Im Königlichen Opernhause gebt morgen zum ersten Mal die dreiaktige Oper „Frauenlob“ von Reinhold Becker, Text von Franz Koppel⸗Ellfeld, unter Kapellmeister Weingartner's Leitung und mit folgender Besetzung in Scene: Kaiser Ludwig der Bayer: Herr
Betz, Ritter Wolf von Thurneisen: Herr Stammer, Servazio di⸗
Bologna: Fränkel, Ottker von Scharfenstein: Herr Krasa, Hildegund, sein Mündel: Fräulein Hiedler, Heinrich zur Meise, genannt „der Frauenlob“: Herr Kraus, Klas: Herr Krolop, Sizyga: Frau Goetze, Jost: Herr Schmidt, Thurmwächter: Herr Mödlinger, Bursche: Herr Lieban, Mädchen: Fräulein Krainz. In Szene gesetzt ist die Oper vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Die Handlung spielt bei und in Mainz im Jahre 1318. — Heinrich Marschner's 100. Geburtstag wird durch Aufführungen der Opern „Hans Heiling“, und „Der Vampyr“ im August d. J. festlich begangen. Im Oktober d. J. gelangt die Oper „Benvenuto Cellini“ von Hektor Berlioz erstmalig zur Aufführung. Als nächste Neueinstudierung wird Beethoven’'s „Fidelio' mit Dekorationen nach Entwürfen des Malers Professor Hertel vorbereitet. 3 Im Königlichen Schauspielhause wird morgen Nicolay Gogol's Lustspiel „Der Revisor“ gegeben. Zu Ehren der Anwesenheit von Frau Christiane Hebbel, der Wittwe des großen deutschen Dichters, welche aus Wien hier eingetroffen ist, wird in nächster Woche eine Gesammtaufführung von Friedrich Hebbel's „Nibelungen“ stattfinden. Herr Intendant Prasch hat für die nächste Saison des Berliner Theaters folgendes Personal verpflichtet: die Damen Teresina Geßner, Auguste Prasch⸗Grevenberg, Margarethe Tondeur und Maria Pospischil, die Herren Ernst Formes. Siegfried Jelenko, Arthur Kraußneck, Paul Nollet, Dr. Max Pohl, Wilhelm Rieckhoff, Albert Schindler, Otto Sommerstorff und Arthur Wehrlin. Das Friedrich⸗Wilhelmstädtische Theater “ „Der
am 31. d. M. seine diesjährige Spielzeit. Die Operette Obersteiger“ bleibt bis dahin auf dem Spielplan.
Das Vaudeville „Tata⸗Toto“, von Léon und Zell nach dem Original der Herren Bilhaud und Barré bearbeitet und von Antoine Banés musikalisch illustriert, gelangt, wie bereits gemeldet, morgen im Neuen Theater zur ersten Aufführung und wird, von den Kräften des Carl Schultze⸗Theaters in Hamburg dargestellt, bis zum
Ende des Monats Juni das Repertoire beherrschen. In Wien wurde das Stück am Theater in der Josephstadt mehr als 180 mal auf⸗ geführt. 1 8
8 %
Die Einweihung der Auferstehungskirche, der auf dem Terrain des alten Armenkirchhofs erbauten Tochterkirche von St. Marcus, hat heute in Gegenwart Ihrer Königlichen Hoheiten des Prinzen und der Prinzessin Friedrich Leopold, Höchst⸗ welche Ihre Majestäten den Kaiser und die Kaiserin vertraten, in feierlicher Weise stattgefunden. Der Osten der Stadt, namentlich die nähere Umgebung des neuen Gotteshauses war aufs reichste ge⸗ schmückt. Am Landsberger Thor erhob sich ein Triumphbogen mit einer Blumenkrone; vor dem Kirchplatz waren hohe Masten auf⸗ gerichtet, welche Cartouchen mit religiösen Bildern trugen. In der Mitte prangte ein Velarium mit der Inschrift: „Unser Grund ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.“ Mit der Gemeinde hatten sich zahlreiche Ehrengäste zur Einweihungsfeier eingefunden. Unter den Anwesenden befanden sich der Minister der geist⸗ lichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Bosse, der Minister des Königlichen Hauses von Wedel, der Gouverneur von Berlin, General⸗Oberst der Kavallerie Freiherr von Los, der Präsident des Evangelischen Ober⸗Kirchenraths, Wirkliche Geheime Rath D. Dr. Barkhausen, der Vize⸗Präsident des Evangelischen Ober⸗Kirchenraths Propst D. Freiherr v. d. Goltz, der Konsistorial⸗Präsident D. Schmidt, die General⸗Superintendenten Faber und DDr. Brückner und zahlreiche Geistliche, der Geheime Ober⸗Baurath Adler, der Dirigent der Königlichen Ministerial⸗Baukommission, Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Kayser, der Vorsitzende der vereinigten Kreis⸗ Synoden Präsident von Meyeren und zahlreiche Mitglieder der Synode, der Ober⸗Bürgermeister Zelle und der Stadtverordneten⸗Vorsteher Dr. Langerhans. Vom Hofstaat Ihrer Majestät der Kaiserin war der Ober⸗Hofmeister Freiherr von Mirbach erschienen. Die Anfahrt Ihrer Königlichen Hoheiten des Prinzen und der Prinzessin Friedrich Leopold geschah unter dem Geläut der Glocken. Der Prinzessin wurden von den Damen Marie Rauchfuß und Charlotte Vogel duftige Rosen überreicht. Der Prinz begrüßte den General⸗Superintendenten Faber und den Ober⸗Bürgermeister Zelle. In üblicher Weise erfolgte sodann der Akt der Oeffnung der Kirche, deren goldener Schlüssel ch den Regierungs⸗Baumeister Menken Seiner König⸗ lichen Hoheit überreicht wurde. Unter den Klängen der vom St. Marcus⸗Kirchenchor gesungenen Motette „Nun aber ist Christus auferstanden“ wurde hierauf in das Gotteshaus eingetreten. Nach dem von Posaunen begleiteten Gemeindegesang „Jesus meine Zuver⸗ sicht“ begann der Akt der Weihe, den General⸗Superintendent Faber im Anschluß an das Wort aus Joh. 11.25, das Ihre Majestät die Kaiserin in die von Allerhöchstderselben geschenkte Altar⸗ bibel geschrieben hatte, vollzog. Nach dem Weihegebet
cht vom 17. Mai
Stationen.
erwarten sein.
Deutschland ist und andauernd kühl; nur im äußersten Nordosten herrscht andauernd milde Witterung, zu Memel liegt die Temperatur 9 ½ Grad über, zu Bamberg und München 10 Grad unter dem Mittelwerthe. In Westdeutschland dürften stellenweise Nachtfröste zu
I1
erklang der Choral „Jesus, er, mein Heiland lebt“. Der Chorgesang „Auferstehn, ja auferstehn“ leitete sodann zur Liturgie des Super⸗ intendenten Lic. Kreibig über. Die erste Predigt im neuen Gottes⸗ haus hielt Pfarrer Fischer, der Erste Geistliche der Mutter⸗ emeinde, über Joh. 17. 24, jenes Wort, das Ihre Majestät in die von Allerhöchstderselben gleichfalls geschenkte Kanzel⸗Bibel eingetragen. Unter Orgel⸗ und Posaunenbegleitung wurde danach der Choral „Lobe den Herren“ gesungen, worauf mit Gebet und Segen des General⸗Superintendenten Faber sowie Gesang und Orgel⸗ spiel die Einweihungsfeier endete.
Das neue Gotteshaus ist unter Zugrundelegung eines Grund⸗ risses des Stadtbauraths Blankenstein durch den Regierungs⸗Baumeister Menken als dreischiffige Hallenkirche in märkischem Backsteinstil (mit romanischen Anklängen erbaut worden. Das Schiff ist 31 m lang der achteckige Chor ist 7,5 m. 9 m breit. Im Ganzen sind 1500 Sitzplätze vorgesehen, von denen 530 auf die Emporen kommen. Das große Mittelfenster des Chors, das Maria vor dem Auferstandenen darstellt, ist eine Stiftung Ihrer Majestät der Kaiserin und von Burckhardt u. Sohn in München ausgeführt; der Taufstein ist ein Geschenk des Brauereibesitzers Breithaupt, die Fenster im Sitzungssaal der Aeltesten sind von der Stadtmission gestiftet, die Christusfigur an dem 77 m hohen Thurm ist eine Stiftung des Hoflieferanten G. A. Schulz. Die gesammten Baukosten für die Kirche betragen 455 000 ℳ
und 21,5 m bhreit, tief und
Ju der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten erstattete der Stadtverordnete Scheiding namens des Ausschusses zur Berathung der Vorlage wegen Herabsetzung der Gaspreise Bericht über die Bedingungen, unter welchen das Gas aus den städtischen Gas⸗ anstalten für den Privatgebrauch abgegeben werden soll. Der Aus⸗ schuß hat an den bisher geltenden Bedingungen, entsprechend seinen voraufgegangenen Anträgen, einige Abänderungen vorgenommen. Zum § 2, welcher lautet: „Auf den Antrag der Konsumenten wird die Anstalt auch Gaslichteinrichtungen hinter den Gaszählern, sowie Veränderungen oder Ausbesserungen an denselben unter ihrer Verantwortlichkeit durch ihre Arbeiter auf Kosten der An⸗ tragsteller ausführen lassen. — Für alle durch Privat⸗ unternehmer hinter den Gaszählern ausgeführte Arbeiten übernimmt dagegen die Gasanstalt keinerlei Verantwortung, auch behält sie sich das Recht vor, die Zuführung des Gases zu ver⸗ weigern, falls die Gaslichteinrichtung mangelhaft angelegt sein sollte“, hat der Ausschuß beschlossen, hinter den Worten im ersten Absatz „durch ihre Arbeiter“ die Worte einzuschieben: „in der Regel“. Der § 3, Abs. 1 ist vom Ausschuß in folgender Fassung angenommen worden: „Die Zuleitungsröhren vom Hauptrohre werden, soweit nicht in Gemäßheit der Bedingungen für Gasabgabe zu gewerblichen Zwecken die Rohrlegung bis zum Gaszähler kostenlos erfolgt, bis 1,88 m von der polizeilich festgestellten Straßenfluchtlinie auf Kosten der Gasanstalt gelegt und verbleiben Eigenthum derselben.“ Im § 9 hat der von 33 ½ % Rabatt handelnde 3. Absatz die Fassung erhalten: „Der Preis für das zu anderen als Beleuchtungszwecken verwendete Gas beträgt zur Zeit 10 ₰ pro Kubikmeter.“ Dem 4. 8 bsatz dieses Paragraphen, lautend: „Für die Tarifflammen ist ein besonderer Tarif nach Maß⸗ abe der Größe der Brenner und der Zeit, während welcher dieselben werden sollen, festgestellt, bei welchem der Preis von 25 ₰, in Worten: Fünfundzwanzig Pfennigen, pro Kubikmeter Gas zu Grunde elegt ist, und wird der danach für die einzelne Flamme zu zahlende Preis dem Gasabnehmer vor Eröffnung der Leitung mitgetheilt“, hat der Ausschuß unter der Voraussetzung zugestimmt, daß die englische Gasgesellschaft den Gasverbrauch für Tarifflammen ebenfalls nach dem Grundpreise von 25 ₰ für das Kubikmeter berechnet. Falls diese Voraus⸗ setzung nicht zutreffen sollte, was durch Erkundigungen seitens des Ma⸗ gistrats festzustellen ist, soll der bei derenglischen Gesellschaft zur Anwendung gelangende Grundpreis dem obigen Preise von 25 ₰ substituiert werden. Ferner hat der Ausschuß, um der Gasverwaltung das Recht zur Kündigung eines Vertragsverhältnisses mit den Gasabnehmern zu geben, den Bedingungen als neuen § 18 angefügt: „Eine Auf⸗ hebung oder Abänderung dieser Bedingungen bleibt nach voran⸗ gegangener dreimonatlicher Kündigung vorbehalten. Letztere kann durch Bekanntmachung in den für die amtlichen Veröffentlichungen des Magistrats bestimmten hiesigen Zeitungen ꝛc. erfolgen.“ Die Bedingungen, unter welchen Gas zu gewerblichen Zwecken ab⸗ gegeben werden soll, sind vom Ausschuß in der Fassung des Magistrats mit der Aenderung genehmigt worden, daß statt 33 ½ % Rabatt von 16 ₰ pro Kubikmeter der Preis von 10 ₰ pro Kubikmeter zu setzen ist. Die Stadtverordneten⸗Versammlung ge⸗ nehmigte ohne Debatte die Bedingungen für den Bezug von Gas nach der Fassung des Ausschusses. — Stadtverordneter Frentzel berichtete über den Antrag des Stadtverordneten Wohlgemuth und Gen., betr. die Verbreiterung der Potsdamer Straße um zwei Meter auf jeder Seite vom Potsdamer Platz bis zur Lützow⸗ straße. Nach dem Antrag des Ausschusses ersucht die Ver⸗ sammlung den Magistrat, baldigst eine darauf bezügliche Vor⸗ lage zu machen, und ermächtigt ihn, das zu diesem Zweck etwa erforderliche Enteignungsverfahren gegen die betheiligten Grundbesitzer sofort einzuleiten. — Der Versammlung lag ferner der
Entwurf eines zwischen der Stadt Berlin und den Testamentsvoll⸗
streckern des verstorbenen Geheimen Kommerzien⸗Raths Gerson von Bkeichröder über die Errichtung einer milden Stiftung zur 9 und Pflege von brustkranken Personen zu schließenden
ertrages vor. Die Stiftung soll, wie schon mitgetheilt, mit einem Kapital von einer Million Mark ausgestattet werden. Aus der Mitte der Versammlung waren hierzu mehrere Anträge gestellt, welche theils Ausschußberathung, theils Begutachtung der Vorlage durch die Deputation für Krankenanstalten empfahlen. Nachdem Stadtverordneter Dr. Neumann einige Bedenken gegen die Vorlage geltend gemacht, wurde letztere an den Magistrat zurückverwiesen mit dem Ersuchen, zunächst das Gut⸗ achten der Deputation für die Krankenanstalten einzuholen. — Na Erledigung der Tagesordnung gelangte noch der dringliche Antrag des Ausschusses um Genehmigung der von der Firma Siemens u. Halske prsjektierten elektrischen Bahn von der Wasserthorbrücke bis zum Ausstellungsplatz in Treptow zur Beratbung, weil am nächsten Donnerstag (Himmelfahrtstag) eine Stadtverordnetensitzung nicht stattfindet. Die Anträge des Ausschusses unterscheiden sich nicht wesentlich von der Magistratsvorlage und wurden ohne Debatte an⸗ genommen.
Der Zoologische Garten hat in diesen Tagen von dem Zoll⸗ Direktor Boeder in Togo (West⸗Afrika) zwei interessante Raubvögel, den Schmarotzermilan und den Gaukler, erhalten. Der erstere zeichnet sich durch seine Verwegenheit und List beim Rauben aus; der Gaukler ist berühmt als Flugkünstler: stundenlang zieht er seine Kreise in der Luft, dann stößt er, sich überstürzend, in die Tiefe, um sofort wieder in den schönsten Spiralwindungen emporzusteigen.
Prag, 16. Mai. „W. T. B,“ meldet: Nach dem heute Abend anläßlich des Johannisfestes abgebrannten Feuerwerk durchzog eine tausendköpfige Menge, ein tschechisches Agitationslied singend, die Straßen. Sie machte vor dem böhmischen National⸗Theater mit Slava⸗Rufen Halt, desgleichen mit Pereat⸗Rufen vor der Polizei⸗ Direktion. Die Polizei zerstreute die Menge, welche sich darauf vor dem deutschen Kasino wiederum ansammelte und Pereat⸗Rufe ausbrachte. Abermals von der Polizei zersprengt, zog die Menge vor den Staats⸗ bahnhof, woselbst eine Fensterscheibe durch einen Steinwurf zertrümmert wurde. Es wurde eine Verhaftung vorgenommen.
Laibach, 16. Mai. Geringe Erdschwankungen dauer immer noch fort; in jeder Nacht sind zwei bis drei leichte Stöße zu verspüren, welche jedoch keine Beunruhigung mehr hervorrufen. Auf den Sirocco folgte während der Nacht Nordsturm mit Gewitter und Regengüssen. Heute Vormittag um 10 Uhr trat Schneefall ein. Die Unterbringung der Wohnungslosen in die Baracken erfolgt nun⸗ mehr mit größerer Beschleunigung.
Marseille, 16. Mai. „W. T. B.“ meldet: Hier herrscht ein sehr heftiger Sturm, welcher nicht gestattet, daß die Schiffe den Hafen verlassen.
Odessa, 17. Mai. Das Austreten des Dniepr hat dem „W. T. B.“ zufolge in Cherson eine Ueberschwemmung der niederen Stadttheile und Anlegeplätze verursacht. Der Schaden ist erheblich; das Wasser fällt jedoch jetzt wieder.
Bern, 16. Mai. Seit gestern ist ein allgemeiner starker Temperaturwechsel eingetreten. Seit heute früh treffen Meldungen von Schneefällen aus allen Theilen der Schweizer Alpen, dem Jura und der Hochebene ein. Der Verkehr auf der Bündner Berg⸗ straße ist sehr erschwert. Auf dem Flüela⸗Paß sind heute Mittag die Postwagen beider Thalseiten im meterhohen Schnee stecken geblieben. Die Passagiere mußten nach dem Hospiz zurückkehren.
Nach Schluß der Redaktion eingegangen Depeschen.
Wien, 17. Mai. (W. T. B.) Der Kaiser empfing heute Vormittag den Großherzog von Mecklenburg⸗ Schwerin.
Rom, 17. Mai. (W. T. B.) Die „Agenzia Stefani“ meldet: Der Chef der Lazaristenmission in Harrar, Monsignore Taurin protestierte gegen die Unterstützung, welche die französische Regierung den russischen Missionaren in Abessinien Her
Washington, 16. Mai. (W. T. B.) Bei der hiesigen japanischen Gesandtschaft eingelaufene amtliche Telegramme stellen fest, daß zwischen Japan und den europäischen Mächten ein befriedigendes Schlußabkommen getroffen worden sei.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
das Wetter trübe, regnerisch
Lessing-Theater. Bonivard. Anfang 7 ½ Uhr.
Sonnabend:
Sonntag: Der Herr Senator. Montag: Der Herr Senator.
Friedrich Wilhelmstädtisches Theater.
Madame Bentral-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30.
Sonnabend: Zum 15. Male: Unter artistischer Leitung des Herrn Adolf Brakl vom Königl. Gärtner⸗ platz⸗-Theater in München: Figaro bei Hof. (Rococo.) Operette in 3 Akten (nach Beaumarchais Memoiren) von Bohrmann⸗Riegen. Musik von Alfred Müller⸗Norden. Anfang 7 ½ Uhr.
Bar. auf 0 Gr. d. Meeressp
red. in Millim.
Temperatur 8—in ° Celsius 50 C. = 40 R
Belmullet.. Aberdeen... Christiansund Kopenhagen. Stockholm . Haparanda. St Petersbg. Moskau ... Cork, Queens⸗ 11J 18 Cherbourg Helder... 11“ Hamburg.. Swinemünde Neufahrwasser 749 O Memel 743 OSO aris 755 NNW Nünster .. 748 SW Karlsruhe. 751 Wiesbaden 750 München 750 Chemnitz 749 Berlin . 748 Wien .. 745 Breslau. 746
Ile d⸗Aix 758 Nizza.. 746 1 heiter II11““ 1 Regen Uebersicht der Witterung.
Das barometrische Minimum, welches gestern über Nordwestdeutschland lag, hat sich mit abnehmender Tiefe ostwärts nach Nordostdeutschland fortgepflanzt, während die Depression jenseits der Alpen sich nach Südösterreich verlegt hat. Ueber den Britischen Inseln ist der Luftdruck in Abnahme begriffen. In
6 bedeckt 2 wolkig 4 Regen 4 wolkenlos 2 wolkenlos 1 wolkenlos 1 wolkenlos
S 80009
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5 heiter 5 bedeckt 6 Regen 2 bedeckt 2 bedeckt 4 bedeckt 2 heiter 3 heiter 2 halb bed. 2 bedeckt 4 Regen 4 bedeckt 5 wolkig 2 Regen 1 Regen 2 Regen 3Regen
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88
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Theater⸗Anzeigen. Künigliche Schauspiele. Sonnabend: Opern⸗
haus. 126. Vorstellung. Zum ersten Male: Frauen⸗ lob. Oper in 3 Akten von Reinhold Becker. Text von Franz Koppel⸗Ellfeld. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Weingartner. Anfang 7 ½ Uhr.
Schauspielhaus. 132. Vorstellung. Der Revisor. Lustspiel in 5 Aufzügen von Nicolay Gogol, deutsch von Elsa von Schabelsky. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 ½ Uhr.
Sonntag: Opernhaus. 127. Vorstellung. Der Freischütz. Romantische Oper in 3 Akten von Carl Maria von Weber. Dichtung von Friedrich Kind (nach der gleichnamigen Erzählung August Apel's). Anfang 7 ½ Uhr.
Schauspielhaus. 133. Vorstellung. Zum ersten Male: Alt⸗Berlin. Vaterländisches Schauspiel in 5 Aufzügen von Wilhelm Wendlandt. In Scene gfest vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 r.
Dentsches Theater. Sonnabend: Lumpengefindel. Anfang 7 ½ Uhr.
Sonntag, 2 ½ Uhr: Die Weber. — 7 ½ Uhr: Der Widerspenstigen Zähmung.
Montag: Der Widerspenstigen Zähmung.
Berliner Theater. Heimath. Anfang 7 ½ Uhr.
Sonntag, 2 ½ Uhr: Die Ehre. — 7 ½ Uhr: Die Lästerschule.
Montag: Die Ehre. 8
Das
Sonnabend:
Deutsche Seewarte. Chausseestraße 25/26.
Sonnabend: Der Obersteiger. Operette in 3 Akten von L. Held und M. West. Musik von Carl Zeller. Regie: Herr Fredy. Dirigent: Herr Kapellmeister Ferron. Ermäßigte Preise der Plätze. Anfang 7 ½ Uhr. 9
Sonntag: Der Obersteiger.
Neues Theater. Schiffbauerdamm 4a./5
Sonnabend: Ensemble⸗Gastspiel der Mitglieder des Carl Schultze⸗Theaters (Hamburg) unter Leitung des Direktors José Ferenczy. Zum ersten Male: Tata⸗ Toto. Vaudeville in 3 Akten nach Bilhaud und Barré von Victor Léon und F. Zell. Musik von Antoine Banés. In Scene gesetzt von José Ferenczy. Dirigent: Kurt Goldmann. Anfang 7 ½ Uhr.
Sonntag und folgende Tage: Tata⸗Toto.
Residenz⸗Theater. Blumenstraße Nr. 9. Direktion: Sigmund Lautenburg. Sonnabend: Fer⸗ nand’s Ehekontrakt. (Fil à la patte.) Schwank in 3 Akten von Georges Feydeau, in deutscher Be⸗ arbeitung von Benno Jacobson. Anfang 7 ½ Uhr.
Sonntag und folgende Tage: Fernand’s Ehekontrakt.
Theater Unter den Linden. Behrenstr. 55/57. Direktion: Julius Fritzsche. — Sonnabend: Neu einstudiert: Der Zigennerbaron. Operette in 3 Akten nach einer Erzählung M. Jokai's von J. Schnitzer. Musik von Johann Strauß. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Herr Kapellmeister Ferron. Anfang 7 ¼ Uhr.
Sonntag: Der Zigennerbaron. — Grande ballabile
8
Sonntag: Figaro bei Hof.
ee seevTHxAHHxxkeʒxeeeexenexr as Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Miß Lucy Mabel Pigott mit Hrn. Dr. phil. Max Rieß (Berlin).
Verehelicht: Hr. Prediger Ernst Schmitz mit Frl. Marie Hildebrand (Pölitz). — Hr. Prem.⸗ Lieutenant Fritz von Glasow mit Frl. Marie von der Osten (Berlin). — Hr. Geheimer Regierungs⸗Rath Max Gloeckner mit Frl. Gertrud Anders (Dresden).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. ee-e. Werner Anders (Berlin). — Eine Tochter: Hrn. Fabrik⸗Direktor Dr. Henseling (Vienenburg
a. Harz). — Hrn. Rittmeister von Nostitz⸗Wall witz (Borna). — Hrn. Landrath Weidlich (Merse⸗
burg).
Gestorben: Hr. Gymnasial⸗Oberlehrer a. D⸗ Theodor Scholz (Oppeln). — Hr. Proviantamts- Direktor Joseph Elsner (Friedland O.⸗S.). — Hr. Stadtkämmerer a. D. Be (Berlin). — Hr. General⸗Major z. D. Maximilian Jungé (Hannover).
Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin.
Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagf Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.
Sechs Beilagen leinschließlich Börsen⸗Beilage)
Eduard Bejach
2
b 94. Sitzung vom Donnerstag, 16. —
Ueber den Beginn der Sitzung ist gestern berichtet worden.
In der ersten Berathung des zweiten Nachtrags zum Reichshaushalts⸗Etat für das Etatsjahr 1895/96 in Verbindung mit dem Nachtrag zum Etat für die Schutzgebiete erhält das Wort der
Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum (dkons.): Die Etatsansätze für die Verwaltung des Nord⸗Ostsee⸗Kanals haben in mir Bedenken wachgerufen, die es mir wünschenswerth erscheinen lassen, die Vorlage der Budgetkommission zu überweisen. Dieser Etat ist in einer Groß⸗ artigkeit aufgestellt, die einer sparsamen und praktischen Verwaltung widerspricht. Ich will nur ein Beispiel herausgreifen. Man will den Posten eines Kanal⸗Präsidenten schaffen und ihn gleich dem eines Eisenbahn⸗Präsidenten mit 10 500 ℳ dotieren. Nun wird aber die Thätigkeit eines solchen Kanal⸗Präsidenten im Vergleich zu der eines Eisenbahn⸗Präsidenten winzig sein. Dem Eisenbahn⸗Präsidenten sind 13 Direktionsmitglieder untergestellt, dem Kanal⸗Prasidenten nur zwei. Ebenso hat der Kanal⸗Präsident nur einen Betriebsinspektor, zwei Bauinspektoren, einen Maschineninspektor, während der Eisenbahn⸗ Präsident eine weit größere Zahl dieser Beamten hat. Warum also wird der Etat so großartig gemacht? Man scheint zu glauben, daß, weil der Kanal ein so großartiges Werk ist und viel gekostet hat, nun auch die Verwaltung auf einen so großartigen Fuß gestellt werden muß. Zudem schuf man eine ganze Kategorie von Beamten, die das Reich bisher nicht gehabt hat, und diese Beamten werden besser gestellt als die entsprechenden preußischen Beamten, deren Thätigkeitskreis ein größerer ist. Statt dieses Präsidenten könnte man einen Regierungs⸗Rath an⸗ stellen, statt des Betriebsinspektors einen Baumeister. Ich beantrage, die Vorlage der Budgetkommission zu überweisen.
Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher: Gegen den Vorschlag des Herrn Vorredners, den Etat zur Vor⸗ athung an die Budgetkommission zu verweisen, habe ich selbst⸗ rständlich keinen Widerspruch zu erheben, obwohl ich betonen will, daß es für die Verwaltung außerordentlich wünschenswerth ist, an⸗ gesichts des nahe bevorstehenden Termins für die Kanaleröffnung nun auch bald Sicherheit dafür zu gewinnen, wie die einzelnen Stellen in der Verwaltung dotiert werden sollen, um da⸗ durch die Möglichkeit zu haben, diese Stellen vor Beginn des Betriebs zu besetzen. (Zuruf rechtsl) — Der Herr Vorredner wirft mir ein, wir hätten Alles überhetzt, und nun solle der Reichstag „Ja“ sagen. Das klingt beinahe so, wie die gestrige Bemerkung des Herrn Abg. Singer, wonach der Bundesrath den Reichstag mit souveräner Verachtung behandelt haben soll. Ich kann auch diesen Einwurf nicht für begründet erachten. Ich habe ja meine Rede damit begonnen, daß ich gesagt habe: ich habe selbstredend nichts gegen die Verweisung an die Budgetkommission zu erinnern, und werde mich in die Folgen finden, d. h. ich werde die Ueberhetzung, die dadurch für uns demnächst
möglicherweise eintritt, mit Gelassenheit tragen.
Im übrigen kann ich die Einwendungen des Herrn Vorredners gegen die Etatsaufstellung doch nicht ohne eine Bemerkung vorüber⸗ gehen lassen, wenngleich ich mir auch in dieser Beziehung die näheren Ausführungen für die Kommissionsberathung oder für die zweite Berathung dieses Etats im Plenum vorbehalten muß. Der Herr Vorredner hat die Auffassung ausgesprochen, daß dieser Etat mit einer Opulenz und Großartigkeit entworfen sei, für die es ein Beispiel bisher bei der Etatsaufstellung nicht gegeben habe. Wenn der Herr Vorredner die Güte gehabt hat — und das muß ich ja an⸗ nehmen, daß er die Güte gehabt hat —, sich die Denkschrift durch⸗ zulesen, die dem Etat beigegeben ist, so wird er gefunden haben, daß fast für jede einzelne Etatsposition ein Analogon angeführt ist. Hieraus ergiebt sich, daß man nicht mit freigebiger Hand und lediglich nach Willkür die Positionen, die in den Etat eingestellt sind, ausgeworfen hat, sondern daß man die Gründe dafür angegeben hat, weshalb die einzelnen Positionen der Etatssätze in der vorliegenden. Art gewählt worden sind. Also den Vorwurf einer besonderen Großartigkeit und Opulenz kann ich als begründet nicht anerkennen.
Nun hat der Herr Vorredner sich im einzelnen zunächst mit dem Präsidenten des Kanalamts beschäftigt. Er scheint damit ein⸗ verstanden zu sein, daß man ein besonderes Kanalamt errichtet (Zuruf rechts); oder nicht? Dann werde ich auf die Frage ein⸗ zugehen haben, ob es möglich ist und sich empfiehlt, die Kanal⸗ verwaltung in andere Hände zu legen. Es liegt der Gedanke nicht allzu fern, daß die Verwaltung des Kanals durch Preußen manche Vorzüge haben werde. Das preußische Staats⸗Ministerium sowohl wie der Bundesrath haben sich indessen einstimmig dafür entschieden, aß der Kanal vom Reich geleitet und verwaltet werden soll, und ich meine, meine Herren, es sprächen dafür auch sehr gute Gründe. Ich zweifle garnicht daran, daß an sich die Verwaltung von preußischen Organen sachgemäß geführt werden kann und aus⸗ geführt werden würde. Wir dürfen aber nicht vergessen, daß wir es hier mit einem großen Unternehmen zu thun haben, welches inter⸗ nationalen Verkehrsbeziehungen dient, und daß diese internationalen Verkehrsbeziehungen in erster Linie von der Reichsverwaltung zu pflegen und zu hegen sind. Außerdem kommt hinzu, daß, obwohl ja
eußen die weitaus längste Seeküste hat unter den Küstenstaaten, doch auch die anderen Küstenstaaten an der Benutzung dieses Kanals außerordentlich betheiligt sind, und daß diese anderen Küstenstaaten schon um deswillen, weil die Geltendmachung ihrer Interessen beim Reich vermöge ihrer Eigenschaft als Bundesglieder viel leichter ist, als bei dem Partikularstaate Preußen möglich ist, naturgemäß den Wunsch hegen müssen, daß die Verwaltung beim Reich gelassen werde. Außerdem hat das Reich den Kanal gebaut, allerdings mit einem Zuoschuß von Preußen. Es liegt also in der Natur der Sache, daß man ohne zwingende Gründe nicht die Verwaltung in andere Hände legt, als wie in diejenigen Hände, von denen der Zau ausgeführt ist. Solche zwingende Gründe sind aber von keiner Seite geltend gemacht worden. Auch der Grund, daß Preußen be Verwaltung wesentlich billiger führen könnte als das Reich, ist heute von niemand herangezogen worden; erst gegenwärti g its 1
Erste Beilage
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nzeiger und Königlich Preuß
Berlin, Freitag, den 17. Mai
ihn der Herr Abg. Graf Limburg⸗Stirum geltend. Ich glaube nicht, daß dieser Grund zutrifft. Der Reichstag wird, wie ich meine, auch schon im nationalen Interesse mehr geneigt sein, sich auf den Standpunkt zu stellen, daß es den Vorzug verdient, wenn man den Kanal unter Reichsverwaltung beläßt. Man kann gewiß das Bedenken hegen, ob nicht daraus, daß das Reich hiermit eine neue Organisation schafft, für die wenigstens innerhalb der Zivilressorts noch nicht die entsprechenden Kategorien von Beamten vorhanden sind, aus denen die Stellen bei der Sanalamt besetzt werden können, die Möglichkeit der Gefahr erwächtt, daß die Verwaltung in ein gewisses Stagnieren kommen würde. Allein, meine Herren, auch dieses Bedenken wiegt außerordentlich leicht; denn wir haben in der Marine mit ihrer sehr ausgedehnten Verwaltung gerade auf allen diesen Gebieten, die hier in Frage kommen, eine Schwesterverwaltung, die uns helfen wird, wenn wir ihre Kräfte brauchen, und um⸗ gekehrt werden auch wir gern auf einen Austausch von Kräften ein⸗ gehen, wenn solcher im Interesse der Marine liegt. Damit komme ich — obwohl es nicht in der Reihenfolge der Ausführungen des Herrn Vorredners liegt — auf einen Punkt, über welchen ich gleich an dieser Stelle eine Bemerkung machen möchte. Der Herr Graf Limburg⸗ Stirum sagte, wir schaffen hier Bau⸗Inspektoren, Maschinen⸗ Inspektoren, Lootsen u. s. w. Das haben wir alles bisher im Reich nicht. Doch, Herr Graf, das haben wir alles bereits in vollem Maße. Die Marine mit ihrer ausgedehnten Verwaltung besitzt Bau⸗Inspektoren, Maschinen⸗Inspektoren, Lootsen, sie besitzt alle die Kategorien von Beamten, deren wir hier bedürfen. Also ist es durchaus nicht etwas Neues für das Reich, was wir hier schaffen. Und wenn nun der Vorwurf erhoben wird, daß wir die Stellen zu hoch dotiert haben, und wenn zum Beweise dafür der Herr Vorredner die Thätig⸗ keit des Präsidenten des Kanalamts in Parallele zieht mit der Thätigkeit eines preußischen Eisenbahndirektions⸗Präsidenten und dabei zu dem Schlusse kommt, daß der eine, nämlich der Präsident des Kanal⸗ amts, eine minimale Thätigkeit zu entwickeln habe gegenüber der weit umfassenderen Thätigkeit eines preußischen Eisenbahndirektions⸗ Präsidenten, dann thut der Herr Vorredner einen weit aus schauenden Blick in die Zukunft. Denn wie die Verwaltung des Kanals sich ausbilden wird, das wissen wir, die wir seit nahezu 10 Jahren uns mit der Sache beschäftigt haben, nicht, und wenn der Herr Vorredner uns ein klares Bild darüber geben könnte, würden wir außerordentlich dankbar sein. (Sehr gut!) Was wir an⸗ gestrebt haben, und gerade aus Rücksichten der Sparsamkeit und der Vereinfachung der Verwaltung angestrebt haben, ist das, daß die Dotation nicht höher bemessen werden soll, als wie dies dringend geboten ist auch bei minimaler Benutzung des Nord⸗Ostsee⸗Kanals. Es kann heute kein Mensch sagen, wie viel Schiffe durch den Kanal gehen werden. Es wird das wesentlich davon abhängen, welchen Eindruck der Kanal im Auslande hervorruft, welchen Tarif wir feststellen werden, und wie koulant und bequem wir den Inter⸗ essenten, die durch den Kanal fahren, die Benutzung des Kanals gestatten. Aber mit auch nur annähernder Sicherheit — und das sehen Sie schon aus der ersten Bemerkung, die zum Etat gemacht ist — kann die voraussichtliche Frequenz niemand bestimmen. Und wenn wir nun für die Stelle des Vorsitzenden eines so verantwortlichen, in seinem Umfange so wenig bestimmbaren Amtes, das namentlich in der Entwickelungszeit nicht allein die volle Aufmerksamkeit ihres Trägers, sondern auch eine ausgezeichnete Schulung, einen freien Blick, eine vollendete Sachkunde auf dem Feld, das er zu beackern hat — und da handelt es sich nicht bloß um Baggern und um Bauen, sondern da handelt es sich um sehr wichtige handelspolitische Interessen, die er fördern soll —, ich sage, wenn wir für eine solche Stelle einen Mann von tadelloser Qualifikation heraussuchen, und wenn wir diesen Mann nicht unter dem ausgeworfenen Betrage gewinnen können — sollen wir ihm diesen nicht geben, sollen wir auf die Aussicht hin, ein paar hundert, oder ein paar tausend Mark zu sparen, uns mit schlechterem Material begnügen? Hier handelt es sich darum, Er⸗ fahrungen zu sammeln; hier handelt es sich darum, das Terrain für die volle Ausnutzung des Kanals vorzubereiten, und dazu bedürfen wir eben eines solchen Mannes. Der Herr Vorredner hat auch die übrigen Stellen im Ansatz bemängelt, er hat sie zu hoch befunden. Stellen ist ja doch angeführt, weshalb wir die Ge⸗ hoch gegriffen, wie wir sie gegriffen haben. Wir haben exemplifiziert auf die Marine. Der Herr Vorredner exempli⸗ fiziert auf die Eisenbahnverwaltung. Ja, der Nächste am Kanal in Kiel, Holtenau, Brunsbüttel: sind eben die Marinebehörden. Da kann ich die Parallele mit der preußischen Eisenbahnverwaltung nicht gelten lassen. Uebrigens bemerke ich, daß einige der Ansätze auch niedriger sind als die entsprechenden preußischen Sätze.
Also, meine Herren, gestatten Sie uns, daß wir nach dem Ihnen vorgelegten Plane innerhalb der Etatsgrenze, wie wir sie hier be⸗ messen haben, wirthschaften dürfen. Es soll Ihnen im Laufe der Zeit keine einzige Erfahrung vorenthalten bleiben, die wir bei der Verwaltung machen. Haben wir zu hoch dotiert, haben wir ein Personal angenommen, das wir nicht in vollem Umfange verwenden können — so werde ich der Erste sein, der dem Reichstag empfiehlt, den Etat einzuschränken.
Meine Herren, bei dieser Gelegenheit möchte ich — es liegt zwar nicht unmittelbar auf dem Felde des Etats — aber noch eine Bemerkung über den Kanal mir gestatten. Es gehen seit einiger Zeit Gerüchte durch die Zeitungen, und man begegnet ihnen auch in der Privatunterhaltung, wonach es im höchsten Grade zweifelhaft sei, ob der Kanal am 20. Juni, an dem Tage, an dem die Festfahrt durch den Kanal gemacht werden soll, wirklich in betriebsfähigem Zustande hergestellt sein wird, und ob nicht, wenn auch das der Fall wäre, doch die Gefahr eine sehr nahe liegende ist, daß durch irgend welche Rutschungen das Fest eine unliebsame Unterbrechung erfahren könnte. Ich wünsche von dieser Stelle aus einige Worte der Beruhigung in Bezug auf diese Frage zu sagen.
Als die erste größere Rutschung beim Kanal eintrat, gerieth ich auch außer mir, erforderte — ich befand mich damals in den Alpen
Bei den meisten haltsposition so
ischen
Staats⸗Anzeiger. 1895.
— telegraphischen Bericht und erhielt die Antwort: Rutschungen dürfen uns nicht aufregen, sie sind ja programmmäßig, dafür ist ja eine Position im Etat ausgeworfen. (Heiterkeit.) Nun, das
beruhigte mich nicht vollständig; ich ging der Sache nach und habe dann
zu meiner Freude wahrgenommen, daß alle solche Hindernisse in ver⸗ hältnißmäßig kurzer Zeit beseitigt worden sind. Jetzt liegt am Kanal die Sache so, daß mit dem 1. Juni die volle Tiefe überall hergestellt sein wird, die volle Breite an einer kurzen Stelle noch nicht; abe eine Breite, die größer ist als die Breite des Suezkanals und die es auch unseren größten Schiffen gestattet durchzugehen. Daß Rutschungen eintreten können, das kann ich allerdings nicht in Abrede stellen — wenn der Himmel einstürzt, sind alle Spatzen todt —, und ich kann nicht behaupten, daß der Kanal absolut gefeit sei gegen die Möglichkeit einer Unterbrechung durch Rutschungen. Aber was uns die Technik in dieser Beziehung an die Hand gegeben hat, das ist benutzt worden, und die sämmtlichen Techniker, die am Kanal amtieren — und die verstehen das besser als ich —, sind der Ueber⸗ zeugung, daß wir ohne Sorge um eine Unterbrechung durch den Kanal fahren können.
Also, meine Herren, lassen Sie sich die Perspektive auf das schöne Fest nicht durch solche Zeitungsnachrichten verleiden.
Abg. Dr. Lieber (Zentr.): Dem Antrag auf Kommissions⸗ berathung werden wir nicht widersprechen, zumal auch wir den Nach⸗ trags⸗Etat für einen solchen halten, der besser vorher in der Budget⸗ kommission berathen wird. Gerade eine Kommissionsberathung wird der schnellen Erledigung der Angelegenheit zu gute kommen. In der Kommission wird man am besten die einzelnen Fragen und Be⸗ denken prüfen können. Auch die Erörterung der Frage, ob die Ver⸗ waltung des Kanals besser durch das Reich oder durch Preußen er⸗ folgt, werden meine Freunde objektiv führen, obschon ich schon jetzt sagen kann, daß uns nur zwingende Gründe im allgemeinen dazu bringen können, Reichssachen in die Hände eines Einzelstaats zu geben. Der föderative Charakter des Reichs spricht dagegen. Um so schwerer können wir uns dazu entschließen, als in den Einzel⸗Landtagen mehrfach das Bestreben hervorgetreten ist, sich in unzulässiger Weise in die Reichsangelegenheiten einzumischen. Im allgemeinen stehen wir den Forderungen des Nachtrags⸗Etats freundlich gegenüber.
Abg. Dr. Hammacher (nl.): Wir halten es gleichfalls für
„bei jedem Nachtrags⸗Etat nicht nur die Frage des Bedürf⸗ sondern auch die Forderungen selbst zu prüfen. Die Ein⸗ ungen, welche von konservativer Seite erhoben worden sind, einen uns keineswegs als unbegründet. Wir sind der An⸗ sicht, daß der ganze Rahmen der Verwaltung viel zu weit gefaßt und ich habe den Eindruck, als ob bei der Konzeption des Plans ein bureaukratischer Geist vorgewaltet habe. Meiner Ansicht nach kann die Sache einfacher und billiger gemacht werden. Ich meine, es wäre das Richtige, eine besondere Reichsbehörde mit der Verwaltung zu betrauen, an deren Spitze ein Präsident steht mit einem technischen und einem kaufmännischen Direktor zur Seite. Konstruieren wir ein ganzes Kollegium, so würde die Verwaltung schwerfällig und es werden zahlreiche Kompetenzkonflikte entstehen. Aus allen diesen Gründen sind wir für eine Kommissionsberathung.
Abg. Richter (fr. Volksp.): Auch ich halte es für unangemessen, wenn in den Einzel⸗Landtagen in Reichsfragen eingegriffen wird. Ich erinnere den Abg. Lieber aber daran, daß der im preußischen Abge⸗ ordnetenbhaus eingebrachte Währungsantrag auch seine Unterschrift trägt. Was den vorliegenden Nachtrags⸗Etat anlangt, so bedaure ich zunächst, daß er nicht schon früher eingebracht worden ist. Ich balte die Forderung für viel zu hoch, und der Reichstag würde sich mit dem bei dem Haupt⸗Etat geübten Bestreben nach Sparsamkeit in Wider⸗ spruch setzen, wenn er diese Forderung bewilligte. Meiner Ansicht nach werden sich die nothwendigen Ausgaben aus den eigenen Ein⸗ nahmen des Reichs, die ja den Voranschlag bedeutend übersteigen, decken lassen.
Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum (d. kons.): Wir werden es uns nicht nehmen lassen, uns auch im preußischen Abgeordnetenhause darüber zu unterhalten, welche Stellung die preußische Regierung zu Reichsfragen einnehmen sollte. Was die Frage anlangt, ob der Kanal unter die Verwaltung des Reichs oder Preußens gestellt werden soll, so wird diese Frage dennoch entschieden werden müssen, ob der Kanal mehr Beziehung zum Reichs⸗Marineamt oder zur preußischen Ver⸗ waltung haben wird. Das Beste wäre, daß wir vorläufig ein Pausch⸗ quantum bewilligten.
Abg. Dr. Lieber (Zentr.): Der Abg. Richter sollte doch unterscheiden zwischen der Unterstützung eines Antrags und der Stellung eines An⸗ trags. Ich freue mich, daß er mir Anlaß bietet, gegen den Miß⸗ brauch, der mit meinem Namen in der Frage des Bimetallismus ge⸗ trieben wird, zu protestieren.
Staatssekretär des Innern, Boetticher:
Meine Herren! Es scheint jetzt festzustehen, daß wir uns demnächst über die Einrichtung der Verwaltung des Nord⸗Ostsee⸗Kanals in der Budgetkommission weiter zu unterhalten haben werden. Ich begrüße das mit Freude. Ich werde dann Gelegenheit haben, die Gründe für die einzelnen Positionen näher darzulegen, und habe für jetzt nur das Bedürfniß, dem Herrn Abg. Grafen zu Limburg⸗Stirum noch ein Wort in Bezug auf die von ihm angeregte Wahl eines Pauschquantums zu sagen. Es lag der Gedanke, für das erste Jahr des Kanalbetriebs ein Pauschquantum zu erbitten, außerordentlich nahe. Wenn wir diesem Gedanken keine Folge gegeben haben, so hat das einmal seinen Grund darin, daß wir auf die Beamten Rück⸗ sicht zu nehmen wünschen, die während der Zeit ihrer Thätigkeit bei der Kanalkommission ihre Aemter kommissarisch verwaltet haben, und die sich naturgemäß danach sehnen, baldigst definitiv angestellt zu werden. Es schien uns eine Unbilligkeit zu sein, noch länger und namentlich nach Einrichtung der definitiven Verwaltung die kommissarische Stellung dieser Herren aufrecht zu erhalten.
Der zweite noch wesentlichere Grund war aber der, wir den Reichstag von vornherein in Mitthätigkeit zu ziehen wünschten rücksichtlich der Frage der Gestaltung der Kanal⸗ verwaltung. Es ist klar, daß, wenn wir ein Pauschquantum uns erbitten, wir dann innerhalb dieses Pauschquantums zu wirth⸗ schaften freie Hand haben, und daß der Reichstag erst später, wenn wir an der Hand der gewonnenen Erfahrungen zu einem bestimmten Organisationsplan kommen, die Gelegenheit finden würde, auch seiner⸗ seits ein Wort mitzusprechen. Das wünschten wir zu vermeiden. Aber wir werden uns, wie gesagt, des näheren darüber noch unter⸗ halten, und ich hoffe, daß wir die Herren davon überzeugen werden,
daß es doch wohl gerathen ist, einer definitiven Organisation mit
Staats⸗Minister Dr. von
daß