1895 / 111 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 09 May 1895 18:00:01 GMT) scan diff

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eine Schwächung der Vorlage mit sich bringen, die sehr zu be⸗

dauern wäre.

Was nun den zweiten Theil des § 111 anbetrifft, so kann

ich in dem Vorschlag der Kommission keine Verbesserung erkennen. Die Vorlage will Den treffen, der vor der Oeffentlichkeit Ver⸗ brechen und Vergehen anpreist, dieselben als erlaubt darstellt, sofern die hieraus sich ergebende Verwirrung des Rechts⸗ und Sittlich⸗ keitsgefühls die Gefahr in sich trägt, die Neigung zur Be⸗ gehung ähnlicher strafbarer Handlungen hervorzurufen oder zu steigern. Die Kommission will aber nur dann strafen, wenn der Thäter Andere zur Begehung strafbarer Handlungen angereizt hat. Darin sehe ich eine Abschwächung des Gesetzes, zu der ich kein ge⸗ nügendes Motiv erkennen kann.

Ebenso halte ich es juristisch nicht zu rechtfertigen, wenn die Anpreisung von Handlungen mit Strafe bedroht wird, die, wenn auch sittlich zu verurtheilen, dennoch nach dem geltenden Recht nicht

strafbar sind.

Im übrigen kann ich mich, was den § 111 betrifft, dem Antrag der Herren Abgg. von Levetzow und Genossen anschließen. Ich kann Ihnen nur empfehlen, sich über eine Form des Gesetzes zu ver⸗ ständigen, die der Regierung die Mittel an die Hand giebt, revolutionären Bestrebungen mehr als bisher mit der nöthigen Kraft

entgegenzutreten. Abg. Dr. Barth (fr. Vg.): Nach den Ausführungen des Reichs⸗ kanzlers ziehe ich den Schluß, daß die Reichsregierung auf das Zu⸗ standekommen des Gesetzes kaum noch rechnet. Der Reichskanzler hat auch auf die Erscheinung hingewiesen, daß der Theil des Hauses, der früher am lautesten nach der Umsturzvorlage rief, jetzt gegen die letztere auftritt. Ich folgere daraus, daß selbst die, welche der Um⸗ sturzvorlage früher so sympathisch gegenüberstanden, wie die National⸗ liberalen, mehr und mehr zu der Ueberzeugung kommen, daß es nicht angeht, die Vorlage zum Gesetz werden zu lassen. In dem ersten Theile des zweiten Absatzes des § 111 soll die Aufforderung zu einem Verbrechen auch dann strafbar sein, wenn sie ohne Erfolg geblieben ist. In Deutschland kommen jährlich nur etwa 30 Fälle der Füffbererun zu einem Verbrechen zur Aburtheilung, das macht einen Fall auf 2 Millionen Seelen. Wir sehen also kein zu einer Ausdehnung dieser Gesetzesbestimmungen. Von größerer Bedeutung ist der zweite Theil des zweiten Absatzes des § 111, welcher eine Kollektion von Vergehen aufstellt, deren Anpreisung oder Rechtfertigung strafbar sein soll. Das ist einer der Kernpunkte der Vorlage. Die Feststellung der bezüglichen Bestimmungen hat bereits zahlreiche formalistische Schwierigkeiten. Es handelt sich um die Frage, ob eine Anpreisung oder Rechtferti⸗ aung strafbar sein soll, weil sie eine Anreizung enthält, oder wenn sie eine Anreizung enthält. Die Mehrheit der Kommission ist der letzteren Ansicht und die assung des Amendements der entspricht dieser Ansicht. Dieses Amendement will die Anpreisung oder Rechtfertigung straffällig machen, wenn sie in einer Weise erfolgt, die geeignet ist, zur Begehung eines Verbrechens oder eines Vergehens anzureizen. Damit ist ja das objektive Merk⸗ mal verloren und nahezu alles dem subjektiven Ermessen des Richters anheimgestellt. Es wird schließlich auf das Temperament des Richters, seine politischen Anschauungen ꝛc. ankommen, ob er eine Verurtheilung eintreten lassen will. Die Staatsanwaltschaft aber wird bei ihrem Vorgehen rein auf diskretionäres Ermessen, angewiesen sein. Mein Antrag bezweckt, den Nachweis der Absicht der Anreizung zu fordern. Aber auch er ist nicht ohne Bedenken, da bei dem Prinzip der freien Beweiswürdigung der Richter immer in der Lage sein wird, aus dem Zusammenhang der Umstände die Absicht zu präzisieren. Ich stehe dem § 111 prinzipiell ablehnend gegenüber und werde gegen denselben stimmen, auch wenn mein An⸗ trag angenommen wird. Es ist nicht möglich, in der Behandlung der Erzeugnisse der Literatur auf Grund der Vorlage die Grenze zu ziehen, welche zum Schutze der klassischen Literatur nöthig ist. Das leiche dramatische Stück wird an verschiedenen Gerichten ganz ver⸗ schieden beurtheilt werden. Nach der Vorlage würde man nicht einmal mehr die unglückseligen Fuchsmühler Bauern entschuldigen dürfen. Der Preßfreiheit würde die Vorlage überhaupt eine Ende machen. Nach meiner Ueberzeugung werden die anarchistischen Umtriebe, gegen welche die Vorlage sich richtet, außer⸗ ordentlich überschätzt. Die Most'sche „Freiheit“ hat nur dadurch Be⸗ deutung gewonnen, daß von oben immer auf sie hingewiesen wurde. Was die sozialdemokratische Agitation anlangt, so täuscht man sich über die Gefährlichkeit derselben. Sozialistische Agitatoren, wenn sie jung sind, mögen vielleicht übertreiben; aber wenn sie älter werden, nimmt das von selbst ab. Die Freiheit, welche den Sozial⸗ demokraten seit Aufhebung des Sozialistengesetzes gegeben war, hat sehr dazu beigetragen, diese Uebertreibungen einzuschränken, und es ist in erster Linie ein Verdienst der sozialdemokratischen Füberr. daß bei uns der Anarchismus keine Rolle spielt. Friedrich ngels, der auf dem Gebiete der Sozialdemokratie eine Autorität ist, auch bei den deutschen Sozialdemokraten als solche gilt, weist in der Einleitung zu seiner Ausgabe der Marx'schen Werke nach, daß die Sozialdemokratie, wie die Sachen jetzt liegen, gar kein Interesse daran hat, ihre Ziele mit Gewalt zu erreichen. Sie könnte im Gegentheil ihren Gegnern keinen größeren Gefallen thun, als mit Gewalt vorzu⸗ gehen, während ihr ei enes Interesse eine langsame, organische Ent⸗ wickelung verlange. In der That, nach den langjährigen Er⸗ fahrungen, die wir mit der sozialdemokratischen ee gemacht haben, wird man sich der Ansicht nicht verschließen können, daß es ehrlich gemeint ist, wenn sie behauptet, keine Gewaltakte zu wollen. Es ist ganz klar, daß die Partei sich allmählich aus einer revolutio⸗ siren Pacte im heutigen Sinne zu einer Reformpartei entwickelt. Eine Reformpartei aber strafrechtlich zu verfolgen, dazu liegt kein Grund vor. Wir bnnen nichts Schlimmeres thun, wenn wir uns der Entwickelung der Sozialdemokratie entgegenstellen wollen, als uns auf den Boden einer Angstgesetzgebung zu stellen. Uns bleibt nichts Anderes übrig, als unsere Nerven zu stärken, denn wir laborieren an Nerven⸗ schwäche. Die Sozialdemokratie wäre nie zu ihrer heutigen Entwicke⸗ lung gelangt, wenn sie nicht einem so ängstlichen Bürgerthum gegen⸗ überstände. Wir bitten daher, die ganze Umsturzvorlage oder aber zunächst den § 111 in beiden Fassungen abzulehnen, oder endlich 8 § 111 höchstens in der von mir vorgeschlagenen Fassung anzu⸗ nehmen.

Abg. Freiherr von Manteuffel (dkons.): Ich bezweifle sehr die Richtigkeit der Ansicht des Abg. Dr. Barth, daß die sozialdemo⸗ kratische Partei aus einer revolutionären eine reformatorische geworden sei. Im Gegentheil! Wenn die Entwickelung jener Partei jetzt auch eine mehr bürgerliche Tendenz angenommen hat, so ist das nur ein Deckmantel, geeignet, solche Leute, die nicht näher zusehen, zu täuschen. Jene Herren sind klug genug, mit ihren eigentlichen Tendenzen nicht eher hervorzutreten, als bis sie ihre Zeit für gekommen halten. Dann werden dem Abg. Dr. Barth die Augen aufgehen. Nicht die Frei⸗ heit, die die Sozialdemokraten bei uns genießen, hat dazu geführt,

in Deutschland vom Anarchismus weniger zu spüren ist als in deren Ländern; der Grund liegt darin, daß das deutsche Volk m Großen und Ganzen ein christliches Volk ist, das zu sehr mit Liebe zu seinem Gott und Heiland hält, als daß es den anarchistischen Lehren Scsg Thür Lund Thor öffne. Es ist serner ein monarchisches Volk, es hat eine intakte Armee, und es weiß, daß bei uns für die armen Leute iel gethan wird. qer cFtvbee. Arbeit erschwert es den Anarchisten, mmit ihrerenegativen Arbeit vorwärts zu kommen. Nach den Ausfüh⸗ rungen des Abg. Dr. Barth müssen unsere Richter eigentlich eine anz jämmerliche Klasse von Menschen sein. Gerade von jener Seite kann doch sonst der Richterstand garnicht hoch genug emporgehoben werden. Was er bei diesen ehn gel⸗ machte, kann er schließlich bei den meisten Paragraphen

des Strafgesetzbuchs vorbringen. Vom subjektiven Ermessen Richters hängt fast immer viel ab. Was unsere Stellung an⸗

befriedigen konnte, das haben wir nie verstanden.

langt, so babe ich die Erklärung abzugeben, daß, falls unser Antrag zum § 111 auf Einfügung der §§ 113 und 114 nicht angenommen werden sollte, wir nicht in der Lage sein würden, für biesen Para⸗ graphen zu stimmen, und damit würden wir, glaube ich, auch nicht in der Lage sein, für das Gesetz, wie es sich ferner gestalten würde, zu stimmen. Die gegnerische Presse shat uns fortwährend bezichtigt, wir seien Freunde der Vorlage. Das sind wir niemals gewesen, nicht in der Fassung der Regierungsvorlage, noch weniger aber in der Fassung, die sie in der Kommission erhalten hat. Wir haben zum mindesten erwartet, daß noch andere Gesetze vorgelegt werden würden, die wir schon lange gefordert haben. Ich erinnere nur an die Börsenreform, an das Gesetz gegen den unlautern Wettbewerb, ferner an Maßnahmen zur Milderung der Noth in der Landwirthschaft. Einzig die Spiritusvorlage ist uns zugegangen. Als der jetzige Reichs⸗ kanzler die Erbschaft seines Vorgängers übernahm, konnte man vielleicht im Augenblick ein anderes Gesetz nicht einbringen; man hätte dann aber füglich noch einige Wochen oder Monate warten können. Aber daß diese Vorlage eingebracht worden ist, die nach keiner Seite hin Die Richtung, die wir dabei im Sinne haben, ist ja eine wesentlich andere, als die der linken Seite des Hauses. Besonders die Be⸗ stimmungen nach der militärischen Richtung hin genügen uns in keiner Weise; sie hätten schärfer sein müssen. Die Vorlage hat nur das Gute gehabt, daß sich mehr und mehr die Ueberzeugung Bahn bricht, daß, wenn man den subversiven Tendenzen überhaupt bei⸗ kommen will, dies schwerlich auf dem Boden des gemeinen Rechts ge⸗ schehen kann. Gerade die Herren, wie der Abg. Dr. Barth, die immer gegen Ausnahmegesetze geeifert und gesagt haben, daß man alles 8 dem Boden des gemeinen Rechts erreichen könne, wenden sich nun am heftigsten gegen diese Vorlage. Es wurde uns ferner vor⸗ eworfen, daß wir mit der Zentrumspartei ein Kompromiß abge⸗ schloffen haben; man hat das konservativ⸗klerikale Bündniß als Schreck⸗ gespenst an die Wand gemalt. Ich verhehle nicht, daß wir in vielen Fällen, zum Beispiel beim Volksschulgesetze, mit Freuden ein Bündniß mit dem Zentrum geschlossen und damals nur bedauert haben, daß das Volksschulgesetz nicht durchging; in diesem Falle aber hat ein konservatip⸗klerikales Bündniß nie bestanden. Gerade die Anträge, die meine politischen Freunde und ich zum § 111 gestellt haben, beweisen das zur Genüge. Wenn die Vorlage als solche uns auch in keiner Weise befriedigen kann, so haben wir doch die Worte Seiner Majestät des Kaisers in Königsberg, wo er die Nothwendig⸗ keit anerkannte, daß sich alle staatserhaltenden Parteien zusammenschließen müßten zum Kampf für Sitte, Religion und Ordnung, mit der größten Freude begrüßt. Unter diesem Eindruck haben wir versucht, uns mit dieser Vorlage zu be⸗ freunden und wenigstens das aus dem Gesetz herauszunehmen, was uns nothwendig und möglich erschien. Das einzige Gute aus der Kommissionsbérathung ist das stärkere Hervorkehren der christlichen Anschauungen. Im übrigen ist die Vorlage wesentlich verschlechtert. Durch unseren Antrag wollen wir eine Verbesserung eintreten lassen. Wir haben die Pflicht, der Regierung Waffen in die Hand zu geben, um den revolutionären Tendenzen zu begegnen. Gerade bei der Be⸗ kämpfung dieses Paragraphen in Versammlungen u. s. w. sind An⸗ sichten zu Tage getreten, die von einer großen Unkenntniß nicht nur der Vorlage, sondern auch des Strafgesetzbuchs zeugten. Ich will nicht verschweigen, daß es uns Wunder nehmen muß, zu sehen, wie man uns mit den heftigsten Vorwürfen über⸗ schüttet hat, wenn wir in irgend einer agrarischen Versammlung für einen Antrag eintreten, und wie andererseits diese Vorlage von den allerungeeignetsten Stellen aus bekämpft wird. Ich erinnere nur an die Versammlung vor wenigen Tagen in Berlin. Gegen die gewerbs⸗ mäßige Agitation gegen christlichen und monarchischen Sinn muß Schutz gewährt, sie muß nach Kräften unterbunden werden. Dazu 8 817. soweit wir es können, der Regierung die Mittel an die and geben.

Abg. Auer (Soz.): Es ist mir aufgefallen, daß diejenigen Herren, die früher gegen die Vorlage waren, jetzt süns anders ge⸗ worden sind. Sie hoffen, daß, wenn das Umsturzgesetz nicht ange⸗ nommen wird, ein Ausnahmegesetz eingeführt werden könne. Ich warne Sie auf das eindringlichste, ein sol einzubringen. Was Sie beabsichtigen, das wird Ihnen nie gelingen: die große Arbeiter⸗ bewegung können Sie nicht aus der Welt schaffen. Sie werden besser thun, sich ihr anzubequemen. Der Reichskanzler hat einen Aus⸗ spruch gethan, den wir unterschreiben können, daß nämlich die große Geistesbewegung der Jetztzeit nicht durch ein Gesetz unter⸗ drückt werden kann. Wenn aber die Regierung diese richtige Ueber⸗ zeugung hat, warum versucht sie es dann, diesem Fortschritte Hindernisse mit ein paar auf Papier geschriebenen Paragraphen in den Weg zu legen? an kann den Fortschritt nicht aufhalten, wohl aber kann man seine Träger mißhandeln. Und man hat sie auch mißhandelt. Aber unsere Zeit der Aufklärung sollte endlich damit aufhören. Der Reichskanzler hat ferner von einer Protestbewegung gesprochen. Wir stehen dieser Bewegung mit sehr gemischten Ge⸗ fühlen gegenüber. Unter den Protestlern befinden sich solche, denen die Vorlage zu wenig bietet, solche, die sich an einzelnen Punkten stoßen. Ich habe in dem Organ des Zentrums, der „Germania“ gelesen, daß die Protestler gottlose Frei⸗ maurer seien. Das Schreckgespenst der Protestanten sind die Jesuiten. Freimaurer⸗ und die Jesuitenfurcht sind die beiden Gegensätze, die sich gleich vereinen, sobald die Sozialdemokratie kommt. In den Kommissionssitzungen haben einzelne Kommissionsmitglieder allmählich den Geschmack für die Sache verloren, und zwar so ver⸗ loren, 8 sie bei den letzten Sitzungen garnicht mehr anwesend waren. Anderen dagegen ist der Geschmack für die Sache gewachsen. Aus politischer Klugheit können Sie garnicht für das Gesetz 85 Der § 111 ist eine Musterleistung juristischer Verschwommenheit. In der Kommission schon wußte niemand, wie er sich zu diesem Paragraphen stellen sollte. Zur Aushilfe beruft man sich immer wieder darauf, daß man Vertrauen zu unseren Richtern haben müsse. Dieses Vertrauen theilt meine S in keiner Weise. In der Praxis würde sich die Sache doch so ge⸗ stalten, daß man nur die Person und nicht die Thatsache in Betracht zieht, wenn es sich um die Aburtheilung eines Sozialdemskraten handeln wird. Welche Folgen wird es haben, wenn der § 111 an⸗ genommen wird? Große Theile unserer klassischen Literatur werden nicht mehr bestehen können. Und wie wird es mit der Bibel stehen? Darin sind Dinge erzählt, deren Rechtfertigung direkt unter das Gesetz fallen würde. Man rechtfertigt das Vorgehen die Sozialdemokraten mit der anarchisti⸗ schen Literatur. ir lehnen die Verantwortung für diese Literatur ab. Der Abg. Freiherr von Manteuffel sagt: die Ruhe, die augen⸗ blicklich bei den Sozialdemokraten herrsche, sei besonders gefährlich; die Sozialdemokratie verdecke ihre eigentlichen Ziele, die auf den Umsturz ausgingen. Wir denken nicht an den gewalt⸗ amen Umsturz. Gerade dadurch, daß wir auf gesetzlichem Wege vor⸗ gehen, gewinnen wir das Proletariat, und dieser Gefs mäßigkeit werden Sie schließlich doch noch unterliegen. Sie (zur Rechten) finden Ihre Privilegien bedroht und drängen zum Blutvergießen. (Vizepräsident Schmidt ruft den Redner wegen dieser Aeußerung zur Ordnung.) Ich bitte Sie, den § 111 und das ganze 2r abzulehnen, dann werden Sie dem sozialen Frieden einen wirklichen Dienst geleistet haben.

Bevollmächtigter zum Bundesrath, preußischer Kriegs⸗ Minister Brer 8 1 Helbearo he ft 1

Meine Herren! Der Herr Vorredner wendete sich persönlich an mich in seinen Ausführungen und bemerkte, daß die Sozialdemokraten sich wohl hüten würden, vor das 8 Millimeter⸗Gewehr zu kommen und sich als Zielobjekt zu stellen. Er drückte dabei aus, die Armee lege entschieden ein großes Gewicht und einen großen Werth darauf, dergleichen Schießversuche zu machen. Ich muß erklären, meine Herren, daß die Armee es als ihre vornehmste Aufgabe betrachtet, an die Grenzen zu marschieren, wenn sie bedroht sind, und den Feind zu schlagen, und daß sie sich sehr wohl bewußt ist, daß der Lorbeer, der

ihre Fahnen schmückt, nicht auf den Straßen grünt, auf denen man unbotmäßige Pöbelmassen zu Paaren treibt. Wir betrachten es als eine angenehme Pflicht, das der Polizei und der Feuerwehr zu über⸗ lassen. (Anhaltendes, schallendes Gelächter.)

Abg. von Kardorff (Rp.): Im Namen meiner Partei habe ich die folgende Erklärung abzugeben: „Die Deutsche Reichspartei hat als den eigentlichen Zweck der dem Reichstage unter Nr. 49 der Drucksachen zugegangenen eas Sa KEss. den Schutz der bürgerlichen Gesellschaft gegen die auf den Umsturz der bestehenden Staats⸗ und Gesellschaftsordnung gerichteten Bestrebungen der sozialdemokratischen Partei angesehen. Wir waren von vornherein darüber nicht zweifelhaft daß die von dem früheren Reichskanzler vorbereitete Gesetzesvorlage den Anforderungen nicht entsprach, welche wir im allgemeinen öffent⸗ lichen Interesse an ein solches Gesetz stellen zu müssen glaubten: namentlich vermißten wir Bestimmungen, durch welche die allen Um⸗ sturzbestrebungen abgeneigten und ein friedliches Zusammenwirken mit ihren Arbeitgebern wünschenden Arbeiter gegen die Willkür und den

Despotismus sozialdemokratischer Führer und Arbeiter, sowie die

Arbeitnehmer gegen frivole Ausstände wirksam geschützt und die Organisationen der sozialdemokratischen und anarchistischen Parteien gehindert würden. Die Aenderungen, welche die Gesetzes⸗ vorlage in der Kommission erfahren hat, lassen fr ursprünglichen Zweck, zur Bekämpfung der Sozialdemokratie zu dienen, kaum noch erkennen. Dagegen haben Bestimmungen Auf⸗ nahme gefunden, welche zumal für politisch und kirchlich erregte Zeiten, bei dem großen dem Richter gelassenen Spielraum ernste Befürchtungen wachrufen, daß auf weiten Gebieten des öffentlichen Lebens nicht nur die freie Meinungsäußerung, sondern selbst die Freiheit der wissen⸗ schaftlichen Forschung gefährdet würde. Andererseits ist durch die Streichung des § 130a des Strafgesetzbuchs jeder Schutz dagegen beseitig)l, daß die politischen Agitationen von Geisttlichen beider Konfessionen in die Gotteshäuser getragen werden. Bei der Zusammensetzung des Reichstags können wir die Hoffnung auf eine unseren Ansichten entsprechende Abände⸗ rung der Kommissionsvorschläge nicht hegen; wir werden uns daher darauf beschränken, von den Vorschlägen der Kommission nur für § 112 des Strafgesetzbuchs und Art. II und III des Militärstrafgesetzbuchs zu stimmen, und haben die Absicht, uns an den Diskussionen in der zweiten Lesung vorläufig nicht zu betheiligen. In der dritten Lesung werden wir die ganze Gesetzesvorlage ablehnen. falls sie in der vor⸗ liegenden Fassung der Kommissionsbeschlüsse angenommen werden sollte.“

Abg. Dr. Enneccerus (nl.): Wenn ich auch nicht in allen

Punkten mit der Erklärung des Vorredners übereinstimme, so sind doch auch meine politischen Freunde der Ansicht, daß die Vorlage in der Kommission in einer Weise umgestaltet worden ist, daß sie ihren Zwecken nicht mehr entspricht. Die Vorlage ist in der Gestäalt, in der sie die Kommission verlassen hat, für uns unannehmbar. Wir haben deshalb überhaupt darauf verzichtet, besondere An⸗ träge zu stellen. Wir wünschen schärfere Bestimmungen gegen politische Ausschreitungen, wie sie andere Länder bereits haben; aber die Freiheit wissenschaftlicher Darlegungen und sachlicher Be⸗ sprechungen von gegenwärtigen und vergangenen Ereignissen halten wir für dringend geboten. Fn dieser Beziehung haben wir erhebliche Bedenken gegen die Vorlage. Wenn der konservative Antrag von der Voraussetzung ausgeht, daß nur das bewußte Anpreisen von strafbaren Handlungen strafbar sein solle, so wird ein großer Theil meiner politischen Freunde dafür stimmen. Von unseren Richtern habe ich doch eine bessere Meinung als der Abg. Dr. Barth. Ich glaube, wir können ihnen eine objektive und sachliche Handhabung dieses Para⸗ graphen zutrauen.

Abg. Dr. von Wolszlegier (Pole): Die Behandlung unserer artei im preußischen Landtage veranlaßt uns, mit größtem keptizismus an die Vorlage heranzutreten. Ich verkenne nicht, daß

im Strafgesetzbuch insofern eine Lücke vorhanden ist, als für den Fall, daß es sich um erfolgreiche Aufreizung handelt, kein Unterschied zwischen Verbrechen und Vergehen gemacht wird. Daher stimme ich dem ersten Theil des § 111 zu. Dagegen bin ich nicht in der Lage, dem zweiten Alinea des zweiten Absatzes zuzustimmen. Von hoher Seite ist uns der Vorwurf gemacht worden, daß wir Polen zu den Unsturzparteien, zur äußersten Linken des Hauses gehörten, namentlich der Adel und die Geisttlichkeit. Dem ist keineswegs so. Aber wir können zu diesem Theil des § 111 unsere Zustimmung nicht geben, weil unsere Kunst und Literatur durch ihn am meisten gefährdet wäre. Wenn wir unsere nationalen Helden feiern, so könnten wir dem Strafgesetz verfallen. Am unverfänglichsten ist noch die vom Abg. Dr. Barth vorgeschlagene Fassung, für welche wir eventuell stimmen würden. Im allgemeinen aber sind wir gegen

§ 111.

Abg. Reindl (Zentr.): Im Namen meiner politischen Freunde habe ich die folgende Erklärung abzugeben: „Zunächst geben wir dem Reichskanzler zu, daß die Vorlage ihren Charakter in der Kon⸗ missionsberathung geändert hat; aber nicht durch Hineinziehung ve Materien, welche der Vorlage fern lagen, sondern durch Hineinziehang von Materien, welche in der Vorlage nicht genügend beachte waren. Der Kaiser hat zum Kampf für Religion, Sitte und Ordnung aufgerufen; die Vorlage berück⸗ sichtigt nur den Kampf für die Ordnung. Wir wollten aber

die Vorlage so ausgestalten, daß auch Schutzmaßregeln getroffen werden

für Religion und Sitte, ohne dabei die Ordnung außer Acht zu lassen, was unter anderem der § 112 der Kommissionsbeschlüsse beweist. Der Herr Reichskanzler hat von diesem § 112, der in weitgehender Weise Heer und Marine schützt, keine Notiz genommen. Wir werden seiner Fen darauf zurückkommen. Zum § 111, der heute zur Berathung teht, erklären wir, daß wir weder in dem Antrag des Dr. Barth noch in jenem der Konservativen 8S der weit⸗ gehenden Vorlage eine Verbesserung der ommissionsbeschlüsse zu erkennen vermögen. Wir werden daher in der zweiten Lesung für die Kommissionsfassung des § 111 stimmen; bezüglich der ganzen Vorlage bemerken wir, daß auch uns die Beschlüsse der Kommission nicht alleweg gefallen und genügen, daß wir bereit sind, in eine Weiterberathung der einzelnen Bestimmungen einzugehen, uns aber die Schlußabstimmung ausdrücklich vorbehalten.“ 8

Abg. Munckel (fr. Volksp.): Das Schicksal der Vorlage läßt sich mit einiger Bestimmtheit voraussagen; daß es ein negatives sein wird, wird die Abstimmung über § 111 zeigen. Ich werde für diesen Paragraphen nicht zu haben sein. Die Strafe für Aufforderung zu einer strafbaren Handlung darf sich nicht nach der Schwere des Ver⸗ brechens, sondern nach der Gefährlichkeit der Anreizung richten. An⸗ reizungen zu leichten Vergehen finden schneller Boden, als solche zu schweren. Es ist ein ganz falsches Prinzip, das hier zum Ausdruck kommt. Der zweite Theil des Paragraphen behandelt ein Vergehen, das man bisher noch nicht gekannt hat. Er streift den Grundsatz, daß Gedanken wenigstens nicht bestraft werden sollen. Er will die Neigung zu üen brechen strafen. Wie wäre es nach dem Gesetz mit Schiller un Goethe geworden! Nach Dichtung der Räuber wäre Schiller sicher mit Gefängniß bestraft worden; was wäre aber gar aus dem rück⸗ fenigan Verbrecher geworden, der später es noch wagte, den Fiesco zu chreiben! Der Dichter wird selten oder überhaupt nicht die Wirkung auf unverständige Leute ermessen können, wenn er die That eine seiner Helden preist. Wir können dem Gesetzentwurf nicht zustimmen und hoffen, daß er abgelehnt wird. 1

Abg. Zimmermann (d. Refp.); Namens meiner politischen Freunde habe ich zu erklären, daß wir nicht in der Lage sind, der Vorlage in der Kommissionsfassung unsere Zustimmung zu ge en. Mit Ausnahme vielleicht der Militärparagraphen sehen wir in haa⸗ Vorlage nichts Ersprießliches für unser Volk. Eigentlich will jesnt niemand mehr die Verantwortung für die Vorlage übernehmen, auch 8 Abg. Freiherr von Manteuffel nicht, trotzdem gerade aus den Reihen 8 Konservativen, wie aus denen der Nationalliberalen Rufe nach üüe Gesetzen gegen den Umsturz in zahlreichen Petitionen laut geworden Der Antrag Barth erscheint uns als das kleinste Uebel, freilich 4 deutet er ja auch aine Verwerfung des Gesetzes. Mit dem Abg. oft stimme ich darin überein, daß ich mich den Gerichten egenüber t sehr kritisch verhalte. Die Sozialdemokratie aber wo

Konfession.

bereits ermäßigt. maäßigen, ist bisher an die Eisenbahnverwaltung noch nicht heran⸗

offenen Geisteskampfe b nicht durch Gesetzesvorschriften. Und wir hoffen, mit den Sozialdemokraten fertig zu werden, haben wir doch die besten Verbündeten in ihren eigenen Reihen, die alles umstürzen, wo sie auch hinkommen, unsere Mitbürger jüdischer Sie werden auch auf die Sozialdemokratie zersetzend

wirken, und wir werden diese besiegen auf dem Wege sozialer Reformen, niaht der Gesetzgebung. 8 von

alisch (dkons.): Der Abg. Dr. Enneccerus forderte uns auf, zu sagen, welches der Sinn unseres Antrags sei. Es ist eine Erfahrung, daß man einem Agitator selten die Absicht der An⸗ reizung zu einer strafbaren Handlung nachweisen kann. Unser Antrag will diefem Mißstand abhelfen; es ist darin nicht von einer Anreizung zu einer bestimmten strafbaren Handlung, sondern zu strafbaren Hand⸗ lungen der betreffenden Art die Rede. Schriftsteller wie Schiller und Goethe werden von dieser Bestimmung nicht betroffen werden; ne ihre Werke ist noch niemand zu strafbaren Handlungen bewogen worden.

Um 5 ¼ Uhr wird die weitere Berathung auf Donners⸗ tag 1 Uhr vertagt.

I 1

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 63. Sitzung vom Mittwoch, 8. Mai. Ueber den Beginn der Sitzung ist gestern berichtet worden. Auf der Tagesordnung stand zunächst der von den Abgg. Letocha und Gen. eingebrachte Antrag auf Ermäßigung der Eisenbahnfrachtsätze für Montan⸗ und land⸗ wirthschaftliche Produkte aus Schlesien.

Abg. Szmula (Zentr.) wies auf die Bedeutung des Antrags für die landwirthschaftlichen Produkte hin. Eine Verbilligung der Tarife für die Landwirthschaft sei eine unabweisbare Nothwendigkeit.

Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Möllhausen: Für die land⸗ wirthschaftlichen Produkte hat der vorliegende Antrag wenig Zweck, da ein nennenswerther Absatz solcher e aus Schlesien in den Ostsee⸗ provinzen nicht stattfindet. Anders steht es mit der Ausfuhr. In dieser Hinsicht werden dem Landes⸗Eisenbahnrath ent⸗ sprechende Vorschläge gemacht werden. Das gilt namentlich für ein Produkt der schlesischen Zuckerindustrie. Was die Montanindustrie anlangt, so sind die Tarifsätze für Eisen und Zink Ein Wunsch, die Kohlentarife noch mehr zu er⸗

getreten. In den Provinzen West⸗ und Ostpreußen ist der Absatz der

schlesischen Kohle gegenüber der englischen Kohle so fortgeschritten, daß

eine andere Herabsetzung der Tarife nicht nöthig erscheint. Anders steht die Sache mit Bezug auf die Tarifsätze nach Stettin. Hier Pben die Frachtsätze etwas über den Durchschnitt heraus. Die infuhr der englischen Kohle nach Stettin ist infolge dessen auch eine recht hohe und übersteigt die Zufuhr schlesischer Kohle bedeutend. Der Landes⸗Eisenbahnrath hat eine Herab⸗ setzung der Tarife früher abgelehnt, in Anbetracht der veränderten Verhältnisse wird aber die Eisenbahnverwaltung mit einem gleichen Antrag erneut an den Landes⸗Eisenbahnrath herantreten. Die Zufuhr der Kohle in Berlin hat sich in Bezug auf Oberschlesien verändert; aber nicht auf Rechnung der englischen Kohle, sondern infolge des vermehrten Verbrauchs von Braunkohle. Für Eisen besteht schon, soweit die Ausfuhr in Betracht kommt, ein besonders billiger Tarif, und zwar für die Ausfuhr aus Oberschlesien ebenso wie aus West⸗ falen. Geäußert ist der Wunsch, die Tarife zu ermäßigen in Bezug auf die Ausfuhr nach nichtdeutschen, nicht nur nach außereuropäischen Sang. Nach dieser Richtung hin wäre eine Aenderung vielleicht möglich. 3

Abg. Burghardt (nl.) führte aus, daß die Lage der schlesischen Montanindustrie durch Einführung rationeller niedriger Frachten wohl gebessert werden könnte, doch würde eine solche Herabsetzung der Frachten auch für Niederschlesien und andere Industrien von Bedeu⸗ tung sein. Er hätte gewünscht, daß der Antrag weiter gefaßt worden wäre. Im allgemeinen sei aber die Dihasscgriuhh der Staffeltarife für Schlesien wichtiger als niedrige Ausnahmetarife. Ausnahmetarife kämen stets nur kleinen Kreisen zu gute, Staffeltarife der Allgemein⸗ heit. Redner beantragte Ueberweisung des Antrags an eine besondere Kommission von 14 Mitgliedern.

Abg. von Heydebrand und der Lasa (kons.): Wo irgend möglich, müßten die Interessen von Landwirthschaft und Industrie gemeinsam vertreten werden. Der vorliegende Antrag beweist, daß die schlesische Montanindustrie jetzt mehr daran denke, als es früher der 8 gewesen sei. Im Interesse der schlesischen Landwirthschaft sei eine

erabsetzung der Tarife nach Berlin wünschenswerth. Nicht richtig scheine es ihm, gerade die schlesische Landwirthschaft allein zu berück⸗ ichtigen. Eine weitere Einführung von Ausnahmetarifen sei an sich edenklich, wichtiger sei vielleicht eine allgemeine andere Klassifizierung der Tarife für Getreide. Er hoffe, daß in der Kommission ein gang⸗ barer Weg werde gefunden werden.

Abg. von Kölichen (kons.) wünschte Einführung von Ausnahme⸗ tarifen auch für andere Industriezweige, namentlich für die nieder⸗ schlesischen Töpferwaaren. 8 b

Ministerial⸗Direktor Brefeld: Auch die Regierung habe ein Interesse daran, die inländische Industrie vor der Konkurrenz des Auslandes zu schützen. Man dürfe aber nicht vergessen, daß neben den Eisenbahntarifen auch die häufig wechselnden Tarife auf den Wasserstraßen berücksichtigt werden müßten. Die Berathung einer enerellen Ausdehnung der Tarifermäßigungen in einer Kommission sei mit dem Antrage nicht vereinbar, der nur von Schlesien spreche.

Abg. Beumer (nl.) hob hervor, daß eine generelle Ermäßigung der Frachttarife auch für die rheinisch⸗westfälische Montanindustrie nothwendig erscheine. Ob für Schlesien allein eine Ermäßigung an⸗ gebracht sei, müsse im Eisenbahnrath entschieden werden.

Im Schlußwort wies der Mitunterzeichner des Antrags Abg. Gothein (fr. Vg.) vor allem darauf hin, daß schon im Jahre 1886 Stettiner Industrielle sich zur Abnahme schlesischer Kohle verpflichtet hätten, wenn die Eisenbahntarife ermäßigt würden. Trotzdem sei dies noch immer nicht geschehen. 8

Zur Geschäftsordnung bemerkte Abg. von Tiedemann⸗Bomst f. kons.), der Abg. Gothein habe in seinem Schlußwort unrichtige Thatsachen angeführt, in der Kommission werde Gelegenheit sein, dies richtig zu stellen. 1

Der Antrag wurde einer Kommission von 14 Mit⸗ gliedern überwiesen.

folgte die von Petitionen.

jie Vertretungen der Städte Allenburg und b der Kreisausschuß des Kreises Angerburg petitionieren um Ausbau des Masurischen Schiffahrtskanals Angerburg-—Allenburg. Ebenso wünscht eine Petition aus Lötzen den Ausbau des Masurischen Schiffahrtskanals.

Berichterstatter Abg. von Tiedemann⸗Bomst beantragte namens der 11““ Petitionen der Regierung als

Matgxrig gspor Hoen . seIE. 5 Material zu ü erweisen, da über den Bau des Kanals selbst, über

die Kosten desselben wie über den zu erwartenden Verkehr zunächst ge⸗ nauere Erhebungen angestellt werden müßten. 1 Die Abgg. Meßling und Krause stellten den Antrag, die Petitionen der Städte Allenburg und Angerburg und des Kreis⸗ ausschusses Angerburg der Königlichen Staatsregierung zur Er⸗ wägung zu überweisen. b 8 Meßling (nl.) befürwortete seinen Antrag mit dem Hin⸗ weis auf den zu erwartenden großen Verkehr. Geheimer Baurath Kummer hob hervor, daß die Regierung

sich mit den Verhältnissen der Masurischen Seen beschäftigt habe.

Es werde seitens des Ober⸗Präsidenten festgestellt, welche Thatsachen für Erbauung des Kanals lpröͤchen; das Gutachten stände noch aus, auch hinsichtlich der Rentabilität des Kanals. Wenn es befriedigend ausfallen sollte, wie es den Anschein habe, würde der alte Plan, der seiner Zeit fallen gelassen sei, umgearbeitet werden. E1“

Abg. Gamp (fr. kons.) kam auf seinen früheren Streit mit dem Abg. Gothein über seinen Vorschlag einer verschiedenen Bemessung der Schiffahrtzabgaben für die Thalfahrt und die Bergfahrt, weil die Stromkorrektionen nicht in gleicher Weise den Schiffern bei der Berg⸗ fahrt und der Thalfahrt zu gute kommen, zurück. Abg. Gothein habe ihm den Vorwurf gemacht, daß er von der Binnenschiffahrt nichts verstände. Redner berief sich auf verschiedene Sachverständigen⸗Gut⸗ achten und protestierte Pgen die leichtfertigen Behauptungen und die Angriffe, welche Abg. Gothein seiner Zeit gegen ihn gerichtet habe, e aber schließlich vom Vize⸗Präsidenten Graf zur Sache ver⸗ wiesen.

Abg. Gothein (fr. Vg.): Schon vor 10 Jahren sei er vom Ober⸗Präsidenten von Schlesien in die Strom⸗Schiffsbaukommission delegiert worden, habe sich aber außerdem auch bei Autoritäten er⸗ kundigt. Der Schiffer wisse oft nicht, ob er für die Bergfahrten Frachten erhalte; daß er dafür eine höhere Abgabe zahle, sei un⸗ wichtig, auch schon deshalb, weil er sich mit der Höhe seiner Frachten nach der Konkurrenz richten müsse. Den Masurischen Kanal halte er, wie Abg. Gamp, für sehr wünschenswerth.

Abg. Gamp: Ich habe den Kanal nicht für wünschenswerth er⸗ klärt, sondern gesagt, es müßte klar gelegt werden, welche Momente für den Bau des Kanals sprächen. Ich hätte übrigens erwartet, daß Abg. Gothein erklärt hätte, er habe sich in seinen Angriffen gegen mich geirrt. Sein Auftreten ist derart, daß ich glaube, die Herren haben Recht, die meinen, der Abg. Gothein sei nicht ernst zu nehmen.

Abg. Ehlers (fr. Volksp.) bat um Annahme des Antrags der Abgg. Meßling und Krause.

Abg. Gothein erklärte, auch er habe sich an verschiedenen autoritativen Stellen erkundigt. Wenn er dem Abg. Gamp gegenüber nicht so Hihc sei wie sonst, so liege das daran, daß er der Ange⸗ griffene sei.

Abg. Gamp stellte fest, daß er zwar am 29. Januar dem Abg. Gothein Mangel an Objektivität vorgeworfen habe; doch sei dies nur in der Vertheidigung geschehen, da der Abg. Gothein einem Herrn auf der rechten Seite des Hauses Unkenntniß der Verhältnisse an der Börse vorgeworfen habe.

Die Petition wurde nach dem Antrag der Abgg. Meßling und Krause der Ug n ee Erwägung überwiesen. ,

Es folgte der Bericht der Kommission über die Petition des Hauptdirektoriums des landwirthschaftlichen Provinzialvereins für die Mark Brandenburg und die Niederlausitz, in welcher beantragt wird: Das Haus der Abgeordneten wolle bei dem Königlichen Ministerium der öffentlichen Arbeiten dahin wirken:

1) a. daß die Eisenbahn⸗Betriebsämter bezw. die Zentral⸗Wagen⸗ vertheilungsstellen den Bestellern von Eisenbahnwaggons gegenüber verpflichtet werden, falls der bestellte Waggon am nächsten Tage nicht gestellt werden kann, auf Kosten der Eisenbahnverwaltung durch Depesche oder Expreßboten besondere Mittheilung zu machen; b. daß dem Empfänger von beladenen Wagen, wenn derselbe nicht am Stationsorte wohnt, die Mittheilung von der An⸗ kunft der Waggons sofort durch Depesche oder Expreß⸗ boten auf Kosten der Bahnverwaltung übermittelt wird (nicht wie bisher durch Postkarte). 2) a. Daß die Eisen⸗ bahnverwaltung ihre im vorigen Jahre getroffene Verfügung, nach welcher dem Besteller eines Eisenbahnwaggons die Fracht nach dem Ladegewicht des gelieferten Waggons berechnet wird, wenn derselbe ein höheres Ladegewicht hat, als bestellt ist, wieder zurücknimmt;

b. daß auch im entgegengesetzten Falle, wenn nämlich die Eisen⸗

bahnverwaltung einen Waggon mit geringerem Ladegewicht, als be⸗ stellt, liefert, die Fracht auch nur nach dem geringeren, wirklichen Ladegewicht des durch Schuld der Bahnverwaltung der Bestellung nicht entsprechend gelieferten Waggons berechnet werden darf. Berichterstatter Abg. Sattler (nl.) beantragte namens der Budgetkommission, über den Antrag 1 b der Petition zur Tages⸗ ordnung überzugehen, im übrigen die Petition der Königlichen Staats⸗ regierung zu überweisen und zwar bezüglich des Antrags 1 a zur Berücksichtigung dahin, daß im Falle einer Vorausbestellung von drei Tagen der auswärts wohnende Besteller rechtzeitig von dem Nicht⸗ eintreffen der bestellten Wagen benachrichtigt werden soll; bezüglich des Antrags 2 a zur Erwägung und bezüglich des Antrags 2 b als Material. 8 Geheimer Regierungs⸗Rath Stieger setzte die technischen Schwierigkeiten auseinander, die theilweise den Wünschen der Petenten entgegenstehen. 1 . 8 Abg. Ring (kons.) beantragte, im Interesse der Landwirthschaft

den gesammten Inhalt der Petition der Regierung zur Berück⸗

sichtigung zu überweisen. 8 Das Haus beschloß demgemäß. —5

Der Bezirksvertreter der östlichen Drauensee⸗Niederung

g petitioniert dahin, daß eine planmäßige Regulierung des Elbingflusses, ebenso wie der Weichsel und Nogat, dem Deich⸗ verband auferlegt werde. 8

Die Agrarkommission stellte den Antrag, die Petition der Staatsregierung zur nochmaligen Erwägung zu überweisen, beir 188 eschwerden der Bewohner der Drauensee⸗Niederung abzu⸗

elfen sei.

Abg. Graf Kanitz (kons.) beantragte, die Petition der König⸗ lichen Staatsregierung zur Berücksichtigung zu überweisen in der Richtung, daß die durch Statut für den Weichsel⸗Nogat⸗Deich⸗ verband vom 20. Juni 1889 neu einbezogenen Niederungsgebiete am Drausensee aus dem Deichverbande wieder entlassen werden.

Abg. Graf von Finkenstein (kons.) bat im Interesse der Bewohner der Drauensee⸗Niederung um Annahme des Antrages des Grafen Kanitz. 1

Geheimer Regierungs⸗Rath Holle ersuchte, denselben ab⸗ zulehnen, da er den gewollten Zweck nicht erfüllen werde.

Der Antrag des Grafen Kanitz wurde indessen an⸗ genommen. 8

Um 4 ½ Uhr vertagte sich das (Rechnungssachen, kleine Vorlagen,

aus auf Freitag 11 Uhr. ahlprüfungen.)

HRKRunst und Wissenschat.

Die Königlichen Museen haben in den letzten Monaten des verflossenen Jahres mehrere außerordentlich erfreuliche Zuwen⸗ dungen erhalten, über welche in dem soeben erschienenen 2. Heft XVI. Jahrgangs 1895 des „Jahrbuchs der Königlich vüeufzischen Kunstsammlungen“ berichtet wird. Zunächst ist die werthvolle Fach⸗ bibliotbek des Geheimen Regierungs⸗Raths Dr. Julius Meyer, früheren Direktors der eer. Gemäldegalerie, durch Schenkung in den Besitz der Museen gelangt. Sie umfaßt in ca. 4000 Bänden kunstgeschichtliche Werke und Zeitschriften, kunsttopographische Literatur, Sammlungs⸗, Ausstellungs⸗ und Auktionskataloge ꝛc. und bereichert die Bibliothek der Königlichen Museen in einer außerordentlich will⸗ kommenen Weise. Zugleich gewährt sie für die Arbeiten der Beamten der Gemäldegalerie dadurch eine besonders große Erleichterung, daß sie bestimmungsgemäß in dieser selbst Aufstellung gefunden hat und die Werke jederzeit sofort zur Hand sind.

Ferner hat der am 15. September 1894 verstorbene Architekt Rudolf Springer, geboren 1845 zu Frankfurt a. M., ein bekannter Kunstfreund und mit hohem Verständniß begabter Sammler, Herausgeber des werthvollen Nachschlagewerks: „Kunst⸗ handbuch für Deutschland, Oesterreich und die Schweiz“, ver⸗ schiedene Abtheilungen der Königlichen Museen in seinem Testamente bedacht. Der egyptischen Abtheilung hat er 41 Bronzen, sämmtlich Götterfiguren, zugewandt. Das Geschenk enthält die Hauptstücke aus einem großen Funde von Weih⸗ geschenken, der vor einigen Jahren in Sais gemacht worden ist, und die Gestalten der Deltagöttinnen Neith und Buto sind deshalb besonders häufig in ihm vertreten. eitlich gehören die Bronzen zumeist in die Seenaenes saltische Epoche (VII. und VI. Jahrhundert

v. Chr.). Mehrere derselben zeichnen sich durch ihren 1ee Stil, viele durch ungewöhnliche Größe und durch seltene Darstellungen aus, sodaß durch diesen Zuwachs die Sammlung von Bronzen eine sehr viel höhere Bedeutung gewinnt. Besonders hervorzuheben sind: die Basis zu einer Gruppe, mit einer zweisprachigen Weihinschrift, in egyptischer und in der sogenannten karischen Schrift, geweiht unter König Psammetich I. von einem Mann namens Pete⸗neith; die schöne Figur der Göttin Neith, von demselben Mann ; Buto, thronend, in drei Exemplaren von etwa 60 cm Höhe; Särge heiliger Thiere, neben denen die Buto gleichsam schützend sitzt, der eine besonders große in der Gestalt des Osiris⸗Sarges; eine Katzenfamilie (das eine Junge spielt mit der Alten); Isis mit klagend erhobenen Händen; Anubis und Isis, vor ihnen ein Betender; Bast als F Göttin, den Gott Bes auf den Schultern tragend. Auch dem Antiquarium sind drei Bronzen, angeblich aus dem gleichen Funde stammend, hinterlassen; hervor⸗ zuheben darunter ist diejenige eines stehenden Kriegers mit jugend⸗ lichem, unbedecktem Kopf, in der Rechten einen Speer haltend. Das Stück ist ein nicht bloß des Fundorts wegen interessantes Werk griechischer Arbeit und bis auf den linken Unterarm gut erhalten. Das Kunstgewerbe⸗Museum erhielt eine größere Reihe japanischer Stichblätter, Vasen, Fayencen und Lackwaaren, im Ganzen etwa 90 Gegenstände, insbesondere aber eine reiche Ex-Libris-Sammlung. Die letztere war unter den deutschen Sammlungen ihrer Art wohlbekannt; in Berlin wurde sie an Reichhaltigkeit nur von dem Besitz des Geheimen Rechnungs⸗ Raths Warnecke übertroffen, der in seinem Werke über die deutschen Ex-libris die Sammlung Springer ergiebig benutzt hat. Die Sammlung zählt etwa 100 der selteneren und im Kunst⸗ handel geschätzten Blätter des XVI. Jahrhunderts. Den Haupt⸗ bestand bilden die mannigfachen Arbeiten des XVII. und XVIII. Jahr⸗ hunderts, von denen etwa 1500 deutsche und 500 französische sind, während 400 aus anderen Ländern stammen. Außerdem ist das XIX. Jahrhundert mit etwa 1500 Blättern vertreten, sodaß der ganze Bestand sich auf rund 4000 Blätter beziffert. Die Sammlung bildet eine sehr ees Ergänzung der Ornament⸗ und Buchgewerbe⸗Sammlungen des Kunstgewerbe⸗Museums, in welchen diese besondere Klasse von Blättern noch kaum vertreten war, und wird für die Geschichte der graphischen Kleinkünste und als Anregung für heutige Arbeiten erheblichen Nutzen stiften. Endlich ist das Kupferstichkabinet durch eine Samm⸗ lung japanischer ““ und Illustrationswerke, bestehend aus 115 illustrierten Büchern und 224 Einzelblättern, bereichert worden; soweit sich bis jetzt übersehen läßt, befinden sich darunter Werke der besten japanischen Künstler älterer und neuerer Zeit und eine bedeutende Anzahl werthvoller Stücke. Das Vermächtniß bildet eine willkommene Bereicherung der Holzschnittsammlung, namentlich auch durch die darin enthaltenen ausgezeichneten Farbenholzschnitte. Die japanische Kunst hat es in dieser Technik bekanntlich zu außer⸗ ordentlicher Vollkommenheit gebracht und weiß mit ihr die reichsten koloristischen Wirkungen zu erzielen. Außerdem hat der Verstorbene dem Geheimen Regierungs⸗Rath, Direktor Dr. Bode für Zwecke der Museen einen Betrag von 3000 hinterlassen.

Eine sehr werthvolle Schenkung war endlich für das Kupfer⸗ stichkabinet die Büchersammlung des am 30. September v. J. ver⸗ storbenen außerordentlichen Professors der hiesigen juristischen Fakultät Dr. Carl Bernstein, über welche bereits in Nr. 80 d. Bl. vom 1. April d. J. (Zweite Beilage) berichtet wurde.

Von weiteren Erwerbungen im letzten Vierteljahr von 1894 ver⸗ dienen Hervorhebung: für die Gemälde⸗Galerie die aus der Sammlung des Lord Afhburnham in London angekaufte große öö „Cornelis Anslo eine Wittwe tröstend“ von Rem⸗

randt (welche an dieser Stelle bereits gebührend gewürdigt worden ist)

und für das Münzkabinet eine Kollektion von Münzen aus ver⸗ schiedenen Perioden. Letztere Erwerbung umfaßt 397 Stück: 28 in Gold, 335 in Silber, 32 in Kupfer, 1 in Blei und 1 Stück Papier⸗ eld. 85 James Simon schenkte ein bisher unbekanntes, durch die schöne Darstellung und Umschrift höchst merkwürdiges Stück: einen Aureus des Kaisers Theodosius II., darstellend die Hochzeit seiner Tochter mit dem späteren Kaiser Valentinian III., und mit der Um⸗ schrift FELICITER NVBTIIS. Von Wichtigkeit ist auch eine Reihe zum theil äußerst seltener, die Sammlung in willkommenster Weise ergänzender Münzen der griechischen Kolonien der Krim und der be⸗ nachbarten Gegenden, von Cercinitis, Chersonesus, Panticapaeum, Olbia u. a.; ferner eine äußerst seltene Kupfermünze von Aelia Capitolina (Jerusalem) und ein seltener Denar des Oktavian mit dem Ammonskopf auf der Rückseite. Unter den Münzen aus dem Mittflalter befindet sich ein prachtvolles Exemplar des nur in sehr wenigen Stücken erhaltenen großen Silberstücks des Großfürsten Jaroslaw von Kiew (1016— 1054) mit dem byzantinischen Münzen nachgeahmten Typus (dem heiligen Georg) und der russischen Inschrift „Jaroslow srebro“, d. i. Silber des Jaroslaw. Ferner sind zu erwähnen Prägungen des XIV. Jahr⸗ hunderts aus einem Funde von Köln und deutsche und niederländische Denare des XI. Jahrhunderts aus dem Funde von Daber in Pommern. 8

Das Museum für Völkerkunde und zwar zunächst die ethnologische Abtheilung hat außer vielem Anderen folgende werth⸗ volle Vermehrungen zu verzeichnen: Ein für die indochinesische Kulturgeschichte bedeutungsvolles Geschenk wurde durch Herrn Dr. Fritz Noetling übergeben. Dasselbe besteht in einer umfangreichen Samm⸗ lung birmanischer und peguanischer Alterthümer aus 8 und den Grottentempeln von Pegu: Gemälde, Skulpturen, Glasuren, Bronzen und Terrakotten, Ethnologisches aus den Schan⸗Ländern, Photo⸗ graphien. Eine nachträgliche Sendung enthielt prähistorische Stein⸗ geräthe aus Birma. Durch Vermittelung des Kaiserlichen Konsuls in Amoy Feindel wurde eine systematisch aiigsgegec Sammlung dortiger Volksgötter erworben. Aus Deutsch⸗Ostafrika hat der Kaiserliche Dragoman in Dar⸗es⸗Salam, Dr. Neuhaus, eine sehr werthvolle Sammlung von Boots⸗Modellen von der Sswahili⸗Küste geschenkt. Als Geschenk des Deutschen Antisklaverei⸗Comités gelangte eine von Herrn Wynekenn angelegte Sammlung, meist von den Uferländern des Nyassa, in den Besitz des Museums, ferner durch Ankauf die Sammlung des verstorbenen

errn S. Straeßer aus verschiedenen Theilen des Schutzgebietes.

us West⸗Afrika sind werthvolle Geschenke der Herren Dr. Zint⸗ graff und Bessert⸗Nettelbeck und des Dr. Passarge zu verzeichnen, die der ersteren aus dem Hinterlande von Kamerun, die anderen aus dem westlichen Sudan. Ferner wurde durch Ankauf erworben die Samm⸗ lung der deutschen Kamerun⸗Expedition (von Uechtritz und Dr. Pas⸗ sarge), meist aus dem westlichen Sudan. Herr Hermann Strebel in Hamburg schenkte eine interessante Sammlung von Mu⸗ mientheilen und Grabbeigaben aus alten Begräbnißhöhlen im Staate Coahuila in Mexiko, ferner zur Vervollständigung seiner im hie⸗ sigen Museum befindlichen Alterthumssammlungen eine größere Zahl von Alterthümern (Thongegenständen) aus den südlichen Pheilen des Staates Vera Cruz. Herr Dr. Erich von Drygalski überwies eine Anzahl Gegenstände, die er gelegentlich seiner ersten Grönland⸗ Expedition aus alten Eskimogräbern der Insel Umanaitsiak sammelte. Auch die Abtheilung der vorgeschichtlichen Alterthümer hat durch Ge⸗ schenke, Ankäufe und im Auftrage der Generalverwaltung angestellte Ausgrabungen vielfältigen Zuwachs erhalten. Ebenso sind die Samm⸗ lungen und die Bibliothek des Kunst gewerbe⸗Museums durch 1“ Geschenke und Vermächnisse mannigfach vermehrt worden.

In den „Studien und Forschungen’ des vorliegenden Hefts handelt Wilhelm Bode über das unlängst erworbene Gemälde „Der Herbst“ (die Figur einer Winzerin) des ferraresischen Malers Fran⸗ cesco Cossa in der Berliner Galerie. Das Bild ist durch einen sorg⸗ fältigen Lichtdruck veranschaulicht. Julius Lessing beschreibt eingehend die Schwerter des preußischen Krontresors (dazu zwei Heliographien und zahlreiche Textabbildungen) und untersucht ihre Herkunft und geschichtliche Bedeutung. Friedrich Lippmann bespricht die Farben⸗ holzschnitte von Lucas Cranach (dazu das vortreffliche Facsimile eines Golddruckblatts aus der Sammlung W. Mitchell in London, darstellend den heiligen Georg zu Rosse). Den weiteren Inhalt bilden