1895 / 93 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 18 Apr 1895 18:00:01 GMT) scan diff

Stunden zusammendrängt, in denen die Vergrößerung der Fu ahl bald eine Grenze findet. Um daher auch den westesten nforderungen genügen zu können, erübrigt nur, sowohl die ahl der Züge wie die Zahl der Wagen in den Zügen ent⸗ prechend zu vermehren. Hieraus ergiebt sich aber die unver⸗ meidliche Nothwendigkeit, die Fahrgeschwindigkeit soweit zu ermäßigen, daß die Züge bis zur größten für den Vorort⸗ verkehr noch zweckmäßigen Stärke belastet werden können. Für das Publikum wird hierbei die Vermehrung der Züge in den Hauptverkehrszeiten den Ausgleich für ihre verminderte Geschwindigkeit bieten müssen. 1

Die durch die Herabsetzung der Fahrgeschwindigkeit herbei⸗ geführte Verlängerung der Fahrzeit beträgt gegenüber der Fahrtdauer von Berlin bis Friedenau 1 Minute, bis Steglitz 2, bis Lichterfelde und Zehlendorf 4, bis Schlachten⸗ see 6, bis Wannsee 7, bis Neu⸗Babelsberg, Neuendorf und Potsdam 8 Minuten. Dabei hat sich für die bis und von Potsdamdurchgehenden Züge eine günstigere Gestaltung des Fahr⸗ plans insofern erzielen lassen, als es ermöglicht worden ist, die Züge 44 (statt wie jetzt 34) Minuten nach der vollen Stunde in Berlin anzubringen und 30 (statt 40) Minuten nach der vollen Stunde daselbst abzulassen. Die Abfahrt von Neu⸗ Babelsberg, Wannsee und Schlachtensee nach Berlin wird da⸗ legen 2—-4 Minuten später und die Ankunft daselbst bei der Röckkehr 2—4 Minuten früher erfolgen als heute.

Die von den verschiedensten Seiten laut gewordenen Vor⸗ schläge auf thunlichste Herabminderung der Fahrzeit zwischen Berlin und den Stationen jenseits Zehlendorf haben sich nach eingehender wiederholter Prüfung als unausführbar erwiesen. Die Züge der Wannseebahn auf der Strecke Berlin Zehlendorf mit ermäßigter und darüber hinaus mit der jetzigen Geschwindig⸗ keit zu befördern, ist nicht thunlich, weil alsdann die schon oben betonte nothwendige Verstärkung dieser Züge nicht statt⸗ finden könnte. Ebenso ist es nicht durchführbar, einzelne von und nach Potsdam oder Wannsee verkehrende Züge die Strecke Berlin —Zehlendorf ohne Aufenthalt durchfahren zu lassen, weil alsdann nicht nur diese Züge der Benutzung der zwischen jenen Stationen belegenen Vororte entzogen wür⸗ den, sondern es bei der Verschiedenheit der Fahr⸗ zeiten auch unmöglich wäre, kurz vor solchem Zuge einen auf allen Stationen haltenden Vororiszug zu befördern. Hierdurch würden gerade in den Hauptverkehrszeiten, in welchen natur⸗ gemäß diese beschleunigten Potsdamer Züge zur Beförderung ommen müßten, eine sehr fühlbare Einschränkung der Beförderungsgelegenheiten für die Vorortstrecke Berlin Zehlendorf entstehen. Ein anderer Vorschlag, eine Anzahl der von und nach Potsdam fahrenden Züge auf der Strecke Berlin —Zehlendorf über die Hauptbahn zu leiten, ist mit Rück⸗ sicht auf die damit verbundene Gefährdung der Züge beim Uebergang von und nach der sehr stark belasteten Hauptbahn ebenfalls zur Berücksichtigung nicht gerignet.

Es darf angenommen werden, daß die verwaltungsseitig in Aussicht genommenen Maßnahmen, welche geeignet sind, die Leistungsfähigkeit der Bahn auf das höchste Maß zu stei⸗ gern, zum ferneren Gedeihen der Vororte wesentlich beitragen werden. Gegenüber diesem überwiegenden allgemeinen Vor⸗ theil hat die geringe Verlangsamung der Züge und die damit für einzelne Personen verbundene Unbequemlichkeit zurücktreten

müssen. 18 Der General⸗Lieutenant Oberhoffer, Ober⸗Quartier⸗ meister und Chef der Landes⸗Aufnahme, har Berlin verlassen.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich bayerische Ministerial⸗Direktor von Herrmann ist hier angekommen.

Friedrichsruh, 17. April. Etwa 4000 Vertreter der deutschen Innungsverbände brachten, wie „W. T. B.“ berichtet, heute Nachmittag dem Fürsten Bismarck eine Ovation dar, welche bei herrlichem Wetter glänzend verlief. Vorher hatte der Fürst eine Deputation aus Darmstadt ö141A“*“*X“ empfangen. Um 1 ½ traf der Zug der Innungsverbände, der von Aumühle nach der Oberförsterei marschiert war und sich dort mit den von Berlin angekommenen Theilnehmern vereinigt hatte, vor dem Schloß ein. Nachdem die Aufstellung, die etwa eine halbe Stunde dauerte, beendet war, hielt der Obermeister der Berliner Schornsteinfeger⸗Innung Faster eine Ansprache an den Fürsten und überreichte ihm eine

uldigungsadresse in prachwoller Mappe. Darauf nahm der

ltmeister der Berliner Schlächter⸗Innung Helsert das Wort zu einer Anrede an den Fürsten, überreichte ihm den Ehren⸗ meisterbrief und brachte ein Hoch auf den Fürsten aus, in welches die Theilnehmer brausend einstimmten; hierauf wurde die „Wacht am Rhein“ gesungen. Nachdem auch noch der Obermeister der Kupferschmiede Kest aus Potsdam eine Ansprache gehalter und ebenfalls eine Adresse überreicht hatte, erwiderte Fürst Bismarck in einer längeren Rede, in der er für die Ovation herzlich dankte und seine Thätigkeit im Interesse des Gewerbestandes hervorhob. Der Fürst sprach u. a. auch von dem Alters⸗ und Invaliditäts⸗Versicherungs⸗ gesetz und sagte: er habe ganz etwas Anderes angestrebt, aber nicht erreichen können en des vielen Wider⸗ standes, der ihm von verschiedenen Seiten entgegen⸗ getreten sei. Der Fürst schloß seine Rede mit den Worten: 8 segne alle ehrliche Arbeit im deutschen Lande! Alle Gewerke, sie leben hoch!“ Dann trat der Fürst vom Balkon herab r * eine 2,— mit verschiedenen Theilnehmern. hierauf folgenden 6 an dem etwa 50 Herren theiln erinnerte

raf Rantzau an das diesjährige Jubiläum der Gründung des Deutschen Reichs, und brachte dem Mitbegründer desselben, welcher noch immer, wie der heutige Tag beweise, mitten im Volke stehe, ein Hoch aus, in welches die Versammlung lebhaft einstimmte. Der Fürst dankte mit bewegten Worten. Gegen 4 Uhr verließen die Theilnehmer in Extrazügen Friedrichsruh.

Württemberg. Wie der „St⸗A. f. W.“ vernimmt, wird die Stände⸗ versammlung auf den 24. d. M. wieder einberufen werden.

Hessen.

Ihre Majestät die Königin von Großbritannien und Irland wird, wie der „Darmst. Ztg.“ zufolge nunmehr bestimmt ist, am 24. d. M. zum Besuch des Großherzoglichen Hofes in Darmstadt eintreffen.

Die Erste Kammer begann gestern die Berathung des

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. ]

Seine Majestät der Kaiser trifft, wie die 1 e dem Dürenn tvektor des Ihrer b

meldet, morgen 5 ¼ Uhr in Weimar ein, um Königlichen Hoheit der roßherzogin einen Besuch abzu⸗ statten. Um 8 Uhr Abends wird Seine Majestät dann mit Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog die Reise nach Eisenach fortsetzen. eck.

Der langjährige präsidierende Bürgermeister von Lübeck, Senator Dr. Kulenkamp, ist am Dienstag im 68. Lebens⸗ jahre in Montreux gestorben. Derselbe hatte 26 Jahre dem Senat angehört. . EE“

Sr 8 Oesterreich⸗Ungarn.

Der Nuntius am Wiener Hofe Monsignore Agliardi ist gestern auf der Rückreise aus Gran zu etwa dreitägigem Aufenthalt in Budapest eingetroffen.

Frankreich.

Der Präsident der Republik Faure verließ gestern früh gegen 8 Uhr Rouen, um sich nach Hävre zu begeben. Einen großen Theil des Weges legte der Präsident zu Wagen zurück, nahm in den meisten Ortschaften kurzen Aufenthalt und ließ sich die Behörden vorstellen. Aus den benach⸗ barten Ortschaften war eine große Menschenmenge herhei⸗ geströmt und begrüßte den Präsidenten lebhaft, welcher die Begrüßung g8* das leutseligste erwiderte. Die Ankunft in Havre erfolgte um 6 Uhr Abends, wo eine große Volksmenge den Präsidenten begeistert empfing. Der Maire überreichte ihm die städtischen Ehreninsignien. In seiner Er⸗

widerung sagte der Präsident, die Stadt Hävre biete ihm eine

Bürgschaft dafür, daß es ihm gelingen werde, die ihm über⸗ tragene Aufgabe bis zum Ende durchzuführen.

Der frühere Finanz⸗Minister Colombo hat, wie „W. T. B.“ meldet, vorgestern Abend in Mailand eine Rede im Sinne der Deen gegen die Regierung gehalten.

Spanien.

Gestern wurde in Madrid ein feierlicher Gottesdienst

8 Gedächtniß der bei dem Untergang des Kreuzers „Königin⸗

egentin“ Verunglückten abgehalien, welchem die Königin, die Infantinnen, das diplomatische Korps, die Minister, die Generalität sowie zahlreiche Senatoren und Deputirte bei⸗ wohnten.

r Senat hat einen Gesetzentwurf angenommen, wo⸗ nach den Angehörigen der mit der „Königin⸗Regentin“ Ver⸗ unglückten während eines Jahres der Sold der betreffenden ertrunkenen Seeleute ausgezahlt werden soll.

Griechenland.

Die Wahlbewegung im Lande ist im Wachsen. Der frühere Minister⸗Präsident Trikupis hat sich von Patras nach Missolunghi begeben, wo er bis zur Beendigung der Wahlen verbleiben wird. Seine Abreise wird von den Blättern vielfach besprochen; verschiedene von ihnen glauben an seine Niederlage.

Dänemark.

Die außerordentliche Session des Reichstags ist gestern durch den Minister⸗Präsidenten Reedtz⸗Thott eröffnet worden. Das Landsthing wählte Matzen zum Präsidenten und Steffensen zum Vize⸗Präsidenten; das Folkething wählte Högsbro zum vorläufigen Präsidenten.

Amerika.

Die Kriegsschiffe der Vereinigten Staaten „New⸗ Sen. und „Columbia“ werden sich, wie „W. T. B.“ aus New⸗York erfährt, nebst den gegenwärtig in der Levante befind⸗ lichen Kriegsschiffen „San Francisco“ und „Marblehead“ nach Kiel begeben, um die Vereinigten Staaten bei der Er⸗ öffnungsfeier des Nord⸗Ostsee⸗Kanals zu reprä⸗ sentieren. 1

Einer amtlichen, in Madrid eingetroffenen Depesche aus Havanna zufolge hat der General Echevarria eine Bande von Aufständischen zerstreut. Dieselbe verlor einen Todten und mehrere Verwundete, während die spanischen Truppen keine Verluste erlitten. Nach wie vor sind alle Provinzen außer den östlichen ruig.

Das „Reuter'sche Bureau“ meldet aus Simla, der Oberst Kelly sei am 13. d. M. auf dem Wege nach Chitral mit 630 Mann gegen Samogher vorgerückt, wo der Feind, 1500 Mann stark, eine feste Stellung in den Bergen ein⸗ genommen hatte. Nach zweistündigem Kampf habe sich der Feind unter Verlust von 50 Mann zurückgezogen. Die Eng⸗ länder hätten 6 Todte und 16 Verwundete gehabt.

Aus Simonoseki meldet dasselbe Bureau, es sei dort gestern amtlich bekannt gemacht worden, daß der Friedens⸗ vertrag unterzeichnet worden sei. Li⸗Hung⸗Tschang sei gestern nach China zurückgekehrt.

Aus Shanghai wird der „Times“ telegraphiert, daß die Japaner sich weigerten, die Friedensbedingungen zugeben, bevor der Friede ratifiziert sei. Aüs Kobe erfährt dasselbe Blatt: das Gerücht, die japanischen Friedens⸗ unterhändler hätten ihre Forderungen herabg gech⸗ habe eine große Erregung verursacht; in okio sei sieben Zeitungen das Erscheinen itweise verboten worden. Binnen ku werde eine Kaiserliche Ver⸗ ordnung veröffentlicht werden, die strenge Maßregeln gegen Aeußerungen des Mißvergnügens über die Regierung verfüge. Ein aus Tientsin in New⸗York eingegangenes Telegramm besagt, daß die Besetzung von

Port⸗Arthur durch die vüxeieß⸗ nur für eine begrenzte Frist von Jahren erfolge. urch werde eine europäische

Einmis vermieden.

Der „Times“ wird aus Hongkong gemeldet, die Ab⸗ tretung von Formosa an Japan errege Unzufrieden⸗ heit unter den auf Formosa lebenden Engländern. Die chinesischen Soldaten hätten ihre Befehlshaber mit Ermordung bedroht, falls die Insel thatfächlich abgetreten werden sollte.

Afrika.

Der General Baratieri hat, wie aus Massowah ge⸗ meldet wird, das Dekret über die Ausschließung der Laza⸗ risten auch in Aghame zur Durchführung gebracht. Infolge dessen hat der apostolische Präfekt Michele de Carbonara das Amt eines apostolischen Kirche von Adigrad und Alitiena übernommen.

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ikars von Abessinien für die

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de Direkte Hauses der Abgeordneten, Ge. een Regierungs. Rath Kleinschmidt, ist ein Verzeichniß der im Landtag noch unerledigten Vorlagen worden Danach haben noch die dritte Lesung im Hause der Abgeordneten zu passieren das Gerichtskostengesetz, die Gebührenordnung für Notan und die Novelle zur Hinterlegungsordnung. In zweiter und dritter Berathung ist noch zu erledigen das Gesetz über die Errichtung einer Generalkommission für Ostpreußen. Kommissarischer Berathung überwiesen sind das Stempelsteuergesetz, das Gesetz. betreffend die Fischexei der Ufereigenthümer in den Privatflüssen der eeinprovinz, das Gesetz über die Erbschaftssteuer, die Novelle zum Ausfübrungsgesetz zur deutschen Zivilprozeßordnung und das Gesf über die eFS Verluste durch Schweinekrankheiten. gar nicht zur ersten athung gelangt sind die Gesetze über das Pfandrecht an Privateisenbahnen, das vom Herrenhause unverändert genehmigt wurde, die Novelle zum Kommunalabgabengesetz und das Gesetz über die Aufhebung des im vormaligen Fürstbisthum Fulda für die Einwilligung der Ehefrauen in Bürgschaften der Ehe⸗ männer bestehenden Erfordernisses der gerichtlichen Form. Im Herrenhause sind noch unerledigt die Gesetze über das Grund⸗ buchwesen in den der Grundbuchordnung von 1872 bisher nicht unter⸗ worfenen Theilen von Hessen⸗Nassau, über die Vertretung des Ge⸗ sammt⸗Synodalverbands des Konflstorialbezirks Cassel in vermögent⸗ rechtlichen Angelegenheiten, über die Ausdehnung des Allgemeinen Bergges von 1865 auf den Stein⸗ und Kalisalzbergbau der Provinz Hannover und die Novellen über die evangelische Kirchen⸗ verfassung Schleswig⸗Holsteins ꝛc., sowie die im Hause der Abgeordneten angenommene Vorlage über die Aufhebung von Stolgebühren im Regierungsbezirk Wiesbaden.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Nach § 70 Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind die Land⸗ gerichte ohne Rücksicht auf den Werth des Streitgegen⸗ standes ausschließlich zuständig für die Ansprüche, welche auf Grund des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten vom 31. März 1873 gegen den Reichsfiskus erhoben werden. Diesen Vorzug genießen, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Zivil⸗ senats, vom 17. Dezember 1894, Ansprüche von Reichsbeamten gegen den Reichsfiskus aus ihrem Dienstverhältniß, die auf das erwähnte Gesetz vom 31. März 1873 nicht gestützt werden können, bei⸗ spielsweise Ansprüche, welche auf Grund des Militär⸗Pensions⸗

esetzes gegen den Reichsfiskus erhoben werden, nicht, und für foiche Ansprüche entscheidet hinsichtlich der Zuständigkeit der Land⸗ gerichte der Werth des Streitgegenstandes. „Wenn auch nach § 70 Abs. 2 Nr. 1 des Geri fassungsgesetzes die Land⸗ gerichte für die Ansprüche, welche auf Grund des en vom 31. März 1873 gegen den Reichsfiskus erhoben werden, ausschließlich zuständig sind, so kann doch der gegen den Reichsfiskus erhobene Ar⸗ spruch auf das bezeichnete Gesetz vom 31. März 1873 mit Rücksicht auf die §§ 157, 134 bis 148 desselben nicht gestützt werden. Ebenso wenig kann die (in früheren Entscheidungen desselben Senats des Reichsgerichts ausgesprochene) Annahme der ausschließlichen Zuständig⸗ keit der Landgerichte für Fälle der vorliegenden Art aus § 70 Abs. 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes in Verbindung mit § 39 Nr. 1 des Preuß. Ausführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungs.

eessetz vom 24. April 1878 hergeleitet werden. Denn diese Vorschriften

gründen die gerfchlichich. Zuständigkeit der Landgerichte ohne Rück⸗ sicht auf den Werth des Streitgegenstandes nur für die Ansprüche der Staatsbeamten aus ihrem Dienstverhältniß gegen den Landes⸗ fiskus. Im Streitfall ist der Ansptuch aber nicht gegen den Landes⸗ fiskus, sondern gegen den Reichsfiskus gerichtet. uch sind andere gesetzli Vorschelgten nicht vorhanden, welche die Annahme der ohne Rücksicht auf den Werth des Streitgegenstandes begründeten ausschließ⸗ lichen Zuständigkeit der Landgerichte für Fälle, wie den in Streit befangenen, rechtfertigen könnten, und daraus in Verbindung mit dem Mangel der Revisionssumme ergiebt sich die Unzulässigkeit der Revision. Dieses Ergebniß legt die Annahme einer Lücke in der Gesetzgebung nahe, insofern nicht auch für die Ansprüche, welche auf Grund des Militär⸗Pensionsgesetzes gegen den

Reichsfiskus erhoben werden, die ausschließliche, von dem Werth des Streitgegenstandes unabhängige Zuständigkeit der Landgerichte ausge⸗ sprochen und dadurch die Zulässigkeit der Revision für alle Fälle der Erhebung solcher Ansprüche begründet ist .“ (240,94.)

Bei der Geltendmachung eines Anspruchs auf Aussonderung eines dem Gemeinschuldner nicht gehörigen Gegenstandes aus der Konkursmasse auf Grund eines dinglichen oder persönlichen Rechts 35 der Konkursordnung) ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Zivilsenats, vom 26. Februar 1895, wenn der Gegenstand sich in der Konkursmasse befindet, der Konkursverwalter zur Heraus⸗ gabe des Gegenstandes an den Berechtigten verpflichtet; ist da⸗ gegen der Gegenstand vor der Konkucseröffnung in den that⸗ dölcgen Besiz eines Dritten gelangt und verweigert dieser die Herausgabe an den Konkursverwalter, so kann der Konkursverwalter dem Berechtigten selbst es überlassen, sich die Herausgabe von dem Dritten zu erstreiten. „Die Geltendmachung eines Ausfonderungsanspruchs gemäß § 35 der Konkursordnung setzt nothwendig voraus, daß der auszusondernde Gegenstand sich in der Konkursmasse befindet, daß also der Konkursverwalter Besitz und Gewahrsam des nicht dem Gemeinschuldner E Geger⸗ standes hat, so daß er thatsächlich in der Lage ist, über denselben zmu verfügen. Ist dies der Fall, so muß als richtig anerkannt werden, daß der Anspruch des Aussonderungsberechtigten nicht dahin in beschränken ist, daß er den betreffenden Gegenstand aus der Masse zu entnehmen befugt ist, sondern daß der Konkurs⸗ verwalter zur Herausgabe des Gegenstandes an den Eigen thümer verpflichtet ist, da die Aussonderung nur von demjenigen vor⸗ genommen werden kann, welcher Besitz und Verwaltung über die anze Masse ausübt.. .Wenn aber ein Dritter die früher in esitze des Gemeinschuldners gewesenen Sachen wegen eines ihm von dem Gemeinschuldner angeblich an den Sachen eingeräumten im thatsächlichen Besitze hat und die Herausgabe derselben an den Konkursverwalter verweigert, so hat dieser nicht die Verpflichtung, sich Besitz und Gewahrsam von dem Dritten zu erstreiten oder den⸗ selben wegen seines behaupteten Rechtes an den Sachen abzufinden. um sie dem aussonderungsberechtigten Eigenthümer auszuhändigen: das kann er dem Eigenthümer selbst überlassen.“ (351/94.)

Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.

Die Bestimmung des § 4 Abs. 1 Ziff. 2 des preußischen Fischereigesetzes vom 30. Mai 1874: „Geschlossene Ge⸗ wässer im Sinne dieses Gesetzes sind alle solche Gewässer, denen & an einer für den Wechsel der Fische geeigneten Verbin⸗ dung fehlt, wenn in denselben der Fischfang einem Berechtigten ze⸗ steht“ findet, nach einem Urtheil des Ober⸗Verwaltungsgerichts, III. Senats, vom 18. Juni 1894, auch dann Anwendung, wenn eine an und für sich zum Wechsel der Fische geeignete Verbindung zwar vorhanden, aber durch ein zur Fet der Entscheidung bestehendes künstliches Hinderniß aufgehoben ist. „Bei der Frage nach den Fehlen oder Vorhandensein einer für den 5 der Fische geris⸗ neten Verbindung sind auch künstliche Hindernisse zu berücksichti und es wird dem F Erforderniß genügt, wenn zu der

wo über die Eigenschaft eines Gewässers als eines geschlossenen vder nicht geschlossenen Entscheidung zu treffen ist, infolge der natürlichen oder der künstlich geschaffenen Verhältnisse keine für den Fischwechlel geeignete Eö“ ist. Dies folgt bereits daraus, L

der Wortlaut des etzes eine die Scheidung rechtfertigende schränkung nicht enthält. (Rep. III B. 51/93.)

Teich, der aus zwei, durch

öffneten

soliden Können der Nachfahren Ruysdael's und Goyen's.

Ein künstlich angelegter Mühlenteich ist, nach einem Urtheil des Ober⸗Verwaltungsgerichts, III. Senats, vom 18. Juni 1894, kein geschlossenes Gewässer im Sinne der Nr. 1 des

4 Abs. 1 des preußischen Fischereigesetzes vom 30. Mai 1874, mag auch in ihm daneben Fischzucht betrieben werden und be⸗ trieben worden sein. „Dem Vorderrichter ist darin beizutreten, daß von dem § 4 Nr. 1 des Fischereigesetzes, welcher lautet: „Geschlossene

ässer im Sinne dieses Gesetzes sind alle künstlich angele ischteiche, mögen dieselben mit einem natürlichen Gewässer in Ver⸗ hee stehen oder nicht, wenn in denselben der Fischfang Einem Be⸗ rechtigten zusteht: im vorliegenden Fall keine Anwendung det. Wie unter den Parteien unstreitig, ist der klägerische einen Damm mit Durchlaß getrennten Theilen besteht, von dem Vorbesitzer des Klägers in den Jahren 1854 und 1855 durch Ausgraben von Wiesengrund hergestellt worden, um mit dem darin aufgesammelten Wasser des G.⸗Baches seine unterhalb gelegene Mühle zu treiben, und dies ist auch jetzt noch der Haupt⸗ zweck des Teichs. Ein Gewässer aber, welches, wie hiernach der klägerische Teich, ausschließlich oder doch wenigstens hauptsächlich zur hischzucht weder angelegt ist noch gegenwärtig dient, sondern dessen tbestimmung die eines Mühlenteichs ist und von jeher gewesen stellt, mag auch in ihm daneben Fischzucht betrieben werden und hetrieben worden sein, kein geschlossenes Gewässer im Sinne der Nr. 1 des § ü dar.“ (Rep. III B. 51/93.)

Statistik und Volkswirthschaft. 3

Aus den Jahresberichten der württembergischen Fabrik⸗

inspektoren.

Einer Mittheilung der „Soz.⸗Corr.“ über die Jahresberichte der württembergischen Fabrikinspektoren entnehmen wir Folgendes: Aus allen drei Bezirken, in die Württemberg jetzt eingetheilt ist, lauten die allgemeinen Berichte über Industrie und Gewerbe nicht ungünstig, obgleich -8 vergessen wird, die allgemeine Depression als sehr fühlbar zu bezeichnen. Immerhin hat diese Depression dem Arbeiter⸗ stand nicht insofern geschadet, daß Arbeiterentlassungen stattfanden. Man hat solche durch Verkürzung der Arbeitszeiten zu vermeiden gesucht, was allerd ings die betreffenden Arbeiter in ihrer Lebenshaltung be⸗ schränken mußte und mehr beschränkte, als durch billigere Brot⸗ und Kartoffelpreise auszugleichen war. Den Arbeitezeitverkürzungen standen auch in manchen Industrien Ueberarbeiten gegenüber. Die württem⸗ bergische Waffenfabrik hatte 1893 nur 600 Arbeiter, 1894 wurden 24600 Arbeiter beschäftigt⸗ sonst sind wesentliche Verschiebungen in den Zahlen nicht zu ken. Zugenommen hat die Zahl der jugendlichen männlichen Arbeiter (Lehrlinge) und die Zahl der Frauen, ohne daß die Zahl der Männer dadurch wesentlich beeinflußt war. Nur ein großer Betrieb der Textilindustrie hat der Nachtarbeit halber die Frauen verboten wurde Männer für Frauen eingestellt. Die zu beaufsichtigenden Betriebe hatten insgesammt 97 765 Arbeiter, und es anden neben den Kesselrevisionen, Druck⸗ und Heizproben sowie den Unfalluntersuchungen 2721 Revisionen statt. Eine Anzahl Betriebe (282) wurde zweimal revidiert, 30 sogar dreimal. Die Berichte sprechen sich über die Arbeitgeber sehr befriedigt aus, indem sie sich allen Ansrdnungen gegenüber entgegenkommend zeigten. Das Vertrauen der Arbeiter zu den Gewerbeaufsichtsbeamten hat sichtlich zugenommen, aber immerhin haben die Arbeiter noch wenig oder keinen Gebrauch von den eingerichteten Sprechstunden gemacht. In Bezug auf den hygienischen 8vn. und Schutz gegen Unfall ist wieder manches geschehen.

der werden in Württemberg in Fabriken nur 144 beschäftigt. Die Löhne der Jugendlichen liegen zwischen 1 ℳ% 20 und 2 50 bei männlichen Arbeitern, während sie bei weiblichen bis auf 60 heruntergehen. Die Arbeitszeiten gehen bis auf 9 Stunden herunter, während 11 Stunden das Maximum bilden. Vor einigen Jahren wurde noch in zahlreichen Betrieben 12 Stunden gearbeitet. Ueber die Arbeitsnachweise, die sich noch nicht eingebürgert haben, wird kurz berichtet, und über die Thätigkeit der 12 Gewerbegerichte des Landes ist eine Tabelle angefügt. Störungen des Friedens zwischen Arbeit⸗ gebern und Arbeitnehmern kamen nicht vor.

Kunst und Wissenschaft.

z† Eine Kreuzabnahme Christi von Arnold Böcklin bildet den Mittelpunkt der am 7. April in Schulte's Kunstsalon er⸗ rühjahrs⸗Ausstellung. Das Bild ist im Jahre 1876, dem Entstehungsjahre der „Todteninsel“, in Florenz gemalt, ein selt⸗ sames Gemisch von antiker Fermschönheit, energischem Naturalismus und einer an die Altmeister deutscher Kunst, an Dürer und Baldung Grien gemahnenden Charakteristik in Formbebandlung und Farbe; alle diese Elemente aber sind von echt persönlichem Geist durchleuchtet. Anfangs stutzt der Beschauer vor zeichnerisch unzulänglichen Einzelheiten, aber das Bild läßt ihn nicht los mit seiner dämonischen Kraft leidenschaftlicher Empfindung. Der greise Joseph

von Arimathia, der Christi Leichnam in seinem Schooß hält, muthet

völlig wie eine Gestalt Hans Baldung's an mit ihrer alterthümlich stilisierten Haarbehandlung, den eckigen Bewegungen und dem saftigen Kolorit der reichgezierten Gewandung. Ergreifend ist der Schmerz der Maria geschildert, die am Leichnam niederkniet, während Nicodemus zu Füßen des Heilands kauert, den starren, leiderfüllten Blick auf das Antlitz Christi richtend. Eine Gestalt von echt Böcklin’'scher Formen⸗ gebung ist die links stehende, das Haupt verhüllende Magdalena, neben der sich der Blick in eine wunderbare, vom Abendlicht verklärte Landschaft aufthut. Jede Fessel konventioneller Auffassung ist in diesem Werke abgestreift und doch weiß der Meister jeden Be⸗ schauer in die Welt seiner Empfindung zu bannen. Die Farben haben ihre ungeschwächte Leuchtkraft durch nahezu zwanzig Jahre be⸗ wahrt; leider stört aber ein Querriß in dem auf Holz gemalten Breitbilde, das auf der letzten Münchener Kunstausstellung wie eine neue Offenbarung angestaunt wurde. 1 Eine Kollektiv⸗Ausstellung holländischer Maler füllt den Oberlichtsaal der Ausstellungsräume. Bis auf wenige Ausnahmen sind es fast durchgehends Landschaften, die Zeugniß 99 eben den in Deutschland bereits bekannten Namen des Ehepaars Mesdag, Isaac Israels', des talentvollen Sohnes von Joseph Israels, Tenkate's, Theres Schwartze's und R. Bisschop's begegnen uns hier recht beachtenswerthe jüngere Talente, wie Breitner, Jan⸗ sen, Havermann und vanden Waay. Isaac Israels hat eine Kreidestudie ausgestellt, die einen Blick auf eine belebte Amsterdamer Gracht in ganz flüchtigen Strichen, aber mit frappanter Beobachtungs⸗ treue wiedergiebt, Theres Schwartze ihr Selbstporträt aus dem Jahre 1888, Bisschop ein vortreffliches Kircheninterieur in Koowdwyk, Mesdag eine Reihe flottgemalter Marinen, während seine Gattin ibre Motive mit Vorliebe in den Dörfern der holländischen Flach⸗ landschaft sucht. George Hendrik Breitner gefällt sich in breiter Skizzentechnik und einem schweren Kolorit, das seinen ilderungen des Amsterdamer Straßenlebens etwas fremdartigen Charakter verleibt, während es zur Morgenstimmung einer Manöverepisode „Ein Kanonenschuß“ gut paßt. Ernst und groß auf⸗ gefaßt sind die Amsterdamer Veduten und Kircheninterieurs von W. Jansen; in diesen wie in fast allen holländischen Bildern der Ausstellung erregt besonders das feine malerische Gesühl für Luft⸗ stimmung unsere Bewunderung. Im Sinne der Schotten stimmt t. van der Waay seine Ansichten aus Amsterdam auf einen gelb⸗ raunen Ton und erzielt damit eine vornehme stimmungweckende irkung. Wesentlich schwächer ist das „Nocturne“ genannte quarell, das einige übernächtige Gestalten an der Gasttafel schildert. Im Ganzen reypräsentieren, diese Arbeiten holländischer Künstler aber ein achtunggebietendes Maß technischer Gewandtheit und selbständiger Auffassung. Eine Ausstellung von holländischen Aqua⸗ rellen, wie sie im vorigen Sommer im Amsterdamer Künstlerklub „Arti 8t amicitiae“ vereinigt waren, würde vielleicht noch deutlicher die edeutung der heutigen holländischen Malerei kenntlich machen

Auf das vom Magistrat erlassene Preisausschreiben zu

einer Statue der Sprea für das Berliner Rathhaus sind 109 Entwürfe eingegangen. Das zur Beurtheilung derselben cfsedt⸗ Preisgericht, bestehend aus den Professoren C. Becker, Geselschap, Dr. Siemering und Schaper, Stadt⸗Baurath Blankenstein und den Stadtverordneten Baurath Kyllmann und Professor Dr. Leo, hat, wie hiesige Blätter berichten, die ausgesetzten Preise von je 500 den Arbeiten folgender Herren zuerkannt: 1) Egomanski in Deutsch⸗Wilmersdorf, 2) O. Stichling in Charlottenburg, 3) Ri Ohmann in Berlin, 4) O. Riesch in Berlin, 5) Professor E. Eberlein in Berlin, 6) Johannes Boese in Berlin, 7) Wilhelm Haverkamp in Berlin, 8) Alfred Reischel in Berlin, 9) Johannes Götz in Charlottenburg, 10) J. Christensen in Charlottenburg. Einen einzelnen der Entwürfe zur Ausführung zu empfehlen, hat das Preisgericht unterlassen, da keiner derselben ohne gewisse Aenderungen ausführbar erschien. Sämmtliche Entwürfe sind im Festsaal des Rathhauses ausgestellt und daselbst bis zum 20. d. M. für die Mitglieder der Gemeinde⸗ behörden und die Vertreter der Presse, vom 21. d. M. bis zum 5. Mai in den Stunden von 9 bis 3 Uhr aber öffentlich zu besichtigen.

Der hier tagende 24. Chirurgen⸗Kongreß (vergl. Nr. 92 d. Bl.) ist nach der beute aufgestellten Präsenzliste von 288 Aerzten besucht; 35 sind gestern und heute der Deutschen Gesellschaft für Cbirurgie neu beigerreten, sodaß sich deren Mitgliederzahl auf 665 erböht hat. Recht zahlreich vertreten ist diesmal das Ausland, namentlich Oesterreich⸗Ungarn. Aus Rußland sind der Wirkliche Staats⸗ rath Dr. Ebermann⸗St. Petersburg, Dr. Klemm⸗Riga, A. von Berg⸗ mann⸗Riga und Stadtarzt Kiwull⸗Livland, sowie Dr. von Zöge⸗Manteuffel⸗ Dorpat anwesend; aus Kopenhagen ist Dr. O. Bloch, aus Christiania Dr. Nieslaysen, aus Karlskrona in Schweden Dr. Borelius, aus Genf Professor Comte, aus Utrecht Professor Freiherr von Eiselsberg, aus Aberdeen Professor Ogston erschienen. 8 Vertreter der Medizinal⸗ Abtheilung der Marine wohnt General⸗Arzt Wenzel den Verhand⸗ lungen bei. Ausgelegt wurde ein Aufruf zur Zeichnung von Bei⸗ trägen zur Begründu eines chirurgischen Krankenhauses in St. Petersburg, we dem Andenken an den verstor⸗ benen, weltberühmten Chirurgen, Philosophen und Gelehrten Nicolai irogoff gewidmet sein soll. Die wissenschaft⸗ lichen Verhandlungen des heutigen Tages wurden eingeleitet mit einem Vortrag des Professors Küster⸗Marburg zur Entstehung der Wander⸗ niere und der subkutanen Nierenverletzungen; über Nierenruptur hatte Dr. Köllicker⸗Leipzig einen Vortrag mit Krankenvorftellung angekündigt. Für morgen früh ist eine Besichtigung des Kaiser und Kaiserin Friedrich⸗Krankenbhauses in Aussicht genommen.

In der April⸗Sitzung der Gesellschaft für Erdkunde sprach Dr. Wolf⸗Dresden „über die Galaäpagos⸗Inseln auf Grund eigener Reisen und Forschungen“. Von Ecuador aus, wo Dr. Wolf zwanzig Jahre lang als Landesgeologe gelebt hat, bereiste derselbe jenes Inselgebiet zweimal für die ihm obliegenden geologischen Kar⸗ tierungsarbeiten. Im Besitz Ecuadors sind diese unter dem Aequator, mitten im Großen Ozean, etwa- 10 Grad vom Festlande Amerikas entfernt liegenden „Schildkröten⸗Inseln“ erst seit 1832, obwohl sie von den Spaniern schon im 16. Jahrhundert aufgefunden wurden. Lange waren sie ganz unbemohnt geblieben, und nur selten suchten sie Walfischjäger ihres großen Reichthums an Schildkröten wegen auf. Von Wichtigkeit werden die Inseln als Kohlenstation dann werden, wenn einst der Panama⸗Kanal vollendet sein wird; heute liegen sie abseits vom Weltverkehr. Es sind etwa 13 größere und viele kleine Inseln vulkanischer Bildung, deren Gesammtfläche 7430 qkm umfaßt auf einem Meeresgebiet von rund 60 000 qkm. Auf seiner Weltreise hat Darwin auch die Galapagos besucht, um ihre eigenartige Thier⸗ und Pflanzenwelt zu studieren. Von den mehr als 2000 Kratern, die er zählte, sind nur 25 thätige Vulkane; auf der größten der Inseln, Albemarle, welche etwa 4230 qkm Flächeninhalt hat und mehreren Vulkanen ihren Aufbau dankt, besitzt einer der Krater ½ Meilen im Darchmesser. Für den Geologen ist die Ausbeute auf den Galäpages keine sehr mannigfaltige; zur Erkenntniß des geolo⸗ Ucen Baues der Inseln fehlen Steilwände, Einsturzfelder und Frosionsschluchten; es geben die Profile am Meeresstrande, die die Brandung freilegt, allein einen schwachen Anhalt. Uebereinander lagern hier die Lavaströme deutlich erkennbar in den Schichtungen, die sie beim Ausfluß bildeten: schwarze, braune, rothe Lava, darunter die ursprünglich unterseeischen Kalagonittaffe von hellbräunlicher Färbung. Im Zusammenhange mit der der unteren Lagen bis zu 200 m Höhe erscheint die Landschaft in einem grau⸗braunen Gesammtton, zu dem der Säulenkaktus, der 6 m hoch wächst, sowie eine Opuntia, die sich gerade die trockensten Stellen aussucht, gut stimmt: daneben sieht man

uphorbien. Kroton, Lantanen; auf nur spärliche Grasbündel aber beschränkt sich die Krautvegetation. Da die kalte pernanische Küsten⸗ strömung die Galäpagos umfließt, so stedt die mittlere Temperatur der Inseln 6 Grad unter der des gegenüberliegenden Festlandes von Süd⸗Amerika; auch die Regenmenge ist eine geringe. In den unteren Regionen wird das Wasser von der porösen Ober⸗ fläche aufgesogen. Auf den Hochlandplateaus regnet es im Sommer mehr als im Winter, und hier in den oberen Regionen ist die höhere Feuchtigkeit im Gestein bemerkbar: sie hat in 250 m Höhe eine etwa 50 cm starke Schicht Bodens gebildet, der mit grüner Vezetation bekleidet und mit kurzem, dichtem Rasen überzogen ist und ganz anders aussieht als die untere Zone. Zwischen 200 und 250 m bemerkt man aus der bereits die horizontalen weißen Streifen, welche die dort sende Flechte bildet. In der Rasenzone, in der Höhe von 250 600 m, sieht man immergrünes Gebüsch. Ueber 600 m liegt die Zone baumlosen Grases. Die ge⸗ sammte Flora trägt ein südamerikanisches Gepräge, ist aber nicht tropisch: es fehlen Palmen und Lianen, die den tropischen Urwäldern eigenthümlichen Schlinggewächse. Von den mehr als 500 zählenden verschiedenen Spezies sind sehr viele endemisch. In der unteren Zone überwiegenden Oedlandes fand Darwin 10 Spezies, Dr. Wolf sogar 50 60, die Strandflora ungerechnet, welche dieselbe ist wie die der peruanischen Küste. Kulturfähig von den Inseln sind etwa rund 700 qkm, kaum ein Zehntel des Gesammt⸗ areals; auch dort beeinträchtigt der Mangel an Quellwasser die stärkere Kolonisierung des sonst sehr fruchtbaren Bodens. Eigenartig ist die Thierwelt. Von dort endemischen Säugethieren ist ein Nager bekannt; Rinder, Esel, Ziegen, Hunde und die schönen großen, durch⸗ gängig schwarzen Katzen sind die verwilderten Nachkommen von dort eingeführten, sich selbst überlassenen Hausthieren. Die Landvögel sind sehr zahm, aber nur die endemischen: mit dem Schmetterlings⸗ netz, mit der Hand kann man sie fangen; scheuer sind die Möwen. Kleine Eidechsen, zwei merkwürdige Stumpfschnauzen und sehr viele Schildkröten zählt die dortige Fauna. Von den Riesenschildkröten sind manche 600 700 Pfd. schwer; ihr Fleisch schmeckt ausgezeichnet, so⸗ wohl gekocht wie gebraten. Von der Beantwortung der geologischen Fragen nach dem Entsteben der Inseln, ob sie von unten aufgebaut wurden oder als die Spitzen eines versunkenen Kontinents zu be⸗ trachten seien, wie Bauer annimmt, hängt auch die der Frage ab: wann und wie die dortige Thierwelt heimisch geworden ist. Dem Vortragenden sind die Berge der Inseln nicht wie die eines versunkenen Erdtheils erschienen. 1 Den zweiten Vortrag der Aprilsitzung hielt Professor Dr. Selenka aus Erlangen: er sprach über das Geistesleben der Dayak auf Borneo und ergänzte so das Bild, das in einer früheren Sitzung bereits prosessor Kükenthal von jener Insel egeben hat. Nächst Australien ist sie die größte der Erde; trotzdem ann man, wenn die Wasserscheide überschritten ist, auf einem Boot das ganze Eiland durchschneiden. Von der landschaftlichen Schönheit gab Professor Selenka ein wahrhaft schwärmerisches Bild, wenn auch kein Tag ohne Gewitter vergeht. Die tropische Schönheit der Insektenwelt gleicht der der Vegetation; auch ein Theil der Be⸗ wohner, die Hapats, sind hübsche Menschen, von lichter Farbe, eleganter Figur und feinem Gliederbau. Ihr Geistes⸗ leben ist recht interessant und zeigt sie uns auf einer viel höheren Stufe stehend, als man früher erlählte. Vor eenthal un Selenk ttte ab ch k in Europäer ihr Haus be⸗

treten. Die Häuser der Davaks sind Dorfhäuser, Häuser für die gange Gemeinde: die eine Hälfte ist unter die vorhandenen Familien getheilt, die andere dient zu gemeinsamem Aufenthalt. Ein jeder im Dayakhause hat sein Stück Arbeit zu leisten, und auch die Frauen werden nicht geschont. Ein biblisches Bild wie damals, als zuerst die Welt sich bevölkerte, gewähre das Leben in solcher Dayakbe aufung über der ein behagli Friede ruhe. Das sittliche und geistige Leben dieses Volks sei ein hochstehendes, trotzdem die Dayaks Kopfjäger 52 und ihre Wohnungen mit den Köpfen erschlagener Feinde schmücken. Im 122vF Hause drängen sich die Bewohner; aber Diebstahl, Ehebruch, Verführung werden hart geahndet. Die Ehe wird nach Wahl getroffen, mit Erlaubniß der Eltern; wird ein Mädchen Mutter, so muß sie oder ihre Familie Strafe zahlen, der Verführer aber sie heirathen. Poesievoll sind die Gesänge, die Sagen und Legenden des Volks. Das Siebengestirn denkt sich der Dayak als sieben Küchlein. Schlaf und Tod scheinen ibm gleich: wenn die schlafende Seele sich zu weit verirrt, sich nicht zum Körper zurückfindet, böse Geister sie in die Unterwelt ziehen, erfolgt der Tod. Der Medizinmann, für den eine feierliche Promotion Brauch ist, sucht die Seele zu fangen; mit dem Heilen der Krank⸗ heiten selbst giebt er sich garnicht ab. Jede unwahre Behauptung bestraft der Blitzgott, auch wenn sie nur scherzhaft gemacht wurde. Ihren Frauen geben die Dayaks sehr hübsche Namen: sie benennen sie nach Blumen, wie die „Kokosblüthe“ und in ähnlicher Weise. Der Gesammtvorstand der Comenius⸗Gesellschaft bat in seiner am 7. d. M. hier abgehaltenen Sitzung beschlossen, die Her⸗ stellung einer neuen Gesammtausgabe der philosophischen Schriften des Comenius demnächst in Angriff zu nehmen. Der in derselben Sitzung erstattete Jahresbericht für 1894 ergab, daß die Gesellschaft an Mitgliederzahl wie an Einnahmen gegen 1893 erheblich zugenommen hat und daß dieser Fortschritt im Jahre 1895 fortdauert. Die neuesten Veröffentlichungen der Gesellschaft (April 1895) enthalten geschichtliche und philosophische Arbeiten von B. Baehring (Minfeld), L. Hochhuth (Wiesbaden), Ludw. Keller (Münster), Karl Sudhoff (Düsseldorf), Goswin K. Uphues (Halle a. S.). Anmeldungen und Beiträge nimmt das Bankhaus Molenaar u. Co., Berlin C., Burgstraße, entgegen. „— Gestern Vormittag wurde in Bremen unter zahlreicher Be⸗ theiligung der XI. Deutsche Geographentag eröffnet, wobei der Bürgermeister Dr. Groening die Versammlung im Namen der Stadt willkommen dieß Für die erste Sitzung wurden dem „W. T. B.“ zufolge George Albrecht⸗Bremen zum Ersten und Dr. Lindemann zum Zweiten Vorsitzenden gewählt.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Saatenstand in Rußland.

Ueber den Stand der Saaten in Rußland zu Ende vorigen gehen uns aus einzelnen Gouvernements folgende Nach⸗ richten zu:

In Polen hat die kalte Witterung während der ersten Hälfte des Monats März die Vegetation in ihrer Entwicklung aufgehalten, doch läßt sich der Stand der Wintersaaten im allgemeinen als befriedigend bezeichnen.

In den Zentral⸗ und Ost⸗Gouvernements ist zu den früheren großen Schneemassen noch neuer Schnee gefallen.

Im südlichen Rußland scheinen die Wintersaaten im allgemeinen gut durch den Winter gekommen zu sein. Besonders günstig lauten die üen aus einzelnen Kreisen des Gouvernements Odessa sowie der Krim.

Im Kuban⸗ und Terekgebiet war die Witterung vorherrschend warm und regnerisch, sodaß die Saaten sich überall schnell und stark entwickeln konnten. Auch in den Gouvernements Tiflis, Elisabethpol und Erivan sowie im Gebiet von Kars läßt der Stand der Winter⸗ saaten nichts zu wünschen übrig. Die Witterungsverhältnisse sind dort andauernd günstig, sodaß man mit der Frühlingsaussaat bereits begonnen hat. 8

Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Der Gesundheitszustand in Berlin gestaltete sich in der Se vom 31. März bis 6. April erheblich günstiger, und auch die Sterb⸗ lichkeit war rine wesentlich kleinere als in der Vorwoche (von je 1000 Einwohnern starben 16,8 gegen 18,0). Zwar kamen auch in dieser Woche akute Entzündungen der Athmungsorgane noch immer in größerer Zahl als sonst um diese Jahreszeit zum Vorschein und endeten auch noch häufiger als sonst mit dem Tode; doch sank die Zahl der Opfer von 112 der Vorwoche auf 66. Auch Erkrankungen und Sterbe⸗ fälle an Grippe haben bedeutend abgenommen, doch gelangten immer noch 16 Sterbefälle (gegen 30 der Vorwoche) zur Mittheilung. Dagegen kamen akute Darmkrankheiten wieder etwas mehr zur Beobachtung und endeten auch etwas häufiger tödtlich. Die Be⸗ theiligung des Säuglingsalters an der Sterblichkeit blieb eine geringe. Von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 45 Säuglinge. Von den Infektionskrankheiten kamen Erkrankungen an Masern und Scharlach in ähnlich beschränkter Zahl wie in der Vorwoche zur Anzeige, während Erkrankungen an Diphtherie etwas mehr gemeldet wurden, und zwar zeigten sich Masern in der Friedrichstadt und Schöneberger Vorstadt, Erkrankungen an Dicphtherie in der jenseitigen Louisenstadt, der Rosenthaler Vorstadt, in Moabit und auf dem Wedding am häufigsten. Erkrankungen an Unterleibstyphus blieben vereinzekt. An Kindbettfieber kamen 2 Erkrankungen zur Kenntniß. Seltener wurden auch rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut und Erkrankungen an Keuchhusten, die in 6 Fällen tödtlich endeten, beobachtet. Auch akute Gelenkrheumatismen kamen weniger in ärzt⸗ liche Behandlung, während rheumatische Beschwerden der Muskeln häufiger zur ärztlichen Beobachtung gelangten.

Gesundheitswesen,

Handel und Gewerbe.

Der Zoll für die Ausfuhr von Reis aus Haiphong (Cochin⸗China) ist für den Fall, daß die Ausfuhr mit Schiffen unter anderer als französischer Flagge erfolgt, um 5 Cents per Pikul erhöht worden.

8 Verdingungen im Auslande.

Dänemark.

3. Mai, 12 Uhr. Staatsbahnverwaltung (Maskinafdelingens Regnskabsförer) in Aarhus. Lieferung von:

75 000 Pfund weißem Twistabfall, 300 m wollenem Gardinenzeug

300 m rothem Plüsch,

400 m grauem Plüsch,

300 m Hessian⸗Leinewand,

100 m Fagon⸗Leinewand,

150 m ungebleichter Leinewand

M150 m federdichter Leinewand, 8 5 000 Stück Wischlappen, 200 fertig genähten Handtüchern, 800 m Linoleum, 70o Pfund ungefärbtem Wollgarn. Bedingungen und Angebotsformulare an Ort und Stelle.

30. Juni. Driftsbestyreren for den Ostsjaellandsko Jernbane (Ostseeländische Eisenbahn) in Haarlev. Lieferung von 7500 Stück Eisenbahnschwellen von Fichtenholz und 1500 laufenden Fuß Weichen⸗ hölzer. Bedingungen zur Einsicht auf den Eisenbahnstationen Faxe, Haarlev, Kjöge und Storehedinge.

8n Verkehrs⸗Anstalten

Telegramm aus Köln (Rhein) hat die dritte Posß uͤber O 16. April in Köln den 8 8 8

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