8 Verschiedene Erkrankungen. 1
Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen starben an Diphtherie und Croup (Durchschnitt aller deutschen Berichtsorte 1881/90: 4,49 %): in Magdeburg — Erkrankungen wurden aus Berlin 85, München 38, Budapest 30, een 41, Paris 82, St. Petersburg 48, Wien 72 — an Masern aus Berlin 58, Breslau 84, aus den Regierungsbezirken Arnsberg 222, Düsseldorf 101, Hildesheim 126, Posen 231, aus München 88, Budapest 49, Edinburg 37, St. Peters⸗ burg 50, Wien 296 — an Scharlach aus Edinburg 30, Kopen⸗ hagen 32, London 214 (Krankenhäuser), Paris 79, St. Petersburg 62, Wien 96 — an Unterleibstyphus aus St. Petersburg 64 an⸗ gemeldet.
Der Gesundheitsstand in Berlin blieb auch in der Woche vom 19. bis 25. Mai ein günstiger und die Sterblichkeit eine niedrige (von je 1000 Einwohnern aufs Jahr berechnet, 15,0). — Unter den Todesursachen haben akute Entzündungen der Athmungs⸗ organe in sehr erheblicher Weise abgenommen, auch war der Verlauf in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle ein milder. Desgleichen wurden auch Erkrankungen an Grippe nur wenig beobachtet, doch kam noch 1 Todesfall an Grippe zur Mittheilung. Dagegen zeigten sich akute Darmkrankheiten zahlreicher und forderten auch erheblich mehr Opfer in der Kinderwelt. Die Theilnahme des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war eine nur wenig gesteigerte; von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 47 Säuglinge. — Von den Infektionskrankheiten blieben Erkrankungen an Unter⸗ leibstyphus selten, an Masern und Scharlach kamen etwas mehr, an Diphtherie etwas weniger als in der Vorwoche zur Anzeige, und zwar gelangten Erkrankungen an Masern aus der Rosenthaler Vorstadt, an Scharlach aus dem Wedding, an Diphtherie aus der Schöneberger Vorstadt, der jenseitigen Louifenstadt und der Rosenthaler Vorstadt am häufigsten zur Meldung. Erkrankungen an Kindbettfieber wurden 3 bekannt, sowie eine neue tödtlich verlaufene Erkrankung an Genick⸗ starre. Rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut kamen nur wenige zur ärztlichen Beobachtung. Erkrankungen an Keuchhusten blieben selten und behielten meist ihren milden Verlauf. Rheumatische Beschwerden aller Art zeigten in ihrem Vorkommen im Vergleich zur Vorwoche keine wesentliche Veränderung.
8
Mannigfaltiges.
Zu der feierlichen Beisetzung der Leiche des Polizei⸗Präsidenten Freiherrn von Richthofen, welche morgen Nachmittag 4 Uhr in Bonn stattfindet, begiebt sich als Vertreter des Ministers des Innern der Ministerial⸗Direktor, Wirkliche Geheime Ober⸗Regierungs⸗ Rath Haase dorthin. Vom Königlichen Polizei⸗Präsidium werden den Beisetzungsfeierlichkeiten Ure der Geheime Regierungs⸗ Rath Graf von Pückler, der Geheime Fö Muhl und der Regierungs⸗Rath Liber, sowie der Polizei⸗Oberst Krause nebst einem Adjutanten, einem Wachtmeister und einem Schutzmann.
Im städtischen Obdach befanden sich am 1. Mai d. J.
amilien mit 48 Personen (darunter 12 Säuglinge) und 59 einzelne Personen (48 Männer, 11 Frauen). Am 1. Juni war der Bestand 11 Familien mit 43 Personen (darunter 7 Se scen. nd 34 einzelne Personen (27 Männer, 7 Frauen). Das Asyl ür nächtliche Obdachlose daselbst benutzten im Laufe des Monats Mai 2 961 Personen, und zwar 11 664 Männer, 1297 Frauen. Von diesen Personen wurden 5 dem Krankenhause am Friedrichshain, 16 dem Krankenhause Moabit, 17 der Charité überwiesen, 303 der Polizei vorgeführt. 1
Zu der großen Berliner Ruder⸗Regatta haben nunmehr 36 Vereine 186 Boote gemeldet, d. s. 8 Vereine mit 22 Booten mehr als im Vorjahr. Dazu treten noch die 13 Schülerboote, die am Tage vor der großen Regatta um den Preis Seiner Majestät des Kaisers und Fnes starten werden, sodaß an den drei Regattatagen insgesammt 841 Ruderer in 199 Booten um die Preise kämpfen werden. Da zu zweien der Rennen 18 bezw. 16 Boote gemeldet haben, wird man für diese am Tage des Schülerrennens besondere Vor⸗ rennen veranstalten. Von den 36 Klubs sind 16 aus Berlin und deren Umgebung, 4 aus Hamburg, je 2 aus Stettin, Frankfurt a. O., Danzig, vpenraee und Münster und je einer aus Halle, Breslau, Kiel, Dessau, Elbing und Mainz. Im Kaiservierer gedenken sechs Klubs zu starten, und zwar aus Berlin Klub und Verein, aus Hamburg die Germanen, aus Stettin Triton, sowie Mainz und Kiel. Im Doppel⸗ achter hat nur der Berliner Klub gemeldet. Schwach besetzt ist auch das nachträglich eingeschobene Rennen im Akademischen Vierer: der Ber⸗ liner Akademische Ruderverein wird hier nur dem Akademischen Ruder⸗ und Schwimmverein zu Münster gegenüberstehen. Sehr bedeutend ist die Zahl der Theilnehmer in den zweit⸗ und drittklassigen Rennen. Fnn Junior⸗Vierer sind allein 36 Boote gemeldet, die man durch
lassifizierung auf drei verschiedene Rennen vertheilt hat.
Am nächsten Montag, Abends 8 Uhr, findet im Saal Bech⸗ stein ein dramatischer Vortragsabend der Hey'schen Stilbildungsschule statt. Einladungen für diese ausschließlich Opern⸗Fragmente darbietende Aufführung sind bei Bote u. Bock, Leipzigerstraße 37, unentgeltlich zu haben.
Der Zentralvorstand des Evangelischen Vereins der Gustav Adolf⸗Stiftung macht bekannt, daß die diesjährige 48. Hauptversammlung des Gesammtvereins in den Tagen vom 10. bis 12. September in Hannover stattfinden wird, und ladet die Mitglieder und Freunde des Vereins zu zahlreichem Besuch ein. An⸗ träge, welche in der Versammlung zur Berathung gelangen sollen, sind spätestens bis 10. Juli, beabsichtigte Vorträge aber spätestens bis 1. September bei dem Zentralvorstand in Leipzig, Thomaskirch⸗ hof 25 II, anzumelden.
Westerland auf Sylt. Die Sturmfluth in der Nacht vom 22. zum 23. Dezember v. J. hatte an dem Badestrand bedeutenden Schaden angerichtet. Die lange Wandelbahn vom Damenbad bis zum rrenbad war gänzlich weggerissen, die Herrenbadehalle und die ygienischen Anstalten waren vollständig verschwunden, die Uebergänge zum Strande mit ihrem Treppenmaterial von den aufgeregten Meeres⸗ wogen zum theil ganz weggerissen, zum theil zerstört. Alle diese Zer⸗ störungen sind jetzt gehoben. Am Hauptstrandübergang vor dem Musikpavillon ist eine vollständig neue Plattform mit neuem Unterbau, neuem Belag und breiten Treppen entstanden; letztere werden elektrisch beleuchtet. Auch die anderen Uebergänge, die beschädigt waren, sind neu hergestellt. Am Herrenbad ist eine neue, vergrößerte und verbesserte Halle aufgeführt worden. Die 1 ½ km lange Wandelbahn ist zum theil von an der Südspitze der Insel wieder aufgefundenen Hölzern, zum theil von neuem Material aufgebaut worden, ebenso die an derselben befindlichen hygienischen Anstalten. Die Anzahl der Badehäuschen, Zelte und Strandkörbe wurde beträchtlich vermehrt und die Einrichtung der beiden ersteren verbessert. Das Warmbadehaus ist durch maschinelle Einrichtungen verbessert worden. Durch diese mit großem Kostenaufwand ge⸗ chaffenen Verbesserungen und Neueinrichtungen hofft die Direktion sich die Zufriedenheit und den Beifall der Kurgäste zu erwerben.
Cassel, 6. Juni. Die Hauptversammlung der Deut⸗ schen Kolonial⸗Gesellschaft wurde heute Vormittag im hiesigen Stadtparksaal von dem Vorsitzenden, Seiner Hoheit dem Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg⸗Schwerin eröffnet, welcher die Leitung der Verhandlungen an den Vize⸗Präsidenten, Geheimen Regierungs⸗Rath Simon abgab. Die Versammlung faßte eine Resolution, in welcher es als wünschenswerth bezeichnet wird, daß besondere deutsche Kolonial⸗Briefmarken ausgegeben werden. Ferner wurde beschlossen, dem Präsidium anheim zu geben, zur ge⸗ eigneten Zeit die erforderlichen Schritte bei dem Reichskanzler zu
thun in Betreff des Erwerbs von Flottenstationen in fremden Ge⸗ wässern, sowie in Betreff des Ersuchens um periodische Mittheilung des Auskunftsmaterials über Auswanderung und Kolonisation an die Ab⸗ theilungen der Deutschen Kolonial⸗Gesellschaft. Endlich wurde beschlossen, den Reichskanzler zu ersuchen, dem Reichstag ein Auswanderer⸗Gesetz vorzulegen mit der Bestimmung, daß in Verbindung mit der dem Reichskanzler unterstehenden Kolonialbehörde eine eigene Abtheilung für das Auswanderungswesen gebildet werde, welche alle auf die Auswanderung bezüglichen Angelegenheiten erledige, In⸗ formationen über die Ansiedelungsverhältnisse in den deutschen Schutzgebieten sowie in fremden Einwanderungsländern sammele und die gesammelten Informationen weiteren Kreisen bekannt gebe. Zum Ort der nächstjährigen wurde Berlin gewählt. Herog Johann Albrecht von Mecklenburg⸗Schwerin schloß mit orten des Dankes die Sitzung um 3 Uhr Nachmittags.
Stuttgart, 7. Juni. Die amtlichen Berichte an das Ministerium des Innern über die Wasserkatastrophe im Bezirk Balingen (vergl. Nr. 133 d. Bl.) besagen, daß am 4. d. von 5 bis 7 Uhr Abends, und sodann am 5. Nachts gegen 11 Uhr starke Wolkenbrüche im Eyachthale niedergingen. In der Stadt Balingen wurden mehrere Häuser, Brücken, Kanäle und Wasserwerke theils völlig zerstört, theils schwer beschädigt; 10 Personen sind getödtet oder fortgeschwemmt. Im Pfarrdorf Frommern sind 7 Häuser ganz oder theilweise, die Brücken völlig zerstört; auch hier sind 7 Todte und 9 Vermißte zu verzeichnen. In Laufen sind 7 Häuser eingestürzt; 15 Menschen⸗ leben sind zu beklagen, auch 15 Thiere wurden getödtet. Der Friedhof wurde von den Fluthen aufgerissen, sodaß die Särge umherschwimmen. Der Schaden der Gemeinde Laufen beziffert sich auf eine Viertelmillion. In Dürrwangen wurde ein Gebäude fortgeschwemmt, 4 andere sind zerstört, 2 Brücken und 2 Stege wurden weggerissen, 10 Thiere ertranken, doch ist kein Verlust an Menschenleben zu beklagen. In den oberhalb der Stadt Ebingen liegenden Dörfern Thailfingen und Truchtel⸗ fingen ist ebenfalls bedeutender Schaden angerichtet. Alle Gemeinden haben telegraphisch Staatshilfe erbeten. Von dem Wolkenbruch sind am schwersten die Gemeinden Balingen, Frommern, Laufen und Dürrwangen betroffen worden. Insgesammt sind nach den bis⸗ herigen Ermittelungen 37 Personen ertrunken, zehn Personen werden noch vermißt; 30 Häuser sind völlig zerstört, beschädigt sehr viel mehr. Schwer betroffen sind auch die Gemeinden Thailfingen, Truchtelfingen und Meßstetten, weniger schwer die Gemeinden Lautlingen, Ebingen und Onstmettingen. Heute früh ist eine Abtheilung von 60 Pionieren eingetroffen und auf die geschädigten Gemeinden vertheilt worden. Behufs Beseitigung der Trümmer mußten Nothbrücken gebaut werden. Seine Majestät der König telegraphierte an den Ober⸗Amtmann Filser⸗Balingen Folgendes: „Tief erschüttert durch die Schreckens kunde, ersuche ich „Sie, den so furchtbar heimgesuchten Gemeinden meine innigste Theilnahme kund zu geben mit der Versicherung, daß, was menschliche Hilfe vermag, von staatlicher Seite, wie von mir gern und schleunigst ge⸗ schehen soll. Gott bewahre den Bezirk vor weiterem Unglück und stehe den Schwerbetroffenen bei! Ich sehe Ihrem weiteren Bericht auch über die besondere Nothlage entgegen. Wilhelm.“ Der Minister Pischek hat Techniker zur Unterstützung der betroffenen Ge⸗ meinden entsandt und die Ermächtigung ertheilt, Pioniere auf Staats⸗ kosten heranzuziehen. Der „Staats⸗Anzeiger für Württemberg“ sagt, es sei eine Katastrophe, wie sie unter den klimatischen Verhältnissen Württembergs kaum erhört sei. Heute stellte sich ein neuer starker Regen ein, der noch weitere Beschädigungen verursachte. Die gefähr⸗ deten Häuser sind gestützt worden, an Wiederherstellung der Straßen, 8 Brücken wird eifrig gearbeitet. Es hat sich ein Hilfscomité gebildet.
Weimar, 6. Juni. Die Verhandlungen des Deutschen Vereins für Knabenhandarbeit wurden heute fortgesetzt. Am Nachmittag erschien Seine Königliche Hoheit der Großherzog. Höchstderselbe besichtigte die Ausstellung in eingehendster Weise und sprach sich, dem „W. T. B.“ zufolge, sehr anerkennend über die Schülerarbeiten und die Bestrebungen des Vereins aus.
Wien, 7. Juni. In verschiedenen Gemeinden Oesterreichs und Ungarns sind gestern theils Wolkenbrüche, theils Hagelschläge niedergegangen, wodurch bedeutender Schaden angerichtet wurde. — Infolge einer in der Nacht zum Donnerstag zwischen Pincehely und Simontornya durch furchtbares Unwetter hervorgerufenen Ueber⸗ schwemmung entgleiste ein Güterzug. Fünfzehn Waggons wurden zertrümmert, verwundet wurde niemand.
Paris, 6. Juni. Wie der „Soir“ meldet, verhaftete die Polizei in Périgueux den Sattler Hillairand, welcher gedroht hatte, auf den Präsidenten Faure blind zu schießen, um die Aufmerksam⸗ keit auf die angebliche Ungerechtigkeit zu lenken, deren Opfer er sei. Hillairand, der an Verfolgungswahn leiden soll, versuchte 1887 auch ein Attentat gegen Bazaine.
Nimes, 6. Juni. Durch eine Explosion in den Gruben von La Vernaréde wurden laut Meldung des „W. T. B.“ sechs Arbeiter getödtet und drei schwer verwundet.
Florenz, 6. Juni. Sämmtliche aus den Ortschaften der Um⸗ gegend hier eintreffenden Nachrichten bestätigen, daß das Erdbeben (vergl. Nr. 133 d. Bl.) auch dort keinen Schaden angerichtet hat. Nach dem Eintritt des Naturereignisses herrschte allerdings allgemeine Panik, sodaß die Bevölkerung die Nacht im Freien verbrachte, all⸗ mählich aber beginnt dieselbe sich zu beruhigen. Das Wetter ist schlecht, es regnet in Strömen.
Konstantinopel, 6. Juni. „W. T. B.“ berichtet: Ein türkischer Offizier, welcher an Bord eines französischen Schiffes den Hafen verlassen sollte, gerieth mit dem Bagage⸗ Chef ins Handgemenge und verwundete denselben schwer durch einen Stich. Der Kapitän ließ die Meldung hierüber sofort an das fran⸗ zösische Stationsschiff „Petrel“ gelangen, von welchem alsdann 10 Mann nach dem französischen Schiffe entsandt wurden. Dem Offizier wurden Handschellen angelegt und derselbe darauf an Bord des „Petrel“ gebracht, wo er sich noch in Haft befindet.
Nach Schluß der Redaktion eingegangen Depeschen. 1
Hamburg, 7. Juni. (W. T. B.) Der Hamburger Malatiad“ hat auch auf seiner Rückreise von
iel nach Hamburg die Fahrt durch den Nord⸗Ostsee⸗ Kanal gemacht und ist, nachdem er denselben ohne Schwierig⸗ keiten irgend welcher Art passiert hat, bereits gestern Abend um 8 Uhr wohlbehalten hier eingetroffen. Die „Palatia“ hat Kiel in der Nacht vom Mittwoch zum Dertee t n 3 Uhr verlassen. Kurz vor der Abfahrt wurden die an Bord befind⸗ lichen Direktoren der Rhederei benachrichtigt, daß Ihre König⸗ liche Hoheit die Prinzessin Heinrich die Fahrt mitmachen werde, um den Kanal kennen zu lernen. Von dem An⸗ erbieten, die Abfahrt unter diesen Umständen auf eine spätere Stunde verlegen zu wollen, machte Ihre Königliche Hoheit keinen Gebrauch. Die Prinzessin traf, begleitet von einigen Damen und dem Hofmarschall Freiherrn von Secken⸗ dorff, kurz vor Abfahrt an Bord ein und verweilte fast während der ganzen Fahrt auf der Kommandobrücke, wo Baurath Koch Erläuterungen über den Bau der einzelnen Strecken gab. Ihre Königliche Hoheit fuhr mit der „Palatia“ bis Hamburg und trat von Altona aus mit dem Abend⸗ schnellzuge die Rückreise nach Kiel an.
Djeddah, 6. Juni. (Meldung des Reuter'schen Bureaus.) Die Lage der hiesigen Europäer ist sehr ernst. In der Stadt befinden sich nur wenige Truppen, und die Bevölkerung ist im allgemeinen über den Angriff der Beduinen auf die Konsularbeamten erfreut. Der religiöse Fanatismus ist sehr und wird gefahrdrohend, wenn nicht alsbald von den Mächten Vorkehrungen getroffen werden, die dem Leben der Europäer wirksamen Schutz verbürgen, welches sonst nicht gesichert erscheint, zumal ein Beduinen⸗Aufstand für die nächste Zeit wahrscheinlich ist.
Tamsui, 7. Juni. (W. T. B.) Die Rebellen in Fort Tamsui feuerten auf einen deutschen Handels⸗ dampfer, worauf das Kanonenboot „Iltis“ das Fort beschoß und zum Schweigen brachte; ein anderes Fort wurde verlassen; die Europäer blieben unbelästigt.
London, 7. Juni. (E. T. B.) Das ‚Reuter'sche Bureau“ meldet aus Hongkong: Das deutsche Kanonenboot „Iltis“ eröffnete das Feuer auf die chinesischen Forts in Hobe, vermuthlich weil die dortigen Be⸗ hörden sich weigerten, die Abfahrt eines Handels⸗ dampfers, mit dem Präsidenten Tang, Soldaten und Flüchtlingen an Bord, zuzulassen; die Forts wurden zum Schweigen gebracht, die Kanoniere flohen, und der Dampfer ging in See.
Wetterbericht vom 7. Juni, 8 Uhr Morgens.
Stationen.
Bar. auf 0 Gr.
u. d. Meeressp. red. in Millim.
in 0 Celsius 5 0C. = 40R.
Temperatur
heiter heiter Regen 2 wolkig bedeckt bedeckt Regen Regen heiter wolkig wolkenlos wolkenlos halb bed. wolkig V halb bed. wolkig bedeckt
wolkenlos bedeckt ¹) wolkenlos Regen
wolkig
bedeckt
ill Regen
7714 NNO 772 O 762 768
Aberdeen. Christiansund Kopenhagen Stockholm. 767 1 “ 758 EW 161616166 Moskau . . C11121 Cork, Queenstown 772 Cherbourg . 767 elder 1“ 769 11ö1ö1qX“]; amburg 767 winemünde 766 Neufahrwasser.. 7566 16“*“ 766 NNW . I14*“ 4*“ 765 NO T 1111111111X1X1A“ Wiesbaden. ““ München C Chemnitz 764 Berlin 766 Wien.. 762 Breslau. v 765 2 bedeckt 11I1Iq“ wolkig Nizza ““ 761 stihll wolk —2910) Abends Gewitter. . Uebersicht der Witterung. „Die Wetterlage hat sich im allgemeinen wenig verändert. Die Witterung West⸗Europas steht unter dem Einfluß eines Hochdruck⸗ gebiets, dessen Kern westlich von Irland liegt. Der Druckvertheilung entsprechend, dauert die schwache nördliche bis östliche Luftströmung über 1““ fort, nur am Nordfuße der Alpen wehen west⸗ liche Winde bei Regenwetter. In Deutschland ist das Wetter warm, vorwiegend heiter und außer in den südlichen Gebietstheilen trocken.
log
In Suͤddeutschland und Oesterreich fanden zahlreiche Gewitter statt.
Fortdauer der warmen, meist heiteren Witterung wahrscheinlich. Deutsche Seewarte.
Theater⸗Anzeigen.
Berliner Theater. Sonnabend: Madame Sans⸗Gene. Anfang 7 ½ Uhr.
Sonntag, Nachmittags 2 ½ Uhr: Der Herr Senator. —
Abends 7 ½ Uhr: Der Pfarrer von Kirchfeld. Montag: Das Bild des Signorelli.
MNeues Theater. Schiffbauerdamm 4 a. /5. Sonnabend:
Ensemble⸗Gastspiel der Iv des Carl Schultze⸗Theaters (Ham⸗
burg) unter Leitung des Direktors José Ferenczu. Tata⸗Toto.
Vaudeville in 3 Akten nach Bilhaud und Barré von Victor Léon d F. Zell. Musik von Antoine Banés. Anfang 7 ½ Uhr. (Fomttag: Tata⸗Toto.
Theater Unter den Linden. Behrenstr. 55/57. Direktion:
Julius Fritzsche. — Sonnabend: Miß Helyett. Vaudeville⸗Operette in 3 Akten von Maxime Boucheron. Deutsch von Richard Genée. Musik von E. Audran. Dirigent: Herr Kapellmeister Federmann. Anfana 7 ½ Uhr. 8
Sonntag: Miß Hellhett. .
Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Frl. Ella Oberbeck mit Hrn. Sec.⸗Lieutenant Hans Braetsch (Ratibor). — Frl. Olga Zahn mit Hrn. Fabrikbesitzer Johannes Apell (Pfaffendorf b. Liegnitz). — Frl. Elsa Jung mit Hrn. Prem.⸗ Lieutenant Carl Seelemann (Kiel). — Frl. Anna Ostwalt mit Hrn. Fabrikbesitzer Ernst Kaufmann (Braunschweig — Springe).
Verehelicht: Hr. Dr. phil. Bruno Fiedler mit Frl. Flzbetbh Gravenstein (Halle a. S.). — Hr. Regierungs⸗Referendar Alfred von Goßler mit Ilse von Mauve⸗Schmidt (Berlin). — Hr. Pastor Ernst Boese mit Frl. Agathe Neumann (Templin, U.⸗M.). ubr. Kapitän⸗Lieutenant von Bentheim mit Frl. Melitta Küster
iel).
Gestorben: Verw. Fr. Oekonomie⸗Rath Charlotte Rothe, geb. Grunwald (Karge). — Hr. Geheimer Regierungs⸗Rath Dr. Ludwig Metzel (Berlin). — Hr. Dr. Conrad Adolph Fiedler (München). — Hrn. Ober⸗Bibliothekar von Heinemann Tochter Gertrud (Wolfenbüttel).
Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin. 8
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße 32.
Sechs Beilagen einschließlich Börsen⸗Beilage).
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N 134.
Bierte Versammlung der deutschen Landesgruppe der Internationalen kriminalistischen Vereinigung.“
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Gießen, am 6. Juni 1895. Landgerichts⸗Präsident Freiherr von Ricon eröffnete die Sitzung in der Aula der Universität. Die Großberzoglich hessische Regierung entbot durch den Ministerial:Rath⸗ Ober⸗Staatsanwalt Schlppe, die Stadt durch den Ober⸗Bürger⸗ meister Gnaurh, die juristische Fakultät der Universität durch ihren Dekan, den Professor Frlar ihren Willkomm der. Versammlung. reiherr von Ricou wurde für den ersten, Geheimer Regierungs⸗ Rath, Professor Seuffert (Bonn) für den zweiten Sitzungstag zum⸗ Vorsitzenden gewählt, Unter⸗Staatssekretärz. D. von Mayr (Straß⸗ burg 1. Elsaß) zum stellvertretenden Vorsitzenden, Assessor Dr. Rosen⸗ feld und die Accessisten Spohr und Gebhardt zu Schriftführern. Alg erster Gegenstand der Tagesordnung wurde die Frage erörtert: Sind die Bestimmungen des Reichs⸗Strafgesetzbuchs über die korrektionelle Nachhaft reformbedürftig? Berichterstatter waren: Professor Dn. von Hippel (Straßburg i. E.) und Strafanstalts⸗Direktor, Regierungs⸗Rath von Engelberg (Mannheim). Ersterer hat seine Ansichten in einem zum Kongresse erschienenen Werke von 281 Seiten niedergelegt. An den Debatten betheiligten sich folgende Herren: Unter⸗Staatssekretär z. D. von Mayr, Geheimer Regierungs⸗Rath, Professor Seuffert (Bonn), Professor von Liszt (Halle), Professor Zucker (Prag), prs fessor Frank (Gießen), Landgerichts⸗Rath Kronecker, Landgerichts: Rath elisch, Landrichter Aschrott (älle 3 Berlin), Amtsrichter Schubert Ebeleben), Pastor Dr. von Koblinski (Düsseldorf), Professor der sychiatrie Sommer (Gießen) und Bezirksphysikus Dr. Leppmann Berlin). Um Wiederholungen zu vermeiden, sollen die schließlich zefaßten Beschlüsse an die Spitze des Berichtes gestellt werden. Sie lauten folgendermaßen: .“ -
I. Soweit das Arbeitshaus nicht in Frage kommt, ist der Bettel mit Haft nicht unter einer Woche zu bestrafen, welche Strafe eeignetenfalls durch hartes Lager und Verbüßung bei Wasser und Biss geschärft werden kann; der heute zulässige ebfse waw während der Hefhtet⸗ ist beizubehalten. II. Die heute zulässige Nebenstrafe der korrektionellen Nachhaft mittels Ueberweisung an die Landes⸗ Polizeibehörde ist als unzweckmäßig zu beseitigen. Das Arbeitshaus ist als Hauptstrafe gegen gewerbsmäßigen Bettel, und wiederholten Bettel aus Arbeitsscheu zu verwenden, wenn diese Delikte von grbeits⸗ fähigen Personen begangen werden. III. Die Arbeitshäuser sollen den Zweck haben, besserungsfähige, aus Arbeitsschen in einen ungeordneten Lebenswandel gerathene Personen wieder an die Arheit zu gewöhnen, die besserungsünfähigen dagegen unschädlich zu machen. IV. Unter Vörbehult der Frage nach der Behandlung unperbesserlicher Bettler und Landstreicher ist der Mindestbetrag der Arbeitshausstrafe auf 6 Monate, ihr Höchstbetrag auf 2 Jahre festzusetzen. Die Straf⸗ zumessung ist Sache des Richters im Einzelfalle. V. Gegen jugend⸗ liche Personen unter 18 Jahren ist Arbeitshausstrafe unzulässig. VI. Die Arbeitshausstrafe ist in staatlichen Arbeitsanstalten einheitlich für ganz Deutschland nach den Grundsätzen des Progressivsystems zu voll⸗ strecken. 8 zeer Diese Beschlüsse sind davon ausgegangen, daß Landstreicherei nichts als gewerbsmäßiger Bettel im Umherziehen ist und daher durch den Ausdruck Bettel“ mit umfaßt wird. Bettel selbst bedeutet nach von Hipbel die Bitte um Gewährung eines Geschenks an eine dem Schenker fremde, wirklich oder angeblich hilfsbedürftige Person, wo⸗ gegen aus der Versammlung Widerspruch erhoben wurde, da dann sede Kollekte begrifflich Bettel sein würde. Die Verhandlungen er⸗ blaben folgende Melnun en: 1 9 ho. .
Zur erfolgreichen srufrwchtlichen Bekämpfung des Bettels und der Landstreicherei, zu der andere Maßnahmen, insbesondere auch diejenigen der Arbeiterkolonien hinzukommen müssen, bedarf man in erster Linie des Arbeitshauses, das Arbeitsscheue und tostituierte zusammen nur zu 20 % enthält, während Land⸗ heastit und Bettler 80 % ausmachen. (Es ist aber un⸗ gehörig, daß die Arbeitshäuser außer den Korrigenden noch Land⸗ und Ortsarme, zeitweilig Obdachlose, Gefängnißsträflinge, jugendliche Strafgefangene, Polizeigefangene, zu einfacher Haft ver⸗ urtheilte Personen, jugendliche Personen, die zur Zwangserziehung überwiesen sind, und besonders verdorbene Zwangserziehungszöglinge, wie dies jetzt der Fall ist, aufnehmen. Diesem Uebelstande ist da⸗ durch abzuhelfen, daß die Arbeitshäuser staatliche Anstalten werden. Zugleich sind sie nicht nur von den vorgedachten Personenklassen, son⸗ dern auch von denjenigen anderen Elementen zu befreien, welche jetzt zur Ungebühr sich in ihnen befinden. Das sind zunaͤchst diejenigen, welche nicht vollständig arbeitsfähig sind. Zur Arbeitsfähigkeit gehört das Vermögen, sich selbst seinen Unterhalt im Leben zu erwerben; davon kann bei Personen keine Rede sein, welche höchstens noch Düten kleben oder zu leichter Hausarbeit verwendet werden können. Ferner sind viele Geisteskranke oder doch Geistesschwache in den Arbeitshäusern. Endlich Legte, die nur aus Nath gebettelt haben und daher keine Strafe erhalten, sondern an den nächsten zuständigen Armenunterstützungsverband überwiesen werden sollten. Erst nach Ab⸗ schieben dieser Elemente wird das Arbeitshaus seine Zwecke, abzu⸗ schrecken, zu bessern und zu sichern, ganz erfüllen können.
Gegen diejenigen Bettler, Landstreicher und Arbeitsscheue, welche noch nicht dem Arbeitshause überwiesen werden sollen, ist die mit Strafschärfungen verbundene Freiheitsstrafe anzuwenden. Soweit es neben der Kostschmälerung angängig ist, soll der Arbeitszwang nicht aufgegeben werden. Im übrigen ist die Ueberweisung an die Polizei⸗ behörde als Nebenstrafe neben einer Haftporstrafe unzweckmäßig. Das Strafmittel ist vielmehr zur Hauptstrafe, welche selbständig erkannt werden kann, umzugestalten. Die Festsetzung der Strafdauer durch die
Polizei ist nicht beizubehalten, da diese nur aus den Akten schöpft und
daher weniger über die Sachlage unterrichtet ist als der Richter, der auch noch den Schuldigen in Person vor sich hat. Die jetzige Strafbauer reicht gegen die besserungsfähigen Korrigenden aus, ist aber auf ein Minimum von sechs Monaten festzusetzen, da sonst kaum eine Erziehung zur Arbeit möglich ist. Die Dauer spricht der Richter Zus. Gegen diejenigen Elemente, welche man kurzweg als die Unverbesserlichen zu bezeichnen pflegt, ist die jetzige Strafdauer zu kurz. Die Versammlung lehnte es aber ab, für ihre Behand⸗ lung hier nebenbei Vorschläge zu machen, sondern wollte diese Frage in Gemeinschaft mit derjenigen des Gewohnheitsverbrecherthums über⸗ haupt geregekt wissen. Deshalb wurden auch Dehatten über die un⸗ bestimmte Verurtheilung und über lebenslängliche Einsperrung von Gewohnheitsbettlern von vornherein abgeschnitten. Ausländer müssen erst zum Verbüßen der Arbeitshausstrafe angehalten werden, ehe sie ausgewiesen werden; sonst überschwemmen sie unser Land, worüber
namentlich die Grenzländer klagen. In Elsaß⸗Lothringen beträgt der
Prozentsatz der Ausländer an den Strafthaten im allgemeinen 4 %, am Bettel und Landstreichen aber 109/. “ Die innere und äußere Otganisation der Arbeitshäufer ist in Deutsch⸗ land die mannigfaktigste, die man sich denken kann. Hier sind feste allgemeine Prinzipien einzuführen. Trennung der Geschlechter, Tren⸗ nugg der erstmalig Bestraften und dersenigen, welche man als noch hesserungsfähig betrachtet, von den soögenannten Unperbesserlichen ist urchzuführen. Die Beschäftigung ist anstrengend unter hartem Zwange zu gestalten; Außenarbeit, die heute zu Paller Arbeit stattfindet, ist vor⸗ zuziehen und möglichst zu pflegen. Die Entlassung darf nicht wie jetzt ohne allen Uebergang stattfinden. So vergeuden die Leute jetzt, sobald sie in Freiheit kommen, ihren erarbeiteten Verdienst an einem
2
nach werden, daß ssch an die eine beaufsichtigte
Bedingung anschließt, daß im Falle des Nichtwohlverhaltens während
garnicht paßt.
mPenmecbA MWpulchE.
1 sis entschieden
und auf der C 16 sich den belgischen und Feautfichen anschließen,
† 9191-
3 . — 811 9£
Ik naguird statraT. 1 5 &nr 1 8 41171 1 1 115] ] 1 1 c. 2214 5 8 89 ; 3811 - 22I
„
—
Berlin, Freitag, den 7. Juni
—
8
Tage und sind am näͤchsten Tage schon wieder in Haft. „Was thut
der Hund, wenn er von der Kette kos ist 5¹¹, agte ein derartiges Inpiduum zu einem Praftiker. Es muͤß das Purlaubungssystem
sächsischem Vorbilbde in der Weise durchgekühtt ß si Strafe im Arbeitshanse zuerst
reie Arbeit und daun erst volle Freiheit unter der
einer bestimmten Frist Wiedereinlieferung ins Arbeitshaus stattfindet.
Für das Strasverfahren ist zu beachten, daß niemals eine Ver⸗ urtheilung stattfinden darf, ehe nicht die Vorstrafen des Angeklagten festgestellt sind. Das Verfahren ist rasch durchzuführen. Die Ver⸗ hängung der Arbeitshausstrafe und die Feststellung ihrer Dauer muß
ohne jede Mitwirkung der Landespolizeibehörde allein durch den
Richter stattfinden. Von einzelnen Seiten wurde Verhängung des
Arbeitszwangs schon während der Untersuchungshaft befürwortet, von anderen aber bekämpft. Gewinnt der Richter die Ueberzeugung, daß die Strafthat nicht aus Arbeitsscheu, sondern zufolge körperlicher Ge⸗
brechen begangen worden ist, so hat er den Angeklagten der Polizei
vorführen zu lassen, und diese ist dann gezwungen, das Nöthige im Wege der Armenpflege zu veranlassen, insbesondere erforderlichenfalls die dauernde Versorgung der betreffenden Person durch die zuständige Armenbehörde
herbeizuführen. Ein gemeinfames Vorgehen der Straf⸗ und Polizei⸗
behörden mit den Schutzfürforgevereinen ist dringend zu empfehlen.
Mit einem gewissen Humor wurde darauf hingewiesen, daß der Begriff der Unverbesserlichen auf die in Rede stehenden Kategorien Die Leute sind einfach arm, und Armuth kann ab⸗ gestellt werden. Jeder Arbeitshaussträfling kostet durchschnittlich 108 ℳ Unterhaltungskosten jährlich. Wollte man diese Summe kapitalisieren und ihm aushändigen, so würde man viele Bettler und Landstreicher zu seßhaften, ehrlichen Personen machen. Die Er⸗
folge der Arbeitshausstrafe in Oesterreich, über welche Professor Zucker eingehende Mittheilungen machte, sind gute. Zugendlichen
2.
Dort sperrt man die nicht ins Arbeitshaus, sondern in Besserungs⸗ häuser. Durch die Verurtheilungen zum Arbeitshause hat „man eine Abnahme der Eigenthumsvergehen, der Bettelei, der Landstreichetei und der Arbeitsscheu herbeigeführt. Der Entwurf
des neuen österreichischen Strafgesetzes sieht die Arbeitshausstrafe als
Hauptstrafe für 21 verschiedene Delikte vor. 1 992
Nach der Sitzung vereinigte ein gemeinsames Festessen alle Kongreßtheilnehmer und ihre Damen. Es erklang eine große Zahl von Tischreden offizieller und nichtoffizieller Art. Am Abend. fand ein Konzert statt.
Statistik und Volkswirthschaft. .“ Die überseeische Auswanderung aus dem Deutschen Reich über deutsche Häfen, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam belief sich in den Monaten Januar bis März 1895 auf 5728 Personen. iervon kamen aus der Provinz Hannover 579, aus Bayern rechts des Rheins 497, aus der Provinz Brandenburg mit Berlin 424, Posen 412, Schleswig⸗Holstein 356, Westpreußen 311, aus dem Föassech
Württemberg 298, der Provinz Pommern 284, aus dem Königrei Sachsen 281, der Provinz Rheinland 270, aus der Rheinpfalz 239, der Provinz Hessen⸗Nassau 185, Westfalen 180, aus dem Großherzog⸗ thum Baden 166, Oldenburg 130, aus der Provinz Schlesien 117, der Provinz Sachsen 115, Ostpreußen 92, dem Großherzogthum Hessen 91, Mecklenburg⸗Schwerin 65. Der Rest von 636 Personen entfällt auf die übrigen Gebietstheile des Reichs. An der Beförderung dieser Auswanderer sind die deutschen Häfen mit 4571 Personen betheiligt, und zwar gingen uüͤber Bremen 2599, Hamburg 1972, Von Antwerpen reisten 1009, von Rotterdam und Amsterdam 148. Ueber deutsche Häfen wurden außer den 4571 Deutschen noch 12 386 Auswanderer aus fremden Staaten, und zwar über Bremen 7411, über Ham⸗ burg 4975 befördert. 1
Ueber die Schwankungen der Roggenpreise in den letzten
10 Jahren an den Börsenplätzen Berlin, Wien, Budapest, Paris und
Amsterdam enthält das zweite Vierteljahrsheft zur Statistik des
Deutschen Reichs (Jahrgang 1895) folgende Angaben (die Preise ver⸗
stehen sich in ℳ für 1000 kg):
im Jahre Berlin Wien Budapest Paris Amsterdam 1885 140,56 126,20 112,21 126,27 *9 117,60 1888 130,59 116,56 103,63 108,91 103,87 1887 120,88 111,38 98,79 114,72 0%90993,43 1888 134,46 104,57 91,90 115,48 92,73 1889 155,53 122,79 110,45 117,35 11103,89 1890 169,99 141,88 127,24 131,70 f . 121,82 1891 211,23 163,73 150,40 155,65 t1171,55 „ 1892 176,34 148,16 135,59 134,33 3 4143,08
1893 133,65 115,37 103,50 113,58 1.114,07
1894 117,75 98,00 87,66 101,37 92,75 1¹.
Die Angaben beziehen sich für Berlin auf Lieferungsqualität, für
Wien auf, Pester Boden⸗Roggen bester Qualität, Budapest auf
Mittelqualität, Paris auf lieferbare Waare des laufenden Monats
und Amsterdam auf Petersburger Roggen. Bei der Umrechnung in
Reichsmark sind für Wien und Budapest die Wechselkurse auf Wien, für Paris und Amsterdam die Kurse auf diese Plätze zu Grunde gelegt. —
8
. Fichir. ¹. Iin mi n1 2t l; zunff 21—h u chan Zur Arbeiterhewegung.. nichell Die Tischler in Heide (Holstein) sind dem „Vorwärts“ zu⸗ folge in den Ausstand getreten, um folgende Forderungen durchzusetzen: Abschaffung von Kost und Logis beim Unternehmer, für Bangtischler einen Wochenlohn von 18 ℳ, für Möbeltischler einen solchen von 16,50 ℳ Die Mehrzahl der Unternehmer hat diese Forderungen
nicht bewilligt. . Die dem Verbande der 1 88 Innung geprüfter Maurer⸗ und Zimmermeister angehörigen Arbeitgeber in Leipzig haben dem „Leipziger Tageblatt“ zufolge beschlossen, sämmtliche Bauplätze zu schließen, falls die Arbeiter bis Montag den angebotenen Mindestlohn von 40 ₰ und den Maximallohn von 45 ₰ für die Stunde nicht annehmen sollten. Infolge dessen fand gestern eine Versammlung der Ausständigen statt, in welcher der Beschluß gefaßt wurde, die Mehrforderungen unbedingt aufrecht zu erhalten. (Vergl. Nr. 132 d. Bl.) 8 1“ n Budapest sind laut Meldung des „D. B. H.“ die Bäcker⸗ gehilfen ausständig; sie verlangen Lohnerhöhung, Herabsetzüng der rbeitszeit und strenge Einhaltung der Sonntagsruhe. Der Bergarbeiter⸗Kongreß in Paris nahm, wie „W. T. B.“ weiter meldet, gestern unter dem Vorsitz des deutschen Delegirten Bunte die Berathung der Frage des achtstündigen Arbeitstages (vergl. Nr. 133 d. Bl.) wieder auf. Die Engländer Abraham und Housse bekämpften die gesetzliche Anordnung des Achtstundentages. Der deutsche Vertreter Horn wandte gegen die beiden englischen Redner und die achtstündige Tagesarbeit für Arbeiter unter Erde; er hemerkte, die deutschen Delegirten würden und schloß unter
Bauhandwerker und der
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heftiger Verurtheilung der engli
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Vertreter von Arbeitern nicht würdig sei. Am Nachmittag nahm der
Kongreß mit 870 000 gegen 96 000 Stimmen den gesetzlichen Acht⸗
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stundentag für die Arbeiter über und unter Tage an, 1 % b Ssc- anr 1 1 ₰ 2 010
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vu1128. 2194 d0 1 Prachtwerke. Zufolge eines von Allerhöchster Stelle kundgegebenen Wunsches hat das Ministerium der geistlichen zc. Angelegenheiten 22 Delstelung eines FJubiläumsprachtwertes aus Anlaß des bevorstehenden Ablaufs eines fünfundzwanzigjährigen Zeitraums seit dem deutsch⸗ französischen Kriege in Angriff genommen. Mit der Heraus⸗ gabe ist der ordentliche Professor der Geschichte an der Universität Halle Dr. Theodor Lindner betraut. Den Verlag des Werks hat die Buchhandlung von A. Asher u. Co. hierselbst, Unter den Linden 13, übernommen. Die bildliche Ausschmückung des Werks liegt in den Händen des Malers C. Röchling und anderer tüchtiger Schlachtenzeichner⸗ Der Druck sowie die Vervielfältigung der Bilder und Pläne erfolgt durch die besten deutschen Firmen. Es
DX. e. 5112 Ilaßt. —
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steht daher zu hoffen, daß das Werk auch der Ausstattung nach seinem Ziel entsprechen wird.
Der Preis des etwa, 2— Bogen in Quart⸗ format umfassenden Werks für das in Prächtband gebundene Exemplar ist für den Buchhandel auf 4 ℳ festgesetzt. An Be⸗ hörden, Vereine und sonstige Körperschaften wird das Werk von der Verlagshandlung in gleicher Ausstattung bei direkter Be⸗ stellung von mindestens zwanzig Exemplaren zum Preise von 2,50 ℳ, bei geringeren Bestellungen zum Preise von 3 ℳ abge⸗ eben werden, wobei die Verpackungs⸗ und Transportkosten den mpfängern zur Last fallen. Ein etwaiger Reinertrag ist für patriotische oder sonstige gemeinnützige Zwecke bestimmt. Das Werk soll rechtzeitig vor dem Sedantage ausgegeben werden. Die bis zum 1. Juli d. J. einlaufenden Bestellungen werden bis zum 20. August erledigt werden. Später eingehende Bestellungen größerer Mengen von Exemplaren werden, soweit sie über den zunächst gedruckten Votrath von 60 000 Exemplaren hinausgehen, wenigstens innerhalb
eines Zeitraums von 9 Wochen vom Tage der Bestellung an erledigt
werden. . K Reisebücher. à Borkum, kleines Taschenbuch für Badegäste. XIII. Jahrgang 1895. Verlag von W. Haynel in Emden und Borkum. — Dieser bewährte, bis auf die neueste Zäit vervollständigte Führer wird für den Fremden noch mehr als früher ein brauchbares Orientierungs⸗ mittel sein, da ihm ein gut ausgeführter und neu bearbeiteter Ortsplan und ein vollständiges Adreßbuch des kleinen freundlichen Badeorts bei⸗ gegeben ist. 8 Der Tonrist in der Schweiz und den Grenzrayons, Reisehandbuch von Jwan von Tschudi. 33. Auflage. Preis der Ausgabe in einem Band, 5 ℳ 50 ₰, in drei Theilen 6 ℳ 50 ₰. (Verlag: Artistisches Institut Orell Füßli, Zürich.) — Der zu früh dahingeschiedene Autor war einer der besten Kenner der Alven, ein unermüdlicher Forscher und ein Führer, dem man sich mit unbedingtem Vertrauen anschließen konnte. Auch hat er es verstanden, seine Beobachtungen in einer Weise wiederzugeben und das Buch so anzulegen, daß dessen Benutzung leicht und angenehm ist. Nach seinem Tode besorgt eine ständige Redaktion, welcher die Mithilfe der bedeutendsten lebenden Alpen⸗ kenner zur Seite steht, die Fortführung. Bei jeder neuen Auflage werden die Notizen, welche von zahlreichen Mitarbeitern, besonders den Sektionen des „Schweizerischen Alpenklubs“, der Redaktion zu⸗ gehen, in dem Buche verarbeitet, namentlich alle Veränderungen, welche Straßen, Schienenwege, Hotels, Kuranstalten ꝛc. betreffen. Somit dürfte „Tschudi's Tourist“ auch in der neuen 33. Auflage, deren hohe Ziffer schon für die Beliebtheit des Buches spricht, sich als ein vertrauenswürdiger Reisebegleiter erweisen. 3 8 Zeitschriften. n 1 Im Juniheft der Monatsschrift „Nord und Süd“ (Schle⸗ sische Verlags⸗Anstalt von S. Schottlaender, Breslau) giebt Paul Lindau, aus Anlaß der am 13. Mai d. J., unter so großem Beifall erfolgten Aufführung des „Tannhäuser“ in der Großen Oper zu Paris, eine Schilderung der viel besprochenen gescheiterten ersten Tannhäuser⸗Aufführung daselbst, am 13. März 1861, und legt die Gründe dar, weshalb sie scheiterte und scheitern mußte. Außerdem bringt dieses Heft eine Künstlernovelle „Die Befreierin; von Bianca Bobertag, an die sich die vom Freiherrn von Ostini verfaßte biographisch⸗kritische Studie über einen der hervorragendsten lebenden Künstler Franz Stuck, reiht, dessen Porträt in ausgezeichneter Radierung von Wilhelm Rohr de Heft beigegeben ist. R. Hassencamp schildert auf Grund von noch u gedruckten brieflichen Dokumenten aus den Jahren 1760 bis 1780 d “ und den Freundeskreis der Jugendgeliebten und Freundi ieland's: Sophie La Roche. Daß es schon lange vor den Zeite der, Buchdruckerpresse Zeitungen gegeben hat, lehrt ein interessanter Aufsatz von Karl Mayhoff, der „das Zeitungswesen im alten Rom“ schildert. Der englische Naturforscher John Lubbo weist auf die hohe Bedeutung der „nationalen Erziehung“ und au den Zusammenhang zwischen Unwissenheit und Verbrechen, für den e statistische Beweise beibringt, hin. L. Fränkel tritt dem „jüngste und Hauptangriff auf Shakespeare's Dichterexistenz“ und dem neueste Verfechter der Bacon⸗Theorie entgegen. Eine Novelle von Normann Hansen: „Lieschen’, schließt die Reihe der umfangreichen Beiträge denen noch eine reichhaltige illustrierte Bibliographie folgt — ab.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ vean b Maßregeln.
Sterblichkeits⸗ und Gesundheits verhältnisse AIrI. während des Monats April 1895. b Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts sind im Monat April von je 1000 Einwohnern, auf das Jahr be rechnet, als gestorben gemeldet worden: in Berlin 17,0, in Breslau 28,1 in Altona 19,8, in Frankfurt a. M. 18,7, in Hannover 22,3, in Casse 15,9, in Köln 20,6, in Königsberg 21,8, in Magdeburg 18,4, in Stetti 24,3, in Wiesbaden 17,1, in München 23,4, in Nürnberg 22,1, in Augsburg 25,5, in Dresden 25,0, in Leipzig 18,9, in Stuttgart 18,7, in Karlsruhe 16,2, in Braunschweig 23,9, in Hamburg 19,1, in Straß burg 22,2, in Metz 14,2, in Amsterdam 23,8, in Brüssel 16,2, in Bubapest 32,9, in Christiania 18,0, in Dublin 32 2, in Edinbur 19,4, in Glasgow 23,6, in Kopenhagen 21,0, in Krakau 40,0, i Liverpool 24,2, in London 18,7, in Lyon 23,6, in Moskau 38,6, i Odessa 26,8, in Paris 21,8, in St. Petersburg 32,0, in Prag 30,9, in Rom?, in Stockholm 17,7, in Triest 32,2, in Turin (März 35,0), in Venedig?, in Warschau 20,9. in Wien 25,8, in New York 23,1. (Für die nichtdeutschen Städte ist der Zeitraum von 4 Wochen, vom 31. März bis 27. April, zusammengefaßt worden.)“) Der Gesundheitszustand im Monat April hat sich in der über⸗ wiegenden Mehrzahl der deutschen sowohl wie der nichtdeutschen Ort erheblich günstiger gestaltet als im vorangegangenen März, un auch die Sterblichkeit hat fast allgemein abgenommen. Die Zahl de deutschen Orte mit sehr geringer Sterblichkeit (Sterblichkeits
(ziffer unter 15,0 pro Mille und Jahr) stieg von 5 im März auf 15
im April, und zwar erfreuten sich die Orte Giebichenstein, Guben, Hameln, Hörde, Krefeld, Minden, Neunkirchen, Osnabrück, Siegen Ludwigsburg, Wolffenbüttel, Metz und
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