eine Reihe militärischer Meldungen entgegen und ritten sodann an der Spitze der Truppen nach Spandau, woselbst Seine Majestät im Kreise des ööö Im Laufe des Nachmittags gedachten Allerhöchstdieselben nach Potsdam bezw. dem Neuen Palais zurückzukehren. “
sekretär des Reichs⸗Schatzamts, Grafen von Posadowsky bei der zweiten Lesung des Tabacksteuergesetzes in der Reichstagskommission abgegebene Erklärung lautet nach dem Kommissionsbericht wie folgt:
„Die verbündeten Regierungen forderten bei der Tabackfabrikat⸗ steuervorlage des Jahres 1893/94 aus dem Taback einen reinen Mehr⸗ ertrag von 45 Millionen. Für die damalige war der Wunsch der verbündeten Regierungen maßgebend, den Einzelstaaten wenigstens einen Theil der Mehrüberweisungen zu erhalten, welche den⸗ selben in den letzten zehn Jahren durchschnittlich zugeflossen waren. Diese Absicht schien innerlich um so gerechtfertigter, als die Einzel⸗ staaten auf jene Mehrüberweisungen ihren Haushalt eingerichtet hatten, indem sie in Erwartung der fortdauernden Zahlung der⸗ selben theils auf bisherige Einnahmen verzichtet, theils neue dauernde Ausgaben übernommen hatten. Bei dem Widerstand indeß, welcher sich in der vorigen Tagung des gegen die gesetzliche Zu⸗ sicherung fester Ueberweisungen an die Einzelstaaten geltend machte, entschlossen sich die verbündeten Regierungen, unter grundsätzlicher Wahrung ihres sachlich berechtigten Anspruchs auf Mehrüber⸗ weisungen, den Mehrreinertrag aus der Tabackfabrikatsteuer zu beschränken und zwar auf die Summe, um welche, nach wesentlicher Abminderung der Etatsanmeldungen der einzelnen Ressorts, die Matrikularforderung des Reichs für 1895/96 noch die den Einzelstaaten zufließenden Ueberweisungen überstieg. Schon gegen die Mehrforderung aus der Tabacksteuer in der Tagung des Reichstags 1893/94 wurde der Einwand erhoben, daß man sich Steuern „auf Vorrath“ bewilligen lassen wolle, d. h. Einnahmen fordere für zur Zeit noch nicht feststehende oder wenigstens noch nicht öffent⸗ lich sichtbare Ausgaben. Dieser Vorwurf hätte thatsächlich nur dann seine Berechtigung haben können, wenn die Bundesstaaten gegen⸗ über wachsenden Ausgaben der Zukunft geneigt gewesen wären, auf die ihnen durch ein eventuelles Finanzreformgesetz zugesicherten festen Mehrüberweisungen ganz oder theilweise zu verzichten. In Er⸗ wägung indeß, daß eine auf einen bestimmten Zeitraum berechnete Finanzreform sich nicht auf den Etatsabschluß eines Jahres stützen kann, würde sich gegen die jetzt vorliegende, auf 32 Millionen ab⸗ geminderte Mehrforderung aus der Tabackfabrikatsteuer der Vor⸗ wurf vorrathsweiser Forderung von Steuern nur begründen lassen, nicht nur wenn diese Mehrforderung von 32 Millionen aufrecht er⸗ halten würde gegenüber der durch die Beschlüsse des Reichs⸗ tags für 1895/96 auf 6 ⅞ Millionen abgeminderten Spannung zwischen Ueberweisungen und Matrikularbeiträgen, sondern wenn es außerdem auch nur einigermaßen wahrscheinlich erschiene, daß inner⸗ halb der folgenden fünf Jahre, für welche die Geltung des Finanz⸗ reformgesetzes vorausgesehen war, sich die. Spannung zwischen Matrikularbeiträgen und Ueberweisungen nicht weiter erhöhen werde. Eine solche Wahrscheinlichkeit ist indeß von keiner Seite behauptet worden. Obgleich hiernach der Vorwurf, daß die verbündeten Regierungen durch Festhalten an der Mehrforderung des vorliegenden Fabrikatsteuergesetzes zur Zeit eine Ueberforderung an Steuern erhöben, im Hinblick auf die im Plenum erörterte voraussichtliche Etatslage des Jahres 1896/97 nicht stichhaltig erscheint, haben sich die verbündeten Regierungen in ihrer Mehr⸗ heit doch entschlossen, ihre Mehrforrerung aus der Tabackfabrikat⸗ steuer auf denjenigen Betrag zu ermäßigen, um welchen inhalts des festgestellten Etats und der noch zu beschließenden Nachtrags⸗Etats die Matrikularbeiträge für 1895/96 die Ueberweisungen übersteigen werden, d. h. auf eine Spannungssumme von rund 10 ½ Millionen.
Ich erkläre jedoch dieser Abminderung gegenüber ausdrücklich, daß auch jetzt noch die verbündeten Regierungen an der Ueber⸗ zeugung festhalten, daß der Taback ohne Herbeiführung der behaupteten sozialen-Folgen sehr wohl eine Mehrbelastung von 32 Millionen Reinertrag zu tragen vermag. Wenn trotzdem die Mehr⸗ forderung auf etwa 10 ½ Millionen beschränkt wird, so geschieht dies nicht. unter Aufgabe irgend einer grundsätzlichen Auf assung, sondern ge in der Erkenntniß, daß die Durchführung der Finanz⸗
reform eine politische Nothwendigkeit allerersten Ranges für die inneren Verhältnisse Deutschlands ist, und in dem Wunsche, selbst mit dieser Beschränkung das vorliegende Finanzreformgesetz ohne weiteren Auf⸗ chub mit dem Reichstage zu vereinbaren. ““ 1 Bei der Generaldebatte über das fragliche Gesetz ist eigentlich von keiner Seite die Nützlichkeit einer Finanzreform bestritten, welche das Reich grundsätzlich auf die Summe seiner eigenen Einnahmen verweist und welche jedenfalls geeignet ist, auch steigenden Ausgabe⸗ forderungen gegenüber auf eine vorsichtige Beschränkung hin⸗ zuwirken. Wer deshalb jenes Ziel für ein erstrebenswerthes hält, ollte den verbündeten Regierungen wenigstens durch Bewilligung er derzeitigen geringen Mehrforderung die Mittel zu seiner Er⸗ eichung gewähren. Gegen die hierzu vorgeschlagene Taback⸗ abrikatsteuer sind eigentlich nur zwei Einwände erhoben worden: der zu befürchtende Konsumrückgang mit den für die Taback⸗ rbeiter angeblich hieraus folgenden umfangreichen Entlassungen nd die lästige Schwere der Kontrolen. Berechnet man die eine Mehrforderung aus der Tabackfabrikatsteuer auf
Die bereits in der Presse Fezpe. von dem Staats⸗
und 10 Millionen — eine gegenüber der voraussichtlichen Span⸗
nung von 10 ½ Millionen im einzelnen nicht ins Gewicht fallende Differenz — und nimmt man ferner für die Zigarren bis 5 ₰ ein⸗ chließlich einen Steuersatz von 15 % des Werths und für die öherwerthigen Zigarren einen Steuersatz von 18 % an, so rgiebt sich, 8 die 3 Pfennig⸗Zigarren im Fakturapreis von 18 ℳ pro Mille um 1,181 ℳ oder im künftigen Einkaufs⸗ preis des Detailhändlers um 6,56 %, die 4 Pfennig⸗Zigarren im Fakturapreis von 25 ℳ pro Mille um 0,131 ℳ oder 0,52 % illiger wie gegenwärtig sich stellen würden. Die 4 Pfennig⸗Zigarre im Fakturapreis von 29 ℳ pro Mille wird nur um 0,469 ℳ oder 1,62 % theurer werden wie bisher. Die 5 Pfennig⸗Zigarre im Fakturapreise von 30, 32, 36 und 39 ℳ würde pro Mille ur um 0,619, 0,919, 1,519 und 1,969 ℳ oder um 2,06, 2,87, 4,22 und 5 05 % theurer wie zur Zeit, d. h. der Preis der mittleren 5 Pfennig⸗Zigarre erhöhte sich um 0,152 ₰ oder um 1 ½ Zehntel Pfennig für das Stück oder 10 Stück 5 Pfennig⸗Zigarren würden 1 ½ ₰ mehr kosten. Ebenso würden die Zigaretten in den billigsten Preis⸗ lagen von 5 und 8 ℳ pro Mille nur eine Vertheuerung von 0,08 % be⸗ üglich 6,06 % erfahren. Die billigste Sorte Kautaback, im Werthe von 1 ℳ pro Pfund oder 137,87 ℳ pro 100 kg, würde für dieses Q um 12,13 ℳ oder 8,09 % billiger; ebenso sich der Preis des Schnupftabacks in seiner
1 Sorte. Der Rauchtaback, mit nur 30 % seines Werthes belastet, würde in allen Preislagen von 0,55 ℳ bis 1,30 ℳ pro Pfund um 16,59 ℳ bis 4,93 ℳ pro 100 kg oder um 20,74 % bis 2,42 % billiger als bisher. Nimmt man indeß auch an, daß von den in die Schnupf⸗ und Rauchtaback⸗ fabrikation übergehenden Abfällen der Zigarren⸗ und Kautaback⸗ fabritation gar keine steuerliche Belastung des Rohtabacks ge⸗ tragen wird, so würde sich die zukünftige Belastung der Zigarren noch geringer herausstellen als oben ausgeführt, der Rauchtaback dagegen etwas höher belastet sein, aber immer noch wesentlich geringer wie unter dem gegenwärtigen Steuergesetz. Die An⸗ lagen A und B ergeben im einzelnen, wie sich die Belastung der Tabackfabrikate, je nachdem man einen Theil von Steuern und Zoll als auf den Abfällen der Zigarren⸗ und Kautabackfabrikation rhend annimmt oder nicht, bei einer reinen Mehrforderung von rund 10 Millionen stellen würde. Die Anlagen C und D weisen nach,
wie sich bei einer reinen Mehrforderung von 10 Millionen der Gesammtertrag der künftigen Tabacksteuer auf die einzelnen Tabackfabrikate und den Import vertheilen würde. Bei einer so wesentlichen Verminderung des Mehrertrags aus der Tabackfabrikatsteuer dürfte ein eheehen. mit seinen sozialen Folgen auch von den Gegnern der orlage nicht mehr behauptet werden können. Hierzu kommt, daß durch die Zoll⸗ erhöhung auf fremde Tabackfabrikate namentlich die billigeren Zigarren von der Einfuhr ausgeschlossen und der Herstellung auf dem heimischen Arbeitsmarkt zugeführt würden; ferner haben sich die verbündeten Regierungen bereit erklärt, im Bedarfsfalle die von Tabackfabrikaten in den Strafanstalten zeitweilig ein⸗ zustellen.
Aus der Anlage E ergiebt sich, da 8 1 4491 bis 5223 Arbeiter auf dem heimischen freien Arbeitsmarkte voraussichtlich mehr erforderlich werden würden. Würde abweichend von der Vorlage der Mehrreinertrag aus der Tabacksteuer auf etwa 10 ½ Millionen abgemindert, so würde sich, gegenüber der geringeren Steuerbelastung der einheimischen Fabräcste der in der Vorlage angenommene Zollschutz noch wesentlich erhöhen und dadurch die Nachfrage nach Arbeitekräften im Inland in noch weiterem Umfange wachsen. Der Haupteinwand gegen das Gesetz, daß dasselbe zahlreiche Arbeiterentlassungen zur Folge haben würde, er⸗ scheint unter diesen Verhältnissen entkräftet. Aber auch der fernere Einwand, daß es sich nicht lohne, wegen einer Mehreinnahme von 10 bis 11 Millionen ein neues Steuersystem einzuführen, welches 4 Millionen Verwaltungskosten erfordere, kann als maßgebend nicht anerkannt werden. Man kann nicht diese Verwaltungs⸗ kosten nur der Mehreinnahme gegenüberstellen, sondern muß sie ver⸗ gleichen mit der veranschlagten gesammten Brutto⸗Einnahme in Höhe von 38 983 920 ℳ, welche aus einem rationelleren und gerechteren Steuersystem wie dem gegenwärtigen gewonnen werden sollen. Die neu⸗ einzuführenden Kontrolen würden sich der Tabackindustrie, gegenüber ihrer bisherigen Bewegungsfreiheit, während des Uebergangsstadiums gewiß lästig semerrar machen; die Betriebe werden sich aber darauf einrichten, und es scheint auch die weitere Vereinfachung mancher Kontrolen nicht ausgeschlossen. Die Tabackindustrie wird sich aber auch im Interesse des Gemeinwohls den Kontrolen zu fügen haben, welche andere Fabrikationsbetriebe bereits tragen und welche im Inter⸗ esse einer objektiven Sicherung der Steuereingänge geboten erscheinen.
Das Tabackfabrikatsteuergesetz mit einer so geringen Mehrforde⸗ rung von 10 ½ Millionen erfüllt in agrarpolitischer und sozialpolitischer Beziehung alle die Wünsche, die seitens der Interessenten und aus der Mitte des Reichstags geäußert sind. Die Tabackbauern werden von der Inlandssteuer und damit von einer Anzahl durch dieselbe bedingter Kontrolen befreit. Der Rauchtaback wird steuerlich wesentlich geringer belastet wie nach dem geltenden Gesetze. Gerade das schwere fettige Schneidegut findet vielfach nur schwierigen Absatz; durch die geringe steuerliche Belastung des Rauch⸗ tabacks wäre wenigstens die Möglichkeit geboten, demselben einen er⸗ weiterten Kreis von Konsumenten zuzuführen und so den durch die gegenwärtigen Lebensgewohnheiten der Bevölkerung drohenden weiteren Rückgang seines Konsums wenigstens aufzuhalten. 3 1
Der Gesetzentwurf in der angedeuteten Fassung würde aber außer dem Rauchtaback auch alle anderen Tabackfabrikate der ärmeren Volks⸗ klassen wesentlich⸗geringer belasten wie diejenigen Tabackfabrikate, welche von dem zahlungsfähigeren Publikum genossen werden, und damit dem Gedanken einer geringeren Belastung der ärmeren Volksklassen entschie⸗ denen Ausdruck geben. Die Befürchtung, daß die Staffelung für Zigarren zu zahlreichen Defraudationen Anlaß geben könnte, erscheint nicht be⸗ gründet; die Steuer soll auf Grund der Fakturen erhoben werden, deren Richtigkeit in Zweifelsfällen nach den Fabrikations⸗ und Kalkulations⸗ büchern nachzuprüfen ist. Wer sich unredliche Vortheile verschaffen will, kann diesen Versuch durch Ausstellung falscher Fakturen ebenso gut bei der Einheits⸗ wie bei der Staffelsteuer unternehmen.
Endlich würde ermöglicht, im dringenden finanzpolitischen Inter⸗ esse des Reichs eine klare finanzielle Regelung zwischen dem leßteren und den Einzelstaaten wenigstens auf eine beschränkte Anzahl Jahre herbeizuführen. Es liegt den verbündeten Regierungen fern, lediglich aus gouvernementalen Gesichtspunkten an der Tabackfabrikatsteuer fest⸗ zuhalten und dadurch mittelbar zur Beunruhigung des Gewerbes bei⸗ zutragen; die verbündeten Regierungen sind aber der Ueberzeugung, daß die Forderung höherer Einnahmen aus dem Taback im Hinblick auf die wachsenden Ausgaben des Reichs nicht zu umgehen sein wird, insoweit sich nicht im Reichstag eine Mehrheit für eine höhere Be⸗ steuerung des Biers finden sollte, und daß deshalb jeder ablehnende Beschluß des Reichstags keine Lösung der Steuerfrage, sondern nur eine Verzögerung ihrer Entscheidung bedeuten kann...
durch jene beiden Maßnahmen
* “ 1“
Der General⸗Lieutenant Edler von der Planitz II, General⸗Inspekteur der Fuß⸗Artillerie, hat Berlin verlassen.
Nach telegraphischen Meldungen an das 9 er⸗Kommando der Marine ist S. M. S. „Sperber“, Kommandant Korvetten⸗Kapitän Walther, am 1. Mai in Libreville an⸗ gekommen und am 2. Mai nach Kamerun in See gegans n; S. M. S. „Wolf“, Kommandant Korvetten⸗Kapitän Kret ch⸗ mann, beabsichtigt heute von Hongkong nach Tamsui (Insel a) in See zu gehen; S. M. S. „Prinzeß Wilhelm“,
ommandant Korvetten⸗Kapitän von Holtzendorff, ist am 3. Mai in Gibraltar angekommen und beabsichtigt heute nach
Port⸗Said in See zu gehen
Württemberg.
Seine Majestät der König empfing vorgestern den zum niederländischen außerordentlichen Gesandten und bevollmäch⸗ tigten Minister am Königlichen Hofe ernannten Jonkheer van Tets van Goudriaan in Audienz, um dessen Be⸗ glaubigungsschreiben entgegenzunehmen.
Die Zweite Kammer nahm gestern nach längerer Be⸗ rathung den von der Volkspartei eingebrachten Antrag gegen die „Umsturzvorlage“ mit 56 gegen 24 Stimmen an. Gegen den Antrog stimmten die Zentrumsfraktion und vier Mitglieder der Ritterbank. Der Minister⸗Präsident Dr. Freiherr von Mittnacht erklärte dem „W. T. B.“ zu⸗ folge: Die Regierung könne sich bezüglich ihrer künftigen Abstimmung im Bundesrath nicht öffentlich binden; sie verhehle aber nicht ihre schwersten Bedenken, wenn der Reichstag die Vorlage in der Kommissionsform annehme. Auf eine Be⸗ merkung des Abg. Hausmann über die Entlassung des Grafen Caprivi erklärte der Minister des weiteren: Die Ernennung und Entlassung des Reichskanzlers stehe ausschließlich dem Kaiser zu. Niemand habe sonst darein zu reden. Man solle
die Rechte des Reichs⸗Oberhauptes achten, wenn man gegebenen
Falles seine eigenen Rechte gewahrt sehen wolle. 5 Hessen.
Die Zweite Kammer bewilligte gestern zur Unter⸗ stützung der Landwirthschaft 12 000 ℳ für die landwirth⸗ schaftlichen Provinzialvereine und 15 000 ℳ für die Landes⸗
ausstellung in Gießen. Betreffs der Rückäußerung der Ersten Kammer, über den vom Ministerium der Finanzen vorgelegten Gesetzentwurf wegen Abänderung des .“ gesetzes, beschloß die Kammer, auf ihren alten Beschlüssen u beharren. Ebenso beharrte die Kammer auf ihren früheren Beschlüssen über den Gesetzentwurf wegen Ab⸗ änderung des Kapitalrenten⸗Steuer⸗Gesetzes und ver⸗ tagte sich sodann bis Ende Mai.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die
Großherzogin haben sich eestern Vormittag von Weimar nach Eisenach begeben, um daselbst der Enthüllung des Luther⸗
Denkmals beizuwohnen.
1“ Lübeck.
Die zur Beilegung der Meinungsverschiedenheit zwischen Senat und Bürgerschaft über die Deckung des Fehlbetrags im Budget für 1895/96 eingesetzte eiicihenger n bestehend aus sieben Mitgliedern des Senats und sieben Mit⸗ gliedern der Bürgerschaft, ist am 1. d. M. beeidigt worden und dann sofort zu ihrer ersten Sitzung zusammengetreten. Die Verhandlungen sind streng geheimu.
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Kaiser wird, wie „W. T. B.“ aus Wien berichtet, am 7. d. M. Nachmittags zu dreistündigem Besuch in Laibach eintreffen. 8
Der „Neuen Freien Presse“ zufolge hat das Subcomité des Wahlreform⸗Ausschusses des österreichischen Ab⸗ geordnetenhauses gestern seine Arbeiten abgeschlossen.
Die „Politische Korrespondenz“ von gestern veröffentlicht folgendes Communiqué: Die Form und der Inhalt der vom ungarischen Minister⸗Präsidenten Baron Banffy dem Ab⸗ geordneten Perenyi auf seine Interpellation über die jüngste Reise des apostolischen Nuntius Agliardi nach Ungarn ertheilten Antwort haben, wie überall, so auch im Kreise des Ministeriums des Aeußern über⸗ rascht. Es hat nicht wenig Befremden erregt, daß in mehreren wesentlichen Punkten die Erklärungen des Barons Banffy unrichtig sind und sich daher mit den An⸗ sichten des Ministers des Aeußern nicht decken. Dies gilt sowohl von der Motivierung wie von den Konklusionen der ministeriellen Erklärungen, und es ist hier auch nicht bekannt, wieso Baron Banffy berechtigt war, ausdrücklich zu erklären, daß der Minister des Aeußern den dargelegten Standpunkt der Königlich ungarischen Regierung zu dem seinigen ge⸗ macht habe. Hierüber waren die Akten nicht geschlossen, ebensowenig wie über die eventuelle Frage, inwieweit und in welcher Form in Rom vertrauliche Bemerkungen über das Auftreten Agliardi's gemacht werden sollten. Dies müsse von den dem Minister des Aeußern noch nicht vorliegenden Daten abhängen, welche eine Einmischung des apostolischen Nuntius in innere Angelegenheiten nachzuweisen vermöchten. Wenn also Baron Banffy im ungarischen Parlament die Er⸗ klärung abgegeben habe, daß die Démarche erfolgt sei, so könne dies seiner Unvertrautheit mit diplomatischen Geschäften zu⸗ geschrieben werden, die wohl auch die Schuld daran trage, daß der Minister⸗Präsident auf eigene Verantwortung und ohne Rücksicht auf unsere freundschaftlichen Beziehungen zum Heiligen Stuhle eine wie ein Schlachtruf tönende Er⸗ klärung im Parlament abgegeben habe, was für die Sache selbst nur schädliche Folgen haben könne. Es dürfte also diese Interpellationsbeantwortung des Barons Banfsy noch zu weiteren Erklärungen und Konsequenzen führen. — Das Wiener „Fremden⸗ blatt“ bespricht diese Mittheilung der „Politischen Korrespondenz“ und meint, manche Punkte seien noch nicht aufgeklärt; ein objektives Bild der Sache sei daher nicht zu gewinnen. Immer⸗ hin stehe folgendes fest: Im Ministerium des Aeußern sei Bereitwilligkeit zu einer eventuellen Aktion bei der rö⸗ mischen Kurie vorhanden gewesen; die Aktion selbst sei als eine vertrauliche gedacht gewesen. Die Interpellation und die Antwort des Minister⸗Präsidenten Baron Banffy im Ab⸗ geordnetenhause aber hätten die Sache in die laute Oeffentlichkeit gebracht und dem Heiligen Stuhle gegenüber eine schwierige Lage geschaffen. Die Behandlung der unzweifelhaft wichtigen Angelegen⸗ heit sei wesentlich erschwert, ja theilweise kompromittiert, was sicherlich eine bedauerliche Thatsache sei. Jedenfalls könnten weitere eingehende Aufklärungen nicht ausbleiben, die nur im ungarischen Parlament erfolgen könnten, da dem Minister des Aeußern ein hierfür kompetentes Forum fehle.
Der ungarische Minister⸗Präsident Baron Banffy ist heute früh aus Budapest in Wien eingetroffen.
In der gestrigen Sitzung des ungarischen Unter⸗ hauses erklärte der Handels⸗Minister Daniel, daß die Ver⸗ handlungen über die Verstaatlichung der Südbahn fortgesetzt würden und ein günstiges Ergebniß zu erhoffen sei, wenn Ungarns Interessen dabei gewahrt werden könnten. Im anderen Falle werde er mit der Südbahn selbst einen Tarif⸗ vertrag abzuschließen versuchen, damit der längs der Südbahn gelegene Landstrich Ungarns in eine vortheilhaftere Situation gelange. .
Der vereinigte Dreierausschuß des Oberhauses beschloß bezüglich der von dem Unterhause zurückverwiesenen Gesetzentwürfe über die freie Religionsübung und Re⸗ zeption der jüdischen Religion bei dem Hause die Aufrechterhaltung beider Gesetzentwürfe zu beantragen.
Der Ausschuß des Unterhauses zur Vorbereitung des Gesetzes über die Gerichtsbarkeit in Wahlsachen setzte gestern seine Berathungen fort. Am Donnerstag ist dem Ausschuß ein neuer Antrag zu dem Gesetzentwurf zugegangen, wonach jede Abgeordnetenwahl für ungültig erklärt werden soll, wenn der Kandidat in einer geistlichen Ver⸗ sammlung oder in einem kirchlichen Lokal seine Wahl betreibt, ferner wenn in Wählerversammlungen oder bei Wähleraufzügen kirchliche Geräthe oder Embleme benutzt oder wenn den Wählern mit kirchlichen Strafen oder der Verdammniß gedroht wird oder ihnen kirch⸗ liche Gnaden versprochen werden. Geistliche, die den Wahl⸗ kandidaten ähnliche Dienste leisten, sollen mit Gefängniß bis zu einem Jahre oder mit 1000 Kronen Geldstrafe und Sus⸗ pendierung der politischen Rechte bestraft werden.
Großbritannien und Irland.
Die Königin und die Königin⸗Regentin der Nieder⸗ lande begaben sich gestern nach Windsor zum Besuch der
Königin Victoria. u“ 8
laufen. Ersuchen des rumänischen Gesandten in Paris angeordnet, daß der rumänischen Schiffsmannschaft in den Häfen ein freund⸗
glorreichen das fest entschlossen ist,
. langen, deren Beispiel es zuerst gegeben hat. Indem nd. Einverständniß mit Deutschland und Frankreich handelt, schädigt es
1.“ Im Unterhause erklärte gestern der Parlamentssekretär des Kolonialamts Buxton, seit langer Zeit gehörten die kleinen im Norden von Zululand belegenen Territorien der Häuptlinge Mahlaleni, Sambaan, Umbegesa und Anderer klar und bestimmt zur britischen Interessen⸗ sphäre. Da wegen des Anwachsens der Geschäfte da⸗ selbst für die Zukunft ernstliche Schwierigkeiten be⸗ ürchtet würden, sei beschlossen worden, diese Terri⸗ torien dem Gouverneur von Zululand zu unterstellen. Der Republik Transvaal seien durch den Vertrag von 1884 Eingriffe in diese Territorien vowi das Abschließen von Ver⸗ trägen mit den Häuptlingen ohne Englands Zustimmung ver⸗ boten. Das gegenwärtige Vorgehen sei nicht von irgend welchen unfreundlichen Gesinnungen gegen Transvaal hervorgerufen; von Transvaal seien Einwendungen erhoben worden, die Regierung beharre aber bei ihrem Vorgehen. Alphons Morton beantragte eine Resolution, worin erklärt wird, da der Herzog von Sachsen⸗Coburg und Gotha die Souverä⸗ netät eines fremden Landes übernommen habe, sei es wünschens⸗ werth, daß die Zahlung seiner Apanage von 10 000 Pfund ein⸗ gestellt werde. Dieser Antrag wurde von Labouchre unter⸗ stützt. Der Schatzkanzler Sir W. Harcourt bedauerte es sehr, daß diese die Königliche Familie betreffende Frage nochmals aufgeworfen werde, nachdem sie das letzte Mal mit ent⸗ scheidender Majorität verworfen worden sei. Der Herzog habe freiwillig auf 15 000 Pfund verzichtet. Die 10 000 Pfund seien bewilligt worden, als sich der Herzog mit einer russischen Prinzessin verheirathet habe, um den Hofhalt zu ermöglichen. Dieselben sollten gleichzeitig eine Versorgung für die Prinzessin sein, wenn sie ihren Gemahl überlebe. Die Einziehung der Apanage von 10 000 Pfd. würde für das Unterhaus ein unschicklicher Akt sein. Der Herzog, habe nicht aufgehört, englischer Prinz zu sein, und er, Redner, bedauere tief die gegenüber dem Herzog in seiner Eigen⸗ schaft als deutscher Fürst gemachten Aaeekerbi. en Aeußerungen. Nur auf die Initiative der Krone stehe dem Hause das Recht zu, die Apanage zurück⸗ zuziehen; diese Initiative könne aber nur auf Antrag der verantwortlichen Minister ergriffen werden, und ein solcher Antrag sei der Königin nicht unterbreitet worden. Die Re⸗ gierung bleibe bei ihrer Ansicht, und er hoffe, das Haus werde die Regierung unterstützen. Balfour unterstützte die Erklä⸗ rung Sir W. Harcourt's. Der Antrag Morton's wurde darauf mit 193 gegen 12 Stimmen abgelehnt.
Frankreich. 5
Aus Cherbonrg wird berichtet, die rumänischen Kriegsschiffe „Elisabetha“ und „Mircea“ würden auf der Fahrt nach Kiel Ajaccio, Algier, Brest und Cherbourg an⸗ Der Marine⸗Minister Admiral Besnard habe auf
schaftlicher Empfang bereitet werde.
Der Kaiser hat, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern Nach⸗
3 mittag 2 Uhr in Zarskoje Sselo den neu ernannten deutschen Botschafter Fürsten Radolin in feierlicher Antrittsaudienz empfangen.
Nach Entgegennahme der Accreditive ließ der
Kaiser sich die Mitglieder der Botschaft vorstellen. Dem
Empfang wohnten der Hof⸗Minister Graf Woronzow⸗Daschkow, der “ Richter und die obersten Hofchargen bei.
Später wurde der Botschafter von der Kaiserin empfangen, ““ er die Mitglieder der Botschaft ebenfalls vorstellte.
8 88n „Journal de St. Pöétersbourg“ bringt folgenden Artikel:
Schon bei Beginn des chinesisch⸗japanischen Krieges bezeichnete das „Journal de St. Pötersbourg“ bei Besprechung der durch die Inter⸗ essen Rußlands gebotenen Haltung die Aufrechthaltung desterri⸗ torialen status quo auf dem chinesischen Kontinent als eine an erster Stelle stehende politische Nothwendigkeit, welches auch der Ausgang des Kampfes sein möge. Seitdem haben die Ohnmacht Chinas P den militärischen Erfolgen Japans, Japans überwältigende Er⸗ olge und die durch dieselben hervorgerufenen Bestrebungen der Frage eine Wichtigkeit beigelegt, die der Vertrag von Simonoseki deutlich sehen läßt. Niemand kann es entgangen sein, daß Japan dadurch, daß es den südöstlichen Theil der Mandschurei annektiert, und dadurch, daß es Korea zwischen diese seine Besitzung und das zukünftig seiner vee
unterworfene Meer einschließt, die fiktive Unabhängigkeit Koreas auf ein Nichts beschränken würde. Aber außerdem würde Japan auch als Herr des Golfes von Petschili und der die Ebene von Peking beherr⸗ schenden ftestöail heh. e den Schlüssel zur chinesischen Hauptstadt
in Händen halten. an kann daher schon jetzt mit Sicherheit be⸗ haupten, daß die ehrgeizigen Bestrebungen Japans die Frage des Gleichgewichts im fernen Osten, die Europa nicht gleichgültig sein kann, auf das Spiel setzen. Die Beziehungen dieses Theils Asiens zu den euro⸗ päischen Nationen mehren sich von Tag zu Tag. Für Rußland, dessen Besitzungen im Stillen Ocean in nächster Nähe des streitigen Terrains liegen, in einer Nähe, welche durch den Bau der Sibirischen Eisen⸗ bahn bald noch vermehrt werden wird; für Frankreich, dessen indo⸗ chinesische Kolonien an der Grenze Chinas liegen, ist es wesentlich, von ihren Grenzen jeden dauernden Grund zur Unsicherheit und zu heftigen Krisen fernzuhalten. Deutschland endlich liegt die Entwick⸗ lung seiner Handelsbeziehungen zu diesen Gegenden zu sehr am Herzen, um ruhig zusehen zu können, wie diese Beziehungen stets einer Be⸗ unruhißung ausgesetzt wären, welche unablässig die emporkeimenden Niederlassungen deutscher Staatsangehöriger bedrohen würde. Dieser Zu⸗ stand aber würde sehr bald eintreten, wenn die Japaner am Tage nach ihren Triumphen auf dem chinesischen Festlande festen Fuß faßten und jenen Eroberungsgeist dort einführten, der sie stets allem Hasse der gegenwärtigen Besitzer aussetzen würde. Es liegt nicht in der Absicht der drei Mächte, welche ihre Ansichten in Tokio zum Ausdruck brachten und denselben auch Achtung zu verschaffen wissen werden, Japan der Früchte seiner Siege zu berauben; ja, es könnte ihnen sogar nicht mißfallen, diesen Staat, der seine Häfen der europäischen Kultur eröffnet hat, in unwiderleglicher Weise die leben⸗ spendende Kraft der Zivilisation darthun zu sehen, der es seine in so kurzer Zeit erzielten unendlichen Fortschritte verdankt. Diese Fortschritte würden aber nichtsdestoweniger früher oder später der Vernichtung preis⸗ gegeben sein, wenn sie nicht auf jenen Grundsätzen beruhen, welche die Grundlage des Konzerts der zivilisierten Nationen bilden. Diese Grundsätze verlangen vor allen Dingen, daß jeder Staat, ohne seine legitimen Interessen zu opfern, sie doch in verständigem Maße dem Interesse Aller unterordne — der Bürgschaft des allgemeinen Friedens
nämlich. Dieser Geist hat sich in dem Maße entwickelt, in welchem
der Fortschritt der Arbeit und die wachsende Aufklärung diese Inter⸗ essen mehr und mehr solidarisch machten. Rußland besonders hat davon denkwürdige Beweise gegeben, die seinem letzten Herrscher den Namen eines Friedensfürsten einbrachten. Rußland, auf diesem Wege zu beharren, fühlt um so mehr berechtigt, auch von anderen jene Mäßigung zu ver⸗ ußland so im
in keiner Weise die wahren Interessen Japans, mit dem es freund⸗ schaftliche und utnachbarliche Beziehungen mterhalten wünscht
Wenn der erste Siegesrausch erst vorüber sein wird, wird dieses Land, dessen Souverän noch in seiner letzten Proklamation eine weisheits⸗ volle Sprache führte, sehr bald erkennen, daß die Mächte, die es zur richtigen Zeit auf einem Wege aufgehalten haben, auf welchem es seine Macht und seine Zukunft auf das Spiel setzte, ihm einen ganz besonderen Dienst erwiesen haben. dn
Italien. „Verschiedene Blätter melden, der 26. d. M. könne als sicheres Datum für die allgemeinen Wahlen angesehen werden. Die Stichwahlen würden am 30. Mak oder 2. Juni stattfinden. Das betreffende Dekret, dem ein Bericht an den König vorausgehen werde, solle am 9. oder 10. d. M. veröffentlicht werden. Der siamesische Justiz⸗Minister Prinz Swasti und der siamesische Gesandte in Paris sind in Genua ein⸗ 8 um den König von Siam, dessen Ankunft auf em Dampfer „Bayern“ erwartet wird, zu empfangen.
Spanien.
Das Panzerschiff „Pelayo“ und die Kreuzer „Infanta Maria Teresa“ und „Marquis Ensenada“, welche an den Kieler Festlichkeiten theilnehmen werden, versammeln sich am 8. d. M. im Hafen von Marin (Galizien) unter dem Kommando des Kontre⸗Admirals Martinez Espinosa.
Schweiz.
Die vom Bundesrath angenommenen neuen Militär⸗ artikel der Bundesverfassung enthalten der „Köln. Ztg.“ zufolge im wesentlichen folgende Bestimmungen: Weder der Bund noch die Kantone sind berechtigt, stehende Truppen zu halten; vorbehalten sind die für die Befestigungswerke er⸗ forderlichen Mannschaften. Das Heerwesen ist Sache des Bundes. Wehrmänner, welche im Militärdienst das Leben verlieren oder Schaden an der Gesundheit erleiden, haben für sich und ihre Familien Anspruch auf die Unterstützung des Bundes. Verwaltung, Unterricht, Bewaffnung, Bekleidung und Aus⸗ rüstung des Heeres sind Sache des Bundes. Der Bund über⸗ nimmt die kantonalen gegen Entschädigung. Den Kantonen verbleibt die Auswahl der zu Offizieren auszu⸗ bildenden Unteroffiziere, Ernennung und Beförderung den Offiziere der ausschließlich aus Mannschaften eines und des⸗ selben Kantons gebildeten Truppeneinheiten, sowie die Wahl der unteren Beamten der Divisionskreise.
11“ ö“ Wie „W. T. B.“ aus Nisch meldet, hat der König die Demission des Finanz⸗Ministers Petrowic angenommen und den Minister der öffentlichen Arbeiten Zdrawkowic provisorisch mit der Leitung des Finanzressorts betraut. Die Skupschtina wird am 7. d. M. geschlossen werden; an dem⸗ selben Tage wird der König nach Rehsta⸗ abreisen.
b 8 König Milan hat sich von Belgrad nach Italien egeben.
Schweden und Norwegen.
Infolge der von den Kammern des schwedischen Reichstags gefaßten entgegenstehenden Beschlüsse wegen des Handelsvertrags zwischen Schweden und Norwegen hat jetzt der Bewilligungsausschuß einen Vermittelungsvor⸗ schlag vorzulegen, der geeignet ist, von beiden Kammern an⸗ genommen zu werden.
Das Storthing hat, einer Meldung des „W. T. B.“ aus Christiania zufolge, gestern die Erhöhung des Branntweinzolls auf 50 Oere per Liter angenommen. Die Erhöhung tritt sofort in Kraft. Im weiteren Verlauf der Sitzung führte der Abg. Engelhard von der Linkenpartei aus, das Storthing habe keine offizielle Nachricht erhalten von dem Beschluß der Regierung, vorläufig nicht zu demissionieren. Das Storthing und die Nation könnten mit Recht be⸗ anspruchen, völlige Auskunft über die in den Blättern veröffentlichten dahingehenden Mittheilungen zu erhalten. Er beantrage: sämmtliche im Staatsrath geraleten Protokolle nebst den eventuell dazu gehörigen, dem Staatsrath vorgelegten öffentlichen Papieren oder verifizierte Kopien derselben, soweit sich diese auf das letzteingereichte Demissionsgesuch der Regie⸗ rung beziehen, sollen dem Verfassungsgesetz gemäß dem Stor⸗ thing vorgelegt werden. Die Verhandlung über diesen An⸗ trag wurde bis zu einer späteren Ciehh aufgeschoben.
Heute Nachmittag 2 Uhr soll eine Adresse an die Führer der drei Fraktionen des Storthing überreicht werden, worin das Storthing aufgefordert wird, den Weg der Ver⸗ handlungen Schweden gegenüber einzuschlagen. Die Adresse ist von sechzig einflußreichen Personen unterzeichnet, unter denen sich, wie verlautet, zwanzig Angehörige der Linken
befinden. 8
Im Unterhause von Kanada brachte der Finanz⸗ Minister Foster gestern das Budget ein und theilte mit, das Defizit für das laufende Finanzjahr betrage 4 ½ Millionen Dollars. Der Minister sprach dabei die Fagnunc aus, daß durch eine Herabsetzung der Ausgaben um illionen Dollars und durch den allgemeinen Aufschwung im Handel das Defizit im nächsten Jahre nur 1 700 000 Dollars betragen werde. Um dem Deftzit abzuhelfen, soll auf Rohzucker, der jetzt zollfrei ist, ein Zoll von einem halben Cent per Pfund gelegt und der Schutzzoll auf raffinierten Zucker entsprechend erhöht werden.
sie Regierung von Nicaragua hat einer in New⸗York eingetroffenen Nachricht zufolge das Mosquito⸗Terri⸗ torium als Staat einverleibt und demselben den Namen Zelaya beigelegt.
Amtlich wird aus London gemeldet, die britische Regierung habe eingewilligt, das britische Geschwader aus den Gewässern von Nicaragua zurückzuziehen, vorausgesetzt, daß die Regierung von Nicaragua dem vritischen dmiral mittheile, daß sie die Bedingungen des britischen Ultimatums annehme und sich unter Bürg⸗ schaft der Republik San Salvador verpflichte, die ge⸗ Entschädigung in London innerhalb 14 Tagen zu zahlen.
Asien.
Wie dem „Reuter'schen Bureau“ aus YNokohama ge⸗ meldet wird, wurde Graf Ito Miyoji, der sich behufs der Auswechslung der Ratifikationsurkunden auf dem Wege nach Chefoo befindet, angewiesen, in Port Arthur zu warten,
bis er benachrichtigt sein werde, daß China den Friedens⸗ vertrag ratifiziert habe.
Der „Times“ wird aus Shanghai von gestern gemeldet, der Kaiser von China habe am 2. d. M. den Friedens⸗
vertrag ratifiziert. Li⸗Hung⸗Tschang gehe nach Chefoo, um die Ratisikationsurkunden 8.L2. 2., — Dem „Reuter'schen Bureau“ zugegangene direkte Nachrichten be⸗ stätigen die Meldung, daß der Kaiser von China in die Rati⸗ fikation des Vertrags von Simonoseki eingewilligt habe.
8
“ Parlamentarische Nachrichten.
Die Schlußberichte über die Fütrge Sitzungen des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten bnben sich in der Ersten und Zweiten Beilage.
— In der heutigen (84.) Sitzung des Reichstags⸗ welcher der Staatssekretär, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher sowie der Staatssekretär Nieberding beiwohnten, wurde zu⸗ nächst in dritter Lesung der Gesetzentwurf, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiff⸗ fahrt, berathen. 1 8
In der Generaldiskussion erklärte der Abg. Dr. Meyer (fr. Vg.), seine Fraktionsgenossen betrachteten das Gesetz als einen Ausgleich der verschiedenen Meinungen über die einschlägige Materie. Auch die “ der Arbeiter könnten das Gesetz als einen Fortschritt an⸗ erkennen.
Der Abg. Gamp (Rp.) wies die Angriffe zurück, welche in erster Lesung der Vorlage der Abg. Zimmermann gegen die Firma Caesar Wollheim gerichtet hatte.
Der Abg. Gerisch (Soz.) erkärte namens der Sozialdemokraten, en. das Gesetz in der vorliegenden Fassung nicht annehmen
nnten.
In der Spezialdiskussion wurden die drei ersten Para⸗ graphen des Gesetzentwurfs ohne Debatte angenommen.
(Schluß des Blattes.)
— In der heutigen (62.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, in welcher der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch, der Finanz⸗Minister Dr. Miquel, der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen und der Minister des Innern von Köller zugegen waren, wurde zunächst die Berathung über den Feseverdwurf be⸗ treffend die Bereitstellung von Staatsmitteln für Arbeiter⸗ und Beamtenwohnungen, fortgesetzt.
Abg. Bueck (nl.): Meine politischen Freunde und ich stehen der Vorlage sympathisch gegenüber, obgleich ich für meine Person be⸗ kennen muß, daß ich die sozialen Verhältnisse nicht für so schlimm halte, wie sie mit Vorliebe geschildert werden. Freilich ist be⸗ züglich der Arbeiterwohnungen bisher verhältnißmäßig wenig ge⸗ schehen. Es sind hier verschiedene Bedenken gegen das Gesetz verlautbart worden, die aber durch die Er⸗ klärungen der Herren Minister abgeschwächt worden sind. So wurde namentlich hervorgehsben, daß durch die Bauthätigkeit des Staats die private Unternehmungslust bedrückt werden würde. Diese Gefahr ist aber dadurch beseitigt worden, daß, nach den uns gewor⸗ denen Erklärungen, die Bauthätigkeit des Staats nur da eintreten soll, wo die private Bauthätigkeit nicht genügend rege ist, sowie daß der Staat Darlehen an private Bauunternehmer oder Genossenschaften er⸗ theilen soll, die den Bau von Arbeiterwohnungen unternehmen wollen. Die Regierung verfolgt damit ein durchaus richtiges Prinzip, indem sie auf diesem Wege einem dessen bedürftigen Stande eine Wohlthat angedeihen lassen will, ohne den übrigen Steuerzahlern eine Last auf⸗ zuerlegen. Die Frage entsteht nur noch, ob dies sich praktisch wird durchführen lassen. Der Staat baut zu luxuriös. Es ist ja gewiß ein idealer Zustand, wenn der Arbeiter sich ein eigenes Haus erwerben kann, aber wenn man Idealen nach⸗ strebt, verliert man leicht den festen Boden. Die private Bau⸗ thätigkeit hat die Ideale von vornherein fallen lassen. Sie hat sich darauf beschränkt, 2 raktisches und Nützliches zu schaffen. Aus diesem Grunde haben z. B. die Baugenossenschaften vielfach, wenn auch in beschränktem Maße, das Kasernensystem beibehalten. Der Staat würde daher gut thun, sich gleichfalls zu Gunsten der praktischen Durchführbarkeit Beschränkungen aufzuerlegen. Nach den Aus⸗ führungen des Herrn Ministers der öffentlichen Arbeiten scheint man in dieser Beziehung schon auf dem richtigen Wege zu sein. Die hier erörterte Frage bezüglich der Schwierigkeiten, Wohnungen für unverheirathete Arbeiter zu schaffen, ließe sich wohl am besten durch Ueberweisung von ganzen Häusern an ledige Arbeiter lösen, in der ee gna diese einen kleinen Staat mit Selbstverwaltung in ihrem Hause bilden. Ich kann nicht umhin, zu erklären, daß es uns sehr befriedigt hat, dieser Vorlage zu entnehmen, daß der Staat ein Peinzip anerkennt, welches unsere Fraktion stets für richtig gehalten hat, daß nämlich der Staat, wo es noth thut, mit seinem Kredit eintritt, um zu helfen, ohne den übrigen Steuerzahlern neue Lasten aufzuerlegen, und daß er der arbeits⸗ freudigen Bevölkerung zu einer Zeit Arbeit zuweist, wo sie sie sonst nicht findet. Ich stelle den Antrag, die Vorlage nicht, wie vor⸗ geschlagen, der Budgetkommission, sondern im Interesse der schnellen und guten Erledigung der Sache an eine besondere Kommission von 14 Mitgliedern zu überweisen.
(Schluß des Blattes.)
— Die XVI. Kommission des Reichstags zur Vorberathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Abänderung des EE es vom 8. Juli 1867, hat sich kon⸗ tituiert und zu ihrem Vorsitzenden den Abg. Dieden, zu dessen Stellvertreter den Abg. von Staudy, zu Schriftführern die Dr. Goertz und Dr. Pichler gewählt.
Die Enthüllung der von Professor Schaper ausgeführten
Büste von Ernst Curtius im Syngros⸗Museum zu Olympia am 19. April hat sich zu einer reichen Feier gestaltet, über deren Verlauf jetzt auch die besonders ausführlichen Berichte der griechischen Zeitungen vorliegen. Olympia hat seit der Zeit der großen Spiele kaum wieder eine so ansehnliche Fest⸗ Ne auf seinem Boden gesehen, wie bei dieser Ge⸗ egenheit.
Die Freunde und Verehrer des Gefeierten hatten die Leitung des Festakts in die Hand des Ersten Sekretärs des Kaiserlichen archäologischen Instituts, des Herrn Prof. Dörp⸗ feld gelegt, welcher selbst an den Ausgrabungen in Olympia einen hervorragenden Antheil genommen hat. Dieser ver⸗ anstaltet jährlich in günstiger Frühlingsjahreszeit Studien⸗ reisen durch Griechenland, und auf einer dieser Reisen wird auch Olympia besucht, um dessen Denkmäler, wie sie unter dem Hochseligen Kaiser Wilhelm I. auf Kosten des Deutschen Reichs nach Anregung und unter Leitung von Curtius wieder⸗
ewonnen sind, zu betrachten und zu erläutern. Die
eier war auf einen Tag gelegt, an welchem eine solche Reise⸗
gesellschaft in Olympia sein sollte. Zu ihr gesellten sich dort G 8