1895 / 111 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 09 May 1895 18:00:01 GMT) scan diff

zge doch die Minister mit mehr Nachsicht behandeln, es 1 in Deutschland üblich sei, und leerte schließlich ein Glas auf das Wohl der sächsischen Städte. Bei der Frühstückstafel toastete der Bürgermeister Dr. Beck⸗Freiberg auf den Fürsten, der zahlreiche Erzählungen aus seiner Ver⸗ gangenheit zum Besten gab. Die sächsischen Vertreter be⸗ gaben sich später nach Hamburg, wo ein Festmahl in der „Alsterlust“ und sodann eine Rundfahrt um die Alster statt⸗ fand. Heute früh folgte die Deputation einer Einladung des Ober⸗Bürgermeisters Fuß nach Kiel zur Besichtigung der

Holtenauer Schleuse.

Düsseldorf, 8. Mai. Der 39. Ferniss⸗ Pro⸗ vinzial⸗Landtag ist heute durch den Königlichen Landtags⸗ Kommissarius, Ober⸗Präsidenten der Rheinprovinz, Wirklichen Geheimen Rath Nasse mit folgender Ansprache geschlossen worden: 1

Hochgeehrte Herren! Wirksam Lenefehgt und gefördert durch den regen Fleiß Ihrer Kommissionen, haben Sie unter der beschiftatundigen Leitung Ihres Herrn Vorsitzenden die umfangreichen Arbeiten Ihrer diesmaligen

Tagung rasch erledigt. 2 8 Mit Hand haben Sie die Mittel zur Erfüllung der provinziellen Aufgaben bewilligt.

Daß diese Mittel im einzelnen eine sachentsprechende Verwendung finden werden, dafür bürgt Ihnen Ihre vortreffliche Verwaltung, welcher der Provinzial⸗Ausschuß in treuer Mitarbeit die Wege weist.

Reiche Belehrung und Anregung werden Sie, hochgeehrte Herren, und unsere Mitbürger in der Provinz wiederum aus den Verhand⸗

lungen dieses Hauses geschöpft haben. Mögen die gefaßten Beschlüsse der Provinz zum Segen gereichen, mögen insbesondere die landwirth⸗ schaftlichen Vereine sich des hohen Vertrauens würdig zeigen, welches ihnen durch ein verantwortungsvolles Votum der Provinzial⸗Landtag in der Ablehnung der Landwirthschaftskammer⸗Vorlage der Königlichen

Scttaatsregierung erwiesen hat! n 1 Auf Grund des § 26 der Provinzial⸗Ordnung schließe ich den 39. Provinzial⸗Landtag der Rheinprovinz.

Mecklenburg⸗Schwerin. 8

Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und der 1.“ haben gestern Cannes verlassen und sich zunächst nach Venedig begeben, wo, wie später in Wien, ein mehrtägiger Aufenthalt genommen werden soll. Die Ankunft

in Schwerin dürfte, den „Meckl. Nachr.“ zufolge, am 25. d. M. erfolgen 8 Brannschweig. Der Geburtstag Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Albrecht von Preußen, Regenten des Herzogthums Braun⸗ chweig, wurde in Braunschweig in der üblichen Weise gefeiert. Vorgestern Abend fand Zapfenstreich vor dem Schlosse, gestern Morgen Reveille, um 10 Uhr Festgottesdienst in der Hof⸗ und Domkirche und darauf um 11 ¼ Uhr große Parade auf dem Schloßplatze statt, welche von Seiner Königlichen Fehei dem Regenten, begleitet von Ihren Königlichen Hoheiten den Prinzen Friedrich Heinrich, Joachim Albrecht und Friedrich Wilhelm von Preußen, abgenommen wurde. Hierauf war Gratulationscour im Herzoglichen Schlosse. Nach einem gemeinschaftlichen Dejeuner egaben sich Ihre Königlichen Hoheiten der Regent, ie Prinzessin Albrecht und der Prinz Friedrich Wilhelm mittels Sonderzuges um 1 Uhr Mittags nach Schloß Blankenburg, wo um 5 ¼ Uhr Diner zu 27 Gedecken stattfand.

Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen Friedrich Heinrich und Joachim Albrecht begaben sich gestern Nach⸗ mittag wieder nach Bonn. 9 Anhalt. 8. Ihre Hoheiten der Herzog und die Herzogin sowie Durchlaucht die Prinzessin Alexandra sind gestern,

den⸗Baden kommend, wieder in Dessau eingetroffen

8eg

Oesterreich⸗Ungarn. Vormittag stellte sich, wie „W. T. B.“ meldet, in Pola vor dem Admiralitätsgebäude eine Huldigungsdeputation sämmtlicher Gemeinden Istriens und verschiedener Vereine und Genossen⸗ schaften des Landes ohne Unterschied der Nationalität und der Parteirichtung auf, um dem Kaiser ihre Huldigung darzubringen. Der Kaiser empfing den Landes⸗ hauptmann, zwei Mitglieder des Landesausschusses, die Bürgermeister von Parenzo und Rovigno, das Präsidium der Handelskammer und schließlich den Podestà von Triest. Auf der YNacht „Miramar“ empfing der Kaiser hierauf den Statthalter, den Bischof Flapp und das Domkapitel sowie Vertreter der Behörden von Pola. Der Budgetausschuß des österreichischen Abge⸗ ordnetenhauses nahm bei der weiteren Berathung des 8 Budgets das Kapitel „Lotto“ an. Im Laufe der Debatte er⸗ klärte der Finanz⸗Minister Dr. von Plener unter großem Beifall, die Regierung denke daran, das Lotto allmählich auf⸗ zuheben. Der Ausschuß nahm hierauf eine Resolution an, worin die Regierung aufgefordert wird, nach Durchführung der Reform der direkten Steuern das Lotto aufzuheben. Die Vereinigte Linke nahm gestern nach lebhafter Debatte folgende Resolution an: „Der Klub der Vereinigten Linken nimmt genehmigende Kenntniß, daß der 55b sofort nach dem Bekanntwerden der Interpellation Dipauli dieselbe in richtiger Erkenntniß ihrer politischen Trag⸗

Gestern

Klub erblickt in der Thatsache, daß eine große Zahl von Mit⸗ gliedern der koalierten arteien durch den einseitig unter⸗ nommenen Schritt eine jener Fragen, deren Zurückstellung unbedingt Voraussetzung des Bestandes der Koalition ist, auf die Tagesordnung gesetzt hat, eine Gefährdung der Koalition und spricht die bestimmte Erwartung aus, daß angesichts des offenen Gegensatzes zwischen den der Interpellation zu Grunde liegenden Anschauungen und den durch die Staatsgrundgesetze gewährleisteten Rechtszuständen die Ansichten der Partei mit Entschiedenheit zum Ausdruck gebracht werden.“ Auf eine Interpellation im Polenklub beschloß dieser nach den Aufklärungen des Kultus⸗Ministers Dr. von Ma⸗ deyski eine Resolution, worin der gegenwärtigen Regie⸗ rung Vertrauen bezüglich der Behandlung der kirchenpolitischen Fragen ausgedrückt und die Ueberzeugung ausgesprochen wird, daß die Freiheit der Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl

und den Gläubigen keinerlei Beeinträchtigung erleiden werde. Die „Budapester Korrespondenz“ ist von kompetentester Seite zu der Erklärung ermächtigt, da die Nachricht eines Wiener Blattes, wonach die ungarische Regierung eine

Note an den Grafen Kälnoky

weite zum Gegenstand acgsen- Erwägung gemacht hat. Der

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gerichtet hätte mit Mit⸗

theilungen über den Verlauf des Gesprächs e; dem Kultus⸗Minister Wlassies und dem Nuntius Agliardi, voll⸗ ständig erfunden sei. 1

Der ds.I Staatskassen⸗Ausweis für das erste Quartal 1895 weist eine Gesammteinnahme von 104,3 Millionen und eine Gesammtausgabe von 130,6

1894 um 6 Millionen ungünstiger. 1“

Großbritannien und Irland.

In der gestrigen Sitzung des Unterhauses beantragte Knox die zweite Lesung der Bill, betreffend die Aufhebung des Zwangsgesetzes für Irland. Der Chef⸗Sekretär für Irland Morley stimmte dem Antrage zu, befürwortete jedoch die Aufrechthaltung einiger Bestimmungen des Zwangs⸗ gesetzes. Gegen das Ende der Rede des Chef⸗Sekretärs erhob sich O Donovan⸗Rossa, der auf der Fremdentribüne der Sitzung beiwohnte, und rief laut: „In diesem Hause ist ein tödtlicher Streich gegen meinen Namen geführt und meine Ehre befleckt worden. Darum will ich sagen,“ weiter konnte Rossa nicht sprechen, denn er wurde ergriffen und so⸗ gleich aus dem Hause entfernt; auch wurde Anweisung ge⸗ eben, denselben nie wieder einzulassen. Die zweite Lesung er Bill wurde sodann mit 222 gegen 208 Stimmen an⸗

genommen. Rußland.

Gestern fand in St. Petersburg vor dem Kaiser die Revue über den zweiten Theil der Garde und andere Peters⸗ burger Truppen statt, der auch die Kaiserin Alexandra Feodorowna beiwohnte. Die Parade verlief ebenso zu⸗ friedenstellend wie die am 6. d. M. abgehaltene.

Italien. 1.“

Die „Gazzetta Ufficiale“ von gestern Abend veröffentlicht das Dekret des Königs und den Bericht des Ministe⸗ riums in Betreff der allgemeinen Wahlen. Nach einer Meldung des „W. T. B.“ heißt es in dem Bericht:

„Nach der aus Gründen der hohen Staatspolitik im Dezember v. J. erfolgten zeitweiligen Suspension des Parlaments habe man gehofft, wenn die Ruhe zurückgekehrt sein werde, das Parlament bald wieder einberufen zu können, damit die Erwählten des Volks ruhig die ernsten, ihnen kurz vorher vorgelegten finanziellen, ökono⸗ mischen und sozialen Probleme berathen könnten. Plötz⸗ liche Koalitionen aber, die zum Zwecke des Widerstands geschaffen worden seien, und mit vollen Händen in das Land ge⸗ schleuderte Anschuldigungen, als habe das Dekret, durch welches die Session vertagt wurde und welches doch auf dem patriotischen Gedanken beruhte, die Würde der parlamentarischen Einrichtungen hochzuhalten, einen Angriff auf die verfassungsmäßigen Freiheiten be⸗ deutet, hätten neben anderen Kundgebungen zu dem Schlufs⸗ geführt, daß die unter diesen Umständen wieder eröffnete Kammer die gesetzgeberische Arbeit in einer den dringenden Bedürfnissen des Augenblicks wenig entsprechenden Weise erledigen würde. Der Bericht führt dann die Nothwendigkeit an, die Wahllisten, deren Unregelmäßigkeiten nach den Angaben der Lokal⸗Kommissionen jedes Maß gberschritten hätten, einer Revision zu unterziehen. Daher habe man trotz des lebhaften Wunsches, die Wahlen sobald als möglich anzuordnen, damit die Nation durch ihre legitimen Vertreter die ihr zustehende Kontrole über die Akte der Exekutivgewalt ausüben könne, warten müssen, bis die mit der Revision der Wahllisten verbundenen Schwierigkeiten beseitigt eewesen wären. Jetzt sei es uün einen der nächsten Tage dazu zu estimmen, daß das italienische Volk berufen werde, seine Vertreter zu wählen. Die Minister beschleunigten diesen Tag mit der Ruhe und dem Vertrauen von Männern, die geirrt haben könnten, aber sich berechtigt fühlten, zu versichern, daß sie bei ihren Handlungen nur das untrennbare Beste des Königs und des Vaterlandes im Auge gehabt hätten. Der Bericht schließt: „Wir erwarten diesen Tag mit der festen Hoffnung, daß das ruhige Urtheil des Landes aller Ungewißheit ein Ende bereiten und eine seit langer Zeit herbei⸗ gesehnte Aera nutzbringender, selehgeberischer Arbeit eröffnen wird, welche der Nation Sicherheit über ihre Zukunft gewährt.“

Der Kriegs⸗Minister, General Mocenni hat den Militär⸗ Attaché der italienischen Botschaft in Berlin, Obersten Zuccari beauftragt, in seinem Namen der Familie des General⸗Obersten von Pape das Beileid zu dessen Hinscheiden auszusprechen.

Anläßlich der von einigen Blättern verbreiteten Gerüchte über einen Toast auf Crispi, den der Kardinal Hohenlohe bei einem von dem Minister des Auswärtigen Blanc gegebenen Diner ausgebracht haben solle, schreibt der eesd;, Wir können, ohne ein Dementi befürchten zu müssen, betonen, daß Kar⸗ dinal Hohenlohe keinen Toast bei diesem Diner ge⸗ halten hat; demzufolge sind auch die politischen Aus⸗ legungen, die man darüber machen wollte, hinfällig. Das Blatt fügt hinzu: „Es lag um so weniger Grund vor, sich mit diesem Diner als einer außerordentlichen Thatsache zu beschäftigen, als der Kardinal öfter Einladungen zu dem Minister Blanc und anderen politischen Persönlichkeiten an⸗ veee hat, ohne daß man glaubte, sich in der Oeffent⸗ lichkeit damit beschäftigen zu müssen.“ 1 1

Erzbischof Popiel ist aus Warschau in Rom eingetroffen.

Millionen auf. Die Bilanz stellt sich gegen das erste Quartal

Rumänien. Die Deputirtenkammer hat es gestern abgelehnt, die gemeinsame Mandatsniederlegung der oppositionellen Deputirten anzuerkennen. 1X““ 8 Serb ien. Der König setzte im Laufe des gestrigen Tages die Konferenzen mit verschiedenen Parteimännern fort. Sämmt⸗ liche Minister sind aus Nisch nach Belgrad zurückgekehrt; gleichzeitig sind dort 40 Deputirte angekommen, um die Königin Natalie, die gestern Abend von Paris nach Belgrad abgereist ist, namens der Skupschtina zu bewill⸗ kommnen. Schweden und Norwegen.

Bei der gestern vorgenommenen gemeinsamen Abstimmung genehmigte der schwedische Reichstag mit 213 gegen 159 Stimmen den Ankauf der Privatbahnen Helsingborg Gothenburg (sogenannte Westküstenbahn), Engelholm —Lands⸗ krona und Malmö-— Billesholm durch den Staat.

Der Bewilligungsausschuß des Reichstags hat bezüglich des Vertrags, betreffend Schwedens und Nor⸗ wegens gegenseitige Handels⸗ und Schiffahrts⸗ verhältnisse, den Vermittelungsvorschlag gemacht, daß der Reichstag die Regierung ersuchen solle, den Vertrag vor dem 1. August d. J. zu kündigen, alsdann Verhand⸗ lungen mit der norwegischen Regierung über den Abschluß eines neuen Vertrags, der die bisherigen Mißverhältnisse beseitige, einzuleiten und diese Verhandlungen so zu beschleunigen, daß im Jahre 1896 dem schwedischen Reichstage und dem norwegischen Storthing ein vollständiger Vertragsentwurf vorgelegt werden könne, eventuell dem -h ve schwedischen Reichstag Mittheilung über den Stand der Ver⸗

andlungen zu machen.

11“ 8

Die Abreise des Königs nach Wiesbaden ist wegen der Abwesenheit des Kronprinzen verschoben worden.

Amerika.

Einem in New⸗York eingetroffenen Telegramm aus Ma⸗

nagua zufolge sind für die Bezahlung der Entschädigungs⸗ summe Nicaraguas an England 15 000 Pfd. durch freiwillige Schenkungen, zum theil von größeren Handelsfirmen, ein⸗ gegangen. Die Gesammtsumme werde in wenigen Tagen in London zur Auszahlung bereit gestellt sein.

Der argentinische Kongreß ist mit einer Botschaft des Präsidenten Saenz Pena eröffnet worden, worin mit⸗ getheilt wird, daß die Einfuhr sich im letzten Jahre auf 93 Millionen Pesos (Gold), die Ausfuhr auf 102 Millionen belaufen habe. Für den Anleihedienst in Europa sei bereits bis September durch nach London gesandte Mittel Vor⸗ sorge getroffen. Die Botschaft verspricht ferner, daß die Mittel und Wege zur Einlösung des Papiergeldes studiert werden würden, und spricht die Hoffnung aus, daß die Frage der Eisenbahngarantien eine baldige Erledigung finden werde.

Asien.

Aus Chefoo wird gemeldet, daß die Ratifikationen des zwischen Japan und China abgeschlossenen Friedens⸗ vertrags gestern dort ausgetauscht worden sind.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (88.) Sitzung des Reichstags, welcher der Reichskanzler Fürf zu Hohenlohe, der Staats⸗ sekretär, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher, der Staats⸗ sekretär Nieberding sowie die Staats⸗Minister Bronsart von Schellendorff, von Köller und Schönstedt beiwohnten, wurde zunächst der Antrag der Abgg. Auer und Genossen (Soz.) wegen Einstellung der gegen den Abg. Horn (Sachsen) schwebenden Strafverfahren angenommen.

Darauf seßte das Haus die zweite Berathung des Gesetzes, betreffend Aenderungen und Ergänzungen des Straf⸗ gesetzbuchs, des Militär⸗Strafgesetzbuchs und des Gesetzes über die Presse, fort.

Das Wort nahm zunächst der Bevollmächtigte zum Bundes⸗ rath, preußische Justiz⸗Minister Schönstedt.

(Schluß des Blattes.) 8

Die Kommission des betreffend die Kündigung des Handelsvertrags mit Ar⸗ gentinien, hat gestern Abend ihre Berathungen beendet. Das Er⸗ gebniß derselben war der Nat.⸗Ztg.“ zufolge die Annahme der vom Abg. von Salisch beantragten Resolution, mit einem Amendement von Heyl, welche wie folgt lautet: „Der Reichstag wolle beschließen, den Herrn Reichskanzler zu ersuchen: I. eine Kündigung des argentini⸗ schen Handelsvertrags alsbald herbeiführen zu wollen, um die Freiheit für anderweite Verhandlungen zu gewinnen, und zwar auf Grund folgender Erwägungen: 1) der gegenwärtige Zustand, der Argentinien volle Freiheit seiner Tarifbestimmungen läßt, während unsere Tarife in Bezug auf die für unser Wirthschaftsleben wichtigsten Erzeugnisse gebunden sind, hat sich für die deutsche Einfuhr und für die deutsche Ausfuhr als nachtheilig erwiesen; 2) eine Fortdauer dieses Zustandes birgt für die Zukunft eine weitere Gefährdung unseres Wirthschaftslebens; II. eine Kündigung anderer Meistbegünstigungs⸗ verträge mit solchen Ländern, zu denen unsere Beziehungen in gleicher Weise sich ungünstig gestalten und die Verständigung mit den übrigen europäischen Staaten behufs Abschlusses einer europäischen Zollunion in Erwägung zu ziehen.“ Die Rescelution wurde mit 9 gegen 5 Stimmen angenommen.

In der Kommission des Reichstags zur Berathung des Antrags Kanitz kam es gestern nach längerer Diskussion zur Abstimmung über folgende, vom Abg. Grafen Schwerin in der ersten Sitzung der Kommission am 27. April eingebrachte Resolution: „Die Kommission billigt den von den Antragstellern näher dargelegten allgemeinen Zweck des Antrags, anstatt der bisherigen zeitweilig un⸗ zureichenden, bei hohen Weltmarktspreisen dagegen ungerechtfertigten Preissteigerung durch Schutzzölle einen Ausgleich der Getreidepreise auf mittlerer Höbe zu suchen, vorbehaltlich jeder weiteren Entscheidung sowohl über die Zweckmäßigkeit und Durchführbarkeit der hierfür vor⸗ geschlagenen Mittel, als auch über die Preishöhe, bei welcher ein Ausgleich wünschenswerth erscheint“. Die Abstimmung ergab die Ablehnung der Resolution mit 13 gegen 12 Stimmen.

Der von der Stadt Frankfurt a. O. präsentierte Ober⸗ Bürgermeister Dr. Adolph daselbst ist als Mitglied des Herrenhauses auf Lebenszeit Allerhöchst berufen worden.

Die XVIII. Kommission des Hauses der Abgeordneten zur Vorberathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Bewilligung von Staatsmitteln zur Verbesserung der Wohnungs⸗ verbhältnisse von Arbeitern, die in staatlichen Betrieben beschäftigt sind, und von gering besoldeten Staats⸗

beamten, hat sich konstituiert und zum Vorsitzenden den Abg.

Letocha, zu dessen Stellvertreter den Abg. von Kölichen und zu Schriftführern die Abgg. Dr. von Woyna und Dasbach gewählt.

Die XIX. Kommission des Hauses der Abgeordneten zur Vorberathung des Gesetzentwurfs über die Verpflegungs⸗ stationen hat zum Vorsitzenden den Abg. Seyffardt, zu dessen Stellvertreter den Abg. Greiß und zu Schriftführern die Abgg⸗ von Brockhausen, Barthold und Groth gewählt.

Statistik und Volkswirthschaft.

86 Zur Arbeiterbewegung. 8

In Hamburg fand am Montag eine zahlreich besuchte Ver⸗ sammlung der Maß⸗ und Konfektions⸗Schneider und Schneiderinnen statt, die, wie der „Hamb. Korr.“ berichtet, in einer Entschließung gegen die Hausindustrie protestiert und die Er⸗ richtung von Betriebswerkstätten fordert.

Aus Dortmund wird dem „Vorwärts“ zum Ausstande der dortigen Malergehilfen gemeldet, daß 22 Meister die Forderungen der Arbeiter bewilligt haben, daß aber im übrigen der Ausstand fortdauere.

In Basel ist, wie „W. T. B.“ meldet, der Maurerausstand infolge einer vermittelnden Besprechung mit den Regierungs⸗Räthen Reese und Iselin gestern beendet worden. Die Arbeit sollte heute früh wieder aufgenommen werden.

Einer Brüsseler Meldung des „W. T. B.“ zufolge ist der Aus⸗ stand der Arbeiter in den Steinbrüchen von Ecaussines, welcher einen Monat dauerte, infolge Verständigung zwischen den Besitzern und den Arbeitern jetzt beendet. (Vgl. Nr. 110 d. Bl.

beiden Seiten wurden mehrere Personen verwundet.

hstags für den Antrag Heyl,

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Aus Verviers meldet „W. T. B.“: Der Ausstand der Knüpfarbeiter in den Spinnereien währt bereits über vier Wochen. Zahlreiche Tuchfabrikanten drohen unter diesen Um⸗ ständen, ihre Fabriken zu schließen, wenn die feiernden Arbeiter nicht nachgeben. Dadurch würde die Lage aller Arbeiter in diesen Fabriken eine sehr ernste. Infolge der Inter⸗ vention des Bürgermeisters haben die Besitzer beschlossen, ihre Ent⸗ schließung um act Tage hinauszuschieben. Wie der „Köln. Ztg.“ telegraphiert wird, haben drei Spinnereien die Arbeit ganz, zwei theilweise wieder aufgenommen. Die Ausständigen dieser Fabriken gehören nicht zum Fadner⸗Syndikat; sonst dauert der Ausstand fort.

Aus Philadelphia wird der Londoner „Times“ berichtet: 4500 Arbeiter haben wegen der Nichtbewilligung höherer Löhne und verminderter Arbeitszeit in den Werken der Illinois⸗Stahl⸗ Kompagnie in Süd⸗Chicago und in Joliet⸗Illinois die Arbeit ein⸗ gestellt. Voraussichtlich werden sämmtliche Werke geschlossen. Die Ausständigen in Süd⸗Chicago griffen in der Nacht zum Mittwoch die Werke an, wurden aber von der Polizei zurückgetrieben. Auf

. Kunst und Wissenschaft.

Große Berliner Kunstausstellung. II.

Amerika. L. K. Die jüngste Kunstmacht verdient bei der Be⸗

sprechung der diesjährigen Ausstellung, deren internationales

Gepräge zu nationaler Gruppierung des Stoffs auffordert, den ersten Platz. Die Künstler der Vereinigten Staaten Nord⸗Amerikas, deren Werke zwei geräumige Säle des Ausstellungspalastes füllen, müssen uns in gewissem Sinne Ersatz bieten für die Lücken, welche die französische Ausstellung gerade auf dem Gebiet der jüngsten Kunst⸗ entwicklung gelassen hat. Fast in allen Werken begegnet uns das Echo der in Paris angeschlagenen Töne. Daß unter den Parisern Degas fehlt, der Virtuose der Hellmalerei und künst⸗ lichen Lichteffekte, läßt uns sein eifriger Nachahmer William T. Dannat allerdings kaum verschmerzen. Seine spanischen Sängerinnen, die 1892 auf der Münchener Ausstellung bereits Sensation machten, dürften auch auf unserer Ausstellung zu den extravagantesten Proben des Impressionismus zu zählen sein. Die Keckheit des Motivs, der herausfordende Plakat⸗ charakter der Malerei wird sicherlich zahlreichen Einwänden begegnen; geistreich und lebensprühend ist aber die Behandlun der einzelnen Gestalten und Köpfe trotzdem. Daß Dannat 2 solche bedenkliche Kraftproben indeß nicht angewiesen ist, be⸗ weist er durch zwei Studien spanisch gekleideter Damen, die ohne den prickelnden Reiz des Motivs Respekt vor dem Können des als Lehrer der Ecole des Beaux Arts in Paris wirken⸗ den Malers einflößen. John Singer Sargent ist heute unbestritten der geistreichste und graziöseste Frauenporträtist, der uns in seiner von Rokokograzie überhauchten Dame in rosa Sammet ein blendendes Meisterstück ge⸗ schickt hat. Unnachahmlich fein in jedem Zucken der Bewegung, raffiniert geschmackvoll in Anordnung und Farben⸗ wahl, täuscht dies Bildniß den Beschauer völlig unmerklich über das Fehlen seelischer Charakteristik hinweg. Wie viel tiefer, aber auch schwerfälliger weiß der offenbar an schottischen Vor⸗ bildern gebildete Wilton Lockwood Frauencharaktere zu schildern! Besonders gelungen ist ihm die träumerische Stimmung in dem Porträt einer Dame in grünem Kleid (1068), die lässig in einem Sessel vor einer mit einem japa⸗ nischen Holzschnitt geschmückten Wand lehnt. Japan ist auch für Humphreys Johnston der Quell malerischer Anregung ge⸗ worden, wie seine in vornehm dekorativem Geschmack aus breiten Farbflächen zusammengesetzten Bilder meist andalusische Motive beweisen. Nervöse Beweglichkeit und auf feinste Ton⸗ empfindung berechnete Farbenwahl zeichnen die Bildnisse von W. Alexander aus, der sich erst neuerdings einen hervor⸗ ragenden Platz unter den Malern seiner Heimath hat. Ernst⸗feierliche Töne dagegen schlägt Julius Rols⸗ hoven in seiner schwarzgekleideten Dame vor einer dunkel⸗ grauen Wand (1444) an; nur das durch künstliches Licht erhellte Gesicht taucht aus dem Dunkel der Umgebung vielleicht etwas zu absichtlich hervor. Außerordentlich stimmungsvoll ist auch R.s Interieur eines Gartensaals, durch dessen 8 das durch Laubbäume gedämpfte Licht einfällt und sich an den Wänden reflektiert. Als eine Reminiscenz an Rolshoven's italienischen Studienaufenthalt er studierte in Florenz bei Duvaneck ist das große Bild „Beter in Chioggia“ anzusehen, das sowohl durch die meisterhafte Wieder⸗ gabe des Innenlichts, als auch durch die treffliche Charakteristik der südländisch lebhaften Grauköpfe sich auszeichnet. Einer älteren amerikanischen Künstlergeneration gehört Lord Weeks an, dessen Orientdarstellungen bereits ihren Weg in die Berliner Nationalgalerie gefunden haben. Unter den gegenwärtig aus⸗ gestellten Bildern seiner Hand verdient wohl ein Karawanen⸗ aufbruch (1855) die meiste Bewunderung. Auch Vails hollän⸗ dische Marinen sind bereits bekannt. Ebenso machte Berlin vor drei Jahren schon die Bekanntschaft zweier amerikanischer Bonnatschuͤler: Walter Gay und Charles Sprague Pearce, die auch diesmal mit tüchtigen Leistungen ver⸗ treten sind. Gay schildert in hellen Farben und rings von Licht umströmt eine nordfranzösische llöterliche Singschule, aufs engste verwandt den Kirchgaͤngerinnen von Gari Melchers, groß und ernst in Form und Auffassung, wenngleich nicht frei von eintöniger Nüchternheit. Pwohs

earce seine Motive ebenfalls in der Picardie sucht und gleich den Vorgenannten Bastien Lepage nacheifert, zeigt er in einer Schafhirtin eine ähnliche Darstellung sahen wir be⸗ reits 1891 auf der internationalen Ausstellung in Berlin weit innigere Empfindung und Zartheit der Auffassung. In einer ganz licht gehaltenen Verkündigung (1317) wandelt Pearce 85 den Pfaden der Präraphaeliten sehr zu Ungunsten seines gesunden Talents. Walter Mac Ewen, der dieser Gruppe sich am passendsten anschließt, tritt diesmal als Historienmaler auf: sein von kühlem Kerkerlicht umflossenes Hexenbild in der Tracht des 17. Jahrhunderts reicht aber nicht an die Feinheit einer modern aufgefaßten „büßenden Magdalena“ heran, die in zartesten Farbenstellungen eine Fülle malerischen Reizes birgt.

Den Kulminationspunkt der amerikanischen Malerei stellte 1891, wo, wie in diesem Jahre, Whistler fehlte, Alexander Fagr sn dar. Zwei seiner älteren Schöpfungen, die im Sr Salon zuerst die Aufmerksamkeit auf den damals noch unbekannten Künstler lenkten: die „arkadische Landschaft“ und die „Woge“, sind diesmal nach Berlin gekommen. Bei aller gerechten Bewunderung, die wir diesen Meisterwerken des Luminismus zollen, erreichen sie doch nicht jene zauberhafte Lirkung, wie jener stille Waldweiher, der Harrisones Können vor vier 8 hier repräsentierte und gegenwärtig zu den Schätzen der Dresdener Galerie zählt. Weit intimer als die beiden großen Bilder muthet uns auch diesmal ein kleiner, von

Bäumen beschatteter Wasserspiegel (676) an, der weit mehr als die arkadische Landschaft den unwiderstehlichen Reiz welt⸗ vergessener Einsamkeit und heimlicher Stille verkörpert..

G 8 8 Land⸗ und Forstwirthschatt. XXI. Berliner Mastvieh⸗Ausstellung.

Von der Jury der Berliner Ausstellung wurde die von Seiner Majestät dem Kaiser und König für die beste Leistung in der Schweinezucht bestimmte goldene Staats⸗Medaille dem Ritter⸗ gutsbesitzer von Witte⸗Falkenwalde bei Bärwalde, der 31 Thiere aus⸗ gestellt hatte, verliehen. Den Ehrenpreis der Stadt Berlin für die vorzüglichste Marktwaare in Kälbern (250 ℳ) wurde dem Händler Rud. Schultz⸗Anklam zugesprochen. Erste Preise erhielten für Kälber: Christian Wille⸗Braunschweig, E. Thies⸗Rosenburg, H. Kauz⸗Weitenhagen, Rud. Schultz. Anklam, Chr. Mohnke⸗Rosenburg, H. Meyer⸗Bremen und Seeger⸗Agneshof. Nar Abtheilungen der Kälber standen drei große Ehrenpreise zur Verfügung. Den Preis des Ministeriums für Landwirthschaft, Domänen und Forsten, die Bronzestatuette der Shorthornkuh und den 500 ℳ⸗Preis der Stadt Berlin erhielt der Neumärker öö Kretzschmar⸗Sellin * den

üchter⸗Ehrenpreis des Klubs der Landwirthe, zwei Bronze⸗

rmleuchter, der Rittergutsbesitzer Rudolf Rehfeld ⸗Golzow, die großen Ehrenpreise für junges Rindvieh (Kühe und Ochsen, 2 ½ bis nicht voll 3 ½ Jahre alt) wurden an folgende Züchter verliehen: Den Züchterehrenpreis des Ministeriums für Landwirthschaft, Domänen und Forsten, die Bronzestatuette des Shorthornstiers, erhielt Heinr. Linau Claußen zu Marne in Schleswig⸗Holstein, die Bronzestatuette der Wilstermarschkuh Rittergutsbesitzer von Tiedemann⸗Seeheim, den des Ausstellungs⸗Comités, die goldene Nathusius⸗

edaille, Graf von Bassewitz⸗Dieckhoff und den Ehrenpreis der Stadt Berlin in öhe von 750 für die beste Marktwaare Moritz Schloß⸗Halle. Für Kühe wurden folgende Züchter mit ersten Preisen bedacht: von Tiedemann⸗Seeheim, Bruno Schadow⸗Altgandau, Rehfeld⸗Golzow, Fr. Fuß⸗Schmarse und H. Bieler⸗Machern. Der Letztgenannte erhielt auch den Ehrenpreis der Stadt Berlin, der für Aussteller älterer Kühe bestimmt war. In der trefflich beschickten Abtheilung „Ochsen, 2 ½ bis nicht voll 3 ½ Jahre alt“ kamen acht erste Preise zur Vertheilung, und zwar an: Louis Rosen⸗ thal⸗Lissa, an Jos. Hersch⸗Bischoff, an Br. Schadow⸗Altgandau, an die Firma F. Knebbel u. Sohn⸗Schöningen, an Moritz Schloß⸗Halle, an Heinr. Linau Claußen⸗Marne und an den Rittergutsbesitzer von Tiedemann⸗Seeheim. Für ältere Ochsen erhielten erste Preise: Herm. Kaphan⸗Miloslaw, Rud. Rehfeld⸗Golzow, H. Nette⸗ Wolffenbüttel und D. Bremer⸗Jethausen. Von den Bullen⸗ ausstellern erhielten erste reise: Steinbach⸗Berndtshöhe, Heinr. Berkhoff⸗Liedingen, H. J. Peters⸗Marne, R. Iffland⸗Marwitz, Kretzschmar⸗Sellin und von Schuckmann⸗Raakow. In der Abthei⸗ lung Schafe bekam von den beiden Züchterehrenpreisen des Mi⸗ nisteriums für Landwirthschaft, Domänen und Forsten die Bronze⸗ statuette des Orfordshiredown⸗Bocks Oekonomie⸗Rath Sattig⸗Würch⸗ witz, die Bronzestatuette des Rambouillet⸗Bocks Rittergutsbesitzer Rud. Rehfeld Golzow. Der Ehrenpreis der Stadt Berlin in Hohe von 500 wurde dem Rittergutsbesitzer Fr- „Ritschers⸗ heim zuerkannt. Erste Preise erhielten: Rehfeld⸗Golzow, Sattig⸗Würchwitz und Staudinger⸗Lübsee. In der Abtheilung „Schweine“ erhielt erste Preise nur der mit dem Kaiserpreis aus⸗ gezeichnete von Witte⸗Falkenwalde. Außerdem wurde dem genannten Zuͤchter noch der Ehrenpreis der Stadt Berlin in Höhe von 500 zuerkannt. Von den beiden Züchterehrenpreisen des Ministeriums für Landwirthschaft, Domänen und Forsten erhielt die Bronze⸗ statuette des Yorkshire⸗Ebers Dr. Crusius⸗Sahlis, die Bronzestatuette des Berkshire⸗Schweins Eberhard von Zitzewitz⸗Groß⸗Gansen. 8

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Cholera.

Rußland. Dem Medizinaldepartement wurden bis zum 20. April folgende weiteren Cholerafälle angezeigt: in den Gouverne⸗ ments Wolhynien vom 17. März bis 6. April 112 Erkrankungen (36 Todesfälle), Podolien vom 24. März bis 13. April 22 (13).

Arabien. Die ersten Cholerafälle in Mekka wurden am 21. April bei einer vom Kap der guten Hoffnung eingetroffenen Frau, bei einem Marokkaner, einem Sudanesen und 6 Soldaten festgestellt. Am 22. April wurden in Mekka 10 Todesfälle ge⸗ meldet. In Kamaran wurden unter den mit dem Dampfer „Muhammedié“* ange agites Personen vom 23. März bis 9. April 29 Erkrankungen und 25 Todesfälle, unter den Insassen des Dampfers „Zuberda“ vom 30. März bis 21. April 56 Erkrankungen und 47 Todesfälle festgestellt. Außerdem starben ein Sanitätswächter und 3 Soldaten von der Bewachungsmannschaft des Lagers an Cholera.

Argentinien. Im Laufe des März ist eine weitere Abnahme im Auftreten der Cholera erfolgt. Vereinzelte Fälle kamen jedoch immer noch in der Stadt und Provinz Buenos Aires vor.

Ostindien. Kalkutta. In der Woche vom 24. bis 30. März sind 133 Personen an Cholera gestorben.

hina. Wie die Londoner „Times“ aus Kobe unter dem heutigen Tage meldet, sei die Cholera an Bord der japanischen Transportschiffe in Talienwan ausgebrochen. Die Hälfte der Transportschiffe habe die gelbe Flagge gehißt. Gelbfieber.

In Havana betrug dem „Abstr. of sanit. rep.“ zufolge die Zahl der Todesfälle vom 22. bis 28. März 1 (bei etwa 3 Neu⸗ erkrankungen), vom 5. bis 11. April 2 (4), in Rio de Janeiro vom 10. bis 16. Februar 10, vom 3. bis 9. März 18, in Santos vom 24. Februar bis 2. März 40 (48).

Pocken.

Griechenland. Seit dem 10. April sind in Piräus die 289 heftiger aufgetreten. Täglich werden ungefähr zwei neue Fälle gemeldet.

Influenza.

Die Seuche verursachte den standesamtlichen Ausweisen zufolge in Berlin in der Woche vom 21. bis 27. April 7 Sterbefälle, in Stettin und Leipzig je 4, in Elberfeld, Cassel, Hamburg ge 2. Er⸗ krankungen wurden angezeigt in Frankfurt a. M. 3, Nürnberg 9. Aus dem Auslande wurden ferner mitgetheilt: aus Paris 4 Sterbefälle, London 27, Amsterdam 6, Kopenhagen 6 mit 151, Stockholm 3 mit 164 Erkrankungen, St. Petersburg 23, Moskau 4,

New⸗York 7. Verschiedene Erkrankungen. 1 Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen starben an Diphtherie und Croup (Durchschnitt aller deutschen Berichtsorte 1881/90: 4,49 %) in Dessau Erkrankungen wurden in Berlin 76, in den Reg.⸗Bezirken Arnsberg 101, Düsseldorf 111, in Hamburg 28, Budapest 44, Paris 103, St. Petersburg 50, Wien 60 an Scharlach in Berlin 49, Breslau 23, Hamburg 34, Edinburg 37, London 132 (Krankenhäuser), Paris 70, St. Petersburg 35, Wien 96, an Masern in Berlin 60, Breslau 39, in den Reg.⸗Bezirken Hildesheim 126, Posen 171, Wien 209, Budapest 43, Edinburg 132, St. Petersburg 35, an Unterleibstyphus in Prag 20, in St. Petersburg 58 angemeldet. 8

Verdingungen im Auslande.

Niederlande. vW1XX“

6. Mai, 2 Uhr. Bürgermeister und Wethouders im Haag: Lieferung von Möbeln für den Gebrauch der Kleinkinderbewahrschule beim Zuid Buitensingel. Anweisung erfolgt am 13. d. M., 11 Uhr, am Gemeindewerft. für 25 Cents erhältlich bei der Gemeentesecretarie, 3. Abtheilung.

20. Mai, 1 Uhr. Vlaardingsche Waterleiding Maatschappij im Saale Harmonie zu Vlaardingen: Bau eines Wasserthurmes in der Nähe der Stadt. Vergrößerung und Veränderung der bestehenden Zinkbehälter, sowie Anfertigung eines neuen, Mecröserung und Ver⸗

änderung der bestehenden Filterwerke, Bau eines zweiten Maschinen⸗ raumes und Erhöhung des bestehenden Wasserthurmes. Bedingungs⸗ heft und Zeichnungen gegen 3 Fl. erhältlich beim Ingenieur N. Biezeveld Hkz., Kanaal 9, im Haag. 8 20. Mai, Mittags. Firma B. A. Albers u. Co. im Höôtel und Café de Prins in qutp hon: Bau einer Seifensiederei mit Komtor⸗ gebäude, Küferei, Magazinen, Lagerräumen u. s. w. auf einem Terrain am Noorderhaven zu Zutphen, mit einer Oberfläche von ca. 1700 qm. Bedingungsheft und Zeichnungen vom 8. Mai ab gegen 1,75 F beim Architekten J. Uiterwijk Wzn. erhältlich. Anweisun am Ort den 16. Mai, 11 Uhr. Direktor der Gasfabrik in Zutphen wünsch für Lieferung von ungefähr 40 000 kg gußeiserne Gas⸗

rohre und Hilfsstücke.

21. Mai, 2 Uhr. Utrecht Staatseisenbahnbetriebsgesellscha im Zentralbureau bei der Mooreelse Laan: Loos Nr. 687. Her⸗ stellung einer Radbänderwerkstätte und einiger diverser Werke für die auf der Station Zwolle. Schätzung 54 600 F

oos zur Einsicht im Zentralbureau und allda gegen 2,50 Fl. er hältlich, sowie bei dem Sektions⸗Ingenieur W. de Klerck de Reus in Meppel; desgleichen nähere Aufschlüsse dort zu erhalten. Terrain anweisung 13. Mat. 10 Uhr. 1

22. Mai. Kolonial⸗Departement: Lieferung des metallen Oberbaues mit Zubehör von 33 Brücken für Sekundärbahnen auf Java. Loose 151 153. Zeichnungen zur Einsicht im technischen

zureau des Kolonial⸗Departements.

22. Mai, 2 Uhr. Commissie voor de Gasfabriek zu Dordrecht Lieferung von etwa 9 700 000 kg englischer oder westfälischer Gas⸗ kohle für den Gebrauch der genannten Fabrik. Bedingungen käufli für 25 Cents bei der Gemeente-Secretarie zu Dordrecht.

27. Mai, 10 ½ Uhr, im Gebäude der Provinzialverwaltung z Maastricht: Lieferung eines stählernen Fährkahnes für die Fähre zu Lottum (in Limburg), Schätzung 2970 Gulden. Beschreibung (Loos) Nr. 91, liegt nach dem 13. Mai in den Räumen der Provinzialverwaltung und des Ministeriums für Wasserbau, Handel und Industrie zur Einsicht aus. Bei Franko⸗Anfrage und gegen Be⸗ zahlung der Kosten erhältlich bei Gebrüder van Cleef, Buchhändler, Spui 28a im Haag, und durch deren Vermittlung bei den Haupt⸗ gemeinden des Landes. Nähere Auskunft ist bei dem Ober⸗Ingenieu des 7. Bezirks zu Maastricht und bei dem Ingenieur Marinkelle z Roermond zu erfragen. 8

27. Mai, ½2 Uhr. Holländische Eisenbahngesellschaft, im Lokal der Zentral⸗Personenstation zu Amsterdam, zunächst dem Warte saal III. Klasse: Loos Nr. 629. Lieferung von Magazingütern die Zentral⸗Werkstätte in Haarlem vom 1. Juli 1895, letzten Juni 1896, nach Abschnitten. Loos gegen Bezahlung von 0,50 Fl. erhältlich im Zentral⸗Verwaltungsgebäude der Gesellschaft am Droogbak⸗ Trockenbassin in Amsterdam und bei Franko⸗Anfrage (Einsendung per Postanweisung) im Bureau Fractie en Materieel, Zimmer 191, de bezüglichen Gebäudes. Nähere Aufschlüsse werden ertheilt durch den Chef der Zentralwerkstätte in Haarlem. 1

Verkehrs⸗Anstalten.

Der Postdampfer „Obdam“ der Niederländisch⸗Amerikanischen Pereollchitehg ist am 8. Mai in New⸗York ange ommen.

London, 8. Mai. (W. T. B.) Der Castle⸗Dampfe „Dunottar Castle“ hat heute auf der Ausreise Madeira passiert. Der Castle⸗Dampfer „Roslin Castle“ ist heute auf der Ausreise in Kapstadt angekommen. Der Castle⸗Dampfer „Grantully Castle“ ist gestern auf der Heimreise in London angekommen.

New⸗York, 8. Mai. (W. T. B.) Nach Meldungen aus Colon sind 1000 Arbeiter für die Arbeiten am Panama⸗Kanal angestellt worden.

Theater und Mufik.

Neues Theater.

Bei der Ueberfluthung der deutschen Bühnen mit französischen Stücken war es anzuerkennen, daß das Neue Theater gestern Abend auch einmal ein englisches Stück, das vieraktige Schauspiel „Di zweite Frau“ (Ihe second Mrs. Tanqueray) zur Aufführung ge langen ließ. Dasselbe stammt von Arthur Pinero, der sich in England eines ausgezeichneten Rufs erfreut. Auf Grund dieses Stücks muß man indessen diesen Ruf für ungerechtfertigt erachten. Denn „Die zweite Frau“ des Herrn Pinero ist nichts weiter als eine schale Sitten⸗ komödie, französischer Geist in englischem Gewande. Das französische Sittenstück hat auf seinem Triumphzuge durch Europa auch die britische Insel nicht verschont, aber im Vergleich zu seinen deutschen und italienischen Nachahmungen nimmt die englische den niedrigsten Rang ein. Da ist von Charakteristik keine Rede mehr, und eine Entwicklung der Personen wird gar nicht versucht; auf Treu und Glauben muß man hinnehmen, daß die zweite Frau auf ihre jung⸗ fräuliche Stieftochter eifersüchtig ist; eine moralische Plattheit folgt der anderen, und selten findet ein gutes Witzwort seinen Weg aus der öden Konversation in das gelangweilte Publikum.

Natürlich dreht sich das Stück wieder um den „dunklen Punkt“ in der Vergangenheit eines Weibes. Paula hat als junges, leichtsinniges Mädchen den Kapitän Henry Ardale kennen und lieben gelernt. Er aber verließ sie wieder und ging nach Indien. Nach einem lockeren Leben wird Paula die junge zweite Frau des Aubrey Tanqueray, dessen Tochter aus erster Ehe, Ellean, gleichzeitig aus dem Kloster in das Vaterhaus zurückkehrt. Wahnsinnige Eifersucht gegen das un⸗ schuldige Mädchen und maßlose Langeweile quälen sie in ihrer Ein⸗ samkeit auf dem Landsitz Aubrey's, und als Ellean von einer älteren, befreundeten Dame wider ihren Willen nach Paris entführt wird, ladet sie aus Trotz eine frühere Freundin ein, die „Lady“* Orreyed geworden ist. Aber diese Gesellschaft behagt ihr wiederum nicht. Mitten in diesen Zwiespalt kehrt Ellean ccus Paris zurück mit dem Ge- ständniß, daß sie Henry Ardale liebe. In einer Folge dramatischer Scenen erkennen Paula und Ardale sich wieder; der Kapitän flieht nach Paris, um abzuwarten, ob Paula ihrem Gatten das Geständniß ihrer Schuld machen wird, und die unschuldige Ellean erfährt, daß sie ihren Geliebten nie wiedersehen soll. In einem Augenblick tiefster Selbstverachtung tödtet sich die „zweite Frau“, Paula Tanqueray. Selten wohl ist dem Publikum ein so sonderbares Gemisch von Spannung und Theatereffekten, von Hilflosigkeit und dramatischem Ungeschick geboten worden, wie in Pinero's Etücr Im letzten Akt häufen sich die Motive und Handlungen, die Moralschlüsse und .ee derart, daß der Selbstmord der Heldin geradezu er⸗ lösend wirkt. 8 inero's Schauspiel, stieß auf Widerspruch im Publikum, obgleich der Autor durch die Darstellung ganz wacker unterstützt wurde. Erinnerte auch die Wiedergabe der Rolle des Aubrey Tanqueray all⸗ zusehr an die Provinzbühne, so hatte doch Frl. Nina Sandow als Feile prächtige Momente, und Frieda Wagen fand für ihre lockere

olle (Lady Orreyed) Töne überzeugender Echtheit.

Im Königlichen Opernhause wird morgen Wilhelm Kienzl's musikalisches Schauspiel „Der Evangelimann“ zum vierten Mal gegeben.

„Im Königlichen Schauspielhause elangen morgen Richard Skowronnek'’s Lustspiel „Halali“ (Damen: Poppe⸗ von May⸗ burg, Seebach, Herren Keßler, Grube, Klein, Purschian, Hertzer) und dessen Schwank, Die stille Wache“ zur Aufführung. Am Sonnabend werden anläßlich des siebnigsten. Geburtstags Gustav von Moser's „Der Bibliothekar“ und „Militärfromm“ gegeben.

Am Sonntag Nachmittag findet als letzte Nachmittags⸗Vorstellung dieser Saison im Neuen Theater eine Aufführung von Dumas' „Demi⸗Monde“ zu halben 6 statt. Am Sonnabend wird G. von Moser's einaktiger Scherz „Ein Husarenstreich“ und am nächsten Montag Ibsen’s „Wildente“ mit Sigmund Lautenburg als Hjalmar zum ersten Mal in Scene gehen.

Nachdem im Theater Unter den Linden die neuen maschi⸗ nellen Einrichtungen nunmehr fertig gestellt sind, können mit dem