1895 / 109 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 07 May 1895 18:00:01 GMT) scan diff

liebten Flammkohlenzechen. Die Bemühungen des Syndikats, die

Ausfuhr der Rubrkohlen zu vergrößern, finden bei der englischen Kohlenindustrie lebhaften Widerstand. Die englischen Kohlenpreise haben gegenwärtig den niedrigsten je gekannten Stand erreicht, und wenn es trotzdem gelungen ist, an der deutschen Nordküste fortwährend an Boden zu gewinnen, so ist das lediglich dem einmüthigen Vorgehen,

wie es nur durch das Kohlensyndikat zu ermöglichen war, zuzuschreiben. 8 Von der Leipziger Monatsschrift für Textil⸗

ndustrie, die von Theodor Martin'’s Textilverlag in Leipzig heraus.

gegeben wird, liegt das vierte Heft des zehnten Jahrgangs vor. In dem neuen Heft wird nach einem kurzen Eingangsartikel der Bericht des Webschul⸗Direktors E. Lembcke in Krefeld „Ueber die Textil⸗In⸗ dustrie und deren Maschinen in den Vereinigten Staaten“ zu Ende geführt. Inhaltlich besonders reich ist die Rubrik, welche das Gebiet der Spinnerei behandelt. Den Fachmann dürfte eine Abhandlung des Ingenieurs Otto Johannsen, Fachschul. Direktors in Reut⸗ lingen, „Ueber die Bestimmung der Dimensionen des Selfaktor⸗ kötzers“ interessieren; von allgemeinerem Interesse dagegen sind die weiteren Mittheilungen über „bauliche und maschinelle Einrichtungen moderner Baumwollspinnereien“, die eingehende Beschreibung der „Neueinrichtungen der Baumwollspinnerei am Stadtbach in Augsburg“ u. a. m. Lehrreiche Aufsätze finden sich ferner in den Abtheilungen des Heftes, in welchen die Weberei, Wirkerei, Färberei und verwandte Gebiete behandelt werden. Das Beiblatt „Der Musterzeichner“ ent⸗ hält wieder ein Blatt der für die „Monatsschrift“ gewebten Stoffmuster.

Verkehrs⸗Anstalten.

Der Postdampfer „Zaandam“ der Niederländisch⸗Amerika⸗ nischen Dampfschiffahrts⸗Gesellschaft ist am 6. Mai in New⸗York angekommen. 8 Triest, 6. Mai. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Ettore“ ist, von Konstantinopel kommend, gestern Nachmittag hier angekommen. London, 6. Mai. (W. T. B.) Der Castle⸗Dampfer „Dunottar Castle“ ist am Sonnabend auf der Ausreise von Southampton abgegangen. Der Castle⸗Dampfer „Lismore Castle“ ist gestern auf der Ausreise in Kapstadt angekommen. Der Castle⸗Dampfer „Methven Castle“ ist am Sonnabend auf der Ausreise in Durban (Natal) angekommen. Der Union⸗ Dampfer „Spartan“ ist am Sonnabend auf Ausreise von

Southampton abgegangen. 8

Theater und Musik. Lessing⸗Theater. 1 8

Am Sonnabend gelangte Alexandre Bisson's Schwank „Madame Bonivard“, der vor mehreren Jahren im Wallner⸗ Theater zahlreiche Wiederholungen erlebte, zur ersten Aufführung und erzielte den gleichen Lacherfolg wie dort auf der Bühne des Lessing⸗ Theaters. Unter den Darstellern trat Fräulein Marie Meyer, welche die Titelrolle gab, am meisten in den Vordergrund; bei einem Vergleich mit der Frau Schramm, welche die Rolle im Wallner⸗ Theater zu so durchschlagender Wirkung brachte, mußte Fräulein Meyer's Leistung besonders imponieren; sie betonte das Drastisch⸗ komische der Gestalt nicht so nachhaltig wie ihre Vorgängerin und befleißigte sich überall einer gewissen künstlerischen Zurückhaltung, die der gesammten Aufführung zu gute kam. Im übrigen kann man von einem flotten und frischen Zusammenspiel berichten, bei dem die Herren Franz Guthery (Bourgeneuf), Oskar Sauer (Henri Duval), Franz Schönfeld (Champeaux) und die Damen Tilly Waldegg (Diane Duval) und Marie Elsinger (Gabrielle) alle an ihrem Plaße Tüchtiges leisteten, sodaß sich die dem Schwank innewohnende

ustigkeit ungeschmälert auf die Zuschauer übertrug. Im Königlichen Opernhause findet morgen die dritte Aufführung von Wilhelm Kienzl's musikalischem Schauspiel „Der Evangelimann“ (Herren Sylva, Bulß, Damen Pierson, Goetze) unter Kapellmeister Dr. Muck's Leitung statt.

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen Nicolay Gogol'’s Lustspiel „Der Revisor“ (Herren Vollmer, Klein) gegeben. Am Donnerstag geht nach mehrjähriger Pause Goethe’s „Torquato Tasso“, mit Herrn Matkomsky in der Titelrolle, neueinstudiert in Scene.

Im Neuen Theater gelangt, wie bereits gemeldet, morgen Pinero's Schauspiel „Die zweite Frau“ (The second Mrs. Thanqueray) zur ersten Aufführung.

In dem am Freitag in der Philharmonie stattfindenden Konzert des Sängerbunds des Berliner Lehrervereins (Leiter: Professor F. Schmidt) zum Besten der Lehrer⸗Wittwen⸗ und Waisenkasse übernimmt Fräulein Amelia Heineberg die pianistische Mitwirkung mit Liszt's XII. Rhapsodie und Moritz Moszkowski's Pibce „Rococo“. Fün das Konzert der Altistin Fräulein Lina Rücker (Saal Bechstein, am Donnerstag) hat der Königliche Herr Felix Myeyer seine Mit⸗

Kammervirtuose wirkung zugesagt. Abend Ernst's

Der Künstler wird an diese

„Ungarische Weisen“, eine Legende von Bohm und „Moto perpetuo“ von Ries zu Gehör bringen. Für die zehn Philharmon schen Konzerte der kommenden Saison werden Anmeldungen zur Abonnements⸗Erneuerung, sowie Abonnements⸗Neuanmeldungen schon jetzt in der Hofmusikalienhandlung von Ed. Bote u. G. Bock, sowie bei der Konzertdirektion Hermann Wolff, Am Karlsbad 19, entgegen⸗ genommen. .

Jagd. Zusammenstellung. 8 des im Bezirk des Königlich preußischen Hof⸗Jagdamts in der Jagd⸗Saison 1894/95 erlegten Wildes und Raubzeugs.

A. Auf Hofjagden wurden erlegt: am 9. November 1894 in der Fasanerie Entenfang in 3 Standtreiben 2 Rehe, 448 Fasanen, 15 Hasen, 7 Rebhühner, 1 Verschiedenes; am 23. und 24. November in der Kolbitz⸗Letzlinger Heide in 3 Lappjagen mit Abstellung auf Damwild, 1 Suche mit der Findermeute auf Sauen 144 Schaufler, 365 Spießer und Wild, 320 grobe Sauen; am 12. und 13. Dezember im Saupark bei Springe in 1 abgestellten Jagen auf Dam⸗ und Schwarz⸗ wild, 2 Suchen mit der Findermeute auf Sauen 9 Schaufler, 21 Spießer und Wild (Damwild), 142 grobe, 195 geringe Sauen; am 21. Dezember in Königs⸗Wusterhausen in 2 abgestellten Jagen auf Damwild und Sauen 77 Schaufler, 190 Spießer und Wild, 133 grobe, 45 geringe Sauen; am 28. Dezember auf der Insel Pots⸗ dam in 4 Standtreiben, 1 Streife 664 Hasen; am 11. Januar 1895 in Britz, Buckow, Gr.⸗Ziethen in 2 Standtreiben 923 Hasen.

B. Auf Hof⸗Jagdamts⸗Jagden wurden erlegt: am 5. Ja⸗ nuar 1895 in Lankwitz und Mariendorf in 3 Kesseln, 1 Standtreiben 662 Hasen; am 7. Januar in Kiekebusch und Rotzis in 4 Kesseln, 1 Standtreiben 336 Hasen, und im Fürstenwald bei Ohlau in 1 Kessel, 2 Streifen 2 Rehe, 27 Fasanen, 457 Hasen, 5 Verschiedenes; am 14. und 15. Januar im Feldjagdgehege bei Cassel in 8 Kesseln

755 Hasen.

C. Auf der Pürsche, Suche, kleinen Treibjagden u. s. w. wurden erlegt sowie durch Fang erbeutet: im Hochwildgehege Schorf⸗ heide, Grunewald, Königs⸗Wusterhausen, Göhrde, Springe, Kirchrode und Kolbitz⸗Letzlinger Heide 145 Hirsche, 355 Spießer und Wild (Rothwild), 196 Schaufler, 712 Spießer und Wild (Damwild), 33 grobe, 102 geringe Sauen, 113 Rehe, 1 Fasan, 964 Hasen, 107 Rebhühner, 213 Gänse, Enten, Schnepfen u. s. w., 225 Reiher, Kormorane u. s. w., 137 Füchse, 27 Marder, 22 Iltisse, 98 Raub⸗ vögel, 265 Verschiedenes; im Wildpark, Fasanerie und Neiviagdgehege Insel Potsdam 8 Hirsche, 5 Spießer und Wild (Rothwild), 1 Schaufler, 64 Rehe, 410 Fasanen, 334 Hasen, 207 Rebhühner, 59 Gänse, Enten, Schnepfen u. s. w., 2 Reiher, Cormorane oder dergl., 9 Füchse, 8 Marder, 26 Iltisse, 36 Wiesel, 37 Raubvögel, 763 Verschiedenes; im Stadtforst Spvandau 11 Spießer und Wild (Damwild), 20 Rehe, 82 Hasen 105 Rebhühner, 22 Gänse, Enten, Schnepfen u. s. w., 6 Füchse, 1 Marder, 1 Iltis, 5 Wiesel, 1 Raubvogel, 41 Ver⸗ schiedenes; im Feldjagdgehege bei Berlin 3 Rehe, 1 Fasan, 188 Hasen, 1339 Rebhühner, 2 Gänse, Enten, Schnepfen oder dergl., 5 Füchse, 6 Marder, 10 Iltisse, 60 Wiesel, 19 Raubvögel, 189 Verschiedenes; im Fürstenwald und Feldjasdgehege bei Ohlau 32 Rehe, 145 Fasanen, 719 Hasen, 356 Rebhühner, 9 Marder, 34 Iltisse, 37 Wiesel, 254 Raubvögel, 755 Verschiedenes; im Feldjagdgehege bei Cassel 7 Rehe, 32 Hasen, 153 Rebhühner, 6 Gänse, Enten, Schnepfen u. s. w., 1 Reiher, Cormoran oder dergl., 16 Füchse, 1 Marder, 24 Iltisse, 24 Wiesel, 33 Raubvögel, 288 Verschiedenes. 3

Die gesammte Jagdbeute betrug 153 Hirsche, 360 Spießer und Wild (Rothwild), 427 Schaufler, 1299 Spießer und Wild (Dam⸗ wild), 628 grobe, 342 geringe Sauen, 243 Rehe, 1032 Fasanen, 6161 Hasen, 2274 Rebhühner, 302 Gänse, Enten, Schnepfen u. s. w., 228 Reiher, Kormorane u. s. w., 173 Füchse, 52 Marder, 117 Iltisse, 162 Wiesel, 442 Raubvögel, 2307 Verschiedenes.

Mannigfaltiges.

MNach Allerhöchster Bestimmung Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin findet die diesjährige Generalversammlung des Vaterlän⸗ dischen Frauenvereins am

Donnerstag, den 9. Mai 1895, Vormittags 11 Uhr, in der Sing⸗Akademie 3 statt, wozu wir alle Mitglieder des Hauptvereins sowie unserer Zweig⸗ und Hilfsvereine hierdurch freundlichst einladen.

Zur Legitimation beim Eingang dient die Quittung über den ge⸗ zahlten Vereinsbeitrag. Deer Vorstand des Vaterländischen Frauenvereins.

Charlotte Gräfin von Itzenplitz.

Die Gedenkfeier für Gustay Freytag, welche der Verein „Berliner Paesse“ am 19. d. M., Mittags 12 bis 1 Uhr, im Festsaale des Rathhauses veranstaltet, wird durch einen Prolog von

11“

8 3 Ernst von Wildenbruch eingeleitet werden. Die Gedächtnißrede hält Professor Dr. Erich midt. Vorträge eines Gesangvereins werden die Feier eröffnen und schließen. Den Prolog wird Fräulein Nuscha Butze sprechen, die als langjähriges Mitglied des Wiesbadener Hoftheaters dem verstorbenen Dichter önlich bekannt war.

Der Verein zur Beförderung des Gewerbfleißes hat in seiner gestrigen Sitzung zwei neue industrielle Preisaus⸗ schreibungen zu erlassen beschlossen. Für jede der beiden Auf⸗ gaben ist ein Preis von 3000 und eine silberne Denkmünze aus⸗ esetzt. Die eine Preisausschreibung betrifft die Frage der Unter⸗ F v. der Fette. Die bisherigen Untersuchungsmethoden sind theils zu schwierig. theils in ihren Ergebnissen unsicher, theils auch noch nicht genügend geprüft. Zweck der Ausschreibung ist es nun, ein einfaches und zuverlässiges Untersuchungsverfahren zur Unter⸗ scheidung der Fette zu gewinnen, ein Verfahren, das vor allem auch von Laien anwendbar sein muß. Die zweite Preisausschreibung betrifft das Verhalten mehrerer gleichzeitig vorhandener Metalle bei elektrolytischer Lösung und Fällung unter den in der Großindustrie gegebenen Verhältnissen. Die von dem Verein früher erlassene Preisaufgabe über Eisenanstrich hat 5 Bewerbungen gefunden. Vier der Arbeiten waren ungenügend; die fünfte brachte zwar keine volle Lösung der Aufgabe, enthält jedoch soviel vortreffliches Material, daß der Verein beschloß, dem bisher noch nicht bekannt gegebenen Verfahren zwar nicht den vollen Preis, wohl aber die Medaille und außerdem 2000 zu bewilligen, falls derselbe dem Verein die Arbeit zur Ver⸗ öffentlichung überläßt. 1

Im wissenschaftlichen Theater der Urania hielk am Sonnabend Abend Herr Dr. P. Schwahn einen interessanten Vortrag über das Laibacher Erdbeben. Der Vortragende war im Auftrage des Instituts im Verein mit Herrn Professor Dr. Lubarsch nach Laibach gereist und erläuterte seine auf eigenen Anschauungen beruhenden

Mittheilungen durch eine große Reihe von dem letzteren angefertigter

pbotographischer Aufnahmen. Diese bestanden in Ansichten der Stadt und der zahlreichen beschädigten öffentlichen Bauwerke, Kirchen und Wohnhäuser, der primitiv eingerichteten Baracken und Schuppen, in denen die geängstigten Bewohner Zuflucht gelucht haben,

der zum Kampieren im Freien eingerichteten Plätze, der Zeltlager der

Offiziers⸗ und Beamtenfamilien ꝛc. Momentaufnahmen veranschau⸗ lichten ferner in drastischer Weise die Scenen bei der Vertheilung von Lebensmitteln an die hungernden Obdachlosen. Besonders lenkte der Redner die Aufmerksamkeit noch auf die eigenthümlichen Verdrehungen der oberen Theile der Kirchhofsdenkmäler, steinernen Thorpfeiler und Kirchthürme, welche in ihrer Uebereinstimmung deutlich auf die Richtung der Erdstöße hinweisen. Auch die vermuthliche Ursache des Erdbebens erörterte Redner im Anschluß an Beobachtungen bei früheren Katastrophen ähnlicher Art in dem dortigen Gebiet und unter kritischer Abweisung der Falb'schen Theorie. Der Vortrag war durch die Erzählungen von Bewohnern, welche die Schreckensnacht miterlebt, sowie durch die Schilderung der vielen tragikomischen Situationen, welche das Erdbeben für die Be⸗ wohner im Gefolge hatte, interessant gestaltet. Mit einem Appell an die Mildthätigkeit für die armen Opfer der Katastrophe schloß der Redner. . .

Morgen Abend findet in der Urania bereits wieder eine Premisre statt, und zwar wird Herr R. Tabbert, der sich längere Zeit in Süd⸗Afrika aufgehalten hat, nach seinen eigenen Erlebnissen die „Afrikanische Schatzkammer, die Goldfelder Transvaals“ schildern. Eine große Zahl an Ort und Stelle gemachter Aufnahmen wird den Vortrag illustrieren.

Die soeben erschienene Sommer⸗Ausgabe des „Berliner Verkehrs⸗Lexikons“ (herausgegeben von Marx Schildberger; Preis 40 ₰) enthält in gedrängter Kürze und übersichtlicher An⸗ ordnung alles, was das öffentliche Berlin und seinen Verkehr betrifft. Bei jeder Straße ist vermerkt, wo sie zu finden ist und welche Verkehrslinien zu ihr führen. Ferner giebt das Buch die Besuchs⸗ und Bureauzeiten aller öffentlichen Institute und Behörden an und ertheilt auch über den Berliner Eisenbahnverkehr willkommene Aus⸗ kunft. Der neu beigefügte Plan von Berlin ist eine angenehme Zu⸗ gabe. Die gebundene Ausgabe (Preis 70 ₰) ist mit einer originellen Titelzeichnung von Professor Döpler d. J. geschmückt.

Kattowitz, 6. Mai. In dem österreichischen Dorse Brzezinka, wo in der vergangenen Woche bereits 65 Besitzungen eingeäschert wurden (vergl. Nrn. 103 u. 104 d. Bl.), sind laut Meldung des „W. T. B.“ heute früh wiederum mehrere Gebäude niedergebrannt.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.) 8

Lessing⸗Theater. Mittwoch: Madame Boni⸗

ericht vom 7. Mai 20 r Morgens.

Wetrterb 8 U

2

temperaturen gestern im Binnenlande fast überall Grad. Fortdauer der bestehenden Witterungs⸗ verhältnisse wahrscheinlich.

vard. Anfang 7 ½ Uhr. Deutsche Seewarte.

Stationen. Wind. Wetter.

in 0 Celsius

Bar. auf 0Gr. 1. d. Meeressp Temperatur

5⁰0 C. = 40 R.

2₰222u. d.

O 2 wolkenlos SO Awolkenlos. NO 1 Dunst

NNO dLwolkenlos I still wolkenlos WNW 2 balb bed. still wolkenlos NNO 1 wolkig

Belmullet .. Aberdeen.. Christiansund Kopenhagen. 3

randa. St. Petersbg. Moskau..

Cork, Queens⸗ , O Cherbourg. ONO III“ O E11“”“ O mburg.. OSO winemünde NO Neufahrwasser O Memel.. 8 O

5— 761 .. ünster. 771 NO wolkenlos Karlsruhe. 767 NO 5 wolkenlos Wiesbaden —. 768 NO 5 wolkenlos München. . 767 O 5 wolfenlos Chemnitz .. 771 O 3 wolkenlos Berlink... 774 OSO Zwolkenlos Wien 770 stih wolkig

773 ONO Lwolkenlos

763 NT 3 bedeck 13 761 O 1 bedeckt 765 ONO 4 wolkenlos

Uebersicht der Witterung.

Die Luftdruckvertheilung hat sich seit gestern wenig verändert, und daher dauert über Zentral⸗ Europa die ziemlich lebhafte, vorwiegend östliche Luftströmung fort. Auch das Wetter zeigt über Deutschland wenig Aenderung, allenthalben herrscht wolkenlose, trockene Witterung, die Morgentempera⸗ turen sind fast überall niedriger als vor 24 Stunden, indessen erreichten oder überschritten die Nachmittags⸗

haus.

SAS red. in Millim.

22ö2=2

heiter wolkenlos wolkenlos

heiter wolkenlos heiter balb bed.

wolkenlos

Graeb.

½ Uhr.

beSSbo Eoon

gesindel.

Male:

Theater⸗Anzeigen. 8

Königliche Schauspiele. Mittwoch: Opern⸗ 116. Vorstellung. Der Evangelimann. Musikalisches Schauspiel von Dr. Leopold Florian Meißner erzählten wahren Begebenheit, von Wilhelm Kienzl. setzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dekorative Ein⸗ richtung vom Ober⸗Inspektor Brandt. Kapellmeister Dr. Muck. Anfang 7 ½ Uhr. Schauspielhaus. 122. Vorstellung. Der Revisor. Lustspiel in 5 Aufzügen von Nicolay Gogol, deutsch von Elsa von Schabelsky. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. beit Donnerstag: Opernhaus. 117. Vorstellung. Carmen. beiter 8 Oper in 4 Akten von Georges Bizet. Text von Henry Meilhac und Ludovic Halévy, nach einer Rovelle des Prosper Mérimée. (José: Herr Naval, vom Stadt⸗Theater in „.gn am Main, als letzte Gastrolle.) Anfang

Schauspielhaus. studiert: Torquato Tasso. zügen von Wolfgang von Goethe. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 ½ Uhr.

Dentsches Theater. Mittwoch: Das Lumpen⸗ Anfang 7 ½ Uhr.

Donnerstag: Die Weber.

Freitag (33. Abonnements⸗Vorstellung): Priuz Friedrich von Homburg.

Berliner Theater. 2: Die Ehre. rmann Sudermann. Donnerstag: Die Lästerschule.

Freitag (34. Abonnements⸗Vorstellung): Die Ehre.

in 2 Aufzügen, nach einer Carl Zeller.

In Scene ge⸗ Anfang 7 ½ Uhr.

Dirigent: Neues Theater.

4 Akten von A. Pincro. Deuts⸗

Anfang 7 ½ Uhr.

Mrs. Tanqueray.) Freitag: Demi⸗Monde.

Tanz von Emil von Alexandre Dumas.

Residenz⸗Theater. 123. Vorstellung. Neu ein⸗ Schauspiel in 5 Auf⸗

arbeitung von Benno Jacobson. Donnerstag und folgende Ehekontrakt.

Direktion: Julius Leben. Komische

Kapellmeister Ferron. Mittwoch: Zum ersten Donnerstag: Pariser Leben.

Schauspiel in 4 Akten von v11“

Anfang 7 ½ Uhr. Bentral-Theater. 5. Male:

Donnerstag: Der Herr Seuator. Freitag: Madame Bonivard. 8

friedrich ⸗-Wilhelmstüdtisches Theater.

Chausseestraße 25/26.

Mittwoch: Der Obersteiger. 3 Akten von L. Held und M. West. Regie: Herr Fredy. Kapellmeister Dahms. Ermäßigte Preise der

Donnerstag: Der Obersteiger.

Schiffbauerdamm 4a./5. Mittwoch: Zum ersten Male: Die zweite Frau. (The second Mrs. en —.) Schauspiel in von Carl Lindau.

Donnerstag: Die zweite Frau.

Sittenbild in 5 Akten

Blumenstraße Nr. 9. Direktion: Sigmund Lautenburg. Mittwoch: Fer⸗ naud’s Ehekontrakt. (Fil à la patte.) Schwank in 3 Akten von Georges Feydeau, in deutscher Be⸗ Anfang 7 ½ Uhr. Tage:

Theater Unter den Linden. Behrenstr. 55/57. ritzsche. Mittwoch: Pariser 1. perette in 5 Bildern nach dem Feandösischen des Meilhac und Halévy von Jaques

ffenbach. Regie: Herr Epstein. Dirigent: Herr Anfang 7 ½ Uhr.

Alte Jakobstraße Nr. 30. Direktion: Richard Schultz. Mittwoch: Zum Unter artistischer Leitung des Herrn Adolf Brakl vom Königl. Gärtnerplatz⸗Theater in

München: Figaro bei Hof. (Roccocco.) Operette in 3 Akten (nach Beaumarchais’ Memoiren) von Bohrmann⸗Riegen. Musik von Alfred Müller⸗ Norden. Anfang 7 ½ Uhr. 8

Donnerstag: Figaro bei Hof.

Vaudeville⸗Posse in Musik von Edmond Adolph Ernst.

woch: Madame Suzette. 3 Akten von Ordonneau. Audran. In Scene gesetzt von Anfang 7 ½ Uhr. Donnerstag: Madame Suzette. 1 Sonntag Nachmittags 3 Uhr: Bei halben Kassen⸗ preisen: Charley’s Taute.

Operette in Musik von Dirigent: Herr Plätze.

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Sophie Brück mit Hrn. Militär⸗ Intendantur⸗Assessor Dr. Wilhelm Schultz (Osna⸗ brück). Frl. Helene Goecke mit Hrn. Sec.⸗ Lieutenant org Heistermann von Ziehlberg (Montwy Inowrazlaw). Frl. Ella von Sprenger mit Hrn. Lieutenant Friedrich Franz Grafen von Schlieffen (Malitsch).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Prem.⸗Lieutenant de Cuvry (Colmar i. E.) Hrn. Rittmeister d. L. Joachim von Alvensleben (Falkenberg i. M.). Eine Tochter: Hrn. Legations⸗Sekretär Christoph Grafen Vitzthum von Eckstädt (Dresden). Hrn. Rudolf von Scheliba (Zessel). Hrn. Haupt⸗ mann Max von Hopffgarten⸗Heidler (Weimar).

(The second

Fernaud’s

Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin.

Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.

Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Acht Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage),

sowie die Inhaltsangabe zu Nr. 6 des öffeunt⸗

lichen Anzeigers (Kommanditgesellschaften auf

Aktien und Aktiengesellschaften) für die Woche vom 29. April bis 4. Mai 1895.

AdolphErnst⸗Theater. Lezte Woche. Mitt⸗

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗

Deutsche

eiger und Königlich Preufischen Stuuts⸗A

Berlin, Dienstag, den 7. Mai

Deutscher Reichstag. 75. Sitzung vom Montag, 6. Mai.

Bei der zweiten Berathung des von den Abgg. Auer und Genossen (Soz.) eingebrachten Gesetzentwurfs, betreffend das Recht der Versammlung und Vereinigung und das Recht der Koalition, erhält zu § 1, der allen Reichs⸗ angehörigen ohne Unterschied des Geschlechts das unbeschränkte Versammlungsrecht zuspricht, nach dem Abg. von Elm das Wort

Bayerischer Bevollmächtigter zum Bundesrath von Herr⸗ mann:

Meine Herren! Ich gedenke die Diskussion nicht lange aufzu⸗ halten, ich bitte mir aber zu gestatten, eine Aeußerung des Herrn Vorredners richtig zu stellen, die sich auf eine Bemerkung in meiner letzten Rede bezogen hat. Ich hatte damals gegenüber einem Zuruf des Herrn Abg. Grillenberger mich auf das Referat des Herrn Landtags⸗Abgeordneten Dr. Pichler zum Nachweis dafür bezogen, daß gewerkschaftliche Vereinigungen mit Frauen auch in Bayern eristieren und von der Regierung nicht behindert werden. Ich habe damals nur eine ganz kurze Stelle aus dem Pichler'schen Referat vorgelesen, und sie hat in der That zu Mißverständnissen führen können. Ich habe daher in meinem Stenogramm, wie der Herr Vorredner ganz richtig bemerkt hat, dies unterdrückt. Ich bin nun veranlaßt durch das, was er gesagt hat, die betreffende Stelle aus dem Referat des Herrn Abg. Dr. Pichler vollständiger vorzuführen, und das hohe Haus wird daraus entnehmen, daß ich mich mit Recht auf das Pichler'sche Referat berufen habe zum Nachweis dafür, daß nicht nur gewerkschaftliche Vereinigungen mit weiblichen Mitgliedern in Bayern existieren, sondern daß sie auch von den bayerischen Behörden in keiner Weise gehindert werden. Das Referat lautet:

Daß die Gewerkschaften übrigens thatsächlich von den Staats⸗ behörden in Deutschland wie in Bayern als politische nicht ange⸗ sehen und behandelt werden, ist daraus zu entnehmen, daß dieselben den Artikeln 15 und 17 des Vereinsgesetzes nicht unterworfen werden. Nach Art. 17 ist politischen Vereinen nicht gestattet, mit anderen in Verbindung zu treten. Bei den Gewerkschaften bestehen aber nicht bloß einzelne lokale Verbände, sondern dieselben sind nach den verschiedenen Berufen zentralisiert, und die ganze Organisation hat eine gemeinsame leitende Stelle in der „General⸗Kommission der Gewerkschaften Deutschlands“ in Hamburg. Nach der im Korrespondenzblatt der General⸗ Kommission der Gewerkschaften Deutschlands’“ Nr. 21 vom 9. Oktober 1893 veröffentlichten Statistik für das Jahr 1892 ge⸗ hörten zu dieser zentralisierten Organisation gerade auch die hier in Frage stehenden Gewerkschaften der Metallarbeiter mit 334 Zweigvereinen, Schneider mit 185 Zweigvereinen und Terxtilarbeiter mit 56 Zweigvereinen. Denselben gehören nach derselben Statistik 152 resp. 131 und 620 weibliche Mitglieder an. Unterverbände dieser Gewerkschaften bestehen auch in Bayern; z. B. in dem „Wegweiser durch die Münchener Gewerkschaften“ vom Februar 1891 ist eine Zahlstelle des „Deutschen Schneider⸗ und Schneiderinnen⸗Verbands“ in München aufgeführt.

Sonach sind die vorgenannten Gewerkschaften nicht bloß der Natur der Sache nach als nichtpolitische Vereine zu behandeln, sondern sie werden auch thatsächlich von den bayerischen Staatsbehörden selbst als nichtpolitische Vereine betrachtet; sie genießen den Schutz des § 152 der Reichs⸗Gewerbeordnung.

Ich glaube Ihnen damit nachgewiesen zu haben, daß ich letzthin

nicht unrichtig aus diesem Referat zitiert habe.

Abg. Lenzmann (fr. Volksp.): Die Behauptung des Abg. von Elm, die freisinnige Volkspartei sei eine Gegnerin der Koalitions⸗ freiheit, ist nicht richtig. Die freisinnige Volkspartei hat durch ihr Verhalten bei dem großen Bergarbeiterstrike bewiesen, daß sie nicht bloß auf dem Papier für das freie Vereins⸗ und Versammlungsrecht und die Koalitionsfreiheit eintritt. Was den vorliegenden Antrag betrifft, so wird meine Partei abwarten, wie sich das Haus zu dem § 1 stellt, um eventuell eine Amendierung der anderen Paragraphen zu versuchen. Wenn das Vereins⸗ und Versammlungsrecht geregelt wird, so muß dabei auch die Ueberweisungsfrage geregelt werden. Ich bin für die Ausdehnung der Vereins⸗ und Koalitionsfreiheit auf die Frauen, halte aber die Betheiligung der Minderjährigen an poli⸗ tischen Versammlungen für unzulässig.

Abg. von Czarlinski (Pole): Den Worten, welche der Abg. Freiherr von Hodenberg in der ersten Berathung des Antrags über die Behandlung des bestehenden Vereins⸗ und Versammlungsrechts sprach, müssen wir uns anschließen. Mit Recht wird auch beklagt, daß die Aufsicht nicht immer von Leuten ausgeübt wird, die dafür das nöthige Verständniß haben. Uns scheint es insbesondere, als ob die Polen hintangesetzt würden. Die Tendenz des eingebrachten Gesetz⸗ entwurfs wird von uns durchaus gebilligt, wir wollen aber ein Gesetz nicht nur für Arbeiter, sondern für alle Be⸗ völkerungsklassen. Die Form, in welcher der Antrag die Tendenz verwirklicht, scheint uns auch nicht glücklich. Wir machen einen Unterschied zwischen politischen und nichtpolitischen Versamm⸗ lungen. Wir wünschen die Feanen nicht aus ihrer erhabenen und ge⸗ müthvollen Sphäre in die Politik hineingerissen zu sehen. Auch die lernende Jugend soll noch nicht in den Kampf treten. Deshalb könnten wir nur der Aufforderung an die Regierung zustimmen, endlich ein einheitliches Vereins⸗ und Versammlungsrecht zu schaffen.

Abg. Dr. Hach njck⸗ (fr. Vg.): Am schlimmsten sieht es mit dem Vereinsrecht in Mecklenburg aus, viel besser freilich in Preußen auch nicht. Ein gutes Vereinsrecht müßte von dem Wunsch diktiert sein, die zffentlichen Angelegenheiten in angemessener Form ohne Unterdrückung des freien Meinungsaustausches zur Verhandlung kommen zu lassen. Wenn der sozialdemokratische Gesetzentwurf für uns annehmbar werden sollte, würden eine Reihe von Amendements nöthig sein. Ein Bedürfniß zur Erweiterung des Frauenrechts nach der politischen Seite hin scheint uns zur Zeit nicht vorzuliegen. Vor allem aber halten wir einen Zeitpunkt, in welchem über ein Umsturz⸗ gesetz beschlossen werden soll, nicht für geeignet, Aussicht auf ein gutes neues Vereinsgesetz zu eröffnen. Wir werden deshalb gegen den sozial⸗ demokratischen Gesetzentwurf stimmen.

Abg. Stol le (Soz.): Wir haben in Sachsen nicht mehr das Recht, Pzersenunlungen ab uhalten; denn wenn freilich nach dem Gesetz

ieses Recht allen in gleichem Maß zusteht, so entspricht das nicht

den Intentionen der Regierung, und der sächsische Minister des Innern hat angeordnet, daß gegen die Sozialdemokraten schärfer vorgegangen werde als gegen andere Parteien. Selbst die Wählerversammlungen wurden aufgelöft. So wurde eine Wählerversammlung zur Berathung der Umsturzvorlage aufgelöst, weil sie sich „als jozialdemo⸗ kratische kennzeichne“. Wer darf uns das Recht ab⸗ sprechen, über die Angelegenheiten des Staats zu reden? Ein konservativer Verein, ein Verein also, der zur Ordnungspartei gehört, hat einen Aufruf erlassen, der die Aufhebung verfassungs⸗ mäßiger Rechte verlangt. Dieser Aufen ist durch Staatsbeamte und Kommunalbeamte verbreitet worden, ohne daß dagegen eingeschritten worden wäre. Wir verlangen vor allem Gleichberechtigung mit den anderen Parteien. Die sächsische Bevölkerung wäre, gepeinigt durch die Handhabung des Vereinsgesetzes, schon längst zum Aufruhr ge⸗ schritten, wenn die sozialdemokratischen Führer nicht verständig genug wären, sie davon abzuhalten.

Bevollmächtigter zum Bundesrath, Königlich sächsischer Gesandter Dr. Graf von Hohenthal und Bergen:

Meine Herren! Gegen den Schluß seiner Ausführungen hat der Herr Vorredner gesagt, daß ein Aufruf, dessen Inhalt er zum theil uns mitzutheilen die Güte hatte und von dem er gemeint hat, daß er von den Ordnungsparteien ausgegangen sei, durch Beamte kolportiert worden sei. Der Herr Vorredner hat dieselbe Behauptung in der Landtagssitzung vom 27. Februar 1894 aufgestellt. Es ist ihm damals vom Regie⸗ rungstisch aus erwidert worden, daß, wenn ein derartiges Kolportieren durch Beamte geschieht, dies den Intentionen der Regierung nicht entspricht. Zugleich ist er aufgefordert worden, den Beweis beizu⸗ bringen für das, was er gesagt hat. Der Herr Abg. Stolle hat diese Behauptung jetzt ebenso wiederholt. Daß er sie bewiesen hätte, kann ich für meinen Theil nicht anerkennen.

Im übrigen spreche ich mein Bedauern darüber aus, daß der Herr Vorredner am 1. Mai, an dem wir zunächst in die Berathung über den vorliegenden Entwurf eingetreten sind, wahrscheinlich durch größere Vergnügungen vom Erscheinen hier abgehalten gewesen ist (Heiterkeit); er würde, wenn er den Verhandlungen beigewohnt hätte, gewußt haben, daß ich die von ihm als besonders gravierend bezeichnete Rede des Herrn Ministers von Metsch in extenso vorgelesen habe, und er würde wissen, daß ich es abgelehnt habe, mich hier ausführlich auf die Handhabung des sächsischen Vereinsgesetzes einzulassen, weil diese Angelegenheit nach meiner Auffassung vor den sächsischen Landtag gehört. (Sehr richtig!) Ich beziehe mich auf diese Erklärung und lehne es hiermit nochmals ab, auf Einzelheiten bezüglich der Hand⸗ habung des Vereinsgesetzes einzugehen. Sollte der Herr Vorredner der Meinung sein, daß Justizverweigerung vorliegt, so stelle ich ihm anheim, den Weg, den die Verfassung, Art. 77, vorschreibt, einzu⸗ schlagen. Sie sagt:

Wenn in einem Bundesstaat der Fall einer Justizverweigerung eintritt und auf gesetzlichen Wegen ausreichende Hilfe nicht erlangt werden kann, so liegt dem Bundesrath ob, erwiesene, nach der Verfassung und den bestehenden Gesetzen des betreffenden Bundes⸗ staats zu beurtheilende Beschwerden über verweigerte oder gehemmte Rechtspflege anzunehmen, und darauf die gerichtliche Hilfe bei der Bundesregierung, die zu der Beschwerde Anlaß gegeben hat, zu bewirken.

Sollte er glauben, daß diese Vorschrift angewendet werden kann, so mag er sich an den Bundesrath wenden, dieser wird dann darüber zu befinden haben. Ich glaube aber, der Bundesrath wird zu einem negativen Votum gelangen.

Auf einige Punkte, die der Herr Abg. Stolle vorgebracht, will ich eingehen, ohne eine Verpflichtung dazu für mich anzuerkennen. Er hat uns eine Mittheilung gemacht, daß in Wurzen verschiedene Vereine zusammengetreten wären zum Zweck der Verhandlung über Stadtverordnetenwahlen, und hat hieran die Bemerkung geknüpft, diesen Vereinen, welche den sogenannten Ordnungsparteien angehörten, wären keinerlei Hindernisee in den Weg gelegt worden. Wenn die Sache sich in der That so verhält, wie der Herr Abg. Stolle es geschildert hat, so nehme ich keinen An⸗ stand, zu erklären, daß ich, wenn ich gefragt worden wäre, die Be⸗ hörde veranlaßt hätte, gegen diese Vereine einzuschreiten. Der § 24 des sächsischen Vereinsgesetzes gehört zu denjenigen Bestimmungen, die nach meiner Auffassung, und ich weiß, daß diese von meiner Regie⸗ rung getheilt wird, auf alle Vereine anzuwenden sind. Diese Vor⸗ schrift gehört zu denen, die ich in meiner Auslassung vom vorigen Mittwoch als dispositive bezeichnet habe: zu den Bestimmungen, be⸗ züglich deren, wie wir meinen, die Polizeibehörde nicht das Recht hat, Ausnahmen zu gewähren. Wenn also die Vereine in Wurzen in politischen Angelegenheiten sich mit einander in Verbindung gesetzt bätten, so hätte dagegen eingeschritten werden müssen.

Dann hat der Herr Vorredner mir vorgeworfen, ich hätte in meiner Ausführung am 1. Mai, bei der er nicht zugegen gewesen ist, gesagt, die Sozialdemokratie steuere der Anarchie zu. Ich glaube ihn wenigstens so verstanden zu haben. Ich habe das in dieser Rede nicht gesagt. Ich bitte ihn, mir die Stelle nachzuweisen, die er im Auge hat. Ich habe gesagt: dieser Gesetzentwurf ist weiter nichts als die gesetzliche Sanktionierung der Anarchie. Dabei bleibe ich aller⸗ dings stehen. (Heiterkeit und Zuruf links.) Ja, es ist eine Auf⸗ fassung. (SHeiterkeit.)

Dann hat der Herr Vorredner mit großer Emphase erklärt, daß es das Verdienst der sozialdemokratischen Führer sei, daß die sächsische Bevölkerung nicht schon längst, gepeinigt durch die Art und Weise, wie bei uns das Vereinsgesetz gehandhabt wird, zum Aufruhr ge⸗ schritten sei. Nun, dem muß ich mit aller Energie widersprechen. Wenn bei uns irgend jemand verständig ist, so ist es die Bevölkerung, und nicht die sozialdemokratische sog. Führerschaft. (Widerspruch links.) An den sozialdemokratischen Führern liegt es wahrlich nicht, daß bei uns alles bis jetzt ruhig und friedlich ab⸗ gegangen ist. Die sozialdemokratischen Führer, ich meine natürlich niemand hier im Hause (Heiterkeit), die haben alles Mögliche ge⸗ than, um die Bevölkerung aufzuhetzen und sie auf Wege zu bringen, auf denen ich sie nicht sehen möchte. Es ist der ruhige, verständige

gex.

hat, und ich hoffe, daß es auch in Zukunft so bleiben wird

(Bravo!)

Abg. geßen den

reichsgesetzliche Regelung für durchaus erforderlich halten.

Abg. von Elm (Soz.): Ich bitte den Abg. Lenzmann, mir einen Fall aus den letzten 20 Jahren zu nennen, wo die Freisinnigen für einen Strike eingetreten sind. Kein Organ ist auch gegen die Be⸗ thätigung der Vereins⸗ und Versammlungsfreiheit gehässiger auf⸗ getreten, als das Hauptorgan der freisinnigen Volkspartei. Gegen⸗ über verschiedenen Ausführungen des heutigen Tages will ich darauf hinweisen, daß wir die Frauen ja nicht zwingen wollen, den politischen Vereinen beizutreten. Dem deutschen meinwesen Schaden erstehen, wenn, ohne Unterschied des Geschlechts, kein Bürger gehindert würde, sich zu versammeln wo und wie er will.

Abg. Richter (fr. Volksp.): Der Abg. Lenzmann hat gesagt,

Und daraus macht der Abg. von Elm, daß der Abg. Lenzmann sich keine Versammlung ohne Polizei denken kann. Die „Freisinnige Zei⸗ tung“ ist für den Dortmunder Strike 1889 eingetreten (Zuruf: Buchdruckerstrike) nein, für den Buchdruckerstrike nicht, denn das ist eben der Unterschied zwischen uns und den Sozialdemokraten, daß Sie von ungerechtfertigten Strikes, die die Arbeiter auf das schwerste schädigen, zwar abrathen, aber wenn sie im Gange sind, sie unterstützen. Wenn Sie Ihre ganze parla⸗

mit diesem Antrage nur um eine Agitation zu thun ist, um eine Broschüre herauszugeben über das Vereinsrecht und seine Be⸗ schränkungen. Ich beantrage übrigens, über die einzelnen Sätze des § 1 getrennt abzustimmen.

Abg. Zubeil (Soz.): Die Wirthin eines Lokals in Zossen hat die Erlaubniß zur Abhaltung einer Versammlung in ihrem Lokal auf Einwirkung des dortigen Bürgermeisters zurückgezogen. Wenn derartige polizeiliche Beeinflussungen in der Nähe von Berlin möglich sind, wie wird es da erst in entfernteren Landestheilen aussehen!

Bevollmächtigter zum Bundesrath, preußischer Minister des Innern von Köller:

Ich möchte den Herrn Abgeordneten, der soeben gesprochen hat, bitten, daß, wenn er glaubt, daß ihm Unrecht geschehen ist, er sich an diejenige Behörde wendet, welche der betreffenden Orts⸗Polizei⸗ behörde vorgesetzt ist ich kann nicht gleich sagen, ob es der Land⸗

bekommen, und wenn ihm der Bescheid nicht konvenicren sollte, so würde ich dem Herrn Abgeordneten weiter rathen, daß er sich an die höhere Instanz wendet; schließlich wird die Sache wohl zu meiner Ent⸗ scheidung kommen. (Zuruf bei den Sozialdemokraten.) Daß das zwei Jahre dauern kann, bestreite ich. (Zuruf.) Und ob ich dann noch Minister bin, wie Herr Singer ruft, das wollen wir abwarten.

Wenn der Herr Abgeordnete jenen Vorfall hier in einem Lichte geschildert hat, wie er es that, und daran die Schlußfolgerung knüpfte,

dargestellt, oder ich weiß nicht, worüber er sich eigentlich beschwert. Der Herr Abgeordnete sagt, er habe eine Versammlung in Zossen angemeldet, habe mit einer Frau abgemacht, daß der Saal ihm zur

Saal zum Zweck einer Versammlung zu vermiethen, (Zuruf) in dieser Mittheilung wird dem Herrn Abgeordneten, wie er sagte, die Abschrift einer Erklärung der Saalbesitzerin mitgetheilt, worin dieselbe sagt, daß sie die Genehmigung, den Saal zu vermiethen, zurückzöge, und weiter die Erklärung abgiebt, daß sie das freiwillig gethan habe, das sind die Thatsachen, die bisher vorliegen, alles Andere sind Vermuthungen und Schlußfolgerungen, die bis dato durch nichts bewiesen sind. Es wirkte sogar komisch, als der Herr Ab⸗ geordnete sagte, die Namenszüge der Frau und die Schrift des Herrn

er zuvor gesagt hatte, der Herr Bürgermeister habe ihm in seinem Schreiben eine Abschrift jener Erklärung zugestellt. Ja, wenn nun

ich gar beiden

von jener Erklärung gefertigt hat, so finde Auffälliges darin, daß die Schriftzüge in stücken eine gewisse Aehnlichkeit miteinander haben. Also, wenn Sie eine derartige Beschwerde haben ich bin im preußischen Ministerum des Innern zu sprechen —, so wenden Sie sich an mich; im übrigen aber verdächtigen Sie nicht und greifen Sie nicht Polizeibehörden im Lande mit derartigen Sachen an, hinter denen nichts dahinter ist.

Abg. Stolle (Soz.): In Sachsen regiert die geheime Ober⸗ hofrathspartei, und die macht, was sie will. Wir treten deshalb mit unserem Antrage vor den Reichstag. In Sachsen können wir zu unserem Recht nicht kommen. Im Landtag steht uns eine geschlossene Phalanx entgegen, die uns nicht zu Worte kommen läßt.

Abg. Bebel (Soz.) widerspricht der Aeußerung des Abg. Richter, daß die sozialdemokratische Partei den Buchdruckerstrike unterstützt habe; 8 habe sich garnicht hineingemischt. Ebensowenig ist der Vor⸗ wurf begründet, daß die sozialdemokratische Partei den Antrag zu Agitationszwecken eingebracht hat: es handele sich doch bekanntlich um einen wichtigen Programmpunkt der Partei. Zur Agitation wird die Berathung über die Umsturzvorlage genügend Gelegenheit geben.

Abg. Richter (fr. Volksp.) giebt zu, daß in der That die sozial⸗ demokratische Partei als solche den Buchdruckerstrike nicht v habe, aber die Gewerkschaften, welche maßvolle Forderungen gestellt hätten, seien durch ihre Führer im sozialistischen Geiste verhetzt und dadurch der Strike verschärft worden.

Die beiden ersten Paragraphen des sozialdemokratischen Antrags werden sodann mit erheblicher Mehrheit abgelehnt, üv der Rest des Entwurfs durch den Abg. Singer zurückgezogen wird.

Um 5 Uhr wird hierauf Vertagung beschlossen.

Schrift

Sinn der sächsischen Bevölkerung, der bis jetzt Uaheil verhindert

örster (d. Refp.): Wir stimmen im wesentlichen ntrag von Elm, bitten jedoch die Regierung um eine aldige Vorlegung eines Reichs⸗Vereinsgesetzes, da auch wir eine

würde kein

wenn nicht die Bestimmung über das Auflösungs⸗ und Ueberwachungs⸗ recht geändert wird, sei der ganze Antrag der Sozialdemokraten nichts.

mentarische Kunst darauf verwenden, bei diesem Anlaß eine Polemik mit der freisinnigen Partei hervorzurufen, so beweist das, daß es Ihnen

rath oder der Regierungs⸗Präsident ist —; er wird dort seinen Bescheid

daß dort etwas Himmelschreiendes nach seiner Ansicht geschehen sei, so hat der Herr Abgeordnete den Hergang entweder nicht richtig

Disposition gestellt werde, und habe nachher einen Brief bekommen, worin ihm mitgetheilt sei, daß die Frau nicht geneigt sei, ihm den

Bürgermeisters hätten eine gewisse Aehnlichkeit miteinander, nachdem

der Bürgermeister selbst den Brief geschrieben und auch die Abschrift

(Heiterkeit.)