Ministerium der öffentlichen Arbeiten.
Die Königliche Eisenbahn⸗Direktion zu Hannover ist mit der Anfertigung allgemeiner Vorarbeiten für eine Nebenbahn von Paderborn über Neu⸗ s nach Brackwede beauf⸗ tragt worden. vi1X“
Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten. — Dem Regierungs⸗Rath Dr. Lüdeke ist die Stelle eines Justitiars und Verwaltungsraths bei dem Provinzial⸗Schul⸗ kollegium in Magdeburg übertragen worden. Der Regierungs⸗ und Schulrath Dr. Heinrich Kley ist unter Belassung seines bisherigen Titels und Ranges zum Kreis⸗Schulinspektor ernannt worden. Am Schullehrer⸗Seminar zu Reichenbach O.⸗L. ist der Schulamts⸗Kandidat Dr. Lichtenfeldt zu Münsterberg als
Hilfslehrer angestellt worden. .“ ““
Justiz⸗Ministerium.
Der Rechtsanwalt Theodor Schroeder in Beuthen O.⸗S. ist zum Notar für den Bezirk des Ober⸗Landesgerichts Breslau, mit Anweisung seines Wohnsitzes in Beuthen O.⸗S., und . der Rechtsanwalt Lange in Salzwedel zum Notar für den Bezirk des Ober⸗Landesgerichts Naumburg a. S., mit Anweisung seines Wohnsitzes in Salzwedel, ernannt worden.
Angekommen:
Seine Excellenz der Staats⸗Minister und Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten Freiherr von Hammer⸗ stein, sowie
der Ministerial⸗Direktor im Ministerium für Landwirth⸗ schaft, Domänen und Forsten, Wirkliche Geheime Ober⸗ Regierungs⸗Rath Sterneberg, aus Westpreußen.
8 Abgereist: der Ministerial⸗Direktor im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, Wirkliche Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Micke, nach der Provinz Schlesien. 8
In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers“ wird eine Zusammenstellung der pro Januar⸗April⸗Termin 1895 durch die Provinzial⸗Renten⸗ banken erzielten Resultate, sowie eine Uebersicht über die von den Provinzial⸗Rentenbanken seit ihrem Bestehen bis zum 1. April 1895 ausgegebenen und ausgeloosten Rentenbriefe veröffentlicht.
Preußen. Berlin, 31. Mai.
Ihre Kaiserlichen und Königlichen Majestäten begaben Sich nach dem Paradediner im Weißen Saale des hiesigen Königlichen Schlosses gestern Abend gegen 8 Uhr mit den erlauchten Gästen, Ihren Königlichen Hoheiten dem Grafen von Flandern und dem Prinzen Albert von Belgien in das Königliche Opernhaus, um der Militär⸗Festvorstellung bei⸗ zuwohnen. Die Rückkehr nach dem Neuen Palais erfolgte nach 11 Uhr Abends.
Heute Vormittag nahmen Seine Majestät der Kaiser im Lustgarten zu Potsdam die Parade über die Potsdamer Garnison ab. Anschließend daran empfingen Allerhöchst⸗ dieselben eine Anzahl militärischer Meldungen.
1 Seine Majestät der Kaiser haben in Anerkennung der Rettung der Ueberlebenden von dem untergegangenen Dampfer „Elbe“ folgende Mitglieder der Besatzung des englischen Fischerfahrzeugs „Wildflower“ mit Ehren⸗ und Geldgeschenken zu belohnen geruht:
1) den Schiffer Wm. Wright in Lowestoft mit einer be Uhr nebst goldener Kette und mit fünfzehn Pfund Sterling,
2) den Steuermann Jas. Long daselbst mit einer gol⸗ denen Uhr und ebenfalls mit fünfzehn Pfund Sterling,
3) die Matrosen Henry Feal und Chas. Pipe sowie den Koch Ernest Hutschins, gleichfalls in Lowestoft, mit je einer silbernen Uhr und mit je zehn Pfund Sterling.
Sämmtliche fünf Uhren sind auf Befehl Seiner Majestät mit dem Allerhöchsten Namenszug und Bildniß, sowie mit folgender Inschrift versehen worden: „In Anerkennung der Rettung der
jeberlebenden vom Lloyddampfer „Elbe“, 30. Januar 1895.“
In der am 30. d. M. unter dem Vorsitz des Vize⸗Prä⸗ sidenten des Staats⸗Ministeriums, Staatssekretärs des Innern Dr. von Boetticher abgehaltenen Plenarsitzung des Bundes⸗ raths wurde dem Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Pflichten der Kaufleute bei Aufbewahrung fremder Werth⸗ papiere, dem Entwurf eines Börsengesetzes, dem Entwurf einer Abänderung der Ausfuührungsinstruktion zum Viehseuchengeset, sowie dem Entwurf eines Abgabentarifs für den Nord⸗Ostsee⸗Kanal die Zustimmung ertheilt. Der Entwurf eines Gesetzes über den Beistand bei Einziehung von Abgaben und Vollstreckung von Vermögens⸗ strafen, der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Abänderung des Zuckersteuergesetzes, und die Gesetzentwürfe über die privat⸗ rechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt und der Flößerei wurden in der vom Reichstag beschlossenen Fassung angenommen. Den zuständigen Ausschüssen wurden überwiesen: die Vorlagen, betreffend die Verleihung von Korporationsrechten an die Kaoko⸗Land⸗ und Minengesell⸗ schaft, und betreffend die Ausdehnung der Unfallversicherung auf die Besatzung der Hochseefischerei⸗Dampfer, ferner die Reichstagsbeschlüsse zu dem Gesetzentwurf über die Bestrafung des Sklavenraubs und Sklavenhandels und
zustellenden Lokalbahnen, an.
eingeführte Iron⸗Bricks, sowie ein Antrag wegen Besetzung einer Rathsstelle bei dem Reichsgericht. Die von dem Reichs⸗ 39 in Bezug auf die Aenderung der Militär⸗Pensionsgesetze aßten Resolutionen wurden dem Se“ überwiesen. Beschluß gefaßt.
t Raberdem wurde über verschiedene Eingaben
Der hiesige Königlich großbritannische Botschafter Sir Edward B. Malet hat Berlin mit Urlaub verlassen. Während seiner Abwesenheit fungiert der erste Botschafts⸗ Sekretär Mr. Gosselin als interimistischer Geschäftsträger.
Der General der Infanterie von Keßler, General⸗ Inspekteur des Militär⸗Erziehungs⸗ und Bildungswesens, ist hierher zurückgekehrt.
—Der General⸗Lieutenant von Alten, Kommandeur der 18. Division, ist mit Urlaub hier eingetroffen.
Der Regierungs⸗Rath Lautz in Köln ist der Königlichen Regierung in Arnsberg zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen worden.
Der Regierungs⸗Assessor von Bergen aus Wiesbaden ist bis auf weiteres dem Landrath des Kreises Burgdorf zur Hilfeleistung zugetheilt worden. 3 Der Regierungs⸗Assessor Dr. jur. Stapenhorst zu Militsch ist dem Landrath des Landkreises Bromberg und der Regierungs⸗Assessor Dr. Pokranz zu Arnsberg der König⸗ lichen Regierung zu Stade zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen worden.
8
8 Der heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers“ ist eine „Besondere Beilage“ (Kr. 1), enthaltend Entschei⸗ dungen des Reichsgerichts, beigefügt.
8—
Vorgestern fand der „Karlsr. Ztg.“ zufolge die Uebersiede⸗ lung des Großherzoglichen Hofes nach Schloß Baden statt, wohin sich Ihre Königlichen Hoheiten die Großherzogin und die Kronprinzessin von Schweden und Nor⸗ wegen im Laufe des Nachmittags begeben haben.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.
Der gemeinsame Landtag der Herzogthümer Coburg und Gotha hat in seiner gestrigen Sitzung die Vorlage der Regierung, wonach das höhere Schulwesen, das gesammte Medizinal⸗ und Veterinärwesen, sowie die gesetzliche Ordnung des Wildschadenersatzes für gemeinsame Angelegenheiten erklärt werden, dem Antrage der Kommission gemäß, einstimmig abgelehlhlt. 8
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Kaiser empfing gestern den deutschen Botschafter Grafen zu Eulenburg und hierauf den Minister des Aus⸗ wärtigen Grafen Goluchowski in längerer Audienz.
Der Prinz⸗Regent Luitpold von Bayern stattete gestern den Mitgliedern des Kaiserlichen Hauses in Wien Abschiedsbesuche ab.
Das österreichische Abgeordnetenhaus nahm gestern den Gesetzentwurf, betreffend die im Jahre 1895 sicher⸗ Im Verlaufe der Debatte erklärte der Handels⸗Minister Graf Wurmbrand, in dem vorlie⸗ genden Gesetzentwurf handle es sich um Bahnbauten im Betrage von 40 Millionen Kronen. Für die Regierung liege kein Anlaß vor, die Aktion zu sehr zu überstürzen. Gegen⸗ über den Wünschen bezüglich der Herabsetzung der Tarife der böhmischen Westbahn erklärte der Minister, die Regierung beabsichtige mit der Herabsetzung der Tarife der verstaatlichten Bahnen nicht sofort vorzugehen, vielmehr wolle sie abwarten, ob es ihr gelingen werde, nach einer größeren Verstaatlichungsaktion eine Art Ausgleichtarif in der Weise ein⸗ zuführen, daß die höheren Tarife der Privatbahnen herabgesetzt würden, wobei naturgemäß die niedigeren Tarifsätze der Staats⸗ bahnen heraufgesetzt würden. Am Schlusse der Sitzung inter⸗ pellierten die Abgeordneten Ruß und Genossen den Minister des Innern, unter Hinweis auf die Straßenscenen, die vorgestern anläßlich der Bürgermeisterwahl stattgefunden hatten, darüber, wie die Regierung die Pflichtversäumniß der Sicherheitsorgane, die zur Vermeidung von Ansammlungen nicht rechtzeitig Vorsorge getroffen hätten, rechtfertige, und welche Maßregeln zur Verhütung der Wiederkehr derartiger höchst bedenklicher Ausschreitungen die Regierung zu ergreifen gedenke.
Im Abgeordnetenhause ist gestern, wie die „Neue Freie Presse“ meldet, der Vorstand der vereinigten Linken zusammengetreten, um über die Haltung der Partei gegenüber der Lage in Wien Beschluß zu fassen. An dieser Konferenz soll auch der Minister des Innern Marquis Bacquehem theilgenommen haben.
Der Gemeinderath der Stadt Wien ist gestern durch eine Verfügung der niederösterreichischen Statthalterei auf⸗ gelöst worden. Damit erlöschen gleichzeitig das Amt des gegenwärtigen Vize⸗Bürgermeisters und das des Stadtrathes. Zur Durchführung der Neuwahlen, sowie zur einstweiligen Besorgung der Gemeindegeschäfte wurde der Bezirks⸗Haupt⸗ mann Dr. von Friebeis bestellt. Demselben stehen alle jene Befugnisse zu, welche nach dem Gemeindestatut dem Stadtrath und dem Bürgermeister zukommen. Diesem Funktionär wird ein Beirath zur Seite gestellt, den er vor seiner Entscheidung über alle statutenmäßig der Beschlußfassung des Gemeinderaths vorbehaltenen sowie über die wichtigeren An⸗ gelegenheiten überhaupt zu hören hat. In den Beirath wurden 15 Gemeinderathsmitglieder gewählt, von denen sieben der Fort⸗ schrittspartei und sieben dem antisemitischen Bürgerklubangehören, während einer ein „Wilder“ ist. Sie sind alle Männer von gemäßigter Gesinnung. Bei der Zusammensetzung des Bei⸗ raths sind auch alle Wahlbezirke und die Wahlkörper der ver⸗ schiedenen Berufsstände möglichst berüöücksichtigt worden. Dr. Lueger befindet sich nicht darunter. — Die Auflösung des Gemeinderaths wurde nach dem „Fremdenblatt“ in dem vorgestrigen Ministerrath beschlossen. Die Regierung war in den letzten Tagen unablässig bemüht, ein positives Er⸗
führten indeß zu keinem Ergebniß, da sich dieselben nicht ver⸗ pflichten wollten, für irgend einen liberalen Kandidaten zu stimmen. Die Unterhandlungen wurden von dem Minister des Innern Marquis Bacquehem, dem Finanz⸗Minister Dr. von Plener und dem Statthalter Grafen Kielmannsegg ge⸗ führt. Die Regierung überließ die Nominierung des Kandidaten vollständig dem freien Ermessen der Fortschrittspartei. Nach⸗ dem auch die vorgestrigen Konferenzen ohne Ergeb⸗ niß verlaufen waren, sah sich die Regierung zur Auflösung des Gemeinderaths bemüßigt, um so mehr, als sie nach ihrer Kenntniß der Sachlage zu der Ueberzeugung gelangt war daß die von Dr. Lueger für gestern angesetzte Bürgermeister⸗ wahl dasselbe Resultat haben werde wie die vorgestrigen Wahlgänge. Ueber den Zeitpunkt für die Neuwahlen ver⸗ lautet noch nichts Bestimmtes. 3
Großbritannien und Irland.
Die Königin hat sich in Begleitung des Prinzen und der Prinzessin Heinrich von Battenberg sowie der Prinzessinnen Alexandra und Beatrice von Sachsen⸗Coburg und Gotha von Windsor nach Balmoral begeben.
Der Minister⸗Präsident Lord Rosebery wird, wi „W. T. B.“ meldet, in einigen Tägen eine neue Seefahr antreten, die auf zehn Tage berechnet ist.
Das Oberhaus hat sich gestern bis zum 17. Juni . 8 . as Unterhaus setzte gestern die Budgetberathung fort. Der Schatzkanzler Sir W. Harcourt erklärte im Laufe der Debatte, der hauptsächlichste Vorwurf Ashmead⸗Bartlett’s gegen die Regierung sei, daß sie in gutem Einvernehmen mit Ruß land und Frankreich gehandelt habe und handle. Dem sei allerdings so, und es sei durchweg der Fall gewesen. Die Behauptungen Bartlett's über die unfreundliche Haltung Rußlands gegenüber England seien auf Artikel in der russischen Presse gegrundet. Ihm, dem Redner, ständen authentischere Informationen zu Gebote; es sei nicht die leiseste Begründung für Bartlett's Behauptung vorhanden, daß die Regierung die Zentralmäͤchte zurückgestoßen habe. Die Politik der Regierung sei gewesen, sich mit keiner Gruppe von Mächten, weder in Europa noch sonstwo, zu verbinden, sondern mit allen Mächten in Europa und Amerika freundliche Beziehungen zu unterhalten. An dieser Politik halte die Regierung fest. Der Parlaments⸗Sekretär des Auswärtigen Amts Sir E. Grey theilte mit, daß die Pforte noch nicht auf den ihr ein⸗ gereichten Reformplan für Armenien geantwortet habe. 3
Bei der gestern in West⸗Edinburgh vorgenommenen b Ersatzwahl zum Unterhause für Viscount Wolmer, der Lord Selborne in der Peerschaft nachgefolgt ist, wurde MacIver (Unionist) mit 3783 Stimmen gewählt. Der Gladstonianer Murray erhielt 3075 Stimmen.
Frankreich. 1 Der Präsident der Republik Faure, der gestern Nach⸗ mittag über Nevers und Clermont nach Bordeaux abgereist ist, wurde bei seiner Ankunft in Nevers von der Bevölkerung warm begrüßt. Die Rückkehr des Präsidenten nach Paris ist für den 6. Juni in Aussicht genommen. In der Deputirten kammer brachte gestern der Minister⸗ Präsident Ribot eine Vorlage ein, betreffend die Bewilligung eines Kredits von 250 000 Fr. zur Errichtung eines Denkmals für die während des Krieges 1870,71 Ge⸗ fallenen. Der Minister⸗Präsident beantragte für diese Vorlage die Dringlichkeit und die Ueberweisung an die Budgetkommission, was die Kammer genehmigte. Der Deputirte Goblet brachte eine Interpellation über das Schreiben des Erzbischofs von Cambrai an den Kultus⸗Minister bezüglich der Anfall⸗ steuer ein. Die vom Kultus⸗Minister Poincaré be⸗ antragte Vertagung der Berathung dieser Interpellation bis nach der Berathung über die Getränkesteuerreform wurde mit 268 gegen 235 Stimmen genehmigt. Auf den Antrag des Deputirten Rouanet (Sozialist) bewilligte die Kammer einen Kredit von 5000 Fr. zur Errichtung eines Denkmals auf dem Grabe des jüngst verstorbenen Mitgliedes der provisorischen Regierung von 1848, Albert. Hierauf wurde die Berathung der Getränkesteuerreform wieder aufgenommen. Am Schluß der Sitzung brachte der Deputirte Millerand (Sozialist) eine Interpellation über das Zusammengehen von Rußland, Deutsch⸗ land und Frankreich gegenüber dem chinesisch⸗japa⸗ nischen Friedensvertrag ein. Wegen der Abwesenheit des Ministers des Aeußern Hanotaux wird der Tag der Be⸗ sprechung der Interpellation am Sonnabend festgesetzt werden
. Italien. 8 Die „Italie“ will wissen, daß der General⸗Prokura dem Justiz⸗Minister eine Abschrift des in der An⸗ gelegenheit Giolitti's gefaßten Beschlusses des Kassations⸗ hofes übermittelt habe. Dem „Diritto“ zufolge würde der Justiz⸗Minister bei der Kammer die Ermächtigung zur straf⸗ rechtlichen Verfolgung Giolitti’s nachsuchen Tünkek... — 8 Aus Djeddah in der arabischen Provinz Hedschas meldet das „Reuter'sche Bureau“, daß daselbst gestern der britische Konsul und Vizekonsul, der stellvertretende russische Konsul und der Sekretär des französischen Konsulats außerhalb der Stadt durch eine Gruppe von Leuten, vermuth⸗ lich Beduinen, thätlich angegriffen worden seien. Der 8 britische Vizekonsul sei durch einen Schuß getödtet, der Konsul leicht verwundet, der französische und der russische Beamte seien schwer verwundet worden. .
Rumänien. Der Prinz und die Prinzessin Ferdinand von Rumänien sind mit ihren Kindern heute von Bukarest nach Darmstadt abgereist. “
TF““ Gestern, als am Jahrestage des Sturzes S bulow'’s, hielten, wie „W. T. B.“ berichtet, die Studenten in Sofia mit behördlicher Erlaubniß einen Umzug mit Fahne und Musik. Unterwegs schloß sich trotz des Protestes der Studenten eine Gruppe Sozialisten dem Zuge an, der sich nach Stambulow’s Wohnhaus bewegte. Dasselbe war durch einen Polizeikordon abgeschlossen. Ein Redner hielt eine kurze Ansprache, welche mit dem Ruf schloß: „Tod den Tyrannen!“ Bis dahin verlief alles ruhig; als aber die Sozialisten weitere Reden der Studenten unterbrachen, entstand eine unbedeutende Rauferei. Den Nachmittag verbrachten
gebniß der Bürgermeisterwahl sicher zu stellen. Mehrfache
zu einer Petition wegen Rückerstattung von Zoll für
Konferenzen mit den Führern der liberalen Gemeinderathspartei
beide Gruppen außerhalb der Stadt; Abends durchzogen zahl⸗
reiche Demonstranten die Straßen der Stadt.
gewalt Norwegens in allen nicht unionellen Fragen, sich
zwischen Schweden und Norwegen unter einem mit dem Storthing
Schweden und Norwegen. Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Christiania werden heute fünf Mitglieder der Linken, drei Mit⸗ lieder der Rechten und zwei Mitglieder der Gemäßigten im Storthing eine Tagesordnung einbringen, dahin lautend, daß das Storthing unter Festhaltung an der Allein⸗ dafür ausspreche, daß möglichst bald Verhandlungen v arbeitenden Kabinet eingeleitet
werden sollen, behufs einer befriedigenden Regelung der das Konsulatswesen und das Ministerium des Aeußern betreffenden Fragen. Voraussetzung der Ver⸗ handlung soll sowohl ein gemeinsamer, wie ein be⸗ sonderer norwegischer Minister des Aeußern sein. Mit den Stimmen der Rechten, der Gemäßigten und der Mitglieder der Linken, welche den Antrag unterzeichnet haben, hat dieser bereits die Majorität; es ist nicht ausgeschlossen, daß Einstimmigkeit erreicht werden kann. Die Debatte über den Antrag wird wahrscheinlich Mittwoch oder Donnerstag nächster Woche beginnen. 1 8
Amerika. “ Die Beerdigung des Staatssekretärs Gresham fand, wie aus Chicago gemeldet wird, gestern daselbst auf dem Oakwood⸗Friedhof statt. Unter den Theilnehmern be⸗ fanden sich der Vize⸗Präsident Stevenson, die Bundesrichter, die Staats⸗ und städtischen Beamten, die Familie des Ver⸗ storbenen und die Vertreter des Präsidenten. Letztere begaben sich sogleich nach dem Begräbniß wieder na Washington zurück. 8 8 “
1“ “
Li⸗Tsching⸗Fang ist nach einer Meldung aus Shanghai in Begleitung John Foster's gestern an Bord des Dampfers „Kungyi“ nach den Pescadores⸗Inseln abgereist.
Der Kaiser von Japan hielt gestern seinen Einzug in Tokio. Die Straßen und Häuser waren geschmückt. Der Kaiser wurde mit großer Begeisterung empfangen. Auch die Stadt Yokohama war im Festschmuck.
Aus Hongkong von heute meldet das „Reuter'sche Bureau“: dort eingetroffenen Privatnachrichten zufolge hätten die Feindseligkeiten auf Formosa begonnen. Die Japaner bombardierten Kelung.
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Der verantwortliche Redakteur einer Zeitung ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Strafsenats, vom 23. No⸗ vember 1894, infolge der Veröffentlichung einer Annonce, in welcher zur Betheiligung an einer öffentlichen, ohne obrigkeitliche Erlaub⸗ niß veranstalteten Ausspielung aufgefordert wird, zwar nicht wegen Preßdelikts aus § 20 des Preßgesetzes, wohl aber wegen Beihilfe zu einer verbotenen Ausspielung zu bestrafen, wenn er bei der Auf⸗ nahme der Annonce wußte oder annehmen konnte, daß die obrigkeit⸗ liche Genehmigung zu der angekündigten Ausspielung fehlte. „Aller⸗ dings konnte nach dem festgestellten Sachverhalt der Redakteur M. nicht als Thäter bestraft werden, da der Inhalt der Annonce ergiebt, daß nicht er, sondern lediglich R. die Ausspielung ver⸗ anstaltet hat, und durch Veröffentlichung der das frem de Unternehmen betreffenden Annonce der Angeklagte M. nicht Thäter in Bezug auf dieses Unternehmen werden konnte. Für die Anwendbarkeit des § 20 des Preßgesetzes bietet daher der vorliegende Fall keinen Raum. — Der Angeklagte M. durfte aber nicht schon deshalb freigesprochen werden, weil die von ihm bewirkte Publikation für sich allein noch nicht den Thatbestand des § 286 des Strafgesetzbuchs erschöpfe. Wußte er, daß die obrigkeitliche Genehmigung fehlte, und leistete er dennoch dem Thäter R. bei der Veranstaltung der Ausspielung wissent⸗ lich Hilfe durch die Veröffentlichung der Ankündigung, so stand der Verurtheilung wegen Beibilfe ein rechtliches Hinderniß nicht ent⸗
egen. Außerdem war in Betracht zu ziehen, 9 nach allgemeinen Beundsätzen zur Annahme wissentlichen Hilfeleistens im Sinne des § 49 Strafgesetzbuchs auch Eventualdolus genügt.“ (3356/94.)
— In Bezug auf § 10 des preußischen Eigenthumserwerbsgesetzes vom 5. Mai 1872: 1 1 8 „Die Anfechtung (der Eintragung des Eigenthumsübergangs) ist auch auf Grund des Rechtsgeschäfts, in dessen Veranlassung die Auflassung erfolgt ist, statthaft, jedoch wird die mangelnde Form dieses Geschäfts durch die Auflassung geheilt — hat das Reichsgericht, III. Zivilsenat, durch Urtheil vom 12. Februar 1895 ausgesprochen, daß durch die Auflassung die Formmängel des die Auflassung veranlassenden Rechtsgeschäfts, nicht aber die Formmängel der Vollmacht geheilt werden, durch welche ein Dritter von dem Veräußerer oder dem Erwerber zur Abgabe der Auflassungserklärung ermächtigt worden ist. Ist aber die Vollmacht wegen Formmängel ungültig, so ist die Auflassung und das zu Grunde liegende, mit gleichen Formmängeln behaftete Rechtsgeschäft anfechtbar. — A. und B. verkauften ihr Grundstück durch schriftlichen Kaufvertrag an C. Der Kaufvertrag trägt die notariell beglaubigten Unterschriften der beiden Verkäufer und des Käufers. Außer den Kaufbedingungen enthält der Vertrag im § 6 eine Vollmacht, durch welche A. und B. den Gerichtsdiener K. ermächtigen, für sie vor dem Grundbuchamt die Auflassungserklä⸗ rung abzugeben. Das ist durch K. geschehen und darauf C. im Grund⸗ buch als Eigenthümer eingetragen. Hierauf fochten A. und B. durch Klage die Rechtsgültigkeit des Kaufvertrags, der Vollmacht und der Eintragung an, weil A. nicht schreiben könne und seine Unterschrift nur dadurch ermöglicht sei, daß der beglaubigende Notar ihm die Hand geführt habe. Ohne den dafür angebotenen Beweis zu erheben, erachtete das Berufungsgericht den behaupteten Formmangel des Vertrags als durch die erfolgte Auflassung geheilt, daher den Vertrag und die Auflassung als formell rechtswirksam. Auf die Re⸗ vision der Kläger hob das Reichsgericht das Berufungsurtheil auf, indem es begründend ausführte: „Es ist zwar richtig, daß nach § 10 des Eigenthumserwerbsgesetzes vom 5. Mai 1872 durch die Auflassung die Formmängel des die Auflassung veranlassenden Rechtsgeschäfts ge⸗ heilt werden; weiter geht aber die Wirkung nicht. Nur der Kaufvertrag ist das Rechtsgeschäft, durch das die Auflassung veranlaßt ist, nicht die nur äußerlich damit verbundene Vollmacht. Auch diese erfordert schriftliche Form, die, wenn der Mitkläger wirklich Analphabet ist, nach § 172 ff. des A. L.⸗R. Th. I. Tit. 5 nicht ge⸗ wahrt sein würde. Fehlte es aber an einer gültigen Vollmacht, so kann an sich die Auflassung von den Klägern, wirksam angefochten werden; damit würde auch die heilende Wirkung des § 10 cit. be⸗ seitigt, dann aber der Kaufvertrag wegen ungenügender Form un⸗ gültig sein. Daß der Grundbuchrichter auf Grund der äußerlich ge⸗ nügende Unterschriften tragenden und notariell beglaubigten Urkunde die Auflassungserklärung entgegennehmen und die Umschreibung vor⸗ nehmen durfte, ändert daran nichts.“ (278/94
Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.
Die Uebertragung der Funktionen eines Armenarztes an einen Arzt durch Vertrag zwischen der Gemeindebehörde und dem Arzt verleiht, nach einem Urtheil des Ober⸗Verwaltungsgerichts,
Beamtenstellung, auch wenn im Vertrage die dem Arzt zu ge⸗ währende fortlaufende Geldleistung als „Gehalt“ bezeichnet ist und dieses „Gehalt“ hinsichtlich der Gemeinde⸗Einkommensteuer als zur Hälfte von der Besteuerung befreit behandelt worden ist. — Die Wahl des praktischen Arztes Dr. N. zum Stadtverordneten in V. (Rheinprovinz) wurde klagend angefochten, weil Dr. N. von der Stadt als Armenarzt angestellt, daher als Gemeindebeamter nach § 16 Nr. 2 der Städteordnung für die Rheinprovinz vom 15. Mai 1856 nicht wählbar sei. Der Bezirksausschuß wies die Klage ab mit der Ausführung: Das Verhältniß des Dr. N. zur Stadt sei lediglich nach dem Vertrage vom 26. März 1891, dessen Unter⸗ zeichnung durch den Bürgermeister keine Anstellung enthalte, zu be⸗ urtheilen; auch sei die Stadtverordnetenversammlung vorher nicht gehört und Dr. Nr nicht vereidigt. Unter solchen Umständen genüge die bloße Einstellung des Gehalts von 200 ℳ in den Etat der all⸗ gemeinen Armenverwaltung und die Befreiung der Hälfte des Gehalts von der Gemeindeeinkommensteuer noch nicht, die Beamteneigenschaft als gegeben anzusehen. Auf die Berufung der Kläger bestätigte das Ober⸗Verwaltungsgericht die Vorentscheidung, indem es be⸗ gründend ausführte: „Die Anstellung mit dem Effekt der Begründung der Beamteneigenschaft kann allerdings auch mittels Unterzeichnung eines Vertrages zwischen der Behörde und dem Berufenen erfolgen. Indessen ist die regelmäßige Form doch die Ertheilung einer Bestallung, durch welche einerseits die Unterordnung unter jene Behörde, andererseits das dem Beamten gewährte Z verbrieft werden. Es bedarf daher in jedem einer besonderen Untersuchung, ob bereits durch die wieder ge⸗ räuchliche Form des Vertrags eine Beamtenstellung hat gewährt und übernommen werden sollen. Dabei genügt es nicht, daß der Berufene überhaupt an der Erfüllung kommunaler Aufgaben, wie beispielsweise der Fürsorge für die Armen und für die öffentliche Gesundheitspflege, betheiligt wird, sondern es müssen ihm innerhalb dieser Aufgaben unktionen anvertraut werden, welche gerade die Beamtenstellung esonders kennzeichnen. Der Vertrag vom 26. März 1891 ergiebt aber nichts Derartiges. Dem Dr. N. ist danach nur die Färztliche wundärztliche und geburtshilfliche Behandlung derjenigen Erkrankten des III. Armen⸗Bezirks übertragen, für deren flege zu sorgen der Gemeinde obliegt. Die Pflicht des Arzres er⸗ 8 sich nur auf die auch sonst jedem Aerzte obliegende sorgfältige Behandlung der Kranken, sowie auf die Beachtung der Sparsamkeit bei der Arzneiverschreibung und eine Kontrole der Apothekerrechnungen. Daneben hat er noch die Transportanden zu untersuchen und darüber auf Erfordern eine Bescheinigung auszustellen; es ist aber nicht er⸗ sichtlich, daß diesen Attesten amtlicher Glaube beizumessen wäre. Ferner wird ihm zwar die technische Revision der Schulen aufgetragen, aber keinerlei Anordnung gestattet, sondern nur Berichterstattung an den Bürgermeister verlangt. Auch die Mitwirkung für die ihm anvertrauten Kranken als Mitglied der Sanitätskommission bei Epidemien und die Ausstellung von Todtenscheinen überschreiten nicht nothwendig den Geschäftskreis oder die Qualifikation eines Privatarztes. Der Inhalt des Vertrags bietet also keinen Anhalt dafür, daß durch denselben etwas Mehreres beab⸗ sichtigt sei, als die Sicherung einer der Armenverwaltung zur Seite stehenden technischen Hilfskraft. — Wenn somit keine Momente für die Absicht, dem Dr. N. eine Beamtenstellung zu verleihen, für seine Absicht andererseits, in solche Stellung einzutreten, aus dem Vertrag folgen, so ergiebt sich ein Thatbestand dieser Art auch nicht aus der etatsmäßigen Bezeichnung des Honorars als „Gehalt“, noch aus der etwaigen steuerlichen Behandlung der Hälfte desselben.“ (II 271.)
— Die Bewohner eines der Gutsherrschaft gehörigen, aber auf dem zur Landgemeinde gehörigen Fundus stehenden Hauses zählen, nach einem Urtheil des Ober⸗Verwaltungsgerichts, I. Senats, vom 16. Oktober 1894, kommunalrechtlich zur Landgemeinde, selbst wenn sie zu dem Gesinde oder zu den Instleuten der Gutsherrschaft
ehören. Dieses Rechtsverhältniß kann auch nicht durch entgegen⸗ b“ Bestimmungen in den nach der Schulordnung für die Elementarschulen der
Provinz Preußen von dem Landrath auf⸗ genommenen und von der Regierung bestätigten Schulmatrikeln verändert werden. — Zu den Kosten des Neubaues eines Schul⸗ hauses zu S. (Westpreußen) hatte nach der vom Schul⸗ vorstande vorgenommenen Vertheilung die Landgemeinde S. nach 54 und der Rittergutsbesitzer Z. als Eigenthümer des mit dieser den Schulbezirk bildenden Guts R. nach 38 Haushaltungen beigetragen. Dieser Vertheilung der Kosten lag ein vom Landrath gegen den Widersvruch des Schulvorstandes aufgenommener und von dem Regierungs⸗Präsidenten bestätigter Matrikelnachtrag vom 21. März 1887 zu Grunde, wonach dieses Verhältniß (54:38) für die nächsten 10 Jahre maßgebend bleiben solle. Hierauf klagte Z. gegen die Land⸗ emeinde S. im Verwaltungsstreitverfahren auf Ersatz der für 10 Haus⸗ dai geleisteten Zahlungen, weil diese bei jener Vertheilung irrigerweise statt zur Landgemeinde S. zu dem Gute R. gerechnet seien. Der Bezirksausschuß erkannte zu Ungunsten der Landgemeinde S., und auf die Revision der Landgemeinde bestätigte das Ober⸗Verwaltungs⸗ gericht die Entscheidung des Bezirksausschusses, indem es begründend ausführte: „Der Fundus, auf dem das Haus steht, ist aus der bãuer⸗ lichen Gemeinde nicht ausgemeindet, bildet also nach wie vor einen Theil der bäuerlichen Gemeinde (§ 1 des Gesetzes v. 14. April 1856; § 2 der Landgemeinde⸗Ordnung vom 3. Juli 1891). Die Bewohner des Hauses gehören darnach kommunalrechtlich zur Landgemeinde S., und es ändert darin nichts, daß sie irrigerweise bisher in steuerlicher Beziehung nicht als Mitglieder dieser Gemeinde angesehen und be⸗ handelt worden sind. Belanglos ist dabei das Verhältniß, in welchem sie vertragsmäßig zu dem Eigenthürger des Gutes R. standen. Ob sie zu dessen Gesinde oder zu dessen Instleuten gehörten, und welche sonstige Beziehungen zwischen ihm und ihnen obwalteten, hat nur eine privatrechtliche, wirthschaftliche Bedeutung, läßt aber ihre kommunale Zugehörigkeit zu der Landgemeinde S. unberührt. Der Vorderrichter hat darnach mit Recht angenommen, daß die in dem Hause wohnenden zehn Familien bei der Berechnung der Haushal⸗ tungen im Schulbezirke bei der Landgemeinde S. und nicht bei dem Gut R. in Ansatz gebracht werden maßten. — — Wie der Gerichtshof in ständiger Judikatur angenommen hat, schaffen die nach § 66 der Schulordnung für die Elementarschulen der Provinz Preußen vom 11. Dezember 1845 von den Landräthen aufzunehmenden und von den Regierungen zu bestätigenden Schulmatrikeln kein neues Recht, sondern konstatieren nur bestehende Rechtsverhältnisse; sie haben an sich nicht den Charakter von Verträgen, noch erhalten sie solchen durch die Genehmigung der Schulaufsichtsbehörde; nur wenn die Festsetzungen der Matrikeln auf vertragsmäßigen Abreden beruhen, sind ihre Festsetzungen ebenso maßgebend und rechtsverbindlich, wie die Verträge selbst; wesentlich ist sonach die Art ihres Zustande⸗ kommens, insbesondere der Inhalt der Erklärungen der Betheiligten in . 9* Matrikelaufstellung vorangegangenen Verhandlungen.“ (I 1166.
Statistik und Volkswirthschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Der Weberausstand in der M. und O. Sommerfeld⸗ schen Tuchfabrik in Kottbus (vergl. Nr. 128 d. Bl.) ist, wie der Berliner „Volks⸗Ztg.“ gemeldet wird, bereits beendigt.
Aus Köln wird der „Voss. Ztg.“ unter dem gestrigen Tage ge⸗ meldet: Der auf den belgischen Gruben im Sülzthale aus⸗ gebrochene Ausstand (vergl. Nrn. 102 und 122 d. Bl.) dauert fort. Eine Konferenz, die in den letzten Tagen in Mülheim a. Rhein unter dem Vorsitze des Regierungs⸗Präsidenten im Beisein des Landraths und der Bürgermeister der betheiligten Gemeinden stattfand, und an der die Vertreter der Arbeiter und der Direktor der Gesellschaft theilnahmen, ist ergebnißlos verlaufen. Die Gesell⸗
haben sich jetzt in einer Eingabe an Seine Majestät den Kaiser gewandt. 1—
. In Landshut in Niederbayern legten, wie dem „Vorwärts“ be⸗ richtet wird, 14 Gehilfen der Brauerei Draxlmeier die Arbeit wegen Differenzen mit der Verwaltung nieder.
Dem „Leipziger Tageblatt“ zufolge erstreckt sich der Maurer⸗ ausstand in Leipzig (vergl. Nr. 128 d. Bl.) nicht auf den Reichs⸗ erichts⸗Neubau; ferner haben nicht. 9, sondern 21 Arbeitgeber die Forderung der Ausständigen bewilligt.
Eine gestern in Wien, in der Volkshalle des Rathhauses abge⸗ haltene sozialdemokratische Versammlung, welche eine Demon⸗ stration für das allgemeine direkte Wahlrecht bezweckte, war, wie „W. T. B.“ meldet, von etwa 8000 Personen besucht, von denen 5000 den Verhandlungen stehend beiwohnen mußten. Mehrere Redner sprachen sich in beftigster ve zu Gunsten des allgemeinen Wahlrechts aus. Nach Schluß der Versammlung zogen die Arbeiter truppweise ab und stießen Rufe für das Wahlrecht und gegen die Regierung aus; ein besonderer Zwischen⸗ fall ereignete sich nicht. “ Nach einer Meldung der „Köln. Ztg.“ vom 29. d. M. sind in Verviers die Arbeiter der Kamm garnspinnerei von Ser⸗ wir, Byrom u. Co. ausständig. Sie wollten die Abschaffung der ihnen überflüssig erscheinenden Stelle eines dritten Spinn⸗ meisters, eine Lohnerhöhung der in der Fabrik beschäftigten Fadner und für die sogenannten Rentreurs gleiche Lohnsätze erzielen, wie sie die Spinner haben. Bisher verdienten die Fadner der Firma im Durchschnitt täglich 3,75, die Rentreurs 5 und die Spinner 7,50 Fr. Die Spinner erklärten sich bereit, auf ihre Löhne so weit zu verzichten, daß den Arbeitgebern aus den zu Gunsten der übrigen Arbeiter verlangten Neuerungen keine Mehrauslagen erwüchsen.
Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche rom 19. Mai bis inkl. 25. Mai cr. zur Anmeldung gekommen: 856 Lebendgeborene, 290 Eheschließungen, 35 Todtgeborene, 541
Sterbefälle. Kunst und Wissenschaft.
Der Verein der Kunst freunde im Preußischen Staat bielt vorgestern Abend im Lokal des Künstlervereins unter dem Vor⸗ sitz des Majors a. D. Alexander Duncker seine Generalversamm⸗ lung ab. Der Verein hatte im verflossenen Jahre eine Einnahme von 17 170 ℳ zu verzeichnen, darunter 13 845 ℳ an Mitgliederbeiträgen, 3220 ℳ an Zinsen und 105 ℳ für verkaufte Kunstblätter. Verausgabt wurden 14 401 ℳ und zwar u. a. 2000 ℳ für Miethe, 1776 ℳ für Verwaltungskosten, 1122 ℳ für Druck. und Insertionskosten und 9050 ℳ für den Ankauf von Kunstwerken zur Verloosung. Es verblieb ein Baarbestand von 2769 ℳ, außerdem besitzt der Verein ein Effektenvermögen von 80 000 %ℳ Aus der von Seddlitz'schen Stiftung erhielten die Pro⸗ fessoren Otto Lessing, Max Koner und Karl Saltzmann Prämien in Höhe von je 200 ℳ%ℳ Der bisherige Vorstand wurde wiedergewählt und der Ausschuß aus folgenden Herren gebildet: den Pro⸗ fessoren Pflugradt, Mevyerheim, ecker, Körner, Breitbach, Knaus, Hans Meyer, Pavpe und Moser; den Malern Bennewitz von Loefen und Pinckert, dem Baumeister Knoblauch, dem Kunsthändler Schulte, dem Hofbuchhändler Dr. Töche, dem Geheimen Feben Bork, dem Geheimen Kommerzien⸗Rath Mendelssohn⸗
zartholdy, dem Kommerzien⸗Rath Spindler und dem Staats⸗ sekretär a. D. Herzog. Die Versammlung beschloß sodann ein⸗ stimmig, die neuen vom Vorstand entworfenen Statuten in nähere Erwägung zu nehmen; eine endgültige Abstimmung kann erst in einer zweiten Generalversammlung erfolgen. Die neuen Satzungen bezwecken eine Vereinfachung der Geschäftsführung und sichern im Fall einer Auflösung des Vereins das Vermögen dem „Verein Berliner Künstler zur Unterstützung seiner hilfsbedürftigen Mitglieder und deren Hinterbliebenen“ zu. Schließlich fand di Verloosung der angekauften Kunstwerke statt. 8
Land⸗ und Forstwirthschaft.
München, 30. Mai. (W. T. B.) In der ersten General versammlung des bayerischen Landesverbandes der land wirthschaftlichen Darlehnskassen hielt der Minister Freiherr von Feilitzsch eine Ansprache, worin er die Anwesenden begrüßte und die weitere Förderung der Bestrebungen des Verbandes vmieberze 3 Nach lebhafter Debatte wurde schließlich eine Resolution des Inbalts ange⸗- nommen, daß ein Spezialausschuß prüfen solle, auf welche Weise der genossenschaftliche Verkauf der Landwirthschaftsprodukte zu fördern und inwieweit die Errichtung von Lagerhäusern erforderlich sei. Ein weiterer Beschluß ersucht den Vorstand, dahin zu wirken, daß Mündel und Stiftungsgelder uneingeschränkt bei den Darlehnskassen angeleg werden können. Der Vorsitzende Freiherr von Soden schloß di Sitzung mit einem Hoch auf den Prinz⸗Regenten Luitpold. Dem Landesverband gehören jetzt 651 Darlehnskassen an.
Belgrad, 30. Mai. (W. T. B.) Der Stand der Winter saaten ist gut, nur stellenweise haben die Saaten durch Hagel gelitten. Dem Mais hat stellenweise die Dürre geschadet, Wein und
Obst versprechen eine gute Ernte.
Handel und Gewerbe 1
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. 8 An der Ruhr sind am 30. d. M. gestellt 10 692, nicht recht⸗ zeitig gestellt 51 Wagen. 8 In Oberschlesien sind am 29. d. M. gestellt 3838, nicht recht zeitig gestellt keine Wagen.
Ausweis über den Verkehr auf dem Berline Schlachtviehmarkt vom 29. Mai 1895. Auftrieb und Markt preise nach Schlachtgewicht mit Ausnahme der Schweine, welche nach Lebendgewicht gehandelt werden. Rinder. Auftrieb 238 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg) I. Qualität —,— ℳ, II. Qualität —,— ℳ, III. Qualität 88 — 100 ℳ, IV. Qualität 76 —84 ℳ — Schweine. Auftrieb 10 846 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) Mecklenburger 78 — 80 ℳ, Landschweine: a. gute 74 — 76 ℳ, b. geringere 68 — 72 ℳ, Galizier —,— ℳ, leichte Ungarn —,— ℳ bei 20 % Tara, Bakonyer — ℳ bei — kg Tara pro Stück. — Kälber. Auftrieb 4816 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) I. Qualität 1,12 — 1,20 ℳ, II. Qualität 1,00 — 1,10 ℳ, III. Sualität 0,90 — 1,08 ℳ — Schafe. Auftrieb 1461 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) I. Qualität 0,94 — 1,08 ℳ, II. Qualität 0,90 — 0,92 ℳ, III. Qualität —,— ℳ
Köln, 30. Mai. (W. T. B.) Die heute hier abgehaltene Generalversammlung der Vereinigten Köln⸗Rottweiler Pulverfabriken war von 30 Aktionären, welche 4217 Stimmen vertraten, besucht. Die Vorschläge der Verwaltung in Bezug auf die Verwendung des Reingewinns unter Auskehrung einer Dividende von 13 % wurden einstimmig genehmigt. Die aus dem Aufsichtsrath ausscheidenden Mitglieder: Direktor grch. Louis Hagen, Josef Sayer, Friedrich Schmalbein und Eberhardt Schuelgen wurden wiedergewählt und Justiz⸗Rath Maas sowie Direktor Menshausen hinzugewählt.
—FEssen a. d. Ruhr, 30. Mai. (W. T. B.) In der heutigen Versammlung der dem Rheinisch⸗Westfälischen Kohlen⸗ syndikat angehörigen Zechenbesitzer fand der Entwurf zur Ver⸗ längerung des Vertrages nach unwesentlichen Aenderungen der Rheinisch⸗Westfaͤlischen Zeitung“ zufolge mit 3350 gegen 286 Stimmen Annahme; 237 Stimmen waren nicht vertreten. Gegen die vorliegende
schaft verlangt Wiederaufnahme der Arbeit, während die Arbeiter
II. Senats, vom 16. Februar 1895, diesem nicht ohne weiteres eine
vorerst die Sicherstellung ihrer Forderungen verlangen. Die Arbeiter
Fassung des Vertrages stimmten die Zechen „Zollverein“,