) Feinbleche 115 — 125. — Draht: 1) Eisenwalzdraht —,—, 2) Stahl⸗ walzdraht —,—. . 8 — Die Ausfuhr des Konsulatsbezirks Hamburg nach den Vereinigten Staaten von Amerika hat, einer Mit⸗ theilung der „Frkf. Ztg.“ zufolge, im zweiten Quartal laufenden Jahres 1 732 020 Doll. betragen gegen 1 164 871 Doll. gleichzeitig im Vorjahre, sie ist demnach um 567 149 Doll. gewachsen. Die be⸗ deutendste Ausfuhr zeigen folgende Artikel: Rübenrohzucker
36 208 Doll.; Chemikalien, Drogen, Farben u. s. w. 134 844 Doll.; Korbwaaren 64 718 Doll.; Kaffee 54 527 Doll.; Getreide, Sämereien und Früchte 79 034 Doll.; Gummi elasticum und 83 839 Doll.; Portland⸗Zement 320 244 Doll.; Rohe Häute und Felle 538 557 Doll. 1 8
— Die „Statistischen Uebersichten, betreffend den auswärtigen Handel des österreichisch⸗ungarischen Zoll⸗ gebiets im Jahre 1895“, die vom statistischen Departement im österreichischen Handels⸗Ministerium zusammengestellt werden, enthalten in dem vorliegenden V. Heft die Ein⸗ und Ausfuhr im Mai 1895.
— In Rußland soll, wie der „Frankf. Ztg.“ aus Paris ge⸗ meldet wird, unter den Auspizien der Bank für auswärtigen Handel eine neue Goldminen⸗Gesellschaft gegründet worden sein. Das Kapital betrage 12 Millionen Franks. Die Gesellschaft habe den Rothkow⸗Rossow'schen Minenbesitz übernommen.
Magdeburg, 4. Juli. (W. T. B.) Zuckerberich:t. Kornzucker exkl., von 92 % —,—. neue 10,55 — 10,70. Kornzucker exkl. 88 % Rendement —,—, neue 10,00 — 10,20, Nachprodukte exk!l, 75 % Rendement 6,75 — 7,65. Stetig. Brotraffinade 1 —,—, Brot⸗ raffinade I —,—. Gem. Raffinade mit Faß 22,25 — 22,75. Gem. Melis I mit Faß 21,75. Stetig. Rohzucker I. Produkt Transito f. a. B. Hamburg pr. Juli 9,70 Gd., 9,75 Br., pr. August 9,87 ½ Gd., 9,90 Br., pr. September 9,97 ½ Gd., 10,05 Br., pr. Oktober⸗Dezember 10,37 ½ bez., 10,40 Br. Still.
Leipzig, 4. Juli. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ bandel. La Plata. Grundmuster B. pr. Juli 3,02 ½ ℳ pr. August 3,05 ℳ, pr. September 3,07 ½ ℳ, pr. Ottober 3,10 ℳ pr. November 3,10 ℳ, pr. Dezember 3,12 ½ ℳ, pr. Januar 3,15 ℳ, pr. Februar 3,15 ℳ, pr. März 3,17 ½ ℳ, pr. April 3,20 ℳ, pr. Mai 3,20 ℳ, pr. Juni 3,20 ℳ Umsatz: 90 000 kg. 8
Kämmlingsauktion. Zum Verkauf gestellt 371 000 kg, wovon 176 000 zurückgezogen und mit 195 000 ℳ verkauft worden sind. Gute Buenos Aires mittlere und fehlerhafte Australier 5 — 10 ₰ höher, andere Genres unverändert. Mäßige Käuferzahl.
Bremen, 4. Juli (W. T. B.) Börsen⸗Schlußbericht. Raffiniertes Petroleum. (Offizielle Notierung der Bremer Petroleum⸗Börse.) 1. Loko 7,05 Br. — Baumwolle. Still. Upland middl. loko 35 ½ 4. — Schmalz. Ruhig. Wilcor 35 Armour shield 34 ½ ₰, Cudahy 35 ¼ ₰, Fairbanks 29 ½ . — Speck. Ruhig. Short clear middling loko 31 ½. — “” Umsatz: 11 Faß Kentucky, 14 Faß Scrubs, 107 Seronen
armen.
Hamburg, 4. Juli. (W. T. B.) Kaffee. e bericht) Good average Santos pr. Juli 73 ½, pr. September 73 ¾, pr. Dezember 72 ½, pr. März 72. Kaum behauptet. — Zuchker⸗ markt. (Schlußbericht.) Rüben⸗Rohzucker I. Produkt Basis 88 % Rendement neue Usance, frei an Bord pr. Juli 9,75, pr. August 9,92 ½, pr. Oktober 10,27 ½, pr. Dezember 10,47 ½. Stetig.
Brüssel, 4. Juli. (W. T. B.) Die Einnahmen der e Heinrich⸗Bahn betrugen in der dritten Juni⸗Dekade:
us dem Bahnbetriebe 102 740 Fr., aus den Minen 8883 Fr., Gesammteinnahmen 111 623 Fr., Mindereinnahmen gegen die provi⸗ ee nen im entsprechenden Zeitraum des vorigen Jahres 15 t.
.“ Verkehrs⸗Anstalten.
Bremen, 5. Juli. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Postdampfer „Neckar“ ist am 3. Juli Nachmittags von New⸗York nach der Weser abgegangen. Der Postdampfer „H. H. Meier“ hat am 3. Juli Nachmittags die Reise von Vigo nach Southampton fortgesetzt. Der Postdampfer „Weser“ ist am 3. Juli Nachmittags von Baltimore nach der Weser abgegangen. Der Reichs⸗Postdampfer „Preußen“ hat am 3. Juli Abends die Reise von Neapel nach Port⸗Said fortgesetzt. Der Schnelldampfer ‚„‚Spree ist am 4. Juli Vormittags auf der Weser angekommen. Der Schnelldampfer „Werra“ hat am 4. Juli Nachmittags die Reise von Genuag nach Neapel fortgesetzt. Der Reichs⸗Postdampfer „Sachsen“ ist am 4. Juli Vormittags in Antwerpen an⸗ gekommen.
Hamburg, 4. Juli. (W. T. B.) Der neue Dienst der Ham⸗ burg⸗Amerika⸗Linie der Hamburg⸗Amerikanischen Packet⸗ fahrt⸗Aktiengesellschaft zwischen New⸗York und Cher⸗ bourg wurde heute durch den Schnelldampfer „Fürst Bismarck“, welcher, von New⸗York kommend, Nachmittags in Cherbourg eintraf, eröffnet. Die für Paris bestimmten Passagiere reisten bereits um 3 Uhr Minuten mittels Sonderzuges von Cherbourg nach
aris ab.
Der Postdampfer „Persia“ ist gestern Abend in Kuxhaven eingetroffken. Der Schnelldampfer „Fuͤrst Bismarck“ hat heute
früh Lizard passiert.
London, 4. Juli. (W. T. B.) Der Uniondampfer „Scot“ ist gestern auf der Heimreise von Kapstadt abgegangen. Der Fahle⸗ Paempfer „Drummond Castle“ hat gestern auf der Ausreise Madeira passiert.
Schumla, 3. Juli. (W. T. B.) Die in landwirthschaftlicher Beziehung wichtige Zweigbahn, welche chumla mit Kaspetschan, einer Station der Linie Rustschuk — Varna verbindet, wurde heute dem Betrieb übergeben.
Theater und Musik.
1 Zum Intendanten des Großherzoglichen Hoftheaters in Weimar
an Stelle des ausgeschiedenen Herrn Bronsart von Schellendorff ist der Major a. D. von Vigneau ernannt worden, welcher erst vor kurzem von der Leitung des Herzoglichen Hoftheaters in Dessau zurück⸗ trat 8851 vorläufig durch den Intendanz⸗Rath Diedecke ersetzt worden ist. 8
Mannigfaltiges.
ie Liste der stimmfähigen Bürger Berlins, aufgestellt
nach Vorschrift der §§ 19 und 20 der Städte⸗Ordnung vom 30. Mai 1853, wird vom 15. bis 30. Juli d. J., täglich von 9 bis 3 Uhr im städtischen Wahlbureau, Poststraße 16, II Treppen, zu Jedermanns Einsicht ausliegen. Etwaige Einwendungen gegen die Richtigkeit der Liste können nur während dieser Zeit schriftlich bei dem Magistrat erhoben werden. Die Liste enthält 300 814 Wähler, von denen 1469 auf die I., 9372 auf die II. und 289 973 Wähler auf die III. Abtheilung entfallen. Die Gesammtsteuersumme, aus der die Abtheilungen gebildet sind, beträgt 43 761 979 ℳ 66 ₰. Die Wähler der I. Abtheilung müssen mindestens einen Steuerbetrag von 3891 ℳ 20 ₰ zahlen, die II. Abtheilung beginnt mit einem Steuer⸗ betrage von 3890 ℳ 15 ₰ und schließt mit 781 ℳ 74 ₰, während die III. Abtheilung mit 781 ℳ 66 ₰ beginnt. — Bezüglich der Eintragungen in die Wählerliste wird bemerkt, daß nur solche wahl⸗ berechtigte Personen aufgenommen sind, die in Berlin nach Ausweis der polizeilichen Anmeldungen ihren Wohnsitz haben. Sollten daher Personen, welche in der Sommerfrische, in einem Bade ꝛc., also nur vorübergebend von Verlin abwesend sind, es unter⸗ lassen haben, dies auf der polizeilichen ESxe; zu bemerken, so ist es sehr wohl möglich, daß infolge dieser Unterlassung ihre Namen in die Wählerliste nicht aufgenommen sind. Es ist daher 115 eines b Wahlberechtigten, sich während der Auslagezeit der Wähler⸗ isten von der Eintragung seines Namens zu überzeugen, zumal im November d. J. allgemeine Ergänzungswahlen für S neten⸗Versammlung stattfinden. “
die Stadtverord⸗
Der geschäftsführende deI der Berliner Gewerbe⸗Aus⸗ stellung 1896 hat in seiner letzten Sitzung den Beschluß gefaßt, sämmtliche infolge des Konkurrenzausschreibens eingegangenen Plakat⸗ entwürfe vom Sonntag, den 7. Juli, ab auf circa 14 Tage im Ausstellungslokal des Vereins Berliner Künstler im Architektenhause, Wilhelmstraße 92/93, öffentlich auszustellen, sofern die Einsender nicht bis Sonnabend, den 6. d. M., ihre Entwürfe zurückziehen. In der⸗ selben Sitzung wurde eine besondere Kommission beauftragt, mit dem Verfertiger des mit dem ersten Preise ausgezeichneten Entwurfs über die Ausführung eines Plakats in Verhandlungen einzutreten.
Auf dem Uebungsplatz der Militär⸗Luftschiffer⸗Ab⸗ theilung am Tempelhofer Felde explodierte, wie die „Nat.⸗Ztg.“ meldet, vorgestern Nachmittag um 6 ½ Uhr ein gefüllter Luftballon, wobei drei Pioniere verletzt wurden. Alle drei wurden in das Garnisonlazareth in Tempelhof gebracht, wo einer von ihnen, der Pionier Wucherpfennig aus Lüben bei Glogau, noch in der Nacht seinen Wunden erlegen ist. Er war durch Brandwunden entsetzlich zugerichtet worden und hatte sich außerdem, als er durch die Explosion zurückgeschleudert wurde, einen Fuß gebrochen. Die beiden anderen Pd . nicht lebensgefährlich verletzt. Wie das Unglück ent⸗ tanden ist, steht noch nicht fest.
In Berlin und in anderen größeren Städten werden von gemein⸗ nützigen Vereinen oder auch von den Kommunen in den großen Sommerferien in nahe belegenen ländlichen Ortschaften Ferien⸗ Halbkolonien eingerichtet, nach welchen eine größere Zahl bedürf⸗ tiger Kinder täglich hinaus⸗ und zurückbefördert wird. In Aner⸗ kennung des gemeinnützigen Zwecks dieser Einrichtung hat der Minister der öffentlichen Arbeiten genehmigt, daß in den Monaten Juli und August die Beförderung der zu Ferien⸗Halbkolonien aus⸗ gesandten Kinder mit der Eisen bahn bei einer Theilnehmerzahl von mindestens zehn Kindern für die einzelne Verkehrsrichtung auf Monats⸗ karten III. Klasse zum Preise der Monats⸗Nebenkarten unter nachstehenden Bedingungen erfolgen kann: 1) Die Karten sind vom Magistrat oder vom Vorstand des Vereins bei der Abfahrtsstation mindestens 24 Stunden vor der lussh eang unter Anschluß eines Verzeichnisses der betreffenden Kinder schriftlich zu bestellen. 2) Die Karten werden auf den Namen der Kinder ausgefertigt und einem Mitglied der bestellenden Behörde oder des ereins gegen Zahlung des Fahrgeldes ausgehändigt. 3) Die Karten können auch im Laufe des Monats, in welchem die Ferien be⸗ ginnen, gelöst und bis in den nächsten Monat hinein mit einer Gültigkeitsdauer von 31 Tagen ausgestattet werden. Der Beginn und das Ende der Gültigkeitsdauer ist von den Ausgabe⸗ stellen auf der Karte handschriftlich einzutragen. Im Berliner Vorortverkehr können auch für die Zeit der großen Sommerferien Karten für Ferien⸗Halbkolonien zum halben Preise der hier be⸗ stehenden besonderen Ferien⸗Zeitkarten ausgegeben werden. 4) Die Karten sind durch besondere Farbe kenntlich und dürfen nur zu Fahrten benutzt werden, welche von den zu Ferien⸗Halbkolonien ausgesandten Kindern gemeinsam und unter Begleitung einer Aufsichtsperson aus⸗ geführt werden. Die letztere muß im Besitz einer für die zu befahrende Strecke geltenden Fahrkarte sein. 5) Die aussendende Behörde oder der Verein sind der Eisenbahnverwaltung gegenüber haftbar für die Folgen etwaigen Mißbrauchs der für die Kinder gelösten Karten. 6) Im Berliner Vorortverkehr dürfen nur Vorortzüge benutzt werden. Für den engeren Verkehr der Berliner Stadt⸗ und Ringbahn wird die Fahrpreisermäßigung nicht gewährt. 7) Im übrigen bleiben die sonst allgemein für E“ bewilligten Fahrpreisermäßigungen hierneben unverändert in Geltung.
Im Zoologischen Garten sind drei Oran Utangs ein⸗ getroffen, welche von morgen Nachmittag ab im Rälpferdheuse zu sehen sein werden. Einer davon ist eins der riesigsten Exemplare seiner Gattung und nach Schätzung von Zoologen etwa funfzig Jahre alt. Ein auch nur an ähernd so gewaltiges Thier soll bisher noch nie auf Borneo gefangen worden sein. Das Weibchen gehört ebenfalls zu den ausgewachsenen Thieren dieser Gattung. Der dritte Affe, ein “ verspricht ähnliche Körperentwickelung wie „Jumbo“, er Riese.
Bad Warmbrunn. Die Ortsgruppe Warmbrunn des Riesen⸗ gebirgs⸗Vereins giebt ein Verzeichniß der Sommerwohnungen heraus, das eine genaue Uebersicht über alle Wohnungen in Warmbrunn, deren Lage, Preise ꝛc. enthält. Um jedoch bei Beginn der Ferien den an⸗ kommenden Fremden das Aufsuchen der Wohnungen noch mehr zu erleichtern, erscheint von diesem Termin ab bei der Auskunftsstelle (Hofjuwelier Bergmann) täglich ein gedruckter Wohnungsnachweis der noch vakanten Fremdenwohnungen. Die Frequenz des Bades ist in stetigem Wachsen begriffen; die jüngste Kurliste weist ca. 1200 Kur⸗ und 1900 Erholungsgäste auf. 11““]
Magdeburg. Die Anmeldungen von Ausstellern zu der vom 29. August bis 8. September 8e Allgemeinen Jubi⸗ läums⸗Gartenbau⸗Ausstellung sind, wie berichtet wird, bereits in so großer Zahl eingelaufen, daß das ursprünglich in Aussicht ge⸗ nommene Gebiet sich als nicht ausreichend erwiesen hat; es mußten noch verschiedene Morgen des anliegenden ehemaligen Festungs⸗ geländes hinzugenommen werden, sodaß der Ausstellungsplatz nunmehr nicht weniger als dreißig Morgen umfaßt. Die Ein⸗ theilung und Bepflanzung des Ausstellungsgebiets ist erfolgt, der Bau der großen thurmgekrönten Haupthalle, des ge⸗ Feuse Restaurationsgebäudes, der kleineren Hallen für Obst und Gemüse, des prächtigen Eingangsportals, des Grottenrestaurants, der Teichanlagen u. s. w. ist in Angriff genommen und zum theil schon in rüstigem Fortschreiten begriffen. Viele Aussteller haben Bäume, Sträucher und Pflanzen bereits an Ort und Stelle gebracht und ein⸗ gepflanzt. Der reichliche Regen der letzten Wochen hat das Wachs⸗ thum aller Pflanzen auf dem Ausstellungsplatz kräftig gefördert. Zur Uebernahme des Preisrichteramts sind namhafte Fachmänner aufgefordert worden; die meisten von ihnen haben bereits zustimmend geantwortet. Es werden 16 Gruppen von je 3 Preisrichtern gebildet. Von vielen deutschen Staaten sind Staatsmedaillen bereits bewilligt, von anderen in Aussicht gestellt. Der Gartenbauverein, der bekanntlich die Ausstellung zur Feier seines 50 jährigen Bestehens veranstaltet, hat eine große Zahl von goldenen, silbernen und bronzenen Medaillen ausgesetzt. Die Stadt Magdeburg hat 6000 ℳ für Geldpreise ge⸗ stiftet; dazu kommt eine große Menge werthvoller Ehrenpreise. Für Obst sind von einem eifrigen Pomologen bereits 750 ℳ zu Preisen gesammelt. Seitens der meisten deutschen Bahnen ist den Ausstellern frachtfreie Rückbeförderung der Ausstellungsgegenstände zugestanden worden. 8
9 8 „
Hannover, 5. Juli. Die sogenannte Limmerbrücke, welche unmittelbar vor der Schwanenburg über die Leine führt, ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern Nachmittag eingestürzt. Die Brücke war schon alt und daher seit längerer Zeit für Fuhrwerk gesperrt. Die Ursache des Zusammensturzes scheint darin zu liegen, daß die Widerlager für den durch das Erdreich ausgeübten Druck zu schwach waren und zusammenbrachen. Der zehnjährige Knabe Hoff, welcher sich zufällig auf der Brücke befand, wurde mit hina gerissen und . erst später als Leiche unter den Steinmassen hervorgezogen werden.
München, 4. Juli. Die von einem hiesigen Blatte gebrachte Meldung, ein Fesselballon, in dessen Gondel sich zwei Offiziere, darunter der aus den Fuchsmühler Vorgängen bekannte 1eeS Lieutenant Mayer, befanden, habe sich am Freitag losgerissen, und man habe bis heute keine Nachrichten über das Schicksal der Luft⸗ schiffer, ist, dem „W. T. B.“ zufolge, dahin zu berichtigen, daß an dem Ballon allerdings ein Tau gerissen war, der Ballon jedoch nach normaler Fahrt 5 km von Grafing glatt gelandet ist.
Dessau, 4. Juli. Wie der „Anhaltische Staats⸗Anzeiger“ meldet, ereignete sich in der vergangenen Nacht in ODranienba um ein größeres Brandunglück. Sechs Besitzungen wurden voll⸗ ständig vernichtet. Der Schaden beträgt über ½ Million Mark. Urheber des Unglücks ist ein neunjähriger Knabe aus Dessau, der während der Ferien Verwandte in Oranienbaum besuchte.
Wien, 5. Juli. Nach Meldungen der Morgenblätter hat das Unwetter (vergl. Nr. 156 d. Bl.) in der Nacht vom 2. zum 3. d. M. besonders furchtbar in den Donauorten Spitz und Marbach gewüthet. Daselbst sind sechs Personen verunglückt.
Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.
Wien, 5. Juli. (W. T. B.) Der Klub der ver⸗ einigten deutschen Linken beschloß einstimmig, eine Adresse an Dr. von Plener zu richten, worin demselben die größte Anerkennung für seine bisherige Thätigkeit ausgedrückt und der Hoffnung auf seine Wiederkehr in den Klub Ausdruck gegeben wird. Das öffentliche Leben in Oesterreich verfüge nicht über soviele vorzügliche Kräfte, daß auf die Mitwirkung von Plener’'s bei den großen staatlichen Arbeiten verzichtet werden könne.
Rom, 5. Juli. (W. T. B.) Heute Vormittag fand ein Duell zwischen dem Unter⸗Staatssekretär des Innern Galli und dem Deputirten Marescalchi statt, welche sich wegen der gestrigen e. in der Deputirtenkammer ihre Zeugen gesandt hatten. Marescalchi erhielt eine Wunde am Kopf, infolge deren die Aerzte erklärten, der Zweikampf könne nicht fortgesetzt werden. Galli wurde ganz leicht an der linken Hand verletzt. Die Nachricht, Galli habe seine Entlassung ge⸗ nommen, entbehrt der Begründung.
Belgrad, 5. Juli. (W. T. B.) Wie verlautet, hat Georg Limice die Bildung eines neuen Kabinets aufgegeben; nunmehr werden, wie es heißt, mit Stojan Nowakowie Unter
handlungen gepflogen. (Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
Wetterbericht vom 5. Juli, 8 Uhr Morgens.
Bar. auf 0 Gr.
u. d. M im. Temperatur in 0 Celsius — 40R
5 0 C.
Belmullet Aberdeen .. Christiansund. Kopenhagen Stockholm. Haparanda. Moskau . B Cork, Queenstoorn..... 5 111116““ 4 wolkig 15 Helder 1118 5 bedeckt 14 11up.“ bedeckt 13 1I1I1m“ 4 bedeckt 13 Swinemünde.. 763 3 bedeckt 14 Neufahrwasser . 6166 5 wolkig 15 NW1111“*“ 4 bedeckt 17 35 ö— 2 bedeckt 14 11Xq“ 1wolkenlos 16 Karlsruhe I1I1““ 3 bedeckt 16 1X1X“ 1 bedeckt 16 1ö1ö“] 2 wolkig 16 ““ 3 bedeckt 14 1I111ö16*“ 4 heiter 14 “ 1 bedeckt 15 I111q11*““ 2 halb bed. 14
FIeI 1““ 16 Va518Z11XX“ 1halb bed. 21 Triest. — 759 O 4 bedeckt 81
Uebersicht der Witterung.
Am höchsten, über 770 mm, ist der Luftdruck vorm Kanal, am niedrigsten, unter 760 mm, jenseits der Alpen und unter 755 mm über Nordrußland. Dementsprechend sind über Zentral⸗Europa nörd⸗ liche bis westliche Winde vorwiegend, welche in den Küstengebieten ziemlich frisch auftreten. In Deutschland ist das Wetter kühl und vorwiegend trübe; stellenweise ist Regen gefallen, hauptsächlich an der Ostseeküste. In Oesterreich⸗Ungarn fanden Gewitter statt. Fort⸗ dauer der kühlen, meist trüben Witterung demnächst noch wahr⸗
einlich 8 sch Deutsche Seewarte.
2 wolkig 1 halb bed. b 5 bedeckt 2 bedeckt 4 wolkenlos 2halb bed. 1wolkenlos 23 1 wolkig 15
Theater⸗Anzeigen.
Neues Theater. Schiffbauerdamm 4 a./5. Ensemble⸗Gastspiel der Mitglieder des Carl Schultze⸗Theaters (Ham⸗ burg) unter Leitung des Direktors José Ferenczy. Tata⸗Toto.
Vaudeville in 3 Akten nach Bilhaud und Barré von Victor Leon
und F. Zell. Musik von Antoine Banés. Anfang 7 ½ Uhr.
Sonntag: Tata⸗Toto.
Familien⸗Nachrichten.
Verlobt ; Schönlein (Lübeck). — Frl. Johanna Frowein mit Hrn.
egierungs⸗Assessor Richard Hoche (Elberfeld — Vohwinkel).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Pastor Sack (Gr. Grünow). — Hrn. von Goetzen (Choyten bei Budisch, Westpr.).
Gestorben: Hr. Rittmeister a. D. Anton Hartwig. — Hrn. Haupt⸗ mann und Strafanstalts⸗Direktor a. D. von Boemcken Tochter Friede (Gr. Lichterfelde). — Hr. Freiherr Hilmar von Borcke (Wiesbaden). — Hr. Oberst⸗Lieutenant a. D. Albert Wörmann
(Berlin).
Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlag Berlin SW., Wilhelmstraße 32. 8
Sechs Beilagen seinschließlich Börsen⸗Beilage).
12
Sonnabend:
Frl. Alma Eschenburg mit Hrn. Prem.⸗Lieutenant
Haus der Abgeordneten.
86. Sitzung vom Donnerstag, den 4. Juli. Ueber den Beginn der Sitzung ist gestern berichtet
worden. Auf der Tagesordnung stand die dritte Berathung des
Gesetzentwurfs, betreffend die Au “ der Ver⸗ pflichtung zur Rückzahlung der Grundsteuerentschä⸗
Finanz⸗Minister Dr. Miquel: “
Meine Herren! Gestatten Sie mir, die Stellung der Staats⸗ regierung zu diesem Antrage etwas näher zu erläutern. Ich will, anknüpfend an die Bemerkungen des Abg. Richter, erklären, daß nach den neueren Ermittelungen, die damals, als ich das Gesammtergebniß auf etwa 10 Millionen schätzte, noch nicht vorlagen, wenn man annimmt, daß man das bisher festgestellte Ergebniß um das Dreifache erhöhen kann — und die Annahme ist wohl nicht unberechtigt —, man aller⸗ dings auf ein Gesammtergebniß der Rückzahlungen von etwa 16 Mil⸗ lionen Mark, wie der Abg. Richter herauskommt. (Hört! hört! links.) Meine Herren, wir würden für das platte Land etwa 12 Millionen haben, nicht eingerechnet diejenigen Rückzahlungen, die von den so⸗ genannten vertragsmäßigen Berechtigten erzielt werden, die da Herr Abg. Richter sogar noch aus seiner Rechnung herausgelassen hat. Letztere Summe beträgt bis jetzt — alle Festsetzungen haben bis jetzt noch nicht stattgefunden — 1 282 000 ℳ
Was die Städte betrifft, so ist die Rechnung des Abg. Richter wohl nicht ganz zutreffend; denn es handelt sich da um im Ganzen 6 Millionen Mark, und die Städte theilen sich nun in Beziehung auf die Rückzahlung in zwei Klassen. Die einen haben die Unter⸗ vertheilung vorgenommen innerhalb ihrer Gemarkung auf diejenigen Grundstücke, bei denen die damalige Steuerfreiheit aufgehoben wurde; da kommt nach den bisherigen Erfahrungen nicht viel heraus, naturgemäß, weil da ja eine viel größere Zahl von Ver⸗ äußerungen stattgefunden haben wie bei dem sonstigen Grundbesitz in
den ländlichen Gemarkungen. Dann aber auch sind in den Fällen,
wo die Entschädigung in die Kämmerei⸗Kassen geflossen ist, sehr zahl⸗ reiche Erlasse seitens des Finanz⸗Ministers verfügt, wenn die Städte nachgewiesen haben, daß die Voraussetzungen, unter denen das Gesetz den Finanz⸗Minister ermächtigt, derartige Erlasse eintreten zu lassen, vorlagen, sodaß wir annehmen — eine genaue Rechnung ist da noch nicht aufzumachen — daß die Städte im Ganzen nicht viel mehr als 2 Millionen aufbringen; dann würde allerdings nahezu zwischen 15 und 16 Millionen das Gesammtergebniß sein.
Meine Herren, nach diesen Vorbemerkungen möchte ich glauben, daß das Haus diese ganze Frage — die keine neue Frage ist, sondern, wenn man sie verfolgt, in den abweichenden Meinungen, Rechts⸗ auffassungen und Gegensätzen, bis zum Jahre 1861 zurückgeht — daß diese Frage sine ira et studio behandelt werden kann und sollte. Man kann gar nicht leugnen, auch nach den Debatten, die hier bei den Verhandlungen der Steuer⸗ reformgesetze stattgefunden haben, daß wirklich in dieser Materie zwei Rechtsauffassungen, Anschauungen von Billigkeit und Recht sich bona fide gegenüberstehen, und ich bin nicht der Meinung, daß man hier mit gegenseitigen Beschuldigungen von Interessen⸗ verfolgung, Plünderung der Staatskasse, Bettelei vorgehen und Beschuldigungen (sehr richtig!) in diese Frage hineinwerfen sollte. Diese Frage ist wirklich, das muß man anerkennen, bona fide in ver⸗ schiedenem Sinne aufzufassen.
Ich habe aus dieser Anschauung bei der Berathung der Steuer⸗ gesetze gar kein Hehl gemacht, ich habe aber auch damals hervor⸗ gehoben, daß mir allerdings die Rückzahlung, wie sie hier gefordert ist, als eine Forderung⸗des natürlichen Gerechtigkeitsgefühls erschiene. (Sehr richtig!). Juristische, zivilrechtliche Gründe, habe ich ausdrück⸗ lich erklärt, können nicht geltend gemacht werden, um die Rückforderung der empfangenen Entschädigung für die Aufhebung der Grundsteuer⸗ befreiung zu rechtfertigen. (Hört! hört!)
Meine Herren, nun hat damals dieses hohe Haus diese Frage nach langen Debatten vor zwei Jahren entschieden, und zwar ist die Frage nicht einseitig (hört! hört! links) oder nicht isoliert entschieden als eine Frage für sich, sondern als ein Theil eines großen Reform⸗ werkes (sehr richtig!), bei Vielen — wie gar nicht zu leugnen ist, wenn man objektiv sein will — auch als eine Voraussetzung der Zu⸗ stimmung zu der Maßnahme der Aufhebung der Grundsteuer als Staatssteuer. (Sehr richtig! links.) Meine Herren, das ist es, was für die Staatsregierung entscheidend ist. Sie will gar nicht wieder auf die Frage zurückgehen, ob ursprünglich die Entscheidung der preußischen Gesetzgebung in dieser Frage richtig war oder nicht. Aber die Kontinuität unserer ganzen Gesetzgebung wird gefährdet, wenn es Sitte wird, daß ein Theil einer großen zusammen⸗ hängenden Gesetzgebung von einer Minderheit, die bei der Berathung dieser großen Gesetzgebung geschlagen war, hinterher als isolierte Frage wieder aufgegriffen wird. (Sehr richtig! links.)
Meine Herren, wir haben diese ganze Frage doch sehr vorsichtig angefaßt. Denn wir haben anerkennen müssen, daß für und gegen sich sehr viel sagen läßt; wir haben deswegen von vornherein in der Regierungsvorlage schon gesagt: wo anzunehmen oder nachgewiesen ist, daß die Entschädigung nicht mehr im Besitz des Inhabers des Grund⸗ stücks ist, der die Entschädigung empfangen hat, bei allen Veräußerungen soll die Entschädigung fortfallen. Außerdem soll die Rückzahlung allmählich, nach und nach erfolgen. Das Abgeordnetenhaus ist noch einen Schritt weitergegangen und hat bestimmt: wo Vererbungen statt⸗ gefunden haben, soll der jetzige Besitzer nur für denjenigen Erbtheil haben, der auf ihn übergegangen ist. Man könnte in der Praxis zweifelhaft sein, ob dieser Grundsatz auch in denjenigen Fällen Anwendung finde, wo ein Anerbe oder Gutsübernehmer das Grundstück übernommen hatte, die übrigen Erben abgefunden waren, in der Regel abgefunden waren nicht mit dem vollen Werth ihres ganzen Erbtheils, sodaß auf den Inerben vielleicht mehr übergegangen war, als der quote Theil nach
1
ger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
1895.
1““
Maßgabe der Zahl der vorhandenen Erben. Aber selbst in diesem Fall haben wir die Entscheidung getroffen, weil das ja auch that⸗ sächlich garnicht zu ermitteln ist, um welchen Betrag etwa der Guts⸗ übernehmer vor seinen Geschwistern bevorzugt ist, daß auch hier nur der reine Quotentheil der zivilrechtlichen Erbschaft entscheidend sei.
Man kann also wohl sagen, sowohl die Regierung als das Ab⸗ geordnetenhaus haben damals das Gefühl gehabt, es darf hier nicht mit der äußersten Schroffheit verfahren werden, man muß die ganze Sache auf eine milde, ausgleichende, Billigkeit suchende Weise aus der Welt schaffen. Aehnlich haben wir bei anderen Fragen verfahren müssen. Ich erinnere nur an die entschiedenen Kämpfe über die Doppelbesteuerung der Gesellschaften. Die einen sagten, das ist die größte Ungerechtigkeit, ein Einkommen, bloß weil es einer Gesellschaft gehört, sowohl bei Mitgliedern der Gesellschaft als bei der Gesell⸗ schaft selbst, also doppelt zu besteuern. Die anderen haben diesen Ge⸗ sichtspunkt abgelehnt und argumentiert, das Gesellschaftsvermögen mit den Korporationsrechten, mit dem Recht der Ausgabe von Papier au porteur ist durch den Staat so privilegiert, die Admassierung des Vermögens trägt zu sehr zu der höheren Einnahme bei, daß es berechtigt ist, diesen Gesellschaften in der Einkommensteuer eine Vorausleistung aufzulegen.
Die Regierungsvorlage hatte nun zur Ausgleichung auch hier vorgesehen, daß den Aktien⸗ und sonstigen Gesellschaften eine Ein⸗ nahme von 3 ½ % ihres Grundkapitals von der Doppelbesteuerung frei bleiben solle, und wir haben daneben in der Ergänzungs⸗, soge⸗ nannten Vermögenssteuer diese Gesellschaften völlig frei gelassen. Wir haben also hier auch einen Ausweg, einen Ausgleich gesucht, um die schroff einander gegenüberstehenden Anschauungen zu vermitteln. Wenn Sie nun, meine Herren, dies — ich möchte es als Kompromiß be⸗ zeichnen — Vorgehen in diesem einen Falle nicht gelten lassen wollen, laufen wir nicht Gefahr, daß im nächsten Jahre die Frage wegen der Doppelbesteuerung der Aktiengesellschaften wieder aufgenommen wird? (Sehr richtig! links.)
Meine Herren, welche Schwierigkeiten hatten wir, um die Frage der richtigen Vertheilung der Kommunalabgaben auf die verschiedenen Steuerarten zu entscheiden! Sie werden sich erinnern, daß die Re⸗ gierungsvorlage in dieser Beziehung ganz andere Vorschläge brachte, als schließlich hier im Hause durchgegangen sind. Die Regierung hat sich dabei beruhigen müssen und wird sich definitiv dabei beruhigen, obwohl sie diese Bestimmungen — ich glaube, es ist der § 54 des Kommunalabgabengesetzes — durchaus nicht in vollem Maße für richtig hält. Ich könnte Ihnen eine große Anzahl von wichtigen Be⸗ stimmungen in dieser Steuerreformgesetzgebung vortragen, wo die Regierung nicht die Zustimmung des Hauses gefunden hat, obwohl sie noch heute der Meinung ist, daß ihre Vorschläge richtig waren.
Wenn nun Landtag und Regierung den Versuch machen, eine solche einmal beschlossene und eben kurz vorher beschlossene Gesetz⸗ gebung im einzelnen wieder anzufechten, — wohin gerathen wir mit der Kontinuität unserer Gesetzgebung! Wohin gerathen wir sogar mit der Rechtssicherheit im Lande! (Sehr richtig! links.)
Man muß sich da den einmal getroffenen, durch Mehrheits⸗ beschluß getroffenen Entscheidungen unterwerfen, und man kann nicht immer von neuem die Gesetzgebung in Bewegung setzen wollen, um sie rückwärts zu revidieren. Für die Staatsregierung ist diese Frage der Rechtskontinuität geradezu die entscheidende, und deswegen gehe ich auf das Materielle der Sache garnicht ein. Ich sage: die Sache ist entschieden, sie ist entschieden im Zu⸗ sammenhang mit großen anderen gesetzgeberischen Maßregeln, theil⸗ weise als Voraussetzung und Vorbedingung derselben, und da ist es höchst bedenklich, hier wieder daran zu rütteln.
Die Sache läge ja anders, wenn die Gesetzgebung Ursache hätte, sich hier auf Grund neuer Thatsachen, die damals unbekannt waren, zu korrigieren. Solche Fälle können ja gewiß vorkommen, daß Re⸗ gierung und Landtag von verkehrten, hinterher sich als solche zeigenden thatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen sind. Ich habe aber schon in der zweiten Lesung hervorgehoben, daß ich in dieser Beziehung neue Thatsachen, damals ganz unbekannte Dinge oder auch neue Argumente für und wider garnicht gehört habe. (Sehr richtig! links.) Es ist eigentlich nichts Reues vorgekommen. Es kann ja sein, daß der eine oder der andere damals nicht gewußt hat, daß in so zahlreicher Weise auch der Kleinbesitz bei der Sache betheiligt ist. Das sind aber doch nur quantitative Verhältnisse, die das Prinzip, was wir damals festgesetzt haben, nicht alterieren können.
Ich gehe aber weiter. Bei den Städten hat man, um allzugroße Härten zu vermeiden, dem Finanz⸗Minister das Recht gegeben, in besonderen Fällen, die im Gesetz bezeichnet sind, Ermäßigungen und Milderungen eintreten zu lassen, bezw. auch die Zurückzahlung ganz zu erlassen. Sollten nun im Laufe der weiteren Festsetzung, was bis jetzt nicht hervorgetreten ist, wirklich einzelne besondere Härten hervortreten, wo durch die für die Betheiligten unerwartete und durch die Gesetzgebung plötzlich verfügte Rückzahlungs⸗ pflicht ein besonderer wirthschaftlicher Bedruck Einzelner droht, oder zu große Weiterungen in der Verwaltung und der Erhebung und der weiteren Nachschreibung der Verpflichtungsbeträge gegenüber der Geringfügigkeit derselben hervortreten, dann läßt sich ja sehr wohl die Frage erwägen, ob man vielleicht geneigt ist, dem Finanz⸗Minister noch weitere Ermächtigungen zu ertheilen. Ich glaube, die bisherige Handhabung dieser Ermächtigung den Städten gegen⸗ über hat bewiesen, daß wir durchaus nicht fiskalisch verfahren sind, sondern alles nach Billigkeit und Gerechtigkeit zu erledigen gesucht haben. Es könnte ja auch sein, daß man generell bestimmt, daß ganz kleine Beträge überhaupt gestrichen werden. Das sind jedoch Fragen, die man aber erst dann erwägen kann, wenn der Landtag das volle Material zur Verfügung hat. (Sehr richtig! links.) Das haben wir weder heute, noch hat es der Landtag vor sich, und ich meine, auf eine noch so wenig thatsächlich in ihren Einzelheiten festgestellte Materie hin kann man überhaupt noch keine gesetz⸗ geberischen Entschließungen fassen. (Sehr richtig! links.) Ich bin,
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wenn der Landtag es wünscht, durchaus bereit, in einer Denkschrift im nächsten Jahre das Gesammtergebniß dieser Feststellungen bis in die kleinsten Details mitzutheilen, sodaß dann der Landtag sich selber darüber ein klares Urtheil bilden kann, und die Staatsregierung wird der Beurtheilung dieser Fragen nicht fiskalisch gegenübertreten. Wenn aus dem Landtag acceptable, an sich berechtigte Anträge, um Härten abzuschneiden, an die Regierung kommen, so wird diese gewiß durchaus geneigt sein, sich mit den Herren vom Landtag zu ver⸗ ständigen. Ich möchte unter diesen Umständen rathen, daß Sie wenigstens den Antrag so, wie er vorliegt, in der gegenwärtigen
Session nicht annehmen. (Bravol links.)
Abg. Graf von Moltke (fr. kons.) warf der Linken agitato⸗ rische Ausbeutung der Sache vor. Die Schätzungen des Abg. Richter seien durchaus hinfällig, (Abg. Richter: „Das sind ja amtliche Zahlen!*) namentlich soweit sie das Verhältniß des Groß⸗ und Klein⸗ grundbesitzes zum Antrage betreffen. Der Finanz⸗Minister habe so⸗ eben einen Standpunkt bekundet, den er, Redner, nicht theilen könne. Von hervorragender Bedeutung sei allerdings die Bemerkung, daß die Kontinuität der Gesetzgebung gefährdet werde. Man müsse die Gesetze aber nicht nach ihrer Kontinuität, sondern nach ihrem Geiste und Inhalt beurtheilen. Um ein Geschenk handle es sich bei dem Entwurf nicht, denn die s. Z. gewährte Entschädigung beruhe auf dem Gesetz, und ein 58 sei kein Geschenk. Redner erklärte zum Schluß im “ der Mehrheit seiner Fraktion, an dem Entwurf festhalten zu wollen.
Abg. Pleß (Zentr.): Man mag über die in Betracht kommende Rechtsfrage denken, wie man will, so wird man doch zugeben müssen, daß die Steuerreform hier nicht durchgedrungen sein würde, wenn die Rückzahlungspflicht nicht angenommen worden wäre. Wenn für Schleswig⸗Holstein das treue Festhalten an der deutsch⸗nationalen Sache ins Feld geführt wird, so könnte man das Gleiche für alle anderen Provinzen thun. Ich möchte daher den Herren aus Schleswig⸗ Holstein zurufen: Der brave Mann denkt an sich selbst zuletzt.
Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum (kons.): Es ist richtig, daß meine politischen Freunde bei der Steuerreform für die Rückzahlung der Grundsteuerentschädigungen gestimmt haben. Wir waren uns damals nicht klar über die Ungerechtigkeiten, welche daraus für die kleinen Grundbesitzer und die kleinen Städte entstehen. Seither hat sich diese Seite der Angelegenheit geklärt, und ich bedauere, daß ich mich damals auf den Standpunkt gestellt habe, den der Herr Finanz⸗Minister als den Standpunkt der natürlichen Gere⸗ tig⸗ keit bezeichnete. Von einer Forderung der Gerechtigkeit kann bei der Rückzahlung keine Rede sein. Die Entschädigung ist als Ab⸗ findung für ein Privilegium gedacht gewesen. Mit dieser Entschädi⸗ gung war das Geschäft abgemacht, und dabei hätte man es bewenden lassen sollen. Man hat nun bei der Rückzahlungspflicht eine ganze Reihe von Ausnahmen gemacht. Man hat die kleinen Städte frei⸗ gelassen, welche die Entschädigung zu gemeinnützigen Zwecken ver⸗ wendet haben; man hat eine Unterscheidung gemacht zwischen den Entschädigungsempfängern, die noch leben, und denen, an deren Stelle bereits Erben getreten sind; man hat die ärmeren Leute freigelassen, während man von den reicheren die Zahlung verlangt. Wenn man die Angelegenheit ganz genau erledigen wollte, so müßte man eine lange Tabelle aller Entschädigungsempfänger anlegen, und das Haus müßte bei jedem Einzelnen ein Kreuz oder eine Null machen, je nach⸗ dem er zurückzahlen soll oder nicht. Demgegenüber ziehe ich doch den Standpunkt vor, daß man durch alle Rückzahlungsforderungen einen Strich macht. Die Herren auf der Linken scheinen die Absicht zu haben, die Frage zu einer großen Agitation zu benutzen. Ich muß ihnen das anheimstellen. Uns ist es absolut gleichgültig, ob Herr Richter über ein unsicheres Agitationsmittel 88 oder weniger ver⸗ fügt. Die Herren werden mit der darauf basierten Agita⸗ tion kein Glück haben. Was die b“ des Herrn Richter anlangt, so erscheinen sie mir als sehr pro lematisch. Auf keinen Fall hat er die Berechnungen in der Weise dirigiert, die Summe, welche in Betracht kommt, klein erscheinen zu lassen. Den Stand⸗ punkt der Regierung kann ich verstehen, obgleich ich ihn nicht theile. Ich verstehe, daß die Regierung Werth darauf legt, die Kontinuität der Gesetzgebung aufrecht zu erhalten, und ich möchte nur wünschen, daß die Regierung in dieser Richtung bei anderen, viel wichtigeren Fundamentalfragen die gleiche Energie wie in der gegenwärtigen Fra an den Tag legen möchte. Für uns ist die Sache aber in erster Lin eine Sache der Gerechtigkeit, und darum werden meine politische Freunde für die Aufhebung der Rückzahlungspflicht stimmen. 8
Abg. Knebel (nl.): Durch die Ausführungen des Herrn Grafen zu Limburg⸗Stirum, wie des Herrn Freiherrn von Dobeneck in de 8 vorigen Verathung zog sich der Gedanke, die Grundbesitzer hätten ein Recht darauf, die Grundsteuer⸗Entschädigungen nich zurückzuerstatten. Der srr Finanz⸗Minister selbst meinte, die rech liche Seite der Frage sei nicht ganz klar. Ich glaube, von eine Dunkel kann keine Rede sein. In Hannover und in einem Theil von Sachsen ist die Grund⸗ und H“ eingeführt worden, ohne daß eine Entschädigung gezahlt wurde. Es ist nie anerkannt worden, daß ein ernstlicher Anspruch auf Entschädigung vorliege; nur aus praktischen Gründen wurden bei Einführung der Grundsteuer in den östlichen Provinzen Entschädigungen in mäßigem Umfange hefshet. Im Jahre 1859 wurde vom preußischen Finanz⸗ Minister bei Vorlage der betreffenden Gesetzentwürfe ausgeführt, daß die preußische Regierung jederzeit in der Lage sei 1. ohne irgend welche öö einzuführen, da der We all aller Steuer⸗ befreiungen, wie auch in der Verfassung festgestellt, Thatsache sei. Die Berechtigung des Staats zur Einführung der Grundsteuer kann nich in Zweisel gezogen werden; schon aus diesem Grunde bitte ich, den ö abzulehnen.
bg. von Bülow⸗Eckernförde (kons.): Ich für meine Person würde die Entschädigung ablehnen. habe aber eine Reihe kleinerer Grundbesitzer zu vertreten, in deren Interesse ich für den Entwurf stimmen muß. Wenn der Entwurf Gesetz wird, würde ich 16 500 ℳ zurückerhalten, ich werde diese Summe aber für einen gemeinnützigen Zweck verwenden.
Auf Antrag des Abg. Rickert (fr. Vg.) war die Abstimmung über § 1 des Entwurfs eine namentliche. Der Paragraph wurde mit 154 gegen 127 Stimmen an⸗
genommen. Mit Ja stimmten im allgemeinen die beiden konservativen 1g.. mit Nein Zentrum, Nationalliberale und Frei⸗ innige. Von der freikonservativen Fraktion stimmten indeß mit Nein die Abgg. Brauer, Kelch, Kröner, von Voß, Weyerbusch. Vom Zentrum stimmten mit Ja die Abgg. Conrad⸗Glatz, von decsee sng Opfergelt, Starke, Stephan, Graf Strachwitz, von den Nationalliberalen die oc. cheas er hagen, Groth, Günther, Jürgensen, Mohr, Sieg, Weber⸗
Genthin. enthielten sich der Abstimmung die Abgg. 1. von Zedlitz und Neukirch (fr. kons.), Freiherr ven ffa (kons.), Prinz von Arenberg (Zentr.) und Präsident von Köller (b. k. 9.. 88
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