In Bremen hat am 25. d. M. die erste scenische Aufführung der geistlichen Oper „Christus“ von Anton Rubinstein statt⸗ wie aus Bremen geschrieben wird,
sich derselbe nicht
gefunden. Der Erfolg ließ, alle Erwartungen weit simtet sich. Zwar bekundete in donnerndem Applaus oder in ungezählten Hervorrufen, sondern in feierlicher Stimmung hörte man das Werk an, und nur an der be⸗ wegten Haltung des Auditoriums vermochte man den tiefen Ein⸗ druck zu erkennen, den die Vorgänge auf der Bühne hervor⸗ riefen. Das Stadt⸗Theater war zu einem würdigen Fest⸗ hause verwandelt, wie es Rubinstein gewünscht hatte; mit dunklem Tuch waren alle hellen Stellen der Dekoration des Raums verdeckt. Umsomehr wirkten die prächtigen Dekorationen der Scenerien und die mit vieler Sorgfalt vorbereiteten Kostüme. Die Schön⸗ heiten der Musik kamen überall zu bester Geltung; der von Heinrich Bulthaupt verfaßte Text prägte sich, getragen von Rubinstein's Tönen, dem Hörer tief ein, und beide, ver⸗ einigt mit dem scenischen und dekorativen Apparat, brachten das Werk zu großartiger Wirkung. Die Aufführung stand unter der Leitung des Herrn Dr. Muck vom Königlichen Opernhause in Berlin, der mit Energie und Temperament die großen Schwierigkeiten be⸗ wältigte und die gewaltigen Chormassen mit sicherer Hand zu führen wußte. Bulthaupt selbst hat die größten Verdienste um die Regie⸗ führung, indem er die große Schaar von Dilettanten (350) zu solcher künstlerischen Höhe der Darstellung brachte. Die Solisten, mit ge⸗ schickter Hand von dem Leiter des Unternehmens, Direttor Dr. Loewe aus Breslau ausgewählt, erfüllten ihre Aufgabe mit großer Sicherheit, allen voran Herr von zur Mühlen aus Berlin, der den „Christus“ sang. Höhepunkte des Werkes, sowohl in musikalischer wie in darstellerischer Beziehung, waren: die heilige Nacht, die Bergpredigt mit den Wundern der Speisung der Fünftausend und der Auf⸗ erweckung des Jünglings zu Nain, der Triumphzug Christi nach Zion, das Abendmahl und Gethsemane. Der äußere Erfolg des Unter⸗ nehmens wird immer sichtbarer in den sich mehrenden Anmeldungen für die nächsten Vorstellungen. Außer gestern sind weitere Spieltage angesetzt für den 28., 30., 31. Mai, den 3., 4., 6., 8. und 9. Juni.
Mannigfaltiges.
Dier Umstand, daß noch nach dem für die Anmeldung von Aus⸗ stellern festgesetzten Zeitpunkt immer neue und beachtenswerthe Meldungen in großer Zahl einlaufen, hat die Leitung der Berliner Gewerbe⸗Ausstellung 1896 in die erfreuliche Nothwendigkeit versetzt, die ursprünglichen Baupläne zu erweitern und demgemäß wesentlich zu ändern. Das Hauptausstellungsgebäude, für das an⸗
nglich ein Flächenraum von 40 000 qm in Aussicht genommen war, wird 53 000 qm bedecken, und dabei mußte noch ein
heil der Gruppen, deren Unterbringung anfänglich im Hauptausstellungsgebäude beabsichtigt war, in eigene Gebäude verlegt werden. Nach der jetzigen Vertheilung entfallen im Hauptgebäude in runden Zahlen auf die Textilindustrie 2100 qm, Bekleidungsindustrie 6300 qm, Bau⸗ und Ingenieurwesen 4000 qm, Holzindustrie 5000 qm, Porzellan⸗ und Glaswaaren 1100 qm, Kurz⸗ und Galanteriewaaren 2800 qm, Metallindustrie 7600 qm, graphische und dekorative Künste und Buchgewerbe 1200 qm, Mustkinstrumente 1900 am, Leder⸗ und Kautschuk⸗Industrie 1200 qm, Papierindustrie 2800 qm, Maschinenbau und Elektrotechnik 10100 qam. Der Ehrensaal für die kunstgewerblichen Erzeugnisse, in welchem auch die von Seiner Majestät dem Kaiser und König zur Ver⸗ fügung gestellten Kunstschätze Aufstellung finden werden, umfaßt einen Raum von über 4000 am. Ihm schließen sich die Räume für die Ausstellung der Königlichen Porzellanmanufaktur an. In der großen Rotunde des Hauptausstellungsgebäudes finden Unterkunft das Post⸗, Telegraphen⸗ und Telephonamt, das offizielle Verkehrsbureau der Aus⸗ stellung, die Wechselstube, das Nachrichtenbureau „Argus“, die Aus⸗ kunftei Schimmelpfeng, die Lesehalle der Ausstellung sowie ein weiter Raum, der für die Zwecke der Presse her⸗ gerichtet werden soll. An weiteren selbständigen Baulichkeiten werden errichtet: das Gebäude für Chemie, wissenschaftliche Instrumente und Photographie mit einem Flächenraum von 5200 qm, das Gebäude für Fischerei, Sport, Nahrungs⸗ und Genuß⸗ mittel mit 6500 qm, das Gebäude für Unterricht und Erziehung und für Wohlfahrtseinrichtungen mit 4500 qm, das Gebäude der Gas⸗ und Wasserfachmänner mit 1000 am. Dem Pavillon der Stadt Berlin ist ein Raum von 2500 qm in bevorzugter Lage zugewiesen. Die Gartenbaugruppe erfordert 40 000 qm theils offene, theils ge⸗ deckte Fläche; hervorragende Aussteller haben ihre Anpflanzungen zu⸗ meist schon beendet. In den Gruppenvorständen werden jetzt die Spezialpläne für die Unterbringung und Anordnung der ange⸗ meldeten Gegenstände ausgearbeitet. Die spezialisierten An⸗ meldungen der Aussteller, die hierfür die Grundlage bilden, legen Zeugniß ab für das Bestreben jedes Einzelnen, das Beste seiner Industrie zu bieten. Die deutsche Kolonial⸗Ausstellung, für die vom Reich 50 000 ℳ bewilligt worden sind, nimmt eine Fläche von
40 000 qm in v” ebensoviel die Abtheilung „Alt⸗Berlin“. Das Verwaltungsgebäude der Ausstellung soll noch vor Jahreswende seiner Bestimmung übergeben werden. Durch den Abschluß fast sämmt⸗ licher Pachtverträge ist für die Finanzverhältnisse eine übersichtliche Grundlage geschaffen. Den Pächtern werden die ihnen zustehenden Flächen fest angewiesen, sodaß sie ihre Bauten bereits in Angriff nehmen können. Für das „goldene Buch der Stadt Berlin“, das die Namen der Besucher der Ausstellung enthalten und nach Schluß der Ausstellung der Magistratsbibliothek gehören soll, ist die Ein⸗ richtung besonderer Räume am Eingang des Hauptausstellungs⸗ gebäudes in würdiger Ausstattung in Aussicht genommen. Zur Zeit ist ein engerer Wettbewerb für den künstleris Entwurf des Diploms ausgeschrieben. Eine von dem geschäftsführenden Ausschuß eingesetzte Wege⸗ und Verkehrskommission hat mit den esellschaften und Unternehmern in Verbindung gesetzt, die den Betrieb einer elektrischen Stufenbahn, Untergrundbahn u. . w. beabsichtigen und zum Bau von elektrischen Hoch⸗ und Niveaubahnen nach der Ausstellung Vorschläge an zuständiger Stelle eingereicht haben. Ebenso wird diese Kommission ihre Fürsorge auf die ausreichende Ausgestaltung der bereits vorgesehenen Verkehrsmittel für den Wasser⸗ weg nach der Ausstellung erstrecken. Eine Verkehrskarte mit Fahrplan wird von der Kommission herausgegeben werden.
Die Aquarien⸗ und Terrarien⸗Ausstellung des Ver⸗ eins „Triton“ im Belvedere an der Jannowitzbrücke, welche gestern geschlossen werden sollte, ist bis einschließlich Donnerstag verlängert worden, weil noch eine große Sendung lebender Reptilien, Amphibien und Fische eingetroffen ist. Unter den neueingegangenen Reptilien be⸗ finden sich die hier noch nie lebend gezeigte Spelerpes rubra, sowie die Amphibien Triton Blasii und Pleurodeles Weltlii, deren Lebensweise noch unerforscht ist.
Königsberg i. Pr., 26. Mai. Die Nord⸗Ostdeutsche Gewerbe⸗Ausstellung ist heute feierlich eröffnet worden. Um 11 ⅞ Uhr begaben sich die Spitzen der Behörden und die eingeladenen Gäste in feierlichem Zuge nach dem Festsaal des Ausstellungs⸗ platzes. Nachdem musikalische Vorträge die Feier eingeleitet hatten, ergriff der Regierungs⸗ und Gewerbe⸗Rath Sack das Wort zu der Festrede, in welcher er einen Rückblick auf die Entstehung und Vorbereitung der Ausstellung warf und schließlich den Ehren⸗Präsidenten der Ausstellung, Ober⸗Präsidenten Grafen von Bismarck, bat, dieselbe zu eröffnen. Der Ober⸗Präsident ant⸗ wortete nach dem Bericht des „W. T. B.“ mit einer längeren An⸗
Landwirthschaft und Industrie betonte, und schloß mit einem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König, den Schirmer des Friedens. Hicauf ward von den Anwesenden, unter denen sich auch der Ober⸗
räsident, Staats⸗Minister Dr. von Goßler aus Danzig befand, ein Rundgang durch die Ausstellung angetreten. Bei dem später folgen⸗ den Festfrühstück brachte der Ober⸗Präsident Graf Bismarck einen Trinkspruch auf Seine Königliche Hoheit den Prinzen Heinrich als Protektor der Ausstellung aus. Regierungs⸗Rath Sack toastete auf das Comité und die Förderer der Ausstellung. Der Ober⸗Präsident Dr. von Goßler rühmte die besonders geschmackvolle Art der Aus⸗ stellung und brachte einen Toast auf die Aussteller aus.
Posen, 26. Mai. Heute Mittag 12 Uhr fand hierselbst die Eröffnung der Provinzial⸗Gewerbe⸗Ausstellung der Provinz Posen durch den Protektor derselben, Ober⸗Präsidenten Freiherrn von Wilamowitz⸗Möllendorff statt. Anwesend waren, wie „W. T. B.“ berichtet, in Vertretung des im Bade weilenden kommandierenden Generals von Seeckt der General⸗Lieutenant von IJgel, Ober⸗Präsidial⸗Rath von Jagow, Weihbischof Likowski, Dompropst Wanjura, Ober⸗Bürgermeister Witting, Ober⸗ Bürgermeister Braesicke⸗Bromberg, Polizei⸗Präsident von Nathusius sowie sämmtliche Spitzen der Militär⸗, Zivil⸗ und Kom⸗ munalbehörden. Das Bild, welches sich den Besuchern darbot, war überraschend durch die schönen architektonischen Verzierungen der Hallen und Pavillons und die herrlich prangenden Anlagen. Um 12 Uhr erschien der Ober⸗Präsident in Begleitung des Ober⸗Prä⸗ sidial⸗Raths; er wurde von dem Ausstellungs⸗Comité empfangen und begab sich nach der Kaisersäule. 200 Sänger des Provinzial⸗Sänger⸗ bundes eröffneten die Feier mit Gesang. Hierauf ergriff der Ober⸗ Präsident das Wort und dankte allen Betheiligten, Behörden und Einzelnen, insbesondere auch dem Ausstellungs⸗Comité für ihren Eifer, und hob den innigen Zusammenhang aller produktiven Stände hervor, dabei die fundamentale Bedeutung von Handel und Industrie für die Städte betonend. Redner schloß mit einem begeistert aufgenommenen Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König. Der Ober⸗Bürgermeister Witting begrüßte hierauf die Erschienenen namens der Provinzialhauptstadt und gab der Hoffnung Ausdruck, daß reiche Anregungen von der Ausstellung ausgehen möchten für das gewerbliche Leben in der Provinz. Sein Hoch gelte der
sprache, in der er die Nothwendigkeit des Zusammenarbeitens von
ovinz Posen, die nach so vielen Stürmen der inneren Ruhe riedens und der Thätigkeit dringend bedürfe. Mit dem „Festgesan an die Fmstle. von FPhendelzsobn saä die Feier, woran x— undgang durch die Ausstellung folgte. Dieselbe ist v stellern beschickt dber
Freiburg a. E. Nachdem das Brümmer'sche Wind⸗ Dampfmühlen⸗Etablissement hierselbst im Monat Februar 8. n mit einer elektrischen Beleuchtungsanlage vorgegangen ist, ist jest auch eine Genossenschaft in der Bildung begriffen, welche den anzen Flecken und dessen nächste Umgebung mit elektrischem Licht zu versehen beabsichtigt.
Köln, 26. Mai. Am Sonnabend Nachmittag, kurz nach 5 Uhr fuhr, wie „W. T. B.“ meldet, während eines heftigen Gewitters ein Blitzstrahl in das Trockenhaus der Pulverfabrik Osenberg bei Halver und brachte dasselbe zur Explosion. Die Wirkung der Explosion war eine recht heftige; die Gebäude der Fabrik sind mehr oder minder beschädigt, Menschen wurden nicht verletzt.
3 Leipzig, 25. Mai. Der langjährige Generalbevollmächtigte des Gesammtvereins der Gustav⸗Adolf⸗Stiftung, Justiz⸗Rath Dr. Zenker ist heute hier gestorben. 8
Prag, 25. Mai. Infolge eines heute niedergegangenen Wolken⸗ bruchs sind die niedriger liegenden Straßen der Vororte über⸗ schwemmt. Das Wasser drang in die Wohnungen und Keller ein; Pehkrriche Menschen retteten sich in Kähnen. Der Schaden ist sehr edeutend. 8
Laibach, 27. Mai. Die leichten Erdschwankungen dauern noch immer fort. Der von der technischen Kommission festgestellte Gesammtschaden, welcher durch die Erdbeben verursacht wurde, beläuft sich auf 3 138 700 Fl. 145 Gebäude müssen niedergelegt werden. Der auf dem Lande angerichtete Schaden ist von den Gemeinden auf etwa 4 Millionen Gulden geschätzt worden.
Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen. London, 27. Mai. Die „Times“ meldet aus Hong⸗ kong vom 25. d. M.: Der General Tscheng und der General Kuhung⸗Kruk mit seiner Mannschaft unterstützten die republikanische Bewegung auf Formosa. Vom Festland würden Geld, Waffen und Soldaten hinübergeschafft. Der Landung der Japaner werde starker Widerstand geleistet werden. Auf dem Festland seien einige lokale Revolten im Einklang mit der Bewegung auf Formosa vorgekommen. In Südchina sei eine starke antidynastische Strömung vorhanden; die Pro⸗ klamierung der Republik Formosa durchkreuze die Pläne der Führer der antidynastischen Bewegung, welche davon eine Vereitelung ihres Plans befürchteten.
Rom, 27. Mai. (W. T. B.) Bisher sind die Resultate aus 502 Wahlkreisen bekannt. Nach nichtamtlicher Be⸗ rechnung wurden gewählt 321 Ministerielle und 148 Opposi⸗ tionelle, unter letzteren 15 Sozialisten; die Parteistellung von 16 Gewählten ist unbestimmt. In 17 Wahlkreisen müssen Stichwahlen stattfinden, aus 6 Wahlkreisen stehen die Resultate noch aus. Alle Minister und Unter⸗Staatssekretäre sind gewählt, ausgenommen wahrscheinlich der Unter⸗Staats⸗ sekretär der Marine Serra, in dessen Wahlkreise (Viareggio) infolge eines Tumults die Wahlurne zerbrochen wurde. Crispi ist noch in Aragona (Girgenti) und in Cantagirone (Syrakus), im Ganzen in 9 Wahlkreisen, darunter in 6 sizilianischen, ge⸗ wählt. In Mailand wurden 2 Oppositionelle, Colombo und Mussi, und 1 Sozialist, Barbato, gewählt; in 3 Wahlkreisen Mailands haben Stichwahlen stattzufinden. In den 5 Turiner Wahl⸗ kreisen wurden 3 Ministerielle und 2 Oppositionelle, Brin und der Sozialist Nofri, gewählt. In Genua wurden 3 Ministerielle, in Venedig 3 Kandidaten der konstitutionellen Opposition gewählt. In Florenz wurden 4 Ministerielle, in Bologna 2 Ministerielle und ein Kandidat der Opposition, in Palermo 2 Ministerielle und 2 Oppositionelle, darunter ein Sozialist, gewählt. In Parma sind der Sozialist Badaloni, der frühere Unter⸗ Staatssekretär Damiani, Diblasio und Scipion unterlegen; Damiani hat aber in einem anderen Wahlkreise Aussicht, ge⸗ wählt zu werden.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
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icht vom 27. Mai r Morgens.
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eingetreten.
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Wind. Wetter. ostwärts
Zar. auf 0 Gr. 5 0 C. = 40 R.
.d. Meeressp.
red. in Millirn in 0 Celsius
Temperatur
%
Belmullet. Medeckt
strömung ist in Zentral⸗Europa kühle Witterung 1. In Deutschland und vorwiegend trübe, in den südlichen Gebietstheilen ist fast überall Regen gefallen, vielfach in Begleitung von Gewittererscheinungen. fortwandert, so dürfte demnächst rubiges, vorwiegend heiteres Wetter mit zunehmender Wärme für unsere Gegenden zu erwarten sein.
Berliner Theater.
ist das Wetter kühl Anfang 7 ½ Uhr
Da das Hochdruckgebiet Donnerstag; Der Compagnon
Flirten. Anfang 7 ½ Uhr.
Deutsche Seewarte.
Aberdeen.. 2 heiter
Christiansund Kopenhagen. Stockholm.
Pendan, St. Petersbg. Moskau... Cork, Queens⸗
SO Cherbourg.
1“ NNW “ SW mburg..
winemünde Neufahrwasser Memel ...
ünster.. Karlsruhe .. Wiesbaden. München .. Chemnitz.. lmm ... EEö““ Breslau... Ile d'⸗Aix.. E“ ““
bedeckt
WNW 3 bedeckt
haus.
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still wolkenlos 1 bedeckt 2 bedeckt nalisten.
3 bedeckt Frebte Rezgie:
2 bedeckt 4 wolkig wolkig
wolkig Dunft
(Pagliacci.) Prolog.
Szirowatka, vom Text
G. Verga. Schauspielhaus.
Uebersicht der Witterung.
Das Hochdruckgebiet im Westen hat sich weiter ostwärts ausgebreitet und überdeckt ganz West⸗ Europa bis zur russischen Grenze, während über dem Innern Rußlands eine umfangreiche Depression lagert. Infolge der vorwiegenden nördlichen Luft⸗
Theater⸗Anzeigen.
Königliche Schauspiele. Dienstag: 136. Vorstellung. Der Rin 1 Bühnenfestspiel von Richard Wagner. Zweiter Abend: Siegfried in 3 Akten. Kapellmeister Weingartner. Anfang 7 Uhr.
Schauspielhaus. Lustspiel in
rau Clara Meyer, Ehrenmitglied des Königlichen
Schauspiels. Schmock: Herr Moritz Zeisler, vom
öee in Hannover, als Gast.) Anfang r
Mittwoch: Opernhaus. 137. Vorstellung. Bajazzi.
Musik und Dichtung von R. Leoncavallo, deutsch von Ludwi
Gast.) — Cavalleria rusticana (Bauern⸗ Ehre). Oper in 1 Aufzug von Pietro Mascagni. nach dem Anfang 7 ½ Uhr.
spiel in 4 Aufzügen von Richard Skowronnek. — Die stille Wache. Richard- Skowronnek. Anfang 7 ½ Uhr.
Deutsches Thenter. Dienstag: Zum ersten Male: Zwei Wittwer von G. Elsmann. — Der öve Kranke von Molidère. Anfang 7 ½ Uhr.
ittwoch: Das Lumpengesindel.
Donnerstag: Der Talisman.
BW“ Dienstag: Opern⸗ des Nibe⸗ Carl Zeller. Regie: . Kapellmeister Dahms. Dirigent: Anfang 7 ½ Uhr. 1 Mittwoch: Der Obersteiger. 142. Vorstellung. Die Jour⸗ 4 Fefge von Gustav Herr Keßler. (Adelheid Runeck:
Neues Theater.
Direktors José
Oper in 2 Akten und einem .3 Alten de
Hartmann. (Canio: Herr
tadttheater in Düsseldorf, als Kurt Goldmann.
Anfang 7 ½ Uhr.
leichnamigen Volksstück von Residenz-Theater.
143. Vorstellung. Halali. Lust⸗ Direktion: Sigmund Lautenburg.
Schwank in 1 Aufzug von patte.)
Anfang 7 ½ Uhr. Mittwoch und
Ehekontrakt.
Direktion: Julius Zigennerbaron.
itzsche. —
Dienstag: Heima
Mittwoch: Madame Sans⸗Gene.
Lessing⸗Theater. Dienstag: Drei. — Vorher:
Mittwoch: Der Herr Senator. 8 Donnerstag: Drei. — Vorher: Flirten.
Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater. Chausseestraße 25/26. Der Obersteiger. 3 Akten von L. Held und M. West.
Herr S Ermäßigte Preise der Plätze. Freitag, 31. Mai: Schluß der Saison.
Schiffbauerdamm 4a./5.
Dienstag: Ensemble⸗Gastspiel der Mitglieder des Carl Schultze⸗Theaters (Hamburg) unter Leitung des erenczu. Tata⸗Toto. Bilhaud und Barré von Victor Léon und F. Zell. Musik von Antoine Banés. In Scene gesetzt von José “ Dirigent:
Mittwoch und folgende Tage: Tata⸗Toto. 1
Blumenstraße Nr. 9.
Dienstag: Fernand’s Ehekontrakt. Schwank in 3 Akten von Georges Feydeau, in deutscher Bearbeitung von Benno Jacobson.
folgende Tage:
t
h. Musik von Johann Strauß. Dirigent: Herr Kapell⸗ 8
meister Ferron. Anfang 7 ½ Uhr. Mittwoch: Der Zigennerbaron.
8
8 5 8 8
Bentral⸗Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Dienstag: Zum 24. Male: Unter artistischer Leitung des Herrn Adolf Brakl vom Königl. Gärtner⸗ platz⸗Theater in München: Figaro bei Hof. (Rococo.) Operette in 3 Akten (nach Beaumarchais⸗ Memoiren) von Bohrmann⸗Riegen. Musik von Alfred Müller. Norden. Anfang 7 ½ Uhr. Mittwoch: Figaro bei vof.
Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Frl. Lizzie Suffert mit Hrn. Sec.⸗ Lieutenant Adolf von Zeschau (Dresden).
Verehelicht: Hr. Prem.⸗Lieutenant Hans Blecken von Schmeling mit Frl. Mily Held (Wands⸗ beck). — Hr. Prem.⸗Lieutenant Eugen von Hede⸗ mann mit Frl. Lilly von Haeseler (Gotha).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Bürgermeister Lach⸗ mann (Zduny). — Hrn. Oberlehrer Friedr. Wappenhans (Berlin). — Eine Tochter: Hrn Dr. med. Paul * (Cöthen).
Gestorben: Verw. Fr. Pastor Emma David, geb⸗ Gleis (Breslau). — Hr. Amtsgerichts⸗Rath Jo⸗ hannes Poletschny (Ober⸗Glogau). — Hr. Kammer⸗ herr und Zeremonienmeister, Major a. D. Ma von Rathenow (Stabelwitz). — Hr. Gymnasial⸗ Oberlehrer Richard Bohne (Berlin). — Hrn. Prem.⸗ Lieutenant Albrecht von Krosigk Tochter Heidichen (Altenhausen). — Hr. Rittmeister Johann Just von Einem⸗Schindel (Nieder⸗Schönbrunn).
—
1 9 8 1
Operette in Musik von Dirigent: Herr
Vaudeville
Letzte Woche. (Fil à la
Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin.
Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagt⸗
Fernand’s
Theater Unter den Linden. Behrenstr. 55/57.] ([Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Dienstag: 1 omische Operette in 93 Akten nach einer Erzählung M. Jokai's von J. Schnitzer.
es Sieben Beilagen
(einschließlich Börsen⸗Beilage).
(9363)
Mieeine Herren!
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222
ESFrste Beilage en Reichs⸗Anzeiger ind Königich Preu
Berlin, Montag, den 27. Mai
4
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten 71. Sitzung vom Sonnabend, 25. Mai.
Ueber den Beginn der Sitzung ist vorgestern berichtet worden.
Bei der dritten Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend
die Abänderung und Ergänzung einiger Bestim⸗ mungen des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 18938 ggrach der Abg. Seyffardt⸗Magdeburg (nl.) die Hoffnung aus, der Finanz⸗Minister werde behufs Verhinderung der Doppel⸗ besteuerung auch in den anderen deutschen Staaten die Anregung dazu geben, daß auch in diesen Staaten ähnliche Gesetze erlassen würden wie in Preußen, damit die preußischen Staats⸗ angehörigen, die in anderen deutschen Staaten leben, nicht schlechter gestellt werden, als die Angehörigen anderer deutschen Staaten in Preußen. Finanz⸗Minister Dr. Miquel: Ein Antrag ist bisher noch nicht gestellt worden. Was die Wünsche der Herren Vorredner betrifft, so kann ich er⸗ wähnen, daß bei der Reichsregierung die Frage in Erwägung steht; aber sehr leicht ist sie nicht, und über das Ergebniß der Erwägung in der vom Herrn Vorredner betonten Richtung ist noch nichts zu sagen.
Als das Gesetz über die Doppelbesteuerung im Reichstage berathen wurde, wurde ein ähnlicher Antrag eingebracht und a limine, sogar — soviel ich weiß — ohne Diskussion, abgewiesen.
Die Herren — namentlich geht das aus den Petitionen der Handelskammern hervor — stellen sich die Sache sehr leicht vor. Wenn wir dieselben Grundsätze, die durch das erwähnte Gesetz durch⸗ geführt sind, bei den Gemeinden durchführen wollten, so werden wir aber auf große Schwierigkeiten stoßen und auf starke Widerstände. Wir müssen dann beispielsweise Be⸗ stimmungen darüber treffen, wie das Einkommen in den Gemeinden der verschiedenen deutschen Staaten ermittelt werden soll; wir müssen ein ganzes Verfahren einrichten, Beschwerde⸗ und Berufungsinstanzen einführen und einen obersten Gerichtshof einsetzen, der die Streitigkeiten entschedet. Ob die verbündeten Regierungen geneigt sind, so weit gehende Eingriffe in die in den verschiedenen Staaten be⸗ stehenden Gemeindeverfassungen zuzulassen, das ist mir allerdings eine zweifelhafte Frage. Meine Herren, stellen Sie sich einmal Einzelfälle vor, beispielsweise diese Frage: Wenn Ge⸗ werbebetriebe in verschiedenen deutschen Staaten belegen sind, wie sollen sie zur Besteuerung gelangen in den einzelnen Gemeinden? Da müßte gewissermaßen ein neues Gemeindeabgaben⸗ gesetz gemacht werden, das die bestehenden Gemeindeabgabengesetze in sehr weitgehender Weise berühren würde. Ich führe das alles nur an, nicht weil ich dem materiellen Wunsche der Herren entgegentreten möchte; im Gegentheil, wenn die Sache durchführbar ist, so wäre das ja allerdings sehr erwünscht; — ich führe das nur an, um zu zeigen, wie schwierig diese ganze Frage liegt und daß man nicht so leicht hoffen darf, daß sie in kurzer Zeit zur Ausführung zu bringen ist.
—H acher (nl.): Warum sollte das, was bei uns an⸗ zngia bhn nicht 85 8 Be dan oder Württemberg möglich sein? Wenn sich dagegen Schwierigkeiten erheben sollten, müßte ich bedauern, daß in unser Gesetz keine Retorsionsbestimmungen aufgenommen
worden sind. Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Ja, meine Herren, ich will nicht näher auf die Sache eingehen. Aber wenn der Herr Vorredner sagt: wir machen doch die Sache in Preußen, warum können wir sie im Reich nicht machen — so ist zu antworten: wir in Preußen sind souverän in Beziehung auf den Verzicht auf die Besteuerung des Einkommens, welches in anderen deutschen Bundesstaaten aus Gewerbebetrieb und Grundeigenthum erzielt wird. Sowie aber die Sache Reichs⸗ sache wird, dann entsteht der Zwang gegen alle übrigen Staaten, ebenso zu verfahren, und dann kommen wir auf alle die Schwierig⸗ keiten, die ich vorhin hervorgehoben habe.
Wenn Herr Dr. Hammacher nun gar meint, wir hätten in dies Gesetz hineinschreiben sollen, wir wollen unseren Verzicht nur gelten lassen den deutschen Staaten gegenüber, die Gegenseitigkeit prästieren: so würde das der Reichsverfassung und wohl auch dem Indigenatsgesetz nicht entsprechen.
Endlich ist ein dringendes Bedürfniß nach unserer Ansicht eigentlich nicht vorhanden. Denn wenn ich mich recht entsinne, wird nur in zwei kleineren deutschen Staaten anders verfahren, und da haben wir auch als Preußen kein großes Interesse. Wenn ein Preuße nach Braunschweig zieht, so muß er sich auch die Folgen gefallen lassen; da ist ein preußisches Interesse keineswegs vorhanden. Ich will nicht betonen, daß die Frage bedeutungslos ist, und ich mache von vorn⸗ herein gerade zur Beruhigung der Herren, die wesentlich dabei inter⸗ essiert sind und annehmen, wenn man nur den guten Willen hätte, so wäre es eine Kleinigkeit, die Sache zu machen, auf die großen Schwierigkeiten aufmerksam, die in der Sache selbst liegen, und die Widerstände, die sich ergeben würden, wenn man anfängt, ein Gesetz zu formulieren.
Abg. Sattler (nl.): Auf welchem Wege die verlangte Rezi⸗ prozität erreicht wird, ist gleichgültig. Ich sehe nicht ein, weshalb die Regierung sich nicht bereit erklären will, sich um eine Einigung zu
Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
8 Das Haus wolle entschuldigen, daß ich noch einmal antworte; aber es liegt mir daran, die herrschende Unklarheit in der Sache zu beseitigen. Der Herr Abg. Dr. Sattler verlangt jetzt von uns, und auch — ich habe das vorhin nicht verstanden — wie ich sehe, der Herr Abg. Seyffardt, wir sollen von den anderen deutschen Staaten verlangen, daß sie Gegenseitigkeit leisten. Wenn wir das anfingen, — wo soll das Verlangen nach Gegenseitigkeit in der Besteuerung
vor uns haben, wo Gegenseitigkeit geleistet werden müßte. Beispiels⸗ weise von der Einkommensteuer in Preußen sind frei 900 ℳ, in allen übrigen Staaten geht man nicht so weit. Wie soll dies ausgeglichen werden?
Meine Herren, mir liegt gerade ein praktischer Fall vor, wo wir uns bemühen, entsprechend dem Wunsche des Herrn Abg. Dr. Sattler, in einem einzelnen Fall mit dem Königreich Sachsen uns zu verstän⸗ digen. Im Königreich Sachsen werden nämlich die Einnahmen aus ärztlicher Praxis für eine gewerbliche Einnahme angesehen. Wir hier in Preußen thun das nicht; wir halten die ärztliche Thätigkeit nicht für eine gewerbliche. Jetzt ist ein preußischer Arzt, der praktiziert jeden Sommer als Arzt in einem sächsischen Bade und wird dort zur Einkommen⸗ steuer herangezogen. Da haben wir dem Königreich Sachsen vorgeschlagen, en dieser Beziehung ein spezielles Abkommen über diese Frage zu treffen. Der eigentliche Grund liegt eben in unserem deutschen Staatenwesen, in dem Föderalismus, er schließt eine Unifikation auf manchen Ge⸗ bieten aus, welche in einem Einheitsstaat leicht geregelt wären. Das müssen wir uns bei verschiedenen Fragen gefallen lassen. Was aber in dieser Beziehung geschehen kann, das wird an Preußen kein Hinderniß finden; darüber können die Herren beruhigt sein.
Hierauf wurde der Gesetzentwurf unverändert genehmigt.
Der Gesetzentwurf zur Abänderung des Gesetzes, betreffend die evangelische EEEEE“ in der Provinz Schleswig⸗Holstein und in dem Amtsbezirk des Kon⸗ sistoriums zu Wiesbaden, wurde in dritter Lesung ohne Debatte angenommen; ebenso der Gesetzentwurf zur Abände⸗ rung des Gesetzes, betreffend die Kirchenverfassung der evangelisch⸗reformierten Kirche der Provinz Hannover, und der Gesetzentwurf zur Abänderung des Ge⸗ setzes, betreffend die Kirchenverfassung der evangelischen Kirche im Bezirk des Konsistoriums zu Cassel. Auch der Gesetzentwurf, betreffend die Ausdehnung verschiedener Bestimmungen des Allgemeinen Berg⸗ esetzes vom 24. Juni 1865 auf den Stein⸗ und Kali⸗ fakstekaban in der Provinz Hannover, gelangte in dritter Berathung ohne Diskussion zur Annahme.
Das Haus ging sodann zur Petitionen über. 1
Die Petitionen um Herstellung einer Eisenbahnverbindung des Köller⸗Thales mit der Hochwald⸗ und Saarbahn mittels Vollbahn und um Weiterführung der Ahrthalbahn Remagen-Adenan über Kelberg nach Witt lich wurden, dem Antrage der Budgetkommission gemäß, der Regierung als Material überwiesen. 86 8
Die Budgetkommission beantragte, eine Petition um eine Eisen⸗ bahnverbindung von der Mosel auf den Hundsrück der Regierung ebenfalls als Material zu überweisen. Der Abg. Thanisch (Ztr.) stellte den Antrag, die Petition der Regierung zur Berück⸗ sichtigung zu überweisen. “
Die Abgg. von Cuny (nl.) und Knebel (nl.) schlossen sich diesem Antrage an, während der Regierungs⸗Rath Pannenberg empfahl, an dem Antrage der Budgetkommission festzuhalten. Die Regierung werde den Bedürfnissen der Bevölkerung des Hunsrücks so viel als möglich Rechnung tragen. -
Das Haus beschloß, die Petitson der Regierung zur Berück⸗ sichtigung zu überweisen. 8
Ueber eine Petition des Pferrere Szymanski in Gr. Dammer wegen Ertheilung des eligionsunterrichts an die Kinder polnischer Nationalität in ihrer Muttersprache beantragte die Unterrichtskommission, zur Tagesordnung über⸗ zugehen. 1 b
Berichterstatter Abg. Seyffardt⸗Magdeburg (nl.): Eine generelle Untersuchung in der fraglichen Gegend und für Gr. Dammer eine spezielle 1er.. .2 habe ergeben, daß die Kinder dieses durch⸗ aus deutschen Gebiets der deutschen Sprache mächtig genug seien, um dem deutschen Religonsunterricht folgen zu können. Deshalb schlage die Kommission vor, über die Petition zur Tagesordnung über⸗ zugehen. 1j
3 Abg. Rudolphi (Zentr.): Die Lehrer sprechen alle die pol⸗ nische Sprache genügend (Widerspruch); aber auch diejenigen, welche polnisch unterrichten könnten, dürfen es nicht, höchstens dürfen sie das Polnische aushilfsweise anwenden. Daher kann dort ein erfolgreicher Unterricht nicht Platz greifen. Es ist dies eine pädagogische Ver⸗ irrung. Es müssen Herz und Gemüth der Religion geöffnet werden. Aber Herz und Gemüth eröffnet nur die Muttersprache. Darum trete ich als katholischer Christ, als katholischer Priester, als katho⸗ lischer Schulmann für die Zulassung der Muttersprache beim Reli⸗
ions unterricht ein, auch für die Kinder polnischer Nationalität. Ich eantrage, die Petition der Regierung zur Berücksichtigung zu überweisen. (Beifallklatschen eines Besuchers der Tribüne.)
Vize⸗Präsident Freiherr von Heereman (zur Zuhörer⸗Tribüne): Beifallsbezeugungen auf der Tribüne sind durchaus unzulässig. Ich bitte, sich ruhig 9 verhalten; sonst werde ich genöthigt sein, die Tri⸗ bünen räumen zu lassen. 1
Geheimer Reglerungs „Rath Vater: Groß⸗Dammer liegt in einem deutschen Gebiete. Die Kinder beherrschen dort die deutsche und die polnische Sprache. Trotzdem wird in den unteren Schul⸗ klassen auch die polnische Sprache zugelassen. Erst nach zweijährigem Unterricht tritt ausschließlich deutscher Unterricht ein. Es ist bei allen diesen Petitionen auffällig, daß sie nur für die polnischen Schulkinder sorgen; für die deutschen Kinder dagegen, wo sie polnisch lernen müssen, wird nichts erbeten und auch hier im Hause nicht genügend gesorgt. Daß es pädagogisch unvernünftig ist, den Unterricht in deutscher Sprache zu ertheilen, ist ganz falsch. Sehen Sie sich die Kinder dort an und bewundern Sie, wie schnell sie Deutsch lernen. Ich ersuche das hohe Haus, gemaß dem Kommissionsantrage über die Petition zur Tagesordnung überzugehen. d
Abg. Motty (Pole) befürwortete die Petition.
Abg. Szmula (Zentr.): Die Kinder, die nicht in ihrer Mutter⸗ sprache unterrichtet werden, können auf die einfachsten Fragen nicht antworten, davon habe ich mich zu öfteren Malen selbst überzeugt. Wenn diese Leute später vor Gericht kommen, wird ihnen unter Hin⸗ weis darauf, daß sie ja die Schule besucht haben, nicht geglaubt, daß sie nicht Deutsch verstehen. Was würden wir sagen, wenn uns in Frankreich vor Gericht ein Dolmetscher verweigert würde, selbst wenn wir Framaecsch verstehen? — “ 1
bg. Sattler (nl.): Soweit ich weiß, liegt die Schule, um die es sich bandelr nicht in Oberschlesien. Herr von Szmula spricht aber stets von den Erfahrungen, die er in Oberschlesien gemacht habe. Dort ist es eben bekannt, daß er die polnische Sprache pflegt; vielleicht wissen das auch die Kinder und glauben ihm einen Gefallen zu thun, wenn sie thun, als verständen sie kein Deutsch. Wir sind der An⸗ süct. daß die Schule in erster Linie dazu da ist, daß die Kinder eutsch lernen, und werden gegen den Antrag des Herrn Rudolphi
Berathung von
überhaupt enden? Dann würden wir doch noch ganz andere Fragen
stimmen.
ischen Staats⸗Anzeiger.
Abg. Szmula: Nur wenn die Kinder zuerst polnisch unterrichtet werden, namentlich in der Religion, wird ihre Auffassung eine klare; sie lernen später leicht Deutsch. In einzelnen Schulen ist es den Kindern sogar verboten, in den Zwischenstunden sich der polnischen Sprache zu bedienen. Das ist eine Grausamkeit und geht weit über die Rechte der Schule hinaus. “ Geheimer Regierungs⸗Rath Vater: Es ist ein gewaltiger Irr⸗ thum, wenn man das Deutsche in den Volksschulen etwa so treiben will, wie Griechisch oder Lateinisch auf den Gymnasien. Wir treiben das Deutsche so, daß die Kinder die Sprache auf dem Markte des Lebens brauchen können. Wenn die Kinder erst Polnisch, dann Deutsch lernten, würden sie im Deutschen etwa so weit kommen, wie ein Tertianer in seinem Cornelius Nepos. Das Kind muß in der Schule sofort mit der deutschen Sprache in der Weise bekannt gemacht werden, wie es die Sprache von der Mutter lernt. 1
1. Haus beschloß, über die Petition zur Tagesordnung über⸗ zugeben. 8
Ueber eine Petition um die Errichtung einer katholischen Schule in Bansen beantragte die Kommission, ebenfalls zur Tagesordnung überzugehen. 2
Abg. Krebs (Zentr.) beantragte ihre Ueberweisung zur Be⸗ rücksichtigung. Die evangelische Schule in Bansen werde von 90 katholischen und etwa 20 evangelischen Kindern besucht. Durch das Vorgehen der katholischen Familienväter sei erreicht worden, daß man jetzt einen katholischen Lehrer angestellt habe; aber es wäre zweck⸗ mäßiger, eine eigene katholische Schule zu errichten. Daß die Schule stiftungsgemäß protestantisch sei, sei bestritten. 1“
Geheimer Regierungs⸗Rath Vater erwiderte, daß die Schule in Bansen 1805 von einer evangelischen Besitzerin für evangelische Kinder errichtet worden sei. Im Laufe der Zeit habe man auch katholische Kinder aufgenommen, bis eine Ueberfüllung eingetreten sei. Der Schulvorstand habe aber beschlossen, die Ueberfüllung durch die An⸗ stellung eines zweiten und zwar katholischen Lehrers zu beseitigen. Damit erübrige sich die Errichtung einer besonderen Schule.
Abg. Schmidt⸗Warburg (Zentr) bezeichnete es als unerhört, daß man die katholischen Kinder, welche die Mehrzahl bilden, in eine Schule hineinzwänge, die einen stiftungsmäßig protestantischen Cha⸗ rakter trage. 1
Geheimer Regierungs⸗Rath Vater konstatierte demgegenüber, daß es in Schlesien auch stiftungsmäßig katholische Schulen gebe, welche überwiegend von evangelischen Kindern besucht werden.
Abg. Dasbach (Zentr.) erwiderte, daß man einer einzigen der⸗ artigen Schule hundert entgegensetzen könne, die dasselbe Verhältniß wie die in Rede stehende aufweisen. Anträge von katholischer Seite auf Errichtung konfessioneller Schulen in solchen Fällen würden fast immer abschlägig beschieden. 1 1
Geheimer Regierungs⸗Rath Vater: Der Minister habe wieder⸗
vorliegenden Falle sei das Bedürfniß nicht so dringend, daß es noth⸗ wendig wäre, die ohnehin knappen Mittel in
Darauf wurde der Antrag des Abg. Krebs abgelehnt und über die Petition zur Tagesordnung übergegangen. .
Desgleichen ging das Haus über zwei Petitionen, welche eine. anderweitige 1“ des Dienstalters von Beamten betreffen, zur Tagesordnung über.
Eine Petition des Fischereivereins von Lubmin und Fresendorf um Anlage eines Schutzhafens bei Lubmin beantragte die Budgetkommission der Regierung als Material zu überweisen. 8 1
Der Berichterstatter Abg. von Tiedemann⸗Bomst (fr. kons.) wies darauf hin, daß in der Phat die Lubminer Fischerei den Unbilden der Witterung arg ausgesetzt und das Bedürfniß nach einem Schutz⸗ Men. anerkannt sei. Die Kosten würden sich auf etwa 270 000 ℳ elaufen.
Das Haus stimmte dem Vorschlage der Kommission .
Eine Petition um Ermäßigung der Personentarife auf der Eisenbahn Neufahrwasser —Danzig, bezüglich welcher die Budgetkommission Uebergang zur Tagesordnung vorschlug, wurde auf Antrag des Abg. Rickert (fr. Vgg.) der Regierung als Material überwiesen. 1
Ueber die Petition des Magistrats der Stadt Samter um Uebernahme der dortigen Landwirthschaftsschule durch den Staat ging das Haus gemäß dem Kommissionsantrage zur Tagesordnung Üüber.
Eine Petition der Metzgermeister zu Odenkirchen wegen Beseitigung des ihnen auferlegten Zwangs der Benutzung eines außerhalb ihrer Gemeinde gelegenen fremd⸗ gemeindlichen Schlachthauses beantragte die Kommission der Regierung zur Berücksichtigung zu überweisen. 1
Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Sieffert widersprach diesem Antrage. Die Frage, um die es sich hier handle, liege auf recht⸗ lichem Gebiet. Die Thatsache, daß die Kommission den Be⸗ schluß, betreffend die Petition, einstimmig gefaßt habe, habe dem Minister nochmals Anlaß gegeben, die An⸗ gelegenheit zu prüfen. Das Resultat dieser Prüfung sei der Beschluß gewesen, an dem bisherigen Standpunkte festzuhalten. Anlaß zur Petition habe eine irrthümliche Auffassung des Gesetzes vom Jahre 1868 gegeben, nach welchem in solchen Gemeinden der Schlachthauszwang eingeführt werden könne, in welchen ein Schlacht⸗ haus existiere. Wenn man diese Bestimmung nach dem Sinne der Petenten auslege, so würden große Städte, velac. nicht in der Lage seien, auf eigenem Gebiete Schlachthäuser zu errichten, sondern solche auf dem Boden einer Nachbargemeinde herstellten, nicht den Schlacht⸗ hauszwang einführen können. Eine solche engherzige Auslegung müsse zu den größten Unzuträglichkeiten führen.
Abg. Mies (Zentr.) hielt daran fest, daß der klare Wortlaut des Gesetzes die Petition als durchaus berechtigt erscheinen lasse.
Abg. Sattler (nl.) beantragte, die Petition von der Tages⸗ ordnung abzusetzen und an die Kommission zurückzuverweisen.
Die Abgg. Schmidt⸗Marburg, Kirsch, Graf Limburg⸗Stirum,
reiherr von Heereman und Freiherr von Zedlitz und Neukirch wider⸗ prachen dem Antage, da die Sache in der Kommision genügend er⸗ örtert sei. Jedenfalls sei die Zurückverweisung der Petition an die Kommission auch im Falle ihrer Absetzung von der Tagesordnung überflüssig. 1
Die Petition wurde von der Tagesordnung abgesetzt. Damit war um 3 ¼¾ Uhr die Tagesordnung erledigt.
Nächste Sitzung Dienstag, 11. Juni, 12 Uhr. steuergesetz.)
(Stempel⸗
Das Strafrecht des Erdballs.
Zu Ende des Jahres 1888 wurde die Internationale krimi⸗ nalistische Vereinigung 1- ha. welche an die Spitze ihrer ersten Veröffentlichung den Ausdruck der Ueberzeugung setzte, daß Verbrechen und Strafe ebensosehr vom soziologischen wie vom juristischen Standpunkt aus ins Auge gefaßt werden müssen, und des⸗ balbd von den neun als Grundlage ihrer Wirksamkeit bezeichneten Sätzen den an die vorderste Stelle tretenden dahin faßte: Aufgabe der Strafe ist die Bekämpfung des Verbrechens als sozialer Erscheinung.
Diese Satzungen haben lebhaften, heute noch nicht beendeten Streit hervor⸗
holt erklärt, er würde derartige Anträge gern entgegennehmen. I3m
nspruch zu nehmen.