1895 / 163 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 11 Jul 1895 18:00:01 GMT) scan diff

Nr. 9755 die Verordnung, Sätze der Vom 25. Juni 1895. Berlin W., den 11. Juli 1895. *8 Königliches Gebt. Faseange⸗ Fnt.

11““

Weberstedt.

Die Nummer 24 der Gesetz⸗Sammlung, welche gleich⸗ falls von heute ab zur Ausgabe gelangt, enthält unter * Nr. 9756 das Gesetz, betreffend die Fischerei der Ufer⸗ eigenthümer in den Privatflüssen der Rheinprovinz. Vom 25. Juni 1895.

Berlin W., den 11. Juli 1895.

. Königliches Gesetz⸗Sammlungs⸗Amt. Weberstedt.

Abgereist: Seine Excellenz der Minister von Wedel, nach Piesdorf; Seine Excellenz der Unter⸗Staatssekretär im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, Wirkliche Geheime Rath Brefeld, mit Urlaub nach Oberbayern;

Seine Excellenz der Präsident des Evangelischen Ober⸗ Kirchenraths, Wirkliche Geheime Rath D. Dr. Barkhausen.

zniglichen Hauses

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 11. Juli.

Seine Majestät der Kaiser und König traten, wie „W. T. B.“ aus Arboga meldet, gestern früh um 8 Uhr im besten Wohlsein die Reise nach Stora Sundby zum Besuche des Grafen und der Gräfin Carl von Wedel an und trafen daselbst bei schönem Wetter gegen 1 Uhr Mittags ein.

Der Bundesrath versammelte sich heute zu einer Plenarsitzung. Vorher beriethen die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Justizwesen, die ver⸗ einigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel und Verkehr, sowie die vereinigten Ausschüsse für das Seewesen und für Handel und Verkehr.

Nach der im Reichs⸗Eisenbahnamt aufgestellten Nach⸗ weisung der auf deutschen Eisenbahnen aus⸗ schließlich Bayerns im Monat Mai d. J. vorgekommenen Betriebsunfälle waren zu verzeichnen:

Entgleisungen auf freier Bahn . 11.

in Stationen . . 21

Zusammenstöße auf freier Bahn.

in Stationen . . 14

sonstige Betriebsunfälle. .118

zusammen 164

Dabei wurden: täbiet

aͤa38—

Beahnbeamte und Bahnarbeiter im Dienst 21 Post⸗, Steuer⸗, Telegraphen⸗, Polizei⸗Beamte ꝛc. 141X“ Fremde Personen, einschließlich der nicht im

Dienst befindlichen Beamten und Arbeiter,

ausschließlich der Selbstmörder

2

zusammen

Die den Reisenden zugestoßenen Unfälle sind auf folgenden Bahnen vorgekommen: Verwaltungsbezirk der Königlich preußischen Eisenbahn⸗Direktion in Berlin 1I1“ Köln a. Rh. Danzig. Elberfeld. „. VV e“ St. Johann⸗Saarbrücken Königlich sächsischen Staatseisenbahnen Dortmund⸗Gronau⸗Enscheder Eisenbahn.

wie vor. Bei den Betriebsunfällen wurden 34 Eisenbahnfahrzeuge erheblich, 117 8 unerheblich

beschädigt. Von den Betriebsunfällen ereigneten icͤ1lthh auf den Staatsbahnen bei einer Betriebslänge von

A1131323“ auf den Privatbahnen bei einer Betriebslänge 1“ Je ein Unfall kommt auf Kilometer Tausend Betriebslänge Zugkilometer

bei den Staatsbahnen. 226 bei den Privatbahnen 384 186 1 Wenn die Verwaltungen nach dem geometrischen Mittel aus den Betriebslängen und den geleisteten Zugkilometern ge⸗ ordnet werden, so treten an die ungünstigste Stelle: bei den Staatsbahnen die Main⸗Neckar⸗Eisenbahn, der Verwaltungsbezirk der Direktion in Kattowitz und die Großherzoglich badischen Staatseisenbahnen, gäs-be. ve. ie Dortmund⸗Gronau⸗Enscheder Eisenbahn, die Werra⸗Eis L“ 8 die Hessische Ludwigsbahn.

Königlichen Eisenbahn⸗

betreffend die Erhöhung der

Die Nr. 7 der „Amtlichen Nachrichten des Reichs⸗ Versicherungsamts“ vom 1. Juli 1895 enthält an erster Stelle ein Rundschreiben an die Vorstände der land⸗ und forstwirthschaftlichen Berufsgenossenschaften, be⸗ treffkend den Erlaß von Normal⸗Unfallverhü⸗ tungsvorschriften für land⸗ und forstwirthschaft⸗ liche Betriebe, nebst den vom Reichs⸗Versiche⸗ rungsamt entworfenen Normal⸗Unfallverhütungs⸗ vorschriften, ferner eine Bekanntmachung vom 31. Mai 1895, nach welcher der Sitz des Schieds gerichts für die Sektion II der Leinen⸗Berufsgenossen⸗ schaft vom 1. Juli 1895 von Viersen nach Köln a. Rh. verlegt worden ist, sowie eine weitere Bekanntmachung vom 20. Juni 1895, betreffend die Anmeldung der durch Bundesrathsbeschluß für unfallversicherungs⸗ pflichtig erklärten Fferiisclree erbeirtebe, und endlich folgende Rekursentscheidungen:

Ein Landwirth, welcher bei der Vorführung seines Pferdes zu der auf Grund des Reichsgesetzes vom 13. Juni 1873 er⸗ folgenden Pferdevormusterung einen Unfall erlitten hatte, ist nicht als ein im Betriebe der Heeresverwaltung beschäftigter Arbeiter angesehen worden.

Der gegen die zuständige landwirthschafliche Berufsgenossen⸗ schaft erhobene Entschädigungsanspruch eines selbst⸗ versicherten landwirthschaftlichen Betriebsunter⸗ nehmers, welcher bei der Vorführung seiner Pferde zur Pferdevormusterung verunglückt war, ist ebenfalls zurückgewiesen worden, weil es sich bei seiner Thätiakeit nicht um eine dem landwirthschaftlichen Betriebe dienende Ver⸗ richtung, sondern um die Erfüllung einer allen Besitzern von nicht nur den Landwirthen, obliegenden Verpflichtung andelte. 8

Mit gleicher Begründung ist die Entschädigungspflicht der Fuhrwerks⸗Berufsgenossenschaft in einem Falle verneint worden, in welchem der Knecht eines Fuhrwerksbesitzers, der bei der Vorführung der Pferde seines Herrn verunglückt war, Ansprüche erhoben hatte.

Ein Unfall bei einer zum Zwecke der Erfüllung der all⸗ gemeinen Quartierleistungspflicht der Gutsherrschaft vor⸗ genommenen Thätigkeit ist nicht als landwirthschaft⸗ licher Betriebsunfall anerkannt worden, weil die Verrichtung lediglich in Erfüllung einer öffentlich rechtlichen Verpflichtung vorgenommen wurde.

Die Entschädigungspflicht der zuständigen land⸗ und forstwiꝛthschaftlichen Berufsgenossenschaft ist in einem Fall anerkannt worden, in welchem ein Arbeiter beim Sprengen von Feldsteinen verunglückt war, die in einer Zusammenlegungssache als Grenzsteine verwendet werden sollten. Die sämmtlichen in dem Zu⸗ sammenlegungsverfahren erforderlich werdenden Arbeiten wurden als Theil des land⸗ und forstwirthschaft⸗ lichen Betriebes der einzelnen Separationsinteressenten angesehen, und zu diesen Arbeiten waren auch die von dem Kläger ausgeführten Sleingeminnungsarbeiten zu rechnen.

Die Versicherung von Wegebauarbeiten an Mühlenanlagen ist in einem Einzelfalle der Müllerei⸗ Berufsgenossenschaft auferlegt worden, weil dieselben nach den thatsächlichen Feststellungen mit dem Mühlenbetriebe in Zusammenhange standen.

Die Entschädigungspflicht für einen Unfall, den ein selbstversicherter Landwirth bei der im Frohn⸗ dienste ausge führten Absteinung einer der Ge⸗ meinde gehörigen Wegeparzelle erlitten hatte, ist der Tiefbau⸗Berufsgenossenschaft auferlegt worden.

Naturalleistungen an den Leibgedinger aus Gutsübergaben auf Grund des Leibgedingevertrages sind im

weifel dem landwirthschaftlichen Betriebe des

Hofbesitzers zuzurechnen. Die Anfuhr von Brennholz, welche der Besitznach⸗ folger eines landwirthschaftlichen und eines Ziegeleibetriebes seinem Besitzvorgänger gegenüber bei dem Besitzübergang über⸗ nommen hatte, ist als Theil des landwirthschaftlichen, nicht des Ziegeleibetriebes angesehen worden: einmal weil die Leistung auf Grund eines Altentheilsvertrages er⸗ folgte; ferner weil das fragliche Brennholz ausschließlich aus dem Brennmaterialienbestande des landwirthschaftlichen Be⸗ triebes des Besitznachfolgers entnommen war, und auch die Beförderung des Holzes mit einem landwirthschaftlichen Ge⸗ spanne und Wagen bewirkt wurde.

Die Entschädigungspflicht für den Unfall der Dienst⸗ magd eines Landwirths und Sägemühlenbesitzers, welche verunglückt war, als sie aus der ihrem Dienstherrn gehörigen Sägemühle Sägespäne holen wollte, um sie als Streu für das Vieh zu verwenden, ist der landwirthschaftlichen Berufsgenossenschaft auferlegt worden, weil die Verrichtung nicht mit Rücksicht auf die Bedürfnisse des Sägebetriebes, sondern im Interesse der Landwirthschaft des Unternehmers vorgenommen werden sollte.

In dem „nichtamtlichen Theil“ ist eine Entscheidung des Reichsgerichts, Erster Zivilsenat, vom 19. September 1894, betreffend die Verpflichtung der ordentlichen Gerichte zur Leistung von Rechtshilfe bei der Einziehung der in Patentstreitigkeiten erwachsenen Kosten, auszugs⸗ weise mitgetheilt. F““

Württemberg. 8 8 1

Die Kammer der Standesherren hat am 8. und 9. d. M. Sitzungen abgehalten. In der ersteren wurde der Bei⸗ tritt zu dem gegen die preußischen Staffeltarife gerichteten Beschluß des anderen Hauses nach einem eingehenden Referat des Präsidenten von Zeyer und zustimmenden Aeußerungen des Fürsten zu Hohenlohe⸗Jagstberg, der insbesondere die Gefahr von Staffeltarifen für den Viehtransport hervorhob, einstimmig beschlossen. Genehmigt wurde u. a. der Staats⸗ beitrag von 120 000 zur Unterstützung des Verbands der landwirthschaftlichen Genossenschaften und derjenige von 400 000 für die Ueberschwemmten. Der Staats⸗ Minister des Innern von Pischek machte Mittheilungen über die Höhe des Schadens. Den Beschlüssen des anderen Hauses bezüglich der Ausdehnung der Gebäude⸗ versicherung auf außerordentliche Naturereignisse und be⸗ züglich der Funktionszulagen für Nebenämter trat das Haus nicht bei, sprach vielmehr im letzteren Punkt der Regierung das Vertrauen auf eine richtige Behandlung aus. In der Sitzung vom Dienstag berieth die Kammer den Ge⸗ setzentwurf über die Baukredite für den Eisenbahnbau u. s. w., der schließlich einstimmig genehmigt wurde.

Die Kammer der Abgeordneten nahm gestern die

Endabstimmung über den Haupt⸗Finanz⸗Etat und das

b

Finanzgesetz vor; dieselben wurden mit 73 gegen 2 Stimmen angenommen. Sodann wurde nach längerer Geschäftsordnungs⸗ debatte unter Ablehnung entgegenstehender Anträge beschlossen die Steuergesetzentwürfe einer heute zu wählenden fünf ehngliedrigen Kommission mit beschränktem Auftrag zu über⸗ weisen, das Wasserrechtsgesetz dagegen vorerst auf sich beruhen zu lassen. Bei der Iie seuns der Berathung über das Kirchenregimentsgesetz sprachen die Abgg. von Geß Prälat von Sandberger und Kanzler Dr. von Weizsäcker Der Abg. Haußmann zog die Resolution der Kommission in deren Namen zurück. Auf Antrag des Abg. Sachs wurde sodann die Berathung auf die nächste Session vertagt.

Anhalt.

Ihre Hoheit die Herzogin und Ihre Durchlaucht die Prinzessin Alexandra sind gestern Vormittag von Dessau nach Neu⸗Strelitz abgereist, wo morgen die Konfirmation Ihrer Hoheiten der Herzoginnen Marie und Jutta von Mecklenburg⸗Strelitz stattfindet.

ODesterreich⸗Ungarn.

Die Berathung des Budgetpostens „Cilli“ wurde gestern im österreichischen Abgeordnetenhause fortgesetzt. Der deutsch⸗klerikale Abg. Kaltenegger trat für den Budget⸗ posten ein. Während seiner Rede entstand ein großer Lärm. Die Deutsch⸗Liberalen und die Deutsch⸗Nationalen unterbrachen den Redner mit zahlreichen Zwischenrufen wie: „Verräther“, „Schande für die Deutschen“. Diese Zwischenrufe wurden seitens der Jungczechen mit anderen Zwischenrufen be⸗ antwortet. Erst nachdem der Lärm eine Viertelstunde ge⸗ dauert hatte, gelang es, die Ruhe wiederherzustellen. Die stürmischen Unterbrechungen erneuerten sich jedoch, als der Abg. Hofmann⸗Wellenhof auf die Haltung seines Vor⸗ redners den Ausdruck „erfrecht“ anwandte, für den ihm der Vorsitzende eine Rüge ertheilte. Im weeiteren Verlauf der Berathung erklärte der Leiter des Unterrichts⸗Ministeriums Dr. Rittner unter großem Beifall der Majorität: die pädagogisch⸗didaktischen Gründe, welche das Kabinet Windisch⸗ grätz zur Einstellung dieses Postens veranlaßt hätten, seien bekannt; die gegenwärtige Regierung könne nur bitten, den⸗ selben die Würdigung und Anerkennung nicht zu versagen. Zu dieser Frage vom politischen Standpunkte aus Stellung zu nehmen, liege der gegenwärtigen Regierung nach der Natur ihrer Aufgabe durchaus 8 dieselbe müsse vielmehr diese Frage der Beurtheilung und Entscheidung des Hauses anheimstellen. Der Abg. Dr. Menger, welcher gegen den Posten sprach, erklärte, die Deutschen möchten aus den peinlichen Vorkommnissen die Lehre ziehen, einig zu sein und Hand in Hand zu gehen. Für den Posten sprach der Abg. Kobic und erklärte, die Kräftigung der Slovenen sei ein österreichisches Staats⸗ interesse, Gerechtigkeit sei der beste Weg zur Versöhnung. Der ehemalige Handels⸗Minister Graf Wurmbrand erklärte unter wiederholtem Beifall der Linken, daß die vorgebrachten Gerüchte über seine und Dr. von Plener's Haltung im Ministerrath gegenüber der Cillifrage ganz un⸗ richtig seien; wer ihn und von Plener kenne, habe über ihre Haltung nicht im Zweifel sein können. Schließlich wurde der Posten mit 173 gegen 143 Stimmen angenommen.

Großbritannien und Irland.

Die Admiralität hatte hesemn Abend die Offiziere des italienischen Geschwaders zu einem großen Ball im Stadthause zu Portsmouth geladen, an dem etwa 2000 Personen theilnahmen. Als der Herzog von Genua in Begleitung des Ersten Lords der Admiralität Goschen auf dem Ball erschien, spielte die Kapelle die italienische Nationalhymne. Vor Beginn des Balls hatte der Marine⸗ Kommandant ein Festmahl gegeben, zu dem die höheren italienischen Offiziere geladen waren.

Rußland. Die bulgarische Deputation begab sich, wie „W. T. B.“ aus St. Petersburg meldet, gestern nach der Peter⸗Pauls⸗Kathedrale, wo nach einem feierlichen, von dem Metropoliten Clement abgehaltenen Gottes⸗ dienste der Metropolit und der Kammer⸗Präsident Theodorow einen Kranz auf das Grab des Kaisers Alexander III. niederlegten. Der Kranz ist auf einem großen schwarzsammetenen Schilde befestigt und besteht aus goldenen Lorbeerzweigen mit einem silbernen Palmenzweige. Auf der Schleife des Kranzes befindet sich folgende In⸗ schrift: „Dem Zarewitsch⸗Heerführer, dem Zaren⸗Friedensstifter das ewig dankbare bulgarische Volk.“ Ein zweiter Kranz von lebenden Blumen wurde auf das Grab des Kaisers Alexander II. gelegt. Der Metropolit Clement hielt eine Rede, worin er die Dankbarkeit betonte, welche das bulgarische Volk dem russischen Kaiserhause und dem großen russischen Volk, seinen Befreiern, bewahrt habe und ewig bewah ““ Italien. 8 1 b eputirtenkammer setzte gestern die Berathung über die Finanzmaßregeln fort. Nachdem mehrere Redner für und andere gegen die Vorlage gesprochen hatten, ergriff Za⸗ nardelli das Wort, um die Finanz⸗Dekrete als nicht verfassungs⸗ gemäß zu bekämpfen. Zwischen dem Deputirten Miceli von der Regierungspartei und Imbriani kam es zu einer tumultua⸗ rischen Scene. Unter gespannter Aufmerksamkeit des Hauses nahm hierauf der Minister⸗Präsident Crispi das Wort zur Rechtfertigung der Dekrete. Er wandte sich gegen den Vor⸗ wurf, daß er eine hochtrabende Politik treibe, und führte aus, er habe während seiner ersten Minister⸗Präsidentschaft 141 Millionen Lire und in der jüngsten Zeit weitere Erspar⸗ nisse erzielt. Es sei die Pflicht der Regierung, von der Nation nur das unumgänglich Nothwendige an Steuern zu fordern und Ersparnisse zu machen. Sein Programm sei, das Budget durch Steuern und Ersparnisse zu stärken: „Das ist das Ziel“, betonte Crispi, „das ich mir gesteckt habe und um eden Preis erreichen werde. Ich werde auf die persönlichen Angriffe gegen mich nicht eingehen und bin bereit, mich für das Wohl des Landes zu opfern.“ Crispi erklärte schließlich, er nehme die Tagesordnung Cibrario an und stelle für den ersten Theil derselben die Vertrauens⸗ frage. Diese Tagesordnung lautet: „In Anerkennung der außergewöhnlichen Zwangslage, in der sich die Regierung bezüglich der dringenden Staatsbedürfnisse befand, erklärt die Kammer, daß den finanziellen Dekreten die legislative Sanktion zu geben ist. Die Kammer geht daher zur Berathung der

einzelnen Artikel über.“ Der erste Theil der Tagesordnung Fibrario, über den gesondert abgestimmt wurde, wurde mit 261 gegen 118 Stimmen angenommen. Der zweite Theil wurde hierauf durch Aufstehen resp. Sitzenbleiben mit überwältigender Mehrheit angenommen. Rudini, Brin, Zanardelli und Cavallotti stimmten mit ihren politischen Freunden gegen die Tagesordnung Cibrario. Hierauf wurde die Sitzung ge⸗ solossan die Blätter melden, wird der General Baratieri im August Urlaub nehmen und nach Italien kommen. Sie fügen hinzu, daß dies ein Beweis für die Sicherheit und für den geregelten Zustand der afrikanisch en Kolonie sei.

Spanien.

Der Ministerrath hat dem „W. T. B.“ zufolge die Wiederaufnahme des Religions⸗ und Moralunterrichts in die Fächer der Maturitätsprüfungen beschlossen.

Portugal.

Der Handelsvertrag mit Rußland ist nach einer Meldung des „W. T. B.“ gestern in Lissabon unterzeichnet

rden. 1 Türkei.

Die Pforte hat sich, wie „W. T. B.“ berichtet, an die bulgarische Regierung mit dem Wunsch gewandt, eine festere Abschließung der Grenze zu bewirken, da neue Banden bei Kresna und Tenidze (²) aufgetaucht seien. Die bul⸗ garische Regierung antwortete mit beruhigenden Ver⸗ sicherungen. Trotzdem beabsichtigt die Pforte, nochmals die Mächte zu ersuchen, ermahnend in Sofia einzuwirken.

Griechenland.

Die Kammer hat gestern mit 90 gegen 35 Stimmen die Vorlage abgelehnt, nach welcher die Zahlung der Korinthen⸗ steuer zur Hälfte in Geld, zur anderen Hälfte in natura er⸗ folgen sollte.

Rumänien.

Wie die „Agence Roumaine“ meldet, hat die rumänische Regierung, dem Beispiel anderer Kabinette folgend, in Betreff der Unruhen an der türkisch⸗bulgarischen Grenze freund⸗ schaftlich warnende Rathschläge an die bulgarische Regierung gelangen lassen.

Serbien.

Der Minister⸗Präsident Nowakowic cröffnete die gestrige Sitzung der Skupschtina mit der Verlesung des Königlichen Ukases, durch welchen Garaschanin zum Präsidenten und Rajowic zum Vize⸗Präsiderten ernannt werden. Ein⸗ gebracht wurde der Gesetzentwurf über die Kon⸗ versionsanleihe. Der Präsident theilte mit, daß ihm von dem Deputirten Curcic eine Interpellation über die macedonische Frage zugegangen sei; er verlas die Interpellation jedoch trotz des Verlangens der Liberalen nicht, sondern übermittelte sie der Regierung. Bezüglich des Entschlusses der letzteren hinsichtlich der Interpellation ver⸗ lautet noch nichts. Die Konversion umfaßt alle Schulden, mit Ausnahme der Lotterie⸗ und Taback⸗ loose, im Betrage von 287 786 520 und erfolgt in vierprozentige Obligationen zu 405 mit 72jäh⸗ iger Garantie. Alle bisherigen Einnahmen und die Einnahmen aus dem Petroleummonopol, welche zur Abzahlung dienen, sammelt und verwaltet ein autonomer Monopolausschuß, bestehend aus 6 Mitgliedern, von denen 4 Serben sind, darunter der Gouverneur und der Vize⸗ Gouverneur der Nationalbank, und 2 Vertreter der Kreditoren, welche sämmtlich durch Königlichen Ukas ernannt werden. Der Ausweis über den Stand der Schulden konstatiert im Ganzen 297 595 500 Fr.; bis jetzt sind an Kapital 27 087 958 Fr. ausbezahlt worden.

Ein Artikel des Organs der Fortschrittspartei „Videlo“ erklärt: die neue fortschrittliche Regierung werde beweisen, daß eine Parteiregierung nicht gleichbedeutend sei mit Partisanenthum. Sie werde in der Toleranz gegenüber den anderen Parteien so weit gehen, als dies die Inter⸗ essen des Landes erheischten. Die neue Regierung werde eine wahrhaft serbische sein; sie werde die Sicherheit der Person und des Eigenthums Jedermann verbürgen und ebenso allen ohne Unterschied den unverkümmerten Genuß der öffent⸗ lichen Freiheiten garantieren. Sie habe dies gleich mit ihrem ersten Schritte bewiesen, indem sie durch einen Gnadenakt des Herrschers Vergebung für ihre politischen Gegner erlangt habe. Die fortschrittliche Regierung und die Fort⸗ schrittspartei würden beweisen, daß 8 eine parlamentarische Regierung unter kluger Führung erfolgreich den Interessen des Staats und Throns dienen könne. 1

Amerika.

Ein Telegramm des „Reuter'schen Bureaus“ aus Lima meldet, daß Pierola zum Präsidenten der Republik Peru gewählt worden sei.

Demselben Bureau wird gemeldet, daß Bolivia an Peru ein Ultimatum übersandt habe mit der Forderung, innerhalb 24 Stunden zu antworten, ob es zu der Zusicherung einer Genugthuung für die im letzten Bürgerkriege begangenen Rechtsverletzungen bereit sei. Der „Times“ zufolge hätte die

veruanische Regierung diese Zusicherung verweigert.

MNiach einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus Hokohama begiebt sich infolge einer in Korea ausgebro⸗ henen politischen Krisis der japanische Minister Graf Inouye sofort wieder dorthin. Die Partei der Königin, welche die von den Japanern eingeführten Reformen bekämpft, hat wieder überwiegenden Einfluß erlangt.

Parlamentarische Nachrichten.

Nach dem vorläufigen Gesammt⸗Resultat der Reichstags⸗ Ersatzwahl im Wahlkreise Waldeck⸗Pyrmont erhielten, wie „W. T. B.“ berichtet, Müller (Antis. und Bund der Landw.) 3452, Dr. Böttcher (nl.) 2398, Schücking (fr. Vg.) 1778 und Garbe (Soz.) 703 Stimmen. Es hat scn eine Stichwahl zwischen Müller und Dr. Böttcher stattzufinden.

Statistik und Volkswirthschaft.

In Danzig wurden am 14. Juni 122 197 (59 379 männliche und 62 818 weibliche) Ortsanwesende gezählt mit 319 landwirth⸗ 8 tlichen Betrieben und 3024 Gewerben, die 1 und mehr Hilfskräfte

schäftigen. Die Garnison zählt, soweit sie in Kasernen oder Dienst⸗

gebäuden untergebracht ist, 631 Haushaltungen, 6282 männliche und

4

453 weibliche Personen und 38 Gewerbe. Gezen 1890 ist nur ein Zuwachs von 1738 Personen zu verzeichnen. Allerdings nnß bei der diesmaligen Zählung noch die große Zahl von Sommerfrischlern, die nicht in Danzig gezählt wurden, berücksichtigt werden, sodaß der Za. wachs noch um einige hundert höher zu veranschlagen sein dürfte. Zurückgeblieben in der Zahl ist die weibliche Bevölkerung, die nur um 180 E. eren ist.

In Mainz wurden am 14. Juni d. J. nach den Ergebnissen der Berufs⸗ und Gewerbezählung von der Zivilbevölkerung 15 475, vom Militär 325 Haushaltungslisten, im Ganzen 15 800 ausgestellt. Die Zahl der darin eingetragenen männlichen Zivilpersonen beträgt 31 511, der weiblichen 35 885, zusammen 67 396 Personen, die Zahl der Militärpersonen 6963, dazu 558 weibliche Angehörige, zusammen 7521 Personen. Die Einwohnerzahl von Mainz beziffert sich dem⸗ nach, einschließlich Militär auf 38 474 männliche, 36 443 weibliche Personen, im Ganzen also auf 74 917. Landwirthschaftskarten wurden 169 und Gewerbebogen 2914 Stück ausgefüllt.

Für Weimar hat die Berufs⸗ und Gewerbezählung folgende Resultate ergeben: ortsanwesende Personen 26 093; davon männliche 12 000, weibliche 14 093; Haushaltungslisten wurden ausgegeben 6379, Landwirthschaftskarten 187, Gewerbebogen 757.

Ferbere⸗ Handel und Schiffahrt im Jahre 1894.

Nach den von dem handelsstatistischen Bureau in Hamburg zu⸗ sammengestellten „Tabellarischen Uebersichten des hamburgischen Handels im Jahre 1894“ betrug die Zahl der angekommenen Seeschiffe 9165 mit 6 228 821 Reg.⸗Tons (1893 8792 mit 5 886 378 Reg⸗Tons; 1892 8569 mit 5 639 010 Reg.⸗Tons). Von den angekommenen Seeschiffen waren beladen 7471 von 5 812 312 Reg.⸗Tons (1893 7339 von 5 443 571 Reg.⸗Tons; 1892 7175 von 5 203 044 Reg.⸗Tons); es waren ferner von diesen Seeschiffen 2662 von 647 506 Reg.⸗Tons Segelschiffe (1893 2393 von 597 953 Reg.⸗Tons, 1892 2441 von 659 529 Reg.⸗Tons) und 6503 Dampfschiffe von 5 581 315 Reg.⸗Tons (1893 6399 von 5 288 425 Reg.⸗Tons, 1892 6128 von 4 979 481 Reg.⸗Tons). Die durchschnittliche Ladungsfähigkeit betrug bei den Segelschiffen 243 (1893 250, 1892 270) Reg.⸗Tons, bei den Dampf⸗ schiffen 858 (1893 826, 1892 813) Reg.⸗Tons. Die Zahl der von Hamburg abgegangenen Seeschiffe betrug 9175 von 6 248 875 Reg.⸗Tons (1893 8838 von 5 933 580 Reg.⸗Tons, 1892 8565 von 5 640 163 Reg.⸗Tons); von den abgegangenen Seeschiffen waren be⸗ laden 6628 von 4 322 551 Reg.⸗Tons (1893 6313 von 4 091 911 Reg.⸗Tons, 1892 6036 von 3 941 981 Reg.⸗Tons). Die Zahl der von der Ober⸗Elbe angekommenen Flußschiffe belief sich auf 14 676 (1893 14 647, 1892 12 618); von den angekommenen Fluß⸗ schiffen waren beladen 9447 mit einer Tragfähigkeit von 2 115 483 t (1893 10 815 von 245 243 t, 1892 8802 von 1 924 331 t Tragfähig⸗ keit); die ausgeladenen Güter hatten ein Gewicht von 19 238 745 (1893 17 586 834, 1892 15 328 310) Doppel⸗Ztr. Die Zahl der nach der Ober⸗Elbe abgegangenen Flußschiffe betrug 14 466 (1893 14 322, 1892 12 860); von den abgegangenen Flußschiffen waren be⸗ laden 11 895 mit einer Tragfähigkeit von 2 708 941 t (1893 11 187 von 2 496 559 t, 1892 10 534 von 2 316 433 t Trag⸗ fähigkeit; die eingeladenen Güter hatten ein Gewicht von 23 465 981 (1893 17 363 117, 1892 18 693 463) Doppel⸗Ztr. Das Gewicht der gesammten Einfuhr Hamburgs betrug: a. see⸗ wärts 59 974 204 (1893 54 963 151, 1892 54 907 741) Doppel⸗Ztr. und an Kontanten 2504 (1893 2070, 1892 1189) Doppel⸗Ztr.; b. mit den Eisenbahnen und von der Ober⸗Elbe 34 854 507 (1893 33 684 736, 1892 30 640 595) Doppel⸗Ztr. und an Kontanten 75 (1893 6, 1892 121) Doppel⸗Ztr. Der Werth der Einfuhr betrug: a. seewärts 1 566 058 790 (1893 1 556 879 130, 1892 1 489 180 290) und an Kontanten 1471 735 950 (1893 124 119 950, 1892 135 284 250) ℳ; b. mit den Eisenbahnen und von der Ober⸗Elbe 1 085 166 200 (1893 1 171 156 460, 1892 1 117 514 230) und an Kontanten 1 379 680 (1893 1 129 120, 1892 11 796 090) Das Ge⸗ wicht der Ausfuhr betrug: a. seewärts 27 470 203 (1893 26 356 645, 1892 24 207 611) Doppel⸗Ztr. und an Kontanten 410 (1893 636, 1892 1459) Doppel⸗Ztr.; b. mit den Eisenbahnen und nach der Ober⸗Elbe 31 747 503 (1893 27 414 771, 1892 27 588 997) Doppel⸗Ztr. und an Kontanten (1893 125, 1892 166) Doppel⸗Ztr. Der Werth der Ausfuhr betrug: a. seewärts 1 214 589 250 (1893 1 291 343 170, 1892 1 197 824 440) und an Kontanten 6 897 770 (1893 9 066 910, 1892 19 026 160) ℳ; b. mit den Eisenbahnen und nach der Ober⸗Elbe 1 137 068 220 (1893 1 117 039 300, 1892 1 115 897 100) und an Kontanten (1893 1 615 520, 1892 15 498 950) Von der Einfuhr zur See waren Verzehrungsgegenstände 18 201 625 (1893 15 158 078, 1892 16 793 168) Doppel⸗Ztr. im Werthe von 522 921 950 (1893 535 227 560, 1892 564 603 450) ℳ; Bau⸗ und Brennmaterial 17 004 418 (1893 16 641 952, 1892 17 838 976) Doppel⸗Ztr. im Werthe von 26 628 310 (1893 27 089 300, 1892 30 811 370) ℳ; andere Rohstoffe und Halbfabrikate (ohne Edelmetalle) 23 576 932 (1893 22 021 592, 1892 19 099 527) Doppel⸗Ztr. im Werthe von 876 274 330 (1893 861 817 090, 1892 772 333 730) ℳ; Manufakturwaaren 227 704 (1893 224 700, 1892 219 981) Doppel⸗Ztr. im Werthe von 52 747 510 (1893 58 953 180, 1892 47 081 530) ℳ; Kunst⸗ und Industrie⸗Erzeugnisse 963 530 (1893 916 829, 1892 956 089) Doppel⸗Ztr. im Werthe von 87 486 690 (1893 73 792 000, 1892 74 350 210) Von dem Werth der Ausfuhr Hamburgs seewärts im Gesammtbetrage von 1 214 589 250 fallen auf Verzehrungsgegenstände 470 374 500 ℳ, auf Rohstoffe und Halbfabrikate 297 312 850 ℳ, auf Manufaktur⸗ waaren 170 616 650 und auf Kunst⸗ und Industrie⸗Erzeugnisse

Zur Arbeiterbewegung.

In Stettin hielten die ausständigen Schneider gestern eine zahlreich besuchte ab, in der, wie die „Ostsee⸗Ztg.“ mittheilt, über die zwischen der Lohnkommission und den Konfektionären geführten Verhandlungen Bericht erstattet wurde. Da diese Verhand⸗ lungen zu einer Einigung nicht geführt haben, wurde eine Entschließung einstimmig angenommen, in der sich die Versammlung mit dem Ver⸗ halten der Lohnkommission einverstanden und an den gestellten Forde⸗ rungen festhalten zu wollen erklärte. (Vgl. Nr. 158 d. Bl.)

In Bremen sind, wie der „Vorwärts“ berichtet, in der Stuhl⸗ rohrfabrik von Mencke, Schultz u. Co. 160 bis 170 Arbeiter und Arbeiterinnen in den Ausstand getreten.

In Zörbig ist nach demselben Blatt der Ausstand der Schuh⸗ macher beendet; die Arbeiter sollen einige Vortheile erreicht haben. (Vgl. Nr. 158 d. Bl.) 8

Aus Madrid meldet „W. T. B.“: Eine gestern Abend ab⸗ gehaltene Bäckerversammlung, die über die Ausstandsfrage berieth, endete mit einem Tumult, der die Polizei zum Einschreiten nöthigte. In dem Handgemenge wurden ein Polizei⸗Hauptmann, fünf Schutzleute und mehrere andere Personen verwundet. Es wurden 60 vorgenommen. Haussuchungen bei den Ruhe⸗ störern führten zur Auffindung von 106 Dolchen und Säbeln sowie vier Pistolen. Heute sind die Bäcker in den allgemeinen Aus⸗ stand eingetreten. Die Behörden lassen Brot aus den Nachbarstädten herbeischaffen sowie durch die Militärbäcker solches herstellen.

Kunst und Wissenschaft.

Die Gesellschaft für Erdkunde hielt am Sonnabend ihre letzte Sitzung vor den die nächste Sitzung wird am 12. Ok⸗ stattfinden. Das Programm für den internationalen Geographentag in London ist soeben eingetroffen und in der Bibliothek der Gesellschaft für Erdkunde, Zimmerstraße 90, einzu⸗ sehen, ebenso die Mittheilungen über Mierthswohnungen u. dergl. in London. Baron Eduard von Toll hat die Resultate der von der Kaiserlichen Akademie der Wissen⸗ schaften in St. Petersburg zur Erforschung des Janalandes und der Neusibirischen Inseln in den Jahren 1885 und 1886 ausgesandten Expeditionen jetzt in deutscher Sprache veröffentlicht. Der verdienst⸗ volle Reisende ist leider erkrankt und war somit verhindert, in der Juli⸗Sitzung der Gesellschaft für Erdkunde über seine sibirischen

Reisen Bericht zu erstatten.

276 285 250 8—

Auf dem Boden des alten Syrakus ist, wie das „Bull. de Corresp. hellénique“ berichtet, eine große Nekropole aus alt riechischer Zeit aufgefunden worden, deren Durchforschung eine Füll⸗ von wissenschaftlichen Ergebnissen geliefert hat. Es sind un⸗ gefähr 450 Gräber geöffnet worden, die zum größten Theile aus der ältesten Zeit der Stadt, dem Ende des 8. und der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts vor Christi Geburt herstammen. Noch ist der Gebrauch des Begrabens vorherrschend; daneben findet sich aber auch schon, wenngleich viel seltener, die Sitte des Ver⸗ brennens der Leichname. Die Nekropole enthält zahlreiche Stein⸗ sarkophage, gemauerte Gräber, die nach den Himmelsrichtungen orientiert sind, sowie Urnen und Amphoren. Letztere dienten zur Aufnahme der Asche und der Gebeine der Verstorbenen; sie sind größtentheils mit Ornamenten geschmückt, die noch die Steifheit der archaischen Periode zeigen. Bei den Skeletten in den Sarkophagen fanden sich eine große Anzahl von kleinen Vasen aus Terrakotta, zum theil mit Malereien in altkorinthischem Stil, Ohrringe und Ringe von Silber, Spangen von Bronze und Eisen, zum theil mit Elfenbein und Bernstein ver⸗ ziert, und Skarabäen aus Glas mit silberner Fassung. Der Zustand, in dem sich die Gräber befinden, ist ein trostloser; sie sind mehrfach zerstört oder wieder geöffnet und zu nochmaliger Beisetzung in späterer Zeit benutzt worden. Eine Begräbnißstätte aus römischer Zeit ist nach einer Mittheilung derselben Zeitschrisit in Makedonien beim Bau der Eisenbahn Saloniki⸗Dedegatsch in der Nähe des Fleckens Gradubor endeckt worden. Die Gräber sind sämmtlich ausgemauert und ihre Seiten⸗ wände im Innern mit einem Mörtelbewurf versehen. In den Gräbern haben sich eine Anzahl von Thongefäßen, Ampeln und eine Menge von Münzen befunden, welche größtentheils das Bild des Kaisers Probus (276 bis 282) tragen. Ein sorgfältig ausgeführtes Relief, welches die Brustbilder dreier Personen zeigt, ist den türkischen Behörden übergeben worden und soll Aufstellung im Museum zu Konstantinopel finden. Wahrscheinlich gehörte die Begräbnißstätte ehemals zu der Stadt Thessalonike, die um die Mitte des 3. Jahr⸗ hunderts römische Kolonie wurde.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

8 Saatenstand in Italien. 8

Ueber den Stand der Saaten in Italien gehen uns folgende Nachrichten zu:

Im Bezirk Genua ist der Stand der Saaten im allgemeinen befriedigend, während derselbe in Savona nur als mittelmäßig bezeichnet werden kann.

In Venetien und in der Emilia verspricht die jetzt beginnende Ernte im allgemeinen ein gutes Resultat, doch soll in Venetien der Weizen stellenweise durch Hagelschlag und Stürme gelitten haben. In der Lombardei stehen Reis und Hafer gut, dagegen hat Mais Schaden genommen, und die äußerlich gut entwickelten Weizenähren sollen vielfach leere Zellen enthalten.

In Süditalien und Sizilien haben die anfänglich günstigen Ernte⸗ aussichten insofern eine Herabminderung erfahren, als der Weizen unter Nebel und Regen zum theil empfindlich gelitten hat.

Weizenernte im südlichen Chile.

In den südlichen Provinzen Chiles, wo der Stand der Felder zu den besten Hoffnungen berechtigte, hat regnerische Witterung während des Monats März dem Weizen großen Schaden zugefügt. Man nimmt an, daß ein Drittel der erwarteten Erträge verloren ge⸗ gangen ist.

Saatenstand in Nord⸗Amerika.

Der Bericht des Ackerbau⸗Bureaus giebt, wie „W. T. B.“ aus Washington meldet, die am 1. Juli mit Mais angebaute Fläch mit 107,8 % der vorjährigen Anbaufläche und den durchschnittlichen Stand mit 99,3 gegen 95 im letzten Jahre an. Der Duvchschnitts⸗ stand des Winterweizens am 1. Juli betrug 65,8 gegen 83,9 im Vorjahre, der des Sommerweizens 102,2 gegen 68,4, des Winterroggens 82,2 gegen 93,9, des Sommerroggens 77 gegen 81,7; der Gerste 91,9 gegen 76,8; des Hafers 83,2 gegen 77,7 im Vorjahre. Der Durchschnittzstand des Tabacks war am 1. Juli 85,9 gegen 81, derjenige der Baumwolle 82,3 gegen 89,6 im Vorjahre.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Türkei. Der internationale Gesundheitsrath in Konstantinopel hat die Fegen die Küsten des Hedjaz angeordnete Quarantäne difg gh agegen unterliegen Pilgerschiffe in Beirut, Klazomenae und Tripolis üi. 3 tägigen Beobachtung, nebst Ausschiffung der Pilger und Des⸗ infektion.

Cholera.

Ostindien. Kalkutta. Vom 19. bis 25. Mai starben 47 Personen an Cholera.

Japan. In Moji wurden im April 17 (vom 1. bis 15. Mai 2), im Bezirk Fukuoka 4 (bezw. 10) Erkrankungen fest⸗

gestellt. 3 Gelbfieber.

In Havana wurden den „Abstr. of sanit. rep.“ zufolge vom 24. bis 30. Mai 4 Todesfälle festgestellt, vom 31. Mai bis 6. Juni etwa 5 Neuerkrankungen (ohne tödtlichen Ausgang), in Vera Cruz vom 24. bis 30. Mai 4 Todesfälle. In Rio de Janeiro war einer Mittheilung vom 14. Mai zufolge die Zahl der Todesfälle im Zunehmen.

Pocken.

Japan. In Nagasaki sind im April 5 (in der ersten Hälfte des Mai 1) Pockenfälle vorgekommen.

Vereinigte Staaten von Amerika. Vom 1. Februar bis 8. Juni sind von dem „Abstr. of sanit. rep.“ 950 Erkrankungen (mit 137 Todesfällen) gemeldet, davon 192 (44) in Garland County (Arkansas), 110 (24) in Cincinnati, 94 (13) in St. Louis, 62 (10) in Milwaukee, 61 (9) in Philadelphia und 1 in New⸗VYork.

Flecktyphus. Preußen. Regierungsbezirk Danzig. Einer Mittheilung 8. Juni zufolge sind in den eine Gemeinde von etwa 250 Seelen bildenden Ortschaften Ziegelei Babenthal und Neuheid, Kreis Karthaus, seit dem 18. März im Ganzen 38. Erkrankungen vor⸗ gekommen. Die Seuche ist wahrscheinlich von Ortsangehörigen, welche als herumreisende Handelsleute mit Danzig sowie den Kreisen Berent und Danziger Höhe im Verkehr standen, einge⸗ schleppt und durch die Schule weiter verbreitet worden, da der schul⸗ pflichtige Sohn des Lehrers mit zuerst befallen wurde und die meisten Kranken Schulkinder waren. Auf Veranlassung des am 5. Juni an Ort und Stelle entsandten Regierungs⸗ und Medizinal⸗Raths wurden die erforderlichen Schutzmaßregeln angeordnet; es lagen damals 14 Kinder und 6 Erwachsene (darunter 1 im Marienkrankenhaus zu Danzig) darnieder; der Charakter der Krankheit wird als milde be⸗ zeichnet, Todesfälle waren bis dahin nicht vorgekommen.

Verschiedene Erkrankungen.

Erkrankungen an Masern sind in der Woche vom 23. bis 29. Juni in Berlin 65, Breslau 128, in den Regierungsbezirken Arns⸗ berg 328, Hannover 104, Hildesheim 134, Posen 106, Wiesbaden 115, in München 83, Budapest 54, Kopenhagen 32, St. Petersburg 36, Wien 238 gemeldet worden desgl. an Scharlach in Berlin 94, Breslau 38, im Regierungsbezirk Posen 104, in Hamburg 37, Edinburg 46, Kopen⸗ hagen 47, London 319 (Krankenhäuser), Paris 90, St. Petersburg 55, Wien 79 desgl. an Diphtherie und Croup in Berlin 99, Budapest 30, Kopenhagen 34, Paris 77, St. Petersburg 45, Wien 56 desgl. an Unterleibstyphus in Kopenhagen 27, St. Petersburg 62 und an Keuchhusten im Reg.⸗Bez. Königs⸗

berg 105, in Kopenhagen 100.