1895 / 103 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 30 Apr 1895 18:00:01 GMT) scan diff

A

lebhafte Reaktion infolge der Festigkeit des Weizens, später jedoch wieder fallend. Weizen pr. Mai 63 ¾, pr. Juli 64 ⅞. Mais pr. Mai 47 ¼, 3 Speck short clear nomin. Pork pr. April 12,17 ½. 8 ¹

Verdingungen im Auslande.

Niederlande. 1

Ohne Datum. Gemeente-Gasfabriek zu Schiedam: eis⸗

angabe für englische und westfälische Gaskohlen verlangt. Offerten sind vor dem 6. Mai 1895 einzusenden.

Verkehrs⸗Anstalten.

Vom 1. Mai ab ist bei Postpacketen im Verkehr mit Mon⸗ rovia, der Hauptstadt von Liberia, eine Werthangabe bis 400 zulässig, für welche neben dem tarifmäßigen Packetporto eine Versicherungsgebühr von 16 für je 240 zu entrichten ist.

Laut Telegramm aus Aachen ist die zweite L Post über Ostende vom 29. d. M. ausgeblieben. Grund: Einstündiges Stillliegen des Zuges vor Bahnhof Verviers infolge Beschädigung der Zugmaschine.

Bremen, 30. April. (W. T. B.) Norddeutscher Llopd. Der Schnelldampfer „Fulda“ ist am 27. April Nachmittags von New⸗Yorknach der Weser abgegangen. Der Postdampfer „Roland“ ist am 29. April Vormittags in Corunna angekommen. Der Reichs⸗ EEE“ Heinrich“ hat am 29. April Vormittags

over passiert. Der Reichs⸗Postdampfer „Bayern“ hat am 8 Morgens die Reise von Port Said nach Neapel fort⸗ gesetzt.

Hamburg, 29. April. (W. T. B.) Hamburg⸗Ameri⸗ kanische Packetfahrt⸗Aktiengesellschaft. Der Postdampfer „Saxonia“ ist gestern in St. Thomas angekommen.

London, 29. April. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer „Goth“ ist am Sonnabend auf der Ausreise in Dartmouth, der Union⸗Dampfer „Arab“ heute auf der Heimreise in Southampton angekommen. Der Union⸗Dampfer „Pretoria“ ist heute auf der Ausreise in Kapstadt angekommen. 8

Theater und Musi

Im Königlichen Opernhause geht morgen Verdi's „Trou⸗ badour“ mit folgender Besetzung in Scene: Graf Luna: Herr Bulß, Leonore: Fräulein Hiedler, Manrico: Herr Sommer, Azucena: Frau Goetze. Kapellmeister Weingartner dirigiert.

Im Königlichen Schauspielhause beginnt morgen die jebente Gesammtaufführung von Friedrich Hebbel’'s deutschem Trauer⸗ piel „Die Nibelungen“. Erster Abend: „Der gehörnte Siegfried“, „Siegfried's Tod“. Die Hauptrollen sind, wie folgt, besetzt: Siegfried:

Herr Matkowsky, Hagen Tronje: Herr Molcnar, Brunhilde: Fräulein Lindner, Kriemhilde: Fräulein Poppe, König Gunther: Herr Arndt, Volker: Herr Keßler, Kaplan⸗ Herr Kahle.

Heerr Direktor Fritzsche hat die Soubrette Fräulein Niemann für die unter seiner Leitung vereinigten Bühnen, Friedrich⸗Wilhelm⸗ städtisches Theater und Unter den Linden, engagiert; sie wird in der Jubiläums⸗Vorstellung der Zeller'schen Operette „Der Obersteiger“ am Freitag zum ersten Male auftreten.

um Besten der Wittwenkasse des Berliner Lehrervereins ver⸗ anstaltet der „Sängerbund des Berliner Lehrervereins“ (Leiter: Professor Felix Schmidt) am 10. Mai in der Phil⸗ harmonie ein Konzert, für welches die Pianistin Fräulein Amelia Heineberg und der Violinvirtuose Herr Profe ssor Carl Halir ihre Mitwirkung zugesagt haben.

1 3 Mannigfaltiges.

Reihe von Kurven

in photogra hischen Diagrammen sowie in einer 8 der Stromstärke

vorgelegt, die den zeitlichen Verlau und der Lichtintensität darstellen.

f der Spannung, n. An den Vortrag schloß sich eine lebhafte Diskussion. Darauf hielt der Redakteur der Elektro⸗ technischen Zeitschrift Herr Jul. H. West einen Vortrag über die Vierfachtelegraphie in k

hundert Telegraphenleitungen zwischen den wichtigsten Stationen daß gleichzeitig vier Depeschen über Hand einer Reihe von Zeichnungen er Vortragende das zur Anwendung kommende System von Edison und im Anschluß daran einige von amerikanischen Telegraphen⸗Ingenieuren herrührende wichtige Verbesserungen der ursprünglichen Anordnung desselben und d eußner sprach sodann über Widerstände für hohe Stromstärken; er erläuterte seinen Vortrag durch Demon⸗ strationen an Apparaten. Die nächste Sitzung des Vereins findet am Dienstag, den 28. Mai, statt.

Der Berliner Asylverein für Obdachlose hielt gestern im des Rathhauses seine 26. Jahresversammlung ab. bericht hat der Verein seit seiner Begründung 2 713 235 Personen Unterkommen geboten; im letzten Jahre fanden 112 562 Männer und 13 200 Frauen und Kinder in den Asylhäusern des Vereins Zuflucht, 3356 Männer mehr und 502 Bädern wurden im Männerasyl 39 852, er Arbeitsnachweis Im ersten Vierteljahr d. J. wurden Die Einnahmen m re auf 94 955 ℳ, 41 300 n an Legaten und Stiftungen, 16 124 zum Baufonds te die Stadt Zuschuß. Verausgabt wurden 35 884 ℳ, es verblieb somit ein Ueberschuß von 59 071 Seit dem Bestehen wurden 1 401 393 vereinnahmt und 785 175 veraus⸗ gabt, sodaß der Verein am Jahresschluß ein Vermögen von 616 218 besitzt. Bezüglich des geplanten Neubaues des Männerasyls konnte mitgetheilt werden, daß der Verein sich jetzt an den Magistrat ge⸗ wandt hat wegen käuflicher Ueberlassung eines Terrains in der Müller⸗ straße. Rechtsanwalt Dr. Träger berichtete sodann noch über einige neue Legate.

derart betrieben, Draht geschickt werden. An der erläuterte d

er verwendeten

Bürgersaal dem Jahres

rauen weniger als im Jahre im Frauenasyl 907 verabreicht. 1051 Männern benutzt worden. 27 804 Männer und 3252 Frauen aufgenommen. des Vereins beliefen sich im letzten Ja gingen allei 1 000 gewährte

8 . „W. T. B.“ meldet: Gestern Vormittag, während die Dorfbewohner sich in der Kirche befanden, brannte das ganze Dorf Brzezinka bei Oswiecym, auf galizischer Seite, nieder; nur wenige Häuser sind stehen geblieben.

Breslau, 29. April.

Wiesbaden. Die Winterkur in Wiesbaden war etwas geringer besucht als im Vorjahre; der Fremdenbesuch bezifferte sich auf cirea 4500 Personen. Einen wesentlichen Aufschwung des Kurlebens erhofft man hier von dem vor einigen Wochen eröffneten Bad“, einem im großartigsten Stil angelegten Bade⸗Etabli und hygienischen Institut, verbunden mit großem Hotel I. Ranges.

b Nach Meldungen der hiesigen Morgenblätter aus Graz sind die Flüsse Mur und Raab theilweise aus ihren Ufern getreten und haben Aecker und Wiesen unter Wasser Gössendorf bei Graz ist überschwemmt. Im Bezirk bach ist infolge der Ueberschwemmung der Verkehr auf einzelnen Straßen eingestellt.

Lajibach, 29. April. Gestern Nachmittag um 7 Uhr 5 Minuten erfolgte wiederum ein heftiger kurzer Erdstoß mit vorhergehendem 1 Nachts wurden zwei schwächere Stöße verspürt.

egnerische kalte Wetter macht sich für die Feldbewohner recht empfind⸗ bemerkbar. Der Barackenbau schreitet fort. Sämmtliche Kirchen mit e sind eesperrt. Der Gottesdienst wird im Die Sicherheit und der Sanitätszustand sind ie Adaptierungs⸗ und Demolierungsarbeiten schreiten fort.

Victoria⸗Au

Wien, 30. Avpril.

starken Getöse.

Ausnahme der Domkirche sind no Freien ab

bruch (vergl. Nr. 102 d. Bl.) betroffenen Ortschaften, um dort 4

erste Unterstützung 30 000 Fr. zu vertheilen. Ueberall spielten

dem „W. T. B.“ zufolge, erschütternde Scenen ab. Die Einesch⸗ durchsuchen, unterstützt von den Truppen, den Schlamm nach etwaigen Leichen. Unter dem Trauergeläut der Kirchenglocken finden gahlresche Beerdigungen statt. Der Bürgermeister von Domidvre ist gestorben Er hat bei der Katastrophe seine drei Nichten, einen Schwager und zwei Schwägerinnen verloren. Bisher sind 68 Leichen aufgefunden Der Minister ließ sich von den Staats⸗Ingenieuren Aufklärungen über die muthmaßlichen Ursachen der Katastrophe geben. Die In⸗ genieure erklärten, der Dammbruch sei durch äußerlich nicht bemerk⸗ bare Veränderungen herbeigeführt worden, welche die strenge Kälte des letzten Winters in dem Mauerwerk verursachte. Mittags reiste der Minister wieder nach Paris zurück. Wie aus Metz gemeldet wird, geht infolge der Katastrophe die Mosel seit gestern Mittag sehr hoch. Bei starkem Gewitterregen steigen die gelbbraunen Fluth⸗

massen immer noch. Der Departements⸗Ingenieur Denis theilte,

wie aus Paris telegraphiert wird, einem Berichterstatter über das Reservoir von Bousey folgende technischen Einzelheiten mit. Der Ostkanal benöthigte täglich 40 000 bis 50 000 cbm Wasser zu seiner Speisung. Man konnte nicht daran denken, dieses große Quantum der Mosel zu entnehmen, und stellte deshalb einen künstlichen See her, welcher während der Regenzeit angefüllt werden und im Sommer den Kanal speisen sollte. Das natürliche Becken oberhalb Bousey war für diesen Zweck sehr günstig gelegen. Durch Herstellung der Dämme wurde dann der sogenannte Teich von Bousey gebildet, welcher eine Ober⸗ fläche von 128 ha hatte. Man war gerade damit beschäftigt, den Teich zu füllen; an der vollständigen Füllung des Reservoirs fehlten nur noch 100 000 cbm. Es ist fraglich, ob man den Damm von neuem aufbauen wird, die Rücksicht auf die Empfindungen der Bevölkerun wird verhindern, daß man einen ähnlichen Damm aufführt, felöst wenn dessen Festigkeit über jeden Zweifel erhaben wäre. Ein Fach⸗ mann erklärt in einer Zuschrift an den „Temps“, die Anlage des Teiches von Bousey hätte an dem Fundamentalfehler gelitten, daß der Boden aus porösem Thon bestehe, durch welchen das Wasser durchgesickert sei und allmählich die Festigkeit des Grundmauerwerks vernichtet habe.

Brüssel, 29. April. In der vergangenen Nacht explodierte, wie „W. T. B.“ meldet, auf der Schwelle der Missionar⸗Kloster⸗ kirche in Scheut bei Brüssel eine Bombe. Die Füllung der Kirchenthür wurde fortgerissen, im übrigen aber kein weiterer Schaden angerichtet. Die Gerichtsbehörden haben die Untersuchung eingeleitet.

Brügge, 29. April. Der Staatsanwalts⸗Stellvertreter Sweesters erstattete heute ein Gutachten in dem Rechtsstreit des Deutschen Reichs gegen den Ostender Rheder Hamman wegen der verweigerten Auslieferung von Depeschensäcken des Dampfers „Elbe“. Das Gutachten beantragt, nach Meldung des 8 daß der Gerichtshof die Klage für zulässig, sich selbst abe⸗ für unzuständig zu deren Entscheidung erkläre; das Gericht möge Vertagungsbeschluß erlassen, bis durch den zuständigen Richter ein Endurtheil gefällt sei; es möge dem Kläger auf⸗ tragen, den Streit binnen einer zu bestimmenden Frist vor den zu⸗ ständigen Richter zu bringen und den Beklagten in die Kosten des gegenwärtigen Verfahrens verurtheilen. Wie aus London unter demselben age mitgetheilt wird, hat der mit der Feststellung der Todesursache bei den mit der „Elbe“ Verunglückten betraute Coroner den Antrag der Eigenthümer der „Crathie“ auf fernere Vertagung der Untersuchung abgewiesen. 8

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

London, 30. April. (W. T. B.) Mit Bezug auf die

In der Sitzung des Elektrotechnischen 23. April berichtete Herr Ober⸗ von Versuchen, von Siemens u. bogen angestellt worden zahl, der Bog

halten des fahren, den

die im Laufe

enlänge un

Ingenieur Görges der letzten Jahre im Versuchsraum zugegangen. Halske am elektrischen Wechselstromlicht⸗ ind. Nachdem er den Einfluß der Perioden⸗ d Form der Stromkurve auf das Ver⸗ beschrieb er ein Ver⸗ der Lichtschwankungen während sowie ein anderes Ver⸗

erörtert hatte, Verlauf

einer Periode photographisch zu fixieren,

über eine Reihe

Vereins am Wie aus Wien berichtet wird, sind dem dortigen Hilfscomité bisher für die durch das Erdbeben in Laibach Betroffenen 32 000 Fl.

Wiesbaden, 30. April.

(vergl. Nr. 102 d. Bl.) ist, wie „W. T. 2 ändert bedenklich; zeitweise tritt Bewußtlosigkeit ein.

. 8 sc r 1b Esypinal, 30. April. Der Minister des Innern traf gestern fahren, sie direkt photometrisch zu bestimmen. Die Resultate wurden früh 7 Uhr hier ein und begab sich alsbald nach den von dem Damm,

t vom 30. April Morgens.

eeressp.

uf 0Gr.

vne

red. in Millim.

in ° Celsius

50 C. = 45 R.

Temperafur

Christiansund Kopenhagen. Stockholm .

5

2 bedeckt 2beiter Dunst heiter

ill wolkenlos 1 wolkenlos

1 bedeckt

1 wolkenlos

Cork, Queens⸗ E“ Cherbourg .

[ 88

winemünde Neufahrwasser Memel...

1 Dunst 1 halb bed.

1 wolkenlos

3 Dunst 2 wolkig 1 halb bed. 1 heiter

0 00 ◻☚ OsFboooᷣSoo

ö1111“.““

1 wolkig 1 Nebel 4 bedeckt S

, 2 wolkig 1 bedeckt 2 bedeckt

dBASE D coO0 HCd 0—A

—— 0 Otboco aboSwb

¹) Nachts Regen.

1 wolkenlos

U heiter 4 bedeckt

²) Gestern Gewitter.

Uebersicht der Witterung.

Auf dem ganzen Gebiete ist der Luftdruck gleich⸗ mäßig vertheilt und daher die Luftbewegung allent⸗ halben schwach; am höchsten ist der Luftdruck über der Ostsee und Umgebung, niedrigsten nordwestli und jenseits der Alpen. In Deutschland ist das Wetter ruhig und vorwiegend heiter, in den Küstengebieten warm bei im Binnenlande durchschnittlich nahezu normalen Temperaturen; im westdeutschen Binnen⸗ lande ist stellenweise Regen

wahrscheinlich.

verhältni von den Briti

nd Bamberg Deuts

gefallen, Gewitter fanden

8 statt. Fortdauer der een Witterung mit steigender Temperatur e Seewarte.

—,— 4—q—

Theater⸗Anzeigen.

Königliche Schanspiele. Mittwoch: Opern⸗ haus. 109. Vorstellnng. Der Tronbadour. Oper in 4 Akten von Giuseppe Verdi. Text nach dem Italienischen des Salvatore Camerano. Dirigent: Kapellmeister Weingartner. Anfang 7 ½ Uhr.

Schauspielhaus. 115. Vorstellung. Die Nibe⸗ lungen. Ein deutsches Trauerspiel in 3 Abtheilungen von Hebbel. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Dekorative Einrich⸗ tung vom Ober⸗Inspektor Brandt. Erster Abend. Erste Abtheilung: Der gehörnte Siegfried. Vorspiel in 1 Aufzug. Zweite Abtheilung: Sieg⸗ frieds Tod. Ein Trauerspiel in 5 Aufzügen. Anfang 7 ½ Uhr.

Donnerstag: Opernhaus. 110. E Hãnsel. und Gretel. Märchenspiel in 3 Bildern von Engelbert Humperdinck. Text von Adelheid Wette. Karneval. Ballet⸗Burleske in 2 Aufzügen von Emil Graeb. Musik von Adolf Steinmann. An⸗ fang 7 ½ Uhr.

Schauspielbaus. 116. Vorstellung. Die Nibe⸗ lungen. Ein deutsches Trauerspiel in 3 Abthei⸗ lungen von Friedrich Hebbel. Zweiter Abend. Dritte ütßeihe g. Kriemhilds Rache. Ein Trauerspiel in 5 Aufzügen. Anfang 7 ½ Uhr

Deutsches Theater. Mittwoch: Die Weber. Abends 7 ½ Uhr.

Donnerstag: Weh dem, der lügt!

Freitag (32. Abonnements⸗Vorstellung): Das Lumpengesindel.

Berliner Theater. Mittwoch: Madame

Saus⸗Géene. Anfang 7 ½ Uhr

Donnerstag: Zum ersten Male: Die Läster⸗ g; Lustspiel in 5 Akten von Sheridan, deutsch on

Freitag (33. Abonnements⸗Vorstellung): Die

Lästerschule.

Lessing⸗Theater. Mittwoch: Ein Erfolg. Anfang 7 ½ Uhr.

Donnerstag: Der Herr Senator.

Freitag: Der Herr Senator.

Friedrich⸗-Wilhelmstädtisches Theater.

Mittwoch Operette in 1 2 1 .

3 Akten von L. Held und M. West. Musik von

Carl Zeller. Regie: Herr Unger. Dirigent: Herr

Kapellmeister Ferron. Ermäßigte Preise der Plätze.

Anfang 7 ½ Uhr. Donnerstag: Der Obersteiger.

Neues Theater. Schiffbauerda

Mittwoch: Die Nervösen. (Les gens nerveux.) Schwank in 3 Akten von Victosrien Sardou, deutsch von Alexander Rosen. Vorher: Die Massage⸗ kur. Dramatischer Scherz in 1 Akt von Robert Misch. Anfang 7 ½ Uhe.

Donnerstag: Demi⸗Monde. Sittenbild in 5 Akten von Alexandre Dumas.

Sonnabend: Zum ersten Male: Die Wildente. Schauspiel in 4 Akten von Henrik Ibsen, deutsch von Ernst Brausewetter.

Residenz-Theater. Blumenstraße Nr. 9. Direktion: Sigmund Lautenburg. Mittwoch: Fer⸗ nand’s Ehekoutrakt. (Fil à la patte.) nk in 3 Akten von Georges Feydeau, in deutscher Be⸗ arbeitung von Benno Jacobson. Anfang 7 ½ Uhr.

Donnerstag und folgende Tage: Fernand’s Ehekontrakt.

Theater Unter den Linden. Behrenstr. 55/57. Direktion: Julius Fritzsche. Mittwoch: Mit voll⸗ ständig neuer Ausstattung: Rund um Wien. Heanenes Ballet in 9 Bildern von Franz

und A. M. Willner. Musik von Josef Beyer. Der choreographische Theil von Josef Haßreiter. Dirigent: Herr Kapellmeister Baldreich. Vorher: Dorothea. Operette in 1 Akt von Jaques Offen⸗ bach. Anfang 7 ½ Uhr.

Donnerstag: Rund um Wien. Dorothea.

Bentral-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Direktion: Richard Schultz. Mittwoch, Donners⸗ tag, Freitag wegen Vorbereitung geschlossen.

Sonnabend: Zum ersten Male: Unter artistischer Leitung des Herrn Adolf Brakl vom Königl. Gärtner⸗ platz⸗Theater in München: Figaro bei Hof. (Roccoco.) Operette in 3 Akten (nach Beaumarchais' Memoiren) von Bohrmann⸗Riegen. Musik von Alfred Müller⸗Norden.

Lage der ostasiatischen Frage wird gemeldet, daß die Regierung der Vereinigten Staaten den Mächten dee Mittheilung gemacht habe, es sei ihre unabänderliche Politt, keine Buündnisse einzugehen, welche geeignet wären, Ver⸗ Der Zustand Gustav Freytag's wicklungen in Europa und Asien herbeizuführen, und nur in⸗ B.“ weiter meldet, unver⸗ soweit eine Ausnahme zu machen, als

Weise ihre guten Dienste zur Lösung des Konflikts zwischen den Völkern Ost⸗Asiens anbieten könne.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

ie in freundschaftlicher

Adolph Ernst⸗Theater. Mittwoch: Madame ette. in 3 Akten von Ordonneau.

2 von Edmond Audran. In Scene gesetzt von Adolph Ernst. Anfang 7 ½ Uhr.

Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Zum Besten der Hilfsbedürftigen in Laibach. Bei halben Preisen. Charley’s Tante.

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Anna von Kalm mit Hrn. Prem.⸗

Lieutenant Konrad Ewald (Blankenburg a. H.). hrl Elisabeth Bolle mit Hrn. Regierungs⸗Assessor

heodor Lucke (Berlin). Frl. argarete Reichardt mit Hrn. Pastor Johannes Korth (Zehlendorf b. Oranienburg).

Verehelicht: Hr. Sec.⸗Lieutenant Otto von Platen mit Frl. Clara Weise (Gera— Pößnech).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Lieutenant Thure Grafen Klinckowstroem (Frankfurt a. O.). Eine Tochter: Hrn. Prem. Lieutenant d. L. George Baudouin (Berlin).

Gestorben: Hr. Hauptmann a. D. Rudolf Stieler (Schöneberg). vPeneral⸗Major z. D. Wilhelm von Schultz (Schwerin) Fr. Ober⸗Landforst⸗ meister Minna von Ülrici (Berlin). Pr.

farrer em. Karl Brunner ( ktte⸗.nph Frl. Louise Charlotte e von Cronenthall (Leipzig). Hr. Rittergutsbesitzer Johann Ludwig Gebhard von Alvensleben⸗Falkenberg (Cassel). Verw. Fr. Ehrengard von Alvensleben, geb. von Kröcher

(Hannover).

Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin.

Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Neun Beilagen

leinschließlich Börsen⸗Beilageh,

„wie die Iuhaltsangabe zu Nr. G des öffeut⸗ Färsgergeeriessaxce.⸗ en 82, ven-hes ehbe. 1805.

WTeutscher Reichstag 8 79. Sitzung vom Montag, 29. April.

G Ueber den Beginn der Sitzung ist gestern berichter worden. Das Haus tritt zunächst in die zweite Berathung des

Gesetzentwurfs betreffs der privatrechtlichen Verhält⸗

nisse der Binnenschiffahrt ein. Die Kommission hat zu dem Gesetzentwurf folgende Resolutionen vorgeschlagen: I. Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, durch die Kommission für Arbeiterstatistik auch Erhebungen über die Sonntagsarbeit im Binnenschiffahrts⸗ und Flößereibetrieb anstellen zu lassen. II. Die verbündeten Regierungen zu ersuchen, bei Einführung von Be⸗ stimmungen über den Befähigungsnachweis die Schifferschulen nach Thunlichkeit zu berücksichtigen und den in Schifferschulen vor⸗ gebildeten Schiffern bei Ertheilung der Befähigung besondere Be⸗ günstigungen zu theil werden zu lassen. III. Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, bei den verbündeten Regie⸗ rungen dahin zu wirken, daß die Gewerbe⸗Inspektion in den Binnenschiffahrts⸗ und Flößereibetrieben wirksam durchge⸗ führt wird. IV. Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, dahin zu wirken, daß bei der Festsetzung und Erhebung der Schiffahrts⸗ abgaben auf den mehreren Bundesstaaten gemeinsamen Wasser⸗ sraßen im Interesse der Binnenschiffahrt nachstehenden Grundsätzen Rechnung getragen werde: 1) die Festsetzung und Erhebung der Gebühren hat nicht, wie bisher, nach der Tragfähigkeit der Schiffe, sondern nach der wirklichen Ladung zu geschehen, und zwar höchstens in zwei Tarifklassen, sowohl hinsichtlich des Ge⸗ wichts wie der Gattung; 2) die Erhebung des Satzes der höheren Tarifklasse für die ganze Ladung, wenn zu Gütern der niederen Klasse solche der höheren Klasse beigeladen werden, ist un⸗ zulässig; 3) für leergehende Fahrzeuge ist eine nach deren Größe zu bemessende feste Gebühr anzusetzen; 4) neue Tarife und Tarff⸗ änderungen sollen nicht früher als sechs Monate nach ihrer Ver⸗ öffentlichung und möglichst nur mit dem Beginn eines Kalender⸗ jahres in Kraft treten; 5) bei der Erhebung ist für thunlichste Vereinfachung des Verfahrens Sorge zu tragen. V. Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, dahin zu wirken, daß die deutsche Küsten⸗ Frachtschiffahrt gegen die erdrückende Konkurrenz der niederländischen, dänischen, schwedischen und norwegischen Flagge möglichst geschützt werde.

Abg. Stadthagen (Soz.): Nach § 1 soll Schiffseigner der⸗ jenige sein, dem das Schiff gehört. Es fehlt aber die Definition des Begriffs „Schiff“. Infolge dessen ist der Ausdruck Schiffseigner unklar und ich beantrage die Streichung des § 1.

§ 1 wird bei der darauf folgenden Abstimmung ange⸗ nommen.

Zu § 3 beantragt Abg. Stadthagen, die Bestimmung, daß der Schiffseigner für den Schaden verantwortlich sei, der durch die Schiffsmannschaft in Ausübung ihrer Dienstverrichtung entstehe, dahin zu ändern, daß der Schiffseigner für einen solchen Schaden nicht ver⸗ antwortlich sei. Die Bestimmung des Paragraphen begünstige das Großkapital, da bei kleineren Fahrzeugen der Schiffseigner zugleich auch derjenige sei, der die Arbeiten auf dem Schiff leiste.

Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath im Reichs⸗Justizamt Dr. Hoffmann weist darauf hin, daß das Großkapital durch den Ge⸗ setzentwurf nicht begünstigt sei, da nach der Bestimmung des Gesetzes nicht mehr wie früher der Schiffsleiter, sondern der Eigenthümer des Schiffs für den entstandenen Schaden verantwortlich sei.

§ 3 wird sodann in der Fassung der Regierungsvorlage angenommen. 8

Zu § 4, der von der Haftung des Schiffseigners handelt, hat die Kommission einen Zusatz beantragt, nach welchem der Schiffseigner, auch wenn er selbst das Schiff führt, für einen durch fehlerhafte Führung des Schiffes entstandenen Schaden ausschließlich mit Schiff und Fracht haften soll, es sei denn,

daß ihm eine bösliche Handlungsweise zur Last fällt.

Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts Nieberding:

Meine Herren! Ich erhebe nur ungern Widerspruch gegen eine Bestimmung der Kommissionsvorlage, nachdem die Verhandlungen Ihrer Kommission mit den Vertretern der verbündeten Regierungen zu einer im Großen und Ganzen, wie ich dankbar anerkennen muß, erfreulichen Verständigung geführt haben. (Sehr richtig! rechts.)

Ich könnte zwar Anstand nehmen, dieser meiner Dankbarkeit für die eingehende und verständnißvolle Arbeit der Kommission Aus⸗ druck zu verleihen, nachdem in den letzten Tagen uns und, wie ich an⸗ nehme, auch den Mitgliedern dieses hohen Hauses in der „Deutschen Schiffer⸗Zeitung“ ein Artikel zugegangen ist, der gerade aus dieser Verständigung zwischen Haus und Regierung den Anlaß entnimmt, um gegen Ihre Kommission wobei denn auch natürlich die Ver⸗ treter der Regierung etwas abbekommen Beschuldigungen und Schmähungen auszusprechen. Ich glaube, der Inhalt dieses Artikels steht so tief unter der Würdigung dieses hohen Hauses, daß ich mich dadurch nicht abhalten zu lassen brauche, unsere Anerkennung für die Arbeit der Kommission gleichwohl hier zu betonen.

Um so schwerer wird es mir, gegen einen Beschluß der Kom⸗ mission Widerspruch anzumelden. Dieser Einspruch bezieht sich auf die Bestimmung im Absatz 2 des § 4, auf den Schlußsatz dieses Absatzes, der durch fetten Druck hervorgehoben ist: auf die Frage, in welchem Umfang ein Schiffsführer haftbar zu machen ist für Be⸗ schädigungen, die dritten Personen durch sein Verschulden in der Führung des Schiffs zugefügt sind. Der Satz behandelt sehr wichtige Interessen, auch einen außerordentlich weitgreifenden Rechts⸗ grundsatz; gerade vermöge der weiten Konsequenzen, die sich für viele Rechtsbeziehungen des hier in Betracht kommenden geschäftlichen Lebens aus den Kommissionsbeschlüssen ergeben, möchte ich die geltend zu machenden Bedenken auch hier im Plenum noch vertreten, nachdem dies leider in der Kommission vergeblich geblieben ist.

Der Entwurf der verbündeten Regierungen ging bei der Bestim⸗ mung darüber, in welchem Umfange der Schiffseigner und die Schiffs⸗ mannschaften für schuldhafte Beschädigungen der Interessen Dritter aufzukommen haben, von den Grundsätzen des allgemeinen bürger⸗ lichen Rechts aus. Darnach haftet derjenige, welcher persönlich durch sein Verschulden einen Dritten schädigt, für die Deckung dieses Schadens in jedem Fall und unbegrenzt mit seinem ganzen Vermögen; dagegen liegt die Sache anders in solchen Fällen, wo der Schaden nicht durch jemanden persönlich, sondern durch Vermittelung der von ihm beschäftigten und angestellten Leute zugefügt wird. In dieser Be⸗ ziehung enthalten die bestehenden Rechte verschiedene Vorschriften; während das gemeine deutsche Recht und auch das preußische Recht

Dienstag, den 30. April

den Arbeitgeber in solchen Fällen nur in geringem Umfange haftbar machen, muß der Arbeitgeber nach rheinisch⸗französischem Recht in sehr großem Umfange für diesen Schaden aufkommen. Nun, meine Herren, hat der Entwurf die allgemeinen Grundsätze in letzter Be⸗ ziehung, was das Verschulden des Schiffers oder der Mannschaften persönlich betrifft, einfach auf die Flußschiffahrt übertragen. Es handelt sich hier um einen Rechtsgrundsatz, der, möchte ich sagen, Weltrecht repräsentiert. Er gilt in allen Kulturstaaten, diesseits und jenseits des Oeans, er gilt zu Wasser und zu Lande: wer einem Dritten Schaden zufügt durch eigene Schuld, hat für diesen Schaden aufzu⸗ kommen, unbekümmert darum, wie weit er selbst dadurch in seinen Vermögensverhältnissen getroffen wird.

Was dagegen den Schaden durch dritte Personen betrifft, so hat sich der Entwurf weder dem preußischen noch dem rheinischen Recht angeschlossen; er hat einen Mittelweg eingeschlagen, indem er bestimmt, daß der Arbeitgeber für die Schäden, die die von ihm auf einem Schiff angestellten Personen dritten Leuten schuldhaft zufügen, aufzukommen hat in Höhe des Werths von Fracht und Schiff.

Meine Herren, in diesem letzten Punkte besteht zwischen Ihrer Kommission und der Regierung kein Zwiespalt, aber eine tiefgehende Meinungsverschiedenheit besteht allerdings bezüglich des ersten Punktes.

Während die verbündeten Regierungen den Grundsatz statuiert zu sehen wünschen, der, wie ich schon bemerkte, allgemeiner Rechts⸗ grundsatz ist: daß der Eigenthümer des Schiffs oder auch der Schiffsführer unbedingt haftet für jeden Schaden, den er persönlich einem Dritten zugefügt, sagt Ihre Kommission und hat dies in der beanstandeten Bestimmung des Entwurfs zum Ausdruck ge⸗ bracht: nein, der Schiffsführer haftet, wenn er sein eigenes Schiff führt, nicht unbedingt und in vollem Umfang in allen Fällen für den durch die Führung des Schiffs verursachten Schaden; er haftet für den Schaden nur insoweit, als er durch Schiff und Fracht gedeckt wird. 1

Meine Herren, erlauben Sie mir, daß ich Ihnen an einigen Beispielen klar mache, zu welchen, meiner Meinung nach, unhalt⸗ baren Konsequenzen dieser Satz des Kommissionsvorschlags führt. Es sind dies juristische Ausführungen, die ja natürlich das Haus wenig interessieren; ich bin aber verpflichtet, das Meinige zu thun, um diesen Satz nicht unwidersprochen in die Welt gehen zu lassen, und in der Hoffnung, daß meine Bedenken einige Würdigung doch auch bei Ihnen finden werden.

Also Ihre Kommission sagt: der Schiffer, der sein eigenes Schiff führt, haftet nur für den Schaden in Höhe von Schiff und Fracht. Wie steht ihm gegenüber nun seine Mannschaft? Ich will mal sagen: der Schiffer hat auf seinem Schiff einen Maschinisten oder Steuermann angestellt; er zieht sich, um der Ruhe zu pflegen, von dem Kommando des Schiffs zurück, der Steuermann übernimmt das Kommando des Schiffs. Während dieser das Kommando führt, ereignet sich durch sein Verschulden ein Schadens⸗ fall, dessen Folgen eine dritte Person treffen. Setzen wir den Fall, es kommt zu einer Kollision, die ein fremdes Schiff zum Sinken bringt. Wie stellt sich nun nach dem Beschluß Ihrer Kommission das Rechtsverhältniß? Folgendermaßen: Wenn der Schaden ein⸗ getreten wäre in der Zeit, wo der Eigenthümer des Schiffs, das die Kollision herbeigeführt hat, das Kommando führte, haftet der Eigenthümer, der zugleich Führer des Schiffs ist, nur in dem Umfange des Werths, den Fracht und Schiff repräsentieren. Ereignet sich dagegen der Schaden in der Zeit, in der der Steuermann das Kommando führt, dann haftet der Steuermann unbeschränkt, ohne jedes Limitum, mit seinem ganzen Vermögen, d. h. der Mann, der nicht einmal im Besitz des Schiffs ist, der ahngewiesen ist auf seine Löhnung, der vielleicht und höchstens zu Hause ein kleines Gärtchen und Häuschen besitzt, der muß ohne jede Beschränkung für den Schaden aufkommen, wohingegen sein Schiffsherr, im Besitz eines eigenen Schiffs, also in besseren Vermögensverhältnissen wie er, bezüglich seiner Entschädigungsverpflichtung beschränkt ist auf dasjenige, was Schiff und Fracht repräsentieren. Ich frage Sie, meine Herren, ist das logisch konsequent und ist das sittlich recht?

Zweitens: Ich setze den Fall, daß zwei Schiffe in Kollision gerathen. Der Führer des einen Schiffs ist Eigenthümer des von ihm geführten Schiffs, der Führer des anderen Schiffs ist nicht Eigenthümer, sondern er führt ein fremdes Schiff als Lohnschiffer. Liegt der Fall nun so, daß derjenige Schiffer, der gleichzeitig Schiffs⸗ eigner ist, den Schaden herbeigeführt hat, dann haftet er wiederum nur auf Höhe des Werths von Schiff und Fracht; liegt der Fall umgekehrt: hat der andere Schiffer, der nicht Eigenthümer des von ihm geführten Fahrzeugs ist, die Schuld an der Kollision, dann haftet dieser Mann in seiner ungünstigeren finanziellen Situation dennoch unbeschränkt über jedes Limitum hinaus mit seinem ganzen Vermögen. Ich frage wieder: können Sie diese Konsequenz verantworten?

Drittens, meine Herren: Es ereignet sich eine Kollision auf einem Flusse zwischen dem Besitzer einer Schiffsmühle oder einer fliegenden Fähre und einem Schiffe. Wie liegt das Verhältniß nun hier? Folgendermaßen: nach dem Beschlusse Ihrer Kommission: Ist die Schuld dieses Unfalls zurückzuführen auf das Verhalten des Führers des Schiffs, das ihm gehört, dann haftet er wiederum nur in den von mir vorher bezeichneten Grenzen; liegt die Schuld umgekehrt auf der Seite des Schiffsmühlenbesitzers oder des Fährmanns, dem die fliegende Fähre gehört, so haftet dieser dem Schiffer gegenüber wiederum unbeschränkt mit seinem ganzen Vermögen ein Wider⸗ spruch, der nach meiner Ansicht von der öffentlichen Meinung niemals wird verstanden werden.

Endlich, meine Herren, nehmen Sie an: auf dem Unter⸗ elbgebiet kommt es zu einer Kollision zwischen einem die Elbe hinabfahrenden Elbkahn, der dem Führer gehört, und einem die Elbe aufwärts kommenden Seeschiffe, das sich ebenfalls im Eigen⸗ thum des Schiffers befindet. Wenn in diesem Fall der Eigenthümer des Seeschiffs die Schuld der Kollision getragen hat, so haftet er nach Seerecht unbeschränkt für den Schaden, den er zugefügt hat, ohne Rücksicht auf den Werth des von ihm geführten Schiffs, mit

Anzeiger und Königlich Preußis

seinem ganzen Vermögen. Wenn dagegen umgekehrt der Führer des Elbkahns, der auch Eigenthum des Führers ist, Schuld an dem Unfall trägt, dann haftet er dem Seeschiffer gegenüber nur wieder in Höhe des Werths des Kahns. Meine Herren, das ist nach meiner Meinung eine Ungerechtigkeit, die wir nicht verantworten können.

Diese verschiedenen Fälle mit ihrem inneren sittlichen und recht⸗ lichen Widerspruch werden Ihnen, glaube ich, klarmachen, daß der von der Kommission in den Entwurf eingefügte Satz. zweiter Absatz des § 4, seine großen Bedenken hat, und man muß sihh in der That fragen, aus welchen Gründen denn die Kommission dazu hat gelangen können, einen so weit gehenden, in sich widerspruchsvollen Satz in den Entwurf aufzunehmen. Da muß ich nun anerkennen, daß es allerdings aus einer gewissen Rücksicht gegenüber einer schwer bedrängten Klasse von Schiffahrttreibenden geschehen ist, einer Rücksicht, die an und für sich durchaus Achtung und Anerkennung verdient. Aber die Rücksicht ist hier an unrichtiger Stelle angebracht, und es wird gewissermaßen Gefühlspolitik getrieben im Widerstreit mit der Logik der Sätze des bürgerlichen Rechts.

Zur Begründung des Antrages hat Ihre Kommission zunächst angeführt, die Flußschiffer hätten eine ganz besonders schwere Auf⸗ gabe bei der Führung des Schiffs; es sei keine Kleinigkeit, in jedem Augenblick den sich entgegenstellenden Schwierigkeiten auf dem Strom gerecht zu werden, und eine solche besonders schwierige Lage dürfte Rücksicht in Anspruch nehmen, sobald es sich um Schaden⸗ verpflichtungen im Fall eines Unglücks handle. Wenn der Satz aber richtig ist, trifft er dann nur zu Gunsten derjenigen Schiffer zu, die selbst ein Schiff besitzen, nicht auch zu Gunsten aller der Leute, die nicht im Besitz eines Schiffs sind (sehr richtig!) und auch bei der Handhabung des Schiffs betheiligt sind, ihrerseits aber unbeschränkt für den Schaden aufkommen müssen, obwohl sie nur auf Lohn angewiesen sind, während die Schiffer im Besitz eines eigenen Schiffs nur beschränkt haftbar sind? Würde man nicht im Gegentheil sagen müssen: vor allem muß der nicht im Besitz eines Schiffs befindliche Steuermann, der Maschinist nur in beschränktem Umfange haften? So weit ist Ihre Kommission nicht gegangen. Das würde zu unabsehbaren Konsequenzen im bürgerlichen Recht führen. Weil sie aber nicht so weit gegangen ist, hat sie selbst an⸗ erkannt, daß der Satz, den sie aufgestellt hat zu Gunsten der Schiffsführer, die im Besitz eines eigenen Schiffs sind, nicht überall durchführbar ist, und darin liegt seine Schwäche.

Zweitens ist gesagt worden: ja, es komme auch in Betracht die schwierige Lage der Leute im gesammten Schiffahrtsverkehr. Ist denn aber die Lage der kleinen Seeschiffer gegenüber der überhandnehmenden großen Dampfschiffahrt nicht ähnlich schwierig? Und doch wird niemand bis dahin zu gehen wagen, daß aus dieser Rücksicht allein ein wichtiger Grundsatz des bürgerlichen Rechts zu Gunsten dieser einen Klasse von Mitbürgern, welche im kleinen Seeschiffahrts⸗ betriebe beschäftigt sind, umgestaltet wird.

Man hat dann weiter gesagt, man muß hier besonders Rücksicht auf die Vermögenslage der Schiffer nehmen, sie kämen bei ihren beschränkten Verhältnissen in eine ganz besonders schwierige Lage, wenn sie für Entschädigungen von unbegrenztem Umfange haften sollten. Man denkt dabei freilich nie an diejenigen Leute, die den Schaden erleiden und einen berechtigten Anspruch darauf haben, daß derjenige, der ihnen schuldhaft den Schaden beigebracht hat, für den Schaden auch aufkommen soll. Was Ihre Kommission statuiert hat, ist in sich ungerecht und gegen die kleinen Leute ein zweischneidiges Schwert; denn in vielen Fällen, in denen der kleine Schiffer nicht der Veranlasser, sondern das Opfer des Unglücksfalls ist, führt der Beschluß dazu, daß der Schiffer in seinem Schadensersatzanspruch nicht dasjenige findet, was jeder Andere unter anderen Verhältnissen außerhalb des Schiffahrtsverkehrs auf Grund des bürgerlichen Rechts zu beanspruchen in der Lage ist. Zu so ungerechten Sätzen kommt man, wenn man⸗ in der Weise, wie ich es sagte, Gefühlspolitik treibt. Der Fährmann auf dem Strome, der kleine Nachenführer auf dem Flusse, der Droschkenbesitzer mit seiner Droschke in dem bewegten und schwierigen Verkehr der Groß⸗ stadt, der Fuhrmann mit seinem Frachtwagen, der Seeschiffer, der Lootse, der Fabrikant, der Arbeiter mit seinem Werkzeug sie alle sind zu unbedingtem Schadensersatz verpflichtet, nicht in den Grenzen des Werths ihres Werkzeugs oder Arbeitsmaterials, sondern sie müssen aufkommen im vollen Umfange des Schadens, den sie durch eigenes Verschulden einem Dritten beigebracht haben; und hier führen Sie zu Gunsten einer beschränkten Klasse von Gewerbetreibenden, oder ich darf nicht einmal sagen: zu Gunsten einer Klasse, sondern vielmehr, da es sich nur um schiffsbesitzende Kapitäne handelt, zu Gunsten eines Theiles, und zwar des besser situirten Theils einer bestimmten Klasse von Gewerbetreibenden, einen Grundsatz ein, der in allen anderen Gebieten des Rechtslebens niemals wird Anerkennung finden können, und deshalb meine Herren, bitte ich Sie, diesen Satz der Vorlage abzulehnen.

Abg. Gamp (Rp.): Das Bedenken des Staatssekretärs, daß niemand es verstehen würde, wenn dem Schiffseigenthümer eine ge⸗ ringere Haftpflicht zugebilligt würde, ließe sich dadurch beseitigen, daß man die Haftpflicht auch für die anderen im Schiffergewerbe bethei⸗ ligten Personen ermäßigte. Es würde dadurch einem Wunsche weiter Kreise der Bevölkerung Rechnung getragen. Meine Befürchtung aber geht dahin, daß der in dem Zusatz der Kommission ausgesprochene Ffunsscf die kleinen Schiffer er⸗ heblich benachtheiligen wird. Die Folge dieses wird sein, daß man den kleinen Schiffern keine Frachten mehr anvertraut. Die wohlwollende Absicht der Kommission, die Schiffseigenthümer zu be⸗ günstigen, wird zur Verdrängung leiner Schiffer führen und dieselben den Groß Schistemn gegenüber konkurrenzunfähig machen. Ich bitte daher dringend, die Fassung der Regierungsvorlage anzunehmen. Auf jeden Fall spreche 8 den Wunsch aus, daß über den Zusatz der Kom⸗ mission besonders abgestimmt werde. u

Abg. Bassermann (nl.): Ich bitte Sie, bei dem Beschluß der Kommission tülhen zu bleiben, der nach sehr reiflichen, eingehenden Erwägungen gefaßt ist. Im englischen Recht findet sich auch eine solche Bestimmung. Außerdem entspricht es doch nur der Gerechtig⸗ keit und Billigkeit, dg der Kleinschiffer nicht schlechter gestellt werde als die Aktien⸗Gesellschaften. Diese haften aber, wenn der von

11“