunder Wohnstätten die Ungunst der klimatischen Verhältnisse zu einem erheblichen Theile paralysiert werden kann, und daß es verfehlt ist, die Erkrankungen an Tropenfieber und Dysenterie mehr dem Klima als der fehlenden An⸗ gewöhnung des plötzlich aus dem Komfort des S anse unter das Zeltdach des Afrikareisenden versetzten Europäers zuzuschreiben —kommt Peters zu dem Ergebniß, daß die Gebirge und Hochländer von 1200 m Höhe an für den Deutschen heute schon bewohnbar sind und auch sofort besiedelungsfähig sein werden, sobald sie durch Eisenbahnen in un⸗ mittelbare Verbindung mit der Küste und somit Europa gebracht werden. Von hier aus würden später mit der sich entwickelnden Technik und medizinischen e auch die tiefer gelegenen ostafrika⸗ nischen Landstriche der deutschen Einwanderung zugänglich werden, bis die Erschließung des Landes ihre Grenze finde, nicht an der Tempe⸗ ratur, sondern an der Bewässerungsfrage. Der Verfasser meint, die europäische Rasse würde sich physiologisch der Eigenart des zentral⸗ afrikanischen Klimas anpassen, etwa wie die spanischen Auswanderer auf den Philippinen und in Mexiko, allerdings aber auch wahrschein⸗ lich im Laufe der Generationen entarten. 1

Was die Feuchtigkeit anlangt, so sind verschiedene Zonen zu unterscheiden. Feuchtig der Küstenstrich bis zu den Abdachungen des

hen Aufgaben über⸗ der Gewinnung

Plateaus von Ost⸗Afrika nach Osten hin,

an denen der größte Theil der Niederschläge abfällt, um als Bäche und Quellen wieder zum Vor⸗ schein zu kommen, wie in Usambara, Nguru, Usagara und Wahehe. Hier sei das gegebene Feld für Ackerbau und Plantagenbetrieb; der steppenartige Hochlandsgürtel dahinter könne im wesentlichen nur für die Viehzucht in Betracht kommen, obwohl nicht ausgeschlossen sei, daß sich hier Grundwasser finden lasse. Hinter dieser Steppe folgt dann das fruchtbare Seengebiet mit dem vom Südufer des Viktoria⸗ Nvanza keilförmig in die Steppe sich vorschiebenden Uniamwesi⸗ Wirkliche Wüste giebt es in Deutsch⸗Ostafrika nicht; selbst die wasserarme Zone, die sich vom Nordende des Nvassa⸗ sees nach Norden westlich am Kilimandscharo vorbei, durch die Kolonie zieht, besteht aus Busch⸗, Baum, und Grassteppe. All⸗ gemein gesprochen, so lautet die Summe dieser Erörterungen, ist darauf hinzuweisen, daß der Boden Deutsch⸗Ostafrikas die Vorbedin⸗ gungen für eine landwirthschaftliche Ertragsfähigkeit überall da bietet, wo genügend Wasser vorhanden ist, und daß er sich demnach in einer Reihe von Landschaften auch zu einer Bodenart ersten Ranges erhebt. Was die Arbeiterverhältnisse betrifft, so liegt die große Schwierigkeit darin, eine Rechtsform zu finden, um eine Stabilität der Arbeit zu sichern. Der Afrikaner ist seit Jahrtausenden die Form der Sklaverei gewohnt gewesen, die ihm noch heute vernünftig und natürlich er⸗ scheint. Was die europäische Rasse sich in einer Entwickelun

von vielen Jahrhunderten durch geistige Arbeit organis

mühsam errungen hat: der Uebergang zu immer freieren Dienstformen durch Hörigkeit und Leibeigenschaft hindurch bis zum Kontraktverhältniß, kann dieser schwarzen Rasse von heute auf morgen nicht aufgedrängt werden; hierfür hat sie, zunächst wenigstens, kein Verständniß. Das Gefühl von der Verbindlichkeit eines Rechts⸗ kontrakts will in den normalen Negerschädel so ohne weiteres nicht hinein; der kategorische Imperativ Kant's hat noch keine Macht über den naiven Sohn der Palmen⸗ und Bananenwelt. Der Grund dafür, daß vielfach Kulis und Javaner als Arbeitermaterial ein⸗ geführt werden mußten, liegt ausschließlich in der Unzuverlässigkeit des eingeborenen Arbeiters überall da, wo er von jedem Zwang emanzipiert ist und ohne Uebergang mit den Segnungen der iadivi⸗ duellen Freibeit beglückt wird.

Das Material für eine tüchtige Arbeiterbevölkerung ist in Ost⸗

Afrika vorhanden. Ob sie der Kolonie zu theil werden wird, das wird völlig vom Gange der Entwickelung und nicht zum wenigsten von den Maßnahmen der Verwaltung abhängen. Was diese dabei als das Mindeste thun kann, ist: Ausnahmebestimmungen für Arbeiterkontrakt⸗ brüche zu treffen und energisch durchzuführen. Im Negerkopf muß ein unzerreißbarer nexus idearum zwischen Kontraktbruch und Strafe hergestellt werden, um ihn mit der Zeit für die abstrakte Handhabung des allgemeinen deutschen Strafgesetzbuchs geeignet zu machen. Dadurch wird es vielleicht möglich sein, ihn zur regelmäßigen Arbeit zu erziehen, und dies wird für die ostafrikanische Kolonie, nicht am wenigsten für den Neger selbst, ein Gewinn sein, der garnicht in Zahlen auszudrücken ist. Das Hauptkapitel bildet die eingehende Beschreibung der Land⸗ schaften. Peters theilt die Kolonie in drei Theile: den Norden, die Mitte und den Süden. Der Norden umfaßt das Land von dem Küstenstrich, den im Norden der Umba, im Süden die Mündung des Pangani abschließt, nach Westen bis zum Viktoria⸗Nyanza. Die öst⸗ liche Hälfte dieses nördlichen Theils, zu der die bekannten Abhänge von Usambara, Hendei und Bondei gehören, sei der Theil Deutsch⸗ Ostafrikas, der für ackerbautreibende, deutsche Kolonisten auf vielen Quadratmeilen direkt besiedelungsfähig sei und für Viehzucht weite Gelände biete. Die Länder dieses nördlichen Theils um den Viktoria⸗ Nyvanza sind westlich vom See am Kagera auf weite Strecken durch Europäer, im Süden und Westen von diesem See ertragreich nur durch Eingeborene kultivierbar. Die Mitte des Streifens, den im Osten die Küste zwischen Pangani und dem Rufidschi, im Westen der Tangan⸗ jikasee begrenzt, hat ackerbaufähiges Gebiet für Eurspäer in der öst⸗ lichen Hälfte in Ukami, Usagara und Nguru, am Ostrand des Hoch⸗ plateaus und in der westlichen Hälfte in langen Uferstrichen am Tanganjika. Das Gros in der Mitte ist „Kultivationsgebiet für Eingeborene“, am Rikwesee, nordwestlich vom Nyassasee, unterbrochen durch unbewohnte Steppe. Die Abhänge am Ostrand des Hoch⸗ plateaus sind geeignet für Plantagenbau; Uniamwesi, und die Tangan⸗ jikaländer im Westen bieten Aussichten auf ein steigendes Absatzgebiet für die deutsche Industrie und, bei geeigneter Heranziehung der brauch⸗ baren Wanyamwesi, die Grundlage für europäischen Wirthschafts⸗ betrieb. Besonders für Viehzucht geeignet ist in der Mitte das Land Uhehe. Die Mitte ist, als Ganzes betrachtet, der werthvollste Theil der Kolonie und auch am dichtesten bevölkert: nur das Land Usaramo an der Ostküste ist für europäische Besiedelung nicht zu gebrauchen; die Aufgabe der deutschen Kultur ist hier, der eingeberenen Bevölkerung durch Sicherung der Verhältnisse und praktische Anleitung zu einer gesunden wirthschaftlichen Ent⸗ wickelung zu verhelfen. Was schließlich den Süden anlangt, so be⸗ zeichnet Peters die Küstengebiete vom Rufidschi bis Kap Delgado zum größten Theil als Savanne, entweder trockene Steppe oder Kulti⸗ vationsgebiet für Eingeborene; Plantagenland ist nur an dem Ostrande des Plateaus dürftig verstreut; es ist dies der mindest werthvolle Theil der Kolonie. Anders wiederum die westliche Hälfte des südlichen Theiles, das Nyassa⸗Seegebiet; hier sind Landschaften, welche zu den besten des deutsch⸗ostafrikanischen Schutzgebietes gehören und in 7 bis 8 Wochen mit einer kleinen Unterbrechung auf dem Wasserwege von Europa erreichbar sind. Hier sei ein Besiedelungsgebiet, welches auch ohne zu weit ausgreifende Vorbereitungen für deutsche Kolonisten erreichbar sei.

In dem Schlußkapitel ist die wirthschaftliche Besitzergreifung von Deutsch⸗Ostafrika eingehend erörtert. Das e.a Gebiet, vorab das Plantagenland, liegt zum größten Theil mehr oder weniger weit von der Küste entfernt. Die Entwickelung der Verkehrsmittel ist der Hebel, der zuerst anzusetzen ist. Peters schlägt vor, zunächft die bisherige Karawanenmethode durch ein Relaissystem zu verbessern und allmählich durch Feldbahnen zu ersetzen; vorerst die der Küste zu⸗ nächst gelegenen Besiedelungsgebiete nutzbar zu machen und durch Fortsetzung des Lokalbahnsystems von Gebiet zu Gebiet die Seen zu erschließen.

Den wirthschaftlichen Werth von Deutsch⸗Ostafrika faßt Dr. Peters in folgendem Urtheil zusammen:

Als eigentliche Auswanderungskolonie kommt das Schutzgebiet nur in beschränktem Umfang in Betracht. Deutsche Ansiedler werden sich dauernd niederlassen können vorläufig nur in Landstrichen über 1200 m Höhe, wo genügende Feuchtigkeit vorhanden ist. Als Plan⸗ tagenland wird Deutsch⸗Ostafrika in seinen verschiedenen Theilen ohne jede Frage alles hervorbringen können, was die Tropen⸗ welt überhaupt zeitigt. Der deutsche Industrielle wird in Ost⸗Afrika ein steigendes Absatzgebiet für seine Er⸗ zeugnisse, der deutsche Kaufmann ein von Jahr zu Jahr bedeutender werdendes Verkaufsgebiet finden, wenn wir im stande sind, die natürlichen Hilfsquellen des Landes, besonders die Verkehrswege richtig zu entwickeln. „Diese Kolonie ist weder ein Werthobjekt allerersten Ranges, noch gehört sie zu den Ländern, welchen die vorwärtsstrebende Menschheit den Rücken zu kehren geneigt ist. Entwickelungsfähig ist sie in allen ihren Theilen und in einigen wenigen ist sie im stande, mit den gesegnetsten der Allmutter Erde um die Palme zu ringen. Freilich, mübelos wird der Sieg auch da nicht sein. Deutsch⸗Bstafrika wird die ganze ernste Arbeitskraft unseres Volkes erfordern, um zu dem zu werden, wozu es die Vor⸗ sehung bestimmt hat.“

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Die im Kaiserlichen Gesundheitsamt errichtete Reichs⸗ Cholerakommission hat neben der ihr obliegenden Mitwirkung bei der Seuchenabwehr angelegentlich auf die Sammlung und wiss enschaft⸗ liche Verwerthung der hinsichtlich der Epidemiologie und Berctenpehng der Cholera gewonnenen Erfahrungen Bedacht genommen. Die hier⸗ bei erreichten Ergebnisse werden in Gestalt umfangreicher wissen⸗