reichischen Kaisers an den Beherrscher des uns so eng ver⸗ bündeten Deutschen Reichs braucht nicht erst scharfsinnig zwischen den Zeilen herausgelesen zu werden; der Monarch spricht es unumwunden aus, daß er die herzlichen Beziehungen unserer Armeen noch enger zu gestalten wünscht. Der Dank, den der Kaiser dem obersten Kriegsherrn Deutschlands für die Einladung zu den Manövern abstattet, die ungewöhnlich zahlreichen Ordensauszeichnungen des Monarchen an die deutschen Würdenträger — alles das soll nur die Auf⸗ richtigkeit dieses Wunsches deutlichst bezeugen. Da dies aber nur eine wachsende Garantie für die Erhaltung des Friedens durch wiederholte warme Betonung der Bundesbeziehungen bedeutet, so begleiten auch alle Völker Oesterreich⸗Ungarns die Aeußerungen des Handschreibens mit freudiger Zustimmung. Der Statthalter von Galizien Graf Badeni ist gestern früh in Wien eingetroffen und hatte im Laufe des Tages eine mehr als zweistündige Unterredung mit dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses Freiherrn von Chlumecky. Heute Vor⸗ mittag wurde Graf Badeni von dem Kaiser in Privataudienz empfangen. 8
Aus Budapest erfährt „W. T. B.“ von unterrichteter Seite, daß die Begnadigung der im Memorandumprozesse verurtheilten rumänischen Agitatoren sich auf sämmtliche Verurtheilten erstrecken werde. Dieser Gnadenakt solle die Auffassung zur Geltung bringen, daß die Regierung hinsichtlich
der nationalen Agitationen jetzt die Lage als beträchtlich ver⸗
ändert und gebessert ansehe.
Großbritannien und Irland.
Mit Bezug auf einen von den St. Petersburger „Nowosti“ veröffentlichten Bericht, dem zufolge die englisch⸗russische Pamir⸗Kommission auseinandergegangen sei, ohne ein Ergebniß zu erzielen, und mit Bezug auf die Be⸗ hauptung der „Nowosti“, daß Rußland keines Abkommens be⸗ dürfe, besonders nachdem England Chitral genommen habe, wird dem „Reuter'schen Bureau“ von maßgebender Seite mitgetheilt, daß die Meinungsverschiedenheit zwischen den britischen und russischen Kommissaren durch An⸗ rufung der beiderseitigen Regierungen bereits beseitigt sei. Außerdem wird hervorgehoben, daß, da ein englisch⸗russisches Abkommen, welches die Grenze festsetze, bereits bestehe, der Behauptung der „Nowosti“, daß kein Vertrag erforderlich sei, ie Grundlage fehle. Es wird ferner erklärt, daß Chitral, welches stets zur englischen Sphäre gehört habe, nichts mit der
Frage zu thun habe.
Frankreich.
Der Präsident der Republik Faure wird sich morgen on Havre nach Fontainebleau begeben. Von dort wird er am 18. September mit dem Minister⸗Präsidenten Ribot, dem Kriegs⸗Minister General Zurlinden und dem Marine⸗Minister Admiral Besnard zum Abschluß der großen Manöver nach Mirecourt reisen.
Rußland. Der Minister des Aeußern Fürst Lobanow⸗Rostowsky
ist gestern Abend von St. Petersburg nach Contrexéville bgereist.
8 Italien.
Der Präsident der Kommission zur Anweisung von Zwangswohnsitzen hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Palermo, in Anwendung des Gesetzes vom Juli 1894, einen Verhaftsbefehl erlassen, infolgedessen zwölf Führer der revolutionären sozialistischen Partei in Haft ge⸗
bracht worden sind. Unter ihnen befinden sich der Fürst Cuto,
sowie der Herausgeber und die Redakteure des Blattes „Riscossa“, welches zu erscheinen aufgehört hat. Drei Per⸗ sonen, gegen welche Zaftbesehle erlassen wurden, waren nicht aufzufinden. Niederlande. Die marokkanische Regierung hat die anläßlich der Beraubung des niederländischen Schiffs „Anna“ geforderte Entschädigung vollständig bezahlt
88* 1““ Belgien. 1“ 1— 9* 1“
Die „Etoile Belge“ will wissen, die Regierung des Unab⸗ hängigen Congostaats habe den General⸗Gouverneur be⸗ auftragt, den Kommandanten Lothaire zu sich zu berufen, damit derselbe vollständige Aufklärungen gebe über die Vor⸗ gänge, die ihn bewogen haben, Stokes vor das Kriegsgericht zu stellen, welches dann gegen diesen die Todesstrafe verhängte.
Türkei.
Der Khedive ist gestern von Konstantinopel abgereist. Die „Politische Korrespondenz“ meldet aus Kon⸗ ntinopel: Das Kriegs⸗Ministerium stehe im Begriffe, die
kürzlich einberufenen 12 Bataillone Redifs der Brigade Uesküb und des Regiments Guemueldschina zu demobilisieren, da die Lage in Macedonien keinen Anlaß zu Besorgnissen biete. Diese Maßregel beweise, daß die von der macedonischen Propaganda in Sofia ausgesprengten Nachrichten über das Auftauchen neuer Banden in Macedonien oder im Vilajet Adrianopel den Thatsachen nicht entsprächen.
Infolge des Ablebens des griechischen Bischofs von Prizren sind, dem „W. T. B.“ zufolge, die serbischen Kreise in Konstantinopel bemüht, das ökumenische Patri⸗ archat zur Erfüllung des durch Dyonis V. ertheilten und während der Anwesenheit des Königs von Serbien in Kon⸗ stantinopel erneuten Versprechens zu veranlassen, den Bischof⸗ sitz mit einem serbischen Kandidaten zu besetzen.
Bulgarien.
DDie „Agence Balcanique“ meldet: Der Korrespondent der „Times“ Bourchier, welcher vor drei Tagen von seiner an⸗ geblichen 2o die er auf Einladung der Regierung geführt hatte (siehe Nr. 213 d. Bl.), zurückgekehrt ist, hat bisher der Regierung über die Ergebnisse suchung keinerlei Mittheilungen gemacht. Bourchier hatte stillschweigend die Aufforderung der Regierung angenommen, eine Untersuchung über seine Behauptungen anzustellen, daß bulgarische Muselmänner verfolgt worden und —₰ von ihnen diesen Verfolgungen zum Opfer gefallen
dieser Unter⸗
seien, wobei ihm von der Regierung die Eskorte, die er ver⸗ langt hatte, bewilligt wurde. Anstatt aber eine Untersuchung über die angeblich gegen die Türken in Bulgarien verübten Grausamkeiten anzustellen, begab sich Bourchier nach Dospat, welches auf türkischem Gebiet gelegen ist und von dem niemals in den Reklamationen der bulgarischen Regierung gegenüber Bourchier die Re ourchier hat also ver⸗
sucht, die Angelegenheit auf fremdes Gebiet sn übertragen. Andererseits wurde auf Befehl der bulgarischen gierung in Hans Bulgarien eine genaue Untersuchung angestellt, welche erg hat, daß in der letzten Zeit zwei Türken getödtet worden seien. Ein Fall ereignete sich in kowo, wo ein reicher türkischer Grundbesitzer in schwerverletztem Zu⸗ stande in seinem Landhause aufgefunden wurde. Vor seinem Tode konnte er als seine Mörder zwei Türken be⸗ zeichnen, die durch das Fenster mehrere Flintenschüsse abgegeben hatten und sich später in die Türkei ügl n konnten. Der zweite Fall ereignete sich in Tschirpan, wo die in zwei Parteien 2 usssscs. Türken vor einem öffentlichen Bade in einen Kampf geriethen, bei welchem einer getödtet wurde. Diese von den Gerichtsbehörden authentisch festgestellten That⸗ sachen lassen keinen Zweifel zu; andere Vorfälle haben sich absolut nicht ereignet. Dänemark.
Die Kaiserlich russische Nacht „Polarstern“ konnte des ungünstigen Wetters wegen erst heute früh 10 ¾ Uhr nach Libau in See gehen. Um 11 Uhr passierte sie die Yacht „Osborne“ mit dem Prinzen von Wales an Bord. Beide Schiffe gaben Salutschüsse ab.
8
Aus Havanna wird gemeldet, daß die Insurgenten das Fort Managnita mittels Dynamits in die Luft ge⸗ sprengt und das Dorf Raselles angegriffen hätten. Letzteres sei von der spanischen Besatzung heldenmüthig vertheidigt worden.
Ausftralien.
Einer in San Francisco eingetroffenen Meldung aus Honolulu zufolge ist die wegen Betheiligung an den Roya⸗ listenaufstand zu fünfjährigem Gefängniß verurtheilte frühere Königin Liliuokalani begnadigt und sämmtlichen aus diesem Anlaß Verbannten, mit Ausnahme der Brüder Ashford, die Rückkehr gestattet worden. 8
Nr. 37 des „Zentralblatts für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 13. September, hat folgenden Inhalt: Handels⸗ und Gewerbe⸗Wesen: Bekanntmachung, betreffend die Ausfuhr der zur Kategorie der Rebe nicht gehörigen
änzlinge. — Bank⸗Wesen: Status der deutschen Notenbanken
nde August 1895. — Konsulat⸗Wesen: Ernennung; Bestellung eines Konsular⸗Agenten; Exequatur⸗Ertheilung. — Polizei⸗Wesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.
Die Nr. 37 des „Zentralblatts der Bauverwaltung“, herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 14. Sep⸗ tember, hat folgenden Inhalt: Amtliches: Dienstnachrichten. — Nichtamtliches: Der Höhepunkt einer Sturmflutb. — Dienstgebäude für die Wasser⸗Bauinspektion in Tapiau. — Die neuen „Handels⸗ reihen“ in Moskau. — Anwendung der Bruchstein⸗Zement⸗Bauweise bei Eisenbahnbrücken. — Vermischtes: Wettbewerb für den Lageplan der 1896 in Kiel stattfindenden Ausstellung der Provinz Schleswig⸗ Holstein. — Bezug der Patentschriften. — Neues Amtsgericht in Demmin. — Besuchsziffer der Technischen Hochschule in Darmstadt im Studienjahre 1894/95. — Klemmgesperre von Vorreiter und Dr. Müllendorf in Berlin. — Bücherschau. “
Entscheidungen des Reichsgerichts. 8
Der Zusatz einer geringen Menge von Ocker zu einer größeren Menge Kaffee, um dem Kaffee ein besseres, gleichmäßiges Aussehen zu geben, ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, I. Strafsenats, vom 11. Februar 1895, nicht ohne weiteres als Nahrungsmittel⸗ verfälschung zu bestrafen. „Richtig ist, daß der in § 10 Nr. 1 des Nahrungsmittelgesetzes vom 4. Mai 1879 vorgesehene Begriff der Verfälschung eines Nahrungs⸗ oder Genußmittels auch dann erfüllt wird, wenn der Waare der Schein einer besseren Beschaffenheit verliehen wird. Unter dieser Beschaffenheit ist aber nicht zu verstehen das bloße Aussehen der Waare ohne Rücksicht auf deren eigenes Wesen; es muß vielmehr das äußere Ansehen den Schluß auf ein besseres Wesen, auf eine Qualität, die mehrwerthig ist als die in Wirklichkeit vorhandene, berechtigt erscheinen lassen. Der Angeklagte hat dem von ihm im gebrannten Zustande verkauften Kaffee einen Zusatz von einem Theelöffel Ocker auf 150 Pfund Kaffee gegeben: einerseits um die Verflüchtigung des Aromas zu verhindern, andererseits um dem Kaffee ein besseres gleich⸗ mäßiges Aussehen zu geben. Der erste Zweck kommt hier nicht in Frage. Aus der zweiten Erwägung aber kann nur der Schluß gezogen werden, daß nicht über das Wesen des Kaffees und seinen Werth getäuscht, sondern daß nur das Ausseben an sich verbessert werden sollte und verbessert worden ist. Der Vorderrichter konnte ohne Rechtsirrthum die Frage, ob der Angeklagte durch den Ockerzusatz dem Kaffee den Schein einer besseren Beschaffen⸗ heit hat verleihen wollen, verneinen und die Revision zieht mit Un⸗ recht den Schluß, daß, weil die Färbung des Kaffees zu dem Zweck vorgenommen worden, um der Waare ein besseres, gleichmäßiges Aus⸗ sehen zu geben, schon deshalb der Waare der trügerische Schein einer höherwerthigen und besseren Beschaffenheit verliehen werden sollte.“ (4996/94.)
— Nur die gewerbsmäßige Benutzung eines fremden Gebrauchsmusters, sei es die Nachbildung des Musters, sei es das Inverkehrbringen, Feilhalten oder Gebrauchen der durch Nachbildung hervorgebrachten Geräthschaften und Gegenstände, ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Strafsenats, vom 8. März 1895, vom Gebrauchsmusterschutz⸗Gesetz vom 1. Juni 1891 unter Strafe gestellt. — N., welcher in seinem landwirthschaft⸗ lichen Betrieb Butter zum Zweck des regelmäßigen Verkaufs erzeugt, hatte ein einem fremden geschützten Gebrauchs⸗ muster nachgebildetes Geräth etwa dreimal in seiner Wirth⸗ schaft gebraucht und mittels desselben Butter hergestellt und einen Theil dieser Butter ebenso wie die anderweitig erzeugte verkauft. N. wurde wegen Vergehens gegen das erwähnte Gesetz, § 10, ver⸗ urtheilt, und seine Revision wurde vom Reichsgericht verworfen, indem es begründend ausführte: „Das Wort „gewerbsmäßig“ in § 4 des Gebrauchsmusterschutz⸗Gesetzes bezieht sich auf sämmtliche Fälle der 1 Schutzrechts, sodaß der Gebrauch eines durch Nachbildung orgebrachten äths nur dann unter § 4 und folge⸗ weise § 10 a. a. O. fällt, wenn es gewerbsmäßig geschieht, während durch einen anderweitigen Gebrauch, insbesondere einen solchen zu häuslichen Zwecken, das Schutzrecht nicht verletzt werden kann. Unter Gewerbs⸗ mäßigkeit ist auch bei der Auslegung dieses Gesetzes eine auf fort⸗ gesetzten Erwerb gerichtete Thätigkeit, demnach aber unter gewerbs⸗ mäßigem Gebrauch jede Benutzung bei dem Betriebe eines Gewerbes zu verstehen. Als Hilfsmittel der gewerblichen Pro⸗ duktion ist ein Apparat verwendet, falls er im Gewerbebetriebe benutzt ist und die mittels desselben gewonnenen Erzeugnisse ehbenso wie die anderen Erzeugnisse des Gewer riebes verwerthet sind. Dies trifft hier zu.“ (4857/94)
C1161“
eist indeß
Die Benachrichtigung von Steuerveranlagungs⸗ Verfügungen an einen Zensiten hat, nach einem Urtheil des Ober⸗Verwaltungsgerichts, II. Senats, vom 3. Juli 1895, gemäß den Vorschriften der Zivil⸗Prozeßordnung über die Zustellungen zu erfolgen, soweit nicht hinsichtlich der kommunalen Steuerheranziehungsverfügungen ortsstatutarische Vorschriften der betr. Kommune über die Form der Benachrichtigung bestehen. Ist die Benachrichtigung nicht in der von der Zivil⸗Prozeßordnung bezw. ortsstatut lc vorgeschriebenen Form erfolgt, so ist es Sache der Steuerbehörde anderweitig den Nachweis zu führen, daß der Zensit bezw. sein Generalbevollmächtigter rechtzeitig von der an⸗ lagung ichtigt worden sei. Die Zustellung der Benach⸗ r g an den Generalbevollmächtigten des Zensiten hat in Abwesenheit des Generalbevollmächtigten an einen zu der Familie desselben gehörenden erwachsenen Hausgenossen oder an eine in dessen Familie dienende erwachsene Person, nicht aber an einen anderen Bediensteten oder Beamten des Zensiten zu erfolgen. — Am 25. März 1893 — also wenige Tage vor dem Ablauf des Steuerjahres 1892/93 — erließ der Magistrat zu Berlin eine Steuerheranziehungsverfügung an den z. Z. nicht mehr in Berlin wohnenden Fürsten X. auf lung einer Gemeinde⸗Einkommen⸗ steuer von 30 100 ℳ pro 1892/93. Die Benachrichtigung war ge⸗ richtet an „den Generalbevellmächtigten der Fürstlich .'schen Domänen⸗ Direktion Herrn Y. zu Z.“ Dieser Brief wurde ausweislich der Zu⸗ stellungsurkunde am 29. März 1893 durch den Postboten zu Z., da der Generalbevollmächtigte selbst nicht in dem Geschäftslokal ange⸗ troffen wurde, dem Fürstlichen Kanzlei⸗Inspektor Herrn N.“übergeben. — Gegen diese Steuerberanziebung klagte namens des Fürsten der General⸗ bevollmächtigte gegen den Magistrat zu Berlin auf Anerkennung, daß der Herr Kläger pro 1892 /93 nicht der städtischen Einkommensteuer unter⸗ liegt, indem er in erster Reihe geltend machte, daß der Fürst bezw. der Generalbevollmächtigte erst im Laufe des April 1893 — also erst im Steuerjahre 1893/94 — Kenntniß von der Heranziehung erlangt habe, diese letztere also im Hinblick auf die §§ 5 und 6 des Gesetzes vom 18. Juni 1840 unwirksam sei. (Ferner machte der Herr Kläger geltend, daß er seinen früheren Woh ein Berlin im Jahre 1892/93 bereits aufgegeben hatte.) eer Bezirksausschuß verurtheilte den Magistrat zu Berlin nach dem Klage⸗ antrage, und die vom Beklagten eingelegte Revision wurde vom Ober⸗Verwaltungsgericht zurückgewiesen, indem es begründend ausführte: „Weder allgemeine, noch speziell für Berlin geltende Vor⸗ schriften bestehen darüber, in welcher Weise die Zustellung von Heranziehungsverfügungen zu erfolgen hat; mithin entscheidet der Grundsatz, daß die Benachrichtigung dann als gehörig erfolgt anzu⸗ sehen ist, wenn diejenigen Vorschriften, welche die Reichs⸗Zivilprozeß⸗ ordnung über die Zustellungen giebt, beobachtet sind. Allein, daß dies geschehen, ist zu verneinn. Daß die Zuste nicht an den Zensiten selbst erfolgt ist, bedarf der weiteren Ausführung nicht. Sie ist aber auch an den Generalbevollmächtigten nicht erfolgt. Das wäre nur dann anzunehmen, wenn bei der Ab⸗ wesenheit des Generalbevollmächtigten das fragliche Schreiben gemäß § 166 Zivilprozeßordnung an einen zu der Familie des General⸗ bevollmächtigten gehörigen erwachsenen Hausgenossen oder an eine in der Familie dienende erwachsene Person ausgehändigt worden wäre. Der Beklagte kann sich auch nicht auf § 169 Abs. 1 Zivilprozeß⸗ nung berufen, weil die Fürstlich F.'sche Domänen⸗Direktion zwar einen Namen trägt, der auf behördliche Eigenschaft hindeutet, in Wahrheit aber keine Behörde ist.“ (II. 1069.) 3
Die Ergebnisse der Arbeiterzählung im Königreich Sachsen in den Jahren 1893 und 1894.
Die Bewegungen, welche sich im Laufe der Zeit hinsichtlich der Zahl der gewerblichen Anlagen wie auch der Arbeiter derselben er⸗ geben, können als vorzügliche Unterlage bei Beurtheilung der Ent⸗ wickelung und der Lage der Industrie eines Landes dienen. Es möge daher hier zunächst eine Zusammenstellung der Zu⸗ bezw. Abnahmen folgen, welche im Königreich Sachsen in Bezug auf die Zahl der ge⸗ werblichen Anlagen und der von diesen beschäftigten Arbeiter in den letzten fünf Jahren eingetreten sind. Die am 1. Mai 1894 vorgenommene Arbeiterzählung ergab nach den Veröffentlichungen des Königlichen Statistischen Bureaus 15 268 gewerbliche Anlagen mit 404010 Arbeitern, während im Jahre 1893 nur 14 808 dergleichen Anlagen mit 394 426 Arbeitern gezählt worden sind, sodaß sich für die Zeit von 1893 bis 1894 bei den gewerblichen Anlagen eine Zunahme von 460 oder 3,11 % und bei den in denselben beschäftigten Arbeitern eine solche von 9584 oder 2,43 % herausstellt In den vier voraufgegangenen Jahren be⸗ trugen die Zunahmen (+) bezw. Abnahmen (—) in Prozenten
bei den 8 Anlagen Arbeiter + 3,26 + 8,45 —+ 2,39 + 0,62 + 0,73 — 1,86
1892 1893. —+— 7,26 + 8,17 „ 1893 1894. + 3,11 + 2,43
Aus dieser Uebersicht dürfte bervorgehen, daß die unbefriedigenden ge⸗ schäftlichen Verhältnisse, welche in den Vorjahren, besonders in der Zeit von 1891 bis 1892, zu beobachten gewesen sind, in den letzten beiden Jahren eine Besserung erfahren haben, die sich namentlich in der Zeit von 1892 bis 1893 bemerklich gemacht und auch in dem letzten Jahr zu einer nicht unerheblichen Vermehrung der gewerblichen Anlagen sowie der Arbeiter Veranlassung gegeben hat.
Das bezüglich der Gewerbebetriebe in der Zeit von 1893 bis 1894 - e 8 sich auf 3,11 % beziffert, 8 i den einzelnen Industriegruppen außerordentli verschiedenes. Es beziffert sich z. B. in dem 8. Textilindustrie, den polygraphischen Gewerben, der chemischen Industrie, der „Metallverarbeitung“ und der „Industrie der Ma⸗ schinen, Instrumente und Apparate“ die Vermehrung der Zahl gewerb⸗ licher Anlagen auf 23,97 bezw. 7,74, 7,71, 6,67, 5,54 und 4,10 %, übertrifft also den auf das ganze Land bezüglichen Durchschnittszuwachs zum theil in sehr erheblichem Maße. Eine Abnahme in der Zahl der Betriebe nur die Industrie der Steine und Erden erfahren. Weitere große Verschiedenheiten in den Veränderungen der Zahl gewerblicher Anlagen ergeben sich, so man die ne Motoren, die mit Dampfkraft arbeitenden und die sich anderer Elementarkräfte bedienenden Anlagen gesondert betrachtet. Während die Zahl der ohne Motoren arbeitenden Betriebe nur um 15 oder 0,40 % gestiegen ist, beträgt die Zunahme bei den mit Dampf⸗ kraft arbeitenden Anlagen 376 oder 6,72 %, und bei denjenigen Be⸗ trieben, welche sich anderer Elementarkräfte bedienen, 69 oder 1,26 %. Hierbei erscheint jedoch die Annahme nicht unberechtigt, daß die Zahl der ohne Elementarkraft arbeitenden Anlagen, welche in der Zeit von 1893 bis 1894 errichtet worden oder im Jahre 1894 durch Ver⸗ mehrung der Zahl ihrer Arbeiter zu dem bisherigen Bestand hinzu⸗ getreten sind, die Zahl 15 wesentlich ü igt. Es wird aber von denjenigen Anlagen, die sich bisher keiner Elementarkraft bedienten, eine größere Anzahl zum Elementarbetrieb, insbesondere zur Benutzung der Dampfkraft, übergegangen sein.
Auch die Zunahme, welche hinsichtlich der Arbeiterzahl für die Zeit von 1893 bis 1894 hervorgetreten ist, und die sich insgesammt auf 9584 oder 2,43 % beziffert, ist bei den verschiedenen Arbeiter⸗ klassen eine verschiedene. Werden die —3⸗ Personen zunächst nach dem Geschlecht getrennt, so stellt sich us, daß die Zahl der männ⸗ lichen Arbeiter um 7900 oder 3,04 % und die der weiblichen nur um 1684 oder 1,25 % zugenommen hat. Noch größere Unterschiede er⸗
von 1889 bis 1890. 1890 „ 1891. 1891 ‧ 1892
1 weibliche
geben sich, wenn man die Altersklassen einer näheren Betrachtung unterzieht und hierbei eine Trennung der Geschlechter vornimmt. Wird zunächst die jüngste Altersklasse, welcke die Kinder unter 14 Jahren umfaßt, berausgegriffen, so zeigt sich, daß die Zahl der Knaben um 575 oder 45,60 % und die der Mädchen um 272 oder 46,26 % abgenommen hat. Dieser außergewöhnlich hohe Rückgang in dem Bestand der in Fabriken ver⸗ wendeten Kinder ist auf die Bestimmungen des Gesetzes vom 1. Juni 1891 zurückzuführen, die hinsichtlich der Kinderarbeit am 1. April 1894 voll in Kraft getreten sind, und nach welchen nunmehr Kinder unter 13 Jahren in Fabriken überhaupt nicht mehr und Kinder über 13 Jahre nur dann beschäftigt werden dürfen, wenn sie nicht mehr zum Besuch der Volksschule verpflichtet sind. In welchem Umfang das in Rede stehende Gesetz auf die Entfernung der Kinder aus den Fabriken und diesen gleichstehenden gewerblichen Anlagen hingewirkt hat, ergiebt sich, wenn der Bestand der am 1. Mai 1890 gezählten, hier in Betracht kommenden Kinder mit dem verglichen wird, welcher sich bei der im Jahre 1894 vorgenommenen Arbeiterzählung ergeben hat. Im ersteren Fall betrug die Zahl der Kinder 12 448. (7846 Knaben und 4602 Mädchen), im letzteren dagegen nur 1002 (686 Knaben und 316 Mädchen), sodaß dieselbe in der Zeit vom 1. Mai 1890 bis 1. Mai 1894 um 11 446 oder 91,95 % abgenommen hat. — Bei den jugendlichen, im Alter von 14 bis 16 Jahren stehenden Arbeitern ist sowohl hinsichtlich der weiblichen als auch der männlichen Personen eine Verminderung in dem Bestande eingetreten. Sie beziffert sich bei den jungen Leuten männlichen Geschlechts auf 110 Köpfe oder 0,61 %, während sie bei den Mädchen die weit höbere Zahl von 1141 Köpfen oder 8,50 % erreicht. Der Rück⸗ gang im Bestande dieser Arbeiterklasse dürfte zum theil darauf zurückzuführen sein, daß mehrfach Unternehmer von der Einstellung jugendlicher Hilfskräfte absehen, um den Be⸗ stimmungen der Gewerbeordnung aus dem Wege in gehen, welche zum Schutze der jugendlichen Arbeiter getroffen worden sind. Stellt man den Bestand an dergleichen Arbeitern für den 1. Mai 1894 demjenigen vom 1. Mai 1890 gegenüber, so ergiebt sich, daß die Zabl der jugendlichen Arbeiter im Alter von 14 bis 16 Jahren von 30 612 auf 30 128 oder um 1,58 % zurückgegangen ist, während die Gesammtzahl der in Fabriken und diesen gleichstehenden Betrieben beschäftigten Arbeiter in der Zeit von 1890 his 1894 eine Zunahme von 369 258 auf 404 010 oder um 9,41 % erfahren hat. — Werden end⸗ lich die erwachsenen, über 16 Jahre alten Arbeiter ins Auge gefaßt, so stellt sich beraus, daß die männlichen Personen in der Zeit von 1893 bis 1894 um 8585 oder 3,56 % und die weiblichen um 3097 oder 2,58 % zugenommen haben. Das immerhin nicht unbeträchtliche Anwachsen des Bestandes der weiblichen Arbeiter dieser Altersklasse, das die durchschnittliche, auf das ganze Land entfallende Zunahme der Arbeiterzahl im Betrage von 2,42 % etwas übertrifft, dürfte nach Lage der Sache zum theil darauf zurückzuführen sein, daß entlassene jugendliche Arbeiter und Kinder durch erwachsene weibliche Personen ersetzt worden sind.
Die Veränderungen, welche die Zahl der in den gewerblichen Anlagen Beschäftigten in der Zeit von 1893 bis 1894 erfahren bat, sind indeß bei den einzelnen Industriegruppen sehr verschieden. Be⸗ sonders bohe Zunahmen des Bestandes der Arbeiter, und zwar ab⸗ solut wie auch prozent ual, ergeben sich sür die „Industrie der Ma⸗ schinen, Instrumente und Aprarate“, für die „Metallverarbeitung“ und für die „Industrie der Bekleidung und Reinigung“, wo ein Anwachsen der Arbeiterzahl um 2300 oder 4,75 % bezw. um 1685 oder 7,65 % und um 1328 oder 6 83 % eingetreten ist. Eine Ab⸗ nahme des Arbeiterbestandes weist nur die chemische Industrie auf; sie beziffert sich auf 3,90 %. — Hinsichtlich der unter 14 Jahre alten Mädchen ergeben alle Gewerbegruppen, bei denen solche Arbeitskräfte anzutreffen sind, mit Ausnahme der „Industrie der forstwirthschaftlichen Neben⸗ produkte“, wo der Bestand von 2 unverändert geblieben ist, Abnahmen. Aehnlich liegt die Sache bezüglich der Knaben dieser Altersklasse; auch hier ergeben alle Industriezweige mit Ausnahme der eben genannten Gruppe, wo der Bestand an Knaben von 2 auf 5 gestiegen ist, einen Rückgang in der Zabl der kindlichen Arbeitskräfte. — Bei den jugend⸗ lichen Arbeitern im Alter von 14 bis 16 Jahren, und zwar bei denen männlichen Geschlechts, weisen der Bergbau und das Hüttenwesen, die chemische Industrie, die Industrie der forstwirthschaftlichen Neben⸗ produkte, die Textilindustrie, die Papier⸗ und Lederindustrie, die In⸗ dustrie der Nahrungs⸗ und Genußmittel und die polygraphischen Ge⸗ werbe Abnahmen auf, wäbrend im übrigen ein Anwachsen der Zahl dieser Arbeiter eingetreten ist, das indessen nur in der „Metall⸗ verarbeitung“ und der „Industrie der Maschinen, Instrumente und Apparate“, wo eine Zunahme von 158 bezw. 157 Köpfen zu verzeichnen ist, einen nennenswerthen Umfang erreicht. Erwas anders liegen die Verhältnisse bei den weiblichen, im Alter von 14 bis 16 Jahren stehenden Arbeitern. In Bezug auf diese Hilfskräfte sind Zunahmen nur in den Industrien der forstwirthschaftlichen Neben⸗ produkte, der Holz⸗ und Schnitzstoffe, im Baugewerbe und im Kunst⸗ gewerbe wahrzunehmen, die sich jedoch nur auf 7 bezw. 12, 2 und und 5 Käpfe beziffern; während bei den hier in Betracht kommenden Betrieben der Industriegruppe „Bergbau und Hüttenwesen“ weibliche Personen dieser Altersklasse überhaupt nicht beschäftigt werden und alle übrigen Gewerbe Abnahmen ergeben, die namentlich bei der Textilindustrie sowie der Nahrungs⸗ und Genußmittelindustrie, wo eine Verminderung des Bestandes dieser Arbeiterklasse um 849. bezw. 111 Köpfe zu verzeichnen ist, hervortreten. — Was endlich die erwachsenen, über 16 Jahre alten Arbeiter anlangt, so ergiebt bezüglich der Männer nur die chemische Industrie eine Abnahme, die sich auf 3 60 % beziffert, während hinsichtlich der Sren außer diesem Industriezweig auch die Holz⸗ und Schnitzstoff⸗ Industrie sowie die polygraphischen Gewerbe Abnahmen in Höhe von 1,45 bezw. 0,92 und 1,32 % aufweisen. Die höchsten absoluten Zu⸗ nahmen in der Zahl der männlichen erwachsenen Arbeiter ergeben die Gewerbegruppen „Metallverarbeitung“ und „Industrie der Maschinen, Instrumente und Apparate“, wo sie 1447 bezw. 1980 Köpfe betragen, während bezüglich der weiblichen erwachsenen Personen die größte absolute Zunahme bei der Textilindustrie anzutreffen ist. Sie beträgt hier 1791 Köpfe, wogegen der Bestand der männlichen erwachsenen Arbeiter dieser Industrie nur um 625 gestiegen ist. Hiernach, sowie im Hinblick darauf, daß die Textilindustrie hinsichtlich der jugendlichen Arbeiter im Alter von 14 bis 16 Jahren sowie der Kinder unter 14 Jahren die höchsten Bestandsziffern aufzuweisen hat, und daß bei ihr erstere in der Zeit von 1893 bis 1894 um 1180 oder 8,10 % und die Kinder um 330 oder 46,09 % abgenommen haben, erscheint die Annahme gerechtfertigt, daß namentlich in dieser Industrie ein Theil der in Abgang ge⸗ kommenen jugendlichen und kindlichen Arbeitskräfte durch erwachsene Personen ersetzt worden ist. —
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9.
In Leipzig hat eine Versammlung der ausständigen Maler⸗ und Lackierergehilfen gestern Kenntniß genommen von dem Antwortschreiben der Innung, nach welchem erst die nächste General⸗ versammlung darüber beschließen soll, ob den Gehilfen vom 1. April 1896 ab ein Mindestlohn von 45 ₰ bei neunstündiger Arbeitszeit zu gewähren sei (vergl. Nr. 219 u. 220 d. Bl.). Die Gehilfenversamm⸗ lung beschloß darauf, den Ausstand fortzusetzen und in weitere Unter⸗ handlungen mit der Innung nicht einzutreten. 1
Hier in Berlin fand gestern eine Versammlung der Stein⸗ bildhauer und Steinmetzen statt, in der über den Ausstand der Steinbildhauer (vgl. Nr. 210 d. Bl.) verhandelt wurde,. Wie die Berliner „Volks⸗Ztg.“ berichtet, wurde mitgetheilt, daß bis jetzt sieben Firmen die siebenstündige Arbeitszeit bewilligt haben, sodaß bei diesen die Arbeit aufgenommen werden konnte. Die Innungsmeister, die meist große Firmen vertreten, verhalten sich sämmtlich ablehnend. Insgesammt haben 135 Bildhauer die Arbeit niedergelegt. Zu unterstützen sind 124 Mann — darunter 72 Ledige und 52 Verheirathete —, nachbem 11 Ausständige abgereist sind. Nach einem Beschluß der Versammlung sehen die S
läufig von einem Ausstand ab, wollen jedoch im nächsten Frühjahre die achtstündige Arbeitszeit eventuell durch einen Ausstand erzwingen.
Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 1. September bis inkl. 7. September cr. zur Anmeldung gekommen: 865 Lebendgeborene, 243 Eheschließungen, 26 Todtgeborene, 828 Sterbefälle.
AKuust und Wissenschaft.
Der Kunstverlag von Richard Bong hierselbst hat das Recht zur Reproduktion des in der Großen Kunstausstellung befindlichen Ge⸗ mäldes von Rudolf Eichstädt erworben, welches unter dem Titel „Für das Vaterland, Tilsit, den 6. Juli 1806“ das Zusammentreffen der Königin Luise mit Napoleon I. schildert. In Holzschnitt sorgfältig wiedergegeben, wird dasselbe nebst dem von Seiner Majestät dem Kaiser Wilhelm II. gemalten Bilde: „Kampf der Panzerschiffe“, den Haupt⸗ schmuck der in dem genannten Verlage erscheinenden „Modernen Kunst’ bilden, die mit diesen patriotischen Kunstgaben ihren zehnten (Jubiläums⸗) Jahrgang würdig einleitet.
— Der russische Minister für Volksaufklärung hat, wie dem „W. T. B.“ aus St. Petersburg gemeldet wird, die Kaiserliche Erlaubniß erbeten, Manuskripte Immanuel Kant's, welche Eigenthum der Universität Dorpat sind, auf einige Zeit nach Berlin zu senden. Die Entsendung der Mannusfkripte erfolgt auf Ansuchen des deutschen Botschafters behufs Unterstützung der Berliner Akademie der Wissenschaften bei der Herausgabe der voll⸗ ständigen Sammlung der Werke Kanttses.
LELOeand⸗ und Forstwirthscha Ernteaussichten in Rußland.
Ueber die diesjährigen Ernteaussichten in Rußland, wie sie sich zu Ende v. M. stellten, gehen uns aus einzelnen Gouvernements folgende Nachrichten zu:
In Kur⸗ und Livland ist fast durchgängig eine gute Mittelernte erzielt worden.
Dagegen kann das Ergebniß in Polen nur als mittelmäßig be⸗ zeichnet werden. Die Qualitat des Korns ist befriedigend, die Menge aber soll nicht viel mehr als die Hälfte einer Mittelernte betragen. Von den Sommersaaten ist Gerste am besten gerathen, das Ernte⸗ ergebniß wird jedoch nur auf zwei Drittel einer Mittelernte geschätzt. Verhältnißmäßig am besten ist die Getreideernte in den links der Weichsel gelegenen Gouvernements ausgefallen.
In Finland wird eine theils mittlere, theils gute Ernte erwartet.
In den Gouvernements Wilna, Kowno und Grodno hat Roggen eine kaum mittelmäßige Ernte ergeben, während die Weizenernte etwas besser ausgefollen ist. Sommergetreide, insbesondere Gerste, verspricht ein gutes Resultat.
Im Südwestgebiet, wo das Getreide unter günstigen Bedingungen eingebracht wurde, hat Winterweizen und Sommergetreide im all⸗ gemeinen eine Ernte über mittel und Roggen eine Mittelernte er⸗ geben. Hierbei muß jedoch berücksichtigt werden, daß die Anbaufläche für Wintergetreide etwas geringer als im Vorjahr ist. Die Qualität des Getreides soll fast durchweg vorzüglich sein.
Im Gouvernement Cherson wird das durchschnittliche Ernte⸗ ergebniß auf über mittel und im Gouvernement Taurien auf mittel geschätzt.
Im Kuban⸗ und Terek⸗Gebiet ist im Durchschnitt eine gute Mittelernte erzielt worden, aus dem Gouvernement Stawropol wird über mangelhafte Qualität Klage geführt. In den Gouvernements Tiflis, Elisabethpol und Erivan war das Ernteergebniß im all⸗ gemeinen gut.
Der internationale Ackerbaukongreß (vgl. Nr. 220 d. Bl.) verwarf gestern, wie „W. T. B.“ aus Brüssel weiter meldet, das Prinzip der Zwangsversicherung gegen Viehsterben, verwies an eine internationale Kommission zur Vorlage an den nächsten Kongreß den Wunsch auf Einführung der gesetzlichen Arbeiterversicherung gegen Krankheit, Unfälle und Invalidität zurück und stimmte einigen Wünschen zu, betreffend die Uebertragung des Eigenthums, die Einführung von Maßregeln gegen den Alkoholismus und die Ent⸗ schädigung der Pächter. Ferner saßte der Kongreß Beschluß über eine größere Anzahl von Anträgen der Sektionen und überwies die Beschluß⸗ fassung über gewisse Vorlagen dem nächsten, zu Budapest abzuhaltenden
. *
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
G Spanien.
Durch ministerielle Verordnung vom 7. d. M. ist für Herkünfte von Tanger eine mindestens dreitägige Beobachtung angeordnet worden, wenn die Schiffe mit reinen Pässen oder mit solchen, welche nur verdächtige Fälle erwähnen, ankommen. Ist aber in den betreffenden Pässen ein wirklicher Cholerafall angeführt, so hat sich das Schiff der Quarantäne zu unterwerfen.
Norwegen. Durch Verordnung der Königlich norwegischen Regierung vom 6. d. M. ist Kleinasien bis auf weiteres für choleraverseucht erklärt worden.
Wien, 13. September. Nach dem offiziellen Cholerabericht fanden am 11. September in Tarnopol zwei Erkrankungen an Cholera statt, von denen eine tödtlich verlief, in Zabaraz 6 Er⸗ krankungen und 7 Todesfälle. “
Handel und Gewerbe.
Vpom oberschlesischen Eisen⸗ und Zinkmarkt be⸗ richtet die „Schl. Ztg.“: Der oberschlesische Eisenmarkt hatte sich auch im Verlaufe der letzten Woche stabiler Verhältnisse zu erfreuen. Die Produktion von Roheisen hielt sich auf der bisherigen Höhe und wurde von den Walz⸗ und Stahlwerken in vollem Umfange ver⸗ braucht. Gießerei⸗Roheisen ist zwar immer noch weniger gut gefragt, doch waren die Verladungen derartige, daß eine Vermehrung der Bestände, über welche übrigens nur ein oberschlesisches Werk in größerem Maße verfügt, nicht stattgefunden hat. Weder für Puddel⸗ noch für Gießerei⸗Roheisen ist eine Preissteigerung zu melden. — Der Walzeisenmarkt verfolgte die steigende Tendenz weiter. Am 16. d. M. findet in Berlin eine Sitzung der vereinigten ober⸗ schlesischen Walzwerke statt, in welcher wegen des flotten Geschäfts⸗ ganges eine weitere Preiserhöhung für Walzeisen beschlossen werden dürfte. Auf die zu neuen Preisen zu stande gekommenen Abschlüsse laufen bei den Werken bereits umfangreiche Spezifikationen ein. In Anbetracht des starken Beschäftigungsgrades werden von den Werken in den seltensten Fällen Lieferfristen unter vier bis sechs Wochen be⸗ willigt, da die Läger fast vollständig geräumt sind und zur Ausfüh⸗ rung der Aufträge nicht mit herangezogen werden können. Die Blech⸗ walzwerke sind namentlich mit Herstellung von Dachblechen derartig in Anspruch genommen, daß sie außer stande sind, die eingegangenen Lieferfristen, auf deren Innehaltung von den Abnehmern wegen der vorgeschrittenen Bausaison bestanden wird, einzuhalten. Ganz bedeu⸗ tend sind die Feinblech⸗Verladungen nach Rußland. Auch die Stahlwerke sind wieder etwas besser beschäftigt, dagegen klagt ein Theil der Maschinen⸗ und Kesselfabriken über unzureichenden Eingang von Aufträgen. Die vor einiger Zeit neu in Betrieb gesetzte Waggonfabrik in Königshütte ist durch Herstellung einer größeren Anzahl Güt wagen für die Staatsbahn mit Arbeit vollauf versehen
Die Röhrenwalzwerke sind nach wie vor gut beschäftigt und bringen namentlich bedeutende Posten Gasröhren zur Verladung; es kommt ihnen das für Bauten anhaltend günstige Wetter ebenso wie den Konstruktionswerkstätten gut zu statten. Für Kleineisenzeug, insbesondere Nieten, hat die Nachfrage in der letzten Zeit stark nach⸗ gelassen, sodaß die Werkstätten theilweise über mangelhafte Beschä ung zu klagen haben. Bei den Draht⸗ und Nägelwerken haben sich die Verhältnisse nicht geändert. — Die Gießereien sind größtentheils ungleich beschäftigt; während einzelne, beso ders die Röhrengießereien, immer noch genügend zu thun haben, klagen die anderen über zu geringen Eingang an größeren Auf⸗ trägen. — Der Zinkmarkt hat sich auch in der abgelaufenen Woche wenig geändert. Die Zinkblechpreise behaupten ihren bisherigen Stand, obwohl die Rohzinknotierungen an der Londoner Börse in der letzten Fit weniger fest waren und um Kleinigkeiten nachgegeben haben inkstaub und Zinkweiß gelangen in vollem Umfange der Pro⸗ duktion zur Verfrachtung. Auf dem Bleimarkte hat sich nichts geändert.
Verkehrs⸗Anstalten.
Der vom 1. Oktober d. J. ab gültige Fahrplan für die der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion Erfurt unterstebenden Eisenbahnlinien entbält gegenüber dem Sommer⸗Fahrplan folgende wesentlichere Aenderungen: A. Neue Züge: Vom Tage der Betriebs⸗ eröffnung Stadtilm—Saalfeld fährt Zug 475, von Saalfeld kommend, ab Arnstadt 5,12, an Erfurt 5,50 und Zug 478 ab Erfurt 7,22, Arnstadt 7,12 bis 7,42⁄ weiter nach Saalfeld. — B. Ausfallende Züge: Die Züge 81 und 82 zwischen Erfurt und Neudietendorf, die
üge 215 und 216 zwischen Eisenach und Korbetha, 219 und 220 zwischen
ipzig und Korbetha und 179 von Eisenach nach Erfurt fallen fort. Die Züge 81 und 82 fallen von Neudietendorf bis Suhl aus und verkehren auf der Strecke Suhl- Ritschenhausen als gemischte Züge. — C. Wesentlichere Aenderungen: Zug 344 verkehrt im Anschluß an den Zug 22 von Merseburg bis Mücheln 27 Minuten früher. Zug 22 fährt unter Aufgabe des Anschlusses in Halle vom Zuge 125 von Magdeburg, aber unter Beibehaltung des Anschlusses von Kottbus bereits 10,28 ab Halle und wird erst in Weißenfels vom Zuge 32 überholt, sodaß die im Sommer vorhandene Verbindung von Leipzig nach Stuttgart — München (Züge 216/78/32) auch im Winter be⸗ stehen bleibt (Züge 216/22/78/32). Der Zug 74 fährt wegen des künftigen Anschlusses in Arnstadt in der Richtung nach Saalfeld von Erfurt vor dem Zuge 26, aber unter Aufnahme des Anschlusses von diesem. Zwischen den Stationen Stadtsulza und Apolda wird die Station „Niedertrebra“ eröffnet, daselbst halten die Züge 26, 24, 22, 28 und 9, 27, 29 Zug 299 Erfurt — Nordhausen erhä wieder die Lage wie im vorigen Winter. Der Zug 298 nimmt den Anschluß vom Zuge 55 in Wolkramshausen auf und fährt deshalb ab Nordhausen 26, an Erfurt 24 Minuten früher als jetzt (Ver⸗ hesserung der Verbindung Hannover —Erfurt. — Zwischen Suhl und Dietzbausen wird die Station Mäbendorf eröffnet, daselbst halten die Züge 74, 76, 72 und 73, 77, 71. Schnellzug 32 erhält wegen des Anschlusses der Strecke Triptis —Lobenstein Aufenthalt in Triptis.
Der Fahrp lan für die Linien der Königlichen Eisenbahn⸗
Direktion Cassel vom 1. Oktober d. J. weicht in folgenden wichtigen Aenderungen von dem bisherigen Sommerfahrplan ab: I. Aus⸗ fallende Sommerzüge. Die Schnellzüge 71 a Göttingen —Elze (—-Ham- burg) und 72a (Hamburg —) Elze -Göttingen; Zug 71a Göttingen ab 2,48, Elze durch 4,01 Nachm.; Zug 72a Elze ab 1.30, Göttingen an 3,01 Nachm. Die Personenzüge 51 a und 62 a zwischen Northeim und Nordhausen Zug 51 a Northeim ab 6,42, Nordhausen an 8,22 Zug 62a Nordhausen ab 2,49, Northeim an 4,43 Nachmittags. II. Wesentliche Zuaverlegungen und Herstellung neuer Anschlüsse. Der Personenzug Nr. 104 von wird bereits 2,47 Nachmittags also 11 Minuten früher als bisber, in Cassel angebracht, um daselbst den Anschluß an Zug 186 nach Warburg zu gewinnen. Zug 182a Bebra-— Cassel fährt in der Zeit vom 1. Oktober 1895 bis 31. März 1896 eine Stunde später als im Sommer. Die bereits seit dem 15. Juli d. J. eingeführte beschleunigte Durchführung der Züge Nr. 183 Warburg— Cassel und Nr. 257 Cassel — Eichenberg zum Anschluß daselbst an den D⸗Zug Nr. 51 Frankfurt — Berlin, sowie die damit verbundene Früherlegung der Anschlußzüge ist in den Winter⸗Fahrplan aufgenommen worden.
„ Der Postdampfer „Rotterdam“ der Niederländisch⸗Amerika⸗ nischen Dampfschiffahrts⸗Gesellschaft ist am 13. Septem ber in New⸗
York angekommen.
Bremen, 13. September. (W. T. B.) Der „Norddeutsche Lloyd“ hat seine Zwischendecks⸗Pafjagierpreise vom 16. September an wie folgt festgesetzt: Nach New⸗York Schnell⸗ dampfer 140 ℳ, Postdampfer 140 ℳ, Rolanddampfer 130 ℳ; nach Baltimore Postdampfer 130 ℳ, Rolanddampfer 120 ℳ für deutsche, 130 ℳ für nichtdeutsche Passagiere. Von New⸗York nach Bremen Schnelldampfer 134 ℳ, Postdampfer 126 ℳ, Rolanddampfer 113 ℳ; von Baltimore Postdampfer 113 ℳ, Rolanddampfer 113 ℳ 8 Bremen, 14. September. (W. T. B.) Norddeutscher
opd. Nachmittags von New⸗York nach der Weser abgegangen. Der Postdampfer „Weimar“ ist am 13. September Nachmittags auf der Weser angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Bayern“ ist am 13. September Nachmittags auf der Weser angekommen.
London, 13. September. (W. T. B.) Der Castle⸗Dampfer „Methven Castle“ ist auf der Ausreise am Dienstag und der Castle⸗Dampfer „Hawarden Castle“ am Mittwoch in Kapstadt angekommen. Der Castle⸗Dampfer „Harlech Castle“ ist auf der Heimreise heute in London angekommen. Der Union⸗Dampfer „Goth'’ ist auf der Ausreise heute von den Canarischen Inseln, der Union⸗Dampfer „Mexican“ auf der Heimreise von Madeira abgegangen.
Kopenhagen, 12. September. (W. T. B.) Von Oktober ab werden mehrere Dampferlinien für den Vieh⸗Export zwischen Esbjerg und den ostjütländischen Städten einerseits und den mit Quarantäne⸗Anstalten versehenen deutschen Plätzen
andererseits eröffnet werden.
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Theater und Mufik.
In Kroll's Theater bringt die Königliche Oper morgen Carl Maria von Weber’s „Freischütz“ unter Kapellmeister Dr. Muck’s Leitung in folgender Besetzung zur Aufführung: Agathe: Fräulein Hiedler, Aennchen: Fräulein Dietrich, Max: Herr Sommer, Kaspar:
Mödlinger, Ottokar: Herr Bulß, Kuno: Herr Krolop, Eremit:
err Stammer, Kilian: Herr Krasa, Samiel: Herr Schmidt, Braut⸗ jungfern: Damen Weitz, Krainz, Deppe. Montag werden „Hänsel und Gretel“ und „Die Puppenfee“ 5
Im Königlichen Schauspielhause geht morgen Shake⸗ speare's „Sommernachtstraum“, folgendermaßen besetzt, in Seene. Feerl. Herr Vollmer, Squenz: Herr Blencke, Puck: Frau Conrad.
räulein Galafrés spielt zum ersten Mal den Oberon. Fräulein
illy Krause gastiert als Titania. Die Mendelssohn’'sche Musik wird unter Mitwirkung der Königlichen Kapelle und Leitung des Musikdirektors Wegener zu Gehör gebracht. — Am Montag findet die Gesammt⸗ aufführung von Friedrich Hebbel's „Nibelungen“ mit „Kriemhilds Rache“ ihren Abschluß. Die Besetzung lautet: Etzel: Herr Ludwig, Dietrich von Bern: Herr Nesper, Rüdiger: Herr Klein, Kriemhild: Fräulein Poppe, Hagen: Herr Molenar.
Das Schauspiel „Die Mütter“ von Georg Hirschfeld, welches im Deutschen Theater am nächsten Dienstag, den 17. d. M., zum ersten Mal in Scene geht, wird in den meisten Rollen von den näm⸗ lichen Darstellern gespielt, welche in dem Werke auf der Freien Bühne
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Der Postdampfer „Willehad“ ist am 12. September