1895 / 150 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 26 Jun 1895 18:00:01 GMT) scan diff

Aichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 26. Junij. Seine Majestät der Kaiser und König gaben, wie „W. T. B.“ aus Kiel meldet, die für gestern geplante Fahrt nach Eckernförde wegen zu frischer Brise auf und nahmen im Laufe des Vormittags an Bord der Nacht „Hohen⸗ zollern“ die Vorträge der Chefs des Zivil⸗, des Militär⸗ und des Marinekabinets entgegen. Am Nachmittag besuchten Seine Majestät auf mehrere Stunden Ihre Majestät die Kaiserin und Königin im Schlosse und kehrten nach 7 Uhr auf die „Hohenzollern“ zurück, woselbst ein größeres Diner stattfand, an welchem auch Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz Ludwi von Bayern und der Erbgroßherzog von Oldenburg theil⸗ nahmen. Später wohnten Seine Majestät einem Herrenabend in der Marine⸗Akademie bei. ve. 1 Heute früh segelten Seine Majestät der Kaiser auf der Nacht „Meteor“ in der Regatta mit.

Das Befinden Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin ist, heutiger Nachricht aus Kiel zufolge, dauernd

8.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Zoll⸗ und Steuerwesen, für Handel und Verkehr und für Rechnungs⸗

wesen, sowie die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuer⸗ und für Handel und Verkehr hielten heute Sitzungen.

L11““ 85

Der General⸗Lieutenant Edler von der Planitz, General⸗Inspekteur der Fuß⸗Artillerie, hat Berlin verlassen.

Nach telegraphischer Meldung an das Ober⸗Kommando der Marine ist S. M. S. „Kaiser“, Kommandant Kapitän zur See Jaeschke, am 25. Juni in Hongkon eingetroffen und eht von dort am 1. Juli nach Amoy: S. 2 t. S. „Prinzeß Wilhelm“, Kommandant Korvetten⸗Kapitän von Holtzen⸗ dorff, nach Shanghai

eht am 30. in See. 8 1.“

Juni von Hongkong

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Oesterreich⸗Ungarn.

Die österreichische Delegation nahm gestern das Ordinarium und das Ertraordinarium des Armeebudgets, sowie den Occupationskredit und die Voranschläge für das gemeinsame Finanz⸗Ministerium, die Zollgefälle und den Obersten Rechnungshof unverändert an. Im Laufe der Debatte über das Armeebudget hatte der Kriegs⸗Minister von Krieghammer erklärt, es würden über alle Soldaten, nicht nur über die Sozialdemokraten, bei ihrem Eintritt in das Heer Erkundigungen bezüglich ihres Vorlebens eingezogen. Er, der Minister, sei stets bestrebt, umstürzlerischen Agitationen innerhalb der Armee auf das nachdrücklichste entgegenzuwirken. Selbstverständlich sei, daß solche Agitatoren nicht Unteroffiziere würden. Der Reichs⸗Finanz⸗Minister Baron Kallay hatte im Laufe der Debatte über den Occupations⸗ kredit unter lebhaftem Beifall erklärt, er vertrete in dem Occupationsgebiet weder eine kroatische noch eine serbische Politik, sondern die Interessen des Landes im Sinne Oester⸗ reich⸗Ungarns. Die größere Militärmacht in Bosnien bezwecke, daß von dort aus die größte Bedeutung der Monarchie weithin sichtbar strahle. 8

In der gestrigen Plenarsitzung der ungarischen De⸗ legation wurden das Ordinarium und das Extraordinarium des Armeebudgets genehmigt. Ferner wurden Resolutionen zum Armeebudget, darunter auch die über eine ungarische Militär⸗Akademie, sowie der Occupationskredit angenommen.

Das österreichische Abgeordnetenhaus nahm gestern das Budgetprovisorium in zweiter und dritter Lesung mit allen gegen die Stimmen der Jungczechen und der Abgg. Perner⸗ storffer und Kronawetter an. Im Laufe der Debatte erklärte der Abg. Kaizl namens der Jungczechen, daß seine Partei, wie bisher, eine oppositionelle Haltung einnehmen und daher gegen das Budgetprovisorium stimmen werde. Der Abg. Ritter von Zaleski gav die Erklärung ab, daß der Rücktritt des Fürsten Windischgrätz von seiner Partei sehr bedauert werde; diejenigen, welche die Schaffung der Koalition angestrebt hätten, hätten für dieselbe auch weiterhin ehrlich einzutreten. Redner betonte die dringende Nothwendigkeit der Erledigung der Zivilprozeßordnung und 8 die An⸗ nahme des Budgetprovisoriums. Der Abg. Gra Küenburg erklärte namens der Linken, er stimme im allgemeinen Staatsinteresse für das Budgetprovisorium, seine Partei behalte sich indeß in politischen Fragen volle Aktionsfreiheit vor. Der Abg. Barwinski sagte namens der Ruthenen der Regierung seine Unterstützung zu. Der Abg. Prinz Liechtenstein sprach sich namens seiner Partei für das Provisorium aus; bezüglich des Budgets mache seine Partei die Entschließung von den Erklä⸗ rungen der Regierung abhängig. Die Abgg. Dr. Bareuther und Graf Coronint empfahlen gleichfalls die Annahme des Pro⸗ visoriums, der letztere mit dem Zusatze, daß seine Partei die Regierung rückhaltlos unterstützen werde. Ferner nahm das Haus die Regierungsvorlagen, betreffend die Vermehrung des Fuhrparks der Staatsbahn und die Ergänzung des Marken⸗ schutzgesetzes, in zweiter und dritter Lesung an.

Nach dem Bericht des Budgetausschusses über den Staatsvoranschlag und das Finanzgesetz für 1895 betragen die modifizierten gesammten Staatseinnahmen 643 611 196 Fl., die gesammten Ausgaben 643 563 587 Fl.; es verbleibt somit ein Ueberschuß von 47 609 Fl., der um 2 410 098 Fl. geringer ist als der im Regierungsentwurf vorgesehene.

Großbritannien und Irland.

Die Vermählung des Herzogs von Aosta mit der Prinzessin Helene von Orleans wurde gestern Vor⸗ mittag mit vollem französischem Königszeremoniell in der Sankt Raphaël⸗Kirche zu Kingston an der Themse feierlich Legzer

ach Besprechung mit den Führern der Konservativen

und der Unionisten begab sich Lord Salisbury gestern

Nachmittag zur Königin nach Windsor und übernahm die Kabinetsbildung. Wie offiziell bekannt gemacht wird, setzt sich das neue Kabinet wie folgt zusammen: Lord Salisbury

remier⸗Minister und Auswärtiges, Herzog von Devon⸗ Präsident des Geheimen Raths, Balfour Erster Lord des Schatzes, Chamberlain Kolonien, Sir M. Hicks⸗ Beach Kanzler der Schatzkammer, Goschen Marine. Die anderen Portefeuilles sind bisher noch nicht besetzt.

Das Oberhaus nahm gestern die dritte Lesung des Ge⸗ setzes, betreffend die Seehundsfischerei im nördlichen Stillen Ozean, an. Im Unterhause erklärte Sir W. Harcourt, er habe gehofft, im stande zu sein, dem Hause bestimmtere An⸗ gaben machen zu können, als ihm augenblicklich zur Verfügung ständen. Er beantrage daher, das Haus möge sich bis heute vertagen. Der Antrag wurde angenommen. 1 3 Mac Carthy, der Führer der Antiparnelliten, ver⸗ öffentlicht eine Erklärung, worin es heißt, daß mit dem neuen Ministerium Irlands bitterste Feinde ans Ruder gekommen seien; er fordere deshalb die Iren aller Länder auf, Mittel für eine Homerule⸗Campagne zu schaffen.

Frankreich.

In dem gestern im Elysée abgehaltenen Ministerrath theilte der Minister des Auswärtigen Hanotaux mit, daß der französische Gesandte in Peking den Vertrag unterzeichnet habe, durch welchen die Grenzfestsetzung zwischen Tongking und den Südprovinzen Chinas beendet sei. Der Vertrag ordne auch die wirthschaftlichen und Handelsbeziehungen zwischen Indochina und China. Ferner theilte der Minister mit, daß die Vorverhandlungen bezüglich der Wiederaufnahme der Handelsbeziehungen zwischen Frankreich und der Schweiz von Erfolg gewesen seien. Dem Parlament werde eine Vorlage zugehen, um deren Annahme die Regie⸗ rung noch vor dem Schlusse der Tagung ersuchen werde. Der Protokollchef des Auswärtigen Amts Crozier ist gestern beim Spazierritt vom Pferde gestürzt, hat sich aber dabei keinerlei ernste Verletzungen zugezogen. Er dürfte in einigen Tagen wiederhergestellt sein.

Italien.

Die Deputirtenkammer setzte gestern die Berathung über das Budget des Ackerbaues fort. Für den Schluß der Sitzung waren angekündigt: 1) ein Antrag S acchi's und anderer Deputirten der äußersten Linken, worin die Ein⸗ setzung einer besonderen Kommission verlangt wird, der sich Crispi und Cavallotti unterwerfen müßten; 2) ein Antrag des Herzogs von Sermoneta und anderer Abgeordneten der Rechten, welcher die Regierung auffordert, die zur Lösung der moralischen Frage nothwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Unter allgemeiner Spannung nahm der Minister⸗Peäfident Crispi das Wort und erklärte, kein Tribunal zu acceptieren, weder in der Kammer noch außerhalb derselben. Er weise den Antrag der Rechten ebenso zurück wie den der äußersten Linken. Nachdem er 53 Jahre lang dem Lande gedient habe, glaube er das Recht zu haben, sich für unverwundbar zu halten. Die Abgeordneten Sacchi und Sermoneta begründeten ihre Anträge. Der Ab⸗ geordnete Torriziani (ministeriell) beantragte, die Anträge Sacchi und Sermoneta auf 6 Monate zu verschieben, indem er gleichzeitig dieser Verschiebung der Anträge die Bedeutung der Verwerfung derselben beilegte. Der Minister⸗Präsident Crispi versicherte, daß er den Antrag Torriziani mit der demselben vom Antragsteller beigelegten Bedeutung annehme. Eine Erklärung des Deputirten Costa in sozialisti⸗ schem Sinne rief in der Kammer großen Lärm hervor. Der der Opposition angehörige ehemalige Justiz⸗Minister Bonacci erklärte, daß er sich die Freiheit vorbehalte, über die Politik der Regierung zu urtheilen, daß er aber seine Stimme zu Gunsten des Kabinets abgeben werde. Der Abg. Cavallotti ergriff das Wort zu einer persönlichen Be⸗ merkung und erklärte, er habe alles Mögliche zur Ver⸗ meidung von Debatten gethan; die ehrenrührige Beschul⸗ digung weise er zurück. Der gleichfalls der Opposition angehorende ehemalige Arbeits⸗Minister Branca gab eine Erklärung ab, daß er weder den Antrag Sacchi noch den Antrag Sermoneta billige und daß er sich der Abstim⸗ mung enthalten werde. Hierauf wurde zur namentlichen Abstimmung geschritten, wobei der Antrag Torriziani mit 283 gegen 115 Stimmen angenommen wurde; 7 Depu⸗ tirte enthielten sich der Abstimmung. Die Majorität brach in Hochrufe auf Crispi aus, welche die äußerste Linke mit Hoch⸗ rufen auf Cavallotti beantwortete. Unter lebhafter Bewegung wurde die Sitzung sodann geschlossen. Die Deputirten Brin, di Rudini und Zanardelli stimmten dem Antrag zu. Crispi hatte erklärt, daß er an der Abstimmung nicht theil⸗ nehmen werde; die übrigen Minister stimmten für den An⸗ trag Torriziani. . 8

Nach der nunmehr beendeten Zählung sind bei den Ge⸗ meindewahlen in Rom 48 Liberale und 32 Klerikale ge⸗ wählt worden.

Schweiz.

Nach längeren Verhandlungen haben, wie „W. T. B.“ aus Bern berichtet, der französische Botschafter und der Vor⸗ steher des schweizerischen Departements des Auswärtigen zwei Noten ausgetauscht, worin für ein Handelsüberein⸗ kommen folgende Bedingungen festgestellt werden: Aus⸗ tausch des französischen Minimaltarifs gegen den schweizerischen Tarif, wie er anderen Staaten gewährt worden ist; der Minimaltarif müsse gewisse Reduktionen er⸗ leiden, welche durch ein den französischen Kammern vorzu⸗ legendes Gesetz festzusetzen seien; die Schweiz gewähre den Zonen einige Erleichterungen durch besondere Zusatzartikel.

Der Nationalrath hat in der Schlußabstimmung das ganze Bankgesetz in namentlicher Abstimmung mit 89 gegen 27 Stimmen bei 3 Stimmenthaltungen angenommen.

Belgien.

Die Repräsentantenkammer s sämmtliche Artikel des Gesetzes über die Eingangszölle und nahm das Gesetz im Ganzen mit 78 gegen 64 Stimmen an. 5 Mitglieder enthielten sich der Abstimmung.

8 Türkei.

Die Antwort der Pforte auf das Ersuchen der Bot⸗ schafter von Rußland, Großbritannien und Frankreich um Auf⸗ klärung gewisser unbestimmten Punkte in der letzten Note der Pforte wird, nach einer Meldung des WTTEE6168 Konstantinopel, im Laufe dieser Woche erwartet. Die Antwort dürfte diejenigen Punkte spezifizieren, deren genauere Erörterung die Pforte wünscht. Der in diplo⸗ matischen Kreisen in Konstantinopel mehrfach herrschenden Anschauung, daß die Pforte den Kabinetswechsel in England vorausgesehen und sich bemüht habe, die armenische

genehmigte gestern

Pforte aufs entschiedenste widersprochen, indem darauf hin⸗ ee wird, daß man sich von Lord Salisbury eher einer zäheren Behandlung der Angelegenheit versehe.

Die letzten aus Kreta in Athen eingetroffenen Nachrichten lauten beruhigend. Der Gouverneur hat sich nach Apokorono begeben, wo die Unruhen ausgebrochen waren. X“

Die „Neue freie Presse“ meldet aus Sofia: Es bestätige sich, daß die Kämpfe bei Kratowo, welche anfangs erfolg⸗ reich für die Aufständischen gewesen seien, für dieselben nachtheilig geendet hätten. Die Grenze sei so gut wie abgeschlossen, der Botenverkehr unmöglich. Ueber den Ort des Ausbruchs der Erhebung seien die Angaben verschieden. Es sei sicher, daß einzelne Personen durch die Postenkette geschlichen seien; ihre Zahl variiere in den Angaben zwischen vier und mehr als 100. Die Aufständischen seien meistens mit Gewehren be⸗ waffnet. Die „Swoboda“ veröffentlicht gleichfalls Telegramme über die angebliche revolutionäre Bewegung in Macedonien, aber in einem den Mittheilungen des Journals „Pravo“ ganz entgegengesetzten Sinne. Der „Swoboda“ zufolge wären zwei Banden, die eine 22, die andere 40 Mann stark, gänzlich vernichtet worden, indem alle Mitglieder entweder getödtet oder gefangen genommen worden seien.

Griechenland. Der Minister⸗Präsident Delyannis erklärte in der gestrigen Sitzung der Kammer, der Rath der öffentlichen Schuld sei provisorisch mit der Verwaltung der Einnahmen betraut, welche zur Bezahlung der den Gläubigern durch Gesetz vom Dezember 1893 zugebilligten 30 Proz. ausreichten Bulgarien. Das Journal „Mir“ sagt bei Besprechung der Meldungen

über die Bewegung in Macedonien: die bulgarische Re⸗ gierung kenne ihre Pflicht gegenüber ihren bulgarischen Brüdern

außerhalb des Landes sehr gut; sie wisse aber auch, daß, wenn

man bewaffnete Banden die Grenze überschreiten ließe, man die bulgarische Bevölkerung furchtbaren Repressalien seitens der Türkei aussetzen würde. Die bulgarische Regierung habe, ohne auf den Lärm der Opposition zu achten, die weitgehendsten Vorsichts⸗ maßregeln an der Grenze ergriffen. Pflicht der Regierung sei es, die bisher beobachtete loyale Haltung gegenüber der Türkei und den Mächten beizubehalten. Den Bulgaren in Macedonien müsse man es überlassen, durch ihre Opfer die Sympathie und das Mitleid Europas zu gewinnen.

Schweden und Norwegen. 8 Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Christiania

haben im Storthing die Abgg. Steen, Sivert, Nielsen und mehrere andere Mitglieder der Linken die Aufnahme einer neuen inneren Staatsanleihe von 12 Millionen Kronen zu Vertheidigungszwecken beantragt. Der Antrag wurde an den Budget⸗ und den Heecresausschuß zur gemeinsamen Be⸗

rathung verwiesen. Dänemark. Der Kronprinz und die Kronprinzessin von Griechenland sind gestern Nachmittag von Schloß Bellevue an Bord des Dampfers „Danebrog“ nach Kiel abgereist.

Ueber die gestern bereits gemeldete Regelung der französisch⸗chinesischen Grenze wird noch be⸗ richtet, daß das neue Uebereinkommen die Fortsetzung der bereits früher festgesetzten Grenzstrecke von Moncay bis Laiichou bei Laokay betreffe. Durch dasselbe werde die Grenze für das Gebiet bestimmt, welches sich von Latichou längs des Namuthales bis zum Mekong⸗ thal hinziehe. Das Uebereinkommen erstrecke sich gleich⸗ zeitig auch auf die Herstellung von Transportmitteln und genehmige die Anlage von Eisenbahnen und Telegraphenlinien auf der ganzen Grenzee. AA9

Parlamentarische Nachrichten.

Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des auses der Abgeordneten befindet sich in der Ersten und weiten Beilage.

In der heutigen (80.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Finanz⸗Minister Dr. Miquel beiwohnte, wurde die dritte Lesung des Entwurfs eines Stenpelstenesgeeahe⸗ begonnen, zu welcher zahlreiche Abänderungsanträͤge, darunter ein Kompromißantrag Gamp und Gen., vorlagen.

Zur Generalberathung nahm das Wort

Abg. von Eynern (nl.): In der freisinnigen Presse ist in der letzten Zeit eine lebhafte Kritik an der Kommission, welche das Stempelsteuergesetz vorberathen hat, geübt worden. Demgegenüber bemerke ich, daß das Mitglied der freisinnigen Partei, welches der Kommission angehörte, in der Schlußabstimmung mit der Mehrheit der Kommission gestimmt hat. Weit auseinander gehen auch heute noch die Schätzungen über die finanziellen Ergebnisse des Gesetzes. Die Kommission hat nicht unwesentliche Streichungen vorgenommen; aber ich glaube doch, daß eine Mehreinnahme von 2 bis 3 Millionen Mark aus dem Gesetze resultieren wird. Meine politischen Freunde werden, vorbehaltlich der Annahme der vor⸗ liegenden Kompromißanträge, für den Gesetzentwurf stimmen. Hoffent⸗ lich wird im anderen Hause keine wesentliche Aenderung daran vor⸗ genommen werden.

Abg. Krause (nl.): Ich will nicht verschweigen, daß auch nach Annahme der vorliegenden Kompromißanträge noch manches Unerfreu⸗ liche in dem Gesetz bleibt, was zu Erschwerungen für Handel und Verkehr führen wird; aber wir verkennen andererseits nicht, daß das Gesetz in vielen Beziehungen Erleichterungen schafft. Das vor⸗ geschlagene Kompromiß ist für uns besonders deshalb acceptabel, weil es die Steuerfreiheit der mündlichen Miethsverträge wahrt. Einen Wunsch möchte ich dem Herrn Minifter noch aussprechen. Es würde sich sehr empfehlen, die Selbstverwerthung und Selbstkassierung der Stempel nach Möglichkeit zu erleichtern. Je weiter man darin geht, desto geringer wird die Gefahr der Stempelsteuerhinterziehung.

Abg. Richter (fr. Volksp.): Herr von Eynern beschäftigt sich in seiner Rede mit den Beschlüssen der Kommission; wir haben es aber jetzt nicht mehr mit der Kommissionsvorlage, sondern mit Beschlüssen zweiter Felung zu thun. Ich erkenne an, daß in den zur dritten Lesung gestellten Kompromißanträgen einzelne von mir früher gemachte Ausstellungen berücksichtigt worden sind. Das Verzeichniß bei den Mieths⸗ und Pachtverträgen soll aberbestehen bleiben, wenn auch die münd⸗ lichen Verträge steuerfrei 5 und die Grenze der steuerfreien Ver⸗ träge erweitert worden ist. Dazu kommt die höbere Belastung der Versicherungen, die ich sozialpolitisch für einen Fehler halte, ebenso wie die Belastung von Gesellschaften mit beschränkter Haftpflicht. Die Befreiungen von der Steuerpflicht müssen geprüft und später in einem besonderen Gesetz geän werden. An dem Recht der Regierung, einen Stempelbetrag

Frage zu verschleppen, wird in Hofkreisen und seitens der

zu erlassen, ist durch die Kommissionsanträge ebenso wenig etwas ge⸗

Gestellung

ändert worden. Ich habe diese Frage schon früher berührt, als es sich um den Stempelerlaß bei der Fideikommißstiftung des Herrn Freiherrn von Lucius handelte. Es wurde bei dieser Gelegenheit auf Antrag des Herrn Francke⸗Tondern eine Resolution ange⸗ nommen, nach der ein Gesetzentmurf vorgelegt werden sollte Verwaltung der Einnahmen und Ausgaben. Später hörte man, der Herr Finanz⸗Minister beschäftige sich mit der Ausarbeitung eines solchen Entwurfs, in der Folge ist es aber davon wieder still geworden. Wenn der Herr Finanz⸗Minister kein der⸗ artiges Gesetz vorlegen kann, wer soll es dann thun? Dann ist es besser, bei einzelnen Gelegenheiten, so hier beim Stempelsteuergesetz, diese Materie zu ordnen. Die diskretionäre Befugniß der Regierung, Stempel zu erlassen, muß beschränkt werden; dies gehört zu den Forderungen eines konstitution swesens.

(Schluß des Blattes.)

über die

Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts. Die Bankvorstände (Bankagenten) von Reichsbank⸗Neben⸗

stellenz, welche auf Tantième angestellt sind und denen ein Mindest⸗

berrag der Tantièmen garantiert ist, sind, nach einem Urtheil des Ober⸗Verwaltungsgerichts, II. Senats, vom 28. November 1894, als be⸗ soldete Reichsbeamte und unmittelbare Staatsdiener im Sinne des § 8 des preußischen Gesetzes vom 11. Juli 1822, betr. die Heranziehung der Staatsdiener zu Gemeindelasten, zu erachten und demgemäß nur mit der Hälfte ihrer gesammten Tantièmen nach Abzug der von ihnen zu bestreitenden Ausgaben für Dienstbedürfnisse zur Gemeinde⸗ Einkommensteuer heranzuziehen, ihre Anstellung auf Kündigung und ohne Anspruch auf Wartegeld oder Pension e ihre Beamten⸗ qualität nicht aus. „Reichsbeamter im Sinne des Reichsgesetzes vom 31. März 1873 ist jeder Beamte, der entweder vom Kaiser angestellt oder nach Vorschrift der Reichsverfassung den Anordnungen des Kaisers Folge zu leisten verpflichtet ist 1 a. a. O.).“ Zur Ausführung des esetzes, namentlich zur näheren Bezeichnung derjenigen Behörden, die unter den im Gesetz erwähnten Reichsbehörden verstanden werden sollen, ist die Verordnung vom 23. November 1874 ergangen. Daselbst wird bestimmt, daß abgesehen von den Mitgliedern der höheren Reichsbehörden, sowie denjenigen Reichsbeamten, die nach ihrer dienstlichen Stellung denselben vorgehen oder gleich⸗ stehen, und den Konsuln, die sämmtlich eine Kaiserliche Bestallung erhalten die Anstellungsurkunden der übrigen Reichs⸗ beamten im Namen des Kaisers vom Reiche kanzler oder von den durch denselben dazu ermächtigten Behörden ertheilt werden. Indessen finden nach § 4 a. a. O. die vorerwähnten Bestimmungen auf diejenigen Reichsbeamten keine Anwendung, über deren Anstellung durch Reichs⸗ gesetz oder vertragsmäßig anderweite Anordnungen getroffen sind. Derartige besondere Bestimmungen sind zwar in dem Reichsbankgese vom 14. März 1875 enthalten; jedoch betreffen sie nur das Reichsbank⸗ Direktorium und die Bankkommissarien. Im übrigen bestimmt der § 28 das., daß die Beamten der Reichsbank die Rechte und Pflichten der Reichsbeamten haben. Zur weiteren Ausführung des Reichsbeamtengesetzes in der Bankverwaltung ist die Verordnung, betreffend die Anstellung der Beamten und die Zuständigkeit zur Ausführung des Gesetzes vom 31. März 1873 bei dieser Verwaltung, vom 19. Dezember 1875 er⸗ lassen worden und daselbst in § 1 bestimmt, daß die Beamten der Reichsbank, soweit sie nicht in Gemäßheit der §§ 27 und 36 des Bankgesetzes vom 14. März 1875 vom Kaiser zu ernennen sind, vom Reichskanzler oder auf Grund der von dem letzteren ertheilten Er⸗ mächtigung von dem Präsidenten des Reichsbank⸗Direktoriums ange⸗ stellt werden. ach diesen Vorgängen ist nicht zu bezweifeln, daß der Kläger unter immerhin ausreichender Beobachtung der vor⸗ geschriebenen Formen als Reichsbeamter angestellt worden ist. Demunerachtet würde aber der Klageanspruch noch nicht be⸗ gründet sein, wenn der vom Beklagten dahin erhobene Einwand, daß die besondere Art des hier in Rede stehenden Diensteinkommens den Kläger von der Reihe der „besoldeten“ Staatsdiener im Sinne des § 8 des preuß. Gesetzes vom 11. Juli 1822 ausschließe, als be⸗ rechtigt anzuerkennen wäre. Allein auch hierin irrt der Beklagte. Es kann auf sich beruhen bleiben, ob als Diensteinkommen auch noch ein lediglich aus nicht fixierten Tantieémen bestehendes Einkommen an⸗ zusprechen wäre. Denn ein solches steht hier nicht in Frage. Viel⸗ mehr ist dem Kläger ein Mindestbetrag garantiert, und diesem läßt sich der Charakter einer „Besoldung“ nicht absprechen. Zu einer Unterscheidung aber zwischen dem innerhalb des garantierten Minimums sich bewegenden und andererseits dem darüber hinausgehenden Tantisémebetrage, dergestalt, daß etwa nur jenem die Natur der Besoldung zuzuerkennen wäre, fehlt es hier, wie bei den Gerichtsvollziehern an jedem inneren Grunde. Zu⸗ gleich finden damit die Angriffe des Beklagten, daß der Kläger, wie jeder Agent einer Privatgesellschaft, nur auf Tantiome angestellt und deshalb lediglich wie ein Kaufmann zu beurtheilen sei, ihre Erledigung. Dasselbe gilt von dem Einwande, daß die Anstellung auf Kündigung

und ohne Anspruch auf Wartegeld oder Pension die Beamtenqualität

ausschließe. Es genügt, dieserhalb auf §§ 2, 32, 37, 54 des Reichs⸗ beamtengesetzes zu verweisen.“ (II. 1628.)

Statistik und Volkswirthschaft.

Die Ergebnisse des Heeres⸗Ersatzgeschäfts in Elsaß⸗

Lothringen im Jahre 1894. Die Gesammtzahl der im Jahre 1894 in Elsaß⸗Lothringen zur vor den Ersatzbehörden verpflichteten Personen betrug 42 774 (379 mehr als im Vorjahre). Von denselben standen 19 157 (562 mehr als im Vorjahre) im ersten, 12 273 (456 weniger als im Vorjahre) im zweiten, 9188 im dritten Militärpflichtjahre und 2155 gehörten älteren Jahrgängen an. Von den letzteren haben 1581 bisher nicht ermittelt werden können, weil ihre Eltern zur Zeit der Geburt der betreffenden Söhne sich nur vorübergehend in Elsaß⸗Lothringen aufhielten, bald nachher verzogen und ihr jetziger Aufenthalt nicht festgestellt werden konnte. Die Gesammtzahl der⸗ selben erstreckt sich über viele Jahrgänge und betrifft fast durchweg Personen, welche nicht mehr deutsche Reichsangehörige sind. In den obenbezeichneten Summen sind auch alle diejenigen Militärpflichtigen einbegriffen, welche in Elsaß⸗Lothringen geboren sind, sich aber augen⸗ blicklich auswärts aufhalten, wie auch diejenigen, welche auswärts geboren sind und nur vorübergehend in Elsaß⸗Lothringen wohnen. Die Zahl derjenigen Personen, welche dort geboren sind und sich in außerhalb Elsaß⸗Lothringens gelegenen Aushebungsbezirken zur Er⸗ füllung ihrer Militärpflicht gestellt haben, betrug 4072 (397 mehr als im Vorjahre). Von den zur Musterung und Aushebung ge⸗ kommenen jungen Leuten wurden 14 740 (289 mehr als im Vor⸗ jahre) gleich 34,46 % aller Gestellungspflichtigen (0,37 % mehr als im Vorjahre) auf das nächste Jahr zurückgestellt, 27 wurden als un⸗ würdig in der Armee zu dienen, ausgeschlossen. Vom Dienst in der Armee werden nach den Bestimmungen des Reichs⸗Militär⸗ gesetzes ausgeschlossen diejenigen Militärpflichtigen, welche zu Zuchthausstrafe verurtheilt worden sind oder gegen welche auf dauernde Unfähigkeit zum Dienst im Heer und in der Marine ge⸗ richtlich erkannt worden ist, ferner diejenigen, welche in ihrem fünften Militärpflichtjahre noch wegen einer strafbaren Handlung in Untersuchung stehen, die mit Zuchthaus oder mit dem Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte bestraft werden kann, sowie solche, welche in ihrem fünsten Militärpflichtjahre noch nicht wieder im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte sind. 936 wurden infolge körper⸗ licher Fehler oder Gebrechen zum aktiven Militärdienst untauglich befunden und vollständig ausgemustert. Dem Landsturm ersten Auf⸗ gebots wurden 2198, der Ersatzreserve 3083 = 5,01 bezw. 7,02 % aller Gestellungspflichtigen (gegen 4,43 bezw. 6,00 % im Vorjahre) überwiesen. Im Ganzen wurden 6746 zur Einstellung in die Armee ausgehoben = 15,77 % der Gestellungspflichtigen, von 6604

zur Einstellung in das Heer, und zwar 6497 zum Dienst mit und 107 8 Dienst ohne Waffe, und 142 zur Einstellung in die Marine be⸗ timmt worden fns⸗ Die ausgehobenen 6746 Mann sind nicht voll⸗ ständig zur Einstellung gekommen, 559 davon sind überzählig geblieben und der Esöt ern. überwiesen worden. 2

Die Zahl der freiwillig in die Armee Eingetretenen betrug im Jahre 1894 zusammen 1015, d. i. 71 mehr als im Vorjahre; von denselben gehörten 190 dem Bezirk Ober⸗Elsaß, 492 dem Unter⸗Elsaß und 333 Lothringen an. 518 von ihnen hatten das militärpflichtige noch nicht erreicht, und 26 davon sind bei der Marine eingestellt worden.

Von den zum aktiven Dienst Ausgehobenen gehörten 1790 dem Bezirk Ober⸗Elsaß, 2705 dem Unter⸗Elsaß und 2251 Lothringen an, 3583 standen im ersten, 1559 im zweiten, 1538 im dritten Militärpflichtjahre, und 66 gehörten älteren Jahrgängen an. Auf die Gesammt⸗Einwohnerzahl Elsaß⸗Lothringens vertheilt, ergiebt sich an thatsächlich zum aktiven Dienst bestimmten jungen Leuten ein Prozentsatz von 0,42 % (0,05 % weniger als im Vorjahre), von denen indessen später noch eine erhebliche Anzahl überzähli blieben, also nicht zur Einstellung in die Armee kamen. Thatsäͤchlich eingestellt wurden 0,38 % der Gesammtbevölkerung, sodaß, auf 2 Jahre vertheilt, der gewöhnliche Durchschnittssatz von 1 % der Bevölkerung nicht zum aktiven Militärdienst herangezogen worden ist. Nach letzterem Satz wären 8017 Mann einzustellen gewesen, während in Wirklichkeit nur 6187, also 1830 Mann weniger eingestellt

1u““ Zur Arbeiterbewegung.

In Hannover stehen, einer Mittheilun folge, die Lithographen der Firma A. Molling mit ihrem Arbeitgeber in Streit wegen Einführung der Accordarbeit.

Hier in Berlin wurde in einer Versammlung der in der Herrenkonfektion beschäftigten Arbeiter über die Zweckmäßigkeit von Betriebswerkstätten berathen. Die Reden beweisen, daß die Arbeiter in der Herrenkonfektion im Gegensatz zu den Damenkonfektions⸗Arbeiterinnen geschlossen für die Errichtung von Betriebswerkstätten eintraten, da auch die Anwesenden, welche der „Lokalorganisation“ angehören, sich für die Errichtung erklärten. In diesem Sinne wurde, wie die „Voss. Ztg.“ berichtet, eine Erklärung einstimmig angenommen. 1

Kunst und Wissenschaft.

Der Geschichts⸗ und Genremaler Robert Warthmüller, ein sehr begabter und beliebter Künstler, ist gestern früh im 36. Lebensjahre gestorben. Er war zu Landsberg an der Warthe ge⸗ boren und hatte den Namen des heimathlichen Flusses zur näheren Bezeichnung seinem eigenen Namen vorgesetzt. Die künstlerische Aus⸗ bildung erhielt er auf den Kunst⸗Akademien zu Berlin und München, sodann führten ihn Studienreisen nach Paris. Von seinen Werken sind besonders hervorzuheben die beiden Gemälde aus der Geschichte Friedrich's des Großen: „Eine bange Nacht“ (in der Dorfkirche zu Elsnig, nach der Schlacht von Torgau) und „Friedrich der Große an der Leiche Schwerin's“. Als Genremaler hat er sich durch die beiden lebensprühenden Bilder „Liebesmahl“ und „Ball⸗ pause“ in weitesten Kreisen bekannt gemacht. Verdiente Beachtung fanden auch seine Porträts. Auf der diesjährigen Ausstellung ist der Künstler mit drei Gemälden vertreten. Warthmüller war Lehrer an der Königlichen Kunstschule, und eine letzte Anerkennung bedeutete es für ihn, als er zu Ostern dieses Jahres an die Akademische Hochschule für die bildenden Künste zur Vertretung des beurlaubten Professors Seiler berufen wurde.

Der „Schles. Ztg.“ zufolge beschlossen Rektor und Senat der Universität Breslau, Damen, welche die Prüfung als wissen⸗ schaftliche Lehrerinnen für höhere Schulen bestanden haben, als Hospi⸗ tantinnen bei den Vorlesungen zuzulassen.

Der soeben bei Franz Hanfstaengl in München zur Ausgabe gelangte „Illustrierte Katalog der Münchener Jahres⸗ ausstellung im Glaspalast 1895“ (Pr. 2 ℳ) enthält in 80 voll⸗ seitigen Abbildungen eine Auswahl der anziehendsten Gemälde dieser Ausstellung. Die autotypischen Drucke sind von einer Feinheit und malerischen Wirkung, wie man sie sonst nur bei Photogravuren kennt. Dieser Vorzug und die Gesammtausstattung machen den

werthvolle Erinnerung an die Ausstellung bilden wird.

Bauten.

Eine Preisbewerbung um Entwürfe für einen Monu⸗ mentalbrunnen zur Ehrung des Königs Ludwig I. wird, wie das „Zentr.⸗Bl. d. Bauv.“ berichtet, unter den bayerischen Künstlern von der Stadt Aschaffenburg zum 25. November d. J. aus⸗ geschrieben. Der erste Preis besteht in der Ausführung des für 40 000 herzustellenden Brunnendenkmals; der zweite Preis beträgt 1500 ℳ, der dritte 1000 Die Ernennung des Preisgerichts und die endgültige Entscheidung ist dem bayerischen Kultus⸗Ministerium vorbehalten.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗

Verordnung des brasilianischen Ministeriums des Inne .v. M. sind die Häfen der argentinischen und uruguayschen Republik für rein erklärt worden. Zufolgedessen sind von 19. Mai d. J. ab die aus argentinischen und vom 22. Mai d. J. ab die aus uruguayschen Häfen auslaufenden Schiffe in den brasilianischen Häfen nach einer strengen ärztlichen Untersuchung zum freien Verkehr zuzulassen. Der Gesundheitsstand in Berlin hat sich in der Woche vom 9. bis 15. Juni etwas weniger günstig gestaltet, doch blieb die Sterb⸗ lichkeit noch eine niedrige (von je 1000 Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 16,2). Vornehmlich kamen akute Darmkrankheiten in rößerer Zahl zum Vorschein und endeten in gegen die Vorwoche ge⸗ steigerter Zahl (in 96 Fällen) tödtlich. Die Todesfälle betrafen fast durchweg Kinder im Alter von unter 2 Jahren, doch ist auch für ältere Kinder, besonders beim Genusse von rohem Obst, größere Vor⸗ sicht anzurathen. Die Betheiligung des Säuglingsalters an der Sterblichkeit blieb eine geringe; von je 10 000 Säuglingen starben, aufs Jahr berechnet, 57. Erkrankungen an akuten Entzün⸗ dungen der Athmungsorgane führten seltener zum Tode; Erkrankungen an Grippe wurden selten beobachtet, doch kam noch ein Todesfall infolge von Grippe zur Anzeige. Dagegen wurden von den Infektionskrankheiten Masern, Scharlach und Diphtherie in gesteigerter Zahl zur Meldung gebracht, und zwar kamen Erkrankungen an Masern aus der Oranienburger Vorstadt und aus Moabit, an Schar⸗ lach aus der diesseitigen Luisenstadt und dem Wedding, an Diphtherie aus der jenseitigen Luisenstadt, dem Stralauer Viertel, der Rosen⸗ thaler Vorstadt und dem Wedding am zahlreichsten zur Anzeige. Erkrankungen an Unterleibstyphus blieben beschränkt. An Kindbett⸗ fieber wurden 4 Erkrankungen bekannt. Rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut blieben selten. Erkrankungen an Keuch⸗ husten wurden nicht häufiger, auch blieb der Verlauf überwiegend ein milder. Rheumatische Beschwerden der Muskeln waren erheblich zahl⸗ reicher, während akute Gelenkrheumatismen keine sentliche Ver⸗ änderung im Vergleich zur Vorwoche aufwiesen.

vom 24. v.

Handel und Gewerbe.

Cägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. n der Ruhr sind am 25. d. M. gestellt 11 724, nicht rechtzeitig gestellt 13 Wagen. In Oberschlesien sind am 24. d. M. gestellt 4025, nicht recht⸗

zeitig gestellt keine Wagen.

v“

wurden.

des „Vorwärts“ zu⸗

Katalog zu einem kleinen Prachtwerk, welches für den Besucher eine

Maßregell.

wangs⸗Versteigerungen. Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin

begestrage20, den Zimmermeister K. Schilling zu Zeh gehörig; Fläche 7,15 a; Meistbietender blieb der Kaufmann Ernst riedländer zu Berlin mit dem Gebot von 169 000

einickendorferstraße 46 d, dem Fuhrherrn M. Henry zu Berlin gehörig; Nutzungswerth 11 100 ℳ; mit dem Gebot von 1Hbe⸗r blieb die Diskontobank, Prinzenstraße 76, Meist⸗ ietende.

Beim Königlichen Amtsgericht II Berlin standen zur Versteigerung: Das im Grundbuch von Schöneberg Band 39 Blatt Nr. 1455 auf den Namen des Maurers Joseph Minkfitz zu Schöneberg, Frankenstr. 23, eingetragene, zu Schöneberg, Franken⸗ straße 3, belegene Grundstüch⸗ Flächenraum 9,17 a; das geringste Gebot wurde auf 897 festgesetzt; mit dem Gebot 130 890 blieben die Bankdirektoren Eduard Sanden zu Potsdam und Paul Puchmüller zu Charlottenburg Meistbietende. Das im Grundbuch von Schöneberg Band 27 Blatt Nr. 1116 auf den Namen des Maurermeisters Karl Streckenbach zu Berlin eingetragene, zu Schöneberg, Goltzstr. 12 und Bar⸗ barossastr. 3, belegene Grundstück; Flächenraum 10,50 a; mit dem Gebot von 274 000 blieb der Kaufmann Wilhelm Wolff zu Berlin, Behrenstr. 52, Meistbietender. Das im Grundbuche von Weißensee Band 20 Blatt Nr. 567 auf den Namen des Zimmer⸗ meisters August Groebel, unbekannten Aufenthalts, eingetragene, zu Weißensee, angeblich Sedanstr. 17, belegene Grund⸗ stück, welches 5,01 a groß und mit 1590 Nutzungswerth zur Gebäudesteuer veranlagt ist; mit dem Gebot von 30 00 0 blieb die „Friedrich⸗Wilhelm“ Preußische Lebens⸗ Wund Garantie⸗Versicherungs⸗Aktien⸗Geselschaft zu Berlin, Mauerstraße 63 /65, Meistbietende. Das im Grundbuche von Schöneberg Band 36 Blatt Nr. 1372 auf den Namen des Maurermeisters Okto Zimmermann zu Schöne⸗ berg eingetragene, zu Schöneberg, Siegfriedstr. 5, belegene Grund⸗ stück; Flächenraum 9,65 a; Meistbietender blieb der Kaufmann Wil⸗ helm Wolff zu Berlin, Behrenstr. 52, mit dem Gebot von 215 000 Die im Grundbuche von Schöneberg Band 40 Blatt Nr. 1479 und 1480 auf den Namen des Schlossermeisters Gustav Scheer zu Schöneberg, Gothenstraße 2, ein⸗ getragenen, zu Schöneberg, Gothenstraße 2/3, belegenen Grundstücke;

lãchenraum 3,20 a und 3,20 a; das geringste Gebot wurde auf 76 377 kezw. 75 718 festgesetzt; mit dem Gebot von 76 400 bezw. 76 000 blieb der Bildhauer Wilhelm Scheer zu Schöneberg

Meistbietender. Auf gehoben wurde das Verfahren der Seee.

versteigerung wegen des im Grundbuche von Hohen⸗Schönhausen Band 9 Blatt Nr. 277 auf den Namen des Rittergutsbesitzers Gerhard Puchmüller zu Hohen⸗Schönhausen eingetragenen, zu w“ belegenen Grundstücks; ferner das Verfahren der wangsversteigerung wegen des im Grundbuche von Weißensee Band 45 Blatt Nr. 1380, auf den Namen des Kaufmanns Albert Kließen in Seeberg bei Alt⸗Landsberg eingetragenen, zu Neu⸗ Weißensee belegenen Grundstücks. Eingestellt wurde das Verfahren der Zwangsversteigerung wegen des im Grundbuche von SeherFrs wa 20 1 Nr. 684 auf den Namen des Arbeiters Gottl. Hoffmann und Frau eingetragenen, zu Lichten

belegenen Grundstücks. 8 ö 8 1s. g'g

—— In der gestrigen Generalversammlung des Verbandes Oberschlesischer Walzwerke wurde, wie „W. T. B.“ meldet, mitgetheilt, daß die Werke reichlich mit Beschäftigung versehen und daß hiernach für das 3. Quartal nur noch mäßige Mengen zum Ver⸗ kauf zu stellen seien. Auf den Antrag der Vereinigten Königs⸗ und Laurahütte wurde beschlossen, die gemeinsame Verkaufsaktion ein⸗ zustellen, wenn bis zum 15. August nicht ein Rheinisch⸗Westfälischer bezw. Deutscher Verband, über dessen Bildung verhandelt wird, zu stande gekommen sein sollte.

Die Königlich sächsischen Staats⸗Eisenbahnen vereinnahmten im Februar d. J. 6 060 395 (+ 141 122) und vom 1. Januar bis Ende Februar 12 464 503 (+ 236 963)

Bei der Zittau⸗Reichenberger Eisenbahn betrugen die Einnahmen im Februar d. J. 53 503 (+ 2751) und vom 1. Januar bis Ende Februar 114 946 (+ 5593)

Die Altenburg⸗Zeitzer Eisenbahn vereinnahmte im Fe⸗ bruar d. J. 77 678 (+ 8560) und vom 1. Januar bis Ende Fe⸗ bruar 161 107 (+ 16 247)

Die Zittau⸗Oybin⸗Jonsdorfer Eisenbahn verein⸗ nahmte im Februar d. J. 2797 (— 432) und vom 1. Januar bis Ende Februar 5949 (— 91)

Königsberg, 25. Juni. (W. T. B.) Getreidemarkt. Weizen unverändert. Roggen fest, do. pr. 2000 Pfd. Zollgewicht 117. Gerste unverändert. Hafer matt, do. loko pr. 2000 Pfd. Zollgewicht 116. Weiße Erbsen pr. 2000 Pfd. Zollgewicht 108,00. Spiritus pr. 100 Liter 100 % loko 38, pr. Frühjahr 38 ½l.

Danzig, 25. Inni. (W. T. B.) Getreidemarkt. Weizen loko unverändert, Umsatz 100 t, do. inländ. hochbunt u. weiß 150,00, do. inländ. hellbunt 145, do. Transit hochbunt und weiß 115,00, do. hellbunt 111,00, do. Termin zu freiem Verkehr pr. Sept.⸗Okt. 147,50, do. Transit pr. Sept.⸗Okt. 112,50, Regulierungspreis zu freiem Verkehr 146. Roggen loko unverändert, do. inländischer 121,00, do. russischer und polnischer zum Transit 85,00, do. Termin pr. Sept.⸗Okt. 127,50, do. Termin Transit pr. Sept.⸗Okt. 92, do. Regulierungspreis zum freien Verkehr 120. Gerste, große (660 700 Gramm) 110. Gerste, kleine (625 660 Gramm) 95. Hafer, inländischer 108 112. Erbsen, inländische 115. Spiritus loko kontingentiert 58,00, nicht kontingentiert 38,00.

Magdeburg, 25. Juni. (W. T. B.) Zuckerbericht. Kornzucker exkl., von 92 % neue —,—. Kornzucker ertl. 88 % Rendement —,—, neue 9,80, Nachprodukte exkl., 75 %. Rendement 6,65 7,50. Ruhig. Brotraffinade I Brot⸗ raffinade II Gem. Raffinade mit Melis 1 mit Faß —,—. Geschäftslos. Roh Transito f. a. B. Hamburg pr. Junt 9,55 bez., 9,57 ½ Juli 9,57 ½ Gd., 9,62 ½ Br., pr. August 9,75 bez., 9,77 ½ Br., pr. Sep⸗ tember 9,82 ½ Gd., 9,90 Br. Fest. .

Frankfurt a. M., 26. Juni. (W. T. B.) Einer Meldung der „Frkf. Ztg.“ aus Belgrad zufolge wurde der Finanz⸗Minister, welcher heute zurückkehrte, sofort von dem König empfangen und legte später den Präliminarvertrag mit den Banken dem Ministerrath vor, der nach mehrstündiger lebhafter Berathung demselben zustimmte. Außer bereits bekannten Einzelheiten, auch wegen der Umwandlung der 5 % in 4 % Titres, ist in dem neuen Vertrage lediglich die Kontrole für den auswärtigen Dienst festgelegt. Diese Kontrole wird nicht, wie anderweit gemeldet wurde, durch die Nationalbank erfolgen, sondern einer vollkommen autonomen Behörde überantwortet werden, welche aus sechs Mitgliedern, zwei Vertretern der Nationalbank und zwei Vertretern der auswärtigen Gläubiger besteht. Die Banken haben sich verpflichtet, im Fall der Annahme des Arrangements bis zum 1. resp. 13. Juli den Juli⸗Kupon zu decken. Leipzig, 25. Juni. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. pr. Juni —,— ℳ, pr. Juli 3,00 ℳ, pr. August 3,00 ℳ, pr. September 3,02 ½ ℳ, pr. Ok⸗ tober 3,05 ℳ, pr. November 3,05 ℳ, pr. Dezember 3,07 ½ ℳ, pr. Januar 3,10 ℳ, pr. Februar 3,12 ½ ℳ, pr. März 3,12 ½ ℳ, pr. April 3,12 ½ %, pr. Mai 3,15 ℳ% Umsatz: 25 000 kg. Bremen, 25. Juni. (W. T. B.) (Borsen⸗Schlußbericht.) Raffiniertes Petroleum. (Offiziele Notierung der Bremer Petroleum⸗Börse.) Ruhig. Loko 7,50 Br. Baumwolle. Schwach. Upland middl. loko 34 ¼ 4. Schmalz. Ruhig. Wilcor 34 ¾ ₰, Armour shield 34 , Cudahy 35 ₰, Fairban 29 ½ 4. Speck. Ruhig. Short clear middling loko 31. Hamburg, 25. Juni. (W. T. B.) Kaffee. (Nachmittags⸗ Good average Santos pr. Juni 74 ¾, pr. September Dezember 72 ½, pr. März 71 %¼. Ruhig. Zucker⸗

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. (Schlußbericht.) Produkt Basis 88 %

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24. Juni die nachbezeichneten Grundstück Verstei gae g Juni die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung: 2

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