1895 / 175 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 25 Jul 1895 18:00:01 GMT) scan diff

Seine Excellenz der Staats⸗Minister und Minister der geist⸗ lichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten D. Dr. Bosse, nach Vorarlberg;

Seine Excellenz der Staats⸗Minister und Minister für

Landwirthschaft, Domänen und Forsten eiherr von Hammerstein⸗Lorxten, nach der Provinz Schleswig⸗Holstein.

Aiichtamtliches. Dentsches Reich. Preußen. Berlin, 25. Juli. 8

Die Ergebnisse des Reichshaushalts für das Etatsjahr 1894/95 haben sich nach dem Finalabschluß der Reichs⸗Hauptkasse, abgesehen von den auf außerordentliche Deckungsmittel angewiesenen Ausgaben, im Vergleich zum Etat in runden Summen,, wie folgt, gestaltet.

Für das Reichsheer sind bei den Kontingents⸗ verwaltungen von Preußen, Sachsen und Württemberg an fortdauernden Ausgaben (mit Einschluß der 8 Verwaltungen angehenden Titel des allgemeinen Pensionsfonds) 276 000 und an einmaligen Ausgaben 304 000 weniger erforderlich gewesen. An Einnahmen sind im Bereiche der Militär⸗ verwaltung 286000 mehr aufgekommen. Beim Reichs⸗ heer stellt sich hiernach das Gesammtergebniß gegen den Etat um 866 000 günstiger. An der Naturalverpflegung, der Bekleidung und Ausrüstung der Truppen, im Medizinalwesen und bei den Wohnungsgeld⸗ zuschüssen sind erheblichere Ersparnisse gemacht, welchen indeß Mehraufwendungen beim Remontewesen, zu Reisekosten und Tagegeldern, Vorspann⸗ und Transportkosten, beim Artillerie⸗ und Waffenwesen und beim allgemeinen Pensionsfonds gegen⸗ überstehen.

Die Ausgaben der Marine, einschließlich ihres Antheils am allgemeinen Pensionsfonds, haben den Voranschlag um 490 000 überschritten.

Beim Auswärtigen Amt sind 1 115 000 ℳ, bei den Fonds des Reichsschatzamts 1 818 000 und beim Neichs⸗Invalidenfonds 525 000 mehr erforderlich ge⸗ wesen. Im Ressort des Reichsamts des Innern sind im wesentlichen durch den Minderbedarf zu Unterstützungen an Familien der zu Friedensübungen einberufenen Mannschaften 480 000 und bei der Reichsschuld 2 764 000 ℳ, hauptsächlich infolge des Umstandes, daß die Anleihe nicht in dem vorausgesetzten Maße zur Ausgabe gelangt ist, erspart worden. Die übrigen bei den Hauptabschnitten der Ausgabe eingetretenen Abweichungen vom Etat ergeben noch einen Minderbedarf von 216 000 Im Ganzen bleiben die Mehrbedürfnisse bei den hier in Betracht gezogenen Ausgabefonds des ordentlichen Etats hinter den dort vorgekommenen Ersparnissen um 79 858,30 zurück.

Die Zölle und die Tabacksteuer, von deren Ertrag der Reichskasse nur der feste Antheil von 130 000 000 verbleibt, haben gegen das Etatssoll 13 224 000 mehr eingebracht, wovon 12 976 000 auf die Zölle und 248 000 auf die Tabacksteuer entfallen. Bei den den Bundesstaaten im vollen Reinertrag zustehen⸗ den Steuern sind gegen den Etat aufgekommen: bei der Verbrauchsabgabe für Branntwein 492 000 weniger, bei den Stempelabgaben für Werth⸗ papiere ꝛc. 14 678 000 mehr. Diese Abweichungen von der etatsmäßigen Voraussetzung finden im Reichs⸗ haushalt ihren Ausgleich durch entsprechende Ver⸗ änderung der unter den Ausgaben angesetzten Ueber⸗ weisungen an die Bundesstaaten. Im Ganzen stellen sich die Ueberweisungen auf 382 859 618 ℳ, das sind 27 409 618 mehr als im Etat vorgesehen. Die dem Reich verbleibenden Steuern haben sämmtlich gegen den Etat Mehrerträge ergeben, und zwar die Zuckersteuer 4 966 000 ℳ, die Salzsteuer 1 721 000 ℳ, die Maischbottich⸗ und Branntweinmaterialsteuer 37 000 ℳͤ, die Brausteuer 614 000 ℳ, der Spielkartenstem pel 25 000 ℳ, die Wechsel⸗ stempelsteuer 170 000 ℳ, die statistische Gebühr 77 000 Die Post⸗ und Telegraphen⸗Verwaltung hat mit einem Mehr⸗Ueberschuß von 1 520 000 ℳ, die Reichsdruckerei mit einem solchen von 18000 ℳ, die Eisenbahnver⸗ waltung dagegen mit einem Minder⸗Ueberschuß von 582 000 abgeschlossen. Die Einnahmen aus dem Bankwesen sind um 3 329 000 hinter dem Etatsansatz zurückgeblieben. An verschiedenen Verwaltungsein⸗ nahmen sind 1 230 000 (mit Einschluß der oben erwähnten eigenen Einnahmen der Millitärverwaltung) mehr aufgekommen: desgleichen bei dem Reichs⸗Invaliden⸗ fonds an Zinsen 8000 ℳ, sodaß zur Deckung der oben er⸗ wähnten Metrausgabe bei diesem Fonds eine Erhöhung des Kapitalzuschusses um 517 000 erforderlich war. Außerdem s an Zinsen aus belegten Reichsgeldern, Ueberschüssen aus früheren Jahren und sonstigen Einnahmen 110 000 mehr eingegangen, wogegen an Matrikularbeiträgen die durch den Nachtrags⸗Etat be⸗ willigten 10 400 nicht zur Erhebung gekommen sind.

Im Ganzen sind an ordentlichen Einnahmen, so⸗ weit sie dem Reich verbleiben, im Vergleich zum Etat 7 092 374,78 mehr zur Reichskasse geflossen, und es hat sich nach Heerhane9, der Ausgabe⸗Ersparnisse von 79 858,30 für den Reichshaushalt des Etatsjahres 1894/95 ein Ueberschuß von 7 172 233,08 ergeben.

Landgendarmerie, hat Berlin verlassen. .

Der General⸗Lieutenant von Hoffbauer, Inspekteur der Feld⸗Artillerie, ist hierher zurückg Der Kaiserliche Bots in Paris Graf zu Münster hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Während der Abwesenheit desselben von Paris fungiert der Erste Sekretär bei der Kaiserlichen Botschaft, Legations⸗Rath von Schoen als Geschäftstrager. 8

Der Kaiserliche General⸗Konsul für Egypten, Legations⸗ Rath Freiherr von Heyking hat einen ihm bewilligten Urlaub angetreten. Während der Dauer desselben werden die Geschäfte des General⸗Konsulats in Kairo von dem Legations⸗ Sekretär von Below⸗Saleske wahrgenommen.

In der Ersten und Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers“ wird die vom Reichs⸗ Eisenbahnamt aufgestellte tabellarische Uebersicht der Be⸗ triebs⸗Ergebnisse deutscher Eisenbahnen für den Monat Juni d. J. veröffentlicht, auf welche gestern an dieser Stelle auszüglich hingewiesen wurde. ““

Nach telegraphischen Meldungen an das Ober⸗

der Marine sind S. M. S. „Stosch“, Kommandant Kapitän zur See von Schuckmann, S. M. S. „Hagen“, Kom⸗ mandant Korvetten⸗Kapitän Rosendahl, und S. M. S. „Kaiserin Augusta“, Kommandant Kapitän zur See Lavaud, am 23. Juli von Tanger nach Rabat in See gegangen; die Kreuzer⸗Division, Chef: Kontre⸗Admiral Hoffmann, geht heute von Chefoo nach Kobe in See.

1 ¹

Bayern.

Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin von Luxemburg traf vorgestern Mittag in München ein und setzte alsbald die Reise nach Schloß Hohenburg fort. Nach der „Augsb. Abdztg.“ ist diese Reise durch eine neuerdings eingetretene Verschlechterung in dem Befinden Ihrer Hoheit der Prinzessin Friedrich von Anhalt veranlaßt worden.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach.

Seine Königliche Hoheit der Großherzog traf vor⸗ gestern Abend von Höchstseinem Aufenthalt in Jena wieder in Weimar ein und empfing am Bahnhof Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin, Höchstwelche aus den Nieder⸗ landen zurückkehrte. Die Höchsten Herrschaften haben das Schloß Belvedere bezogen.

Oesterreich⸗Ungarn. 82

Der Minister des Aeußeren Graf Goluchowski hat sich gestern Nachmittag zum Vortrag über die laufenden An⸗ gelegenheiten an das Kaiserliche Hoflager in Ischl begeben.

Das österreichische Herrenhaus erledigte gestern die auf der Tagesordnung stehenden Vorlagen, darunter die⸗ jenigen über die Vermehrung des Fahrparks der Staats⸗ bahnen und die Abänderung des Markenschutzgesetzee.

Großbritannien und Irland.

Bis gestern Nachmittag lagen 593 Wahlresultate vor. Gewählt waren 383 Unionisten, 139 Liberale, 10 Par⸗ nelliten, 59 Antiparnelliten und 2 Kandidaten der Arbeiterpartei. Die Unionisten hatten 98, die Liberalen 18 Sitze gewonnen. Sir Edward Grey und Sir Wilfrid Lawson wurden wiedergewählt.

In Kilrush (Irland) ist es bei den Wahlen zu einem Exceß gekommen. Ein früherer Sträfling, Namens Egan, hetzte das Volk auf. Die Polizei ging gegen die Menge vor, die sich mit Stöcken zur Wehr setzte; viele Antiparnelliten wurden verwundet.

8

1 Frankreich.

Der Präsident Faure begab sich gestern Vormittag in Begleitung des Kriegs⸗Ministers Zurlinden in das Lager von Chalons, um dort artilleristischen Uebungen bei⸗ zuwohnen. Heute wird sich der Präsident nach Havre b geben, wo er einen Monat zu verweilen gedenkt. 8

8 Rußland.

In der Palaiskirche zu Alexandria fand gestern die Taufe der Prinzessin Irina Alexandrowna statt. Als Tauf⸗ pathen wohnten, wie „W. T. B.“ berichtet, der Kaiser, die Kaiserin⸗Mutter, die Königin von Griechenland, sowie die Großfürsten Michael Nikolajewitsch und Georg Michailowitsch der Feier bei.

8 Belgien. Der König besuchte gestern zu Fuß mehrere Straßen der Stadt, um die Facçaden der Häuser zu besichtigen, deren Eigenthümer an einer Konkurrenz für künstlerische Façaden und Schilder theilgenommen hatten. Der König war, dem „W. T. B.“ zufolge, überall Gegenstand begeisterter Ovationen

seitens der zahlreichen Menge.

11““ Türkei. Die Mittheilung der ergänzenden Aufklärungen zu der letzten Note über jene Punkte der Reformvorschläge, welche die Pforte durchfuͤhren will, sollte dem „W. T. B.“ zufolge estern den Vertretern der Mächte übergeben werden. Die gforte soll darin gewisse weitere Zugeständnisse machen, da sie ernstlich wünsche, die armenische Frage von der Tagesordnung abzusetzen.

Das Hauptgebiet der Umtriebe der bulgarischen Banden in Macedonien ist nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Konstantinopel das Gebirge Perim⸗Dagh; die unter Führung Mitrow’s stehende, einige hundert Mann starke Hauptbande soll mit Henry⸗Martini⸗Gewehren bewaffnet sein und augenscheinlich unter militärischer Leitung stehen. In den letzten Tagen hätten abermals mehrere Rencontres stattgefunden. Anfänglich schienen die türkischen Truppen bei der Verfolgung wegen des gebirgigen Terrains große Schwierigkeiten gehabt zu haben, daher sei je ein Bataillon von Seres und Doiran aus zur Verstärkung geschickt worden. Ein Regiment, welches von Janina aus mit vorläufiger Ordre nach dem Vilajet Kossowo entsandt worden sei, sei noch unterwegs. In türkischen Kreisen werde versichert, daß die Truppen bei allen bisherigen Zusammen⸗ stößen erfolgreich gewesen seien; es herrsche in diesen Kreisen die zuversichtliche Hoffnung, daß die Ruhe bald wieder her⸗ gestellt sein werde.

„Einige hundert wegen nicht gemeiner Verbrechen be⸗ strafte Armenier sind amnestiert worden.

* Griechenland. Die Kammer hat den Gesetzentwurf, betreffend die Zurückbehaltung eines Theiles der Korinthenernte PESEerbien. 8

Die amtliche „Srbske Novine“ veröffentlicht ein Com⸗ muniqué, worin die Meldung, der König und die Regierun hätten am Sarge Stambulow's Kränze niederlegen lassen, als erfunden bezeichnet wird.

Das von der Skupschtina angenommene Gesetz, betreffend das Haidukenthum, ist gestern von dem König sanktioniert worden und wird heute in dem amtlichen Blatt veröffentlicht werden.

Der Finanz⸗Minister Popowic hat auf diplomatischem Wege die russische Regierung um ihre Zustimmung zur Einbeziehung der russischen Anleihe von 1876 in die Kon⸗ vertierung ersucht. 8

Bulgarien.

In Sofia eingetroffene Nachrichten von der macedonischen Grenze melden, daß seit einigen Tagen zahlreiche flüchtige Auf⸗ ständische in kläglichem Zustande, zum Theil verwundet, nach Bulgarien zuruͤckkehrten. Dieselben würden sofort ent⸗ waffnet und von dem Grenzgebiet entfernt. Sieben solcher Individuen, die in Sofia angekommen und in das Innere des Landes befördert worden seien, hätten gestanden, daß die Mehrzahl der Banden von den türkischen Truppen, welche in dem aufständischen Gebiet konzentrisch vorzugehen schienen, aufs Haupt geschlagen worden seien. Nach Meldungen aus privater Quelle soll die Mehrzahl dieser Flüchtlinge jener großen Bande angehören, die vor kurzer Zeit einen 2 über eine Kompagnie türkischer Truppen davongetragen habe, aber bald darauf von den Truppen Suleiman Pascha's umzingelt

ichtet worden sei.

.“ Schweden und Norwegen. Der ehemalige norwegische Minister Thorne ha wie „W. T. B.“ aus Christiania berichtet, gestern Abend zum König nach Marstrand begeben. Dem Vernehmen nach bestehe joßt Aussicht auf das Zustandekommen eines norwegischen Ministeriums Thorne.

Amerika.

Aus Havanna wird gemeldet, der Insurgentenführer Maceo habe die Umgebungen von Bayamo verlassen, als die Generale Lachambre und Navarro sich der Stadt genähert hätten. Maceo habe vorher noch versucht, Bayamo zu stürmen, aber ohne Erfolg.

Die brasilianische Regierung hat nach einer Mel⸗ dung des „W. T. B.“ aus Rio de Janeiro von heute zwei Noten an die britische Gesandtschaft gerichtet, um Ein⸗ spruch gegen die Besetzung der Insel Trinidad zu er⸗ heben. Die Regierung bezieht sich dabei auf eine Ordre der britischen Admiralität vom 22. August 1782, auf Grund welcher die Insel zu räumen und an Portugal zurückzugeben sei. Zu derselben Angelegenheit berichtet das „Reuter'sche Bureau’ aus London, daß der Besitztitel Groß⸗ britanniens über die Insel Trinidad aus dem Jahre 1700 herrühre. Damals sei die Insel ohne Einspruch seitens Portugals besetzt worden. Auch Brasilien habe bisher von Amtswegen keine Vorstellung erhoben. Die britische R⸗ gierung sei jedoch bereit, in freundschaftlicher Art über irgend⸗ welche Vorstellungen Brasiliens in dieser Angelegenheit in

Nr. 30 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“, vom 24. Juli, hat folgenden Inhalt: Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten. Zeitweilige Maßregeln gegen Cholera ꝛc. Desgl. gegen Pest. Geburten und Sterbefälle in Preußen, 1893. Statistische Mittheilungen aus Schweden, 1886/90. Aus dem statistischen Jahrbuch von St. Peters⸗ burg, 1892. Gesundheitswesen in Rumänien, 1893. Gesetz⸗ gebung u. s. w. (Deutsches Reich). Steuerfreier Branntwein zur Her⸗ stellung von Parfümerien ꝛc. Schweineseuche ꝛc. Arbeiterinnen in Meiereien ꝛc. Nachtrag zum Arzneibuch. Ausführung des Impfgesetzes. Pocken. (Preußen. Reg.⸗Bez. Minden.) Fleisch nothgeschlachteter ꝛc. Thiere. (Stadt Magdeburg.) Minder⸗ werthiges Fleisch. (Mecklenburg⸗Schwerin.) Fleisch in öffentlichen Schlachthäusern. Fleisch tuberkulöser Thiere. Desinfektion. Viehseuchen. (Anhalt.) Schlacht⸗ vieh⸗Einfuhr. Beaufsichtigung der öffentlichen Schlacht⸗ häuser. (SOesterreich.) Schweineseuche ꝛer. (Nieder⸗ österreich.) Schweinepest. Gang der Thierseuchen in Frankreich, 1. Vierteljahr. Desgl. in Rumänien, 1893. Zeitweilige Maß⸗ regeln gegen Thierseuchen. (Deutsches Reich, Preuß. Reg.⸗Bez. Königs⸗ berg, Mecklenburg⸗Schwerin, Hamburg.) Vermischtes. (Preußen, Baden, Oesterreich.) Geheimmittel. (Belgien.) Aus den Berichten der Provinzial⸗Gesundheits Kommissionen, 1892.) Geburten und Sterbefälle in Aachen, Elberfeld, Wien, 1894. Geschenkliste. Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Aus⸗ landes. Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Großstädte. Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. Witterung.

Beilage: Gerichtliche Entscheidungen auf dem Gebiet der öffent⸗ lichen Gesundheitspflege (Heilpersonal, Kurpfuscher).

Nr. 29a des „Zentralblatts der Bauverwaltung“, herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 24. Juli, hat folgenden Inhalt: Ueber die Verringerung der Nebenspannungen von Fachwerkbrücken durch die Art der Aufstellung. Das neue Lehrerseminar in Graudenz. Vermischtes: Wett⸗ bewerb zur Erlangung von Skizzen für ein Völkerschlacht⸗National⸗ denkmal bei Leipzig. Preisausschreiben für einen Saalbau in Bax⸗ reuth. Wettbewerb für die Erweiterung und den Umbau des Rathhauses in Basel. Neue katholische Kirche in Groß⸗Katz in Westpreußen. Bücherschau. Neue Patente.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Nach § 61 des beginnt die dreimonatliche Antragsfrist mit dem Tage, seit welchem der Antragsberechtigte von der Handlung und von der Person des Thäters Kenntni

gehabt hat. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichsgericht, IV. Strafsenat, durch Urtheil vom 15. Februar 1895 ausgesprochen, daß die „Kenntniß von der Person nicht nothwendig das Wissen des Namens voraussetzt; vielmehr genügt es, daß der Berechtigte eine solche Kenntniß von der Person erlangt hat, welche in den Stand setzt, den Thäter in einer für die Strafverfolgungsbehörde erkennbaren Weise individuell zu bezeichnen; dagegen genügt

nicht ohne weiteres, daß der Berechtigte im stande war, eine Kenntnißsz der Person zu erlangen, thatsächlich aber die Gelegenheit zur Er⸗ langung der Kenntniß nicht benutzt hat.“ „Die Vorinstanz geht dabcn

aus, die Verletzte habe im Sinne des § 61 Str.⸗G.⸗B. eine Ke

Distrikts abliefern müsse.

S der Person des Thäters bereits an dem Tage der stattgehabten Verletzung gehabt, da sie gewußt, 23 er 1. Abend gleich nach stwirthschaft zu

der That in die K.'sche Ga geben hatte, und da glich im stande gewesen wäre, zur Ortspolizeibehörde zu gehen und ihn hier so zu bezeichnen, daß eine vorläufige Festnahme und demnächstige Feststellung seines Namens möglich gewesen wäre. Hieraus folgt jedoch nur, daß die Verletzte, wenn sie sich sofort zur Anzeige und Antragstellung entschlossen hätte, die Kenntniß von der Person des Thäters sich hätte verschaffen können, nicht aber, daß sie in der That solche Kenntniß erlangt hat. Das Gesetz will, daß dem Verletzten die ganze Frist von 3 Monaten zur Berathschlagung und Beschlußfassung darüber freistehen soll, ob er die Strafverfolgung beantragen will. Diese Vorschrift würde illusorisch werden, wenn die Frist schon von dem Zeitpunkt zu laufen begönne, wo der Verletzte sich eine hinlängliche Kenntniß von der Person des Thäters hätte ver⸗ schaffen können, falls er die ihm sogleich nach der That, nicht aber dauernd zu Gebote stehenden Mittel benutzt hätte.“ (4746/94.)

Erfordert der Abschluß eines Rechtsgeschäfts seitens einer Aktiengesellschaft im Interesse der Gesellschaft die Ein⸗ berufung der Generalversammlung (Art. 236 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs: „Die Generalversammlung ist, außer den im Gesetze oder im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich bestimmten Fällen, zu berufen, wenn es im Interesse der Gesellschaft er⸗ forderlich erscheint“), so handeln, nach einem Urtheil des Reichs⸗ gerichts, II. Zivilsenats, vom 28. Mai 1895, die Mitglieder des Vorstandes ihren Pflichten zuwider, wenn sie den Abschluß dieses Rechtsgeschäfts, sofern die Befragung der Generalversammlung aus⸗ führbar ist, ohne dieselbe vornehmen, und sie sind der Gesellschaft schadensersatzpflichtig, wenn aus diesem nach Art. 231 Abs. 2 H.⸗G.⸗B. für die Gesellschaft bindenden Geschäft der Gesellschaft ein Schaden erwächst, es sei denn etwa, daß sie zu erweisen vermöchten, auch die Henfrflnersemmlvng würde, wenn befragt, die Vornahme des Geschäfts beschlossen haben. Die gleiche Verantwortlichkeit trifft die Mitglieder des Aufsichtsraths, welche in Fällen der vor⸗ bereichneten Art das vom Vorstande abgeschlossene Geschäft genehmigen. „Die Annahme des Ober⸗Landesgerichts, daß die Mitglieder des Vorstandes und Aufsichtsraths den Abschluß des Vertrages für vor⸗ theilhaft erachteten und zu dieser Anschauung trotz Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes gelangen konnten, entzieht sich der Nachprüfung in der Revisionsinstanz, ist aber gegenüber der getroffenen Feststellung, daß die gedachten Organe durch Nichtberufung der Generalversammlung sich eine Pflicht⸗ verletzung zu Schulden kommen ließen, nicht geeignet, die ausßesprochene Abweisung der Klage zu rechtfertigen; vielmehr muß unter Berücksichtigung der Festgestellten Pflichtwidrigkeit der Mit⸗ glieder des Vorstandes und des Aufsichtsraths trotz jener ihnen bei⸗ wohnenden Auffassung von der Nützlichkeit des Geschäfts das Gebrauch⸗ machen von der dem Vorstand im Art. 231 Abs. 2 H.⸗G.⸗B. er⸗ theilten Vollmacht für ein Verfahren erachtet werden, welches ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Gesellschaft begründet. Zwar liegt keiner der Fälle vor, welche der Art. 231 Abs. 1 vorsieht: die Vor⸗ standsmitglieder, welche den Vertrag mit dem Fiskus abschlossen, handelten durch diesen Vertragsschluß weder einer Beschränkung ent⸗ gegen, welche ihnen im Gesellschaftsvertrage auferlegt war, noch einer Beschränkung, welche auf einem Beschlusse der Generalversammlung beruhte. Allein diese Beschränkungen der Vertretungsvollmacht sind nicht die einzigen, welche der Vorstand der Gesellschaft gegenüber zu be⸗ obachten hat.. .“ (69/95.)

Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts. Deas preußische Edikt vem 29. April 1772, wonach „erweislich

8 rotzige und ganz inkurable Pferde nicht verkauft, vertauscht

oder verschenkt, ingleichen die zur ferneren Arbeit untüchtig gewordenen Pferde nicht an fremde Scharfrichter verhandelt, sondern an den Scharfrichter oder Abdecker des Distrikts abgeliefert werden müssen“ besteht, nach einem Urtheil des Ober⸗Verwaltungs⸗ gerichts, I. Senats, vom 4. Januar 1895, noch jetzt in Kraft; seine Bestimmungen sind nicht bloß privatrechtlicher, sondern auch polizeilicher Natur und von der Polizeibehörde in Anwendung zu bringen; hinsichtlich der zur ferneren Arbeit untüchtig gewordenen Pferde räumt jedoch das Edikt der Polizeibehörde nur die Befugniß ein, die Veräußerung der Pferde an fremde Scharfrichter zu verhindern, nicht aber die Befugniß, den Besitzer zu zwingen, die Pferde, welche er be⸗ halten oder an andere Personen, als an fremde Scharfrichter, verkaufen will, an den Bezirks⸗Abdecker auszuliefern. Die Polizei⸗ Direktion zu St. hatte dem Fuhrherrn Z. untersagt, zwei stark ab⸗ getriebene Pferde als Zugthiere ferner zu benutzen. Z. leistete dieser Anordnung keine Folge. Hierauf ließ die Polizei⸗Direktion durch einen Sachverstäaͤndigen feststellen, daß die beiden Pferde hochalt und in solchem körperlichen Zustande seien, daß sie als Arbeitspferde nicht mehr zu verwenden und vollständig verbraucht seien, und verfügte

sodann, die Pferde dem Abdecker zu überliefern. Die Pferde wurden

dann noch an demselben Tage auf Veranlassung und in Gegenwart von Polizeibeamten, in Abwesenheit des Z. von Knechten des letzteren einem Gehilfen des Bezirks⸗Abdeckers übergeben, welcher die Pferde tödtete. Z. klagte auf Aufhebung der polizeilichen Anordnung, und der Bezirks⸗Ausschuß erkannte, daß die beklagte Polizei⸗Direktion nicht befugt gewesen sei, die dem Kläger gehörigen Pferde durch den Ab⸗ decker tödten zu lassen. Auf die Berufung der Beklagten bestätigte das Ober⸗Verwaltungsgericht im wesentlichen die Vor⸗ entscheidung, indem es begründend ausführte: Unbedenklich ist davon auszugehen, daß das Edikt noch zu Recht besteht und nicht etwa durch die neuere Gesetzgebung aufgehoben ist. Demgemäß ist es von jeher in der Praxis der Verwaltung zur Anwendung gelangt. Abweichend von den Ausführungen des Vorder⸗ richters ist ferner auch anzunehmen, daß den ö1““ des Edikts nicht bloß eine privatrechtliche Natur zukommt, daß durch die⸗ selben nicht nur die Privatinteressen des Abdeckers und des Fiskus geregelt werden sollen. Vielmehr ist an der Auffassung festzuhalten, daß das Edikt auch gesundheitspolizeiliche Interessen wahrnehmen will... Das Edikt hat der Polizeibehörde keineswegs unbedingt die Befugniß eiugeräumt, zu verlangen, daß der Eigenthümer eines zur ferneren Arbeit gänzlich untüchtig gewordenen Pferdes dieses an den Abdecker des as Ediktverbietet vielmehr nur einmal jedwede rt der Veräußerung kranker, inkurabler Pferde und sodann das Ver⸗ handeln der zur ferneren Arbeit gänzlich ö gewordenen Pferde an fremde Scharfrichter; in beiden Fällen soll der Eigenthümer, der sich der Pferde entäußern will, gehalten sein, die letzteren an den Ab⸗ decker des Bezirks abzuliefern, welcher im zweiten Fall eine billig⸗ mäßige Vergütung zu thun hat. Durch diese Vorschriften ist keines⸗ wegs ausgeschlossen, daß der Eigenthümer inkurable oder arbeits⸗ untüchtige Pferde behalten oder Pferde der letzteren Art an andere Personen, als an fremde Scharfrichter verhandeln darf. Nur versteht sich von selbst, daß das Behalten kranker Pferde dann unzulässig ist, wenn es den betreffenden gesetzlichen oder polizeilichen Vorschriften zuwiderlaufen sollte. Hiernach war auch im vorliegenden Fall als unerläßliche heeeg für das Einschreiten der Beklagten die Thatsache zu erfordern, daß der Kläger ie Veräußerung seiner fest estelltermaßen nicht kranken, sondern gänzlich arbeitsuntüchtigen Pferde in einer ediktmäßig unzulässigen rt vorgenommen hatte oder doch mit solcher Veräußerung umging. Für das Vorhandenfein dieser thatsächlichen JPerehig aeh fehlt es an jedem Anhalt, und erscheint deshalb schon aus diesem Grunde die angefochtene polizeiliche Anordnung unzulässig.“ (I. 10.)

Behufs Veranlagung zur Staats⸗, bezw. Kom⸗ munal⸗Einkommensteuer muß, nach einem Urtheil des Ober⸗ erwaltungsgerichts, II. Senats, vom 8. Mai 1895, zwar der steuer⸗ ichtige Kaufmann zur Erbringung des Ueberbürdungsbeweises im Verwaltungsstreitverfahren seine Handelsbücher dem Gericht erforderlichenfalls auch in wiederholt fortgesetzten Terminen zur

um vier Uhr,

insicht vorlegen, dageg „ihm 1 der Bücher an einen Sachverständigen nicht ange⸗ sonnen werden. „Der § 71 des Landesverwaltungsgesetzes schreibt nur vor, daß die Parteien sämmtliche Beweismittel anzugeben und in der mündlichen Verhandlung, soweit dies nicht bereits geschehen, die schriftlichen ihnen zu Gebote stehenden Beweismittel vorzulegen haben. Das Gericht ist ferner nach § 76 daselbst befugt, den angetretenen oder nach seinem Ermessen erforder⸗ lichen Beweis in vollem Umfange zu erheben. Weitere Vorschriften bezüglich der Beweiserhebung durch Urkunden und namentlich durch Handelsbücher sind nicht gegeben. Die Vorlegung besteht sprach⸗ gebräuchlich darin, daß die Urkunde dem Gericht und dem Gegner zu sachgemäßer Einsicht und Durchsicht vorgezeigt wird, übrigens aber im Besitz des Vorlegenden verbleibt. Allerdings kann weiterhin das Gericht nach § 133 der Zivilprozeß⸗Ordnung auch anordnen, daß die vorgelegten Schriftstücke während einer von ihm zu bestimmenden Zeit auf der Gerichtsschreiberei ver⸗ bleiben. Hier aber ist die Einreichung der Bücher verlangt, um sie beim Eingang dem Sachverständigen zu über⸗ weisen, und auf der Einsendung zwecks einer solchen Ueberweisung oder Aushändigung bestanden worden. Die Kläger müssen zwar zur Erbringung des Ueberbürdungsbeweises die Bücher dem Gerichte erforderlichen Falls auch in wiederholten fortgesetzten Terminen zur Einsicht vorlegen; dagegen kann ihnen die Ueberlassung an den Sach⸗ verständigen aus vorstehenden Gründen nicht angesonnen werden. Zu einem gleichen Ergebniß ist das Endurtheil des Ober⸗Verwaltungs⸗ gerichts vom 23. Februar 1893 bezüglich der Veranlagung zur Staats⸗ Einkommensteuer gelangt, da dieselben Grundsätze durch die Aus⸗ führungsanweisung vom 5. August 1891 Art. 57 I und in einer Ver⸗ fügung des Finanz⸗Ministers vom 28. September 1892 anerkannt worden sind.“ (II. 716.) 111““ ““

Statistik und Volkswirthschaft.

Deutschlands Roheislenproduktion.

Nach den statistischen Ermittelungen des Vereins deutscher Eisen⸗ und Stahlindustrieller belief sich die Roheisenproduktion des Deutschen Reichs (einschließl. Luxemburgs)) im Monat Juni 1895 auf 469 892 t, darunter Puddelroheisen und Spiegeleisen 115 577 t, Bessemerroheisen 41 704 t, Thomasroheisen 242 245 t, Gießerei⸗ roheisen 70 366 t. Die Produktion im Juni 1894 betrug 471 922 t, im Mai 1895 489 629 t. Vom 1. Januar bis 30. Juni 1895 wurden produziert 2 835 364 t gegen 2 649 071 t im gleichen Zeitraum des Vorjahres. 1

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Nürnberg wird dem „H. T. B.“ zum Ausstand der Holzarbeiter gemeldet: Eine stark besuchte Holzarbeiterversamm⸗ lung genehmigte ein Anerbieten des ETE wonach wöchentlich 2 ½ Stunden Verkürzung er Arbeitszeit und eine 10 prozentige Accordlohn⸗Erhöhung eintreten soll. Somit steht das Ende des Eisser'schen Ausstands und der Aussperrung bevor. (Vgl. Nr. 156 d. Bl.)

Aus Przemysl berichtet „W. T. B.“ nach der „N. Fr. Pr.“, daß die Fahl der Ausständigen (vergl. Nr. 174 d. Bl.) 4000 beträgt und Müller⸗, Steinmetz⸗ und Malergehilfen, Bau⸗ und Straßen⸗ arbeiter umfaßt. Militärpatrouillen halten die Ordnung aufrecht.

Einer Pariser Meldung des „W. T. B.“ aus Lens zufolge sind in Ostricourt (Departement Nord) 350 Bergleute ausständig geworden, um eine Lohnerhöhung durchzusetzen.

In Madrid dauert, wie der „Köln. Ztg.“ geschrieben wird, der Ausstand der Bäckergesellen noch fort. Einzelne Meister haben sich damit einverstanden erklärt, den Lohn gegen Wegfall des Essens, der Forderung der Arbeiter entsprechend, um 1 ¾ Fr. zu erhöhen; die meisten verhalten sich aber ablehnend. Der Streit dreht sich hauptsächlich um das Essen, das von den Gesellen als nicht annehmbar bezeichnet wird. Aus den umliegenden Orten sind inzwischen zahlreiche Arbeiter herbei⸗ geströmt, und die Bäckereien werden von der Polizei bewacht. Bis jetzt sind Ausschreitungen nicht vorgekommen. (Vgl. Nr. 166 d. Bl.) Ein in Alcoy ausgebrochener Weberausstand hat ernste Formen angenommen. Zur Aufrechterhaltung der Ruhe sind zwei Kompagnien Infanterie von Alicante eingetroffen. S

Kunst und Wissenschaft.

Ueber die neuere Entwickelung des Zeitsignalwesens in Deutschland werden von seiten der hiesigen Königlichen Sternwarte fol⸗ gende Mittheilungen gemacht: Zu den an den deutschen Seeküsten bereits bestehenden sieben Zeitsignal⸗Stationen ist seit dem 1. April d. J. eine achte, nämlich

im Freihafen zu Bremen errichtete, hinzugekommen. Bekanntlich be⸗

stehen diese Zeitsignale darin, daß auf einem hohen, weithin für die Schiffe sichtbaren Thurmgerüst ein sogenannter Zeitball (eine Kugel von mehr als einem Meter Durchmesser) einige Minuten vor der Signalzeit hochgezogen und dann in dem genauen Zeitpunkt des Signals (12 und 1 Uhr Mittags) durch eine elektrische Auslösung fallen gelassen wird. Der mit der Genauigkeit von Bruchtheilen der Sekunde von seiten der Sternwarten regulierte Beginn dieses Falls wird von den im Hafen liegenden oder die betreffende Stelle der Küste passierenden Schiffen zu einer Kontrole ihrer Chronometer benutzt, 8 berichtigte Angaben zur Ortsbestimmung auf dem hohen Meere ienen.

Bei der Einrichtung des Zeitballes in Bremen ist zum ersten Mal ein neues System zur Anwendung gelangt, welches völlig selbst⸗ thätig die genaue Zeit der Berliner Königlichen Sternwarte auf das

Zeitball⸗Signal überträgt und zwar derartig, daß die elektrische Ver⸗

bindung zwischen der Hauptuhr der Berliner Sternwarte und der Pendeluhr der Zeitsignal⸗Einrichtung in Bremen in der Nacht also zu einer Zeit stattfindet, in welcher der Telegrammverkehr fast ganz ruht, und daß die mittels dieser Uebertragung allnächtlich berichtigte Pendeluhr in Bremen alsdann während des Tages zu den festgesetzten Signalzeiten den Zeitball im richtigen Zeitpunkt selber auslöst. Zur Kontrole wird alsdann von dem fallenden Zeitball noch ein elektrisches Rücksignal gegeben, dessen genauer Zeitpunkt schließlich mit Hilfe einer von derselben Pendeluhr geregelten Vorrichtung aufgezeichnet wird.

Das neue System ist von der hiesigen Gesfellschaft „Normal⸗ Zeit“ entworfen und ausgeführt und arbeitet nach den bisherigen Betriebsergebnissen mit einer befriedigenden Genauigkeit. Die völlige Selbstthätigkeit des Systems wird es vielleicht in weiterer Zukunft ermöglichen, ohne irgend eine merkliche Störung des Telegraphen⸗ dienstes, die sämmtlichen Zeitsignale an unsern Küsten noch einheit⸗ licher und zweckmäßiger als bisher zu regulieren.

Für die Verbreitung genauer Zeitangaben im Lande hat die Königlich preußische Eisenbahnverwaltung seit einiger Zeit auf Grund der Vorschläge eines ausgezeichneten Beamten der Eisenbahn⸗Telegraphie recht vollkommene Einrichtungen getroffen. Ein auf dem hiesigen Schlesischen Bahnhof aufgestellter Zentralapparat vermag jetzt selbst⸗ thätig in sämmtlichen Eisenbahn⸗Telegraphenlinien jeden Morgen um acht Uhr ein auf allen Stationen des Bahnnetzes aufzunehmendes Zeitsignal auszutheilen.

ie Auslösung dieses Signal⸗Apparats geschieht durch eine Uhr, welche von der Gesellschaft „Normal⸗Zeit“ bezw. deren unmittelbarer Vorgängerin im zentralen Uhrenbetriebe geliefert worden ist und von deren Zentrale aus in genauer Uebereinstimmung mit den Zeitangaben der Sternwarte reguliert wird. Die Zentraluhr der genannten Ge⸗ sellschaft wird nämlich selber unausgesetzt durch eine Kabelverbindung von der Sternwarte aus richtig gehalten.

Mit welcher Genauigkeit diese in den Eisenbahn⸗Telegraphenlinien nach den kleinsten Stationen gelangenden selbstthätigen Signale er⸗ folgen, ist vor kurzem durch die Beobachtungen eines Uhrmachers in

en kann ihm die Ueberlassung.

einer kleinen Station Holsteins höchst unbefangen und schlagend erwiesen worden. Dieser Uhrmacher, welcher sich aus wissenschaftlichem Interesse eine sehr genaue astronomische Pendeluhr beschafft hatte und deren Gang durch eigene astronomische Beobachtungen sorgfältig kon troliert, hat vor kurzem wochenlange Vergleichungen der astronomis berichtigten Angaben seiner Pendeluhr mit den alltäglichen Zeit signalen der Eisenbahnlinien mitgetheilt. Aus diesen Angaben geh die große Leistungsfähigkeit jenes ganzen selbstthätigen Systems zweifellos hervor. 88 II“

Der Genauigkeit dieser ignale entspricht die Zuverlässigkeit der Angaben der Bahnhofsuhren noch nicht überall in hinreichen dem Maße. Sicherlich wird der weitere Fortschritt auch in dieser Beziehung der ausgezeichneten Regelung des Signalwesens nachfolgen

Die vorerwähnte Gesellschaft hat auch die Genehmigung erhalten, die Zeitsignale des Eisenbahndienstes in anderen Städten zu selbst⸗ thätigen Uhrenregulierungen zu benaßen und ist dadurch in die Lag versetzt, ihre Einrichtungen, welche sich in Berlin bereits lebhafter An erkennung erfreuen, im Laufe der weiteren Entwickelung auch au andere Städte auszudehnen und daselbst im Anschluß an ihre von de hiesigen Sternwarte richtig gehaltene Zentraluhr genaue Zeitangabe zu verbreiten. 3

Das System, mittels dessen die Gesellschaft „Normal⸗Zeit“ i Berlin bereits eine ansehnliche Zahl von Uhren in öffentlichen Ge⸗ bäuden, Geschäften und Privatwohnungen richtig hält (diese Zahl beträgt schon über 500 und wächst, wenn auch langsam, so doch steti mit jedem Monat), hat vor andern zentralen Regulierungssystemen der Zeitangaben den Vorzug, daß jede an die Zentrale ange schlossene Uhr selbstthätig in regelmäßigen mehrstündigen Zeit intervallen ein Kontrolsignal an die Zentralstelle einsendet. G Signale gewähren der Gesellschaft einen vollen und zweifellose Ueberblick über die Leistungen ihres Systems und damit die Möglich keit, nicht bloß schleunig und meistens auch noch rechtzeitig im einzelne Falle verbessernd einzugreifen, sondern auch die Gesammtleistung de Systems allmählich auf die höchste erreichbare Stufe der Zuverlässig keit zu bringen.

Unter dem Titel „Berlin in farbigen Naturaufnahmen erschien in der Deutschen Verlagsanstalt zu Stuttgart eine Serie vo 20 Ansichten hervorragender Bauwerke, Denkmäler, Plätze, Straßen? aus der Reichshauptstadt. Dieselben sind in dem Ksöniglichen Hof Kunstinstitut von Otto Troitzsch hierselbst mit allen vervollkomm⸗ neten Mitteln der modernen Aquarell⸗Farbendrucktechnik hergestellt un zeigen das erfolgreiche Bestreben, die Schwierigkeiten einer naturgetreue farbigen Wiedergabe der Wirklichkeit zu bewältigen und den Eindruck der bloß getuschten Photolithographie möglichst zu vermeiden. Zu den best⸗ gelungenen Blättern möchten wir die Ansicht des Viktoriaparks mit dem Wasserfall und dem Kriegerdenkmal auf der Höhe des Kreuz berges sowie die innere Ansicht des Mausoleums zu Charlottenbur (welche Nachbarstadt in den Titel mit hineinbezogen worden ist) zählen Aber auch die Bilder von der Kranzler⸗Bauer'schen Ecke, dem Belle⸗ alliance⸗Platz und dem Denkmal Friedrich's des Großen mit der in der Momentaufnahme festgehaltenen lebendigen Straßenstaffage ver⸗ dienen Hervorhebung. In der eleganten Mappe, welche die Bilder umschließt, bilden diese ein sehr gefälliges Souvenir für die Berlin besuchenden Fremden und werden auch als preiswerthes Geschenk (5 Beifall finden.

Der vorgestern in Ligornetto (Tessin) gestorbene Male Spartaco Vela hinterließ, nach einer Meldung des „W. T. B. aus Lugano, der Schweizer Eidgenossenschaft die berühmt Modell⸗ und Gemäldesammlung seines Vaters, des Bild hauers Vela. ““ 8

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs Maßregeln.

Griechenland. Durch Königliche Verordnung vom 10. d. M. ist gegen Herkünft von Alexandrette in Syrien eine fünftägige Beobachtungsquarantän angeordnet worden.

Ostindien. Kalkutta. Vom 9. bis 15. Juni starben 27 Personen an Cholera. 8

Japan. Einer Mittheilung vom 2. Juni zufolge ist die Krank heit unter den in China stehenden japanischen Truppen in bedrohlicher Weise verbreitet; bei der Garde allein sollen in Port Arthur über 500 Todesfälle vorgekommen sein. Es wird befürchtet, daß die be⸗ vorstehende Rückkehr der Truppen eine Weiterausbreitung der Seuch in Japan zur Folge haben wird. 8

Korea. Einer Mittheilung aus Söul vom 17. Juli zufolge ist die Krankheit in Korea zum Ausbruch gekommen.

Brasilien. Einer Mittheilung in Nr. 26 d. „Abstr. of sanit rep.“ zufolge sind in Brasilien im verflossenen Winter und Frühjahr im Ganzen 220 Erkrankungen (und 233 Todesfälle) festgestellt wor den, davon in Rrio de Janeiro im Dezember 1894 6 (5), im Januar 1895 (45), im Februar (105), vom 1. bis 28. März 93 (31), vom 29. März bis 20. April (8), vom 11. bis 18. Mai (1.

Pest. China. Aus Futschau wird nach dem „Abstr. of sanit. rep.“ unter dem 30. April der Ausbruch der Seuche gemeldet.

Gelbfieber. 1b In Havana wurden nach demselben Blatt vom 7. bis 13. Juni 4 Todesfälle bei etwa 6 Neuerkrankungen festgestellt, in Santjago de Cuba vom 2. bis 8. Juni 8 Todesfälle, in Vera Cruz vom 31. Mai bis 13. Juni 9, in Rio de Janeiro vom 5. bis 11. Ma 32, vom 12. bis 18. Mai 30, vom 19. bis 25. Mai 23, in Santos vom 28. April bis 3. Mai 96 Todesfälle. Verschiedene Erkrankungen. Erkrankungen an Masern sind in der Woche vom 7. bis 13. Juli in Berlin 51, Breslau 108, in den Regierungsbezirken Arnsberg 263, Hildesheim 122, Wiesbaden 132, in Lübeck 27, Budapest 42, Edin⸗ burg 36, St. Petersburg 74, Wien 156 gemeldet worden, desgl. an Scha rlach in Berlin 80, Breslau 48, Hamburg 41, Edinburg 46, Kopenhagen 28, London 342 (Fnenne Paris 109, St. Peters⸗ burg 67, Wien 66, desgl. an Diphtherie und Croup in Berlin 132, Hamburg 27, Kopenhagen 32, London 132 (Kranken⸗ häuser), Paris 86, St. Petersburg 40, Wien 46, desgl. an Unter⸗ leibstyphus in St. Petersburg 67.

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Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Kols an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 24. d. M. gestellt 11 676, nicht rechtzeitig gestellt 46 Wagen. 8 In Oberschlesien sind am 23. d. M. gestellt 3960, nicht recht⸗

zeitig gestellt keine Wagen.

Ausweis über den Verkehr auf dem Berliner Schlachtviehmarkt vom 24. Juli 1895. Auftrieb und Markt⸗ preise nach Schlachtgewicht mit Ausnahme der Schweine, welche nach Lebendgewicht gehandelt werden. Rinder. Auftrieb 293 Stück (Durchschnittspreis für 100 kg.) I. Qualität —,— ℳ, II. Qualität —,— ℳ, III. Qualität 92 106 ℳ, IV. Qualität 80 88 Schweine. Auftrieb 5517 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) Mecklenburger 94 ℳ, Landschweine: a. gute 90 92 ℳ, b. geringere 84 88 ℳ, Galizier —,— ℳ, leichte Ungarn —,— ℳ, bei 20 % Tara, Bakonyer —,— bei kg Tara pro Stück. Kälber. Auftrieb 1424 Stück. für 1 g.) I. Qualität 1,16 1,20 ℳ, II. Qualität 1,06 1,98 ℳ, I11. Hualstät 0,96— 1,04 Schafe. Auftrieb 2922 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) IJ. Qualität 1,04 1,16 ℳ, II. Qualität 0,96 1,00 III. Qualität —,— v“