Der ße zogliche Hof ist am Sonnabend ch Wörlitz übergesiedelt. Lübeck.
Die vom Senat und der Sehelgsne verfassungsmäßig eingesetzte Entscheidungskommission über die Deckung des Defizits im Staatshaushalt hat die Vorschläge des Senats auf Erhöhung der Einkommensteuer ange⸗ nommen und die seage wegen Einführung der Staatslotterie unentschieden gelassen. Für das laufende Budgetjahr ist die Setteri 14*“
Dessau
2 4
1““
Der Kaiser hat, wie „W. T. B.“ aus Pola berichtet, an den Admiral Jeen von Sterneck ein Handschreiben gerichtet, worin diesem und der gesammten von ausgezeichnetem Geist beseelten Kriegsmarine die dankbare Anerkennung Seiner Majestät ausgesprochen wird. Das Schreiben hebt besonders die vortreffliche militärische Haltung der Stäbe
und der Mannschaften sowie deren zweckmäßige und
nachhaltige Ausbildung für die verschiedenen Zweige des Dienstes hervor und schließt wie folgt: „Je engere Grenzen der Ausgestaltung Seestreitmacht naturgemäß gezogen sind, desto eifriger ist meine Kriegsmarine bemüht, in der Steigerung aller Leistungen den Kraftzuschuß zu finden, dessen sie bedarf, um auch unter den schwierigsten Umständen ihrer Flagge Ruhm zu bewahren.“ Am Sonnabend Nach⸗ mittag reiste der Kaiser, der Vormittags bei dem Offizierkorps des 97. Regiments he efahftsc hatte, unter der begeisterten Huldigung der Bevölkerung von Pola wieder ab und traf estern früh in Wien ein. kittags 1 Uhr empfing Allerhöchstderselbe im Lainzer Schloß den Minister des Auswärtigen Grafen Kälnoky in längerer Audienz. Um 5 Uhr Nachmittags traf der Kaiser in der Hof⸗ burg ein, empfing dafelbst den ungarischen Minister⸗ Präsidenten Baron Banffy sowie den Minister a latere Baron Josika in Audienz und kehrte darauf nach Schloß Lainz zurück.
Die „Budapester Korrespondenz“ meldet, Baron Banffy habe dem Kaiser in der ihm bewilligten Audienz Bericht über die politische Lage und die in einem am Sonnabend Nachmittag in Budapest abgehaltenen Ministerrath getroffenen Vereinbarungen erstattet. Der Kaiser habe sich die Ent⸗ vorbehalten, daher erfahre die Beantwortung der Interpellation einen Aufschub. Baron Banffy ist gestern
Abend von Wien nach Budagest zurückgekehrt.
Die „Wiener Zeitung“ von gestern veröffentlicht das Kaiserliche Handschreiben an den Ministe des Aeußern Grafen Kälnoky und die Minister⸗Präsidenten Fürsten Windischgrätz und Baron Banffy, wonach die Dele⸗ gationen für den 6. Juni nach Wien einberufen werden.
Im österreichischen Abgeordnetenhause legte vor⸗ gestern die Regierung einen Gesetzentwurf vor über die Ver⸗
des Fahrparks der Staatsbahnen, wozu ein Kredit von 10 Millionen Kronen gefordert wird. Bei der Fortsetzung der Debatte über die Personal⸗ einkommensteuer erklärte der Se ⸗Minister Dr. von Plener gegenüber dem Abg. ormanek, die Exemption des Kaisers von der Personaleinkommen⸗ steuer staatsrechtlich begründet sei; desgleichen sprach er sich gegen die Ziffererhöhung des Existenzminimums aus und erklärte ferner, daß die kleinen Landwirthe in der Vorlage Hreö seien; eine absolute Ausnahme ürfe sür keinen Stand gelten. Der Kommunikations⸗Ausschuß des ungarischen Unterhauses hat vorgestern einstimmig den Gesetzentwurf, etreffend die Nachtragsarbeiten am Eisernen Thor, die Be⸗ eckung und die Regulierungskosten, angenommen. 88
Großbritannien und Irland. “
Lord Rosebery wird sich zur Stärkung seiner Gesund⸗
heit an Bord der Admiralitäts⸗Nacht „Enchantress“ einschiffen, ie im Kanal La Manche kreuzen soll.
Frankreich.
In Bordeaux ist am Sonnabend in Gegenwart des Minister⸗Präsidenten Ribot, des Handels⸗Ministers Lebon nd des Justiz⸗Ministers Trarieux die dortige Ausstellung röffnet worden. Bei dem von dem Comité der Ausstellung vperanstalteten Bankett hielt, wie „W. T. B.“ berichtet, 3 er Minister⸗Präsident Ribot eine Rede, worin er einen Ruͤckblick auf die Thätigkeit seines Ministeriums warf, dem es gelungen sei, durch Festigkeit und Ver⸗ söhnlichkeit die Gemüther zu beruhigen. Der Minister
echtfertigte das Gesetz über die nfalhsaher egen welche eine
stliche Agitation erregt worden sei, die sich bald beruhigen erde. In Bezug auf die auswärtige Politik führte der edner aus: Frankreich habe trotz v.g. Feldzugs in Mada⸗ askar nicht zögern können, sich den anderen Großmächten nzuschließen, um die Frage der europäischen Interessen
m fernen Osten zu ordnen. Ein Land wie Frank⸗ eich könne in einer derartigen Frage nicht abseits
es mäs sich selbst gegenüber zeigen, daß eine emokratie im stande sei, eine auswärtige Politik zu haben und sie mit der nöthigen Festigkeit und Nachdrücklichkeit durch⸗ uführen. Die Bande, welche Frankreich mit Rußland seit
891 verknüpften, seien gestärkt worden. Die ganze Welt
abe begriffen, daß das gemeinsame Handeln der beiden ver⸗ bündeten Mächte auf allen Punkten des Erdballs, ihre Interessen sie riefen, eine Bürgschaft es Friedens und der Sih sei. Die Re⸗ ierung stelle sich mit dem Bewußtsein der Kammer or, daß sie weder im Innern noch nach außen eine Politik es Zuruͤckweichens und Aufgebens verfolgt und alle ihre
mit Festigkeit erfüllt hahs Ribot besprach sodann die Vorlagen über die Finanzreform, welche in der nächsten
bession eingebracht werden sollen, und erklärte, daß das
üdget für 1896 mittels einer Steuerergän ung ins Gleich⸗ gewicht gebracht werden müsse. Die egierung habe sich einem Einnahmen⸗Manko von 33 Millionen Franken gegenüber gesehen; sie gedenke, um dem zu begegnen, einen Theil der Mittel vorweg zu verwenden, welche die Erb⸗ schaftssteuer liefern werde, eine abgestufte Dienstbotensteuer einzuführen und die fremden Werthe Abgabesätzen zu unter⸗ werfen, welche mehr als bisher mit den auf die n beim heh Werthe gelegten in Einklang ständen. Der Volkswohlstand, fügte d sei nicht erschüttert. Bestimmte
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Zeichen deuteten auf einen Umschwung der Geschäfte hin. Der nister⸗Präsident schloß mit einem Hinweis darauf, daß die
Sozialisten keinen einzigen Vorschlag zu praktischen Reformen ans Licht gebracht hätten. — Während des Banketts ver⸗ ammelten sich vor dem Gebäude zahlreiche Sozialistengruppen.
ls die Minister das Gebäude verließen, versuchten die
Sozialisten unter Pfeifen und Geschrei eine Kundgebung gegen dieselben. Die Polizei trieb die Sozialisten auseinander und verhaftete gegen 20 Personen. Die übrige Bevölkerung be⸗ grüßte die Minister lebhaft. 8
Der Kriegs⸗Minister General Zurlinden hat sich gestern
Vormittag zur vee der neuerrichteten militär⸗ medizinischen Schule vach yon begeben. Der Minister wurde daselbst mit Hochrufen auf die Armee und die Republik empfangen. Bei der Uebernahme des Gebäudes hielt derselbe eine Ansprache, worin er ausführte: die medizinische Schule in Lyon stelle einen der Schlußsteine an dem Werk der französischen Heeresorganisation dar, das nun vollendet sei; Frankreich könne mit Ruhe der Zukunft ent⸗ gegensehen und seine große Aufgabe in Sicherheit und Frieden verfolgen.
Gegen 500 angesehene Monarchisten vereinigten sich gestern in Paris zu einem Bankett, bei dem zahlreiche roya⸗ listische Reden gehalten wurden. Schließlich wurde dem Herzog von Orleans in einer Adresse die unerschütterliche
nhäͤnglichkeit an die nationale Monarchie und das Gelübde der Treue ausgesprochen.
Die amtliche Statistik der Zolldirektion beziffert für die ersten vier Monate des laufenden Jahres die Waaren⸗ Fen nnn auf 1 210 487 000 Francs gegen 1 466 000 000 in demselben Zeitraum des Vorjahres, die Ausfuhr auf 1 087 119 000 Francs gegen 1 008 000 000 im gleichen Zeit⸗ raum des Vorjahres. 8
Der „Regierungsbote“ veröffentlicht die Ernennung des Kontre⸗Admirals Skrydlow zum Chef des Ostsee⸗Geschwaders und des Lieutenants Ketteler zum Marine⸗Agenten in Deutschland. 2
Der Reichsrath wird dem „W. T. B.“ zufolge in nächster Zeit den Gesetzentwurf, betreffend die Wiederher⸗ ellnng der russischen Gesandtschaft in Darmstadt,
erathen. 8“*“
Ein vorgestern veröffentlichtes Schreiben di Rudini's an⸗
seine politischen Freunde enthält das Programm di Rudini's für die Reformen der öffentlichen Verwaltungen. Di Rudini pricht sich darin gegen eine Reform mittels legislativer Dekrete aus und erklärt, es werde Sache der Kammer sein, zu prüfen, ob Giolitti nicht vox dem als obersten Gerichtshof donstitllerten Senate zur Verantwortung gezogen werden müsse. Das Schreiben schließt mit dem Ausdruck des Vertrauens auf den den Erzbis
er Papst empfing gestern den Er of Popiel von Warschau in Audienz. IT1
Der „Osservatore Romano“ veröffentlicht ein kurzes, an alle Gläubigen gerichtetes Schreiben des Papstes, worin jene ermahnt werden, während der neuntägigen Andacht und der Pfingstwoche den heiligen Geist in besonderen Gebeten zu bitten, vollkommene Eintracht unter allen Katholiken und die hcehr der Dissidenten zum katholischen Glauben herbei⸗ zuführen.
Gegenüber den von einigen Blättern verbreiteten Ge⸗ rüchten wird von der „Agenzia Stefani“ zuverlässig versichert, daß Kardinal Rampolla in der Angelegenheit der Note des Grafen Kälnoky an den ungarischen Minister⸗ Präsidenten Baron Banffy weder Reklamationen
bei dem Botschafter Grafen Revertera angebracht, noch Auf⸗
klärungen erbeten habe. Spanien
Bei de zipalrathswahlen wurden 18 Ministerielle, 4 Liberale, 4 dissentierende Konservative und 1 Republikaner gewählt. Sämmtliche ministeriellen Kandidaten befinden sich unter den Gewählten. In den Provinzen wurden der Mehrzahl nach ministerielle Kandidaten gewählt.
Aus Barcelona wird gemeldet, die Redakteure des dort erscheinenden anarchistischen Blattes „Nueva Idea“ seien in der Vorstadt Gracia verhaftet worden.
Schweiz. Der Erste Sekretär des Departements des Auswärtigen
Dr. Carlin ist, wie der „Bund“ meldet, Gesandten in Rom ernannt worden. 8
Belgien.
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Bei der gestern in Thuin vorgenommenen ergtwapr
für die Repräsentantenkammer erhielt Leken (Sozialist) 18127 Stimmen, Bailly 16 084 Stimmen. Es ist eine Stichwahl erforderlich.
Griechenland. Der Großfürst⸗Thronfolger von Rußland ist am Sonnabend in Athen eingetroffen. .“
6 Rumänien. ö“
Die Deputirtenkammer hat, wie „W. T. B.“ meldet, am Sonnabend mit 74 gegen 12 Stimmen den vom Senat bereits votierten Gesetzentwurf angenommen, wodurch das Wahlgesetz dahin abgeändert wird, daß bei Wahlen begangene Gewaltthätigkeiten, welche bisher als politische Delikte galten, vor das Zuchtpolizeigerichtverwiesen werden. Der Minister des Aeußern Lahovary vertheidigte den Gesetzentwurf und wies darauf hin, daß Unruhstifter bei Wahlen bisher straflos geblieben seien. Sodann genehmigte die Kammer das französisch⸗rumä⸗ nische Markenschutz⸗Uebereinkommen. Hierauf wurde das Parlament mit einer Thronrede geschlossen, worin demselben für seine ersprießliche Thätigkeit Lob gezollt wird.
Die Königin Natalie empfing am Sonnabend die Mitglieder der Regierung in Audienz. Aus allen Landes⸗ theilen gehen der Königin zahlreiche Glückwunschtelegramme zu.
Die „Politische Korrspondenz“ meldet aus Belgrad, es werde nur die Ernennung eines neuen Finanz⸗Ministers abgewartet, um ernstlich an das Studium der Finanz⸗ frage heranzutreten. Das der Skupschtina vorgelegte swaßztelle rrangement sei seitens des Finanzaus⸗ chusses keineswegs im Prinzip verworfen worden, vielmehr habe der Ausschuß lediglich gegen einzelne Spezial⸗
S. . „ 1“ “ . gestern in Madrid vorgeno ni⸗
zum schweizerischen
bestimmungen Bedenken erhoben, insolge deren die Regieru
selbst die ganze Vorlage zurüchgezogen habe. Nunmehr be⸗
absichtige die Regierung, unter Berücksichtigung der v Finanzausschusse geltend gemachten Bedenken, ne erforderlichen
Schritte zu unternehmen, um die Angelegenheit zu einem be⸗
friedigenden Abschluß zu bringen.
Schweden und Norwegen.
Die Zweite Kammer des schwedischen Reich hat laut Meldung des „W. T. B.“ am Sonnabend mit 114 gegen 105 Stimmen den Kompromiß⸗Antrag des Ausschusses betreffend den schwedisch⸗ norwegischen Handels⸗ vertrag, angenommen, wonach dieser vor dem 1. August gekündigt werden soll. Die Regierung soll in Unter⸗ handlung mit Norwegen treten behufs Abschlusses eines neuen Vertrages, für welchen ein Gesetzentwurf dem nächsten Reichs⸗ tage vorgelegt werden soll. In der Ersten Kammer kam es
nicht zur Abstimmung darüber. 1 8
Amerika.
In dem in Nr. 112 d. Bl. vom 10. d. M. mitgetheilten Finanz⸗Exposé des mexikanischen inanz⸗Ministers war esagt, daß die innere Schuld Mexikos sich auf 187 Millionen Dollars beliefe. Wie „W. T. B.“ berichtigend meldet, umfaßt dieser Betrag sowohl die innere wie die auswärtige Schuld Mexikos. —
Afrika.
Das in Oran erscheinende Blatt „Fanal“ veröffentlicht eine Depesche aus Nemours, welche besagt: Gegen 1000 An⸗ Phörig⸗ der marokkanischen Stämme Angad und Sdjad hätten am 9. d. M. die Duars der Stämme Moaia und Ranikhaled bei Qued⸗Bousria überfallen. Es habe sch ein Kampf mit blanker Waffe entsponnen, der bis zur Nacht gedauert habe. Den Todten, 600 an Zahl, hgn von den Siegern die Köpfe abgeschnitten worden. Außer⸗
em seien an 300 Lastthiere getödtet worden. v
Parlamentarische Nachrichten.
Die Schlußberichte über die vorgestrigen Sitzun des Reichstags und des Hauses der “ 12 finden sich in der Ersten Beilage.
— In der heutigen (91.) Sitzung des Reichstags, at welcher der Staatssekretär, Htsnungten Dr. vo 188 oe 88 ich 98 die Staatssekretäre Graf von Posadowsky und Nieber⸗ und die Staats⸗Minister Bronsart von Schellen⸗ dorff und Dr. Miquel theilnahmen, wurde zunächst der Gesetzentwurf, betreffkend die Ausführung des mit Oesterreich⸗Ungarn abgeschlossenen Zollkartells, in erster und zweiter Feneebehwigst ¹ Der Gesetzentwurf über den Beistand bei Einziehung von Abgaben und Vollstreckung von Vermögens⸗ strafen wurde in erster Berathung ohne erhebliche Dis⸗ kussion erledigt.
Darauf gelangte der Gesetzentwurf, betreffend die Für⸗ sorge für die Wittwen und Waisen der Personen
des Soldatenstandes des Reichsheeres und der
Kaiserlichen Marine vom Feldwebel abwärts, zur ersten Berathung.
Der Abg. Graf von Oriola nl.) erklärte, die nationalliberale Partei sei der Vorlage freundlich gestimmt und halte die Berathung derselben in einer Kommission. für nicht erforderlich. Der Redner bedauerte indeß, daß der Entwurf nicht auch für die Hinterbliebenen der Kriegsinvaliden eine Besserung gebracht habe.
Abg. Dr. Bachem (Zentr.) erklärte gleichfalls, der Vorlage mit Sympathie gegenüberzustehen, sprach sich aber für die Ueberweisung 8 an Iünhes kommisstom aus.
riegs⸗Minister Bronsart von Schellendorff: Der Gesetz⸗ entwurf ist bestimmt, eine Lücke auszufüllen, die die Pehsah verwaltung schon lange schmerzlich empfunden hat. Der Entwurf ist — das kann ich nicht verschweigen — erst nach schweren Verhandlungen zu stande gekommen, die sich deshalb erheblich verzögert haben, weil die finanzielle e v an⸗ des Entwurfs anfänglich garnicht zu über⸗ sehen war. Den letzten Anstoß zu den Verhandlungen hat der Hen Vorredner selbst in der vorigen Tagung gegeben. Aus diesem Umstand glaube ich schließen zu dürfen, daß die 16 Paragraphen der Regie⸗ e vom Zentrum unverändert angenommen werden.
Abg. Harm (Soz.) sprach sich beifällig über die Absicht des Gesetzes aus, erklärte es aber für ungenügend und empfahl der Re⸗ gierung, einen neuen weiter greifenden Entwurf vorzulegen.
Die Abgg. von Kardorff (Rp.) und Rickert (fr. Vag.) befürworteten demgegenüber die Annahme des vorliegenden Entwurft, und zwar ohne vorherige Berathung in einer Kommission.
Die zweite Berathung wird unmittelbar im Plenum stattfinden.
Als letzter Gegenstand der Tagesordnung folgte die zweite Berathung des Tabacksteuergesetzes.
(Schluß des Blattes.)
— Die Kommission des Reichstags für die Gewerbe⸗ novelle brachte am Freitag die erste Lesung zum Abschluß. Der dazu gestellte sozialdemokratische Antrag auf Regelung des Verhält⸗
bnisses zwischen Schauspielunternehmern und Schauspielern wurde der
Regierung als Material überwiesen. In der sodann begonnenen zweiten Lesung wurden die Artikel 1 und 2 angenommen.
— Nach amtlicher Feststellung wurden bei der am 9. d. in dem 1. Weimarischen Wahlkreise stattgehabten Reichs⸗ tags⸗Stichwahl 18 996 Stimmen abgegeben; hiervon er⸗ hielt Landwirth Reichmuth (Bund der Landwirthe) 9556 Stimmen, Baudert⸗Apolda (Sozialdemokrat) 9440 Stimmen. Reichmuth ist somit gewählt.
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Die Regulierung eines Darlehnsgeschäfts, durch welches eine eigentliche, nicht bloß den zeitigen Fideikommißbesitzer bindende Revenuenhypothek begründet werden soll, muß nach einem Urtheil des Reichsgerichts, V. Zivilsenats, vom 6. Juni / 26. Ser⸗ tember 1894, im Gebiete des Preuß. Allg. Landrechts allemal vor dem zuständigen Bber⸗Landesgericht erfolgen; ist eine Revenuenhypothek auf Grund einer Schulderklärung des Dahrlehns⸗ nehmers in einer bei dem Amtsgericht des betreffenden Baha aufgenommenen Verhandlung vom Amtsgericht, ohne die it⸗ wirkung des Ober⸗Landesgerichts, eingetragen worden, so ist fie wirkungslos. Im Falle der Zession einer solchen wirkungs⸗ losen Revenuenhypothek kann dem Zessionar ohne weiteres die Ein⸗ rede der nicht wirksam erfolgten gerichtlichen Regulierung des Darlehns⸗ geschafte entgegengesetzt werden. „Das Reichsgericht hat in einer Reihe von Ürtheilen bereits entschieden, daß die Regulierung des
Darlehns nach Erlaß des Gesetzes vom 5. März 1855 nicht mehr
Stags
102 Allg. L.⸗R. II. 4 gedachten Richter, unter welchem an n sondern dem Appellationsgericht des be⸗
— , ideikommiß ge ben Bezirks und zum ö Ober⸗Landesgericht zusteht
sch § 49 des preußischen Ausführungsgesetzes etz vom 24. April 1878 dem uüfänzige . Den Angriffen der Beklagten gegen diese Entscheidung kann nicht beigestimmt werden. Das Reichsgericht hat aus diesen Gründen keine Veranlassung gefunden, von seiner mehrfach ausgesprochenen 5 zurückzutreten, und hat angenommen, daß die Beklagte eine den jetzigen Kläger als Fideikommißf olger bindende Revenuenhypothek nur erwerben konnte, wenn die Regulierung des derselben zu Grunde liegenden Darlehnsgeschäfts durch das Königliche Ober⸗Landesgericht zu St. bewirkt wäre, was nicht geschehen it. — Spricht auch der
38 Abs. 2 des Eigenthums⸗Erwerbsgesetzes vom 5. Mai 1872 von een. welche dem Dritten vor dem Erwerb der Hypothek bekannt geworden sind, so müssen hierunter auch Einreden be⸗ griffen werden, welche dem Erwerber nur aus Unachtsamkeit unbekannt geblieben sind. Danach kommt es darauf an, ob der Beklagten aus Unachtsamkeit unbekannt geblieben ist, daß eine Regulierung des Darlehns seitens des Fideikommiß⸗ richters nicht stattgefunden hatte. Ihr bloßes Niechtwissen, daß es dieser Mitwirkung des Fideikommißrichters nach dem Gesetz zur Gültigkeit der Repenuenhypothek bedurfte, wäre ein sie nicht schützender Rechtsirrthum. Der Hypothekenbrief ist nicht vorgelegt worden. Folgt man der Behauptung der Beklagten, so wäre mit demselben als Schuldurkunde lediglich die vor dem Amtsgericht abgegebene Erklärung der Darlehnsaufnahme und Revenuenverpfändung seitens des damaligen Fideuommißbesitzers verbunden gewesen. Der Inhalt dieser Urkunden als dem dritten Erwerber, hier also der Beklagten, zur Zeit des rwerbes bekannt eworden angesehen werden. Aus dem Umstande, daß hier mit dem ypothekenbrief nur die urkundliche Erklärung des damaligen Fidei⸗ kommißbesitzers verbunden war, mußte die Beklagte ersehen, daß es dem Hypothekenbrief an der erforderlichen Verbindung mit für die egründung einer eigentlichen Fideikommißschuld wesent⸗ lichen Urkunden gebrac.. Daß man zu einer der Beklagten günstigeren Entscheidung auch dann nicht gelangt, wenn man unterstellt, es seien mit dem Hypothekenbriefe auch die Urkunden ver⸗ bunden gewesen, in denen die beiden Anwärter die Nothwendigkeit der Darlehnekaufnahme bezeugten, weil es dann immer noch an der ge⸗ richtlichen Regulierung fehlte, folgt aus dem oben Gesagten. Im Gegentheil hätte der Umstand, daß die betreffenden Urkunden inhaltlich Erklärungen enthielten, welche die Absicht der “ eigent⸗ lichen Revenuenhypothek andeuteten, umsomehr bei der Beklagten den Zweifel anregen müssen, ob die zur Begründung eines solchen Rechts⸗ geschaͤfts erforderliche Regulierung durch den Fideikommißrichter stattgefunden habe. Wenn die Beklagte jede Prüfung nach dieser Richtung unterließ, 8 kann sie sich nicht gemäß § 38 Abs. 2 des Eigenthum⸗Erwerbsgesetzes auf ihren guten Glauben bei der Zession
berufen.“ (21:/94.)
Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.
Konsumvereine mit offenem Laden, sofern dieselben die Rechte Personen haben, sind nach §1 Z. 5 des Einkommen⸗ steuergesetzes vom 24. Juni 1891 staats⸗einkommensteuerpflichtig. Dagegen sind sie, nach einem Urtheil des Ober⸗Verwaltungsgerichts, I. Senats, vom 6. November 1894, nur dann gemeinde⸗einkommen⸗ steuerpflichtig, wenn ihr Geschäftsbetrieb festgestelltermaßen über den Kreis ihrer Mitglieder hinausgeht. „Die Ansicht des Beklagten, daß durch die Bestimmung im § 1 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes vom 24. Juni 1891 die Konsumvereine mit offenem Laden nicht nur der Staatseinkommensteuer, sondern auch den auf das Einkommen elegten Gemeindeabgaben unterworfen seien, findet im Pesetz keinen Anhalt. Wenn die angeführte Vorschrift bestimmt, daß die bezeichneten Vereine, sofern sie die Rechte juristischer Personen haben, einkommensteuerpflichtig sind, so ist damit nach dem Bau⸗ und Sprachgebrauch des Gesetzes kein allgemeiner, die Be⸗ steuerung des Einkommens beherrschender Grundsatz ausgesprochen, sondern lediglich eine die Veranlagung zur Staats einkommensteuer betreffende Regel, welche auf die Erhebung anderer, auf das Ein⸗ kommen gelegter öffentlicher Abgaben nicht übertragen werden darf.. Ebensowenig war der Ansicht des Beklagten, daß Kläger schon des⸗ halb der Gemeindebesteuerung unterliege, weil er eine juristische Person sei, beizupflichten. Im § 1 des Kommunalabgabengesetzes vom 27. Juli 1885 (‚eingetragene Genossenschaften, deren Geschäfts⸗ betrieb über den Kreis ihrer Mitglieder hinausgeht, und juristische 8. und in der die ältere Vorschrift wiederholenden Nr. 2 des § 22 der Landgemeindeordnung ist das Wort jedenfalls in einem engeren Sinne gebraucht, und sind diejenigen mit besonderer Rechts⸗ persönlichkeit begabten Erwerbsgesellschaften, welche neben den furistischen Personen aufgeführt worden sind, deren Steuerpflicht also zesonders geregelt ist, nicht unter diesem Ausdrucke mitinbegriffen. — Hiernach entspricht die Ansicht des Vorderrichters, daß Kläger nur dann steuerpflichtig sei, wenn sein Geschäftsbetrieb über den Kreis der Mitglieder hinausgehe, völlig dem bestehenden Recht. Dem Vorderrichter ist ferner auch darin beizutreten, daß dem Beklagten der Beweis für die streitige Grundlage seiner Steuerforderung ob⸗ liegt, und daß er demnach diejenigen Thatsachen, aus denen sich eine Ausdehnung des Geschäftsbetriebes über den Kreis der Mitglieder er⸗ giebt, zu behaupten und unter Beweis zu stellen hatte, daß er aber dieser Aufgabe in keiner Weise genügt hat . ..“ (I. 1284.)
Kunst und Wissenschaft.
„Die Ausstellung der Verfahren des Kunstdrucks im Lichthof des Königlichen Fenfsee de. enlenns hat bei den Fachleuten und im Publikum so viele Theilnahme gefunden, daß dieselbe bis Ende Juni geöffnet bleiben wird. Ein gedruckter„Führer“, der in e Form die hauptsächlichsten technischen Erläuterungen 8 ist soeben zum Preise von 20 ₰ erschienen. An der Hand des⸗ elben wird eine vollständige Orientierung möglich sein.
— Die Maler⸗Jury für die Münchener Jahres⸗Aus⸗ stellung 1895 im Königlichen Glaspalast hat sich konstituiert: Vorsitzender: Lodwvig von Löfftz, Direktor der Königlichen
Akademie der bildenden Künste; Stellvertreter: Professor Alfred von Kowalski; Schriftführer: Fritz Bär; Stellvertreter: Kunz Meyer; Mitglieder: Christian Bär, Karl Blos, Gilbert von Canal, Professor
ranz von Defregger, Albin Egger⸗Lienz, Franz Eisenhut, Pro⸗ fessor Walther Firle, Georg Jakobides, Orrin Peck, Theo Schmuz⸗ Baudiß, Georg Schuster⸗Woldau.
— Zur Beschickung der akademischen Ausstellung in Dresden, welche am 1. September auf die Dauer von zwei Monaten auf der Brühl'schen Terrasse daselbst eröffnet wird, hat die
Sufeiungs ommission an eine Anzahl deutscher Künstler, die sich
in den letzten Jahren auf öffentlichen Ausstellungen der ver⸗ schiedenen unstrichtungen rühmlich hervorgethan haben, persön⸗ liche Einladungen erlassen. In Rücksicht auf den be⸗ schränkten Raum konnten solche Einladungen unter Zusicherung von Jury⸗ und Frachtfreiheit allerdings nur an eine ver⸗ hältnismäßig kleine Zahl, nämlich an etwa 150 Maler und 30 Bild⸗ hauer, gerichtet werden. Laut öffentlicher Bekanntmachung können ich jedoch auch andere Künstler an der Ausstellung betheiligen. mfangreiche Bildhauerarbeiten müssen wegen Platzmangels ganz wusges lossen werden, dagegen ist die Ausstellung von Werken aus em Gebiet der Kabinetskulptur erwünscht. — Der durch seine Weltreisen bekannte Graf Bobrinski hat, „W. T. B.“ aus Moskau unter dem 11. d. M. gemeldet wird, eine E168*“* un der russisch⸗ chinesischen Grenze angetreten. 8
des Maurermeisters
Schulwesen.
Das Königliche Gymnasium zu Ostrowo feierte am 3. und 4. April d. J. sein fünfzigjähriges Bestehen. Seit der am 14. April 1845 erfolgten Eröffnung der Anstalt ist sie von 34 166 Schülern, 19 716 Katholiken, 8130 Evangelischen und 6320 Juden, besucht worden. Die katholischen Schüler waren anfangs fast sämmt⸗ lich Polen; von 1870 — 80 waren höchstens 10 von ihnen im Jahre Deutsche, von 1885 — 87 16 bis 20, von 1888 — 90 25, von 1891 — 93 31 Deutsche. Auch Ausländer genossen auf diesem Gymnasium ihre Ausbildung und zwar 693 aus Russisch⸗Polen. Mit dem Zeugniß der Reife wurden aus der Oberprima während dieser Zeit 640 Schüler entlassen. Als Lehrer sind insgesammt 110 Herren thätig gewesen, von denen 20 noch gegenwärtig an der Anstalt wirken. An der Spitze des Lehrerkollegiums stand als Direktor des Gymnasiums bis zum Jahre 1866 Dr. Robert Enger, der Ver⸗ fasser einer vielgebrauchten griechischen Grammatik, nach diesem bis 1873 der jetzige Geheime Regierungs⸗ und Provinzial⸗Schulrath Wil⸗ helm Tschackert, und seitdem ist Dr. Hubert Beckhaus Direktor des Gymnasiums. Zur Feier des fünfzigjährigen Bestehens der Anstalt ist eine umfangreiche Festschrift herausgegeben worden, welche die Geschichte des Königlichen Gymnasiums zu h ver⸗ faßt vom gegenwärtigen Direktor Dr. Beckhaus, eine Abhandlung von Professor Dr. Joseph Rangen über „Das Archontat und Aristoteles' Staatsverfassung der Athener“, einen Vortrag von Pro⸗ fessor Dr. Konstantin Schlüter über „Olympia“ und „Beiträge zur Geschichte der Stadt Ostrowo in südpreußischer Zeit“ von Ober⸗ lehrer Heinrich Brandt enthält. 8
Handel und Gewerbe.
Am 5. Juni d. J. wird in Fücessenhurg eine von der Reichsbank⸗Hauptstelle in Frankfurt a. M. abhängige Reichs⸗ bank⸗Nebenstelle mit Kasseneinrichtung und beschränktem Giroverkehr eröffnet werden.
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Zwangs⸗Versteigeru
Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin standen am 10. und 11. Mai die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Wilhelmstraße 139, dem Kaufmann Jul. Ph. Gruenberg gehörig; Fläche 9,77 a; Nutzungswerth 22 720 ℳ; mit dem Gebot von 410 000 ℳ blieb der Direktor Dr. Georg Siemens zu Berlin Meistbietender. — Tresckowstraße 47, dem Bauunternehmer K. Griesbach gehörig; Fläche 4,65 a; Meistbietender mit dem Gebot von 52500 ℳ blieb der Apotheker Max Hirschfeld zu Charlottenburg.
Beim Königlichen Amtsgericht II Berlin gelangten die nachbenannten Grundstücke zur Versteigerung: Das im Grund⸗ buch von Se; Band 27 Blatt Nr. 1097, auf den Namen
alde mar Guttzeit zu Schöneberg, Goltz⸗
straße 4, eingetragene, zu Schöneberg, Goltzstr. 49, belegene Grund⸗ stück; Fläche 4,54 a; Nutzungswerth zur Gebäudesteuer 7330 ℳ; Meistbietender blieb der Wirkliche Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Otto von Koenen, Kurfürstendamm 113, mit dem Gebot von 134 001 ℳ — Das im Grundbuch wie vorher Band 27 Blatt Nr. 1098 auf den Namen des Maurermeisters Waldemar Guttzeit eingetragene, zu Schöneberg, Goltzstraße 48, belegene Grund⸗ Fläche 4,57 a; Nutzungswerth zur Gebäudesteuer 7130 ℳ; eistbietende blieb mit dem Gebot von 136 001 ℳ die Frau Rentier L. Türpe zu Charlottenburg. — Das im Grundbuche von Weißensee Band 6 Blatt Nr. 160 auf den Namen des Schankwirths Ed. Klebs zu WFeißenses eingetragene, zu Weißensee belegene Grundstück; Fläche 6,80 a: utzungs⸗ werth 2104 ℳ. Meistbietender blieb der Schankwirth Heinrich Hartwig zu Weißensee, Lehderstr. 119, mit dem Gebot von 36 500 ℳ — Das im Grundbuche von Lichtenberg Band 15 Blatt Nr. 523 auf den Namen des Bauunternehmers Gustav Borsdorf zu Berlin eingetragene, zu Lichtenberg belegene Grundstück; läche 7,30 a; Nutzungswerth 4380 ℳ; es bot der entier Robert Richter zu Berlin, Ost⸗ bahn 11, für seinen minorennen Sohn Richard Richter, eben⸗ daselbst, 87 500 % — Das im Grundbuche von Lichtenberg, Kreis Niederbarnim, Band 28 Blatt Nr. 908 auf den Namen des Zimmermeisters Fr. Chr. Aug. Hildebrandt zu Neu⸗Weißensee eingetragene, zu Lichtenberg belegene Grundstück; Fläche 7,19 a; mit dem Gebot von 115 000 ℳ blieb der Friseur Wilhelm zu Berlin, E“ 14, Meistbietender. — Das im rundbuch von vaxi and 29 Blatt Nr. 843 auf achdeckermeisters Gustav Rühl zu
den Namen des Neu⸗Weißensee be⸗
Neu⸗Weißensee eingetragene, zu legene Grundstück; Fläche 5,70 a; Nutzungswerth 2885 ℳ; mit dem Gebot von 42 000 ℳ blieb die offene Handels⸗ eesellschaft in Firma Gebrüder Rother zu Frankfurt a. M., Ellenstrage 6, Meistbietende. — Neen oben wurde das Verfahren der Zwangsversteigerung des im Grundbuche von Friedenau Band 16 Blatt Nr. 944 auf den Namen des Kaufmanns Fritz Har eingetragenen, zu Friedenau, Friedrich⸗Wilhelmplatz 2, belegenen
London, 11. Mai. (W. T. B.) Die „Times⸗ meldet aus aris: Der Minister Hanotaux hat die leitenden Pariser Finanz⸗ eeute zu morgen ins Ministerium des Auswärtigen eingeladen, um über die bevorstehende chinesische Anleihe, über die Art und Weise der Mitwirkung der Börse, sowie über die Bedingungen zu berathen, unter welchen das französische Kapital sich gemeinschaftlich an der Anleihe betheiligen könnte. M
Das „R. B.“ meldet aus Buenos Aires, die 8e ve beabsichtige keine Erhöhung des Kapitals der Nationalban und keine Ausgabe von Cedulas; ferner plane die Regierung eine Herabsetzung der Schutzzölle, namentlich für Zucker.
St. Petersburg, 13. Mai. Zur Berathung der Bittschriften um Verminderung der neuen St. Petersburger Hafensteuer auf Import, und Exportartikel setzte, wie der „Grashdanin“ meldet, das Finanz⸗Ministerium eine Kommission ein, die sich bis jetzt für die Ermäßigung der Steuer auf Holzwaaren aussprach. b
Wie die „Birschewyja Wsedomosti“ hören, gelangten die Bakuer Kerosin⸗Industriellen zu folgender Uebereinkunft wegen eines Verbandes russischer Kerosin⸗Industrieller: Der Ver⸗ band wird auf vier Jahre gebildet; aber schon nach Ablauf von zwei Jahren kann jedes Verbandsmitglied in einer Frist von drei Monaten diejenigen Veränderungen anmelden, welche es im Verbandsvertrag gemacht zu sehen wünscht. Werden die Veränderungen von der Maäjorität angenommen, so bleibt der Vertrag in Kraßt und obligatorisch für alle seine Unterzeichner; ist die Majorität jedoch 85 mit den vorgeschlagenen Aenderungen einver⸗ standen, so können die Antragsteller von dem Vertrag zurücktreten. Für v. Se Mitglieder bleibt der Vertrag jedoch noch zwei Jahre estehen. 2 u dem Gerücht, der amerikanische Verband der Petroleum⸗ Industriellen habe mit dem russischen Verband der Kerosin⸗Industriellen einen Kartellvertrag abgeschlossen, bemerken „Grashdanin“ und „Herold“, eine derartige private Vereinbarung sei neglüc, aber offiziell werde der Vertrag nicht bestätigt, weil das Finanz⸗
inisterium einen solchen durchaus nicht für nöthig halte. —
Luzern, 11. Mai. (W. T. B.), Die Kommission des National⸗ raths für das Stimmrecht der Aktionäre beschloß die grundsätz⸗ liche Anwendung des Entwurfs auchauf die Sekundärbahnen, ausgenommen kleinere Netze. Gleichzeitig wiesen die technische und die volkswirth⸗ schaftlich⸗politische Sektion der Expertenkommission für den Eisenbahn⸗ rückkauf, welche in Luzern versammelt sind, eine Reihe von Fragen an die Subkommissionen zurück. Die Fortsetzung der Arbeiten wird erst möglich sein nach Erledigung verschiedener Arbeiten durch die technische Kommission, was wahrscheinlich im Juli der Fall sein wird. 8
Rarbeiten bei Ribera (Mufel⸗Hafen) in der Provinz Oviedo.
Belgrad, 13. Mai. (W. T. B.) Die von den Spezialkassen an die Berliner tralstelle gemachten Rimessen für den Kupons dienst für I. mester 1895 haben im Monat April d. J 579 481 Fres. Gold betragen. “
Verdingungen im Auslande.
22. Juni, 1 Uhr (Zuschlagstermin). Direcciön General de Obras Publicas (Ministerio de Fonunto) in Madrid: or⸗ anschlag 3 503 171 Pesetas 63 Centimos. Kaution 175 000 FE eenhng der Einfahrt in die Bucht von Avilés 1. und 2. Abschnitt. Voranschlag 1 440 098 Pesetas 30 Centimos. Kaution 72 000 Pesetas. Angebote bis 17. Juni bei der ausschreibenden Stelle und bei allen Gobiernos Civiles der Halbinsel, auf Stempelpapier 12. Klasse unter Nachweis der Hinterlegung der Sicherheit. läne, Kosten⸗ rechnungen und Bedingungen zur Einsicht bei der ausschreibenden Be⸗ hörde und im Gobierno Civil von Oviedo. Angebotsformulare beim
„Reichs⸗Anzeiger“. Niederlande.
22. Mai, 11 Uhr. Intendant der I. Infanterie⸗Division, im Bureau der Militärbäckerei im Haag, Breedstraat 106: Lieferung von 90 000 kg hartem Weizen, 30 000 kg weichem Weizen im Mindestgewicht von 78 bezw. 76 kg per Hektoliter für die Militär⸗ bäckerei im Haag. Bedingungen zur Einsicht in dem bezeichneten Bureau von 9 bis 12 Uhr. 8
28. Mai, 11 Uhr. Intendant der neuen holländischen Wasser⸗ vertheidigungslinie, in seinem Bureau, Agnietenstraat 5: Lieferung
Weizen, 20 000 kg weichem Weizen im
ureau von 9 bis 12 Uhr.
Verkehrs⸗Anstalten.
Bremen, 12. Mai. (W. T. B.) Norddeutscher Llovpvd. Der Postdampfer „Mark“ ist am 11. Mai Nachmittags in Ant⸗ werpen angekommen. Der Postdampfer „Stuttgart“ hat am 11. Mai Mittags Lizard passiert. Der Reichs⸗Postdampfer „Hohenstaufen“ hat am 11. Mai Nachmittags die Reise von Antwerpen nach Southampton fortgesetzt. Der Reichs⸗Postdampfer Bayern“ ist am 11. Mai Nachmittags in Antwerpen ange⸗ kommen. Der Reichs⸗Postdamper „Preußen“ ist am 11. Mai Nachmittags in Colombo angekommen.
8 11. Mai. (W. T. B.) Hamburg⸗Ameri⸗ kanische Packetfahrt⸗Aktiengesellschaft. Der Schnelldampfer „Augusta Victoria“ und der Postdampfer „Palatia“ sind gestern Abend in New⸗York eingetroffen.
Triest, 11. Mai. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Maria Theresia“ ist heute Nachmittag hier eingetroffen.
— 12. Mai. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Euterpe“ ist, von Konstantinopel kommend, heute Vormittag hier eingetroffen.
London, 11. Mai. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer „Scot' ist gestern auf der Heimreise in Plymouth angekommen.
Kronstadt, 12. Mai. (W. T. B.) Der Verkehr mit der See ist durch einen eingelaufenen englischen Dampfer eröffnet. Der Kapitän theilte mit, daß sich zwischen Seskär und Sommars viel Eis befinde; bei Seskär saß ein deutscher Dampfer im Eise fest.
Windau, 13. Mai. (W. T. B.) Das Fahrwasser auf der Barre ist durch Baggermaschinen bis 18 Fuß vertieft.
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Theater und Mnsik.
Königliches Opernhaus. 8 Am Sonnabend setzte Frau Marcella Sembrich ihr Gastspiel
als Marie in Donizetti's Oper „Die Tochter des Regiments“ mit dem künstlerischen Erfolge fort, der ihr Auftreten immer zu be⸗ leiten pflegt. Die Partie der Regimentstochter ist aber ganz be⸗ onders geeignet, die künstlerische Bedeutung der Sängerin in die hellste Beleuchtung zu rücken, weil sie ihr nicht nur Gelegenheit iebt, den schönen Wohllaut ihrer Stimme und das warme efühl, das sie in ihren Vortrag zu legen vermag, voll zur Geltung und zur Wirkung zu bringen, sondern weil die Sängerin darin überdies noch ihre reiche schauspielerische Begabung durch ihr heiteres, lebhaftes und sympathisches Wesen bergatiges kann. Die Künstlerin erntete daher auch diesmal stürmischen Beifall der Hörer und Zuschauer, die im besonderen noch durch den esanglich virtuosen Vortrag eines Arditi'schen Walzers ergötzt wurden. Keben dem Gast verdient Herr Philipp als Tonio für seine ge⸗ sanglich und schauspielerisch tüchtige Leistung besondere Anerkennung.
Auf vier Berliner Bühnen feierte man am Sonnabend den 70. Geburtstag Gustav von Moser's durch Aufführungen von Theaterstücken dieses fruchtbaren Lustspieldichters, und überall konnten die Zuschauer sich überzeugen, daß die gute Laune und frohsinnige Stimmung, die alle Arbeiten Moser's durchweht, in der langen Reihe der Jahre set ihrer Entstehung nichts von ihrer erheiternden Wirksamkeit eingebüßt haben. Im Königlichen Schauspielhause gab man den „Bibliothekar, der mit seinem Se Humor bei trefflicher Dar⸗ stellung die gewohnte beifällige Aufnahme fand, sowie das harmlos⸗ lustige Genrebild „Militärfromme. — Im Neuen Theater gelangte neben dem Repertoirestück „Die zweite Frau“ ein hier zum ersten Male Fefiter kleiner Schwank „Ein Husarenstreich“ zur erfolgreichen Aufführung; der dramatischen Kleinigkeit liegt ein scherz⸗ hafter Vorgang zu Grunde, bei dem das Militär wieder die Kosten der Unterhaltung und Belustigun zu tragen hat. — Das Berliner Theater brachte eine Aufführung des bekannten Lust⸗ spiels „Der Lebemann“. Gehört dieses Stück auch zu den 1Ss Arbeiten des erfolgreichen Bühnenhumoristen, so erlebte es doch vor einem von vornherein sympathisch gestimmten Publikum eine freundliche Aufnahme. Unter den Darstellern wurden die Damen Butze, Elsinger und Reichenbach, die Herren Rieckhoff, Schönfeld und Waldow ausgezeichnet. — Im Lessing⸗Theater wurde der „Hypochonder“ gegeben. 1
Aus Görlitz vom 11. Mai wird berichtet: Gustav von Moser erhielt heute anläßlich seines 70. Geburtstages die Glück⸗ wünsche zahlreicher deutscher und ausländischer Bühnenleiter, Schrift⸗ steller, Künstler ꝛc. Mittags fand im internen Kreise eine Festtafel, Abends im Wilhelms⸗Theater eine Festfeier statt, an welcher sich das Publikum lebhaft betheiligte. v“ “
Deutsches Theater.
Im Deutschen Theater fand gestern eine Matinée des Vereins „Freie Bühne“ statt, in der ein vieraktiges Drama „Die Mütter“ von Georg Hirschfeld zur ersten Aufführung gelangte. Der Verfasser erscheint ü Arbeit als ein echter Jünger Gerhart
zuptmann's, der seine Wirkungen mehr durch peinlich genaue und daher oft kleinliche ehcbeehedhes zu erzielen sucht, als durch einen kräftigen Zug ins Große und Allgemeine. Diese photographische, aber keineswegs künstlerische Wiedergabe einiger Scenen aus dem niederen Volksleben ist schon vielen gelungen, die doch nicht zu höherem Schaffen durchzudringen vermochten, sodaß man auf diese Fähig⸗ keit des Verfassers kein großes Gewicht legen kann. Sie pringt aber als das bemerkenswertheste Zeichen der literarischen Schaffenskraft dieses jüngsten Dichters unter den Modernen in die Augen. Packende Wirklichkeit athmeten daher nur einige dem platten Leben nachgemalte Scenen in dem Berliner Hinterhaus bei der Silberpoliererin Marie Weil; sobald man aber die enge Atmosphäre verläßt und das bürger⸗ liche Zimmer im Landhaus zu Grünau betritt, verläßt den Verfasser die Kraft; mit der photographischen Detailschilderung ist hier nichts mehr gethan, und Charaktere vermag er nicht zu schaffen. Die Menschen