1895 / 99 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 25 Apr 1895 18:00:01 GMT) scan diff

Berechnung, einzelne Waaren, die nicht Gegenstand der Zollerhöhung in der Tarifnovelle sind. Es sind das bei der Position Aether das Kollodium, sowie Celloidin und Schwefeläther. Andererseits konnten die Mengen „flüssigen Kakaoöls“ bei der Berechnung nicht berücksichtigt werden, weil die genannte Waare in der Statistik mit nicht besonders genannten „fetten Oelen“ nachgewiesen wird, während Kakaoöl hier in der Tarifnovelle Gegenstand einer Tariferhöhung ist. Es kommt noch hinzu, daß, wenn Sie die Regierungsvorlage wieder herstellen, doch ein großer Theil des Baumwollensamenöls denaturiert gegen einen Zoll von 3,50 eingehen und infolge dessen ein wesentlicher Zollausfall gegenüber dem normalen Zoll von 10 eintreten wird. Soweit es sich jetzt schätzen läßt inwieweit eine solche Tarifnovelle auf einzelne Artikel prohibitiv wirkt, läßt sich ja nicht voraussehen —, würde der Ertrag der Zolltarifnovelle höchstens 1 ½ Mllionen ergeben. Graf von Kani Die Amerikaner verwenden aller hrscheinlichkeit nach zur Fabrikation des Speiseöls viel minderwerthiges Fett, Fett veon gefallenen Thieren, so daß sie sehr gut einen Zoll von 10 zahlen können. Wenn nun der dringende Verdacht vorliegt, daß das amerikanische Speise⸗ fett ungesunde Bestandtheile enthält, so ist es unsere flicht, die Einfuhr zu erschweren. Entweder erhöhen wir den oll oder wir verbieten die Einfuhr. Wir haben Oester⸗ reich und Rußland einen ermäßigten Zoll zugestanden, der Amerika infolge der Meistbegünstigung zu gute kommt. Die Vertragsstaaten würden deshalb mit einer Erhöhung des Zolls einverstanden sein. Verbieten wir die Einfuhr, so wird Amerika die einzelnen Bestand⸗ theile, Talg und Cottonöl, gesondert einführen, und wir würden dann eine bessere Kontrole über die Qualität der Waaren haben. Eine Vertheuerung der billigen Nahrungsmittel wollen wir nicht. 8 Abp. Gamp (Rp.) tritt den Ausführungen des Ahg. Harm entgegen und betont zur Begründung der Zollerhöhung, daß 12 Zeit der Normierung des gegenwärtigen Zollsatzes das Baumwo samenöl noch nicht zur Speisefettfabrikation Verwendung gefunden habe. 1 Hierauf wird um 5 Uhr die weitere Berathung auf Donnerstag 1 Uhr vertagt.

Preußischer Landtag.

8 Haus der Abgeordneten. 57. Sitzung vom Mittwoch, 24. April. 8 8 gestern berichtet

1 eber den Beginn der Sitzung ist orden.

Auf der Tagesordnung rathung des Gesetzentwurfs, änderung und Ergänzung des Kommunalabgabengesetzes vom 14. uli 1893, welcher bei Heranziehung der Steuerpflichti⸗ gen zur Kommunalsteuer in ihren Wohnsitzgemeinden dasjenige Einkommen, welches den Steuerpflichtigen aus Grundvermögen, Handels⸗ oder gewerblichen Anlagen, sowie aus der Betheiligung an dem Unternehmen einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung außerhalb Preußens zufließt, von der Besteuerung freilassen will. 1

Nachdem der Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Noell sich egen einzelne der vorgebrachten Bedenken gewendet und die Kochwendigkeit der mit dieser Vorlage bezweckten Wieder⸗ herstellung des Kommunalabgabengesetzes in der ursprünglich vorgelegten (durch die Beschlüsse des Landtags aber gerade in diesem Punkt seiner Zeit abgeänderten) Fassung eingehend erörtert hatte, nahm das Wort

Abg. Herold (Zentr.). Er hielt es für bedenklich, daß die Freilassung der Einnahmequellen von den Abgaben nicht auf die außerpreußischen Deutschen beschränkt, sondern auch auf die an ßerdeutschen ausgedehnt werden soll. Ferner wünschte Redner eine Aufflärung seitens der Regierung über die Handhabung der Ausführungsbestimmungen zum Kommunalabgabengesetz betreffs der Entscheidung in den Fällen, in denen die Gemeinden mehr als 100 % Zuschläge zur Einkommensteuer erheben. Nach diesen Ausführungsbestimmungen sei die Regierung nicht zur Angabe von Gründen für die Verweigerung der Genehmigung solcher Zuschläg⸗ verpflichtet.

Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Noell: Die Ansicht des Herrn Vorredners ist unzutreffend. In dem Kommunalabgabengesetz ist die Erhebung von Zuschlägen über 100 % von der Genehmigung der Regierung abhängig gemacht, und diese Genehmigung oder die Ver⸗ sagung der Genehmigung setzt eine vorhergehende Prüfung der Ver⸗ hältnisse voraus, und schon daraus ergiebt sich die Nothwendigkeit der Angabe von Gründen für die getroffene Entscheidung.

Abg. Winckler (kons.) tadelte die verschiedenartige Stellung⸗ nahme der Kreis⸗Ausschüsse zur Hundesteuer und zu den in Betreff derselben seitens der Gemeinden festgesetzten Strafbestimmungen. Einzelne Kreis⸗Ausschüsse hätten diese Strafbestimmungen genehmigt, andere hätten sie abgelehnt. Diese Unsicherheit müsse durch eine klare Bestimmung im Gesetz ein Ende gemacht werden.

Finanz⸗Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Die Staatsregierung hat sich nur schwer ent⸗ schlossen, in der jetzigen Geschäftslage, und nachdem eben erst das Kommunalsteuergesetz in Kraft getreten ist, diese Vorlage zu machen; sie hat von dem Grundsatz, zur Zeit an eine Abänderung an irgendwie erheblichen Punkten im Kommunalsteuergesetz schon heranzutreten, ge⸗ glaubt in diesem Falle eine Ausnahme machen zu können: einmal, weil es sich hier um eine Bestimmung handelt, die, wie der Herr Kommissar des Ministers des Innern schon ausführlich dargelegt hat, den Grundsätzen der Kommunalbesteuerung, wie sie in Preußen im allgemeinen stets festgehalten wurde, widerspricht; zweitens, weil die ganze Bestimmung ins Gesetz gekommen ist durch ein vielleicht nicht sehr gründlich überlegtes Amendement, welches, wenn ich mich recht erinnere, zuerst im Herrenhause gestellt war, und welches die Re⸗ gierung zwar bekämpfte, aber acceptieren mußte mit Rücksicht auf die Gesammtlage und die Nothwendigkeit des Abschlusses der Steuer⸗ reform, und drittens, weil allerdings nach der Meinung der Re⸗ gierung durch dieses in das Gesetz hineingekommene Amendement sehr erhebliche Beschwerden und Unzuträglichkeiten faktisch schon jetzt sich

geltend machen; endlich, weil das Haus selbst gewünscht hat, in dieser Beziehung eine Vorlage zu haben. Sonst allerdings wäre es sehr bedenklich gewesen, bei einem eben ins Leben getretenen Gesetze schon wieder Aenderungen ohne ausgiebige Er⸗ fahrungen zu beantragen. Ich möchte daher dringend davor warnen, daß man noch weiter geht, und alle Bestimmungen, die dem einen oder anderen nicht gefallen, in der Kommission wieder verhandelt. Ich kann von vornherein erklären, daß die Staatsregierung sich im allgemeinen darauf nicht einlassen wird, sondern daß das Gesetz, welches noch nicht einmal praftisch in Wirksamkeit ist, erst noch längere Zeit funktionieren muß, um zu sehen, ob an diesem oder jenem Punkte, was bei einem so umfangreichen und schwierigen Gesetz nicht unmöglich wäre, eine dringende Aenderung erforderlich ist. . Was die vorliegende Frage betrifft, so möchte ich auch rathen, zu sehen, ob man nicht andere Auskunftsmittel hat. Man könnte ja, wenn man die Kreis⸗Hundesteuer einführt, und das Gesetz selbst keine

stand zunächst die erste Be⸗ betreffend die Ab⸗ einiger Bestimmungen

Strafe auf Uebertretungen enthält, was ich allerdings mit dem Herrn Vorredner annehme, es sind zwar bei den Gemeinden solche Strafen vorgesehen, aber nicht bei den Kreisen, und ein Strafrecht kann nicht analog ausgedehnt werden ich sage: wenn auch das Gesetz keine Strafen giebt, so ließe sich wohl erwägen, ob man nicht durch Polizeiverordnungen nachhelfen kann. Gerade die Hundesteuer hat wesentlich polizeilichen Charakter und kommt keineswegs bloß als Steuer in Betracht, sondern sie ist auch eine Maßnahme in fanitärer Beziehung. Da ließe sich sehr wohl diese Frage erwägen; aber ich möchte von vornherein erklären, daß die Staatsregierung auf weitere Abänderungen des Kommunalabgabengesetzes, als hier vorgeschlagen ist, nicht eingehen kann, und bitte die Herren von der Kommission, die nächstens zusammentreten wird, dringend, diese Gesichtspunkte fest⸗ zuhalten.

Meine Herren, der Herr Abg. Herold hat sich nicht über das Gesetz beschwert, sondern über eine ihm beschwerlich erscheinende Be⸗ stimmung der Ausführungsverordnungen; darüber läßt sich ja reden. Ich halte seine ganzen Einwände für durchaus unzutreffend, aber jedenfalls handelt es sich dabei nicht um Gesetzesänderungen. Es kann übrigens in dieser Beziehung der Herr Abg. Herold sich be⸗ ruhigen. Während der Hauptzweck des Gesetzes der war, die Zuschläge zu den Personalsteuern zu vermindern, während zu diesem Behuf die gesammten Realsteuern den Gemeinden überwiesen wurden, hat keines⸗ wegs die Ausführung zu einer Ueberlastung der Realsteuerpflichtigen geführt, sondern eher könnte man das Gegentheil behaupten und könnte vielleicht der Ansicht sein, daß die Grundsätze des Kommunal⸗ abgabengesetzes in dieser Beziehung in dem ersten Anlauf noch nicht voll zur Durchführung gekommen sind.

Abg. Osmwalt (nl.): Der Zweck der Resolution der Herren Böt⸗ tinger und Vopelius war nicht, einzelne Steuerzahler zu begünstigen, sondern die Bestimmungen zu ändern, die in dem neuen Kommunal⸗ abgabengesetz zu Ungunsten der Gemeinden ausgeschlagen sind.

Finanz⸗Minister Dr. Miquel:

Ja, meine Herren, ich glaube, der Herr Vorredner irrt sich; mir scheint seine Interpretation des Beschlusses des Hauses doch etwas willkürlich zu sein, wenn er sagt, das Haus hat diese Aufforderung an die Staatsregierung nicht im Interesse der Steuerpflichtigen, sondern bloß im Interesse der Gemeinden gerichtet. Nein, meine Herren, man empfand, nachdem die Sache praktisch wurde, daß doch eine sehr bedenkliche Doppelbesteuerung in der fraglichen Bestim⸗ mung läge, und man hielt dies für unbillig auch gegenüber der Gemeindesteuer. Sonst hätte man sich ja einfach dadurch helfen können, daß man gesagt hätte: es bleibt der Gemeinde überlassen, ob sie diese Einkommen aus auswärtigen, außerpreußischen oder außerdeutschen Gemeinden freilassen will oder nicht. Ich glaube also, diese Bemerkung ist nicht ganz zutreffend.

Es können ja allerdings Fälle vorkommen, das gebe ich zu, wo es nicht als eine Unbilligkeit oder Ueberlastung empfunden würde, wenn jemand zahlen soll in der Wohnsitzgemeinde von dem Einkommen, welches er aus dem Auslande bezieht, namentlich in den Fällen, wo er in dem Auslande zu einer Gemeindesteuer nicht herangezogen wird. Aber ebenso gut können andere Fälle dieser Art vorkommen, wo das Einkommen, welches aus einer außerdeutschen oder außerpreußischen Gemeinde bezogen wird, dort schon ganz bedeutend belastet ist und nun allerdings eine sehr lästige Doppelbesteuerung eintritt.

Meine Herren, ich will garnicht bestreiten, daß man andere Gründe dafür anführen kann, daß Einkommen aus Gemeinden, die außerhalb Deutschlands liegen, anders zu behandeln sind als Ein⸗ kommen aus deutschen Gemeinden, die nicht in Preußen liegen. Die Frage mag die Kommission ja erwägen, konsequent und grundsätzlich richtig wäre aber solche Unterscheidung nicht.

Man kann nun allerdings hervorheben, das läßt sich ja nicht leugnen, daß man doch eher dazu kommen kann, das Einkommen aus deutschen außerpreußischen Gemeinden in dieser Beziehung anders zu behandeln als das Einkommen aus Gemeinden außerhalb Deutschlands. Schon deswegen, aber auch weil mit Recht hervor⸗ gehoben worden ist, daß die Besteuerungsformen in Deutschland in den deutschen Gemeinden viel ähnlicher und gleichmäßiger sind wie die Besteuerungsformen im Auslande die Kommission wird ja diese Frage natürlich in Erwägung ziehen können —, und ich glaube kaum, daß die Staatsregierung hieraus eine entscheidende Frage machen würde, das läßt sich ja durchaus überlegen, dann würde sich die Sache gewissermaßen wie eine deutsche Frage gestalten, man würde sagen: die Bestimmung, daß in Preußen das Einkommen aus einer preußischen anderweitigen Gemeinde aus Grundbesitz und Gewerbe⸗ betrieb nicht besteuert werden darf, die Wohnsitzgemeinde hat nur das praecipuum von ¼ diese Bestimmung, die eine Doppel⸗ besteuerung innerhalb der preußischen Gemeinden ausschließt, wollen wir ausdehnen auf die deutschen Gemeinden. Das läßt sich ja hören, und ich gebe durchaus zu, daß, wenn dies auch keine konsequente Durchführung eines Besteuerungsgrundsatzes ist, praktische Er⸗ wägungen in dieser Beziehung wohl eine Meinungsverschiedenheit zulassen.

Ich kann nur nochmals wiederholen, meine Herren, daß wir hier nur mit sehr großen Bedenken uns haben veranlaßt sehen können, aus den von mir vorhin vorgetragenen Gründen eine Aenderung überhaupt vorzuschlagen. Ich wiederhole meine dringende Bitte, daß man nicht gewissermaßen zu einer Nachrevision des Kommunalabgaben⸗ gesetzes übergeht, und daß nicht einzelne Bestimmungen, die damals per majora angenommen worden sind, die Einzelnen aber mißfällig sind, nun wieder in Angriff genommen werden; dann würde noth⸗ wendig diese ganze Vorlage scheitern.

Abg. Freiberr von Heereman (Zentr.): Der Wunsch, Doppel⸗ besteuerungen zu vermeiden, ist ein allgemeiner. Im Kommunalsteuer⸗ gesetze sind aber auch sonst noch verschiedentliche Unklarheiten, und es 2 Pezat angebracht, auch hier bald eine Verbesserung zu lassen.

Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Noell bat, von weiteren Ab⸗ 7 des Kommunalabgabengesetzes zur Zeit abzusehen, jeden⸗ falls nach dieser Richtung die Rechtsprechung abzuwarten, ehe man an Abänderungen ge 1 b

rvr. beschloß, den Entwurf an eine Kommission von 14 Mitgliedern zu überweisen.

Es folgte die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Auf des in dem vormaligen Fürstbisthum Fulda für die Einwilligung der Ehefrauen in ea⸗ schaften und Expromissionen der Ehemänner bestehenden Erfordernisses der gerichtlichen Form.

Justiz⸗Minister Schönstedt:

Meine Herren! Durch die Vorlage des Gesetzentwurfs, der heute

steht, hat die Königliche Staatsregierung die

Zusage deu. die ch in der Sitzung vom 13. Februar d. J. dier

gegeben habe.

aus früheren Verhandlungen ist den Mitgliedern des Hauses der Gegenstand des kleinen Gesetzentwurfs hinlänglich bekannt. Es handelt sich um die Aufhebung älterer, noch in dem kleinen Rechtsgebiet des vormaligen Fürstenthum Fulda geltender Verordnungen, die ihrer Zeit von wohlthätiger Wirkung gewesen sind, deren Wirkungen aber jetzt in das Gegentheil umgeschlagen sind. Es handelt sich um die Beseitigung dieser alten Gesetze lediglich in formeller Beziehung, nicht auch um die Aufhebung ihres materiellen Inhalts. Insoweit hat die Königliche Staatsregierung sich nicht auf denjenigen Standpunkt ge⸗ stellt, der im Jahre 1889, wo zum ersten Mal diese Frage Gegen⸗ stand einer längeren Verhandlung hier gewesen ist, von dem hohen Hause eingenommen wurde. Die Königliche Staatsregierung befindet sich jedoch, wenn sie den damals gestellten Anträgen nicht in vollem Umfange nachgegeben hat, in Uebereinstimmung mit dem Wunsche der betheiligten Bevölkerung. Seitens des Herrn Abg. Kircher, der am 13. Februar hier die Frage wieder angeregt hat, ist ausdrücklich ausgesprochen worden, daß man nur wünsche eine Beseitigung der beschwerenden Formvorschriften, die für die Genehmigung der Ehe⸗ frauen zu der von ihren Ehemännern zu leistenden Bürgschaft in dem fraglichen Rechtsgebiet gegeben sind, nämlich der gerichtlichen Form, daß man aber an dem materiellen ehelichen Güterrecht nicht gerüttelt haben wolle. Die Königliche Staatsregierung hat geglaubt, auch aus inneren Gründen, sich diesen Standpunkt aneignen zu sollen, weil es immerhin als bedenklich angesehen werden muß, an dem ehelichen Güterrecht für ein kleines Rechtsgebiet zu rütteln, ins⸗ besondere jetzt, wo die einheitliche Regelung diese Materie durch das bürgerliche Gesetzbuch für Deutschland in naher Aussicht steht. Die Staatsregierung hat geglaubt, auch deshalb von einer Regelung dieser Frage absehen zu müssen, weil ja, wie bei den vorigen Verhandlungen anerkannt worden ist, nicht in das materielle Güterrecht der bestehenden Ehen würde eingegriffen werden können ohne Verletzung wohl⸗ erworbener Rechte. Die Staatsregierung glaubt, daß die Vorlage eshalb auf den Beifall des Hauses rechnen darf, und ist bestärkt in dieser Hoffnung durch den Umstand, daß die Vorlage heute sofort zur ersten und zweiten Berathung gestellt worden ist; es ist daher wohl die Annahme gerechtfertigt, daß das hohe Haus durch die Verhandlung dieses Gesetzentwurfs nicht lange Zeit aufgehalten werden wird.

Abg. Kirsch (Zentr.) bemerkte, daß der Gesetzentwurf in der Bevölkerung große Befriedigung erregt habe.

Darauf wurde der Gesetzentwurf in erster und zweiter Lesung angenommen.

Das Haus trat sodann in die erste Berathung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend das Pfandrecht an Privateisen⸗ bahnen und Kleinbahnen und die Zwangsvoll⸗ streckung in dieselben, ein.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen: 1

Meine Herren! Der Gesetzentwurf über die Verpfändung der Privateisenbahnen und die Zwangsvollstreckung in dieselben ist bekannt⸗ lich bereits in der vorjährigen Tagung zur Berathung, aber nicht zur Verabschiedung gekommen. Die Zwischenzeit hat die Königliche Staats⸗ regierung dazu benutzt, die Frage, ob für eine gesetzliche Regelung dieser Materie ein Bedürfniß vorliege, einer erneuten Prüfung zu unterwerfen, zugleich aber auch die Erfahrungen zu studieren, welche mit der verwandten Gesetzgebung in anderen Staaten gemacht worden sind, und endlich diejenigen Bedenken, welche im vorigen Jahre gegen einzelne Punkte des Gesetzentwurfs erhoben worden sind, auf ihre Berechtigung zu prüfen und, soweit dieselben anerkannt werden mußten, eine Aenderung der betreffenden Bestimmungen herbeizuführen.

Meine Herren, das Ergebniß dieser Prüfung hat die Staats⸗ regierung in der Auffassung, daß die Regelung dieser Materie im Wege der Landesgesetzgebung eine dringende Nothwendigkeit sei, nur bestärkt. Auch die Provinzialbehörden, der allgemeinen wie der Eisen⸗ bahnverwaltung, neuerdings über die Bedürfnißfrage gehört, haben sich in ihrer überwiegenden Mehrheit der Auffassung der Staats⸗ regierung angeschlossen. Einzelne derselben sind in der Lage gewesen, durch ihre inzwischen gemachte Erfahrung das Bedürfniß thatsächlich belegen zu können. Meine Herren, es wäre gewiß verfehlt, wenn man von der durch den Gesetzentwurf gebotenen Möglichkeit, die Privatbahnen in ihrer Gesammtheit zu verpfänden, einen großen Aufschwung der privaten Eisenbahnthätigkeit, insbesondere der Kleinbahnen erwarten wollte. Aber andererseits ist dieser Gesetz⸗ entwurf unzweifelhaft ein recht geeignetes Mittel, die auf die Förde⸗ rung dieser Verkehrswege gerichteten Bestrebungen der Staatsregierung, der Provinzen und der kleineren Kommunalverbände wirksam zu unter⸗ stützen. Es werden dadurch unzweifelbaft in vielen Fällen derartige Eisenbahnunternehmungen erst ermöglicht, es wird die Aufnahme von Anleihen erleichtert, und es wird ferner der Fortbestand des Unter⸗ nehmens gesichert werden.

Meine Herren, bereits in früheren Perioden ist das Bedürfniß nach einer gesetzlichen Regelung dieser Materie empfunden worden. Schon in der Mitte der 70 er Jahre hat sich die Staatsregierung mit einem dahin zielenden Gesetzentwurf beschäftigt. Ein solcher ist dann bekanntlich im Jahre 1880 im Reichstag vorgelegt worden, aber nicht zur Verabschiedung gelangt; dagegen konnte bei der Berathung dieses Gesetzentwurks im Reichstag festgestellt werden, daß die Grundlagen, auf denen der Gesetzentwurf damals auf⸗ gebaut worden war und die auch heute die Grundlagen des vorliegenden Gesetzentwurfs sind, sich der allgemeinen Zustimmung erfreuen. Einigermaßen auffallend kann es sein, daß das Bedürfniß nach einer Regelung der Frage früher nicht lebhafter urgiert worden ist, daß vielmehr die Sache geruht hat bis zum vorigen Jahre, und zwar um so auffallender könnte diese Thatsache erscheinen und dafür sprechen, daß das Bedürfniß doch in Wirtlichkeit nicht ein so sehr dringendes gewesen ist, weil ja in der früheren Periode bis zum Jahre 1880 enorme Summen von Obligationen der Privat⸗ Eisenbahnen vorhanden waren, Obligationen, die nur einen persönlichen, aber keinen realen Schuldtitel darstellen. Indessen die Erklärung dafür, daß dies Bedürfniß nicht so lebhaft damals empfunden wurde, liegt wohl in dem Umstande, daß die Obligationen fast aus⸗ schließlich ausgegeben waren von gut fundierten und gut Privat⸗Eisenbahngesellschaften. Die Obligationen der Köln⸗Mindener, der Rheinischen, der Bergisch⸗Märkischen, der Stettiner, der Anhalter u. s. w. Eisenbahnen hatten nahezu denselben Werth in den Augez des Publikums wie die preußischen Staatsschulden. Die Kredit⸗ würdigkeit dieser großen Gesellschaften enthob die meisten

Gläubiger der Sorge, daß ihren Schulden keine reale Sicherung bei⸗

Aus der Verhandlung dieses Tages und zum theil auch wohl

lichen Bedenken haben.

sei nicht genügend berücksichtigt.

wohnte. Sehr viele der Obligationeninhaber werden sich auch, wie ich annehme, kaum dessen bewußt gewesen sein, daß sie nur einen persönlichen Schuldtitel und keinen realen in der Hand hatten. Nach dem Jahre 1880 schwand das Bedürfniß aus dem Grunde 1 erheblich, weil ja die großen Privatbahnen fast sämmtlich verstaatlicht und die Obligationen derselben in preußische Konsols verwandelt wurden. Brennend wurde die Frage erst, nachdem durch das Klein⸗ bahngesetz vom Juli 1892 eine große Menge kleiner und kleinster Privatbahnen in Form von Kleinbahnen und Nebenbahnen direkt und

indirekt ins Leben gerufen worden sind und hoffentlich und, wie ich wohl sagen darf, voraussichtlich in nächster Zukunft eine große Reihe von neuen Unternehmungen dieser Art ins Leben treten wird. Damit war das Bedürfniß dringend geworden, den Privat⸗Eifenbahnen die Möglichkeit eines Realkredits zu gewähren, ihren Bestand dadurch zu sichern, daß die Zwangsvollstreckung nur in die Gesammtheit des 1 Unternehmens zugelassen wird.

8 Meine Herren, der vorliegende Gesetzentwurf beabsichtigt, diesen Zweck dadurch zu erreichen, daß er die Gesammtheit der einer Bahn angehörigen Rechte und Sachen sammt dem dem Unternehmen selbst 8 konzessionsmäßig und thatsächlich anhaftenden Werthe zu einer recht⸗ lichen Einheit, der sogenannten Bahneinheit, zusammenfaßt. Diese Bahneinheit bildet dann die Grundlage für die Ver⸗ 1 pfändung sowohl wie für die Zwangsvollstreckung in dem Sinne, daß, solange die Bahneinheit besteht, die der Babneinheit angehörigen Sachen und Rechte eine Einschränkung hinsichtlich ihrer rechtlichen Selbst⸗ ständigkeit zu erleiden haben und eine Veräußerung und Belastung einzelner Theile derselben nur insoweit zugelassen wird, als dadurch der cigentliche Zweck des Unternehmens, der Betrieb der Bahn, in keiner Weise gefährdet wird, und nur unter derselben Voraussetzung eine Zwangsvollftreckung in einzelne Theile der Bahn zugelassen wird. Meine Herren, den ursprünglichen Gedanken wieder aufzunehmen, die Frage im Wege der Reichsgesetzgebung zu regeln, würde sich nach der Auffassung der Staatsregierung in keiner Weise empfehlen. Der dem Reichstag im Jahre 1880 vorgelegte Gesetzentwurf bezog sich und konnte sich nur beziehen auf diejenigen Eisenbahnen, auf die die Art. 43 bis 46 der Reichsverfassung und in Preußen die Vorschriften des Gesetzes vom 3. November 1838 Anwendung finden. Die recht⸗ liche Grundlage für diese Bahnen war nahezu dieselbe in allen Theilen des Reichs, in allen einzelnen Bundesstaaten, die Vorschriften über die

Verpfändung und Zwangsvollstreckung, die das neue Gesetz vorsah,

konnten sich an diese Grundlage anlehnen. Die Sachlage wurde aber

eine vollständig andere durch den Erlaß des Kleinbahngesetzes in Preußen. Eine einheitliche Rechtsgrundlage für derartige Bahnen ist im Reich nicht vorhanden; es würde auch durch ein Reichsgesetz den ganz eigenartigen Verhältnissen der preußischen Kleinbahnen Rechnung zu tragen fast unmöglich sein. Außer diesen materiellen Gründen sprechen aber noch eine Reihe von formellen Gründen gegen die Regelung dieser Materie im Wege der Reichsgesetzgebung. Es würde indessen nach meiner Auffassung heute zu weit führen, auf diese Gründe sowie auf die Einzelheiten der Aus⸗ gestaltung des Gesetzentwurfs einzugehen; es wird dann nach meiner Auffassung erst von Erfolg sein, wenn die Arbeiten der besonderen Kom⸗ mission, der, wie ich annehme, das hohe Haus die Berathung des Gesetz⸗ entwurfs überweisen wird, dem Hause vorgelegt werden. Der Kommission wird keine leichte Aufgabe erwachsen; das Gesetz hat nach mancher Rich⸗ tung hin ganz besondere Schwierigkeiten, die die Staatsregierung keines⸗

wegs verkennt. Die Staatsregierung giebt sich indeß der Hoffnung hin, daß die gemeinsamen Arbeiten der Kommission mit den Ver⸗ tretern der Staatsregierung zu einem erwünschten Ergebniß führen werden, und daß das Gesetz wesentlich dazu beitragen wird, die Ent⸗ wickelung der Schienenwege in unserem Vaterland im Interesse aller

wirthschaftlichen Kreise des Landes zu fördern. (Bravo!)

Akg. Bode (kons.): Wir sind in unserer Fraktion bei Berathung dieses Gesetzentwurfs zu der Ansicht gekommen, daß es vielleicht richtiger gewesen wäre, den Kreisen und Provinzen die zu Bahnbauten

nöthigen Mittel zu geben. Wir haben die Befürchtung, daß das

Großkapital sich der Gelegenheit bemächtigen und nicht

gerade zum Nutzen des Landes außerordentliche Gewinne er⸗ zielen wird. Die Kleinhahnen werden von großen Geld⸗ instituten gebaut werden, und das dürfte doch seine wirthschaft⸗ In verschiedener Richtung haben wir auch Bedenken gegen den Inhalt des Gesetzes; so, glaube ich, würde es besser sein, wenn die Bahngrundbücher zugleich auch die Grundbücher der Grundstücke wären, die zur Bahneinheit gehören. Jedenfalls bietet das Gesetz verschiedene Schwierigkeiten, und ich beantrage namens meiner Fraktion Ueberweisung der Vorlage an eine besondere Kom⸗

mission von 14 Mitgliedern. 1

Abg. Im Walle (Zentr.): Wir halten den Gesetzentwurf gerade für geeignet, eine möglichst ungefährliche Betheiligung des Privat⸗ kapitals an den Kleinbahnunternehmungen herbeizuführen, und glauben daher, das Gesetz ist mit Freuden zu begrüßen. Auch das Herrenhaus

hat nach der wirthschaftlichen Seite hin keine Bedenken geäußert. Wenn solche bestehen könnten, so wären diese wohl eher durch eine Börsengesetzgebung zu regeln, die uns ja bevorsteht. Wir beantragen

Ueberweisung der Vorlage an eine Kommission von 21 Mitgliedern.

2 swalt (nl.): Daß das Großkapital sich den Kleinbahn⸗

unternehmungen zuwenden wird, ist nicht zu bestreiten, bildet aber gerade den Zweck des Gesetzes. Bei der jetzigen Gesellschaftsordnung es auch nicht anders möglich, als dem Kapitalbesitzenden Gewinne zufließen. Wir halten die materielle Seite des Gesetzes für wichtiger als die juristische und würden eine Kommissionsberathung nicht für nöthig erachten. Nachdem sie jedoch beantragt worden ist, schließen wir uns dem Antrage an, werden uns aber in der Kommission nach der juristischen Seite hin möglichste Beschränkung auferlegen. Abg. von Tiedemann⸗Bomst (fr. kons.) erhob keine prinzipiellen Bedenken gegen den Entwurf und hofft, daß das Gesetz in der Kom⸗ mission noch manche Besserung erfahren wird.

Abg. von v“ kons.) sprach die Hoffnung aus, daß in der Kommission einige ghestimmungen des Entwurfs besser formuliert werden. Die gegenwärtige Form der Vorlage habe nicht unbedeutende Mängel; auch die wirthschaftliche Bedeutung der Bahnen

1— Es wäre nöthig, die Schulden⸗ belastung zu begrenzen, vielleicht auch für die Konzessionierung dem Minister Normalien zu geben. Auch für das Subhastationsverfahren würden besondere Bestimmungen erforderlich sein. Justiz⸗Minister Schönstedt:

Meine Herren! Ich bin mit der Mehrheit der Redner des

heutigen Tages darin einverstanden, daß über Einzelheiten nicht schon

heute verhandelt werden kann, daß in dieser Beziehung der Kommisions⸗ berathung nicht wohl vorzugreifen ist. Ich möchte mir nur gestatten, in Bezug auf ein paar Bedenken, die von jener Seite (rechts) des

Hauses vorgetragen sind, einige Bemerkungen zu machen, die vielleicht

geeignet sind,

worden sind. Der Abg. Bode ist zunächst gegen die Zulassung von Theilschuld⸗

verschreibungen auf den Inhaber aus der Befürchtung heraus, daß das

Beforgnisse abzuschwächen, die hier vorgebracht

2

Großkapital sich dann der Spekulation in Kleinbahnen bemächtigen

werde und daß nicht gesunde Spekulationsobjekte geschaffen werden möchten. Ich mache demgegenüber darauf aufmetksam, daß in dem Entwurf für die Zulassung von Tbheilschuldverschreibungen auf den Inhaber hingewiesen ist auf das Gesetz von 1833, woraus sich ergiebt, daß die Ausgabe derartiger Theilschuldverschreibungen nur mit Allerhöchster Genehmigung erfolgen darf. Es wird allen Herren bekannt sein, daß bei der Ertheilung derartiger Privilegien eine sehr sorgfältige Prüfung in Bezug auf die Solidität des Unternehmens und die Sicherheit der auszugebenden Papiere stattfindet. Ich meine deshalb, daß nach dieser Richtung ein Grund zur Besorgniß nicht vorliegt. Es ergiebt sich auch daraus von selbst die von dem Herrn Abg. von Unruh vermißte Zuziehung des Finanz⸗Ministers bei Ausgabe solcher Schuldverschreibungen; sie ist nach dem Gesetz von 1833 und nach der bestehenden Verwaltungs⸗ praxis von selbst gegeben.

Im übrigen meine ich, daß gerade die Zulassung solcher Theil⸗ schuldverschreibungen auf den Inhaber sehr wohl geeignet ist, die Entstehung von Kleinbahnen und Privatbahnen zu fördern und insoweit gerade dem Zweck zu dienen, den das vor⸗ liegende Gesetz überhaupt im Auge hat. Bei ganz kleinen Unter⸗ nehmungen wird ja selbstverständlich nicht davon die Rede sein können, solche Privilegien zu ertheilen; es handelt sich aber in dem Entwurf nicht bloß um Kleinbahnen, sondern der Entwurf soll sämmtlichen Privatbahnen dienen, und unter diesen befinden sich be⸗ kanntlich Unternehmungen von erheblicher Bedeutung, für die ein öffentliches Interesse vorliegt, ihre Kreditfähigkeit zu stärken; dazu würde nach meiner Meinung die Zulassung solcher Theilschuld⸗ verschreibungen sich als ein geeignetes Mittel darstellen.

Ich komme nun zu einem zweiten Punkt, den der Herr Abg. Bode angeregt hat. Er findet die Bestimmungen über die Anlegung von Bahngrundbüchern nicht geeignet und möchte, daß nach dem Vor⸗ bild der österreichischen Gesetzgebung die sämmtlichen, den Bahnen gehörenden Grundstücke ins Bahngrundbuch eingetragen würden. Ich glaube, schon heute darauf aufmerksam machen zu dürfen, daß eine derartige Bestimmung die Anlegung von Bahngrundbüchern im höchsten Maße erschweren würde, und daß gerade mit Rücksicht auf die hieraus sich ergebenden Schwierigkeiten man in Oesterreich mit dem Gedanken umgeht, die dort bestehenden Vorschriften aufzuheben. (Hört! hört! rechts.) Sie haben dazu geführt, daß die Bahngrundbücher nicht fertig wurden, weil die Vor⸗ aussetzung, die Eintragung der einzelnen Grundstücke ins Bahngrund⸗ buch, mit soviel Schwierigkeiten verknüpft ist, daß man zu einem Abschluß überhaupt garnicht gelangt. Es sind Kommissarien der be⸗ theiligten Ministerien in Oesterreich gewesen und haben sich mit den dortigen Verhältnissen bekannt gemacht; man hat da festgestellt, daß solche Bahn⸗ grundbücher, mit deren Anlegung schon vor 20 Jahren begonnen wurde⸗ noch immer nicht zum Abschluß gelangt sind. Ich würde es deshalb für sehr bedenklich halten, wenn wir auf demselben Wege gehen möchten.

Wenn der Herr Abg. Bode bemerkt hat, es würden sich für den Grundbuchrichter große Schwierigkeiten ergeben, und er könne sich keine rechte Vorstellung machen, wie es mit der Eintragung des Sperr⸗ vermerks auf die zur Bahneinheit gehörigen Grundstücke zu halten sei, so liegt da vielleicht ein nicht vollkommenes Verständniß der Vorlage zu Grunde. Wenn ich den Abg. Bode richtig verstanden habe, so ist er davon ausgegangen, daß diejenigen Grundstücke, die von und für die Eisenbahn eigenthümlich erworben würden, noch auf dem Grundbuch⸗ blatt des früheren Eigenthümers stehen bleiben sollen, und daß dort ein Vermerk eingetragen werden soll. Davon ist aber nicht die Rede. Es ist selbstverständlich, daß diejenigen Grund⸗ stücke, die von den Eifenbahnunternehmern erworben werden, für diese ins Grundbuch eingetragen werden, aber nicht ins Bahn⸗ grundbuch. Und in dieses Grundbuch des Eisenbahnunternehmens soll für jedes einzelne Grundstück der Sperrvermerk zur Eintragung ge⸗ bracht werden, um jedem Dritten ersichtlich zu machen, daß es der freien Verfügung des Eigenthümers nicht unterliegt, daß vielmehr gewisse Beschränkungen sich aus der Verwendung des Grundstücks zu dem Babnunternehmen ergeben.

Dann bezüglich des § 23 des Entwurfs, den der Herr Abg. Bode gleichfalls zum Gegenstand seiner Besprechung gemacht hat, ich komme dabei noch einmal auf die Theilschuldverschreibung zu sprechen mache ich darauf aufmerksam, daß dieser Paragraph nichts Anderes bezweckt, als die Umwandlung der bestehenden gewöhnlichen Hypotheken in Theilschuldverschreibungen auf den Inhaber, Wund daß für eine solche Umwandlung wiederum ver⸗ wiesen ist auf die vorangehenden §§ 21 und 22, daß sie also überall an dieselben Voraussetzungen geknüpft ist wie die ursprüngliche Ausgabe von Theilschuldverschreibungen auf den Inbaber, insbesondere an die Zustimmung der zuständigen Staatsbehörde und die Allerhöchste Genehmigung.

Ich glaube deshalb, meine Herren, daß von diesem Gesichtspunkt aus wesentliche Bedenken dem Gesetz sich nicht entgegenstellen würden. Im übrigen bin ich selbstverständlich damit einver⸗ standen, daß es nicht wünschenswerth ist, in der zu bildenden Kommission den Juristen ein Uebergewicht zu geben. Ich glaube, daß bei einem solchen Gesetz, welches vielfach mit hergebrachten juristischen Auf⸗ fassungen bricht und hat brechen müssen, wenn es feinen Zweck erreichen will, es für die Berathung wünschenswerth ist, wenn Männer, die mitten im praktischen Leben stehen und die wirthschaftlichen Be⸗ dürfnisse des praktischen Lebens vollständig übersehen, mit der Prüfung des Gesetzes betraut werden; sie werden es verhindern, daß man sich zu sehr in jurjstische Feinheiten vertieft und dadurch das Gesetz un⸗ möglich macht. (Bravo!)

Der Gesetzentwurf wurde hierauf einer besonderen Kom⸗ mission von 21 Mitgliedern überwiesen.

Nächste Sitzung Donnerstag 12 Uhr (Tagesordnung: dritte Lesung des Gerichtskostengesetzes und der Notariats⸗ gebühren⸗Ordnung). 1“ ““

Schluß gegen 2 Uhr.

Handel und Gewerbe.

gßsßsßmwangb⸗Gersteigernngen. 8 Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin standen am 22. und 23. April die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung:

Schwedenstraße 18, dem Zimmermeister Robert Feiß geherig; 11,65 a; mit dem Gebot von 42 000 blieb der Kaufmann einrich Krause, Prinzenstraße 97, Meistbietender. Schlie⸗

mannstraße 18, dem Kaufmann Ernst Raue gehörig; Fläche 9,89 a; Mastbietender blieb der Rentier Joh. ee.; Luisenstraße 14, mit dem Gebot von 183 200 Wilhelm straße 28, der Wittwe Matbilde Roesener gehörig, Nutzungs⸗ wertk 25 400 ℳ; mit dem Gebot von 355 500 blieb die Geheime Medizinal⸗Rath Frau Anna Ebert, geb. Jacobi, Flottwell⸗ straße 4, Meistbietende. Anegebonben wunde das Verfahren der Fesewedeösteigerung wegen des tücks Liebigstraße 45, dem ittergutsbesitzer G. Gummert gehörig. 3 Beim Königlichen Amtsgericht II Berlin standen die nachbenannten Grundstücke zur Versteigerung: Das im Grundbuch von Schöneberg Band 46 Blatt Nr. 1680 auf den Namen der Handelsgesellschaft in Paul Hauffe u. Co. zu Berlin ein etragene, zu Schöneberg, Ecke Gothen⸗ und Leuthenstraße belegen; läche 9,64 a; Mindestgebot 320 ℳ; für das Meistgebot von 64 500 % wurde der Kaufmann Fritz Wagner zu Charlotten⸗ burg Ersteher. Das im Grundbuch von Schöneberg Band 46 Blatt Nr. 1682 auf den Namen des Bild⸗ hauers Rudolf Rothig zu Berlin, Willibald⸗Alexis⸗ straße 21, eingetragene, zu Schöneberg, Gothenstraße, belegene Grundstück; Fläche 8,23 a; Mindestgebot 320 ℳ; für das Meistgebot von 49 410 wurde der Kaufmann Fritz Wagner Ersteher. D. im Grundbuch von Schöneberg 46 Blatt Nr. 1681 auf den Namen des Restaurateurs Fritz Bormann zu Berlin, Charlotten⸗ straße 73, eingetragene, zu Schöneberg, Gothenstraße, belegene Grundstück; Fläche 8,23 a; Mindestgebot 320 ℳ; Ersteher wurde der Kaufmann Fritz Wagner für das Meistgebot von 39 410

Magdeburg, 24. April. (W. T. B.) Zuckerbericht. Kornzucker exkl., von 92 % —, neue 10,10 10,20. Kornzucker erkl. 88 % Rende⸗ ment 9,40 9,60, neue 9,50 9,75, Nachprodukte erkl. 75 % Rendem. 6,40 7,20. Etwas besser. Brotraffinade 1 22,00. Brotrafsinade II 21,75. Gem. 959 mit 58 I1“““ Gem. b2 I mit Faß 21,25 Fest. Rohzucker I. Produkt Transito f. a. B. Hamburg pr. April 9,27 ½ Gd., 9,32 ½ Br., pr. Mat 9.35 bez., 9,37 ½ B 8 8 i 9,45 Gd., 9,50 Br., pr. Juli 9,57 ½ Gd., 9,60 Br. Stetig. . W. T. B.) Kammzug⸗Termin handel. La Plata. rundmuster B. pr. April pr. Mai 2,92 ½ ℳ, pr. Juni 2,95 ℳ, pr. Juli 2,97 ½ ℳ, pr. August 3,00 ℳ, pr. September 3,00 ℳ, pr. Oktober 3,02 ½ ℳ, pr. November 3,05 ℳ, pr. Dezember 3,05 ℳ, pr. Januar 3,05 ℳ, pr. Februar 3,07 ½ ℳ, pr. März 3,10 ℳ. Umsatz: 80 000 kg. 8

Mannheim, 24. April. (W. T. B.) Produktenmarkt. pr. Mai 14,80, pr. Juli 14,85, pr. November 15,20. Roggen Mai 12,85, pr. Juli 12,85, pr. November 13,50. Hafer pr. Mai 12,70, pr. Juli 12,70, pr. November 13,00. Mais pr. Mai 12,00, pr. Juli 11,70, pr. November 11,40.

Bremen, 24. April. (W. T. B.) (Börsen⸗Schlußbericht.) Raffiniertes Petroleum. (Offizielle Notierung der Bremer Petroleum⸗Börse.) Matt. Loko 9,25 Br. Baumwolle. Steigend. Upland middl. loko 34 ¼ ₰. Schmalz. Ruhig Wilcor 37 ¼ ₰, Armour shield 36 ½ ₰, Cudahy 37 ½ ₰, Fairbanks 30 ½ ₰. Speck. Ruhig. Shork clear middling loko 32.

„Hamburg, 24. April. (W. T. B.) Kaffee. (Nachmittags⸗ bericht.) Good average Santos pr. Mai 76, pr. Sedtember 74 ¼, pr. Dezember 72 ¾, pr. März 71 ½¼. Ruhig. Zuckermarkt. (Schlußbericht.) Rüben⸗Rohzucker I. Produkt Basis 88 % Rendement neue Usance, frei an Bord Hamburg pr. April 9,27 ½, pr. Mai 9,32 ½, pr. August 9,67 ½, pr. Oktober 9,80. Ruhig. 8

Wien, 24. April. (W. T. B.) Ausweis der österreichisch⸗ ungarischen Staatsbahn (österreichisches Netz) vom 11. bi 20. April 649 717 Fl., Mindereinnahme gegen den entsprechende Zeitraum des vorigen Jahres 32 652 Fl. .

Wien, 25. April. (W. T. B.) Die „Neue freie Presse“ meldet, der Reichs⸗Finanz⸗Minister von Kallay beabsichtige eine Anleihe von 12 Millionen Gulden aufzunehmen zum Zwecke der Rückzahlung der seiner Zeit an die Landesregierung von Bosnien für den Bau von Eisenbahnen gewährten Darlehen und zu Investitionen auf dem bosnischen Eisenbahnnetze. Der Minister beabsichtigt, in Sarajevo eine Landesbank nach dem Muster der Landes⸗Hypothekenbanken zu schaffen, deren erste Emission die genannte Eisenbahn⸗Anleihe wäre. Es verlautet, die bosnische Landesbank werde von dem Wiener Bank⸗ verein errichtet werden. 1

Pest, 24. April. (W. T. B.) Produktenmarkt. Weizen verflaut, pr. Frühjahr 7,28 Gd., 7,30 Br., pr. Mai⸗Juni 7,22 Gd., 7,23 Br., pr. Herbst 7,21 Gd., 7,22 Br. Roggen pr. Frühjahr 5,97 Gd., 6,00 Br., pr. Herbst 6,20 Gd., 6,22 Br. Hafer pr. Frü jahr Gd., Br., pr. Herbst 6,10 Gd., 6,12 Br. Mais pr. Ma Juni 6,20 Gd., 6,22 Br., Juli⸗Aug. 5,70 Gd., 5,71 Br. Kohlrap pr. August⸗September 10,50 Gd., 10,55 Br.

London, 24. April. (W. T. B.) An der Küfte 1 Weizen ladung angeboten.

96 % Javazucker loko 11 ½ fest, Rüben⸗Rohzucker loko 9 ¼ ruhig. Chile⸗Kupfer 40 ⁄16, pr. 3 Mongt 40 ¾.

„Amsterdam, 24. April. (W. T. B.) Java⸗Kaffee good ordinary 52 ¼. Bancazinn 38 ¾.

Brüssel, 24. April. (W. T., B.) Die Einnahmen der 9. Heinrich⸗Bahn betrugen in der zweiten April⸗Dekade

us dem Bahnbetriebe 99 032 Fr., aus den Minen 8363 Fr Gesammteinnahmen 107 395 Fr., Mindereinnahmen gegen die vorläufige Einnahme im entsprechenden Zeitraum des vorigen Jahres 20 556 F

Konstantinopel, 24. April. (W. T. B.) Die Betriebs⸗ Einnahmen der Anatolischen Eisenbahn im Februar 1895 be⸗ trugen für die Strecke Haidar Pascha —Angora (578 km) 199 413 Fr. oder 345,01 Fr. auf den Kilometer; die Betriebs⸗Ausgaben stellte sich für denselben Monat auf 173 960 Fr. oder 265,18 Fr. auf den Kilometer. Für die Zeit vom 1. Januar bis 28. Februar 1895 be⸗ trugen die Betriebs⸗Einnahmen 439 179 Fr. oder 759,83 Fr. auf den Kilometer, die Betriebs⸗Ausgaben 332 566 Fr. bezw. 506,96 Fr. Für die Strecke Eski—Chehir-—Kutahia (78 km) betrugen die Betrie 8Einnahmen 10 270 Fr. oder 131,68 Fr. auf den Kilometer, vom 1. Januar bis 28. Februar 1895 22 613 Fr. bezw. 289,91 Fr. New⸗York, 24. April. (W. T. B.) Die Börse eröffnete fest und lebhaft. Im weiteren Verlauf wurde die Stimmung lustlos, die Kurse gaben nach und der Schluß war träge. Der Umsatz der Aktien betrug 288 000 Stück.

Weizen eröffnete sehr fest und nahm infolge von strammen

rabelberichten und vorliegenden Kaufordres steigende Tendenz an. Die hierauf folgenden Verkäufe gaben Anlaß zur Reaktion⸗ der aber bald wieder eine Steigerung folgte. Schluß fest. Mais anfangs fest, stieg im weiteren Verlauf infolge von Deckungen der Baissiers, verlor aber die Besserung wieder, nachdem größere Verkäufe stattfanden uud Berichte über für die Aussaat günstiges Wetter eingelaufen waren. Schließlich trat aber wieder Erholung ein und der Schluß

war fest.

Waarenbericht. Baumwolle⸗Preis in New⸗York 61/18, do. in New.Orleans 65⁄6. Petroleum Stand. white in New⸗York 10,00, do. in Philadelphia 9,95, do. rohes 9,50, do. Pipe line cert. p. Mai 205 nom., Schmalz West. steam 7,12, do. Rohe & Brothers 7,40, Mais pr. Mai 52 ½, do. pr. Juli 52 ⅜, pr. September 52 ⅛. Rother Winterweizen 67 ½, do. Weizen pr. April —, do. pr. Mai 64 8⅛, do. pr. Juli 65 ¼, do. pr. Dezember 68. Getreidefracht nach Liverpool 1 ⅞, Kaffee fair Rio Nr. 7 16, do. Rio Nr. 7 pr. Mai 13,85, do. do. pr. Juli 14,20. Mehl, Spring Wheat clears 2,70, Zucker 211 ¼16,

o, 24. April. (W. T. B.) Weizen stieg nach Er⸗ öffnung infolge strammer Kabelberichte, ging dann -2 der Ver⸗ käufe der Haussiers und der langsichtigen Termine im eerthe zurück. Später wurde der Verlust infolge guter Platznachfrage wieder aus⸗ vehlichen Schluß fest. Mais anfangs fest erfuhr nach vorüber gehender Reaktion auf Verkäufe eine Aufbesserung. Der Markt wurde durch die Fluktuationen in Weizen beherrscht.

Weizen pr. Mai 59 R, pr. Juli 885 Mais pr. Mai 47 ½, eck short clear nomin ork pr. April 12,17

Leipzig, 24. April.