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Seine Excellenz der General⸗Oberst der Kavallerie Frei⸗
von Loë, General⸗Adjutant Seiner Majestät des Kaisers und Königs, Ober⸗Befehlshaber in den Marken und Gouverneur von Berlin;
Seine Excellenz der Staats⸗Minister und Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten . von Hammerstein⸗Loxten, nach den Provinzen Westpreußen und Posen;
Seine Excellenz der Wirkliche Geheime Rath und Präsident des Königlichen Ober⸗Verwaltungsgerichts Persius, nach Wiesbaden. 11“ 18
8 D
Preußen. Berlin, 16. Juli.
Seine Majestät der Kaiser und König sind, wie „W. T. B.“ meldet, nach siebenstündiger Fahrt an Bord der Hacht „Hohenzollern“ gestern Nachmittag 4 Uhr im besten ohlsein vor Wisby eingetroffen.
Obwohl in dem Befinden Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin eine fortdauernde Besserung in der letzten Zeit zu konstatieren und dasselbe augenblicklich als ein durch⸗ aus zufriedenstellendes zu bezeichnen ist, so sind doch über eine Reise Ihrer Majestät nach Saßnitz noch keinerlei feststehende Bestimmungen getroffen. Anders lautende Zei⸗ tungsmittheilungen sind hiernach richtig zu stellen.
Ihre Hoheiten der Herzog und die Herzogin Friedrich
dinand zu Schleswig⸗Holstein⸗Sonderburg⸗Glücksburg,
öchstwelche einige Zeit zum Besuch Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin im Neuen Palais verweilten, haben heute mit dem fahrplanmäßigen Zuge um 11 Uhr 53 Minuten von der Wildparkstation die Ruückreise nach Glücksburg angetreten.
Stelle des zum 1. Juni d. J. in den Ruhestand ge⸗ tretenen Ministerial⸗Direktors, Wirklichen Geheimen Raths Dr. Droop ist der vortragende Rath im Justiz⸗Ministerium, Wirkliche Geheime Ober⸗Justiz⸗Rath Dr. Küntzel vom 1. Juli d. J. ab zum Mitgliede des Gerichtshofs zur Ent⸗ scheidung der Kompetenzkonflikte ernannt worden.
.
“ ““ 8 ““ Der General der Infanterie von Grolman, Gouverneur des Invalidenhauses, ist von Berlin mit Urlaub abgereist.
Der General⸗Lieutenant Edler von der Planitz, Inspekteur der 2. Kavallerie⸗Inspektion, ist hierher zurück⸗ gekehrt.
Der Direktor beim Rechnungshofe des Deutschen Reichs, Wirkliche Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Raffauf ist nach Süddeutschland abgereist.
Der Präsident des Kammergerichts, Wirkliche Geheime Ober⸗Justiz⸗Rath Drenkmann hat sich nach der Schweiz begeben.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich bayerische Militärbevollmächtigte, General⸗Major von Haag hat Berlin mit Urlaub verlassen.
Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Königlich württem⸗ bergischer Regierungs⸗Direktor von Schicker und Königlich württembergischer Direktor von Fischer sind von hier ab⸗
““ Sachsen. ““ Ihre Majestät die Königin hat sich gestern zu längerem Aufenthalt nach dem Jagdschloß Rehefeld begeben.
Schwarzburg⸗Rudolstadt. Seine Durchlaucht der Fürst ist am 14. d. M. nach Beendigung der Kur von Kissingen nach Schwarzburg zurück⸗
gekehrt.
Reuß ä. L.
—X— WSeine Durchlaucht der Fürst ist am 14. d. M. zum Kurgebrauch nach Ostende abgereist. Ihre Durchlauchten die Prinzessinnen Emma, Marie und Karoline haben sich am 15. d. M. nach Heiligendamm i. M. be⸗ geben, während Seine Durchlaucht der Erbprinz gleichzeitig abgereist ist und Ihre Durchlauchten die Prinzessinnen Hermine und Ida nach Jagdschloß Waldhaus übergesiedelt sind.
Lübeck. Die Bürgerschaft hat gestern Fehling zum Präsidenten gewählt.
Deutsche Kolonien. 8
Aus Togo wird dem „Deutschen Kolonialblatt“ berichtet: Der Kreuzer „Sperber“ hat am 14. Mai d. J. die Rhede von Klein⸗Popo angelaufen und ist von dort am 16. Mai nach Lome ge⸗ fahren. Im ganzen Schutzgebiet herrscht vollständige Ruhe, und der Handel zeigt das erfreulichste Gedeihen. Nach einem vorläufigen Ueberschlag batte die Einfuhr in der Zeit vom 1. April 1894 bis 1. April 1895 einen Werth von 2 607 180 ℳ, während die Ausfuhr auf 2 871 314 ℳ geschätzt wird. Im Vorjahre betrug die Einfuhr 2 558 744, die Ausfuhr 3 211 433 ℳ; die letztere hat aber damals infolge des Dahomey⸗Feldzuges eine bis dahin nie erreichte Höhe gehabt, die höchste Ziffer im Jahre 1892/93 betrug nur 2 214 772 ℳ Die Summe der im letzten Jahre unter nor⸗ malen Verhältnissen stattgehabten Ausfuhr ist dabher sehr erheblich und beweist, welchen segensreichen Einfluß die Wegebauten im Togogebiet auf die Förderung der 3. fuhren vom Innern an die Küste geübt haben. Besonders erfreulich ist, daß die Summe der Einfuhr der der eigentlichen Kulturarbeit dienenden Gegenstände immerfort wächst. 1893/94 wurden Baumwollenwaaren im Werthe von 577 000 ℳ nach Togo eingeführt, im letzten Etats⸗ jahre ist dieser Betrag schon auf 677 000 ℳ, also auf beinahe ein Viertel des Werths des gesammten Imports, gestiegen.
den Rechtsanwa
8*
Das österreichische Abgeordnetenhaus nahm gestern den Voranschlag des Finanz⸗Ministeriums an und begann die Berathung des Etats des Handels⸗Ministeriums. Der Leiter des Ministeriums Ritter von Wittek beschränkte sich auf kurze sach⸗ liche Aeußerungen und führte verschiedene Mittel auf, um die Institutionen zur Förderung des Handelsgewerbes thunlichst auszubilden. Die Regierung sei nicht in der Lage, eine bindende Zusage über die Vorlegung von Gewerbenovellen in diesem Sessionsabschnitt zu geben. In der Frage der Sonntagsruhe ständen sich die Interessen der Gewerbeinhaber und der Hilfsarbeiter gegenüber. Hierbei sei genau zu erwägen, daß das Gewerbe selbst nicht leide, was einen großen, allgemeinen, volkswirthschaften Schaden zur Folge haben würde. Redner bezeichnete es als seine Aufgabe, die bisherige Thätigkeit des Handels⸗Ministeriums fortzusetzen. Betreffs des Mühlengewerbes würde eine Einigung mit der ungarischen Regierung angestrebt. Seine, des Redners, Pflicht sei, den großen sozialpolitischen Ressortaufgaben gerecht zu werden. Ueber die Eisenbahnangelegenheiten zu sprechen, be⸗ hielt sich der Minister für einen späteren Zeitpunkt vor.
Der „Budapester Korrespondenz“ zufolge hat sich der ungarische Minister⸗Präsident Baron Banffy gestern zu kurzem Aufenthalt nach Wien begeben.
8 SGSrobßbritannien und Irland. 3
Bis gestern Abend waren gewählt: 172 Unionisten, 23 Liberale, 4 Parnelliten, 4 Antiparnelliten und 1 Kandidat der Arbeiterpartei. Die Unionisten ge⸗ wannen 24, die Liberalen 5 Sitze. Unter den geschlagenen Kandidaten befinden sich der bekannte Leiter der Arbeiter⸗ partei Keir Hardie und der ehemalige Minister Shaw⸗ Lefevre; unter den Gewählten sind zu nennen: Lord Cranborne, Stanley, der Arbeiterführer J. Burns und der Präsident des Handelsamts Ritchie.
Rußland.
Die Großfürstin Penia Alexandrowna ist, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern Abend im Schlosse Peterhof von einer Prinzessin entbunden worden, welche im heiligen Gebet Irena genannt wurde.
Der Minister des Innern Durnowo empfing gestern die bulgarische Deputation. Den Meldungen der St. Petersburger Blätter zufolge werde dieselbe auch von dem Chef des Generalstabs Obrutschew empfangen werden.
Der Kaiser hat dem König Menelik den Alexander⸗ Newsky⸗Orden in Brillanten, dem Negus Ras⸗Maconen den St. Annen⸗Orden erster Klasse in Brillanten, dem außerordentlichen abessinischen Botschafter Prinzen Damto den Stanislaus⸗Orden erster Klasse in Brillanten, ferner den Mitgliedern der Botschaft, dem Prinzen Belacio den Stanislaus⸗ Orden dritter Klasse mit dem Stern, dem General Ganemie den Annen⸗Orden zweiter Klasse mit dem Stern, dem Bischof von Sharar ein Bildniß der heiligen Jungfrau mit Brillanten und den anderen Mitgliedern der Suite den Stanislaus⸗Orden dritter resp. vierter Klasse verliehen. “
Italien.
Bei der gestern in der Deputirtenkammer fort⸗
gesetzten Berathung über die finanziellen Maßnahmen
wurde das von Pantano und anderen Deputirten zu dem Alkoholgesetz gestellte Amendement mit 161 gegen 68 Stimmen abgelehnt; 14 Mitglieder enthielten sich der Abstimmung.
Schweiz.
Das schweizerische Bundesheer zählt, der „Straßb. Post“ zufolge, nach dem Bestande vom 1. Mai 1895 rund 8700 Offiziere. Darunter sind 3685 solche, die vom Bundesrath ernannt sind, wie Generalstab 112, Infanterie 322, Kavallerie 115, Artillerie 564, Genie 289, Aerzte 1074, Apotheker 98, Veterinäre 222, Verwaltung 636, Militärjustiz 83, Stabssekretäre 75; 5015 solche, die vom Kanton ernannt sind. Von diesen letzteren entfallen 3235 auf den Auszug, 1780 auf die Landwehr, und zwar Infanterie⸗Auszug 2591, ⸗Landwehr 1597; Kavallerie⸗Auszug 158,⸗Landwehr 47; Artillerie⸗Auszug 486,⸗Landwehr 136. Die Zahl der Lieutenants ist im Ganzen 2014, ohne Landwehr; die der Ober⸗Lieutenants 2225, ohne Landwehr; die der Hauptleute 1812, ohne Landwehr; die der Majore 506, die der Oberst⸗Lieutenants 246 und die der Obersten 160.
Belgien.
Ein großer Zug, der aus den liberalen Vereinen von Brüssel und den Vorstädten, aus dem Syndikate der Lehrer und Lehrerinnen, aus Universitäts⸗Vereinen, mehreren Bürgermeistern und Gemeinderäthen der Vorstädte zusammengesetzt war, durchzog gestern Abend in Brüssel unter Vorantritt von Musik und unter Vorantragung von Fahnen und Transparenten die Hauptstraßen der Stadt, um gegen das neue Schulgesetz zu protestieren. Mehrere sozialistische Abgeordnete und Mitglieder der liberalen Partei nahmen an dem Zuge theil. An der Kundgebung betheiligten sich etwa 20 000 Personen. Abends fand im flämischen Theater eine öffentliche Versammlung statt, welche durch Acclamation und unter Beifallsrufen eine Tagesordnung an⸗ nahm, worin gegen das neue Schulgesetz protestiert und die Zurückziehung der Vorlage sowie die Demission des Ministe⸗ riums gefordert wird. Ferner verlangt die Tagesordnung die Annahme eines Gesetzes, welches obligatorischen Unterricht, unentgeltlichen Schulbesuch sowie die politische und philo⸗ sophische Unabhängigkeit der Lehrer bestimmt.
Der „Moniteur belge“ veröffentlicht heute die König⸗ lichen Erlasse, durch welche der 24. Juli als Tag des Inkrafttretens der durch das neue Zollgesetz bestimmten Einfuhrzölle festgesetzt wird. Ausgenommen hiervon sind die Zölle auf Bauholz, Tischlerholz und Stangen, für welche die neuen Sätze erst am 1. Januar 1896 in Kraft treten.
Türkei. Am letzten Donnerstag soll, wie „W. T. B.“ aus Konstantinopel berichtet, eine bewaffnete Bande aus Griechenland auf Kreta gelandet sein; die Ankunft einer zweiten Bande sei angekündigt. Karatheodori Pascha habe Truppen zur Verfolgung entsanddet.
Griechenland. 1
In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkamme
wurde mit 85 gegen 31 Stimmen bei 11 Stimmenenthaltungen
beschlossen, die weitere Berathung der Vorlage, betreffend die Einbehaltung von 20 Proz. der Korinthenernte, zu pertagen.
e“ Serbien.
Die Konversionsvorlage wurde im Finanz⸗Aus⸗ schusse der Skupschtina nach langer Debatte mit 12 gegen 5 Stimmen angenommen. Heute Nachmittag findet eine Sitzung des Klubs der Fortschrittspartei statt, in welcher der Skupschtina⸗Präsident Garaschanin, der zugleich Vorsitzender des Klubs ist, für die Annahme der Vorlage sprechen wird. Die Annahme scheint mit großer Majorität gesichert.
In der heutigen Sitzung der Skupschtina wird die Regierung einen Gesetzentwurf, betreffend das Haidukenthum, vorlegen. Morgen gelangt der Bericht des Finanzausschusses über die Konversionsvorlage zur Verhandlung.
Bulgarien. “
Stambulow ist, wie „W. T. B.“ aus Sofia meldet, gestern Abend 8 Uhr, als er sich in Begleitung Petkow's auf der Heimfahrt vom Union⸗Klub befand, von vier Personen ange⸗ griffen und durch Revolverschüsse und Messerstiche verwundet worden. Der Zustand Stambulow's, der am Kopf und beiden Armen schwer verletzt wurde, ist ein sehr ernster. Beide Arme mußten amputiert werden. Stambulow ist bewußtlos, und es ist wenig Hoffnung vorhanden, ihn zu retten. Die Unter⸗ suchung wurde die ganze Nacht hindurch fortgesetzt. Am That⸗ ort wurden ein türkischer Handjar, ein starkes Messer und zwei Revolver vorgefunden. Auf die Angaben des Dieners Stambulow's und diejenigen Petkow’'s wurden einige Ver⸗ haftungen vorgenommen, doch fehlt bisher jede Spur von den Mördern. Man vermuthet, daß der Kutscher des Wagens, in welchem sich Stambulow befand, Mitschuldiger des Atten⸗ täters ist; der Kutscher wurde deshalb verhaftet.
Die „Agence Balcanique“ meldet: Eine von Philippopel kommende, unter Führung von Nicolas Stojanom stehende bewaffnete Bande wurde entwaffnet und zerstreut. Außer Stojanow wurde noch eine große Zahl anderer Individuen, welche mit Manlicher⸗Gewehren bewaffnet waren, ver⸗ haftet. — Die von Sofia aus breitete Nachricht, wonach Sofia nach Kuestendil abgesandt worden sei, wo die seitens der Behörden getroffenen Maßnahmen gegen die Agitation und Gefangennahme von Banden einen schlechten Eindruck auf die Bevölkerung gemacht hätten, ist, wie die „Agence Balcanique“ versichert, gänzlich aus der Luft ge⸗ griffen. Es ist keinerlei Militärmacht nach Kuestendil ab⸗ gegangen.
hatten, um die Grenze zu überschreiten, noch andere ihre Stellen niedergelegt hätten.
Schweden und Norwegen.
Der außerordentliche Gesandte und Minister in London Akerman ist ehemalige Minister des Aeußern Graf Lewenhaupt zu seinem Nachfolger ernannt worden. “
Das Storthing hat, wie „W. T. W.“ aus Christiania meldet, gestern mit 59 Stimmen der Linken gegen 55 Stimmen der Rechten für die Bewilligung des Universitäts⸗Budgets die⸗
Bedingung gestellt, daß die Besetzungen der vakant werdenden
Professuren dem Storthing vorgelegt werden sollen. Der Staats⸗Minister Stang hatte diese Bedingung als verfassungs⸗ widrig und schädlich bezeichnet. b Asien.
Aus Hongkong meldet das „Reuter'sche Bureau“, eine von [Tuatutia (2) in Nordformosa abgegangen, um die Schwarz⸗
apanische Streitmacht von 700 Mann sei
flaggen in Taiwanfu anzugreifen; es dürfte am 20. d. M.
zum Kampf kommen. Ein starkes japanisches Geschwader
unterstütze die L ndtru N Berichten aus Takao se “ “ ““
dort alles ruhig.
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Die „Zehn Gebote“ bilden, nach einem Urtheil des Reichs⸗ gerichts, III. Strafsenats, vom 4. Februar 1895, weder eine Einrichtung noch einen Gebrauch, sondern eine Zusammen⸗ stellung wichtiger rein sittlicher Grundsätze und Lehren der christlichen Kirchen und der jüdischen Religionsgesellschaft; ihre öffentliche Beschimpfung ist demnach nicht ohne weiteres als Religionsvergehen zu bestrafen. „Als rechtsirrthümlich muß die An⸗
nahme des ersten Richters bezeichnet werden, daß die zehn Gebote
eine Einrichtung der christlichen Kirche und der jüdischen Religions⸗ gesellschaft darstellten. Denn die zehn Gebote bilden nach ihrem inneren und äußeren Wesen nicht eine allgemeine Ordnung einer die Existenz, die Erhaltung und gedeihliche Entwickelung der christlichen Kirche oder der jüdischen Religionsgesellschaft betreffenden Angelegen⸗ heit dieser Kirche oder Religionsgesellschaft als solcher, sie wollen nicht deren Aufgaben, Interessen, Rechte und Pflichten, sowie ihr Verhältniß zu ihren Mitgliedern und nach außen regeln und festsetzen, sondern sie sind nichts Anderes als ein Inbegriff, eine Zusammen⸗ stellung wichtiger rein sittlicher Grundsätze und Lehren der christlichen Kirche und der jüdischen Religionsgesellschaft. Der § 166 Strafgesetzbuchs will aber nach seiner Fassung und Ent⸗ stehungsgeschichte nicht die religiöse Lehre oder einzelne Sätze der⸗ selben als solche, als Dogmen, gegen beschimpfende Angriffe schützen, sondern nur die christlichen Kirchen und die im Gesetze erwähnten
Religionsgesellschaften als solche und deren Einrichtungen und
Gebräuche. Eine Beschimpfung der Lehre oder einzelner derselben fällt daher unter die Strafvorschrift des § 166 Strafg buchs nur dann, wenn der Thäter durch diesen Angriff die ke⸗ treffende Kirche oder Religionsgesellschaft selbst beschimpfen wollte. Ob im vorliegenden Falle genügender Anhalt für die Unter⸗ stellung gewährt sei, daß der in Rede stehende Artikel die zehn Gebote mit der hüstlichen Kirche oder der jüdischen Religionsgesellschaft identifiziert habe, kann hier nicht untersucht werden. Jedenfalls hätte der erste Richter, wenn er glaubte, zu einer solchen Annahme gelangen iu können, eingehend erörtern und feststellen müssen, ob der Vorsatz des Verfassers des fraglichen Artikels dahin ging, durch den inkriminierten Abschnitt die christliche Kirche oder die jüdische Religionsgesellschaft als solche, als idealen Organismus gedacht, zu beschimpfen, nicht aber bloß einzelne Lehren derselben herabzuwürdigen, und nur wenn diese Frage hätte bejaht werden können, würde die angefochtene Ver⸗ fügung, falls auch die sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen zutrafen, für gerechtfertigt angesehen werden können. Der vorige Richter hat
aber eine Feststellung nach dieser Richtung hin nicht getroffen.“
(4610/94.)
Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts
Das Darbieten eines für die Schiffahrt hergestellten und unter⸗ haltenen Kanals zur Schiffahrt gegen Entgelt ist, nach einer
Entscheidung des Ober⸗Verwaltungsgerichts, VI. Senats, 1. Kammer, vom 6. Dezember 1894, ein steuerpflichtiger Gewerbebetrieb. Bezweckt aber die Herstellung und Unterhaltung des Kanals haupt⸗
sächlich die Förderung der Landwirthschaft durch Entwässerung ꝛc.,
in das Ausland ver⸗ ein Theil der Garnison von
Ebenso unwahr ist die Meldung, daß außer den beiden Offizieren, die, wie gemeldet, den Dienst verlassen Offiziere
bevollmächtigte zurückberufen und der
ildet seine nebensächliche Verwendung zur Schi ffa keinen steuerpflichtigen Gewerbebetrieb. „Der Be⸗
ührer bestreitet mit Unrecht, daß in der Dar⸗
bietung des Kanals zur Schiffahrt gegen Entgel t überhaupt ein Gewerbebetrieb enthalten sein könne. Denn die von ihm in Abrede stellte Thätigkeit besteht in der Herstellung und Unterhaltung des anals in einem zur Benutzung durch Schiffahrt geeigneten Zustande d in der Darbietung des Kanals zu diesem Zwecke. Uebte er diese
vbätigkeit in der Absicht aus, um sich durch die von den Schiffahrt⸗ nreibenden für die Benutzung des Kanals zu zahlende Vergütung eine dauernde Erwerbsquelle zu eröffnen, so würde einer derartigen fortgesetzten, auf die Erzielung von Gewinn gerichteten Thätigkeit der Charakter des
erbebetriebes und dem Kanal die Eigenschaft einer gewerblichen Anlage nicht unbedingt abgesprochen werden können. Aber ebensowenig besteht
eine rechtliche Nothwendigkeit, in der bloßen Gestattung der Be⸗
ört gegen
nutzung des Kanals zur Schiffahrt gegen Entgelt unbedingt einen Gewerbebetrieb zu erblicken. Ein ssolcher liegt vielmehr nur unter der Voraussetzung vor, daß der Hauptzweck des Unternehmens auf die Erzielung des Gewinns gerichtet ist, nicht aber auch in dem Falle, wenn der Hauptzweck des Unternehmens ein ganz anderer ist und dabei die Erzielung eines Gewinns nur zufällig erfolgt oder nur beiläufig und nebensächlich erstrebt wird. Däsen für die Entscheidung der Sache wesentlichen Gesichtspunkt übersieht die Regierung, wenn sie den Be⸗ schwerdeführer unter allen Umständen, also auch unter der Voraus⸗ setzung für gewerbesteuerpflichtig erachtet, daß er, wie er ausdrücklich einwendet, den Kanal in erster Linie zu Entwässerungszwecken an⸗ Felegt habe und unterhalte. Denn, wenn dies richtig ist, so dient der
anal in der Hauptsache landwirthschaftlichen Zwecken; seine Her⸗ v und Unterhaltung gehört daher nach seinem Hauptzweck zum Betrieb der Landwirthschaft..“ (VI. G. 528/94.)
8
Statistik und Volkswirthschaft.
Ernteertrag der wichtigsten Nährfrüchte für Menschen und Vieh im Jahre 1894.
Zusammengestellt im Kaiserlichen Statistischen Amt.
Staaten
Im Jahre 1894 betrug die Gesammt⸗Erntemenge von
und Weizen
Spelz Gerste Kartoffeln Wiesenheu
V Hafer
Landesthei
Tonnen (zu 1000 kg).
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3 012 271,1 2 994 823,
Deutsches Reich.
8 7 075 019,5 Dagegen im Jahre 1893 .
7 460 383,4
6 Die deutsche überseeische Auswanderung 8 über deutsche Häfen, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam stellte sich zach den Ermittelungen des Kaiserlichen Statistischen Amts im Juni 1895 und im gleichen Zeitraum des Vorjahres folgendermaßen: Es wurden befördert im Juni über I 7656 ö*“ Deutsche Häfen zusammen. be““ “ Amsterdam
8 Ueberh mpt. Aus deutschen Häfen wurden im Juni d. J. neben den vor⸗ genannten 2326 deutschen Auswanderern noch 8450 Angehörige tremder Staaten befördert. Davon gingen über Bremen 5171, Hamburg 3279. “ .“
Zur Arbeiterbewegung. 1 Der diesjährige sozialdemokratische Parteitag wird vom arteivorstand durch eine Bekanntmachung im „Vorwärts“ für die age vom 6. bis 12. Oktober d. J. nach Breslau berufen. Die Lagesordnung soll später bekannt gemacht werden. Vorläufig ver⸗ offentlicht nur die auf dem vorjährigen Parteitag in Frankfurt a. M. gewählte Agrarkommission eine Reihe von Zusätzen zu dem Partei⸗ vrogramm, deren Annahme sie bei dem diesjährigen Parteitag be⸗ antragen wird. In Königsberg i. Pr. ist ein Ausstand der Maler⸗ geh ilfen ausgebrochen. Die Arbeiter beanspruchten, wie der „Vor⸗ wärts⸗ berichtet, bei einem Mindestlohn von 35 ₰ für die Stunde, käglich eine 9 ½ stündige Arbeitszeit statt der bisherigen 10 ½ Arbeits⸗ stunden bei 33 ₰ Loßn für die Stunde. Da die Meister auf diese Porderung nicht eingingen, so legte der größte Theil der Gehilfen die Arbeit nieder. Aus Halle a. S. wird der ver.. geschrieben: Zur Bei⸗ egung des Maurerausstandes (vergl. Nr. 164 d. Bl.) hat sich das hiesige Gewerbegericht bereit erklärt, als Einigungsamt zu zungieren, und die Arbeitnehmer haben sich bereit erklärt, das ewerbegericht als Einigungsamt anzuerkennen. Von den rbeitgebern dürfte ebenfalls eine Zustimmung zu erwarten sein. in Theil der S hat nach und nach übrigens bereits die benderungen der Gehilfen bewilligt. In den Ausstand eingetreten sind Dor Maurer, von denen bisher 130 den geforderten Lohn auf die 8 zer zugesagt erhalten haben, außerdem etwa 350 Maurer⸗Arbeits⸗ te und 200 Zimmerer. Nicht theilgenommen am Ausstand haben
Maurer. sta r Plauen i. V. berichtet die „Geraer Ztg.“ Der Aus⸗ zaht der Maurer nimmt einen immer größeren Umfang an. Die
der Ausständigen beträgt schon über 400. Die Agitatoren ver⸗ 8 8
5 250 152,2
426 638,7 1 3 242 313,2
423 151,6
2 432 912,7 29 049 237,8 1 946 943,8 32 277 851,0
suchen die Zimmerleute und Handarbeiter mit in den Ausstand herein⸗ zuziehen.
Hier in Berlin fand am Sonntag eine Maurerversamm⸗ lung statt, die, einer Mittheilung der „Voss. Ztg.“ zufolge, nochmals untersuchen sollte, ob es möglich sei, zur Erringung besserer Lohn⸗ und Arbeitsverhältnisse in einen größeren Ausstand einzutreten. Da nur etwa 120 Personen erschienen waren, wurde in eine Erörte⸗ rung der Lohnfrage gar nicht eingetreten, vielmehr beschlossen, die Mißstände auf den einzelnen Bauten in einem Flugblatt zu ver⸗ öffentlichen und späteren Versammlungen die Bestimmungen über einen allgemeinen Ausstand vorzubehalten.
In Grottau in Böhmen haben über 400 Arbeiter der mechanischen Weberei von Siegmund Goldschmiedt wegen niedriger Löhne die Arbeit niedergelegt.
Kunst und Wissenschaft.
Durch die Munifizenz Seiner Majestät des Kaisers und Königs ist das hiesige Königliche Zeughaus in den Besitz der Waffen⸗ sammlung des Herrn von Berthold in Dresden gelangt. Die Aufstellung ist derartig angeordnet, daß dem Publikum die Ent⸗ wicklung der einzelnen Waffenarten an der Hand der beigefügten Er⸗ läuterungen vorgeführt wird. Die Hauptstücke der Sammlung bilden drei kostbare Rüstungen von silberglänzendem Eisen. Da ist zunächst ein ganzer Feldharnisch, wie er um 1550 in Deutschland üblich war. Die wunderschön herausgetriebene Brust zeigt oben einen reich ornamentierten Fries, darunter einen Kruzifixus mit betendem Ritter, in der Art des Lucas Cranach. Diesem reiht sich eine Dreiviertelrüstung mit gerippter Kugelbrust frühester Form an, ein hervorragend schönes Stück von silber⸗ glänzendem Eisen aus der Zeit um 1500. Der dritte Feldharnisch ist von blankem Eisen mit getriebenen Wülsten und Cannelüren an allen Rändern; die Brust ist mit großen, ihrer Bedeutung nach noch nicht fest⸗ gestellten Wappen und einem Kruzifixus nebst kniendem Ritter geziert. Von den Eisenkappen ist ein Morion mit aus zwei Theilen zusammen⸗ gesetztem übergroßem Kamm zu erwähnen (17. Jahrhundert); weiter eine Eisenkappe von orientalischer Form, wie solche über Polen nach Deutschland kam und in allen Heeren von der leichten Reiterei ge⸗ tragen wurde, während alle übrigen Panzertheile bereits abgelegt waren; eine Sturmhaube mit Halskragen, bei der das Scheitelstück sehr schön in eine Spitze ausgetrieben ist, die Ränder mit gebügeltem Ornament; eine Sturmhaube mit hohem Kamm und wunderbar geätzten Ornamenten, Blumen, Trophäen und Köpfen. Es folgten eine Anzahl gothischer Schwerter, darunter zwei mit achtkantigem bezw. birnenförmigem Knauf; ein venetianisches Schwert und ein Korbschwert aus dem 16. Jahrhundert. Sehr schön ist ein Schwert mit ziseliertem, vergoldetem Bronzegriff; die ausge⸗ zeichnete Klinge mit tiefen Blutrinnen und durchbrochen, trägt die Inschrift: Vienna me fecit. 1600. Besonders reich ist die Samm⸗ lung an schönen Helmbarten (Hellebarden). Unter den italienischen Stuͤcken dieser Art befindet sich (aus dem Besitz des Grafen Borghese
direkt erworben) eine kostbare Glefe der Trabanten des Papstes Paul V. von überaus schöner Gold⸗ und Silbertauschierung, verziert mit dem Waxpen der Borzhese, päpstlichen Insignien, Kronen und feinsten Goldmauresken; ferner eine Gleve der Trabanten des Rektors der Republik Ragusa mit dem granierten Stadtwappen aus dem 16. Jahrhundert. Weiter ist eine solche mit vergoldeten Ornamenten und der berühmten Waffenmarke des Mailänder Skorpion zu erwähnen, dann ein Spieß mit Streit⸗ kolben und drei Kriegshelmbarten, darunter eine mit dem Zeichen von Basel, aus dem 15. bis 16. Jahrhundert. Unter den Spießen findet man einen Trabantenspieß aus der Zeit Kaiser Ferdinand's I.; er zeigt auf dem Spießblatt den Reichs⸗ adler, das goldene Vließ, das burgundische Kreuz und die Buchstaben K. F. 1558. Zwei deutsche Helmbarten, sogenannte „Kriegshippen“, aus dem 15. Jahrhundert, sind mit spießförmig auslaufendem Beil und Stachel versehen, um den Reiter vom Pferde zu ziehen; eine Helmbarte mit blattförmigem Doppelbeil, zwei Streitäxte mit langen, zungenartigen Messern; drei Streitäxte, von denen eine einen Kelch und den hussiti⸗ schen Feldruf: bug s nami (Gott mit uns) zeigt. Hervorzuheben sind dann noch drei Tschinken, die um 1550 berum auftreten, mit Kurländer Schloß, dem ältesten Radschloß, Schaft und Kolben mit Gold, weißem und grüngefärbtem Perlmutter ausgelegt, die Läufe mit Messing plattiert und garniert; weiter eine Pulverprobe in Pistolenform, zwei Pulverhörner und eine Pulbverflasche. Ein merkwürdiges Stück ist eine Lanzenspitze vom feinsten Stahl in der Art der sog. Lanze des heiligen Mauritius im Kron⸗ schatz des österreichischen Kaiserhauses; ferner ein höchst seltenes Stück aus dem 17. Jahrbundert, ein kurzes, wundervoll gearbeitetes Schwert, dessen Klinge mehrere lateinische Inschriften und Gravierungen trägt. Interessant sind noch ein gothischer, fünfkantiger Dolch mit der Inschrift: „Sancta Maria, hilf mir“, aus dem 14.— 15. Jahrbundert, drei italienische Spitzdolche, ein türkischer Dolch (Handjar) mit trefflich ziselierten Silberornamenten, ein altes Dolchmesser mit Klinge, ein Panzerbrecher als Waffe für das Handgemenge aus dem 14. Jahrhundert und zwei Feuersteinäxte von ungefähr 1500 v. Chr. Nicht minder endlich die Sammlung der Sporen und Steigbügel, welche deren Entwicklungsgang von den Ur⸗ anfängen an vor Augen führt.
— Der „Anzeiger“ des Germanischen National⸗Museums in Nürnberg theilt über neu angemeldete Jahresbeiträge und Stiftungen für die Anstalt Folgendes mit: Seine Majestät der Kaiser Franz Joseph von Oesterreich hat die seither gewährten Jahresbeiträge von 1000 ℳ für die allgemeinen Zwecke des Museums und von 1000 ℳ für die Beschaffung von Denkmälern des Habsburg⸗Lothringischen Kaiserhausfes auf fünf Jahre weiter bewilligt. Fürst Karl Egon zu Fürstenberg hat seinen Jahresbeitrag von 50 auf 100 ℳ erhöht. Die Aeltesten der Kaufmannschaft von Berlin übersandten einen einmaligen Betrag von 200 ℳ; Kommerzien⸗ Rath Ludwig Gerngros in Nürnberg spendete die Summe von 625 ℳ zum Ankauf eines sehr seltenen Ornamentstiches von M. Schongauer, und Fabrikbesitzer Joseph Bach in Nürnberg den Betrag von 200 ℳ eben⸗ falls zu Erwerbungen für die Sammlungen. E. Bassermann⸗Jordan, Kommerzien⸗Rath und Gutsbesitzer in Deidesheim, hat auch für 1895, wie schon seit einer Reihe von Jahren, dem Museum die Summe von 200 ℳ gespendet. Ferner haben, gleichwie kürzlich in Freiburg, jetzt auch in Pforzheim und Straßburg sich eine Anzahl Freunde des Museums zusammengethan und in besonderen Aufrufen ihren Mit⸗ bürgern die Förderung der nationalen Anstalt ans Herz gelegt. Sämmt⸗ liche Sammlungen des Museums haben durch Ankäufe und Geschenke in den letzten Monaten mannigfachen Zuwachs erhalten. Für das Archiv wurden zahlreiche Originalurkunden angekauft, darunter eir Diplom Kaiser Otto's III. für die bischöfliche Kirche zu Parma, wo⸗ durch er derselben Borgo S. Donnino, die Abtei Berceto, die Stadt Parma und die Rechte eines Königsboten in ihren Besitzungen be⸗ stätigt (datiert Quitiliniburg, 5. April 989), ferner ein Privileg Kaiser Heinrich's VI. für Bischof Aldebrandus von Volterrae, betreffend die Wahl eines Vogtes (datiert Mediolani, 2. November 1187) — In den dem „Anzeiger“ für Mai⸗Juni 1895 (Nr. 3) beiliegenden „Mittheilungen“ wird ein interessanter Brief Sebastian Schertlin’s von Burtenbach an den Kaiser Karl V. zum ersten Mal veröffentlicht. Der Inhalt bezieht sich auf die Thätigkeit des berühmten Landsknechts⸗ führers im schmalkaldischen Kriege, wegen welcher der Kaiser ihm aufs höchste grollte, und sucht in Form einer Bittschrift den Kaiser zu versöhnen. Ein zweiter Beitrag betrifft das dem Museum gehörige Gemälde, welches die Krönung Friedrich's III. durch den Papst Nikolaus V. (19. März 1452) darstellt. Das in seiner Art seltene und kulturgeschichtlich wichtige Werk wird durch eine beigefügte Lichtdrucktafel veranschaulicht. Weder über den Autor noch über den Besteller hat sich bisher etwas er⸗ mitteln lassen; wahrscheinlich ist das Gemälde der Schule des Dirk Bouts zuzuweisen. Der letzte Aufsatz sucht einen Einblick in die umfangreiche Sammlung (3800 Blätter) alter Stadtpläne, Prospekte und Ansichten zu geben, welche im Kupferstichkabinet des Germanischen
Museums aufbewahrt werden.
Handel und Gewerbe.
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. 8 An der Ruhr sind am 15. d. M. gestellt 11 117, nicht rechtzeitig gestellt 155 Wagen. In Oberschlesien sind am 13. d. M. gestellt 2839, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen.
Ausweis über den Verkehr auf dem Berliner Schlachtvpiehmarkt vom 13. Juli 1895. Auftrieb und Markt⸗ preise nach Schlachtgewicht mit Ausnahme der Schweine, welche nach Lebendgewicht gehandelt werden. Rinder. Auftrieb 3257 Stück (Durchschnittspreis für 100 kg) I. Qualität 120 — 122 ℳ, II. Qualität 110 — 116 ℳ, III. Qualität 94 — 106 ℳ, IV. Qualität 86 — 90 ℳ — Schweine. Auftrieb 6779 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) Mecklenburger 94 ℳ, Landschweine: a. gute 90 — 92 ℳ, b. geringere 84 — 88 ℳ, Galizier —,— ℳ, leichte Ungarn —,— ℳ bei 20 % Tara, Bakonyper — ℳ bei — kg Tara pro Stück. — Kälber. Auftrieb 1416 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) I. Qualität 1,10 — 1,20 ℳ, II. Qualität 1,02 — 1,08 ℳ, III. Qualität 0,94 — 1,00 ℳ — Schafe. Auftrieb 22 929 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) I. Qualität 1,04 — 1,14 ℳ, II. Qualität 0,96 — 1,00 ℳ, III. Qualität —,— ℳ
— Die Rhein.⸗Westf. Ztg.“ berichtet vom rheinisch⸗west⸗ fälischen Eisen⸗ und Stahlmarkt: Die festere Haltung des rheinisch⸗westfalischen Eisenmarkts hat in der letzten Woche ange⸗ dauert, und die Stimmung ist im Ganzen eine zuversichtliche. Man glaubt, daß, wenn der jetzige flottere Absatz anhält, binnen kurzem auch die Preise einen Anlauf nehmen werden. Bis jetzt ist es noch sehr schwer, Mehrforderungen durchzusetzen. Es gelingt dies nur für sehr wenige Artikel. — Im Absatz von Eisenerzen ist bisher keine Aenderung eingetreten; die Nachfrage in einheimischen Eisen⸗ erzen ist noch ziemlich schwach, dagegen kommt jetzt mehr aus⸗ ländisches Erz auf den Markt. Luremburg⸗Lothringer Minette hält sich bei stetigem Absatz ziemlich gut im Preise. — Das Roheisen⸗ geschäft ist noch ziemlich still; einzelne Sorten sind zwar verhält⸗ nißmäßig lebhaft gefragt, doch ist im allgemeinen die Kauflust noch nicht sehr groß. Die feste Haltung des Walzeisenmarktes hat nichts⸗ destoweniger guͤnstig auf die Stimmung eingewirkt, und es ist möglich, daß, wenn die Nothwendigkeit, den Bedarf für das letzte Vierteljahr zu decken, an den Markt tritt, kleine Preiserhöhungen durchgesetzt werden können. Die Lagervorräthe haben in letzter Zeit keine weitere Zunahme erfahren. — Auf dem Walzeisenmarkt ist die Lage im Ganzen unverändert geblieben. Die Preise sind für einige Erzeugnisse noch fester geworden, hie und da wird auch etwas mehr erzielt; aber es besteht noch das frühere Mißverhältniß zwischen den Notierungen und den Gestehungskosten. Der Absatz hat sich seit der abgelaufenen Woche
ziemlich chen Höhe gehalten. Stabeisen war in der