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ernamut
Nrr. 136, von dem Kommando zur Bterae Prn
gefängniß in Wesel, Fellmann, Pr. Lt. vom
1 Hurch (II1 München),
April 1895 eingetretenen Veränderungen.
Friedrich I.
Nr. 41, Abel, Unterarzt vom
Personal⸗Veränderungen.
Königlich Preußische Armee.
Offiziere, Portepee⸗Fähnriche ꝛc. Ernennungen, Beförderungen und SE Im aktiven Heere. “ 17. Mai. Westphal, Pr. Lt. vom Inf. Regt.
r. 140, von dem Kommando zur Dien leistung bei der Arbeiter⸗ Abtheil. in Königsberg i. Pr., Richter, t. vom Inf. Regt. bei dem Festungs⸗ nf. Regt. Nr. 128, Kommando zur Dienstleistung bei dem Festungsgefängniß in
von dem Köln, — entbunden. Ratzel, Sec. Lt. vom 5. Bad. Inf. Regt. Nr. 113, zur Dienstleistung bei der werEen; in Königsberg i. Pr., Schroeder, Sec. Lt. vom 2. Hess. Inf. Regt. Nr. 82, zur Dienstleistung bei dem Festungsgefängniß in Wesel, Henning, Sec. Lt. vom 6. Rhein. Inf. Regt. Nr. 68, zur Dienst⸗ r. bei dem Festungsgefängniß in Köln, Schaper, Major z. D. und Bezirksoffizier bei dem Landw. Bezirk Königsberg, zur Dienst⸗ leistung bei dem Bekleidungsamt des I. Armee⸗Korps, von Kathen, Major z. D. und Bezirksoffizier bei dem Landw. Bezirk Frankfurt a. O., zur Dienstleistung bei dem Bekleidungsamt des III. Armee⸗ Ko Matthiae, Oberst⸗Lt. z. D. und Kommandeur des Land⸗ wehr⸗Bezirks I Münster, zur Dienstleistung bei dem Bekleidungs⸗ amt des VII. Armee⸗Korps, — alle drei vom 1. Juni d. J. ab auf sechs Monate, — kommandiert.
Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. Prökel⸗ witz, 17. Mai. Hüpeden, Gen. Major von der Armee, in Ge⸗ nehmigung seines Abschiedsgesuchs mit Pension und dem Charakter als Gen. Lt. zur Disv. gestellt.
Im Beurlaubtenstande. Prökelwitz, 17. Mai. v. Buchka, Rittm. a. D., zuletzt von der Kav. 2. Aufgebots des Landw. Bezirks Rostock, die Erlaubniß zum Tragen der Landw. Armee⸗Uniform ertheilt.
Nachweisung der beim Sanitäts⸗Korps im Monat Durch Ver⸗ fügung des General⸗Stabsarztes der Armee. 8. April. Hansen, einjährig⸗freiwilliger Arzt, zum Unterarzt bei der Kaiser⸗ lichen Marine ernannt,
24. April, Dr. Borgmann, Unterarzt vom Hannov. Jäger⸗ Bat. Nr. 10, Dr. Ramin, Unterarzt vom “ Feld⸗Art. Regt. Nr. 9, Dr. Wiedemann, Unterarzt vom Gren. Regt. König (4. Ostpreuß.) Nr. 5, Dr. Krebs, Unterarzt vom 2. Hannov. Inf. Regt. Nr. 77, Dr. Hoppe, Unterarzt vom 1. Bad. Leib⸗Gren. Regt. Nr. 109, Dr. Blecher, Unterarzt vom
Inf. Regt. Markgraf Ludwig Wilhelm (3. Bad.) Nr. 111, Dr.
Schall, Unterarzt vom 1. Hanseat. Inf. Regt. Nr. 75, Dr. Tornow, Unterarzt vom Inf. Regt. Graf Tauentzien von Witten⸗ berg (3. Brandenburg.) Nr. 20, Dr. Kuhn, Unterarzt vom Infanterie⸗Regiment Markgraf Karl (7. Brandenburg.) Nr. 60, Dr. Tissot dit Sanfin, Unterarzt vom Grren. Regt. König Friedrich Wilhelm II. (1. Schles.) Nr. 10, Dr. Dansauer, Unterarzt vom 5. Rhein. Inf. Regt. Nr. 65, Dr. Becker, Unterarzt vom Inf. Regt. von Boyen (5. Ostpreuß.) 1 Leib⸗Kür. Regt. Großer Kurfürst Nr. 1, Dr. Lambert, Unterarzt vom 8. Rhein. Inf. Regt. Nr. 70, Janens, einjährig⸗freiwilliger Arzt, zum Unterarzt bei er Kaiserlichen Marine, — ernannt,
25. April. Dr. Trembur, Unterarzt von der Kaiserlichen Marine, — sämmtlich mit Wahrnehmung je einer bei ihren Truppen⸗ oder Marinetheilen offenen Assist. Arztstelle beauftragt.
Königlich Bayerische Armee. Offitiere, Portepee⸗Fähnriche ꝛc. Ernennungen, Berörderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. 10. Mai. Buxbaum, Rittm. à la suite des 3. Chev. Regts. vakant Herzog Maximilian und Reitlehrer an der Equitationsanstalt, im 1. Chev. Regt. Kaiser Nikolaus von Rußland, Schneider, Rittm. à la suite des 4. Chev. Regts. König und kommandiert zur Dienstleistung dortselbst, in diesem Regt., — zu Eskadr. Chefs, Kimmerle, Rittm. und Eskadr. Chef im 4. Chev. Regt. König, unter Stellung à la suite dieses Regts., zum Reitlehrer an der Equitationsanstalt, — ernannt. Schießl, Sec. Lt. im 13. Inf. Regt. Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, in diesem Regt. zum Pr. Lt. ohne Patent befördert.
11. Mai. Götzl, Rittm. z. Armeebibliothek ernannt.
Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 8. Mai. Götzl, Rittm. a. D., zu den mit Pension zur Disp. stehenden
Offizieren versetzt. . Dietrich, Rittm. und Eskadr. Chef im 1. Chev.
D., zum Bibliothekar an der
10. Mai. Regt. Kaiser Nikolaus von Rußland, Krafft, Pr. Lt. des 13. Inf. Regts. Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, — mit der gesetzlichen Pension und mit der Erlaubniß zum Tragen der bisherigen Uniform mit den für Verabschiedete vorgeschriebenen Abzeichen der Abschied
bewilligt.
Im Sanitäts⸗Korps. 8. Mai. Dr. v. Orff, Stabs⸗ und Bats. Arzt im 2. Inf. Regt. Kronprinz, mit der gesetzlichen Pension und mit der Erlaubniß zum Tragen der Uniform mit den für Verabschiedete vorgeschriebenen Abzeichen der Abschied bewilligt. Dr. Wolffhügel, Afsist. Arzt 1. Kl. vom Sanitätsamt II. Armee⸗ Korps, zum 1. Inf. Regt. König, Dr. Hauenschild, Assist. Arzt 2. Kl. vom 2. Feld⸗Art. Regt. Horn, zum Sanitätsamt II. Armee⸗Korps, Dr. Roßnitz, Assist. Arzt 2. Kl. vom 2. Pion. Bat., zum 2. Feld⸗Art. Regt. Horn, — versetzt. Dr. Rapp, Assist. Arzt 1. Kl. vom 1. Inf. Regt. König, zum Stabs⸗ und Bats. Arzt im 2. Inf. Regt. Kronprinz, Dr. Martius, Assist. Arzt 2. Kl. im 1. Feld⸗Art. Regt⸗ Prinz Regent Luitpold, zum Assist. Arzt 1. Kl., — befördert.
9. Mai. Dr. Rohn, (Hof), Asfsist. Arzt 1. Kl. in der Res., zum Stabsarzt, Dr. Jellinghaus, Dr. Feuchtwanger (1 München), Weber (Würzburg), Wachter (Nürnberg), Welte, Dr. Wörnlein (Würzburg), Dr. Merx (Bamberg), Dr. Schulze (Würzburg), Butters (Zweibrücken), Dr. Schmidt (Erlangen), Unterärzte in der Res., Dr. Friedmann (Hof), Unterarzt in der Landw. 1. Aufgebots, — zu Assist. Aerzten 2. Kl., — befördert.
Militär⸗Justizbeamte.
10. Mai. (Mit der Wirksamkeit vom 1. Juni d. J.) Lang, charkteris. Stabsauditeur von der Kommandantur Landau, unter Ver⸗ setzung zum Militär⸗Bezirksgericht Würzburg, zum Stabsauditeur befördert. Holle, Stabsauditeur, auf Nachsuchen unter Enthebung von der Stelle des Ersten Staatsanwalts beim Militär⸗Bezirksgericht Würzburg, zur Kommandantur Nürnberg; die Regts. Auditeurs: Mayer von der Kommandantur der Festung Germersheim, zur Kommandantur Landau, Gerstner von der 1. Inf. Brig., zum Korps⸗ Kommando, Lgr 8 Kommandantur
ürnberg, zur 1. Jnf. Brig., olffhügel, rechtskundiger Sekretär des Militär⸗Bezirksgerichts Würzburg, zur Kommandantur der Festung Germersheim, — versetzt. Dr. Weigel, Regts. Auditeur und Zweiter Staatsanwalt vom Militär⸗Bezirksgeri München, unter Verleihung des Charakters als Stabsauditeur, zum Ersten Staatsanwalt beim Militär⸗Bezirksgericht Würzburg, FPeües⸗ Regts. Anditeur vom Gend. Korps⸗Kommando, zum Zweiten taatsanwalt beim Militär⸗Bezirksgericht München, Dr. Steidle, Militär⸗Gerichtspraktikant und Sec. Lt. der Res. des 12. Inf. Regts. Prinz Arnulf, um Regts. Auditeur und rechtskundigen Sekretär beim Militär⸗Bezirksgericht Würzburg, — ernannt. Beamte der Militär⸗Verwaltung. Verfügung des Kriegs⸗Ministeriumg. Meyer, chen), Unterveterinär der Res., zum Unterveterinär des aktiven Dienststandes im 3. Chev. Regt. vakant Herzog Maximilian Wund mit Wahrnehmung einer offenen Petermärstele beauftraat. 8
Durch Verfügung des General⸗KommandosIl. Armee⸗ Korps. Danselsen, Zahlmstr., beim 7. Inf. Regt. Prinz Leopold eingethei 1 v“ I“
Deutscher Reichstag. 98. Sitzung vom Mittwoch, 22. Mäi. den Beginn der Sitzung ist vorgestern berichtet
Ueber worden.
Das Haus setzt die Gesetzes, betreffend die steuergesetzes, fort. Nach dem Abg. Wurm nimmt das Wort der Sctaatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Posadowsky:
Meine Herren! Ich bin in der Lage, erklären zu können, daß sachlich die verbündeten Regierungen ganz dasselbe wünschen, was der Herr Vorredner ausgeführt hat; es wäre ein tiefer, innerer Wider⸗ spruch in der Konstruktion des Gesetzes, wenn wir eine Exportprämie festlegten zu dem Zweck, um einige zwei⸗ oder dreihunderttausend Hektoliter Spiritus aus dem Lande auszuführen zur Verbesserung der Preise, und andererseits gleichzeitig durch dieselbe Maßregel eine Einschränkung des Verbrauchs von Spiritus für gewerbliche Zwecke herbeiführten. Im Gegentheil, wir müssen alle Bemühungen auf⸗ wenden, um den Konsum des Spiritus zu gewerblichen Zwecken zu erweitern, wie nur möglich.
Wenn der verehrte Herr Abgeordnete der Regierung daraus einen Vorwurf gemacht hat, daß sie von der Essigfabrikation in dem Gesetz
zweite Berathung des Entwurfs eines Abänderung des Branntwein⸗
Graf von
nichts gesagt hat, so muß er doch andererseits anerkennen, daß die
verbündeten Regierungen, sobald diese Beschwerden der Essigfabrikation hervortraten und einigermaßen als begründet nachgewiesen wurden, selbst erklärten und befürworteten, daß eine entsprechende Bestimmung im Interesse der Essigfabrikation in das Gesetz aufgenommen würde, und daß auf Befürwortung der Vertreter der verbündeten Regierungen dieses Amendement in der Kommission angenommen ist.
Meine Herren, obwohl ich mich mit den rein sachlichen Aus⸗ führungen des Herrn Vorredners im Großen und Ganzen vollkommen einverstanden erklären kann, muß ich Sie doch bitten, seinen Antrag abzulehnen; denn ob wir oder in welcher Höhe wir zu gewerb⸗ lichen Zwecken eine Vergütung der Brennsteuer eintreten lassen, hängt doch von der Preisbildung des Spiritus ab und hängt ferner davon ab, ob die Exportprämie auch im Inlandspreis voll zum Ausdruck kommt. Trifft diese Voraussetzung nicht zu — und das ist gerade von den Parteien, die den Gesetzentwurf bekämpfen, ausgeführt worden —, dann liegt keine Veranlassung vor, den vollen Vergütungssatz von 6 ℳ für die Verwendung von Spiritus zu gewerblichen Zwecken gesetzlich festzulegen. Dann ist aber allerdings hier auch ein finanzieller Gesichtspunkt maßgebend, der nicht von den verbündeten Regierungen betont ist, sondern gerade aus der Mitte der Kom⸗ mission, und außerdem werden Sie ja heute noch über einen weiteren Antrag dreier Parteien des Hauses berathen, der noch in stärkerem Maße verhindern soll, daß die verbündeten Regierungen mehr für Exportzwecke verausgaben, als an Brennsteuer einkommt. Also dieser finanzielle Gesichtspunkt ist viel weniger von den verbündeten Regie⸗ rungen als wie gerade aus der Mitte der Kommission und des Hauses in den Vordergrund gestellt worden.
Meine Herren, ich kann zum Schluß versichern: wir werden alles thun, soweit die Mittel reichen, um den Konsum von Spiritus zu gewerblichen Zwecken zu erweitern. Aber den Antrag Wurm bitten wir abzulehnen, weil wir sonst wahrscheinlich mehr zahlen müßten, wie wir einnehmen. (Bravo! rechts.)
Abg. Dr. Paasche (nl.): Mit dem Grundgedanken des Antrags Wurm sind wir vollständig einverstanden. Finanzielle Bedenken zwingen uns aber, die Ausführung dieses Antrags zurückzustellen. Auch für mich ist es sehr fraglich, ob die Exportprämie im Inlands⸗ preis des Spiritus zum Ausdruck kommen wird. Bei dem Antrag Gamp, betreffend die Rückvergütung der Brennsteuern bei der Aus⸗ fuhr von Fabrikaten, zu deren Herstellung Branntwein verwendet worden ist, handelt es sich in erster Linie um die heimische Industrie. Die Annahme des Antrags ist nothwendig, um diese Industrie dem Auslande gegenüber konkurrenzfähig zu erhalten.
Abg. Wurm (Soz.): Ich muß meine Verwunderung darüber aussprechen, daß die Regierung wie der Vorredner meinen Antrag als begründet anerkennen, aber ihm dennoch nicht zustimmen. Die chemische Großindustrie soll geschützt werden, aber wenn es sich um die kleinen Leute handelt, dann sind die Herren nicht zu haben. Wenn die Rückvergütung der Brennstreuer bei der heimischen Industrie noth⸗ wendig und berechtigt ist, so ist sie es auch bei allen anderen In⸗ dustrien; andernfalls handelt es sich um eine Liebesgabe für die chemische Industrie.
Berichterstatter Abg. Gamp (Rvp.) tritt diesen Ausführungen entgegen.
Der Antrag Wurm wird abgelehnt, die beiden An⸗ träge der Abgg. Gamp und Gen. werden angenommen.
Der Absatz 3 des § 3 bestimmt, daß soweit in einem Jahre die gezahlten Vergütungen hinter dem Aufkommen an Brennsteuer zurückgeblieben sind, aus dem Ueberschuß auch für Branntwein, der zu anderen steuerfreien Zwecken als zur Essig⸗ bereitung verwendet wird, Vergütungen dis zu 6 ℳ gewährt werden können.
Abg. Richter (fr. Volksp.): Nach dem Kommissionsbeschlusse würde ein Dispositionsfonds des Bundesraths geschaffen werden, der dem Etatsrecht widerspricht. Selbst wenn man die Verwendung des Ueberschusses dem Zwecke nach im Prinzip billigt, wird man doch die Fuese entscheiden müssen, wie die Vertheilung des Ueberschusses erfolgen oll. Der Absatz bildet eine der unglücklichen Improvisationen, an denen die Kommissionsbeschlüsse so reich sind.
Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Graf von Posadowsky:
Meine Herren! Ich glaube, der Herr Abg. Richter geht hier wirk⸗ lich etwas zu weit. Die Fonds, die er im Auge hat und die er als Reptilienfonds glaubte bezeichnen zu dürfen, sind doch solche, deren Zwecke nicht festgelegt sind und deren Verwendung man nicht kennt. Hier handelt es sich um etwas ganz Anderes; hier handelt es sich um einen Fonds, dessen Zweck positiv festgelegt ist, und ich glaube, ich vermag auch diejenigen Herren, die etwa durch die Ausführungen des Herrn Abg. Richter in ihrem etatsmäßigen Gewissen beunruhigt sind, dadurch zu beruhigen, wenn ich erkläre, es liegt nicht das ge⸗ ringste Bedenken vor, alljährlich dem hohen Reichstage, wenn er es verlangt, über die Verwendung des Fonds Auskunft zu geben und Abrechnungen vorzulegen.
Wenn der Herr Abg. Richter beantragt hat, diesen Absatz 3 zu streichen, so würde er damit der Verwendung von Spiritus zu gewerb⸗ lichen Zwecken einen erheblichen Abbruch thun; denn würde uns dieser Fonds nicht zur Hebung des gewerblichen Konsums zur Verfügung stehen, so würden wir zwar einen fiskalischen Vortheil, aber gleich⸗ zeitig auch einen wirthschaftlichen Nachtheil haben, weil dann die Gefahr vorliegt, daß das Quantum, das brennsteuerfrei verwendet
werden kann, sich verringert. Ich bitte deshalb, diesem Antag nicht Statt zu geben.
Abg. Dr. Meyer (fr. Vg.)⸗ Ich gebe zu, daß die V des Fonds im Allgemeinen wohl festgelegt ist, aber nicht der Maßst nach welchem der Fonds unter die einzelnen Interessenten 4 werden soll. Vielleicht läßt sich für die dritte Lesung eine F mulierung finden, welche die Bedenken beseitigt. 88
Abg. Spahn (Zentr.): Ich bin mit dem Vorschlage des Abg. Dr. Mevyer einverstanden und würde mich freuen, wenn bis zur dritten Lesung eine Formulierung gefunden wird. Zunächst werde ich für Absatz 3 stimmen.
Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Graf von Posadowsky:
Ich muß dem Herrn Abg. Dr. Mevyer (Halle) entgegnen, daß ich dazu zu vorsichtig bin, mich auf einen Antrag festzulegen, dessen Formulierung ich nicht gesehen habe. (Sehr gut! rechts.) Ich glaube auch, eine solche Formulierung, selbst wenn man sich mit dem Zweck einverstanden erklären wollte, wird sich schwerlich finden lassen, da die Verhältnisse der Industrie und das Bedürfniß, billigen Spiritus zu verwenden, so verschieden sind, daß die Voraussetzungen, glaube ich, nur vom Standpunkt einer Verwaltungsbehörde beurtheilt, aber nicht legislatorisch festgelegt werden können. (Sehr richtig! rechts.) Wenn aber die Herren gegen diese doch sehr bescheidene Dispositions⸗ befugniß des Bundesraths Bedenken haben, so bemerke ich, daß schon im § 12 der Vorlage gesagt ist: „Bei der Ausfuhr von Trinkbranntweinen aus dem freien Verkehr, sowie von Fabrikaten, zu deren Herstellung Branntwein aus dem freien Verkehr verwendet worden ist, kann nach näherer Bestimmung des Bundes⸗ raths eine Vergütung der Verbrauchsabgabe für die Trinkbrannt⸗ weine und den zu den Fabrikaten verwendeten Branntwein ge⸗ währt werden.“ Also hier ist ja bereits in dem Gesetz eine ganz ähnliche Verfügungsfreiheit dem Bundesrath zugesprochen. Ich bitte, meine Herren, in diesem Falle das Mißtrauen nicht zu weit zu treiben. Ich glaube, wir haben ganz positiv erklärt, was wir wollen; es steht in der Vorlage mit klaren Worten: der Ueberschuß soll zum Besten der Industrie verwendet werden, — und Sie können sich darauf ver⸗ lassen: wir werden von dieser Befugniß einen gerechten Gebrauch zu machen suchen.
Abg. Dr. Pachnicke (fr. Vg.): In der Kommission wurde das
Verlangen gestellt, der Brennsteuerfonds solle nur der Branntwein⸗ industrie zu gute kommen, ja man ging sogar so weit, durch den Fonds Ringbildungen begünstigen zu wollen. Schon auf Grund dieses Pro⸗ jekts muß man die Verwendung festlegen. „Abg. Richter (fr. Volksp.): Die heutige Berathung zeigt, daß über die Folgen des Gesetzes sehr verschiedene Meinungen herrschen. Allerdings ist der Brennsteuerfonds limitiert, aber doch nur im allge⸗ meinen; limitiert ist auch der allgemeine Polizeifonds. Der Bundesrath wird die Verwendung des Fonds wohl versffent⸗ lichen,“ aber wie die Verwendungen einzelnen Personen zu gute kommen werden, das ist die Frage. Es genügt auch nicht, daß ein Nachweis über die Verwendung vorgelegt wird, sondern es ist noth⸗ wendig, gesetzliche Garantien zu schaffen. Die ganze Kontrole ist doch eingeführt zu dem Zwecke, um gegenüber der Ver⸗ waltung Sicherheit zu geben, und dann hat eine Nach⸗ weisung, die die Regierung vorlegt, nicht den Vorzug einer Nachweisung, welche der Rechnungshof geprüft hat. Bei der ganzen Natur des Fonds wird man eine feste Formulierung nicht finden, und deshalb ist die Etatsfestsetzung das Richtige. Wenn etwas zur Etatsbewilligung geeignet ist, so ist es die Verwendung von Summen gemäß dem Ergebniß des Vorjahres. Ich stelle daher den Antrag, einzuschieben hinter „Ueberschuß“: „nach Maßgabe der Fest⸗ setzung des Reichshaushalts⸗Etats“. Die Befürchtung, daß dadurch gewerbliche Zwecke benachtheiligt werden, theile ich nicht, denn der Reichstag begünstigt doch nicht weniger das Gewerbe als die Regierung. In dem Wunsche sind wir doch alle einig, daß die Verwendung von denaturiertem Spiritus größer werden solle als bisher.
Berichterstatter Abg. Gamp (Rp.) bemerkt, daß es sich bei dem Ueberschuß nur um minimale Beträge handeln könne; denn der größte Theil des Ertrags der Brennsteuer werde für die Exvortprämie auf⸗ gewendet werden müssen. Wenn der Antrag Richter angenommen werde, fo bedeute das eine Verzögerung der Vertheilung des Fonds um ein ganzes Jahr.
Der Antrag Richter wird darauf abgelehnt.
Nach dem Vorschlage der Kommission sollen die Be⸗ stimmungen des Gesetzes über die Brennsteuer und die Exportprämien am 30. September 1903 wieder außer Kraft treten.
Abg. Müller⸗Fulda (Zentr.) beantragt, dafür zu setzen: am 3005 dea sn Sume (8 — 3
Abg. Müller (Zentr.) begründet diesen Antrag mit der Be⸗ fürchtung, daß bei einer zu langen Dauer des Gesetzes sich Folgen einstellen könnten, die sich noch nicht übersehen ließen.
Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Graf von Posadowsky:
Meine Herren! Mir scheint die Annahme des Antrags Müller (Fulda) sehr bedenklich, und geradezu geeignet, die Wirkung, die mit der Exportprämie erreicht werden soll, zu paralysieren. Was wollen wir mit der Exportprämie? Wir wollen uns durch die Exportprämie wieder feste Beziehungen für unseren Export in Auslande sichern. Solche Beziehungen können aber meist erst nach jahrelangen Bemühungen angeknüpft und gesichert werden. Diejenigen Abnehmer im Auslande, die in Zukunft etwa deutschen Spiritus beziehen wollen, müssen auch sicher sein, daß in den Preisverhältnissen des deutschen Spiritus und den Bedingungen, unter denen er exportiert werden kann, eine gewisse Stetigkeit besteht; anderenfalls würden wahrscheinlich die ausländischen Abnehmer große Bedenken haben, solche neue Verbindungen einzugehen. Würden Sie nun den Antrag Müller (Fulda) annehmen, so würde eigentlich die Bestimmung über die Exportprämie nur eine Gültigkeit von zwei Jahren haben; denn nach den Beschlüssen der Kommission sollte im dritten Jahr schon wieder eine Beschränkung der Gewährung von Exportprämien eintreten. Meine Herren, eine solche Gewährung von Exportprämien, die nur für iwei Jahre im Gesetz festgelegt ist, kann vielleicht der Spekulation sebr dienstbar sein, aber der Landwirthschaft, die sich darauf einrichten will, nicht. Die verbündeten Regierungen haben den Beschlüssen der Kommission, diese ganze Einrichtung der Brennsteuer gesetzlich einen bestimmten Zeitraum festzulegen, nicht widersprochen. Wenn seitens der Kommission der Zeitraum bis 1903 festgelegt ist, so war hierfür bestimmend, daß die nächste Neukontingentierung 1898 statt⸗ findet und dann die Vorschriften über die Brennsteuer ferner die ganie nächste fünffährige Kontingentierungsperiode hindurch aufrecht erhalten werden foll. Ich habe diese in der Kommission beliebte Normierung der Zeitbestimmung für eine praktische gehalten und die ver Regierungen haben, wie gesagt, Einspruch dagegen nicht Würde man — das ist aber mehr Geschmacksache — die Frist bga 1 oder 2 Jahre kürzen, so würde sich dagegen auch nichts cinmenden lassen; aber eine Kürzung auf thatsächlich nur 2 Jahre würde der
solche
Zweck, uns wieder ein festes Exportverhältniß zum Ausland zu sichern, kaum erreichen. Abg. Dr. Lieber (Zentr.) stellt infolge dieser Erklärung den Kompromißantrag, als Endtermin den 30. September 1901 zusetzen. 8r Fe Graf von Mirbach (dkons.): Im Namen meiner raktionsgenossen kann ich erklären, daß uns der Antrag des Abg. Faltir⸗ ulda vollständig unannehmbar erscheint. Würde er ange⸗ nommen, so müßten wir gegen die ganze Vorlage stimmen. Was den Antrag des Abg. Dr. Lieber betrifft so habe ich in Bezug auf ihn keine Direktive erhalten, glaube aber, ihm zustimmen zu können. Die Entscheidung bleibt indessen in den Händen der verbündeten Regierungen. 18 Abg. Dr. von Bennigsen (nl.) meint, wesentliche Bedenken lägen gegen den Antrag Lieber nicht vor. z Holtz (Rp.): Auch meine Henfülcen Freunde halten den Antrag Müller für unannehmbar; wir haben ebenso gegen den Antrag Lieber Bedenken, drängen sie aber zurück, um das Scheitern des Ge⸗
setzes zu verhindern. Abg. Dr. von Komierowski (Pole) schließt sich dem an. Abg. Richter (fr. Volksp.): Es ist ein tiefgreifender Unter⸗ schied zwischen einer Normierung auf drei oder auf sechs Jahre. Zu der Brennsteuer und den erhöhten Ausfuhrprämien ist man einzig und allein auf Grund der gegenwärtig niedrigen Spirituspreise gekommen. Diese Preise haben ihre Ursache in der günstigen Kartoffelernte von 1893. Die Herren haben um so mehr Veranlassung gehabt, von der reichen Kartoffelernte Gebrauch zu machen, als gleichzeitig Futternoth vorhanden war und sie die Schlempe als Futtermittel brauchten. Aus dem Jahre 1893/94 datiert also die Ueberproduktion, der Rückgang der Preise, die Höhe der Bestände. Im Jahre 1894/95 hat die Produktion abgenommen, und es würden schon normale Verhältnisse eingetreten sein, wenn nicht dies Steuer⸗ projekt dazwischen gekommen wäre und man nicht darauf spekuliert hätte. Das Plus an Spiritus über den normalen Bestand ist von Monat zu Monat zurückgegangen und beträgt in diesem Augenblick nur 170 000 hl mehr als vor drei Jahren. Wie der Reichs⸗Schatz⸗ sekretär selbst wiederholt gesagt hat, handelt es sich darum, das Plus, welches auf die Preise drückt, fortzuschaffen durch erhöhte Aus⸗ fuhrprämien. Dieser Zweck wird vollkommen erreicht durch Aus⸗ fuhrprämien auf drei Jahre, ja sogar auf kürzere Frist. Im Jahre 1887 hat man eine Ausfuhrprämie für wenige Monate . n. Alles das, was zu der Ausarbeitung der Vorlage Anlaß gegeben hat, die abnormen Verhältnisse, die ungünstige Konjunktur des Marktes, hervorgerufen durch die Ernteverhältnisse, wird fortgeschafft durch eine Ausfuhrprämie auf drei Jahre. Nehmen Sie eine sechsjährige Frist an, so bewirken Sie damit, daß man sich allgemein auf die Dauer dieser Ausfuhrprämien einrichtet, und daß man dann nach Ablauf dieser Frist eine weitere Prolongation auf sechs Jahre verlangt. Wer solche abnormen Zustände verhindern will, der hüte sich, eine über den Antrag Müller hinausgehende Frist zu bewilligen.
Abg. von Kardorff (Rp.): Die Börse hat ein großes Speku⸗ lationsinteresse an einer kurzen Gültigkeitsdauer. Der Abg. Richter geht von ganz falschen Voraussetzungen aus. Wenn er die Ursache der Preiserniedrigung in der großen Kartoffelernte von 1893 erblickt, so weiß er wohl nicht, daß die Preise schon vorher z. B. im Jahre 1891 ebenso niedrige waren. Wenn er ferner glaubt, daß der Ueberproduktion
in so kurzer Frist abgeholfen werden könne, so irrt er sich gleichfalls. Der Export kann bei der jetzigen Konjunktur nur ein sehr geringer sein. ohin sollten auch die großen Vorräthe abfließen? Deshalb erscheint mir mindestens eine sechsjährige Frist erforderlich. Außer⸗ dem würde eine kürzere Frist die Spekulation begünstigen. Ich werde dem Antrag Lieber zustimmen. 1 8 Abg Spahn (Zentr.): Um die Befürchtung, daß es nach sechs Jahren schwer sein dürfte, zum jetzigen Zustand zurückzukehren, zu be⸗ seitigen, könnte es ja hier ausdrücklich noch hervorgehoben werden, daß das Gesetz nur ein vorübergehendes sein soll. Auch ich stimme dem Antrage Lieber zu.
Abg. Richter (fr. Volksp.): Das gesammte Ueberproduktions⸗
quantum beträgt im Ganzen nur 8 % der Jahresproduktion. Wenn es mit Hilfe des Gesetzes nicht gelingt, dieses in höchstens drei Jahren zu beseitigen, so taugt das ganze Gesetz nichts. Wenn die Herren aber efahr einer Börsenspekulation reden, dann müßten Sie das
ganze Gesetz ablehnen; ob die Exportprämie auf drei oder auf sechs Jahre festgesetzt wird, bleibt sich vollkommen gleich — die Spekulation wird doch nicht ausbleiben. Man kann bei einem Justizgesetz sagen, daß es nur ein vorübergehendes sein soll, aber nicht bei einem wirth⸗ schaftlichen, denn dieses bedingt Veränderungen in den Einrichtungen
. s. w., die sich nicht wieder so leicht zum Früheren zurückführen
assen. 8 Abg. von Kardorff (Rp.) weist darauf hin, daß der Rückgang des Erxports auch von Börsenmaklern offiziell anerkannt worden ist. öAöAbg. Singer (Soz.): Es macht einen wunderbaren Eindruck, ß. die Rechte der Linken Förderung von Börsenspekulationen vor⸗ wirft, während sie selbst der Spekulation nicht abhold ist. So hat die „Kreuz⸗Zeitung“ mir den Vorwurf gemacht, daß ich beim Bierboykott Spekulationsinteressen verfolgt hätte. Wie kann die Rechte uns Vorwürfe machen, da sie selbst 1. außerordentlich zugänglich ist! Und gerade die „Kreuz⸗Zeitung“, die mir jenen Vorwurf gemacht hat, ist ganz besonders dafür zugänglich. Bei diesem Artikel stehen in der That Börsenspekulationen in Frage, die der Reichstag verhindern sollte. e „Kreuz⸗Zeitung“ hat am 11. Februar d. J. den Vorschlägen der Firma Guttmann ein Loblied gesungen. Aber sie hat dabei ein schlechtes Gedächtniß gehabt. Es ist nämlich eine eigenthümliche Er⸗ cheinung, daß vor drei Jahren dieselbe „Kreuz⸗Zeitung“ diese Firma angegriffen und ihr dabei Vorwürfe gemacht, daß sie Sachen begangen hat, die mnan zwar nicht im bürgerlichen Leben belangen kann, mit denen sie aber mit dem Aermel das Zuchthaus gestreift hat. Man behauptet sogar, daß die Firma durch Zusatz von heißem
den Spekulanten
Wasser zum Speritus ihr Vermögen erworben hat.
8 Abg. Freiherr von Hammerstein (d. kons.): Die „Kreuz⸗Zeitung⸗ hier in 8 üutz zu nehmen, ist eigentlich nicht meine Aufgabe, weil 2 hier nicht Chef⸗ edakteur der „Kreuz⸗Zeitung“, sondern Abgeordneter bin. Es ist richtig, daß die „Kreuz⸗Zeitung’ dem Abg. Singer den Vorwurf gemacht hat, daß er beim Bierboykott gewissen Manipu⸗ lationen dienstbar gewesen ist, um der Parteikasse der Sozialdemo⸗ kratie Gelder zugänglich zu machen. Diese Behauptung ist aber außerhalb der Redefreiheit des Hauses gemacht worden. Es hat also dem Abg. Singer freigestanden, vor Gericht sein Recht zu suchen. Ich kann den Abgg. Singer und Richter nur rathen, diese Ver⸗ leumdungen — ihre Behauptungen außerhalb des Henfe⸗ zu wieder⸗ Rüleni⸗ o lange das nicht der Fall ist, nehme ich darauf keine ücksicht. . 2 5 Abg. Graf von Mirbach (dkons.): Die Diskussion über die Kerut Feitung⸗ dürfte nun wohl abgeschlossen sein. Ich will aber dem bg. Singer gegenüber betonen, daß die Freunde der Vorlage an der Börse hier fern geblieben sind, während die Gegner der Vorlage den Reichstag überschwemmt haben. 8 bg. Singer (Soz.): Ich kann schon deswegen auf den Vor⸗ schlag des Abg. Freiherrn von Hammerstein nicht eingehen, weil nach seinem letzten Verhalten in Bezug auf die „Kleine Presse“ jede Garantie dafür fehlt, daß er die außerhalb des Hauses gegen ihn vorgebrachten Dinge der Klage für werth hält. Abg. Richter (fr. Volksp.): Was der Abg. Freiherr von Hammer⸗ stein als Verleumdunz bezeichnet, ist genau dasselbe, was die „Zeit⸗ chrift für Spiritusindustrie“ und die „Freisinnige Zeitung“ schon vor onaten ausgeführt haben, ohne daß sich die „Kreuz⸗Zeitung“ veran⸗ laßt e 8 eine Klage zu erheben. . bg. Freiherr von Hammerstein (dkons.): Ich stelle zunächst fest, daß die Klage gegen die Kleine Presse“ eingeleitet ist. Zweitens, daß die „Spirituszeitung“ nach der Richtigstellung durch die „Kreuz⸗ Zeitung⸗ ihre Ausführungen revoziert hat. Daß die „Freis. anders handelt, bin ich gewöhnt.
Abg. Richter (fr. Volksp.): Was der Abg. Freiherr von Hammer⸗ stein Revokation nennt, wurde allseitig in der Presse als Bestätigung der schärfsten Art aufgefaßt. Wenn man die Artikel der „Kreuz⸗ Zeitung“ verfolgt, so steht außer Frage, daß hier ein Zusammenspiel zwischen ihr und der Firma Guttmann zur Beeinflussung der Gesetz⸗ gebung stattgefunden hat. 88
Abg. Freiherr von VWeageiken (d. kons.): Wenn ich gegen die „Freisinnige Zeitung“ nicht gerichtlich eingeschritten bin, so liegt dies daran, daß der Abg. Richter diese Zeitung nicht als verantwortlicher Redakteur zeichnet und es sich für mich nicht lohnt, gegen irgend einen Sitzredakteur vorzugehen. Wenn der Abg. Richter bereit wäre, seine Behauptungen außerhalb des Hauses zu wiederholen, so würde ich es an einer gerichtlichen Klage nicht fehlen laßeen.
Abg. Richter (fr. Volksp.): Es kommt hier garnicht auf eine Person oder auf eine persönliche Sühne an, sondern auf die Fest⸗ stellung des Thatbestandes. 8
Abg. Gamp (Rp.): Die Aeußerun es Abg. Singer ent⸗ halten schwerwiegende Beleidigungen auch gegen die Kommissions⸗ mitglieder und damit speziell gegen mich. Ich kann nur erklären, daß ich mich durch keinerlei Spekulationsinteressen bei meinen Er⸗ wägungen habe leiten lassen, und erwarte daher die Zurücknahme von seiten des Abg. Singer. 8
Die Diskussion wird geschlossen.
In persönlicher Bemerkung erwidert Abg. Singer (Soz.): Ich habe bei meiner Aeußerung keine Person im Auge gehabt. Das was der Abg. Gamp erklärt, genügt mir, um von der Wahrheit dessen, was er sagt, überzeugt zu sein; aber ich muß dabei beharren, daß die Kommissionsberathungen von den Speku⸗ lationsinteressen beeinflußt worden sind.
Abg. Gamp (Rp.): Ich kann letzteres im Rahmen der persön⸗ lichen erkung nicht zurückweisen, es wird indessen bei der Be⸗ rathung des näͤchsten Paragraphen darauf zurückgekommen werden. Ich freue mich aber, daß der Abg. Singer die schwere Beleidigung zurückgenommen hat. e2
Präsident Freiherr von Buol: Ich habe aus dem Stenogramm festgestellt, daß der Abg. Freiherr von Hammerstein von „Verleum⸗ dungen“ gesprochen hat, an denen der Abg. Richter sich betheiligt habe. Ich darf eine solche Aeußerung gegenüber einem Mitglied des Hauses nicht dulden und rufe deswegen den Abg. Freiherrn von
merstein zur Ordnung.
Die namentliche Abstimmung über den Antrag des Abg. Müller⸗Fulda ergiebt die Ablehnung desselben mtt 154 gegen 97 Stimmen. Mit großer Mehrheit wird der Antrag des Abg. Lieber angenommen.
Die Kommission hat einen Art. IIa eingeschaltet, der den Bundesrath ermächtigt, die Steuervergütung schon dann zu gewähren, wenn Branntwein mit der Bestimmung zu späterer Ausfuhr zu einem steuerfreien Lager abgefertigt wird. 8
Es liegen drei Anträge auf Strelchung dieses Artikels vor, und zwar 1) von den Abgg. Gamp, Holtz (Rp.), Graf von Mirbach (d. kons.), Müller⸗Fulda (Zentr.), Dr. Paasche und Genossen (nl.), 2) vom Abg. Fischbeck (fr. Volksp.), 3) von den Abgg. Zimmermann und Genossen (d. Refp.).
Abg. Dr. Meyer⸗Halle (fr. Vg.): Der Artikel wird ja zweifel⸗ los gestrichen, aber ich halte es doch für nothwendig, festzustellen, daß eine solche Bestimmung von der Kommission unter Zustimmung des Regierungsvertreters hat angenommen werden können. Das ist ein Mißgriff schlimmster Art; denn diese Bestimmung würde den Jobbern ein Mittel an die Hand geben, die Preise künstlich zu steigern und zu drücken.
Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Graf von Posadowsky:
Meine Herren! Der Herr Abg. Mevyer hat wirklich eine Leichen⸗ rede gehalten (Heiterkeit und Sehr gut! rechts); denn er hat über einen Paragraphen gesprochen, der meines Erachtens bereits längst todt ist. (Sehr richtig! rechts.) Aber ich will doch eine Bemerkung aus der Rede des Herrn Abg. Meyer aufgreifen. Er sagte, er wunderte sich, daß ein Kommissarius der Regierung zu einem solchen Paragraphen seine Zustimmung gegeben habe. Das ist sehr einfach. Es war ja kein zwingender Paragraph, sondern eine Fakultas, die uns gegeben wurde, und die konnten wir zunächst ruhig an⸗ nehmen; diese Fakultas hätten wir im Interesse einzelner Industrien auch ganz gut benutzen können; denn es giebt gewisse Export⸗ industrien, wie die Liqueurfabriken, die Chokoladefabrikation, denen wir auf diesem Wege Förderung angedeihen lassen konnten. Aber darauf hätten sich die Herren verlassen können: insoweit sich an diesen Paragraphen eine Spekulation angeknüpft hätte — ich erkenne voll⸗ kommen an, daß dies in hohem Grade möglich gewesen wäre —, hätten wir von diesem Paragraphen keinen Gebrauch gemacht. Wir wollten von diesem Paragraphen keinen Gebrauch machen im Inter⸗ esse zweifelhafter Spekulationen, sondern lediglich für die pro⸗ duktiven Erwerbszweige. (Bravo! rechts.)
Abg. Zimmermann (d. Refp.): Die Einschaltung dieser Be⸗ stimmung ist jedenfalls charakteristisch für den Geist der Vorlage; sie zeigt, daß im Grunde dabei ganz andere Interessen eine Rolle spielen als die der Landwirthschaft, wenigstens die der kleinen und mittleren Landwirthe. Den Hoffnungen, welche die Vorlage bei diesen erweckt hat, wird bald die Ernüchterung folgen. Allein die Spekulation wird den Nutzen davon haben, die im Sommer die Preise treiben und im Winter herabdrücken wird. Die Mehrzahl meiner Freunde wird auch nach Streichung dieses Artikels gegen das Gesetz stimmen.
Abg. Holtz (Rp.): Die Worte des Abg. Singer sind von mehreren Seiten so aufgefaßt worden, als habe er der Kommission den Vorwurf gemacht, den Einflüsterungen von Börseninteressenten ihr Ohr geliehen zu haben. Wenn dies der Sinn seiner Worte war, so weise ich diese Beschuldigung als Vorsitzender der Kommission mit aller Entrüstung zurück. Der Abg. Gamp hat den Antrag seiner Zeit eingebracht in dem guten Glauben, daß er für den Export von wesent⸗ lichem Nutzen sein würde. Von keiner Seite wurde ein wesentlicher Einspruch dagegen erhoben. Nachdem wir uns inzwischen überzeugt haben, daß die Wirkung nicht eine solche sein würde, wie wir eglaubt haben, beantragen wir, die Bestimmung wieder zu streichen. Wie bei dieser Sachlage gegen die Kommission ein Vorwurf erhoben werden kann, ist mir unverständlich. .
Abg. von Kardorff (Rp.): Ich muß anerkennen, nachdem mir der stenographische Bericht zuge anger ist, daß aus meinen Worten geschlossen werden konnte, als ob ich der freisinnigen Partei den Vor⸗ wurf machen wollte, daß sie speziell Börseninteressen vertrete. Dieser Vorwurf hat mir durchaus fern gelegen, ich habe sie nur als Gegnerin der landwirthschaftlichen Interessen bezeichnen wollen. 1
Abg. Dr. Meyer⸗Halle (fr. Vg.): Der Reichs⸗Schatzsekretär sagt, ich hätte eine Leichenrede gehalten. Ich kann den Tadel nicht annehmen. “ zu Hate Sö Umständen nützlich. Ich habe es in diesem Fall aber nicht gethan. E 3
Abg. Dr. Pachnicke fr. Vg.): Es ist selbstverständlich, daß die Versicherung des Abg. Gamp für seine Person zutrifft, aber es scheint den Herren nicht bekannt zu sein, daß die mehrfach genannte Firma einen ähnlichen Antrag beim Berliner Aeltesten⸗Kollegium
estellt hat, von dem er einstimmig abgelehnt worden ist. Sie ging soar so weit, zu verlangen, daß der Händler den Spiritus nicht zu exportieren brauchte, sondern einfach die Steuer zurückzahlen könnte.
Abg. Graf zu Stolberg (d. kons.): Ich habe schon in der Kommission erklärt, daß der Antrag mir einen Haken zu haben scheine. Ich behielt mir aber vor, die Sache bis zur Plenarberathung noch einmal
zu überlegen. Inzwischen haben wir uns überzeugt, daß der Vor⸗ schlag nicht zweckmäßig ist, und die Mehrheit der Kommissien erklärt
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sin. ben. c * hiernach, daß man die Sache mehr aufbauscht, tigt ist. Abg. Gamp (Rp.): § 68 des Zuckersteuergesetzes enthält die Bestimmung, daß für Zucker, wenn er in eine steuerfreie Niederl⸗ ebracht wird, die Verbrauchsabgabe zurückerstattet wird und die iedereinführung in den freien Verkehr unter Rückerstattung der Verbrauchsabgabe zulässig ist. Diese Bestimmung hat keine Be⸗ anstandung erfahren. „, auf anderen Gebieten besteht dieselbe Einrichtung, z. B. beim Getreide. Ich persönlich glaubte, mit der Einbringung meines Antrags ein verdienstliches Werk im Interesse des Handels und der Industrie zu thun. Daß die Streichung des Antrags Schädigungen bringen wird, hat der Staatssekretär dargelegt. Die Schädigungen werden Sie auf Ihr Konto nehmen müssen. Es ist volkswirthschaftlich garnicht zu rechtfertigen, einen Artikel, der lediglich für die Zwecke des inländischen Konsums belastet wird, auch dann zu belasten, wenn er exportiert werden soll. Diese Bestimmung war also in Uebereinstimmung mit einer Reihe von Gesetzen durchaus rationell und sachgemäß. Ich erkläre offen, daß ich durch den Abg. Fischbeck belebrt worden bin, der ausführte, daß man rektifizierten Spiritus nicht in eisernen Bassins lagern könne, und diese Bestimmung daher nicht den inländischen, sondern den aus⸗ ländischen Interessenten zu gute kommen würde. Dieses Moment war mir und auch den anderen Herren in der Kommission unbekannt. Das ist auch der Grund, weshalb die Mehrzahl meiner Freunde und ich diese Bestimmung wieder fallen lassen.
Es wird darauf einstimmig beschlossen, den Artikel zu streichen. b
Die Kommission hat ferner einen neuen Artikel IIb ein⸗ efügt, wonach der Bundesrath ermächtigt werden soll, den Keeha mit denaturiertem Spiritus abweichend von den Vorschriften des § 33 der Gewerbeordnung zu regeln und Bestimmungen zu treffen, daß beim Kleinhandel mit dena⸗ turiertem oder undenaturiertem Spiritus die Alkoholstärke des abzugebenden Spiritus durch Aushang an der Verkaufsstelle dem Publikum ersichtlich zu machen ist. 8
Abg. Richter (fr. Volksp.): Es liegt gar kein Interesse vor, die Verwendung des denaturierten Spiritus zu erschweren. Im Gegen⸗ theil, hier ist ein natürlicher Weg zur Vermehrung des Absatzes gegeben. Verwunderlich ist es, daß das im Wege der Ermächtigung eschehen soll. Man sollte einfach erklären, daß auf den Klein⸗ handek mit denaturiertem Spiritus die Vorschriften des § 33 der Gewerbeordnung keine Anwendung finden. Ich fürchte auch eine ganz willkürliche Anwendung, wenn es in das diskretionäre Ermessen der Ortspolizeibehörde gelegt wird, inwieweit sie die Konzession zum Kleinbetrieb mit Spiritus gestatten will; es kann dann eine will⸗ kürliche Handhabung der Verlängerung oder Verkürzung der Polizei⸗ stunde die Folge sein. Es sind jedenfalls nicht in größerem Maß⸗ stab Uebelstände infolge Täuschung über die Alkoholstärke des de⸗ naturierten Spiritus zu Tage getreten; sollte das aber wirklich der Fall sein, so liegt doch kein Grund vor für diese Beschränkung und
elästigung des Kleinhandels. “ — “ . Buol: Das Wort wird nicht weiter gewünscht.
bg. Richter (fr. Volksp.): Ja, ich hätte erwartet, daß man diese sachlichen Ausführungen irgendwie zu widerlegen versucht. Ich beantrage also, in diesem Artikel einfach den § 33 der Gewerbe⸗ ordnung auf den Kleinhandel mit Spiritus außer Anwendung zu
bringen. 8 . 12v Abg. Gamp (Rp.) bemerkt, daß der Antrag Richter den
Verkauf von denaturiertem Spiritus vollkommen freigeben würde, was große Bedenken habe. . “ Antrag Richter wird abgelehnt, der Artikel
nverändert angenommen. 3 Nach dem gcommisstonsvorschlag (Art. III) soll § 3 des Art. II (Ausfuhrprämie) am 1. Oktober, im übrigen aber das Gesetz am 1. Juni d. J. in Kraft treten.
Die Abgg. Gamp. und Gen. beantragen, allgemein den 1. Juli, Abg. Fischbeck, allgemein den 1. Oktober als Termin für das Irraztnreken des Gesetzes zu bestimmen.
Abg. Fischbeck (fr. Volksp.) fragt an, ob, falls die Brennsteuer schon am 1. Juli erhoben werden sollte, das Quantum, welches in den Monaten Juli bis Oktober gebrannt werde, mit dem vollen Satz von 6 ℳ besteuert werden würde.
Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Graf von Posadowsky:
Ich will die Anfrage, die der Herr Abg. Fischbeck an die Regierung gerichtet hat, sofort beantworten. Wenn der Herr Abgeordnete die Güte haben wollte, den Art. II § 1 anzusehen, so würde er finden, daß es dort heißt:
Neben den bestehenden Branntweinsteuern wird in denjenigen Brennereien, welche in einem Jahre mehr als 300 hl reinen Alkohols erzeugen,
u. s. w. In Absatz a heißt es dann: „während des ganzen Be⸗
triebsjahres“; in Abs. 6 ist gleichfalls vom Betriebsjahre
die Rede. Es kann deshalb gar kein Zweifel, meines Erachtens, nach
der juristischen Interpretation dieses Paragraphen, kein Zweifel darüber sein, daß das Quantum, was jetzt in der Zeit vom 1. Juli bis 1. Oktober erzeugt wird, der vollen Branntweinsteuer unterliegt, welche sich ergeben
würde, wenn man die Gesammtproduktion diesen Staffeln sub⸗ summiert. Ich glaube, das ist erstens juristisch korrekt und zweitens sachlich gerecht. Es ist unzweifelhaft, daß die Folgen dieses Gesetzes zum theil in dem Preise bereits eskomptiert sind, da der Spiritus seit Frühjahr um etwa 5 ℳ gestiegen ist. Die⸗ jenigen also, die jetzt Spiritus gebrannt haben und nach der Gültigkeit dieses Gesetzes zum Verkauf bringen, genießen auch bereits die Exportprämie sowie die Preissteigerung, die aus dem Gesetz folgt; sie können deshalb auch ganz gerechter Weise die erhöhte Brennsteuer tragen. Wollte man aber einer anderen Interpretation folgen, so würde nichts übrig bleiben, wie das Gesetz am 1. Oktober in Kraft treten zu lassen; denn wenn nur der vierte Theil des Normalsatzes der Brennsteuer erhoben werden sollte, d. h. wenn man berechnete, wieviel hätte von der gesammten Produktion in diesem Betriebsjahre 1894/95 nach der betreffenden Steuer⸗ staffel im Ganzen an Brennsteuer gezahlt werden müssen, und wenn man in Rücksicht darauf, daß das Gesetz nur drei Monate in diesem Betriebsjahr, d. h. vom 1. Juli bis 30. September, Gültigkeit hat, von dem errechneten Gesamm
betrag der Brennsteuer, die auf ein Hektoliter der ganzen Produktion entfallen würde, nur ein Viertel erhöbe, so würde der Satz der Brenn⸗ steuer vom 1. Juli bis 30. September viel zu minimal sein und geradezu zu einer ganz außerordentlich starken Ueberproduktion von den Brennereien, die jetzt überhaupt produzieren können, benutz
werden; damit aber wäre der Hauptzweck des Gesetzes, die Preise zu heben, für die nächste Kampagne vollkommen verloren, denn es würden sich so große Vorräthe für die neue Kampagne ansammeln, daß dieselben geeignet wären, die Preise wesentlich wieder herab⸗ zudrücken.
Ganz anders würde die Sache liegen, wenn man die Regierungs⸗ vorlage angenommen hätte, die Brennsteuer vom 1. Juli in Kraf setzte, indem man vielleicht dem Gedanken folgte, pro 1. Juli bis
1. September nur den vierten Theil der Brennsteuer zu erheben, un