Visible Supplv an Weizen 43 359 000 Bushels, do. an
Mais 7 811 000 Busbtels. Chicago, 8. Juli. (W. T. B.) Weizen einige Zeit fallend nach Eröffnung auf Zunahme der unterwegs schwimmenden ufuhren, günstige Ernteberichte und lebhafte Verkäufe, dann lebhafte eaktion infolge Vorhersagungen von Frost, später wieder fallend, da die sichtbaren Vorrätbe geringer abgenommen haben, als erwartet wurde. — Mais entsprechend der Mattigkeit des Weizens fallend während des ganzen Börsenverlaufs mit wenigen Reaktionen. Weizen pr. Juli 66 ⅜, pr. September 67 ¾ Mais pr. Juli Speck sbort clear nomin. Pork pr. Juli 11.85.
Verdingungen im Auslande.
Italien. 8 Stadtverwaltung von Taggia; Herstellung einer Trinkwasserleitung. Voranschlag 49 349 Fr. Prov. Kaution 2000 Fr. Def. Kaution 5000 Fr. Ausführungszeit 5 Monate.
16. Juli, 10 ½ Uhr. Pyrotechnisches Laboratorium in Capua: Lieferung von 5000 kg reiner Salpetersäure. Voranschlag 6000 Fr. Kaution 600 Fr. Lieferzeit 30 Tage. 8
16. Juli, 10 ½ Uhr. Ebendaselbst: Lieferung von 70 000 15 weißer Perkalleinwand. Voranschlag 35 000 Fr. Kaution 3500 Fr. Lieferzeit 40 Tage. 8
17. Juli, 3 Uhr. Pyrotechnisches Lo Lieferung von 31 500 kg Muldenblei. Kaution 1008 Fr. Lieferzeit 50 Tage. gleichen: Lieferung von 5500 kg Antimonium. Kaution 550 Fr. Lieferzeit 50 Tage.
Spanien.
19. Juli, 11 Uhr. Genie⸗Direktion in Mahon (Balearen): Lieferung verschiedener Art Zement für einen vierjährigen Zeitraum. Kostenüberschlag 20 000 Quintal spanischen Zements à 3,50 Peseten = 70 000 Peseten, 10 000 Quintal englischen oder deutschen Portland⸗ à 9 Peseten 90 000 Peseten, 12 000 Quintal Portland⸗
Laboratorium in Bologna: Voranschlag 10 080 Fr. 17. Juli, 3 Uhr. Des⸗ Voranschlag 5500 Fr.
ements anderer Herkunft à 9 Peseten = 108 000 Peseten. Kaution 875 bezw. 1125 und 1350 Peseten. Zuschlag im Kriegs⸗Kommissariat von Majon, Rue San Sebastian 1, wo auch das Bedingungsheft niedergelegt ist. Portugal.
5. August, 12 Uhr. Königlich portugiesische Eisenbahn⸗Gesell⸗ schaft in Lissabon: Lieferung von 6000 Wollpinseln für Oelbüchsen nach verschiedenen Mustern. Auskunft in den Bureaux der Gesell⸗ schaft in Paris, Rue du Chateaudun 28.
Niederlande.
17. Juli, 12 Uhr. Kolonial⸗Ministerium im Haag: Eisen⸗ arbeiten zur Vergrößerung der Werkstätten und der Lokomotivschuppen von Bandoeng, Herstellung von Signalen, Drehbrücken, Wasserdurch⸗ lässen und Hebern.
Herstellung des eisernen Oberbaus von 52 Brücken, wovon 22 für Sekundärbahnen, alles für die javanischen Eisenbabnen. Lieferung von Eisen für das niederländisch⸗indische Kriegsdepartement. Lieferung von galvanisiertem Eisendraht, galvanisierten eisernen Schwellen, Telegraphenstangen und Trägern für Isolatoren. Be⸗ dingungshefte dei Buchhändler Nyhof im Haag.
9. August, 1 Uhr. Ministerium für Waterstaat, Handel en Nyverheid im Haag: Bau eines Post⸗ und Telegraphengebäudes in Amsterdam. Voranschlag 868 840 Fl. Bedingungen bei Gebr. van Cleef, Buchhändler im Haag, Spui 28A.
Bulgarien.
1. November, 10 Uhr. Ministerium der öffentlichen Arbeiten in Sofia: Gesammtausbau der Eisenbahnlinie Roman — Plewna — Schumla. Verdingung im Gebäude der Nationalversammlung in Sofia. Angebote, welche die Aufschrift „Offre pour le chemin de fer Roman-Plevna-Schoumla“ tragen und mit dem Hinweis ver⸗ sehen sein müssen, daß dieselben erst am Tage der Verdingung zu öffnen sind, sind versiegelt an das Ministerium der öffentlichen Arbeiten zu richten. Kaution 1 250 000 Fr., die bei der Bulgarischen Nationalbank zu deponieren sind. Bedingungen können an den Nichtfeiertagen im Baubureau eingesehen werden.
Verkehrs⸗Anstalten.
Maschonaland und Matabele⸗
Von jetzt ab können nach atabe zum Beunrage von 10 Pfd. Sterl.
land Postanweisungen bis versandt werden. “
Der Schnelldampfer „Maasdam“ der Niederländisch⸗Amerika⸗ nischen Dampfschiffahrts⸗Gesellschaft ist am 6. Juli in New⸗York angekommen.
Bremen, 9. Juli. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Reichs⸗Postdampfer „Preußen“ ist am 8. Juli Nachmittags in Suez angekommen. Der Schnelldampfer „Ems“ hat am 8. Juli Morgens Dover passiert. Der Schnelldampfer „Werra“' ist am 8. Juli Nachmittags von Neapel nach New⸗York abgegangen. Der Schnelldampfer „Saale“ ist am 6. Juli Vormittags von New⸗ Vork nach der Weser abgegangen. Der Postdampfer „Kronprinz Friedrich Wilhelm“ ist am 7. Juli Nachmittags in Antwerpen angekommen. Der Postdampfer „H. H. Meier“ ist am 8. Juli Morgens auf der Weser angekommen. Der Postdampfer „Karls⸗ ruhe“ ist am 8. Jul: Morgens auf der Weser angekommen.
Hamburg, 8. Juli. (W. T. B.) Hamburg⸗Ameri⸗ kanische Packetfahrt⸗Aktiengesellschaft. Der Postdampfer „Palatia hat heute Mittag Scilly passiert.
London, 8. Juli. (W. T. B.) Der Uniondampfer „Moor“ ist auf der Ausreise Sonnabend von Southampton ab⸗ gegangen. Der Uniondampfer „Mexican“ ist auf der Heimreise Sonnabend in Plymouth angekommen. Der Uniondampfer „Spartan“ ist auf der Heimreise Sonntag von den Canarischen Inseln abgegangen. — Der Uniondampfer „Trojan“ ist Sonntag aguf der Ausreise in Kapstadt angekommen. Der Uniondampfer „Guelph“ ist Sonntag auf der Heimreise von Kapstadt ab⸗ gegangen. Der Castle⸗Dampfer „Methven Castle“ hat Sonntag auf der Heimreise die Canarischen Inseln passiert. Der Castledampfer „Ceurland“ ist Sonntag auf der Heimreise in Durban (Natal) angekommen. Der Castledampfer „Harlech
Castle“ ist Sonnabend auf der Ausreise von Southampton ab⸗ gegangen.
Theater und Musik.
an die Zeit des Krieges von 1870/71
für die Lutherfestspiele im Theater zu Otto Devrient's vaterländische zur Aufführung. Die Vorstellung nahm den erhebendsten Verlauf. Das zahlreich erschienene Publikum, aufs freudigste bewegt und begeistert, spendete reichen Beifall, ins⸗ besondere bei den prächtigen lebenden Bildern, welche Soldatenscenen darstellten, und bei der Huldigung für Kaiser Wilhelm I. Der beutigen Aufführung gedenkt Seine Königliche Hoheit der Großherzog bei⸗ zuwohnen.
Zur Erinnerung brachte der Verein Jena am Sonnabend Abend Dichtung „Kaiser Rothbart“
Mannigfaltiges.
Die Königliche Eisenbahn⸗Direktion Stettin giebt Folgendes bekannt: „Der gestern, 8. Juli, um 10 Uhr 5 Minuten Vormittags von Berlin nach Swinemünde abgelassene Schnell⸗ zug 851 durchfuhr infolge Versagens der Luftdruckbremse seine An⸗ haltestation Eberswalde und lief auf eine außerhalb des Bahnhofs stehende Lokomotive. Bei dem Zusammenstoß wurden der Zug⸗ führer und ein Schaffner, sowie vier Reisende leicht verletzt, während das Lokomotivpersonal unversehrt blieb. Die verletzten Reisenden konnten ihre Reise fortsetzen. Der Materialschaden ist unerheblich. Die Betriebsstörung war in 1 ½ Stunde gehoben. Die Untersuchung über die zu Grunde liegenden Umstände ist eingeleitet.“ 8
Beuthen (Oberschl.), 8. Juli. Der Prozeß wegen des Krawalls vor dem Mikultschützer Pfarrhause hat heute vor dem hiesigen Schwurgericht unter großem Andrang des Publikums begonnen. Angeklagt sind nach dem Bericht des „W. T. B., sieben Personen, zumeist Grubenarbeiter, wegen Aufruhrs, Auflaufs und Landsriedensbruchs als Rädelsführer. Den Vorsitz führt der Landgerichts⸗Direktor Rotering, die Anklage vertritt der Erste Staatsanwalt Nentwig, die Vertheidigung führen die Rechts⸗ anwalte Boas, Kaiser, Dr. Freund und der Referendar Schröter. Im Auftrage der Regierung wohnt der Königliche Grenzkommissar Mädler, außerdem der Chef⸗Präsident des Breslauer Ober⸗Landes⸗ gerichts, Wirkliche Geheime Ober⸗Justiz⸗Rath Dr. von Kunowski
der Verhandlung bei.
In Gegenwart Seiner Königlichen Hoheit des Prinz⸗Regenten fand heute Mittag 12 Uͤhr die Einweihung und Uebergabe des von Höchstdemselben der Stadt gewidmeten „Kiliansbrunnens“ statt. Nach dem Vortrag eines Musikstücks durch die Kapelle des 9. Infanterie⸗Regiments sangen die Liedertafel und der Sängerverein eine Hymne. Auf Befehl des Prinz⸗Regenten erfolgte alsdann die Enthüllung des Brunnens, an welchem sämmtliche Wasser zugleich zu springen begannen. Hierauf nahm der Bischof die kirch⸗ liche Weihe des Brunnens vor, woran sich der Gesang des „Magnificat“ durch den Domchorschloß. Alsdann überwies der? rinz⸗Regent den Brunnen an die Stadt; der Erste Bürgermeister nahm das Geschenk mit Worten des Dankes entgegen. Unter dem Gesang der Königshymne besichtigten hierauf der Prinz⸗Regent und die im Königszelt versam⸗ melten Honoratioren und Gemeindekollegien den Brunnen. Tausend⸗ stimmige Hochrufe der im Umkreis stehenden jubelnden Menge be⸗ gleiteten den Festakt. Nach kurzem Cercle fuhr der Prinz⸗Regent nach der Residenz zurück. Um 2 Uhr folgt das Bürgermahl. Um 4 Uhr wird der Prinz⸗Regent dem Feste auf dem Sanderrasen beiwohnen. Abends findet Beleuchtung des Käppele, der Festung und der auf dem Main liegenden Boote statt.
Vor dem vereinigten 2. und 3. Strafsenat des Reichsgerichts wurde heute der Prozeß gegen den Kohlen⸗ händler Andreas Hanné aus Montigny bei Metz wegen Spionage verhandelt. Die Anklage ist erhoben auf Grund der §§ 3 und 1 des Reichsgesetzes vom 3. Juli 1893 gegen den Verrath militärischer Ge⸗ heimnisse und § 47 des Strafgesetzbuchs (Mitthäterschaft). Die Anklage vertrat Reichsanwalt Schumann; die Vertbeidigung führte Justiz⸗Rath Dr. Selig. Zu der Verhandlung, welche unter Ausschluß der Oeffentlichkeit stattfand, waren elf Zeugen und vier Sachverständige geladen. Der Angeklagte Hanné wurde wegen Bei⸗ hilfe zu dem in § 1 des Reichsgesetzes gegen die Spionage gedachten Verbrechen zu vier Jahren Zuchthaus und sieben Jahren Ehrverlust und Polizeiaufsicht verurtheilt.
Würzburg, 8. Juli.
Leipzig, 8. Juli.
Chemnitz, 9. Juli. Bei dem hier stattfindenden 15. Mittel⸗ deutschen Bundesschießen wurde in der gestrigen General⸗ versammlung des Mitteldeutschen Schützenbundes Gera als nächster Festort gewählt.
Graz. In der Zeit vom 3. bis 8. August d. J. findet in der Landeshauptstadt Steiermarks das 12. Bundesfest des Deutschen Radfahrer⸗Bundes statt. Außer interessanten sportlichen Wett⸗ kämpfen, welche auf der mustergültigen Grazer Rennbahn abgehalten werden, einem Festzug, Waldfesten, Saalfahren u. s. w. hat der Fest⸗ ausschuß insbesondere auch das touristische Interesse der kommenden Gäste ins Auge gefaßt. Steirisches Leben und Treiben soll sich vor den Augen der Festbesucher abspielen, steirische Musik und steirisches Lied wird zu hören sein. Vor allem aber ist der Festausschuß darauf bedacht, den Fremden die landschaftlichen Schönheiten der norischen Bergheimath zu erschließen, und es wird zu diesem Zweck ein 400 gliedriger Sonderausschuß den Besuchern bei Ausfluͤgen und Partien hierhin und dorthin eifrig an die Hand geben. Auch ein Sonderzug Triest —Venedig, verbunden mit einem Besuch der Adels⸗ berger Grotte, steht auf dem Programm. Ebenso werden Farhen zum Lurloch, das im Mai 1894 beinahe zu so trauriger Berühmtheit gelangt wäre, veranstaltet. Der Grazer Ausschuß ladet daher Rad⸗ fahrer und Touristen ein, sich zahlreich an dem großen Augustfest zu betheiligen.
Laibach, 8. Juli.
Heute Nachmittag 3 Uhr 20 Minuten er⸗ folgte abermals ein mittelstarker wellenförmiger Erdstoß mit vorher⸗ gehendem und nachfolgendem Vibrieren des Bodens und Getöse. Der Erdstoß dauerte drei Sekunden und verursachte starkes Fensterklirren und einige Schäden an bereits beschädigten Häusern.
London, 8. Juli. Die Vereinigung der englischen Eisenbahn⸗ gesellschaften gab heute Abend den Delegirten zum internationalen Eisenbahnkongreß (vergl. Nr. 160 d. Bl. unter Verkehrs⸗ Anstalten) ein Festmahl im „ECrvstal⸗Palace“. An das Festmahl schloß sich ein Feuerwerk. Die Vertreter der auswärtigen Presse waren zu der Festlichkeit geladen.
Paris, 8. Juli. Die auswärtigen Mitglieder des hier tagenden Kongresses für Gefängnißwesen (vgl. Nr. 154 d. Bl.) ver⸗ anstalteten heute ein Bankett zu Ehren der französischen Mitglieder des Kongresses. Dem Bankett wohnten nach dem Bericht des „W. T. B.“ der Minister⸗Präsident Ribot sowie die Minister Trarieuxr, Chautemps und Leygues bei. Galkine, welcher den Vorsitz führte, brachte einen Toast auf den Präsidenten der Republik Felir Faure aus. Der Minister⸗Präsident Ribot dankte und schloß mit einem Hoch auf die fremde Souveräne in dem Gefühl des Friedens, des Fortschritts und der Brüderlichkeit. Der Unter⸗ Staatssekretär des preußischen Ministeriums des Innern Braunbehrens gedachte rühmend der allgemeinen Gesellschaft für Gefängnißwesen und dankte in warmen, beifällig aufgenommenen Worten für den den fremden Delegirten bereiteten Empfang.
Neapel, 6. Juli. Der Vesuv befindet sich (wie schon telegraphisch gemeldet) seit einigen Tagen in eifrigster Thätigkeit, die ganz merkwürdige Erscheinungen zeitigt. Nachdem auf der Cook'schen Drabtseilbahn⸗Station schon in der Nacht vom 2. bis 3. Juli starke Erdstöße verspürt worden waren, die an den Gebäuden einige Beschädigungen verursachten, öffnete sich plötzlich am Mitiwoch um 10 Uhr Vormittags ein gewal⸗ tiger neuer Krater und zwar etwa in der Mitte zwischen dem König⸗ lichen Observatorium und der Cook'schen Anlage, also einige Hundert Meter unterhalb des alten Kessels. Nachdem 1üö Lava in Menge zum Vorschein gekommen war, zeigte sich um 11 Uhr eine zweite Krater⸗Neubildung, weitere 70 m unter dem entstandenen. Eine dichte, kompakte Rauchwolke, die unter der fahlen Sonne die selt⸗ famsten Farben und Formen annahm, hielt Tags über die Stätte vulkanischer Thätigkeit bedeckt. Am Abend verschwanden die Dämpfe, und man konnte — von Neapel aus gesehen, scheinen die Krater auf halber Bergeshöhe und in den Flanken des Berges zu liegen föcmlich in die glühenden Schlünde hineinsehen. Wie riesige blutrothe Augen blicken sie über den nächtlich stillen Golf. Am Quai Sta. Lucia, von wo man das interessante Schauspiel am besten übersehen kann, ist trotz der späten Stunde reger Verkehr, und mit gewohnter Lebhaftigkeit besprechen die Neapolitaner die jüngsten Launen des unheimlichen Nachbars. Noch weniger Rube aber dürften die Bewohner von Portici und Torre del Greco finden, denn sie sind von einem aigen ernsteren Ausbruch am ehesten bedroht.
Bern, 8. Juli. Der Bundesrath Schenk, welcher in mehreren Perioden Bundespräsident war, wurde, wie „W. J. B.⸗ meldet, heute früh von einem zweispännigen Wagen umgeworfen un
erlitt starke Verletzungen am Kopf. Sein Zustand ist sehr be iklich.
Bukarest, 9. Juli. In der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag wurde der Ort Olneßei im Distrikte Valcea durch einen furchtbaren Wolkenbruch mit Orkan heimgesucht, der die halbe Ortschaft zerstörte. Zahlreiche Menschenleben sind dem Elementar⸗ ereigniß zum Opfer gefallen. Zehn Leichname wurden bisher aus den Fluthen gezogen, darunter die des Lehrers und seiner fünf Kinder Auch andere Ortschaften des nämlichen Distrikts haben bedeutende Schäden erlitten.
Hammerfest, 8. Juli.
Der Hamburger Schnelldampfer „Augusta Victoria“
traf auf seiner Nordlandsfahrt, von der Walfisch⸗Station Ingo und vom Nordkap kommend, wohlbehalten hier ein. Die Reise war bisher vom schönsten Wetter begünstigt, die Passagiere der „Augusta Victoria“ befinden sich wohl und in fraz⸗ kichster Stimmung. Heute Abend 8 Uhr geht das Schiff nach dem Lyngenfjord weiter.
New⸗York, 9. Juli. Am vergangenen Sonnabend wurden die Staaten Illinois, Wisconsin, Missouri, Georgia und Kansaz von heftigen Stürmen heimgesucht, welche vielen Schaden ver⸗ ursachten; in einigen Fällen wurden auch Personen verletzt. Da gemeldete Verlust an Menschenleben ist gering. In Lake⸗Genern (Wisconsin) sind durch das Umschlagen eines Vergnügungsbootes sech Personen ertrunken. In Newton (Kansas) wurden 34 Häuse jerstört und 25 Personen verwundet.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
Wetterbericht vom 9. Juli, 8 Uhr Morgens.
Stationen. Wind. Wetter
Bar. auf 0 Gr.
u. d. Meeressp. in 0 Celsius „0 (K. n 4 0̃R
red. in Millim. Temperatur
A
5 bedeckt
3 halb bed. stil wolkig 2 wolkig
Belmullet. Aberdeen. Christiansund Kopenhagen. Stockholm .. Haparanda.. St. Petersburg. Cork, Queenstown Cherbourg. . Helder. . “ Hamburg. Swinemünde Neufahrwasser Memel.. Münster. Karlsruhe Wiesbaden München Chemnitz Berlin. Wien.. Breslau. 1 bedeckt
Ile d'Aix . 2 wolkig Triest.. 111“ 764 1 hei 24 Uebersicht der Witterung.
Der Luftdruck ist heute über Zentral⸗Europa sehr gleichmäßig vertheilt, er überschreitet 75 mm auf einem über Frankreich nach Süddeutschland ragenden Gebiet sowie über] Lappland, während Depressionen Westrußland und den Norden der Britischen Inseln beherrschen. Bei schwachen veränderlichen Winden ist das Wetter in Deutschland am Morgen außer im Osten meist wolkenlos, die Morgentemperaturen haben, zumal im Nordwesten, die normale mehrfach überschritten, nur aus Schlesien werden geringe Regenmengen gemeldet. Deutsche Seewarte.
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Theater⸗Anzeigen.
Neues Theater. Schiffbauerdamm 4 a. 5. Mittwoch: Ensemble⸗Gastspiel der Mitglieder des Carl Schultze⸗Theaters (Hanm⸗ burg) unter Leitung des Direktors José Ferenchzy. Tata⸗Toto. Vaudeville in 3 Akten nach Bilhaud und Barré von Victor Léon und F. Zell. Musik von Antoine Banés. Anfang 7 ½ Uhr.
Donnerstag: Tata⸗Toto.
Konzerte.
Ahktien-Brauerei Friedrichshain (Köünigsthor). Mir⸗ woch, Anfang 6 Uhr. Konzert der Berliner Liedertafel (Chor⸗ meister: A. Zander) zum Besten der Ueberschwemmten in Württemberg. Kapelle des III Garde⸗Regiments (C. Arnold⸗ Bei ungünstiger Witterung im großen Konzertsaal (3000 Personer fassend).
Familien⸗Nachrichten. Verlobt: Frl. Elisabeth von Oertzen mit Hrn. Hugo Nehring (Inowrazlaw —Groß⸗Kruscha). Eb Verehelicht: Hr. Karl Graf von der Groeben mit Marie Fremn zu Innhausen und Knyphausen (Diwitz). Geboren: Ein Sohn: Hrn. Dietrich Grafen bülsen⸗Häsele (Wien). — Hrn. Regierungs⸗Rath Walter Messerschmidt (Stettin — Hrn. Baron von Schwartzenberg (Jugenheim a. d. Bergstrase. — Fine Tochter: Hrn. Dr. Paul Behm (Querfurt). . Gestorben: Hr. Amtsrichter Ernst Kayser (Heidelberg.) — f Hauptmann a. D. Oscar Lucas von Cranach (Berlin). — Verw. e Albertine Freifrau von Lyncker, geb. Burchard (Berlin). — . Major a. D. von Unruhe (Frankfurt a. O.) — Fr. Pastor Cher lotte Fürer, geb. Engels (Dürrenberg). — Fr. Magdalene dan Schwichow, geb. von Szwykowska (Berlin). — Hr. Sanitäts⸗Rarl Dr. David Löwenstein (Berlin).
—
Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗Anstalt. Berlin SW., Wilhelmstraße 32. Sieben Beilagen M (einschließlich Börsen⸗Beilage),
sowie die Inhaltsangabe zu Nr. 6 des öffentlichen Anzeiges (Kommanditgesellschaften auf Aktien und Aktiengesellschaften für die Woche vom 1. bis 6. Juli 1895.
erkehrs⸗ und Rechtsverhältnissen nicht mehr entspricht. Die Debatte
Erste Beilage s⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
Berlin, Dienstag, den 9. Juli
Preußischer Landtag.
Herrenhaus. 20. Sitzung vom Montag, 8. Juli. bber den Beginn der Sitzung ist gestern berichtet worden.
un der Tagesordnung stand der Entwurf eines Stempel⸗
euergeseen. Fierzu stellte Graf von Pfeil⸗Hausdorf den Antrag: n Text zur Tarifstelle 24 folgenden Schlußsatz beizufügen: Iedder Stifter eines Fideikommisses an Grund und Boden st Mcctigt, den bezüglichen Stempelbetrag durch ein Falehn der Rentenbank zu beschaffen. Dieses Darlehn vird unter Abtheilung II des Grundbuchs für die Rentenbank ein⸗ wnagen und finden hinsichtlich der Tilgung, Verzinsung und Ein⸗ maung desselben die Bestimmungen der Gesetze über Renten⸗ zanken vem 2. März 1850 und vom 7. Juli 1891 sinngemäße An⸗ wendung. 8 Vom Freiherrn von Bodenhausen⸗Degener wurde Antrag eingebracht, im § 6 des Stempelsteuergesetzes hinter 9s. 5 einzuschieben: 1 1 Der Werth ländlicher Fideikommisse ergiebt sich aus dem 30 fachen Grundsteuer⸗Reinertrage unter Abzug der eingetragenen Schulden.“⸗ — Berichterstatter Geheimer Ober⸗Postrath Professor Dr. Dambach: der Kommission ist das durchaus dringende Bedürfniß nach diesem tempelgesetze anerkannt worden, da das alte Gesetz den heutigen
der Kommission hat sich nur auf einen Punkt erstreckt und zwar den Fideikommißstempel. Das Resultat dieser achtstündigen De⸗ utte ist die Ihnen vorliegende Resolution. Im übrigen ist das isetz en bloc angenommen worden.
Hraf Klinckowstroem: Bei der Beratbung des Stemvelsteuer⸗ snes im Abgeordnetenhause hat der Abg. Richter Angriffe gegen m Mel gerichtet, die jeder Beschreibung spotten. Es ist zu einer sewohnheit in gewissen Kreisen geworden, bei jeder Gelegenheit in
Presse und in der Literatur über den Adel herzuziehen. Im arlament ist es aber in dieser Form noch nicht vorgekommen. Von m Ton, in dem der Abg. Richter gesprochen hat, geben die beiden zäze Zeugniß, in denen er es so darstellt, als ob es im Interesse s Gemeinwohls nicht zu empfehlen sei, „eine Anzahl Junkerfamilien lüchten.“ Ferner sprach er von einem Krautjunkerthum, das lediglich eFolge der zu weit getriebenen Fideikommißbildung in den öst⸗ hen Provinzen sei, und das in seiner Mehrheit gemeingefährlich ire. Einen Schein von Berechtigung zu derartigen Angriffen suchte k Abg. Richter darin zu erblicken, daß von einzelnen Rednern die bestrittenen Verdienste 5⸗ adligen Geschlechter hervorgehoben d. Im übrigen sind seine Ausführungen vollkommen unberechtigt. senn wir die Erleichterung der Fideikommißbildung erstreben, so len wir damit kein Privilegium für den Adel schaffen, sondern nur n Allgemeinwohl dienen. Der Abg. Richter wollte nur wieder ein⸗ 1 gegenüber der jetzt vollzogenen Vereinigung des ganzen Grund⸗ „ versuchen, durch eine kleine Hetzerei uns zu schaden. Er hat
eicht ein gewisses Interesse daran, denn er wird eingesehen haben,
schädlich die Vereinigung des Grundbesitzes der Verbreitung seiner deen ist. So hat meine Heimathsprovinz, die alte Domäne des Abg. chter, die früher seiner Partei sämmtliche Mandute überwiesen hat,
t Anfang der agrarischen Bewegung eine gewisse Reinigung vorge⸗ mmen. Nur ein Wahlkreis zeugt noch von verschwundener Pracht; auch ser, schon geborsten, kann stürzen über Nacht, zumal da der Kreis be⸗ mntlich nur dadurch gewonnen ist, daß einige Russen für den Kandi⸗ ten der freisinnigen Partei estimmt haben. In anderen Provinzen ist
ebenso. Die freisinnige Partei kann selbständig keine Mandate ör erwerben, sondern nur noch mit Hilfe der Sozialdemokraten und
Antisemiten Ahlwardt'scher Richtung. Bei uns weiß heute jeder⸗ ann, daß der kleine Grundbesitzer und der Großgrundbesitzer zu⸗ mmengehören, und daß wir nicht eigene Privilegien zu erkämpfen chen, sondern daß unser Prinzip die Erhaltung des Grundbesitzes
gleichviel, ob es sich um Groß⸗ oder Kleinbesitz handelt. Es ist ir leicht, ja ich möchte sagen eine Ungezogenheit, eine solche Rede ier dem Schutz des Parlaments zu halten. Der Abg. Richter ees aber einmal versuchen, seine Worte in meinem heimathlichen ahlkreis zu wiederholen. Dann wird man ihn anstaunen als iiniscenz an eine vergangene Zeit und ihn auslachen. Eine nigung über die Fideikommißstempel mit der Regierung ist beute ht mehr möglich. Wir stehen vor einer force majeure; wir sind eine Zwangslage versetzt dadurch, daß uns sämmtliche Vorlagen er Session im letzten Augenblick, während der heißen Sommer⸗ e zugegangen sind. Vorlagen, mit denen sich das Abgeordneten⸗
Monate lang beschäftigt hat, sollen wir in einem Tage digen. Läge diese Zwangslage nicht vor, so würde ich Zurück⸗ eisung an die Kommission beantragen. Zum mindesten hätten von der Kommission die Erstattung eines schriftlichen Berichts langen können. Für die Ermäßigung des Fideikommißstempels
in erster Linie staatliche und royalistische Interessen maßgebend.
n ich weiß, daß die Einrichtung, die ich schaffe, meinen Kindern gute kommt, so wird dadurch eine Zufriedenheit erzeugt, die dem aat zum Vortheil gereicht; man hat dann eine größere Liebe und t Interesse für seinen Besitz. Wenn wir eine Ermäßigung des eikommißstempels erlangen wollen, ohne die Vorlage zu gefährden, wäre es am natürlichsten, den Stempel von 3 % erheblich herab⸗ den, vielleicht auf 1 %. Man hat ja im anderen Hause versucht, echtigung des Stempels von 3 % nachzuweisen. Dieser hobe
ist aber eine unglaubliche Ungerechtigkeit. Nach unseren
empe
mittelungen werden dem Fideikommißbesitzer Opfer auferlegt, die töschaftlichen Vereinigung, die sich hier im Hause vorzüglich be⸗ rtt hat, den Antrag Mirbach eingebracht, wonach wir eine edacht, und blieb uns nichts Anderes übrig, als auf den adsteuer⸗Reinertrag zurückzugreifen, obgleich ja auch diese Be⸗ Shegich und nimmt das weniger Schlechte dafür. Ich möchte ₰ zu Gunsten eines anderen Antrags fallen zu lassen, und bereits zurückgezogen. Er ist uns aber vonautoritativer vien. Die Kommission hat sich nicht bemüht, aus den Anträgen üzliche herauszusuchen, sondern einfach gesagt: ihr fordert zu mung hätte die Kommission bei einer so wichtigen Angelegenheit oder zwanzig Sitzungen abhalten müssen. Wir können * fehlt an Zeit, fris Vogel oder stirv. Der Finanz⸗Minister mneues Fideikommißgesetz in Aussicht gestellt, bei dem auch eugt, daß er die Einbringung ei 6 s 8 g einer solchen Vorlage durchsetzen aber diese Frage bleibt dennoch eine ungeheuer schwikrige v ein Fideikommißgesetz in unserem Sinne erhalten. icht andere Haus kommt auch in Betracht, und wir können
Frehe verhalten. Sie erheben vielleicht neue Forderungen, an die sie besondere Bedingungen knüpfen; wir wissen nicht, ob das Gesetz jemals die verfassungsmäßige Zustimmung beider Häuser findet. Wer sagt uns ferner, daß die Ermäßigung wirklich durchgehen wird? Man wird den Einwand erheben, daß wir ja vor zwei Jahren dem Stempel⸗ steuergesetz zugestimmt und also den Stempel von 3 % für richtig befunden haben. Ich erinnere daran, daß wir bei der Vorlage über die General⸗Kommission für Ostpreußen unsere Zustimmung abhängig machten von Gesetzen, die noch erlassen werden sollten. Damals er⸗ klärte die Regierung, das Herrenhaus habe nicht das Recht, seine Zu⸗ stimmung zu einem Gesetz an irgend welche Bedingungen zu knüpfen. Heute wird uns gesagt: diese formellen Bedenken liegen nicht vor; gebt nur eure Zustimmung, dann wird sich ja alles finden. Wenn uns gesagt wird, wir dürften die Vorlage nicht gefährden und sollten deshalb unsere Wünsche zurückhalten, so kehre ich den Spieß um und sage: gefährden Sie die Vorlage nicht, indem Sie unseren Wünschen widersprechen, sondern nehmen Sie die Vorlage an.
Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Meine Herren! Ich glaube, es wird den weiteren Fortgang der Diskussion erleichtern, wenn ich jetzt schon das Wort ergreife. Der Herr Graf Klinckowstroem hat sich zuerst darüber beschwert, daß dem Herrenhause nur eine so kurze Zeit freigelassen ist, um dieses wichtige Gesetz zu berathen, und hat darin nicht Unrecht. Aber, meine Herren, derartige Fälle wie der vorliegende sind zum theil die nothwendige Folge des Zweikammersystems. (Widerspruch.) Dieses Gesetz ist zeitig eingebracht, in der gründlichsten Weise im anderen Hause be⸗ rathen; die Staatsregierung hat jedenfalls keine Verantwortlichkeit, wenn das Gesetz in dem anderen Hause so spät verabschiedet ist. Dafür ist das Gesetz in dem anderen Hause auch um so eingehender behandelt. Es ist an sich eins der schwersten Gesetze, die dem Landtag zur Verabschiedung vorgelegt sind, und die Berathungen im anderen Hause sind doch auch für dieses Haus nicht verloren. Die ausführ⸗ lichen Berichte der Kommission, die Debatten im anderen Hause geben doch diesem Hause naturgemäß eine eingehende Instruktion, Klarheit über alle Kontroversen und Zweifel, die in der Sache liegen; dies alles kann die Berathung in diesem Hause und den Abschluß nur fördern. Die Sache kann ebenso gut umgekehrt kommen, und ich kenne auch solche Fälle, wo auch das Abgeordnetenhaus sehr wenig Zeit übrig gehabt hat, wo aber auch alle Welt sagte: wir müssen das Gesetz zum Abschluß bringen; denn eine solche Gesetzgebung von neuem in einem neuen Landtage wiederholen, das würde die Interessen des Staats schädigen. Ich bedauere auch, daß das hohe Herrenhaus nicht eine ausgiebigere Zeit gehabt hat; ich hätte das Gegentheil gewünscht, aber ich kann das so wenig ändern, wie irgend ein anderer; es liegt das in den Gesammtverhältnissen, mit denen man rechnen muß.
Nun, meine Herren, glaube ich, ist allseitig anerkannt, wenigstens in der Kommission keine entgegengesetzte Stimme gehört, daß dieses Stempelgesetz ein dringendes Bedürfniß des Landes befriedigt. Seit Jahren hat man in der Regierung Anläufe genommen, zu einem solchen zusam menfassenden Stempelgesetz zu kommen, welches Klarheit in diese verworrene und schwierige Rechtsmaterie bringt, welches das ganze Stempelwesen kodifiziert, die praktische Handhabung für Be⸗ Hörden und Private erleichtert, welches das starre Urkundenprinzip des Gesetzes von 1822 durchbricht, zahlreiche Milderungen und Erleichte⸗ rungen herbeiführt, die Grundsätze, welche in dem direkten Steuer⸗ system Preußens jetzt, Gott sei Dank, gelten, thunlich auch auf das Gebiet der indirekten Steuern anwendet. Die Regierung hat sich verpflichtet gehalten, ein solches Gesetz vorzulegen, und wenn Sie die ungeheuren Schwierigkeiten, die in dieser Rechtsmaterie — denn so kann man
sie fast mehr nennen als eine Steuermaterie — liegen, die schwierigen und langwierigen Vorarbeiten, die Arbeiten im anderen Hause sich ansehen, so werden Sie jedenfalls mit mir das Gefühl haben, wenn Sie aufrichtig sind, es wäre bedauerlich, wenn ein solches Gesetz schließlich an einem einzelnen Punkt scheiterte. Ob noch ein Minister es einmal wieder über sich nimmt, ein solches Gesetz einem neuen Hause vorzulegen, das ist eine andere Frage. Seit Jahrzehnten ist man mit diesem Gesetz beschäftigt gewesen; man hat sich nicht entschließen können, den Versuch zu machen, auf diesem Gebiete eine Kodifikation herzustellen. Wenn alles wieder in Frage gestellt wird, was dann schließlich aus der Sache werden wird, kann niemand übersehen.
Meine Herren, gegen die einzelnen Bestimmungen des Gesetzes sind weder in der Kommission noch hier von dem Herrn Grafen von Klinckowstroem irgend welche besonderen Bedenken erhoben. Man hat in der Kommission, nachdem die Frage wegen des Fideikommißstempels entschieden war, schließlich einstimmig die Annahme des Gesetzentwurfs en bloc beschlossen. Ich bin fest überzeugt, daß sowohl hier im Hause auf allen Bänken und auf allen Seiten wie in der Kommission selbst, ebenso wie im Abgeordnetenhause, der Einzelne gegen einzelne Positionen eine große Anzahl von Bedenken er⸗ heben kann, auch in sich trägt, und gewünscht hätte, daß diese oder jene Bestimmung eine andere wäre; aber man hat schließlich im anderen Hause dieses Gesetz gegen etwa sieben Stimmen der freisinnigen Volkspartei angenommen, man hat sich klar gemacht, daß ein solches Gesetz ohne gegenseitiges Entgegenkommen, ohne Resignation im einzelnen, überhaupt nicht zu machen ist. Man hat eine Reihe von Wünschen zurückgestellt, die der einzelne und auch ganze Parteien für durchaus berechtigt hielten, weil man sich sagte: wir gefährden dadurch das Ganze. Gesetze dieser Art sind überhaupt nicht anders zu machen; da müssen die Einzelnen Opfer bringen in ihrer persönlichen Meinung, die Parteien nicht minder und schließlich auch die beiden Häuser des Landtags gegen einander. (Zuruf des Freiherrn von Manteuffel.) Ich werde darauf gleich antworten, Herr von Manteuffel. Nun, meine Herren, beruht dieses Gesetz auf der Grundlage, daß der Staat in der gegenwärtigen Finanzlage nicht in der Situation sich befindet, finanzielle Opfer zu bringen. Er wollte wenigstens nichts in den Einnahmen verlieren, er wollte aber auch nicht vorzugsweise Mehreinnahmen erreichen, obwohl die Staatsinteressen es an sich geboten hätten. Von diesem Standpunkt aus war die Voraussetzung des ganzen Gesetzes, daß an dem Stempel in Bezug auf die Ver⸗
1895.
Stempel ist denn auch von allen Seiten, von allen Parteien im Ab⸗ geordnetenhause unberührt gelassen. Der Veräußerungsstempel in Bezug auf den Grund und Boden hängt aber ganz zusammen mit dem Fideikommißstempel. Ich will garnicht sagen, ob der Fideikommißstempel von 3 % ursprünglich lediglich aus finanziellen Gründen als gerechtfertigt angesehen worden ist; das kann aber doch wohl keinem Zweifel unterliegen, daß die Veräußerung eines Grundstücks im freien Verkehr, welches morgen noch einmal veräußert wird und wieder das 1 % zu zahlen hat, anders zu bestempeln ist als die Bildung eines Fideikommisses, welche das Fideikommiß auf immer der weiteren Veräußerung und folglich auch der Zahlung eines Stempels von 1 % entzieht. Ich will garnicht leugnen, daß die An⸗ schauung der damaligen Zeit, auf die ich nachher noch zurückkomme, vielleicht auch als Garantie gegen eine übermäßige Verwandlung von freiem Boden in die Todte Hand, diesen Fideikommißstempel in dieser Höhe bemessen haben mag. Das kann sein; aber vom rein steuerlichen Standpunkt wird man kaum eine Ungerechtigkeit in der höheren Besteuerung — ich spreche in diesem Augenblick nicht von der spezifischen Höhe — der Fideikommißbildung, welches das Grundstück dem freien Verkehr völlig entzieht, finden können im Verhältniß zu den im freien Ver
kehr bleibenden Grundstücken.
Nun liegen zwei Anträge vor. Ich will vorläufig auf die Ein⸗ zelheiten dieser Anträge nicht eingehen, sondern die Frage nur prinzipiell beleuchten. In der Kommission habe ich gesagt, daß die Staatsregierung auf dem Boden stehe, daß das Fidei⸗ kommiß staatlich, politisch und wirthschaftlich nicht zu verwerfen sei, daß aber eine Reform unseres heutigen Fideikommiß⸗ wesens eine unerläßliche Nothwendigkeit wäre. Man hat mir in dieser Beziehung anscheinend nicht recht geglaubt, und ich habe daher Ver⸗ anlassung genommen, einen Beschluß des Staats⸗Ministeriums in dieser Beziehung zu erbitten, und dieser Beschluß des Staats⸗ Ministeriums entspricht vollständig dem Inhalt der Resolution, welche die Kommission beantragt. Die Staatsregierung ist entschlossen, in dem weiteren Fortgang als integrierender Theil und in Zusammen⸗ hang mit einer durchgreifenden Agrarreform die Frage des Fideikommisses nicht bloß einer eingehenden Prüfung 3 unterziehen, sondern dieselbe zum Gegenstand einer bald⸗ thunlichen Gesetzesvorlage zu machen. (Bravo!) Meine Herren, Versprechungen einzelner Minister und vielleicht auch eines einzelnen Staats⸗Ministeriums bedeuten ja nicht gar zu viel, (sehr richtig!) aber diejenigen, welche die soziale Entwickelung unserer heutigen Zeit wirklich kennen und das zum Gegenstand ihres Studiums gemacht haben, müssen doch aus der Gesammtentwickelung unserer heutigen Zeit die Ueberzeugung schöpfen, daß die Durchführung einer Agrar⸗ reform eine so starke soziale Nothwendigkeit ist, daß es nicht auf die Meinungen, Stimmungen, Anschauungen und Studien der einzelnen Minister ankommt. Wer diese Ueberzeugung nicht hat, der kann mit diesen kleinen Anträgen in Bezug auf den Fideikommißstempel auch nichts machen.
Meine Herren, es kämpfen heute zwei große Prinzipien in der Welt auf dem sozialen und wirthschaftlichen Gebiet: die Einen — nach meiner Meinung Resultate einer vergangenen Entwickelung — stellen das Individuum absolut auf sich, erklären es für souverän in Beziehung auf seine wirthschaftliche Thätigkeit und auf die Handhabung und Disposition über seinen Besitz. Dieses rein individuelle Prinzip, welches zu seiner Zeit gewiß segensreich gewirkt hat, als Loslösung von den alten überwundenen, nicht mehr zu haltenden Schranken und Bindungen auf der Tagesordnung stand — dieses Prinzip ist heute nach meiner Ueberzeugung mehr oder weniger überwunden, und unsere Gesetzgebung beweist dies schon. Wenn wir angefangen haben, auf dem gewerblichen Gebiet der Willkür des Einzelnen Schranken zu setzen, die Aufgabe des Staats dahin zu stellen, die Schwachen zu schützen und dem Belieben des Einzelnen gegenüber die Gesammtinteressen zu stellen, wenn wir Wuchergesetze gemacht, Zwangsversicherungen gemacht, den Arbeitstag, die Arbeitszeit aus der einen Willkür des Einzelnen heraus⸗ gezogen und gesetzliche Schranken an die Stelle gesetzt haben, — dann muß der Schluß nothwendig dahin gehen: wenn das sogar auf dem Gebiet des mobilen Kapitals und des veränderlichen gewerb⸗ lichen Wesens richtig ist, um wieviel mehr beim Grundbesitz. Das mobile Kapital, der mobile Besitz ist nach anderen Grundsätzen zu behandeln als der Grundbesitz. Der Grundbesitz, ein Theil des Staatsganzen, hat eine ganz andere Bedeutung für die soziale und
politische Entwickelung der Gesellschaft und des Staats, wie das mobile Kapital; und der Grundfehler ist wohl der gewesen, dies nicht genügend beachtet zu haben in unserer Gesetzgebung — ein Fehler, den wir griffen zu haben Vorwurf wo
selbst das römisch⸗rechtliche Jus utendi vel abutendi dominii in einem städtisch⸗römischen Recht bis auf eine gewisse Grenze berechtigt war, so ist es nie berechtigt gewesen für den deutschen Grund und Boden, und die Gewalt der Verhältnisse hat auch dahin geführt, daß, trotz⸗ dem dies Gesetz war und Recht, Sitte und Gewohnheit und soziales 8 Bedürfniß doch dieses Recht nie haben vollständig zur Geltung kommen
lassen. Der gegenwärtige Augenblick steht nun so, daß man endlich nach
langem Kampfe das deutsche Rechtswesen, die deutschen sozialen und
wirthschaftlichen Bedürfnisse wieder anerkennen will in gesetzlich formulierten Bestimmungen. Beziehung jetzt mit dem Anerbenrecht; wir wollen es zuerst einführen da, wo es am leichtesten geschehen kann und am direktesten erforderlich 9 bei denjenigen Gütern, die mit dem Staatskredit hergestellt sind, ei wirthschaftliche Sitten und Gewohnheiten, uralt bestehende Rechts⸗
einrichtungen nicht entgegenstehen, wo die Sitte noch wesentlich auf 8 diesem Boden steht, wo die Natur der Dinge die Naturaltheilung 8 verbietet und die Zersplitterung des Grund und Bodens, es boffentlich
jetzt zwar leicht begreifen können, den aber nicht be⸗
in der Zeit von Stein und Hardenberg kein ist —, das sind große historische Entwickelungen, allmählich aus der Erfahrung die Heeilmittel von den Menschen klar werden. Meine Herren, wenn
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Wir haben angefangen in dieser
den Rentengütern. Wir werden allmählich da,
wo
nicht mehr zu tragen sind. Wir haben deshalb in der Freien * Werthermittelung schaffen wollen. Wir haben lange darüber noch sehr mangelhaft ist. Aber man verwirft eben Geheimniß ausplaudern. Wir waren bereit, den Antrag
te so warm empfohlen worden, daß wir ihn aufrecht erhalten wir wollen uns einigen und euch garnichts geben. Nach meiner ns nicht gefallen lassen, daß uns bei jeder Gelegenheit gesagt Ermäßigung des Stempels in Betracht —5 ist. Wir sind ten wir’'s nur mit diesem Hause zu thun, so würden wir wissen, wie sich dort die Parteien dieser Vorlage
äußerung von Grund und Boden nicht gerührt würde —, und dieser
weiter ausdehnen.
Wenn ich Ihnen gestern vorgeschlagen habe, die