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loß sich wiederum eine Gefechtsübung, nach deren 1 Seine Majestät mit dem erlauchten Gast das im Kreise des Offizierkorps des Garde⸗Kürassier⸗
egiments einnahmen. Vom Offizier⸗Kasino des genannten Regiments begaben Sich Seine Majestät mit dem Erzherzog Franz Salvator nach dem Neuen Palais zurück, 2 S. aber vor der Abfahrt auf dem Potsdamer Bahnhof den Enkel⸗ sohn des verstorbenen General⸗Obersten von Pape, Regierungs⸗ Referendar Wehlmann, welcher die Ehre hatte, die Orden seines verewigten Großvaters in die Hände Seiner Majestät urückzulegen. Nachmittags gegen 4 Uhr gedachten Seine
ajestät der Kaiser mit Allerhöchstihrem erlauchten Gaste dem Rennen des Potsdamer Reiter⸗Vereins in Sperlingslust beizu⸗ wohnen. Abends findet zu Ehren des Erzherzogs 1 Fren Salvator ein Fest auf der Pfaueninsel statt, wohin Sich die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften auf dem Wasserwege zu begeben gedenken.
Ihre Majestät die Kaiserin und Königin ertheilten gestern im Neuen Palais einige Audienzen und empfingen u. a. Frau von Nachmittags um 4 Uhr begaben Sich Ihre Maäjestät nach Berlin, übernachteten im hiesigen Schlosse und kehrten heute früh 8 Uhr nach dem Neuen Palais zurück. 11u“
8
Nach der im Reichs⸗Eisenbahnamt aufgestellten Nachweisung der auf deutschen Eisenbahnen — ausschließlich Bayerns — im Monat April d. J. vorgekommenen Betriebsunfälle waren zu verzeichnen:
Entgleisungen auf freier Bahn 14 3 in Stationen . . 12 Zusammenstöße auf freier Bahn 2 in Stationen sonstige Betriebsunfälle. 112 zusammen 147 e⸗ ver⸗ Dabei wurden: tödtet letzt LbJ“ ““ 4 11 Bahnbeamte und Bahnarbeiter im Dienste. † 20 68. Post⸗, Steuer⸗, Telegraphen⸗, Polizei⸗Beamte ꝛc. schi büch 18 15 1 1 emde Personen, einschließlich der nicht im — Hersoceuger Beamten und Arbeiter, aber ausschließlich der Selbstmörder
zusammen
Die den Reisenden zugestoßenen Unfälle sind auf folgenden Bahnen vorgekommen: Reichs⸗Eisenbahnen in Elsaß⸗Lothringen.. Verwaltungsbezirk der Königlich preußischen
Eisenbahn⸗Direktion
in Berlin.
„Elberfeld.
„ Erfurt
„Essen. 1“
„Königsberg i. Pr.
„ Magdeburg. “ 1 ãchsische.
württembergische
Staatseisenbahnen 8 Großherzoglich badische Staatseisenbahnen. wie vor.
Bei den Betriebsunfällen wurden 22 Eisenbahnfahrzeuge erheblich, 71 8 unerheblich
beschädigt. 1 8 8 Von den Betriebsunfällen ereigneten ichlilht auf den Staatsbahnen bei einer Betriebslänge von Dö1n..*.*.“] auf den Privatbahnen bei einer Betriebslänge von 2301 km L““ Je ein Unfall kommt auf
Kilometer Tausend Betriebslänge Zugkilometer
bei den Staatsbahnen ... V 253 ““
bei den Privatbahnen. 384 168 Wenn die Verwaltungen nach dem geometrischen Mittel aus den Betriebslängen und den geleisteten Zugkilometern ge⸗ ordnet werden, so treten an die ungünstigste Stelle: bei den Staatsbahnen der Verwaltungsbezirk Direktion in Berlin, die Main⸗Neckar⸗Eisenbahn und der Verwaltungsbezirk der Königlichen Eisenbahn⸗ Direktion in Essen, bei den Privatbahnen die Dortmund⸗Gronau⸗Enscheder Eisenbahn und die Stargard⸗Küstriner Eisenbahn.
1“
der Königlichen Eisenbahn⸗
1“
Nach dem Wiederzusammentritt des Kolonialraths am Morgen des 11. Juni theilte zunächst Konsul Vohsen mit, daß das Togo⸗Comité soeben eine Drahtmeldung aus Misa⸗ höhe erhalten habe, wonach Dr. Gruner mit Dr. Döring dort angekommen sei und einen Vertrag mit dem Sultan von Gando am Niger mitgebracht habe.
Der “ trat alsdann in die Berathung der ihm vorgelegten Denkschrift über das in den deutschafrikanischen Schutzgebieten den Eingeborenen gegenüber zur Anwendun kommende Strafrecht und Strafverfahren und erörterte zuerst im allgemeinen die auf diesem Gebiet zu beobachtenden Grund⸗ sätze. Die Versammlung erachtete nach längerer Debatte, an welcher die Herren Professor Schweinfurth, Staudinger, Dr. Scharlach, Gouverneur von Wissmann, Geheimer Ober⸗ Postrath Kraetke, Assessor Lukas, Staatssekretär Herzog, Frei⸗ herr von Tucher, Direktor Hernsheim, von der Heydt, Wirklicher Legations⸗Rath Sonnenschein, Staats⸗Minister von Hofmann theilnahmen, die Zeit zu einer allgemeinen Regelung der Sache für alle oder einzelne Schutzgebiete vor der Zand noch nicht gekommen, beschloß indeß, eine Kommission niederzusetzen, welche Vorschläge über die Grundsätze hinsichtlich der Ver⸗ hängung schwererer Strafen machen soll. Der Kommission wird nicht nur das gesammte vorhandene Material aus den Schutz
gebieten, sondern auch die Gesetzgebung der fremden Kolonien in Afrika zugänglich gemacht werden. Es wurde ferner in die Berathung eines Antrags des
Herrn von der Hendt eingetreten, welcher Befürwortung einer
Unterstützung des Weiterbaues der Usambarabahn von Reichs⸗ wegen durch den Kolonialrath bezweckt. b “
Am Schlusse der Sitzung wurden die Kommission für die Regelung der Strafrechtspflege und der ständige Ausschuß gewählt. In letzteren wurden Fene Seine Hoheit der Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg⸗Schwerin, Staats⸗ Minister von Hofmann, Staatssekretär Herzog, und zu Vertretern Staatssekretär von Jacobi und Ehren⸗Domherr
“ — 8 8
Der hiesige Königlich sächsische Gesandte Graf n on Hohen⸗ thal und Bergen ist von seinem Urlaub zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Königlich sächsischen Gesandtschaft wieder
übernommen.
Laut telegraphischer Meldung an das Ober⸗Kommando der Marine ist S. M. S. „Marie“, Kommandant: Kor⸗ vetten⸗Kapitän Credner, am 11. Juni in Singapore einge⸗ troffen und beabsichtigt, am 14. Juni nach Batavia in See zu gehen. 8
Friedrichsruh, 12. Juni. Seine Königliche Hoheit der Großherzog und Ihre Kaiserliche Hoheit die Groß⸗ herzogin von Mecklenburg⸗Schwerin trafen, wie „W. T. B.“ meldet, gestern zum Besuch des Fürsten Bis⸗ marck hier ein und verweilten etwa zwei Stunden.
Bayern.
Das „Militärverordnungsblatt“ veröffentlicht folgenden Armeebefehl Seiner Königlichen Hoheit des Prinz⸗ Regenten:
„Zum 25. Male kehren die Gedenktage des siegreichen Krieges wieder, an dessen opfervollen Kämpfen die Armee Schulter an Schulter mit den Truppen der übrigen deutschen Heeres⸗ kontingente ruhmvoll Antheil genommen hat. Erneut zolle ich bei diesem Anlaß Dank und Anerkennung der Armee, welche in altbewährter Tapferkeit, Hingebung und Pflichttreue ihre Fahnen mit unvergänglichem Lorbeer geschmückt hatte. Ernstes Angedenken widme ich denen, welche den Heldentod auf dem Schlachtfelde gestorben sind. Ich wünsche, daß durch die Armee, als berufene Trägerin der Ueberlieferung aus der großen Zeit, die Erinnerung hieran auch in den künftigen Geschlechtern mit Leb⸗ haftigkeit erhalten wird. Ich verfüge deshalb, übereinstimmend mit den von Seiner Majestät dem Deutschen Kaiser und König von Preußen getroffenen Anordnungen, daß, so oft in der Zeit vom 16. Juli d. J. bis 10. Mai kommenden Jahres die Fahnen entfaltet werden, sämmtliche Fahnen und Standarten, welchen für die Theilnahme an dem Kriege 1870/71 eine Auszeichnung ver⸗ liehen wurde, mit Eichenlaub, und die ersten Geschütze derjenigen Batterien, welche in ihm gefochten haben, mit Eichenkränzen ge⸗ schmückt werden“.
Württemberg.
Ihre Majestäten der König und die Königin haben sich mit Ihrer Durchlaucht der Prinzessin Bathildis zu Schaumburg⸗Lippe zu längerem Aufenthalt von Stuttgart nach Bebenhausen begeben. —
Bei dem Mittagsmahl, welches Seine Majestät der König am Sonntag in Biberach im Kreise des Präsidiums des Württembergischen Kriegerbundes und einer Anzahl von Mit⸗ gliedern und Delegirten einnahm, brachte, dem „Schwäb. Merkur“ zufolge, Seine Hoheit der Prinz Herrmann von be each folgenden Toast auf Seine Majestät aus: 1
„Als wir vor zwei Jahren den 11. Bundestag feierten und in Eßlingen beisammen waren, da hatten Seine Majestät der König die Absicht, uns mit seiner hohen Gegenwart zu beehren. Leider ist damals ein Trauerfall in der hohen Familie eingetreten, und Seine Majestät waren zu Ihrem größten Leidwesen verhindert, an der Bundesfeier theilzunehmen. Damals hatten Seine Majestät die Gnade, an mich ein huldvolles Schreiben zu richten, worin Seine Majestät sein regstes Interesse für unsere Sache kund gab, und welches ich den Kameraden vortrug. Dieses Schreiben drückte so recht die Glückwünsche für das Gedeihen der Bestrebungen des Württembergischen Kriegerbundes aus. Jedem ven uns waren die Worte tief ins Herz gegraben, jeder hat sie in sein Inneres auf⸗ genommen. Die monarchischen und patriotischen Gesinnungen, welche von dem Württembergischen Kriegerbunde gepflegt und aufrecht er⸗ halten werden, kamen gestern und heute auch auf diesem Bundestag in sichtbarer Weise so recht zum Ausdruck. Wir aber wollen mit Dank anerkennen, daß Seine Majestät dem Bunde ein so großes Interesse entgegenbringt, durch sein Erscheinen, durch seine Theilnahme an dieser Festtafel, und dadurch, daß er uns die Ehre erweist, viele Tausende von Veteranen, von gedienten Soldaten an sich vorbeimarschieren zu lassen. Wir müssen dies um so mehr anerkennen, als wir wissen, wie sehr die Zeit Seiner Majestät in Anspruch genommen ist. Kam Seine Majestät doch erst gestern Nachmittag von der Unglücksstelle im Evachthal zurück, dort, wo so viel Elend und Jammer ist. Wir wollen ihm danken, daß er sich dort der Unglücklichen mit so landesväterlicher Fürsorge angenommen hat. Wir Krieger wollen nichts vor den andern Unterthanen voraus haben, aber unsere Grundgesetze, unsere Grundstatuten basieren auf der Königstreue. Fure Majestät darf überzeugt sein, daß in ganz Württemberg die Krieger⸗ vereine sich verbinden mit den Bürgern, um ihrer Anhänglichkeit und ihrer Treue gegenüber dem Königshause jederzeit einen sichtbaren, aus dem Herzen kommenden Ausdruck zu verleihen. Wir aber, Kameraden, wollen unserem Gefühle der Dankbarkeit, der Unterthänigkeit, An⸗ hänglichkeit und Treue zu unserem Königshause ohne vpiele Worte einen beredten und fröhlichen Ausdruck geben, indem wir rufen: „Seine Majestät, unser in Ehrfurcht geliebter König, er lebe hoch!“
Brausender Beifall folgte diesen Worten.
Seine Majestät der König erwiderte hierauf Folgendes:
„Meine Herren Kameraden! Vor allem ist es mir Bedürfniß, mein herzlichstes Bedürfniß, Ihnen meinen aus vollem Herzen kommen⸗ den Dank zu sagen für den freundlichen Willkomm und herzlichen Empfang, den Sie mir bereiteten, und weiter für die Gefühle, die aus so beredtem Munde Ihres hohen Ehren⸗Präsidenten, Seiner Hoheit des Prinzen Herrmann von Sachsen⸗Weimar, in Worten ihren Ausdruck fanden. Sie alle haben freudig in das von Ihrem Ehren⸗ Präsidenten gerufene Hoch eingestimmt und damit Ihre Gesinnungen bekundet und die seinige zu der Ihrigen gemacht. Auf das festeste und lebhafteste bin ich von der Wahrheit Ihrer Gesinnung und Ihrer Treue überzeugt. Bringe ich Ihnen doch auch das herz⸗ lichste und wärmste Interesse entgegen; ich selbst, als alter Krieger, habe mit einer Reihe von Ihnen auf den Schlachtfeldern gestanden und auch sonst die schönsten Erinnerungen mit den Soldaten getheilt. Wenn auf die Worte Bezug genommen ist, die ich nach an den hohen Ehren⸗Präsidenten des Württembergischen Kriegerbundes gerichtet habe, so kann und muß ich sie heute nur wiederholen. Denn in der ernsten und schweren Zeit, in der wir leben, geziemt es sich, ein mahnendes
Wort zu sagen. Sie, verehrte Kameraden, pflegen Sie so viel als
möglich die Gesinnungen, die Ihnen während Ihrer Soldatenzeit gelehrt seric sind, und bleiben Sie die Träger derselben. Pflegen Er die Gesetze und Pflichten der Sitte, der Religion, der Ordnung und der Liebe zu Thron und Vaterland. Wenn jeder, was an ihm ist, das
Seinige hierzu thut, so kann es nicht fehlen, so müssen die
chweren Wolken, die über unserem Vaterlande schweben, vorübergehen; denn unsere Sache ist eine edle, gute und gerechte. flegen Sie diese Gesinnungen, nehmen Sie dieselben in Ihre Heimath in erneutem 182z zurück und theilen Sie dieselben Ihren Kameraden, die heute am Fest nicht theilnehmen konnten, mit. Nun aber werden Sie mit mir einig sein, daß wir unseren Gefühlen keinen besseren Ausdruck geben können, als wenn wir unseren obersten Kriegsherrn, Seine Majestät Kaiser Wilhelm II., hoch leben lassen. Seine Majestät Kaiser Wilhelm II. lebe hoch!“ 4
Die Worte Seiner Majestät machten einen tiefen Eindruck auf die Versammlung, und begeistert stimmte dieselbe in das dreimalige Hoch ein.
Die Kammer der Standesherren hat in ihrer vor⸗ gestrigen Sitzung die Berathung des Etats des Kultus⸗ Departements begonnen.
Baden.
Ihre e. Hoheit die Kronprinzessin von Schweden und Norwegen hat gestern Abend von Baden⸗ Baden die Rückreise nach Stockholm angetreten. Ihre König⸗ lichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin gaben Höchstderselben bis Karlsruhe das Geleit.
Hessen.
Die Zweite Kammer trat gestern in die Berathung des Antrags Osann ein: die Regierung zu ersuchen, die Verstaatlichung der Hessischen Ludwigsbahn zu beschleunigen, eventuell, falls die Verhandlungen über die Erwerbung des ganzen Bahnnetzes nicht zu einem baldigen Abschluß kämen, die Regierung zu ermächtigen, alle hessischen bereits heimfälligen Linien vom 1. Januar 1896 ab als Staatsbahnen zu erklären und staatlich verwalten zu lassen. Die Regierung stimmte dem Antrag zu, der nach längerer Debatte mit 30 gegen 15 Stimmen ange⸗ nommen wurde.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.
Der gemeinschaftliche Landtag der Herzog⸗ thümer Coburg und Gotha nahm in seiner vorgestrigen Sitzung das Gesetz über Abänderung der Grundbuchsordnung nach den Vorschlägen der Minorität der Kommission an und wurde darauf durch den Staats⸗Minister von Strenge vertagt.
Elsaß⸗Lothringen.
Seine Königliche Hoheit der Prinz Leopold von Bayern ist, nachdem Hoöchstderselbe zwei Tage die bayerischen Kavallerie⸗Regimenter in Saargemünd und Dieuze besichtigt hatte, gestern zu einer drei Tage in Anspruch nehmenden In⸗ spizierung der fünften bayerischen Division in Metz eingetroffen.
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Kaiser traf gestern früh in Begleitung des Erz⸗ herzogs Rainer, des Kriegs⸗Ministers, der beiden General⸗ Truppen⸗Inspektoren und mehrerer fremden Militär⸗Attachés zur Truppeninspizierung in Bruck a. d. Leitha ein. Nach Schluß der Uebung sprach Allerhöchstderselbe seine besondere Anerkennung aus. “
Der Ausschuß der ungarischen Delegation für die Berathung des udgets des Auswärtigen Amts hielt gestern Mittag eine Sitzung ab. Der Präsident Koloman Tisza gedachte, wie „W. T. B.“ berichtet, zunächst des Rücktritts des Grafen Kälnoky und hob dessen Ver⸗ dienste um die Erhaltung des Friedens und die Pflege des Dreibundes hervor. Sodann begrüßte der Präsident den Minister des Aeußern Grafen Goluchowski, welcher darauf die nachstehende Rede hielt:
„Es gereicht mir zur besonderen Ehre, zum Nachfolger des b. verdienten Staatsmannes ausersehen worden zu sein, der beina ierzehn Jahre mit ebensoviel Glück als Geschick die auswärtigen Angelegenheiten der Monarchie geleitet hat, und unter dem die Po⸗ litik, die wir als die richtigste und entsprechendste für unsere Interessen wohl erkennen müssen, so tief Wurzel gefaßt hat. Diese Politik, deren treuer und überzeugter Anhänger ich stets gewesen bin, läßt sich in den folgenden kurzen Worten zusammen⸗ fassen: Unverbrüchliches Festhalten an der durch den Friedens⸗ bund der drei europäischen Zentralmächte geschaffenen Grundlage, welche die Pflege der besten und freundschaftlichsten Beziehungen zu allen übrigen Mächten ohne Unterschied nicht nur nicht ausschließt, son⸗ dern geradezu bedingt. Die freundschaftlichen Beziehungen, wie wir sie heute durchgehends unterhalten, entsprechen demnach so unbedingt den Zwecken und Zielen unseres Bundesverhältnisses zu Deutsch⸗ land und Italien, daß deren Erhaltung und Förderung sich geradezu als ein Gebot der Pflicht aufzwingt, und seien Sie, meine Herren, überzeugt, daß ich nichts unterlassen werde, dieser Aufgabe gerecht zu werden. Aus den vorstehenden Ausführungen können Sie nunmehr ersehen, daß, trotzdem ein Personenwechsel im Ministerium des Aeußern stattgefunden hat, von einer Aenderung in der Orientierung unserer auswärtigen Politik oder gar von einem Systemwechsel absolut nicht die Rede sein kann. Die Resultate, die wir auf dem bisher befolgten Weg erzielt haben, sind so befriedigender Natur, daß wir nichts Besseres zu wünschen vermögen, und zwar um so weniger, als der dadurch geschaffene Zustand am getreuesten den Traditionen und Aspirationen der Monarchie entspricht, welche, weit entfernt, aggressive Tendenzen zu verfolgen, stets bestrebt war, in der friedlichen Entwickelung der internationalen Beziehungen, in der Stärkung ihres Ansehens und ihrer Machtstellung nach außen, sowie in der Förderung des Fortschritts und der Wohlfahrt der Völker Ge⸗ nugthuung und Befriedigung zu suchen. Seit dem Zusammentritt der letzten Delegationen hat die erfreuliche politische Lage, die ich soeben zu konstatieren die Ehre hatte, keinerlei Aenderung erfahren, und ich sehe am Horizont keine ernste Wolke, die in mir die Befürchtung wachrufen könnte, daß die Lage in absehbarer Zeit eine Trübung erleide. Angesichts so ruhiger Konstellationen erblicke ich zunächst ein besonderes Feld der Thätigkeit für mich in der allmählichen Entwicke⸗ lung unserer Handelspolitik und in der damit eng verknüpften Organi⸗ sation gewisser Zweige unseres Vertretungs⸗ resp. Konsularwesens. Zu diesem Behufe nehme ich mir vor, bei der nächstjährigen Delega⸗ tion mit Vorschlägen an Sie heranzutreten, die allerdings neue Opfer in Anspruch nehmen werden, deren Durchführung aber im Hinblick auf die durch die jüngsten Ereignisse im äußersten Osten geänderten Verhältnisse nothwendig erscheinen wird. Nun gestatten Sie, meine Herren, daß ich für diesmal von weiteren Erörterungen Um⸗ gang nehme. Ich bin noch zu kurz im Amt, zu wenig mit den einzelnen Detailfragen meines Ressorts vertraut, um mich in eine eingehendere Darstellung einzulassen. Es erübrigt mir nur noch, mich Ihrem Wohlwollen zu empfehlen und Sie zu bitten, überzeugt zu sein, daß ich nichts unterlassen werde, um in e auch Ihr Vertrauen zu gewinnen; denn ich brauche nicht erst die Versicherung zu geben, daß, ebenso wie die Interessen der Gesammtmonarchie, mir auch die Interessen jedes Theiles derselben und mithin die Interessen
Uärung abgeben über Unterhandlungen zwischen anderen
ngarns sehr eng ans Herz gewachsen sind, und daß ich immer be⸗ üht und bestrebt sein 929 cae nach e da ich und Ge⸗ issen zu vertreten.“
Der Referent Falk erklärte, er begrüße die von allen Seiten erwartete ärung des Ministers des Aeußeren, daß trotz des Personenwechsels eine Aenderung in den Grund⸗ prinzipien der äußeren Politik nicht eingetreten sei. Der Redner nahm sodann von der Absicht des Ministers Kenntniß, für die Erweiterung der Handelspolitik und für die Verbesserun der Vertretung im Auslande zu sorgen, doch werde es sich dabei nicht um die einseitige Geltendmachung der Wünsche von Interessenten im Gebiete der Monarchie handeln. Da über die Mittel, durch welche der Minister seiner Aufgabe zu
entsprechen beabsichtige, noch jede Erfahrung fehle, könne die
Delegation einstweilen ihre Billigung aussprechen, daß der Minister des Auswärtigen auch fernerhin die seit Jahren gut geheißenen 8SSe in der äußeren Politik festhalten wolle, und könne nur wünf chen, daß seine auf die Verwirklichung der⸗ selben gerichtete Thätigkeit von ö Sympathien begleitet werde. Delegirter Graf Apponyi erklärte, er billige das Fest⸗ halten an dem Dreibund und die Unterhaltung freundschaftlicher Beziehungen zu allen Mächten. Er muüsse jedoch betonen, daß bezüglich der die Monarchie am nächsten berührenden Orient⸗ frage dieselbe auswärtige Politik herrschen müsse, welche auch Graf Kälnoky beobachtet habe, nämlich die Wahrung der selbständigen nationalen Entwicklung der Balkanstaaten, unter Ausschluß jedes einseitigen Protektorats oder Einflusses. Delegirter Graf Zichy begrüßte gleich dem Vor⸗ redner die dankenswerthe Erklärung des Ministers. Delegirter Abranyi lenkte die Aufmerksamkeit des Ministers auf die rumänische Agitation und betonte die Nothwendigkeit der Errichtung von Befestigungen in Sieben⸗ bürgen, wie sie in Südtirol und Galizien beständen. Der Redner sprach den Wunsch aus, der Minister möge, da ihm als ehemaligem Gesandten in Bukarest die Verhältnisse genau bekannt seien, seinen Einfluß bei der Militärverwaltung dahin geltend machen, daß die Militärbefestigungen in Siebenbürgen baldmöglichst in Angriff genommen würden. Delegirter Stefan Keglevich trat den Anregungen des Vorredners entgegen, indem er erklärte, dieselben entsprächen nicht dem Wunsche der ungarischen Delegation und der öffentlichen Meinung in Ungarn. — Das Budget wurde sodann in der Generaldebatte angenommen. In der Spezialdebatte bat Delegirter Gyurfowitsch den Minister des Aus⸗ wärtigen um seine Unterstützung und Förderung der Unterhandlungen mit Serbien, behufs der Abschaffung des Paßzwangs an der österreichisch⸗serbischen Grenze. Der Minister des Auswärtigen Graf Goluchomski erwiderte, die Paßangelegenheit sei eine interne ungarische Angelegenheit, er sei jedoch gern bereit, seine Unterstützung eintreten zu lassen, damit die noch nicht ganz abgeschlossene Sache günstige Er⸗ folge im Sinne der Wünsche der Interessenten habe. Dvs Budget des Auswärtigen Amts wurde sodann auch in der Spezialdebatte unverändert angenommen.
Im Budgetausschuß des österreichischen Ab⸗ geordnetenhauses beantragte bei der Berathung über den Titel „Mittelschulen“ der Referent Dr. Beer: die Position, betreffend die Errichtung eines slovenischen Gymnasiums in Cilli, abzulehnen und eine Resolution anzunehmen, nach welcher die Landesbehörde von Steiermark aufgefordert werden oll, ein Gut⸗ achten abzugeben, ob und an welchem Ort eine Lehranstalt mit deutscher und slovenischer Unterrichtssprache für die slovenische Zugend zu errichten sei. Abg. Dr. Hallwich er⸗ klärte, die deutsche Linke stimme wie ein Mann gegen diese Position. Welche Konsequenzen sie zu ziehen gedenke, falls sie majorisiert werde, das habe nicht ein einzelner, sondern die Partei zu erklären; er sei jedoch schon heute ermächtigt, für diesen Fall ein ausdrückliches Minoritätsvotum anzu⸗ kündigen. Abg. Dr. Herold meinte, wenn das Deutschthum schon durch die Errichtung einer Schule gefährdet werde, dann sei dieses Deutschthum eine leere Phrase. Unter⸗Steier⸗ mark sei nun einmal slovenisch. Nach der Rede des Abg.
erold wurde die Verhandlung abgebrochen und nach Wiederaufnahme der Sitzung fortgesetzt. Die Mitglieder der deutschen Linken und Menger sprachen Er die Vorlage, der Slovene Klue für dieselbe. Der Unter⸗ richts⸗Minister Dr. von Madeyski erklärte, die Regierung müsse an dem Grundsatz, den kulturellen Bedürfnissen aller Nationalitäten Rechnung zu tragen, festhalten. Die Errichtung utraquistischer Anstalten in gemischtsprachigen Bezirken sei ein Bedürfniß; die zuerst in Marbur versuchte Utraquisierung habe sich dort S Der Beschluß des steierischen Land⸗ tags habe nicht die ihm vindizierte Bedeutung, weil er in Ab⸗ wesenheit der lovenischen Abgeordneten gefaßt worden sei. Die Regierung respektiere gern alle nationalen Empfindungen, die in Rede stehende Maßnahme sei jedoch bereits als wichtig erkannt und ihre Durchführung beschlossen. Der Minister bedauerte, daß die Linke gegen diesen Budgetposten stimmen wolle; er müsse jedoch um dessen Annahme bitten, da die Re⸗ gierung ihr Wort einlösen müsse. Nachdem Abg. Gregorici und im Namen des Polenklubs noch die Abgg. Kaizl und Graf Pininski erklärt hatten, für den Budgetposten stimmen zu wollen, wurde die Sitzung geschlossen.
Der Landtag von Ober⸗Oesterreich ist auf den 17. Juni einberufen worden. 3
Großbritannien und Irland.
Gestern wurde, wie „W. T. B.“ berichtet, in London ein Kabinetsrath abgehalten, der indessen nur von kurzer Dauer war, da mehrere Minister parlamentarischen Kommissions⸗ fitzungen beizuwohnen hatten; morgen wird wiederum ein Kabinetsrath abgehalten werden. Wie verlautet, ist in der armenischen ege noch keine definitive Entscheidung ge⸗ troffen worden.
In der gestrigen Sitzung. des Unterhauses fragte Bowles an, ob die Regierung irgendwie Kenntniß habe von Unterhandlungen zwischen Frankreich und Rußland bezüglich er Bildung einer engeren Allianz zwischen Frankreich und Rußland aus Anlaß eines finanziellen Arrange⸗ ments, wonach die ganze oder doch ein großer Theil er von Rußland übernommenen chinesischen Anleihe von 16 Millionen Pfund Sterling von französischen Banquiers aufgebracht werden solle. Ferner fragte der Redner, ob die vegierung Kenntniß habe von dem Bestehen einer Kon⸗ Setda oder eines Arrangements zwischen Rußland e4 China, wonach Rußland für die Beschaffung der An⸗ seihe territoriale oder andere Vortheile von China erhalten 8 e. Der Parlaments⸗Sekretär des Auswärtigen Amts Sir
rey erwiderte, die Regierung könne keine Er⸗
dürfe aber diese Antwort nicht so aufgefaßt werden, als ob sie das Zuͤgeständniß einschließe, daß die Behauptungen der Anfrage begruͤndet seien. Der Schatzkanzler Sir W. Harcourt erklaͤrte, die Regiernng beabsichtige, noch in dieser Session eine Resolution bezüglich des Oberhauses vorzulegen. Im weiteren Verlufe der Sitzung wiederholte Ambrose seine vorgestrige Anfrage betreffs Armeniens, worauf Sir E. Grey erwiderte, für diese Frage komme der 61. Artikel des Berliner Vertrags in Betracht. Ambrose fragte nunmehr, ob denn für die britische Regierung irgend Peine Verpflichtung bestehe, so vorzugehen, wie sie es thue. Trage dieses Vorgehen den Charakter einer durch den Vertrag geschaffenen Pflicht oder verfolge die Regierung ihre eigene Politik? Sir E. Grey erwiderte darauf, Ambrose habe ge⸗ fragt, welcher Vertrag für das Vorgehen der drei Mächte in der armenischen Frage in Betracht komme. Zweifellos sei der Berliner Vertrag hierfür maßgebend. Was die Auslegung
der Worte des Artikels 61 betreffe, so könne er nur erwidern, der Artikel sei sehr sorgfältig abgefaßt und er müsse die Worte für sich selbst sprechen lassen. Bezüg⸗ lich der Aktion der Regierung wolle er hervorheben, daß seit — Jahren unausgesetzt bei der Pforte Vor⸗ stellungen erhoben worden seien. Die jüͤngst im Verein mit zwei anderen Mächten erhobene Vorstellung sei nur eine Fortsetzung der bisher immer befolgten 1. Der Wortlaut der Ant⸗ wort des Sultans auf die Vorstellungen der Mächte sei erst vor wenigen Tagen eingegangen. Bis dieselbe von den drei Mächten in Erwägung gezogen sei, könne er keine weitere Er⸗ klärung abgeben. Die betreffenden schriftlichen Mittheilungen könnten noch nicht vorgelegt werden.
Frankreich.
Der „Temps“ sagt in einem Artikel über die vorgestrige Kammerdebatte: Wer auch immer unser Minister des Aus⸗ wärtigen war, die Politik Frankreichs hat sich nicht merklich geändert. Die Mittel wechselten mit den Verhältnissen, aber das Ziel blieb dasselbe. Seit vier Jahren ist eine neue That⸗ sache eingetreten, welche die Feste von Kronstadt und Toulon hinreichend klargelegt haben. Es ist dieses das franco⸗ russische Einvernehmen oder die franco⸗russische Allianz (c'est le concert ou l'alliance franco-russe).
Italien.
Der Deputirte Villa ist gestern mit 268 Stimmen zum Präsidenten der Kammer gewählt worden. Der Herzog von Sermoneta erhielt 156, Barbulo 8 Stimmen. Außerdem wurden 9 leere Zettel abgegeben. Bei der Wahl für das Vize⸗Präsidium der Kammer wurden 420 Stimmen abgegeben. Gewählt wurden die ministeriellen Kandidaten Chinaglia, Finocchiaro⸗Aprile und Chimirri, welche 270 bezw. 259 und 248 Stimmen erhielten. Die Kandidaten der Opposition erhielten im Maximum 109 Stimmen (die auf Bonacci entfielen), im Minimum 13 Stimmen (Mussi von der äußersten Linken). Alle ministeriellen Kandidaten für die Posten der Sekretäre und Quästoren wurden mit überwälti⸗ E der Majorität gewählt. Einen Vize⸗Präsidenten und zwei Sekretärposten hat die Majorität der Opposition überlassen: letztere nimmt heute eine Stichwahl unter ihren Kandidaten für diese Posten vor 8 “
1 Spanien.
Der Minister⸗Präsident Canovas de Castillo ist, dem „W. T. B.“ zufolge, unpäßlich; Ruiz Zorilla ist gefährlich erkrankt.
Zwölftausend Mann des Beurlaubtenstandes sollen unverzüglich einberufen werden.
Schweiz.
„Der Nationalrath verhandelte gestern über die Zemp'sche Eisenbahnnovelle. Die Abgg. Jehr⸗Thurgau (ae.en 8 1“ (radikal) beantragten Eintritt in die Berathung der Vor age und Vornahme einer Detailberathung: Abg. de Collogny⸗Waadt (radikal) bekämpfte das Gesetz und beantragtestatt dessen eine Ergänzung des Obligationenrechts, wo⸗ nach die Aktien zwei Monate vor der Versammlung der Aktionäre deponiert werden müßten. Abg. Cramer⸗Zuͤrich (lib.) er⸗ klärte sich für die Vorlage, weil öffentliche Interessen im Spiele seien; die Billigkeit durfe nicht verletzt werden. Abg. Brosi⸗Solothurn (radikal) betrachtete die Novelle als die Einleitung der Verstaatlichung der Eisenbahnen und sprach sich daher für dieselbe aus. 8 1““
Belgien. 1
Der neue Justiz⸗Minister Schollaert legte gestern in der Repräsentantenkammer einen Gesetzentwurf behufs Abänderung des Schulgesetzes vor. Eine Person auf der Zuschauertribüne stieß beleidigende Rufe gegen den König und die Minister aus. Der Präsident ordnete die Entfernung und Verhaftung des Ruhestörers an. Sodann nahm die Kammer die Zölle auf Kakao, Konserven, Butter und Margarine an.
8
GSriechenland. Das neue Kabinet ist nach einer Meldung des „W. T. W.“ nunmehr endgültig gebildet und wie folgt zusammengesetzt: Theodoros Delyannis, Präsidium und E16“*“ Auswärtiges, Mavromichalis Inneres, bberst Smolenitz Krieg, Levidis Marine, Petridis Unterricht, Varvoglis Justiz. v“
Die „Times“ erfährt aus Philadelphia, daß eine große Anzahl Delegirter und Theilnehmer in Memphis tigen Bimetallisten⸗Konvention angekommen sei. Man erwarte die Anwesenheit von 10 000 Personen einschließlich der 1500 Delegirten.
Asien.
Der „Times“ ist über Simla vom 11. cr. aus Kabul die Nachricht zugegangen, der Emir von Afghanistan habe Umra Khan gefangen setzen lassen und eine strenge Bewachung desselben angeordnet.
Dasselbe Blatt erfährt aus Shanghai vom 11. d. M., daß einige Missionare der fremden, in Tscheng⸗tu und andern Orten Ferfrtes Missionsstationen vermißt würden, es sei jedoch noch kein Verlust an Menschenleben bekannt ge⸗ worden. Die Stationen in Saifu und Luchan seien be⸗ droht. In Tschungking drohe ein Aufstand auszubrechen. Sämmtliche Europäer hätten am 10. d. M. Tscheng⸗tu verlassen. Dasselbe Blatt erhielt über Hongkong vom 11. d. M. die
Meldung aus Formosa, daß die Chinesen den Japanern
Mächten, an denen sie selbst nicht theilnehme. Es bei Kelung nur
1 schwachen Widerstand geleistet hätten; drei Japaner seien gefallen. Der chingfische Prnnf und vier Regimenter seien die ersten gewesen, die sich zur Flucht nach dem nördlichen “ gewandt hätten. Die Soldaten weigerten sich, der Republik zu dienen, welche sich lediglich auf die Truppen aus Canton stützen müsse.
Afrika.
Nach Meldungen, die aus Majunga in Paris einge⸗ troffen sind, würden die Truppen vor Mavetanana zu⸗ sammengezogen, dessen Einnahme unmittelbar bevorstehe. Die Avantgarde habe den Betsiboka überschritten und be⸗ finde sich gegenwärtig in Marlolo. General Torchy sei bei der Avantgarde eingetroffen.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Zahle⸗ der Abgeordneten befindet sich öin 8— Erhen age.
— In der heutigen (73.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, welcher der Finanz⸗Minister Dr. Miquel beiwohnte, wurde die zweite Berathung des Stempelsteuer gesetzes bei der Tarifposition 2 fortgesetzt und zunächst die gestern an der Beschlußunfähigkeit des ganses gescheiterte Ab⸗ stimmung über den Antrag des Abg. Dasbach wieder olt. Der Antrag wurde (ohne Zählung der Stimmen) A. v2 und demnächst die ganze Position mit den gestern beschlossenen Aenderungen angenommen.
Antichretische Verträge (Position 5) sollen nach der Vorlage analog den Pachtverträgen (mit einem Zehntel vom Hundert) versteuert werden.
Abg. Krause (nl.) beantragte, sie unter der Rubrik „Sicherstellung von Rechten“ nach der Wechselskala von 50 3 bis zu 5 ℳ steigend zu besteuern. 8
(Schluß des Blattes.)
Nr. 23 A des 1u6““ der Bauverwaltung“, herausge eben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 12. Juni hat folgenden Inhalt: Der Zustand der antiken Athenischen Bauwerke. (Fortsetzung und Schluß.) — Acetylen⸗Gas. Vermischtes: Preisausschreiben um Entwürfe für ein nordbö Gewerbe⸗Museum in Reichenberg. — Neue Patente.
Statistik und Volkswirthschaft. 8
Arbeiterwohnhäuser. 8
Die Abegg'sche Stiftung in Danzig, welche in diesem Jahre auf eine fünfundzwanzigjährige Wirksamkeit zurückblickt, hat an der nach Langfuhr führenden Allee einen größeren Landkompler angekauft und beabsichtigt, dort allmählich nach Maßgabe der verfügbar werden⸗ den Geldmittel gegen hundert gesunde Arbeiterwohnhäuser zu errichten. Schon in diesem Sommer soll ein größerer Theil derselben erbaut üeh .2Jes .... “
Zur Arbeiterbewegung. “
In Leipzig beschloß, wie der „Mgadb. Ztg.“ gemeldet wird, am Montag eine Versammlung von Arbeitgebern, die sich aus Mitgliedern des „Verbandes der Bauarbeiter“ und der „Innung ge- prüfter Maurermeister“ zusammensetzte, — da die ausständigen Maurergesellen das Angebot der Arbeitgeber nicht angenommen und die Arbeit an diesem Tage nicht wieder aufgenommen haben (vergl. Nr. 134 d. Bl.) —, die noch bei ihnen be chäftigten Maurer, mit Ausnahme derer, die bereits über 25 Jahre ununter⸗ brochen bei ihnen arbeiten, mit dem gestrigen Tage zu entlassen. Es dürften durch diese Maßnahme noch 800 bis 1000 Maurer arbeitslos geworden sein. Nach dem „Leipziger Tageblatt“ faßten darauf gestern die ausständigen Maurer in einer Versammlung den Beschluß, trotz dieser Maßregel im Ausstand zu beharren. — Hier in Berlin ist nach einem Bericht des „Vorwärts“ in der Schuhfabrik von Maleck infolge von Lohnabzügen in Höhe von 20 bis 30 % ein Ausstand ausgebrochen. Es sind im Ganzen 29 Arbeiter und Arbeiterinnen ausständig.
Aus dem Sulzthale wird der „Rh.⸗Westf. Ztg.“ unter dem 10. d. M. mitgetheilt: Der Ausstand der Bergarbeiter der Grube Lüderich und Franziska der Vieille⸗Montagne (vergl. Nr. 129 d. Bl.), der am 17. April d. J. begonnen hat, ist so weit beigelegt, daß die Bergleute die Arbeit wieder aufgenommen haben, nachdem infolge neuer Ver⸗ handlungen zu Anfang dieses Monats von der Direktion eine Lohn⸗ erhöhung zugesagt worden war.
Die am gestrigen Abend in Wien abgehaltenen Arbeiter⸗ versammlungen sind dem „W. T. B.“ zufolge insgesammt ruhig verlaufen. Die Redner sprachen sich gegen die Vorlage über die Wahlreform aus. Auf den Straßen und öffentlichen Plätzen haben sich keinerlei Ruhestörungen ereignet. 3
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Spanien.
Durch Königliche Verordnung vom 1. d. M. ist wegen der in Tarsus lasiat. Türkei) aufgetretenen Cholera für Herkünfte von dem nächstgelegenen Hafen Morsina Quarantäne angeordnet worden. Gleichzeitig sind alle Häfen, welche von Tarsus nicht weiter als 165 km entfernt sind, für choleraverdächtig erklärt worden. Eine weitere Königliche Verordnung von demselben Tage hebt die gegen öö 1- “ angeordnete Quarantäne wieder auf. .R.⸗Anz.“ Nr. vom 9. Nr. ee.; 89 und Nr. 46 vom
Portugal.
Durch Verfügung des Königlich portugiesischen Ministeriums des Innern sind Herkünfte aus Wolhynien die Häfen des Gouvernements Astrachan für rein von Cholera erklärt worden. Die russischen Häfen an der Ostsee gelten noch als cholera⸗ verdächtig. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 234 vom 4. Oktober und Nr. 162 vom 12. Juli v. J.) Dacch Ratbe 3
urch Rathsverordnung des Gouverneurs zu Singapore vom 8. v. M. sind die Abschnitte 2, 3 und 5 der .“ of Disease Ordinance 1894“ vom 10. v. M. ab für alle Schiffe in Kraft gesetzt worden, welche von den Häfen von Swatow, Macao und der Insel Hainau kommen bezw. diese Häfen angelaufen haben. „Danach dürfen chinesische Auswandererschiffe, welche von jenen Häfen kommen, in die Häfen der Straits Settlements nicht einlaufen und keine chinesischen Einwanderer landen. Nur die dazu bestimmten Beamten können mit diesen Schiffen in Verkehr treten. Die Maßregel ist veranlaßt worden durch das Auftreten der Beulenpest in den genannten Häfen.
1 Rathsverfügung des Gouverneurs von Singapore vom 10. v. ist der Hafen von Bangkok für choleraverseucht erklärt worden. Alle von Bangkok in Singapore eintreffenden Schiffe unter⸗ liegen der Quarantäne.
Egypten.
Zufolge Beschlusses des internationalen Gesundheitsraths in Alexandrien vom 27. v. M. sind Herkünfte des Küstenstrichs 8 Kap