1895 / 104 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 01 May 1895 18:00:01 GMT) scan diff

HaeniinEüibianüüt

ie vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Zoll⸗ und 1.See und für Handel und Verkehr hHielten heute

eine Sitzung. I“

1116“

Der Regierungs⸗Assessor Rothe aus Hildesheim ist mit der ö des Landraths Dr. Schilling in Liegnitz für die fernere Dauer der gegenwärtigen Landtagssession be⸗

auftragt worden. 1 8

8 Hessen. Die Erste Kammer beharrte in ihrer vorgestrigen Sitzung bezüglich der Einführung einer Staats⸗Klassenlotterie und der Feuerbestattung auf ihren früheren ablehnenden Be⸗ schlüssen, trat aber dem Gesetz über Wildschaden in der von der Zweiten Kammer genehmigten Fassung bei. 8 Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. 18 Seine Königliche Hoheit der Prinz und Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Prinzessin Friedrich August von Sachsen haben gestern Nachmittag die Rückreise von Weimar nach Dresden angetreten. 8 Sachsen⸗Meiningen. h Seine Hoheit der Herzog, Höchstwelcher zur Zeit in Castellamare verweilt, wird, wie thüringer Blätter melden, seiner leidenden Gesundheit wegen an der Einweihung des Nord⸗Ostsee⸗Kanals nicht theilnehmen können. Elsaß⸗Lothringen. 88 Der Landesausschuß hat in seiner gestrigen Sitzung den Gesetzentwurf über die Einrichtung der Spar⸗ und Darlehnskassen angenommen. Die Session wurde darauf durch den Unter⸗Staatssekretär von Schraut, der die bezügliche Kaiserliche Ordre verlas, geschlossen. Der Prä⸗ sident Dr. von Schlumberger brachte sodann ein Lh. Seine Majestät den Kaiser aus. .

Oesterreich⸗Ungarn. 8 erin ist in Begleitung der Erzherzogin Marie Valerie und des Erzherzogs Franz Salvator gestern fruͤh in Schloß Miramar eingetroffen. Großbritannien und Irland.

Die Yacht, auf der die Königin Victoria die Ueber⸗ fahrt von Vlissingen nach England angetreten hatte, ist wegen Nebels in der Nordsee anstatt um 6 Uhr erst um 9 Uhr gestern Abend in Sheerneß eingetroffen; die Königin beschloß infolgedessen, die Nacht an Bord zuzubringen.

Im Unterhause brachte gestern der Präsident der Lokal⸗ erwaltung Shaw-Lefevre einen Gesetzentwurf ein, welcher as mehrfache Stimmrecht bei den Parlaments⸗

wahlen abschafft und bestimmt, daß die Wahlen im ganzen Lande an einem und demselben Tage, und zwar an einem Sonnabend, abgehalten werden sollen.

In Leeds ist gestern an Stelle des verstorbenen Liberalen Gane der Liberale Lenty zum Mitglied des Unterhauses ge⸗ wählt worden. 8

Rußland.

Die in St. Petersburg eingetroffene außerordentliche bucharische Gesandtschaft begab sich, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern nach Zarskoje Sselo, um dem Kaiser und der Kaiserin die mitgebrachten Geschenke zu überreichen.

Italien.

Der Herzog von Genua hat sich gestern Nachmittag nach Spezia um sich dort an Bord der „Savoia“ einzuschiffen und das Kommando über das zur Theilnahme an den Kieler Festlichkeiten bestimmte Geschwader zu über⸗ nehmen.

Spanien.

Wie dem Madrider „Heraldo“ aus Sevilla gemeldet wird, hat sich der Zustand des Herzogs von Orleans verschlimmert; die Temperatur des Körpers beträgt 39 Grad. Die Aerzte bezeichnen die Krankheit infolge einer hinzugetretenen traumatischen Lungenentzündung als eine schwere.

Belgien. Der König ist gestern wieder in Brüssel eingetroffen. Türkei.

Bei dem letzten Zusammenstoß der türkischen Truppen mit den Albanesen wurden 15 Soldaten ge⸗ tödtet. Die Albanesen wurden nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Cetinje in die Berge getrieben. Mehrere

Häuser wurden zerstört.

Serbien.

Der „Politischen Korrespondenz“ wird aus Nisch ge⸗ meldet, der König habe bei der Entgegennahme der Adress seine Freude daruͤber ausgesprochen, daß die Skupschtina die ründe für die Suspension der Verfassung für triftig gehalten habe; er erblicke in der Aeu erung der Skupschtina, betreffend die Restituierung der Rechte der Eltern des Königs, einen Beweis dynastischer Er⸗ gebenheit. Er sei angenehm berührt, daß die Skupschtina den Werth der guten Beziehungen zu allen Staaten verstehe und schätze. Es sei nothwendig, die Ordnung und den Frieden zu festigen, deshalb habe die Skupschtina die Vorlagen, besonders die finanziellen, dem ernstesten Studium zu unterziehen.

In einer gestern Nachmittag abgehaltenen Sitzung des Finanzausschusses erläuterte der Finanz⸗Minister unter dem Beifall sämmtlicher Mitglieder des Ausschusses die

neue Unifizierungs⸗Anleihe.

Schweden und Norwegen.

Beide Kammern des schwedischen Reichstags haben nach langen Verhandlungen über den von der Regierung vorgelegten Gesetzentwurf, betreffend die Arbeiterpensio⸗ nierung, erklärt, daß sie dem Gesetzentwurf zur Zeit nicht zustimmen könnten, in der nächsten Session aber die Wieder⸗ vorlage des Entwurfs erwarteten, sei es unverändert oder mit den Veränderungen, welche die Regierung inzwischen für nöthig erachten möchte; die Zweite Kammer wünschte eine ferner⸗ weite Prüfung der Grundsätze des Gesetzentwurfs,

Vierzig Mitglieder der Zweiten Kammer haben die Bildung einer Partei der Linken beschlossen, welche den Namen „Volkspartei“ führen wird.

Durch Königliche Resolution ist, nach einer Meldung aus

Christiania, bestimmt worden, daß der Staatsrath Bang in

ie norwegische Staatsraths⸗Abtheilung in Stockholm eintritt, i der Lhüsche Miazter Stang vorläufig das Kirchen⸗Departe⸗ ment, der Staatsrath Harbitz das Revisions⸗Departement und der Staatsrath Olssön das Vertheidigungs⸗Departement übernehmen soll. Gleichgeitig wurde die Zeit, innerhalb welcher mehreren Mitgliedern des norwegischen Ministeriums der Rücktritt in ihre früheren Staatsämter gestattet sein sollte, bis auf weiteres verlängert.

Amerika.

Die Staatseinnahmen der Vereinigten Staaten betrugen im April 24 247 836 Dollars, die Ausgaben 32 952 690 Dollars. Das am Ende des Finanzjahres sich ergebende Defizit wird auf 45 Millionen Dollars geschätzt.

* Nach einer in New⸗York Eö“ Depesche aus Havanna hat der Major Tejerizo die Aufständischen in Ramon⸗YNagueras geschlagen. Von den Aufständischen sind 62 gefallen und viele verwundet; die spanischen Truppen hatten 6 Todte und 3 Verwundete.

Einem Telegramm der New⸗Yorker „World“ aus Paso de Caballos zufolge ist daselbst aus Corinto die Meldung eingetroffen, daß die britischen Kriegsschiffe „Wildswan“ und „Satellite“ Befehl erhalten hätten, sich nach Paso de Caballos bezw. San Juan del Sur zu begeben, um an beiden Punkten eine passive Blockade einzurichten. Aus Managua er⸗ fährt die „World“, infolge des unter den Eingeborenen sich

zeigenden aufrührerischen Geistes werde in San Juan del

Sur ein Aufstand befürchtet, falls britische Truppen ge⸗ landet werden sollten. 1.“ 8

Nach einem weiteren in New⸗York eingetroffenen Tele⸗ gramm aus Managua hätte die Regierung von Nica⸗ ragua beschlossen, die Bezahlung der von England ge⸗ forderten Entschädigung unter der Bedingung anzu⸗ bieten, daß die Engländer zuvor das besetzte Gebiet räumen.

. Asien

Die „Times“ meldet aus Kobe: Der russische und der deutsche Gesandte hätten sich am Montag von Tokio nach Kobe begeben behufs einer Besprechung mit dem Premier⸗ Minister und dem Minister des Auswärtigen. Der fran⸗ zösische Gesandte werde gleichfalls in Kobe erwartet.

Dasselbe Blatt berichtet, ein britisches Kriegsschiff sei auf dem Wege nach den Pescadores⸗Inseln, um von dort den Korrespondenten der „Times“ sowie dessen Gefährten zu holen. Man glaube, die Japaner wünschten, die Nieder⸗ metzelungen der chinesischen Garnisonen auf den Pescadores⸗ Inseln zu verheimlichen. Die ausländischen Konsuln auf Formosa hätten mit dem chinesischen Gouverneur über Maß⸗ regeln zur Sicherheit der Ausländer berathen, für den Fall, daß die chinesischen Soldaten sich wiederum empören sollten.

Dem „Reuter'schen Bureau“ zufolge verlautet gerücht⸗ weise in Futschou, daß die mit der Abtretung Formosas an Japan unzufriedenen Einwohner der Insel den Besitz der auf derselben befindlichen Bergwerke u. s. w. der briti⸗ schen Regierung angeboten hätten, wenn diese sie vor der Annexion durch Japan behüten wolle.

8 Afrika.

Die in Gibraltar angekommene holländische Brigantine „Anna“ hat nach einem Telegramm des „W. T. B.“ ge⸗ meldet, daß sie, während sie am Sonntag auf der Höhe der maurischen Küste von einer Windstille aufgehalten wurde, von acht mit Riff⸗Arabern besetzten Booten an⸗ gegriffen worden sei. Die Araber hätten den Kapitän er⸗ schossen, den Steuermann verwundet und das Schiff geplündert.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichstags befindet sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (81.) Sitzung des Reichstags, welcher die Staatssekretäre, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher und Freiherr von Marschall beiwohnten, stand der von den Abgg. Auer und Genossen (Soz.) eingebrachte Gesetzentwurf, betreffend das Recht der Versammlung und Vereinigung und das Recht der Koalition, zur ersten und zweiten Berathung.

Abg. Grillenberger (Soz.) führte zur Begründung des Antrags aus, es existierten heute in Deutschland 26 verschiedene Vereinsrechte. Dazu trete die verschiedene Ausführung dieser Vereins⸗ rechte. Der Art. 4 der Reichsverfassung bestimme, daß das Vereins⸗ und Versammlungsrecht der Reichsgesetzgebung vor⸗ behalten bleiben solle. Seit Gründung des Reichs wäre aber ein Versuch dazu noch nicht gemacht worden, und es sei hohe Zeit, hier Gleichheit zu schaffen. Zahlreiche Beispiele bewiesen, daß das Vereins⸗ und Versammlungsrecht sowie das Koalitions⸗ recht der Arbeiter nur auf dem Papier stehe. Redner stützt seine Behauptungen auf eine Reihe von Vorgängen, die er ins⸗ besondere aus dem Bereich der bayerischen und sächsischen Verwaltung erwähnt.

(Schluß des Blattes.)

In der heutigen (60.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, in welcher der Finanz⸗Minister Dr. Miquel und der Minister für Landwirthschaft ꝛc. Freiherr von Hammerstein⸗Lorten anwesend waren, gelangte zunächst der von zahlreichen Abgeordneten unterstüͤtzte Antrag der Abgg. Lückhoff und Gen. zur Berathung:

. Die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, sich in gleich⸗ mäßigem Interesse der Landwirthschaft und Industrie die kräftigere Förderung des einheimischen Flachsbaues, insbesondere durch die Ausnutzung des Bauer'schen Rösteverfahrens mittels staatlicher Unterstützung und durch Bevorzugung des inländischen Flachses für den Bedarf der Staatsverwaltungen, angelegen sein zu lassen.“

Zur Begründung des Antrags erhielt das Wort

Abg Lückhoff (fr. kons.): Bei der Berathung des Seehand⸗ lungs⸗Etats in zweiter Lesung hat der Abg. Gothein in dankenswerther Weise unter Hinweis auf die für die Land⸗ wirthschaft und Leinenindustrie so außerordentlich wichtige Er⸗ findung der Bauer'schen Flachsröste die Bitte vorgetragen, die Seehandlung möge in ihrer Landesbuter Spinnerei und Solinger Bleiche diese Erfindung im allgemeinen Interesse ausnutzen. Durch⸗ drungen von der Ueberzeugung, daß der Flachsbau in gegenwärtiger Zeit den Landwirthen den größten Ertrag liefert, insofern sie den Flachs direkt vom Felde verkaufen können, daß die Ver⸗ mehrung des Flachsbaues auch für unsere Leinenindustrie von segensreichem Einfluß sein würde, haben meine Fe endlich den Antrag gestellt, der uns heute ee soll. Sie

wollen mir gestatten, meine auf diesem Gebiet gesammelten Er⸗ fahrungen hier darzulegen. Ein mir nahestehender Landwirth in

Niederschlesien theilte mir mit, daß er vor mehreren Jahren den bis dahin stark kultivierten Flachsbau aufgegeben . weil er seine Rech⸗ nung dabei nicht fand, ihn aber seit zwei Jahren, nachdem er in der angenehmen Lage gewesen sei, seinen Flachs direkt vom Felde an eine nach dem Bauer'schen System eingerichtete Röstanstalt abzuliefern, wieder aufgenommen habe. In seiner Gegend, so erzählte mir der be⸗ treffende Herr, habe der Morgen Flachs auf leichteren Böden bis zu 150 ℳ, auf besseren Böden bis zu 200 pro Morgen Brutto⸗ ertrag gehabt, die Herstellungs⸗ und Pflegekosten hätten sich auf ca. 80 pro Morgen belaufen, der Reinertrag sei also ein ganz zufrieden⸗ stellender gewesen: derselbe sei aber noch um 10 bis 15 pro Morgen höher anzuschlagen, da der Flachs als beste Vorfrucht die Weizen⸗ oder Roggenernte um diesen Betrag erhöhe. Ein besonderer Vortheil für ihn und andere habe darin bestanden, daß sie aus dem Erlös des Flachses die sämmtlichen Erntelöhne hätten bestreiten können. Der beste Beweis für die gute Rentabilität des Flachsbaues unter diesen Umständen ist wohl der, daß dieser betreffende Landwirth in den letzten Tagen eine weitaus größere Morgenzahl mit Flachs besät hat. Als ehemaliger Fabrikant habe ich viel Leinengarn verwebt; ich verstehe mich also auf die Beurtheilung der Qualität von Leinengarnen und kann versichern, daß edlere Flächse kaum existieren als die in Niederschlesien gewachsenen. (Schluß des Blattes.)

Die Tabacksteuer⸗Kommission des Reichstags bat heute mit 18 gegen 4 Stimmen die ersten vier Paragraphen der Tabacksteuervorlage abgelehnt.

Die XV. Kommission des Reichstags zur Vorberathung eines Gesetzes, betreffend die Abänderung des Branntwein⸗ steuergesetzes vom 24. Juni 1887, hat sich konstituiert und zu ihrem Vorsitzenden den Abg. Holtz, zu dessen Stellvertreter den Abg. Szmula, zu Schriftführern die Abgg. Weber, Weiß und Werner gewählt.

Bei der gestrigen Reichstags⸗Stichwahl im 1. Düsseldorfer Wahlkreise (Remscheid⸗Lennep-Mettmann) erhielten, dem „W. T. B.“ zufolge, Otto Fischbeck (fr. Volksp.) 15 763 und Karl Meist (Soz.) 15 138 Stimmen. Ersterer ist mithin gewählt.

Bei der gestern im 14. württembergischen Wahl⸗ kreise (Geislingen, Heidenheim, Ulm) vorgenommenen Ersatzwahl zum Reichstag erhielten, wie „W. T. B.“ be⸗ richtet, der Baurath Ehmann (Wirthschaftspartei), unter⸗ stützt von den Nationalliberalen, 6616 St., Haehnle (Demokrat) 6035 St., Dietrich (Sozialist) 2017 St., Groeber (Zentrum) 22 St. Es ist somit eine Stichwahl zwischen Ehmann und Haehnle erforderlich.

Dem Reichstag ist der Entwurf eines Gesetzes, be⸗ treffend die Feststellung eines Nachtrags zum Reichshaushalts⸗ Etat für das Etatsjahr 1895/96 zugegangen, der in Einnahme und Ausgabe auf 1 700 000 lautet und zur Deckung der Kosten für die Feierlichkeiten bei Eröffnung des Nord⸗Ostsee⸗Kanals bestimmt ist.

Dem Gesetzentwurf ist folgende Denkschrift beigefügt:

Die Vollendung des Nord⸗Ostsee⸗Kanals ist im Laufe des Monats Juni d. J. zu erwarten. Der Bedeutung des großartigen Bauwerks entspricht es, die Fertigstellung und Eröffnung der neuen Verkehrsstraße durch eine größere Feier festlich zu begehen. Diese Feier wird sich nicht, wie im Jahre 1887 die Grundsteinlegung beim Beginn der Kanalarbeiten, auf die Veranstaltung eines deutsch⸗nationalen Festes beschränken können. Wohl haben die deutschen Fürsten und ihre Regierungen, das deutsche Volk und seine verfassungsmäßige Vertretung in erster Reihe Anspruch darauf, das Unternehmen in seiner Vollendung zu sehen, für welches zur Stärkung der deutschen Wehrkraft und zum Nutzen des allgemeinen Handelsverkehrs erhebliche Mittel vom Reich zur Verfügung gestellt sind. Aber der Wunsch erscheint berechtigt, daß die 9 des dem internationalen Verkehr dienenden neuen Weges, wie es bei der Eröffnung des Suezkanals und der Gotthardeisenbahn geschah, ihre Weihe auch in Gegenwart von Vertretern der am Welt⸗ verkehr vorwiegend betheiligten Nationen empfängt. Ihnen wird Gelegenheit zu geben sein, die Leistungen deutscher Technik und In⸗ dustrie in der Herstellung von Wasserstraßen und gleichzeitig die durch die Verbindung der beiden Meere erzielte Erhöhung der maritimen Kraft unserer Kriegsflotte zu würdigen.

Es ist deshalb in Aussicht genommen, mit der Eröffnung des Nord⸗Ostsee⸗Kanals in den Tagen vom 19. bis 22. Juni d. J. unter Betheiligung fremder Nationen eine Feier zu verbinden, welche ihren Anfang vor der westlichen Kanalmündung nimmt, sich über den Kanal selbst erstreckt und am östlichen Ende im Kriegshafen Kiel ihren Ab⸗ schluß findet.

Zu dieser Feier werden sich um Seine Majestät den Kaiser die deuischen Bundesfürsten versammeln. Die verbündeten Regierungen werden durch Bevollmächtigte zum Bundesrath vertreten sein; der Reichstag sowie der preußische Landtag, letzterer als parlamentarische Vertretung des bei Aufbringung der Geldmittel für den Kanalbau im voraus betheiligten Bundesstaats, sollen ersucht werden, an der Feier theilzunehmen. Von auswärtigen Staaten sind sämmtliche seefahrende Nationen Europas und die Vereinigten Staaten von Amerika zur Betheiligung durch ihre diplomatischen Vertreter und Entsendung von Kriegsschiffsgeschwadern eingeladen, und fast vollzählig haben diese Staaten ihre Theilnahme zugesagt. Dem⸗ zufolge würden sich dem im Kieler Hafen zu konzentrierenden Theile

der deutschen Kriegsflotte mindestens 50 fremde Kriegsschiffe voraus⸗

sichtlich mit 12 Admiralen, gegen 800 Offizieren und 16 000 Mann Besatzung zugesellen.

Der Verlauf der Feierlichkeiten ist nach dem bisher vorliegenden Plane in seinen Grundzügen wie folgt gedacht:

Im Anschluß an ein von der 8 und Hansestadt Hamburg

am 19. Juni d. J. veranstaltetes Fest begeben sich die Festtheilnehmer

in Hamburg zu Schiff, um nach der Fahrt elbabwärts am frühen Morgen des 20. Juni durch die Brunsbütteler Schleuse in den

Kanal einzutreten und daran diesen in seiner ganzen Länge zu

durchfahren. Soweit sie nicht auf den dazu bestimmten Kaiser⸗ lichen Schiffen oder auf den Avisos der freinden Geschwader Auf⸗ nahme finden, werden die Festtheilnehmer die Fahrt durch den Kanal auf großen Schnelldampfern des Norddeutschen Lloyd und der Ham⸗ burgisch⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗Aktiengesellschaft zurücklegen. Während der Fahkt, welche die Morgen⸗ und Mittagstunden des 20. Juni in Anspruch nehmen dürfte, werden sie Gelegenheit haben, den Kanal Wund seine Betriebseinrichtungen kennen zu lernen. Neben Hoffestlichkeiten zu Ehren der Fürstlichen Gäste soll am Abens des 20. Juni seitens der deutschen Marine zu Ehren der Offizierkorps der fremden Geschwader ein Ballfest im Gebäude der Marine⸗ Akademie zu Kiel veranstaltet werden. Am Vormittag des 21. Juni sindet am Eingang des Kanals in die Kieler Föhrde bei Holtenau der feierliche Akt zur Weihe der Vollendung der Kanalarbeiten statt. Für den Nachmittag ist eine Flottenparade sfämmtlicher im Kriegs⸗ afen versammelten Kriegsschiffe und demnächst ein vom Reich zu gebendes Festmahl für sämmtliche zu den Feierlichkeiten geladenen Gäste geplant. Am 22. Juni finden die offiziellen Festlichkeiten des Reichs mit einem Flottenmanöver vor der Kieler Föhrde ihren Ab⸗ schluß. Inzwischen wird seitens der deutschen Marine den fremden Kriegsschiffen und ihren Besatzungen von ihrem Eintreffen an bis zur Abfahrt diejenige Gastfreundschaft zu erweisen sein, welche dem Charakter des 225 und dem internationalen Brauch entspricht.

Die vorstehend skizzierten Festlichkeiten kennzeichnen sich als ein Akt der Repräsentation des Deutschen Reichs nicht nur gegenüber seinen eigenen Angehörigen und Vertretern, sondern besonders auch gegenüber den fremden Nationen, welche der aus diesem Anlaß er

g Einladung zum Besuche eines deutschen Hafens ir kens

werther Bereitwilligkeit Folge geleistet haben. Das Reich erscheint verpflichtet, diese Repräsentation, welche ihm Gelegenheit bietet, für die seinen Kriegsschiffen im Auslande vielfach erwiesene Gastf reundschaft sich erkenntlich zu zeigen, in einer würdigen, seiner Stellung innerhalb des Kreises der geladenen Nationen entsprechenden Weise zu üben. Hierdurch wird die Aufwendung außergewöhnlicher Mittel bedingt, zu deren Deckung auf den durch das Gesetz vom 16. März 1886 bereit gestellten Baufonds nicht zurückgegriffen werden kann. Abge⸗ sehen davon, daß sich zur J nicht übersehen läßt, in welchem Um⸗ fange bei dem Baufonds Minderausgaben gegen den Voranschlag ein⸗ treten werden, deren Betrag zur antheiligen Deckung der Kosten der in Rede stehenden Feierlichkeiten herangezogen werden könnte, erscheint es nach der Natur des Ausgabebedürfnisses nicht wohl angemessen, die Deckungsmittel dem seitens des Reichs durch Anleihen beschafften Baufonds auch nur antheilig zu entnehmen. Es dürfte vielmehr ge⸗ boten sein, die für die Eröffnungsfeierlichkeiten erforderlichen Mittel nohhängig von etwaigen Ersparnissen am Baufonds besonders bereit

u stellen. Die Bedarfssumme läßt sich, zumal sie wesentlich von der noch ungewissen Zahl der Theilnehmer abhängt, im voraus mit Zuverlässig⸗ eit nicht ermitteln, dürfte aber mit 1 700 000 nicht zu hoch ge⸗ riffen sein. Die entstehenden Kosten vertheilen sich auf zwei Haupt⸗ gruppen, von denen die erste die Kosten der e. für sämmt⸗ iche Theilnehmer gleichmäßig berechneten Festlichkeiten umfaßt, die

anndere durch die besonderen Veranstaltungen bedingt wird, welche

unsere Marine, namentlich im Interesse der fremden Kriegsschiffe, aus⸗ zuführen haben wird. Unter die erste Gruppe fallen insbesondere: die Ermiethung großer Dampfer zur Beförderung der auf 700 bis 800 Personen zu beziffernden Gäste des Reichs und der begleitenden Dienerschaft auf dem Kanal und ihrer Beherbergung während der Festtage; 8 die Verpflegung der Gäste auf den Schiffen; Gratifikationen an die Schiffsmannschaften; 3 die Ermiethung kleinerer Fahrzeuge für den Verkehr im Kieler Hafen; 8 Herrichtung des Festplatzes und der Tribünen für den Weiheakt; 3 Beau einer Festhalle für das vom Reich zu gebende Festmahl und Kosten dieses Festmahls für rund 1000 Personen; Extrazüge zur Beförderung der Festtheilnehmer auf der Eisen⸗ bahn zwischen Berlin, Hamburg und Kiel; sächliche Kosten aller Art. Die Kosten dieser ersten Gruppe dürften nicht unter 1 100 000 zu bemessen sein. 1 2 Unter die zweite Gruppe fallen zunächst die Kosten der Repräsen⸗ tation gegenüber den Offizierkorps der fremden Kriegsschiffe, ins⸗ besondere durch Veranstaltung einer Ballfestlichkeit und der gastfreund⸗ lichen Behandlung der Mannschaften durch entsprechende Unterhaltung und Bewirthung. Die Ansammlung einer ungewöhnlichen Zahl von Kriegsschiffen im Kieler Hafen bedingt ferner Vorkehrungen, um den Aufenthalt daselbst zu ermöglichen und den Verkehr zwischen ihnen und mit dem Lande sicher zu stellen. In dieser Beziehung bedarf es der Er⸗ richtung einer Signalstation, der Auslegung einer großen Zahl von Anker⸗ bojen, einer Kabelverbindung der Flaggschiffe unter sich und mit dem Lande, der Ermiethung von Prähmen und Schleppdampfern. Es werden ferner Wartehallen für Beurlaubte, Sanitätswachen, Aus⸗ kunftsbureaux herzustellen, elektrische Beleuchtungsvorrichtungen für die Landungsbrücken zu beschaffen sein. Einschließlich der kleineren Aus⸗ gaben von Drucksachen und dergleichen und der im einzelnen nicht vorherzusehenden Kosten wird der Bedarf für die zweite Gruppe auf 500 000 bis 600 000 zu schätzen sein. Hiernach ergiebt sich ein voraussichtlicher Gesammtbedarf von 1 600 000 bis 1 700 000 ℳ, welch letzterer Betrag in den Entwurf zum Nachtrags⸗Etat eingestellt worden ist. Da die Mittel im Interesse verschiedener Ressorts aufzuwenden sind, empfiehlt es sich, den Fonds zur Verfügung des Reichskanzlers zu stellen, welcher den⸗ selben auf die betheiligten Ressorts nach Bedarf zu vertheilen haben wird.

Kunst und Wissenschaft.

Große Berliner Kunstausstellung. L. K. Die Berliner Kunstausstellung 1895 ist heute Mittag von dem Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Bosse mit einer Ansprache an die Comité⸗Mitglieder und die geladenen Ehrengäste feierlich eröffnet worden. Die Ansprache klang in ein Hoch auf Seine Majestät den Kaiser aus, in welches die .e glemg begeistert einstimmte. Sodann traten die Erschienenen unter Führung des Comités einen Rundgang durch die Ausstellung an. Schon der Firnißtag hatte große Erwartungen rege gemacht: das Erscheinen der anzösischen Künstler in erlin war lange in der Tagespresse debattiert worden und man machte sich auf ein neuartiges Bild der jüngsten Entwickelungsphase der künstlerischen Auffassung gefaßt. Daß Frankreich in dieser Entwickelung Deutschland vorauseilt, wird bedingungslos anerkannt; ob aber die neuen Wege der bildenden Kunst empor⸗ oder hinabführen, darüber läßt sich auch angesichts der diesjährigen Ausstellung nur schwer ein klares Urtheil bilden. Große Persönlichkeiten, die das ganze Wollen und Können ihrer Zeit in sich verkörpern und in ihren Leistungen zum Ausdruck bringen, fehlen gegenwärtig. Ver⸗ feinerung und Virtuosität überwiegen. Das ist die Signatur der französischen Säle, deren erster, Saal V, die Kuͤnstler⸗ gemeinde des Champ de Mars mit den bekannten Namen puvis de Chavannes, Besnard (Familienporträt und Rosse am Meer), Raffaelli, Gervex, Béraud (Kreuz⸗ tragung), Carriére, Courtois, Piet und Rosset⸗Granget vertritt, während in dem Saale der Elysées (40) neben vielen untergeordneten Leistungen die Werke Lagarde's, Boldini's, Roybet’s, Bréauté's, Gorguet's besonders ins Auge fallen. Als Nebenzweig der Pariser Schule, aber seiner Lehr⸗ meisterin durchaus ebenbürtig, kennzeichnet sich auf unserer Ausstellung die amerikanische Schule, deren Saal sicher⸗ lich einen Hauptanziehungspunkt für die jüngere kunstfreund⸗ liche Welt abgeben wird. Die Mitte der Hauptwand nehmen Dannat's kapriziöse spanische Sängerinnen ein; große Bilder von Walter Sah, Humphreys Johnston, Mac⸗ Ewen, Alexander, Rolshoven, Sprague Pearce, Sargent Leftrich führen uns die wichtigsten Vertreter der franco⸗amerikanischen Malerei vor. Auch Harrison mit seinen arkadischen Landschaften und Waldweihern fehlt nicht. Rein äußerlich fällt in dieser wie in anderen Abtheilungen der diesjährigen Ausstellung die Freude an großen Bilder⸗ formaten ins Auge, die eine Zeit lang in unseren Ausstellun en dem kleineren Kabinetbild den Platz geräumt hatten. Die Riesenleinwand von Roybet, Karl's des Kühnen Kirchenüͤber⸗ fall darstellend, Brandis Töchterlein Jairi, Le⸗ Quesnes Wasserfall, H. E. Pohle'’s Historienbild aus Fridericianischer Zeit und ähnliche Kolossalleistungen sind allerdings kaum dazu angethan, für die neue Vorliebe Freunde zu werben. Neben Frankreich und Amerika nimmt das übrige Ausland nur einen kleinen Raum ein: die Niederlande sind durch Luyten, Oyens, Mes ga und Alfred Stevens gut repräsentiert, wei kleinere Kabinette enthalten schottische Bilder von Austen Brown, Kerr Lawson, Mackie, Hamilton,

Roche, Walton u. a., während England nur unzulänglich vertreten ist. Unter den polnischen Malern ragt Olga Boznanska mit zwei trefflichen Männerbildnissen hervor.

ür Deutschland hat die Muünchener Sezession dies⸗ mal die Führung übernommen: eine imposante Phalanx von ausgezeichneten Leistungen: Kalkreuth, Stuck, Albert Keller, G. Kühl, Dill, Herterich, H. von Heyden, Habermann, Samberger, B. Becker, Keller Reut⸗ lingen haben ihre von der vorjährigen Münchener Aus⸗ stellung meist bekannten neueren Arbeiten gebracht. Sonder⸗ ausstellungen von Trübner, Leibl und Thoma vervoll⸗ ständigen das erfreuliche Bild der süddeutschen Kunstentwicke⸗ lung, während Berlin als Gastgeberin erheblich in den Hinter⸗ grund tritt.

Als eine erfreuliche Neuerung ist die Zerlegung des letzten, des sogenannten Skulpturensaals durch halbhohe Bilderwände zu erwähnen, in dessen Mittelpunkt sich der Loreleybrunnen für Amerika erhebt.

Der Gesammteindruck der Ausstellung ist ein wesent⸗ lich günstigerer als in den Vorjahren und verspricht viel⸗ seitige Anregung für die Besucher. Als Generalprobe für die große Ausstellung des künftigen Jahres verdient die diesjährige Darbietung besonderes Interesse.

Gustav Freytag, dessen schwere Erkrankung bereits gemeldet wurde, ist nach einem Telegramm des „W. T. B.“, gestern Abend gegen 10 Uhr in Wiesbaden seinem Leiden erlegen. it ihm ist einer unserer namhaftesten Schriftsteller und Dichter dahingeschieden. Gustav Freytag war geboren am 13. Juli 1816 zu Kreuzburg in Schlesien. Er besuchte das Gymnasium zu Oels und studierte auf den Universitäten Breslau und Berlin Philosophie und germanische Philologie. 1839 habilitierte er sich an der Breslauer Universität als Privatdozent für deutsche Sprache und Literatur. Neben seiner wissenschaftlichen Thätigkeit entfaltete sich schon damals mehr und mehr sein poetisches Schaffen. So schrieb er im Jahre 1842 sein erstes dramatisches Werk, das Lustspiel „Die Brautfahrt, oder Kunz von der Rosen“ und 1845 ein Bändchen Gedichte unter dem Titel „In Breslau“. Beide Erstlingswerke waren bereits durch eine feine Beobachtungsgabe, den Zug zum Charakteristisch⸗Lebendigen vortheilhaft ausgezeichnet. Durch die modernen Dramen: „Der Gelehrte“ (1844), „Die Valentine“ (1846), „Graf Waldemar“ (1847) und durch das mit feinem und herzlichem Humor ein Bild des geistigen und politischen Lebens jener Zeit ent⸗ rollende Lustspiel „Die Journalisten“ (1853) begründete er seinen Ruf als Dramatiker; namentlich sind „Die Journalisten“ als eines der besten deutschen Lustspiele des 19. Jahrhunderts an⸗ erkannt. Mit der Tragödie „Die Fabier“ (1859) griff er von der Darstellung modernen Lebens zum Pathos der Antike zurück. Der Dichter war 1847 von Breslau nach Dresden übergesiedelt, wählte aber schon im nächsten Jahre Leipzig zum Wohnsitz, wo er in Gemeinschaft mit Julian Schmidt die bis dahin von Kuranda redigierte Zeitschrift „Die Grenzboten“ übernahm. Für diese Zeitschrift schrieb er u. a. eine Reihe vorzüglicher kultur⸗ historischer Aufsätze aus der deutschen Vergangenheit. Nur während der Wintermonate lebte er in Leipzig, im Sommer dagegen in Sieb⸗ leben bei Gotha und in vielfachem Verkehr mit dem Herzog Ernst von Sachsen⸗Coburg⸗Gotha, welcher Freytag 1854 zum Hofrath, später zum Geheimen Hofrath, 1893 zum Wirklichen Geheimen Rath mit dem Titel „Excellenz“ ernannte.

Bis Ende 1870 blieb er Herausgeber der,Grenzboten“ und betheiligte sich dann noch kurze Zeit an der Herausgabe der Zeitschrift „Im neuen Reich“. Sowohl seine Thätigkeit als Abgeordneter Erfurts zum Norddeutschen Reichstag wie seine Theilnahme am Feldzug in Frank⸗ reich, wo er nach der Schlacht bei Sedan das Hauptquartier des Kronprinzen von Preußen begleitete, unterbrachen Freptag's literarisches Schaffen nur vorübergehend. Er lebte seitdem wieder in Leipzig, seit 1879 theils in Wiesbaden, theils in Siebleben. Neben gründlichen historischen Studien, aus welchen die farbenreichen, lebendig⸗anschau⸗ lichenBilder aus der deutschen Vergangenheit“ hervorgingen, beschäf⸗ tigten ihn Untersuchungen über „Die Technik des Dramas“. Als Dichter hatte er ferner mit dem sozialen Roman „Soll und Haben“ außerordentlichen Erfolg: es war der Roman des deutschen Bürger⸗ thums, sein realistisch verklärendes Spiegelbild. Dieser in mehrere Sprachen übersetzte Roman erhielt ein Seitenstück in dem zweiten sozialen Roman „Die verlorene Handschrift“, der den Gelehrtenstand zum Mittelpunkt nahm. In seinem nächsten, nach dem deutsch⸗ französischen Kriege erschienenen Werk „Die Ahnen“ werden die Schick⸗ sale einer dene scen Familie von der germanischen Urzeit bis zur Gegenwart in einer Reihe kulturhistorischer Erzählungen geschildert. Von seinen übrigen Schriften sind ferner noch hervorzuheben: das treffliche Lebensbild „Karl Mathy“ „Der Kronprinz und die deutsche Kaiserkrone, Erinnerungsblätter“ (1889), welche mehrere Gegenschriften hervorriefen; „»Gesammelte Auffätze“; literarische und politische Essays und „Er⸗ innerungen aus meinem Leben’. Bei Gelegenheit seines 70. Geburtstags bestimmte ein Erlaß des Hochseligen Kaisers Wilhelm I., daß ein Bildniß Freytag's (von Stauffer⸗Bern) aus Staatsmitteln angefertigt und in der Nationalgalerie zu Berlin auf⸗ gestellt werde.

Gustav Frevytag war ein durchaus moderner Dichter, der scharfe Gegensätze aus dem Leben aufgriff und manche Anklagen gegen die Gesellschaft erhob, ohne doch je einer beschränkten Tendenz zu verfallen: davor bewahrte ihn sein weiter historischer Blick. In seinen Dramen liebte er schwierige psychologische Probleme, doch mit natürlicher Lösung. Sein gesunder, tüchtig strebender Geist aber machte Gustav Freytag zum populärsten Romanschriftsteller der neueren deutschen Literatur.

Ueber die letzten Stunden seines Lebens berichtet der „Rheinische Courier“: Gustav Freytag war bis zu den letzten Tagen bei vollem Bewußtsein. Trotz Aufwendung aller nur möglichen kräftigenden Mittel gelang es nicht, die überhandnehmende Schwäche des Herzens zu überwinden. Der Kranke war heiteren Geistes und hatte freund⸗ liche Worte für seine Familie und jeden Besuchenden. Erst am Montag wurde der Zustand hoffnungslos, da zunehmende Fn und längere Bewußtlosigkeit eintraten. Gestern lag der Kranke meist im Schlummer, bis er um 10 Uhr Abends sanft entschlief. Die Leiche wird nach Siebleben übergeführt.

Der Katalog für die heute eröffnete Berliner Kunst⸗ ausstellung ist wieder, wie alljährlich, bei der bekannten Kunst⸗ verlagsfirma Rudolf Schuster hierselbst erschienen. Die amtliche Ausgabe kostet broschiert 1 ℳ, gebunden 1 50 ₰. Der illustrierte Katalog soll in einigen Tagen ausgegeben werden.

Vorgestern Rachmittag fand die Eröffnung des Salons der homys Elysées in Paris durch den Präsidenten der Repu⸗

lik statt.

In Venedig wurde gestern Vormittag die internationale Kunstausstellung durch den König und die Königin feierlich eröffnet. Dem Akt wohnten die Minister Baccelli und Mocenni, die Spitzen der Behörden und die geladenen Persönlichkeiten bei. Das Königspaar wurde von der Volksmenge lebhaft begrüßt.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Norwegen. Durch Verordnung der Königlich norwegischen Regierung vom 25. April d. J. ist Rußland mit Ausnahme der Gouvernements Wolhynien und Podolien für rein von Cholera erklärt worden. (Vergl. „R.⸗A.“ Nr. 27 vom 31. Januar d. J.) Hongkong, 30. April. „W. T. B.“ meldet: Gestern waren hier drei Fälle von Pest zu verzeichnen.

Verdingungen im Auslande.

Oesterreich⸗Ungarn. 6. Mai, 1 Uhr. General⸗Direktion der österreichischen Bahnen in Wien: Lieferung von 35 Lokomotiven, 35 Tendern und 45 Dienst⸗ wagen.

Großbritannien.

7. Mai, 2 Uhr. Steaatssekretariat für Indien in London: Lieferung von Metallgestellen für Güterwagen. Auskunft im Bureau des Diregtor general of Stores, India Office, Whitehall, Lon- don SW.

Italien.

6. Mai, 10 ½ Uhr. Artillerie⸗Direktion des pyrotechnischen Laboratoriums in Capua: Lieferung von 2000 kg gewöhnlichen Filzes. Kostenvoranschlag 3000 Fr. Kaution 300 Fr. Lieferungs⸗ frist 30 Tage.

20. Mai, 10 Uhr. Ministerium der öffentlichen Arbeiten in Rom und Präfektur in Campobasso: Regulierungs⸗, Verfestigungs⸗ und Konsolidierungsarbeiten auf der Strecke Boscoredo Boiano, Linie IJsernia —Campobasso. Kostenvoranschlag 130 000 Fr. Provisorische Kaution 7500, definitive Kaution 15 000 Fr. g

Spanien.

14. Mai. Magistrat von Oviedo: Ausschreiben eines Projekts zur Ausdehnung der Trinkwasserleitung in der Stadt Oviedo. Kosten⸗ voranschlag 15 000 Peseta. Kaution 1000 Peseta.

18. Mai, 1 Uhr. General⸗Direktion der öffentlichen Arbeiten in Madrid: Lieferung von gußeisernen Röhren und Einzelstücken zur Leitung des Wassers vom Kanal Jsabella II nach der Gen⸗ darmerie in Getafe. Kostenvoranschlag 50 724.54 Peseta. Kaution 2537 Peseta.

Portugal.

1. Mai, 1 Uhr. Direktion der Eisenbahnen des Minho und Doero in Porto: Lieferung von 132 Radreifen für Wagen und Lokomotipen. Auskunft bei der erwähnten Verwaltung.

6. Mai. Königliche Gesellschaft der portugiesischen Eisenbahnen in Lissa bon: Lieferung von 604 m Transmissionsriemen in Leder. Auskunft im Bureau der Gesellschaft, Paris, Rue de Chateaudun 28.

8. Mari, 1 Uhr. Direktion der Eisenbahnen des Minho und Doero in Porto: Lieferung von 200 t Kreosot. Auskunft bei der erwähnten Verwaltung.

15. Mai, Mittags. Königliche Gesellschaft der portugiesischen Bahnen in Lissabon: Lieferung von 8750 Stück geschmirgeltem Leinen, 700 Blatt Schmirgel⸗Papier und 25 200 Blatt Glas⸗Papier. Auskunft im Bureau der Gefellschaft, Paris, Rue de Chateaudun 28.

Niederlande. 6. Mai, Mittags. Kommunalverwaltung vom Amsterdam: Lieferung von Bord⸗Steinen für Trottoirs. Lastenheft bei der Staats⸗ druckerei für 0,50 Fl.

22. Mai, Mittags. Ministerium für die Kolonien, Loos Nr. 167:

Lieferung des metallenen Anbaus nebst Zubehör für 3 Brücken. Loos Nr. 168: Lieferung des metallenen Oberbaus mit Zubehör für 30 Sekundärbahnbrücken, sämmtlich für die Staatseisenbahnen ar

Java. Loos Litt. Nr. 1: Lieferung der Schraubenpfähle und Schrauben⸗

blätter nebst Zubehör für das Kriegsdepartement in Niederländisch

Indien. Bedingungen zur Einsicht im technischen Bureau des Kolonial⸗Ministeriums und bei Franko⸗Anfrage erhältlich bei Martinus Nvhoff im Haag, Nobelstraat 18, gegen Bezahlung von 50 Cts. un 50 Cts. und 1,50 Fl. für die einzelnen Loose.

Rumänien

27. Juni. Ministerium der öffentlichen Arbeiten: Regulierung des Flusses Argesch bei Pitesci und Schutzarbeiten an der Eisenbahn⸗ linie Pitesci Curtea de Arges. eülbenanschlag 350 000 Fr.

ile.

15. Mai. Finanz⸗Ministerium in Santiago: Versteigerung von 16 Fabriken zur Herstellung von Natron⸗Salpeter nebst den daz . und 6 Feldern ohne Fabriken, in der Provin Parapaca t Interessenten können jede bezügliche Auskunft erhalten bei chilenischen Gesandschaft in Deutschland.

Egypten.

18. Mai. Direktor der Polizei⸗Magazine in Bulak: Lieferun

von Sattelzeug und Material zur Ausbesserung (Uebung 1895/96)

Lastenheft im Finanz⸗Bureau des Ministeriums des Innern in Kairo,

Wochentags von 10 bis 1 Uhr.

Verkehrs⸗Anstalten.

„Ddie zeitlich nahegerückte Eröffnung des Nord⸗Ostsee⸗Kanal für den internationalen Verkehr, die sich unmittelbar an die Ein weihungsfeierlichkeiten in den Tagen vom 19. bis 22. Juni d. J. an

P

schließen wird, wendet die allgemeine Theilnahme dem großartigen

Bauwerk zu. Es werden deshalb folgende Mittheilungen über den

Weg, die Einrichtung und Ausstattung des Kanals zur Ueberwindun des zu erwaxrtenden gewaltigen Verkehrs willkommen sein: Der Nord⸗Ostsee⸗Kanal durchzieht die Halbinsel Schleswig

Holstein von der Elbe über Rendsburg zur Ostsee in einer Länge von 98,65 Km. Seine beiden Mündungen befinden sich: zur Nordsee an der Elbe bei Brunsbüttel, zur Ostsee an der Kieler Föhrde bei Holtenau nördlich von Kiel. Jede dieser Mündungen ist für den Eingang vund Ausgang der Schiffe mit zwei nebeneinander liegenden

Schleusen versehen, welche, so lange es die Wasserstände gestatten

für die durchgehende Schiffahrt geöffnet bleiben. An der Ostsee

stehen diese Schleusen gewöhnlich offen, an der Elbe sind sie, nor⸗

male Witterung vorausgesetzt, während jeder Fluthperiode 3 bis

4 Stunden geöffnet. Die Schiffsbewegung hat sich thunlichst in der Fahrrichtung rechts zu vollziehen, sodaß immer die eine Schleuse für die einfahrenden, die andere Schleuse für die ausfahrenden Fahr⸗ zeuge an jeder Mündung zur Nutzung kommt, also Begegnung in und

unmittelbar vor den Schleusen vermieden wird. Jede dieser Mün⸗

dungsschleusen, die nur bei wesentlichen Höhenunterschieden des Innen⸗ und Außen wasserstandes in Wirkung kommen, ist 25 m breit und hat eine Länge zwischen den Thoren von 150 m. Auf den Schleusen⸗ schwellen ist bei niedrigstem Kanalwasserstand noch eine Wassertiefe bei

Brunsbüttel von 8,70 m, bei Holtenau von 9,07 m. Zur Bewegung durch die Schleusen ist für die Schiffe, soweit nöthig, je ein Schleppdampfer für jede Schleuse vorhanden. Die Schleusen an beiden Mündungen werden in den Thoren, Schützen und Spillen hodraulisch bewegt, um die Schiffe schnell zu befördern. Binnenseits der Schleusen befinden sich Häfen, welche als Warteplätze für die Schiffe dienen, die Aufentbalt haben. Der Kanal hat bei niedrigstem Wasserstand 8,5 m Tiefe bei einer Sohlenbreite von 22 m. Bei 6,5 m tiefgehenden Schiffen

ist die Breite in Kielhöhe zu 34 m bemessen. Die Böschungen des

Kanals sind bis zu 3 m über der Sohle 1:3, von 3 bis 7 m über der Sohle 1:2. In der Höhe von 7 m über der Sohle liegt an jeder Seite ein 2,5 m breites Bankett, auf welches sich der Fuß der biz auf 1 m über Mittelwasser (Normalspiegel) hinauf reichenden Steinböschung aufs tzt. In den Krümmungen von 1000 m bis 2500 m Radius ist die Sohle noch verbreitert, damit die Schiffe sie leichter durchlaufen können. Die Fahrt durch den Kanal unter Locotsenkontrole, welche auch die Zollaufsicht bewirkt, darf 5,3 Knoten Geschwindigkeit nicht überschreiten, sodaß mit geringen Aufenthalten bei Schleusen und Brücken auf eine Durchgangszeit von 13 Stunden zu rechnen ist. Dampfer können mit eigener Kraft gehen, Segelschiffe dagegen werden geschleppt. Die Einzelheiten des Be⸗ triebs werden nach einem noch nicht ganz abgeschlossenen Betriebs⸗ reglement geordnet. Der Gebührentarif steht noch nicht fest. Beide Ufer des Kanals sind in Höhe des Wasserspiegels zum Schutz gegen Wellenschlag mit Steinen bekleidet, und es befinden sich in Entfernungen von 200 m Steintreppen in diesen Pflasterungen. Am Ufer entlang und in einem Abstande von 25 m zu beiden Seiten der Treppen stehen für etwaigen Bedarf Haltepfähle. Bei Kilo⸗ meter 12,2, 22,6, 35, 47,35, 59,1, 70, 84 und in den Seen befinden sich Ausweichestellen, mit Haltepfählen an den Ufern, von 6,5 m Wassertiefe bei Niedrigwasser, in welche die Handelsschiffe ein⸗ treten, wenn größere jegsschiffe den Kanal durchlaufen. Diese

elegen und auf 1 042 564 Pfd. Sterl. geschätzt. Die

AsieHü IIasteRveai dteexs-Seiai diseeSxcxcee-Heeer⸗n.g.