1895 / 222 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 16 Sep 1895 18:00:01 GMT) scan diff

8 Oesterreich⸗Ungarn. Die „Politische Correspondenz“ erfährt, Badeni, welcher die Verhandlungen mit verschiedenen Per⸗ sönlichkeiten über deren Eintritt in das neue Kabinet fortsetze, morgen Abend nach Lemberg zurückkehren und in ungefähr 14 Tagen wieder in Wien eintreffen werde. Die Konstituierung des neuen Kabinets könne also nicht vor Ende dieses Monats erwartet werden. 1 Der Justiz⸗Minister hat, dem „W. T. B.“ zufolge, Er⸗ hebungen wegen der von den Blättern gemeldeten, anläßlich der Wahlversammlungen in Wien vorgekommenen strafbaren Handlungen eingeleitet und die Staatsanwaltschaft angewiesen, die erforderlichen Amtshandlungen vorzunehmwen.

Frankreich.

Der Kriegs⸗Minister, General Zurlinden hat, wie aus Vittel gemeldet wird, gestern den Generalen und den fremden Offizieren, welche den Manövern beiwohnen, ein Diner ge⸗ geben. Der Kriegs⸗Minister gedachte in einem Trinkspruch auf den General Saussier des Erfolgs der Manöver sowie der Fort⸗ schritte der Armee und sandte auch Wünsche nach Madagaskar. Der General Saussier sprach seinen Dank aus und begrüßte die fremden Offiziere.

Rußland.

Der Großfürst⸗Thronfolger, der Großfürst Alexander Michallowitsch und die Großfürstin Tenia Alexandrowna sind gestern in Libau eingetroffen und haben die Reise nach Odessa fortgesezt. .

Ein Kaiserlicher Ukas, betreffend die Gründung des Kuratoriums für Arbeiterhäuser im Reich, ist, wie „W. T. B.“ aus St. Petersburg meldet, veröffentlicht worden. Die Kaiserin Alexandra Feodorowna hat das Kura⸗ torium unter ihre unmittelbare Protektion genommen.

Wie die „Turkestanskija Wiedomosti“ mittheilen, errichtet Rußland ein Konsulat in Turfan im chinesischen Oft⸗ Turkestan. Zum Konsul ist Feodorow ernannt, welcher sich demnächst mit einer halben Sotnie Kosaken als Eskorte dorthin begeben wird.

Italien.

Die Feier des 20. September ist schon vorgestern auf dem Kaäpitol durch eine festliche Vereinigung eingeleitet worden, welcher der Unter⸗Staatssekretär im Ministerium des Innern Galli, als Vertreter des Minister⸗Präsidenten Crispi, und viele Notabilitäten der Stadt beiwohnten.

Schweiz.

Der König und die Königin von Rumänien sind am Sonnabend von der Weinburg bei Rheineck über München nach Wien abgereist. Die Ankunft in Sinaja dürfte am Mittwoch erfolgen.

Dem Bundesrath sind nunmehr die Gesetzentwürfe über die Einführung der Unfall⸗ und Krankenversiche⸗ rung sammt den Motzvenberichten zugestellt worden. Der Bundesrath wird dieselben nach erfolgter Durchberathung der Bundesversammlung in der Dezembertagung vorlegen.

8 xürkei.

Nach einer in Athen eingetroffenen g aus Saloniki ist, wie das „Reuter'sche Bureau“ berichtet, eine bulgarische Bande in der Nähe von Nevrokop in Macedonien eingefallen. Sie wurde von den Türken an⸗ gegriffen, welche einen Lieutenant, einen Trompeter und fünf Soldaten gefangen nahmen. Der Rest der Bande zog sich sodann nach Bulgarien zurü

Serbien.

Der liberale Parteitag hat, wie „W. T. B.“ aus

Belgrad berichtet, Ristic zum Führer der Partei proklamiert.

Ristic hielt eine beifällig aufgenommene Programmrede, worin

er die Bedeutung der macedonischen Frage für die Zukunft erbiens betonte.

Ueber einen Plünderungszug der

Nähe von Nevrokop meldet das macedonische Journal

Pravo“: die Türken hätten an den Bulgaren wegen des Ein⸗ falls am 26. August dadurch Rache genommen, daß eine Bande Baschibozuks die Ortschaft Obidum bei Nevrokop ge⸗

lündert und angezündet habe, wobei zahlreiche Personen zum

pfer gefallen seien; auch in vier anderen Ortschaften sei geplündert worden; die gefangenen Insurgenten habe man am Ort der Gefangennahme oder auf dem Transport ent⸗ hauptet. 13 Gefangene seien auf Befehl Wilmi Paschas nach Saloniki gebracht und nach argen Mißhandlungen getödtet worden. Die „Agence Balcanique“ fügt hinzu, die Hinrichtung von 13 Insurgenten werde auch anderweitig bestätigt.

Asien. Aus Manilla ist in Madrid die amtliche Meldung ein⸗ getroffen, daß eine aus Eingeborenen bestehende Truppen⸗ btheilung auf den Sulu⸗Inseln sich empört und ihren Befehshaber getödtet habe. Der General Blanco habe ich an Ort und Stelle begeben. ““

Afrika.

Nach einer Meldung des „Reuter’'schen Bureau'’s“ aus rass vom 13. September sind sämmtliche Franzosen, welche sich in Jola am Benusfluß niedergelassen hatten, auf Befehl des Sultans von Sokota ausgewiesen und von der Niger⸗Regierung nach Porto⸗Novo gebracht worden. Die Franzosen hätten jedoch noch die Stellung in Ghajebo am

Ostufer des Niger⸗Flusses inne.

Nr. 45 des „Eisenbahn⸗Verordnungs⸗Blatts“, heraus⸗ egeben im Königlichen Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 4. September, hat folgenden Inhalt: Gesetz wegen Abänderung des Gesetzes vom 23. Mai 1873, betreffend die Gründung und Ver⸗ altung des Reichs⸗Invalidenfonds, vom 22. Mai 1895. Aller⸗ höchste Konzessionsurkunde, betreffend den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von Greifswald über Grimmen nach Tribsees durch die Eisenbahn⸗Gesellschaft Greifswald⸗Grimmen, vom 8. Mai 1895. Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten: vom 30. August 1895, betreffend Bestellung des Kommissars für die Ausübung des staat⸗

ichen Aufsichtsrechts über die Eisenbahn von Greifswald über Grimmen nach Tribsees; vom 9. September 1895, betreffend Pensionszuschüsse, Unterstützungen und Beihilfen aus dem Reichs⸗Invalidenfonds. 86

daß Graf

Reichsgerichts.

Klagt eine offene Handelsgesellschaft und löst ich im Laufe des Prozesses die Gesellschaft auf, so treten, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, VI. Zivilsenats, vom 7. März 1895, alsdann ohne weiteres die bisberigen Gesellschafter an Stelle der Gesellschaft als Kläger der anderen 2⸗ gegenüber; ist bei der Auflösung der Gesellschaft das Gesellschaftsvermögen unter Fort⸗ führung der Firma auf einen der Gesellschafter übertragen, so kann dieser in den Prozeß an Stelle der Gesellschaft nur mit Zustim⸗ mung des Prozeßgegners eintreten. Klagt die Gesellschaft durch die sie vertretenden geschäftsführenden Mitglieder, so bilden gleichwohl die Gesellschafter in ihrer Verbindung als Gesellschaft die klagende Prozeßpartei. Wird diese Verbindung im Laufe des Prozesses durch Aufhebung der Gesellschaft gelöst, so hat dies auf die Parteirolle keinen Einfluß; es treten alsdann nach beendigter Liquidation und, wenn eine solche nach Lage der Sache nicht erforderlich ist und nicht eintritt, ohne solche die Gesellschafter lediglich als Streitgenossen der anderen Partei gegenüber. Die Uebertragung des gesammten Gesellschaftsvermögens auf einen der Gesellschafter und die Fortführung der Firma durch diesen hat, da er damit die Rechte der übrigen Gesellschafter nicht im Wege einer Universalsuccession, sondern der Singularsuccession unter Lebenden erwirbt, nicht ohne weiteres den Eintritt desselben in den Prozeß an Stelle der mitklagenden übrigen Gesellschafter zur Folge. Dazu bedarf es vielmehr nach § 236 Abs. 2 Z.⸗Pr.⸗O. der Zustimmung des Gegners.“ (372/94.)

Eine gegen die Ehefrau „im Beistande ihres Ehe⸗ manns“ gerichtete und sowohl der Frau als auch dem Mann zugestellte Klage wegen Zahlung eines Betrags aus ihrem ein⸗ gebrachten Vermögen ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, V. Zivilsenats, vom 8. Mai 1895, im Gebiet des Preuß. Allg. Land⸗ rechts als eine sowohl gegen die Ehefrau, als auch gegen den Ehe⸗ mann gerichtete und wirksame Klage aufzufassen. „Es kann dem Be⸗ rufungsrichter darin nicht beigetreten werden, daß der Ehemann im vorliegenden Falle nicht mitverklagt worden wäre. Die Klage ist ge⸗ richtet worden gegen die Ehefrau T. „im Beistande ihres Ehemanns Robert T. in L.⸗K.“ Der Berufungsrichter will hierin nicht ausgedrückt finden, daß die Klage auch gegen den Ehemann gerichtet sein sollte, denn der Beistand einer Partei sei als solcher nicht selbst Partei. Dabei ist jedoch nicht berücksichtigt worden, daß die Zivilprozeßordnung „Beistände“ einer prozeßfähigen Partei nicht kennt, also auch nicht die Beistandschaft des Ehemanns der zufolge § 51 Abs. 2 prozeßfähigen Frau. Daraus ergiebt sich die Nothwendigkeit, diesen Ausdruck, wenn ein Kläger sich seiner gleich⸗ wohl zur Bezeichnung der verklagten Partei bedient, dahin zu ver⸗ stehen, daß der Ehemann mitverklagt sein soll; denn der Kläger hat damit deutlich seinen Willen erklärt, den Ehemann der verklagten Frau in den Prozeß mit hereinzuziehen; und dies ist auf anderem Wege als dem seiner Mitverklagung nicht zu erzielen. So hat auch das Reichsgericht bereits wiederholt entschieden. Gegen die Richtigkeit dieser Auslegung kann im vorliegenden Fall auch daraus kein Bedenken hergeleitet werden, daß der Klageantrag auf Verurtheilung der Ehefrau T. zur Zahlung des vom Kläger be⸗ gehrten Schadensersatzes gerichtet ist; denn daran besteht kein ge⸗ gründeter Zweifel, daß eine so lautende Verurtheilung in einem Prozeß, an welchem der Ehemann theilgenommen hat, auch gegen diesen gerichtet ist und zum Ausdruck bringt, daß er sich diese Ver⸗ urtheilung seiner Ehefrau mit den daraus entstehenden Folgen ge⸗ fallen lassen muß. Es kommt demnach nur darauf an, ob die Klage und demnächst auch die Berufungsschrift dem Ehemann in der That zugestellt worden ist, worüber bisher keine Feststellungen getroffen sind.“ (43/95.)

Unter dem Ausdruck „Gerichtsschreiber“ im § 128 der Konkursordnung, wonach der Gerichtsschreiber jede Forderung sofort nach der Anmeldung derselben in eine Tabelle einzutragen hat, ebenso wie in den vielfachen anderen Bestimmungen der Konkursordnung und der Zivilprozeßordnung, durch welche dem Gerichtsschreiber ge⸗ wisse Obliegenheiten übertragen sind, ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Zivilsenats, vom 27. Juni 1895, nicht nur der erste Beamte der betreffenden Gerichtsschreiberei, sondern auch ein anderer Beamter der Gerichtsschreiberei (Gerichts⸗ schreibergebilfe) zu verstehen, welcher zur selbständigen Ausführung der Arbeit an sich befähigt und dienstlich berufen ist. (41/95.)

Eutscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.

Die für den gemeinschaftlichen Jagdbezirk abgeschlossenen Jagdpachtverträge stehen, nach einem mit der bisherigen Recht⸗ sprechung übereinstimmenden Urtheil des Ober⸗Verwaltungsgerichts, III. Senats, vom 28. Februar 1895, der sofortigen Wirksamkeit des Rechts zur eigenen Ausübung der Jagd auf Grundstücken nicht entgegen, die aus dem gemeinschaftlichen Jagdbezirk deshalb ausscheiden, weil der Eigenthümer in den Besitz einer zur eigenen Jagdausübung berechtigenden Fläche ge⸗ langt ist. Der Gemeindevorsteher zu W. hatte die Jagdnutzung auf der ganzen Gemeinde⸗Feldmark durch Vertrag an den Brauereibesitzer W. auf die Zeit vom 2. August 1892 bis 2. August 1898 verpachtet. Im Sommer 1893 erwarb D. zu seinen bisherigen in der Gemeinde⸗Feldmark W. gelegenen Ländereien eine Parzelle von 74 a, sodaß er nunmehr einen landwirthschaftlich benutzten Flächenraum von über 300 Morgen besitzt. Da sein Verlangen zur eigenen Jagdausübung auf seinem Besitz vom Gemeindevorsteher nicht erfüllt wurde, so klagte er gegen diesen auf Anerkennung seines Rechts der eigenen Jagdausübung und erstritt in beiden Instanzen obsiegliche Urtheile. Die Revision des Be⸗ klagten wurde vom Ober⸗Verwaltungsgericht verworfen, indem es begründend ausführte: „Bei der Vereinigung der Grund⸗ stücke eines Gemeindebezirks zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk 4 des Jagdpolizeigesetzes) wird eine mit juristischer Persönlichkeit ausgestattete, mit der politischen Gemeinde rechtlich nicht zusammen⸗ fallende Zwangsgenossenschaft des öffentlichen Rechts be⸗ cründet.. Mit der Begründung der Genossenschaft erlischt das Recht des einzelnen Besitzers auf Ausübung des ihm fernerhin ver⸗ bleibenden Jagdrechts kraft Gesetzes und zwar auf so lange, als das Grundstück zur Genossenschaft gehört. Sein Recht auf Ausübung des Jagdrechts verwandelt sich in ein Recht auf Theilnahme an der Genossenschaft. Zugleich entsteht das Recht der Genossenschaft, die Jagd auf den Grundstücken auszuüben, ohne daß von einer Succession in die Rechte des Grund⸗ eigenthümers die Rede sein kann. Denn die Genossenschaft übt die Jagd nicht als ein aus dem Recht des Grundstücksbesitzers abgeleitetes, sondern als eigenes Recht aus, ebenso wie beim Austritt eines Grundstücks aus der Genossenschaft der Besitzer in die Rechte der Genossenschaft nicht eintritt. Daraus folgt, daß, wenn die Genossenschaft durch ihr Organ die Jagd auf den genossen⸗ schaftlichen Grundstücken verpachtet, sie ein ihr selbst zu⸗ stehendes Recht auf Jagdnutzung dem Pächter überläßt und sie nicht als Vertreterin der Besitzer der betreffenden Grundstücke handelt. Die Genossenschaft, weil bei der Jagd⸗ verpachtung nicht Vertreterin der einzelnen Besitzer, bindet diese über⸗ haupt nicht, so auch nicht für die Zeit, wo sie nicht mehr Mitglieder der Genossenschaft sind. Daher hört das aus dem Rechte der Ge⸗ nossenschaft abgeleitete Recht des Jagdpächters auf, sobald das Recht der Genossenschaft auf Ausübung der Jagd erloschen ist und das Recht des Besitzers auf eigene Ausübung der Jagd auflebt. Demnach steht dem Austritt des Klägers aus der Zwangsgenossenschaft der mit dem Brauereibesitzer W. abgeschlossene Vertrag nicht entgegen... (III. 263.) 8 8

Volkswirthschaft.

hie deutsche äberseeische Auswanderun über deutsche Häfen, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam stellte sich nach den Ermittelungen des Kaiserlichen Statistischen Amts im August 1895 und im gleichen Zeitraum des Vorjahres folgendermaßen: Es wurden befördert im Augusft über 8 1894 1314 e“ 1278 Deutsche Häfen zusammen. 2592 387 179 Ueberhaupt. 2 3167 Aus deutschen Häfen wurden im August d. J. neben den vor⸗ genannten 3043 deutschen Auswanderern noch 11 571 Angehörige fremder Staaten befördert. Davon gingen über Bremen 6419,

Die Arbeitsbedingungen für die Frau

1““

im Handel und Gewerbe.

Vor kurzem ist als siebentes Heft der bekannten, von Gustav Dahms unter dem Gesammtnamen „Der Existenzkampf der Frau im modernen Leben“ (Verlag von Richard Tändler, Berlin) heraus⸗ egebenen Sammlung eine lehrreiche kleine Schrift, betitelt „Die bean im Handel und Gewerbe“, erschienen, welche über die Lage und

usbildung der Handlungsgehilfinnen, Buchhalterinnen, Korrespon⸗ dentinnen, Kassiererinnen, Direktricen, Zuschneiderinnen, Verkäuferinnen, sowie der Handwerkerinnen u. s. w. ausführliche Mittheilungen ent⸗ hält. Besonders interessant sind die zuverlässigen Aufschlüsse, welche hier auf Grund von Umfragen über die Gehälter und Leistungen der Gehilfinnen im Bankgeschäft, im Komtor, in der Konfektion, im Tapisseriegeschäft und im Handwerksberuf gegeben werden.

Ueber die Zahl der gegenwärtig im Handel und Gewerbe als Angestellte beschäftigten weiblichen Personen ist man im Großen und Ganzen auf Vermuthungen angewiesen, solange die Ergebnisse der Berufs⸗ und Gewerbezählung des Jahres 1895 nicht vollständig vor⸗ liegen. Vor der Hand besitzt man nur die Angaben aus der Ge⸗ werbezählung von 1875 und der Berufszählung von 1882. Nimmt man dasselbe Verhältniß zwischen männlichen und weiblichen Hand⸗ lungsgehilfen an, wie 1882, nämlich 6171: 1000, so würde das für 1894 etwa 67 000 Handlungs gehilfinnen ergeben. Thatsächlich werden es aber wohl mehr sein, da, wie aus einem Vergleich zwischen 1875 und 1882 erhellt, die weiblichen Handlungsgehilfen in etwas größerem Prozentsatz zunehmen als die männlichen; hatten doch im Jahre 1892, wie der oben erwähnten Schrift zu entnehmen ist, von 4103 Handels⸗ betrieben, die nach einer Erhebung ausgelernte Gehilfinnen be⸗ schäftigten, bereits 3661 nur weibliches Personal. Einschließlich der weiblichen Gewerbegehilfen kann man demnach auf mindestens 100 000 Personen weiblichen Geschlechts rechnen, die im Handel und Gewerbe als Hilfskräfte beschäftigt sind, abgesehen von den einfachen Arbeiterinnen. Diese Ziffer von 100 000, in der die im Geschäfte ihrer Eltern thätigen Töchter nur zum theil mit inbegriffen sind, fällt sehr ins Gewicht, wenn man bedenkt, daß die Gehilfinnen sich aus dem Mittelstande rekrutieren und daß der Hauptantheil auf die städtische Bevölkerung entfällt. Nur unter Be⸗ rücksichtigung dieser Umstände giebt jene Ziffer von über 100 000 ein Bild ihrer volkswirthschaftlichen Wichtigkeit. Was nun zunächst die Arbeitszeit anlangt, so ergiebt das reichhaltige Material, welches die Kommission für Arbeiterstatistik aus einer von ihr veranstalteten Erhebung über die Lage der Handlungsgehilfen und aus eingeforderten Darlegungen und Gutachten von kaufmännischen Vereinigungen gewonnen hat, solgende Thatsachen: Von je 100 Be⸗ trieben mit weiblichen Gehilfen beschäftigen ihr Personal 11,1 Be⸗ triebe bis 10 Stunden, 19,3 Betriebe 10 bis 11 Stunden, 21,4 Be⸗ triebe 11 bis 12 Stunden, 14,4 Betriebe 12 bis 13 Stunden, 12,0 Betriebe 13 bis 14 Stunden, 12,2 Betriebe 14 bis 15 Stunden, 9,5 Betriebe mehr als 15 Stunden, und zwar nach Abzug der Mittagspause. Süddeutsch⸗ land weist für die weiblichen Gehilfen günstigere Ziffern auf als Nord⸗ und Mitteldeutschland. Bei den höher gestellten Gehilfinnen ist die Arbeitszeit im allgemeinen nicht länger als bei den männlichen Gehilfen und richtet sich ganz nach der Eigenart des Geschäfts. Ueber die Bezahlung weiblicher kaufmännischer Angestellten liegen Berechnungen der Stellenvermittlung des Hilfsvereins für weibliche Angestellte in Berlin (C., Oberwasserstraße 10) vor. Nach diesen er⸗

eben sich, wenn freie Station auf 40 berechnet wird, folgende NKonatsgehälter: Direk⸗

tricen Ver⸗ und Zu⸗ käufe⸗ schneide- rinnen rinnen

Komtor⸗ 8 8 personal

tinnen

In Berlin: 1889/90 1“ 2 2 77 O c 48 173565656 81 5 51 ee64*““ B 54 I“ 49 Außerhalb Berlins: 15

Nach einer von 965 nach Berlin gekommenen Ge⸗ hilfinnen beantworteten Umfrage des Hilfsvereins für weibliche Angestellte: A113“ 20 61 Dagegen weisen die Angaben des Hamburger „Vereins für Handlungs⸗ kommis von 1858“ für männliche Gehilfen aller Art an durchschnitt⸗ lichem Monatsgehalt auf: 1877 bis 1889: 94 ℳ, 1890: 102 ℳ, 1891: 103,75 ℳ, 1892: 110,50 ℳ, 1893: 112,65 ℳ, 1894: 109

Auf den ersten Blick stellt sich der Unterschied zwischen den Ge⸗ hältern weiblicher und männlicher Gehilfen als sehr erheblich dar. Es ist indeß zu berücksichtigen, daß das Durchschnittsalter der Ge⸗ hilfinnen infolge früheren Verlassens der Schule und der kurzen Lehr⸗ zeit viel geringer ist als das der Gehilfen. So betrug unter 862 Ge⸗ hilfinnen, für welche durch eine Umfrage des genannten Vereins 1892 ein Durchschnittsgehalt von 73 monatlich nachgewiesen ist, die geschäftliche Laufbahn von 30 % erst 1 bis 3 Jahre und 45 % 4 bis 9 Jahre; die Mehrzahl dieser Gehilfinnen zählte also weniger als 25 Jahre Es ist ferner in Betracht zu ziehen, daß von den Gehilfinnen mindestens 50. bis 70 % als Verkäuferinnen thätig sind. Die Frauen kommen daher in den verhältnißmäßig besser bezahlten Stellungen im Komtor weniger zahlreich vor als die Männer. Auch findet sich die Mehrzahl der Gebilfinnen in den größeren Städten, wo die Gehälter infolge der stärkeren Konkurrenz vielfach geringer sind als in der Provinz. Dur schnittszahlen geben überdies natürlich überhaupt kein genaues Bild. Besonders tüchtige Verkäuferinnen z. B. beziehen freilich nur in Ausnahmefällen bis 250 Gehalt. That⸗ sächlich günstig liegen die Einkommensverhältnisse der tüch⸗ tigen Direktricen, von denen die meisten mindestens 150 ,ℳ erhalten und die in großen Putz⸗, Wäsche⸗ und Kostüm⸗ geschäften bis auf 350 monatlich kommen. Unter Berücksichtigung aller dieser Gesichtspunkte sind also die Unterschiede in der Bezahlung weiblicher und männlicher Hilfskräfte nicht so groß, wie man ge⸗ meiniglich anzunehmen pflegt, wenn auch die Thatsache bestehen bleibt, daß die Frau im Handel und Gewerbe auch bei gleicher Arbeits⸗ leistung, von vereinzelten Ausnahmen abgesehen, weniger Gehalt

fängt als der Mann

G Zur Arbeiterbewegung.

Aus Altwasser wird der „Schles. geschrieben: Der seit 23 Wochen währende Ausstand der Porzellanarbeiter des Thielsch'schen Etablissements (vgl. Nr. 79 u. flode d. Bl.) ist am 11. September beendet worden. Seit längerer Zeit unterhandelte eine Arbeiterkommission mit dem Besitzer. Dieser hat sich nun bereit erklärt, 30 Maler und 60 Dreher bald, die übrigen 13 Maler und 59 Dreher nach Bedürfniß wieder einzustellen, doch so, daß ihnen vor etwa zuziehenden Arbeitern der Vorzug gegeben werden soll. Ein Theil der Aus⸗ ständigen hat längst auswärts Arbeit gesucht und ist von hier ver⸗ zogen. An freiwilligen Unterstützungen gingen den Ausständigen rund 43 000 zu.

In Leipzig scheint der Ausstand der Steinsetzer allmäh⸗ lich aufzuhören. Zu einer Versammlung der Ausständigen am Frei⸗ tag hatten sich, wie die „Lvz. Ztg.“ berichtet, nur 25 Personen einge⸗ funden. Es wurde mitgetheilt, daß insgesammt 160 Gehilfen sich am Ausstande betheiligt hätten, von denen gegen 30 die Arbeit zu den alten Bedingungen wieder aufgenommen haben, während 28 noch zu unterstützen und die übrigen abgereist seien.

Kunst und Wissenschaft.

Zu der heute in Lübeck beginnenden 67. Versammlung der deutschen Naturforscher und Aerzte sind gestern bereits über 600 Festgäste aus allen Theilen Deutschlands und ous dem Aus⸗ land eingetroffen. Die Stadt ist festlich geschmückt. Gestern Abend fand feierlicher Empfang der Festtheilnehmer durch den Senat im Rathhause statt.

8

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Ernteergebniß in Italien. 1 Anmntlichen Schätzungen zufolge, stellt sich das diesjährige Ern ergebniß im Vergleich zum Vorjahre, wie folgt, in Hektolitern: 1895 gegen 1894 Weizen 37 418112 42 849 900 aite .. 65 559 9 5 718 130 Gerste 2 539 326 2 938 112 Die Maisfelder leiden unter der andauernden Trockenheit, sodaß in der Lombardei und Venetien nur eine schwache Mittelernte in Aussicht steht. Auch in Süditalien ist die Maisernte infolge der Dürre gefährdet.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 14. d. M. gestellt 10 314, nicht recht⸗ zeitig gestellt 1238 Wagen.

In Oberschlesien sind am 13. d. M. gestellt 4483, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen. E

Zwangs⸗Versteigerungen.

Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin standen am 14. September die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Oderbergerstr. 21, den Fräulein Th. u. E. Heinritz gehörig; Nutzungswerth 15 550 ℳ; mit dem Gebot von 211 500 wurde der Kaufmann Ed. Micheli, Albrechtstr. 14. Ersteher. Claudius⸗ straße 12, der Frau Maurermstr. M. Graf, geb. Schulz, ge⸗ hörig; Fläche 9,75 a; Nutzungswerth 14 600 Reistbietende blieb die Frau B. Bansmann, geb. Eichberg, zu Berlin mit dem Gebot von 213 000

Beim Königlichen Amtsgericht II Berlin wurde das Verfahren der Zwangsversteigerung des im Grundbuch von Reinicken⸗ dorf Band 28 Blatt Nr. 849 auf den Namen der Frau Kaufmann Auguste Schleicher, geb. Fischer, zu Reinickendorf eingetragenen, zu Reinickendorf belegenen Grundstücks aufgehoben. Die Termine am 29. November und 4. Dezember d. J. fallen fort.

Berlin, 14. September. (Wochenbericht für Stärke, Stärke⸗ fabrikate und Hülsenfrüchte von Max Saberskv, Berlin W. 41). Ia. Kartoffelmehl 16 16 ½ ℳ, Ia. Kartoffelstärke 16 16 ½ ℳ, IIa. Kartoffelmehl 11 ½ 14 ½ ℳ, feuchte Kartoffelstärke Fracht⸗ parität Berlin —,— ℳ, gelber Svrur 18 ½ 19 ℳ, Kap.⸗ Syrup 19 ½ 20 ℳ, Kap.⸗Export 20 ½ 21 ℳ, Kartoffelzucker elber 18 ½ 19 ℳ, do. Kap. 20 ½ 21 ℳ, Rum⸗Kuleur 33 34 ℳ, Bier⸗Kuleur 32 34 ℳ, Derxtrin, gelb und weiß, Ia. 23 24 ℳ, do. sekunda 20 22 ℳ, Wiizenstärke (kleinst.) 32 33 ℳ, Weizenstärke (großst.) 37 38 ℳ, Hallesche und Schlesische 38 39 ℳ, Reisstärke (Strahler) 49 50 ℳ, do. (Stucken) 47 48 ℳ, Maisstärke 32 —- 34 ℳ, Schabestärke 34 35 ℳ, Viktoria⸗Erbsen 15 19 ℳ, Kocherbsen 14 19 ℳ, grüne Erbsen 14 19 ℳ, Futtererbsen 11 ½ 12 ½ ℳ, inländische weiße Bohnen 22 24 ℳ, weiße Flachbohnen 23 25 ℳ, ungarische Bohnen 19 21 ℳ, galizische und russische Bohnen 17 19 ℳ, große Linsen, neue 30 42 ℳ, mittel do. neue 20 30 ℳ, kleine do. neue 16 20 ℳ, Mohn, blauer nom. 28 40 ℳ, do. weißer nom. 40 54 ℳ, Hirse, weiße 18 20 ℳ, gelber Senf 16 24 ℳ, Hanfkörner 22 bis 23 ℳ, interrübsen 17 ½ —9 18 ℳ, Winterraps 18 18 ½ ℳ, Buchweizen 13 ½ 15 ℳ, Wicken 12 13 ℳ, Pferdebohnen 12 12 ½ ℳ, Leinsaat 20 21 ½ ℳ, Mais loko 10 ½ 11 ½ ℳ, Kümmel 50 58 ℳ, Leinkuchen 12 ½ 14 ℳ, Rapskuchen 9 ½ 10 ½ ℳ, pa. marseill. Erdnußkuchen 12 13 ½ ℳ, pa. doppelt gesiebtes Baum⸗ wollensamenmehl 58 % 10 ½ 12 ½ ℳ, pa. helle getr. Biertreber 28 bis 30 % 8 9 ½ ℳ, pa. getr. Getreideschlempe 31 34 % 11 12 ℳ, pa. getr. Mais⸗Weizenschlempe 35 40 % 11 ¾ 12 ½ ℳ, pa. getr. Maisschlempe 40 42 % 11 ¾ 12 ½ ℳ, Malzkeime 7 8 ½ ℳ, Roggen⸗ kleie 7 ¾ —8 ¼ ℳ, Weizenkleie 7 ¾ —-8 ½ (alles per 100 kg ab Bahn Berlin bei Partien von mindestens 10 000 kg).

In der vorgestrigen P, des Aufsichtsraths der Ver⸗ einigten Königs⸗ und Laurahütte legte die Direktion den Abschluß für das Geschäftsjahr 1894/95 vor. Der Bruttogewinn beziffert sich auf 2 962 707 nach Abzug aller Geschäftsunkosten und der Obligationszinsen, sowie auch der Kosten, welche durch die Kon⸗ vertierung der 4 ½ prozentigen und die Emission der neuen 3 ½ prozen⸗ tigen Obligationen⸗Anleihe erwachsen sind, und welche im 4. Quartal des Geschäftsjahres gedeckt wurden. Nach Absetzung einer Ab⸗ von den Anlagewerrhen in Höhe von 1 750 000 und der statutenmäßigen Tantième bleibt ein disponibler Nettogewinn von 1 114 874 Dem Geschäftsbericht der Direktion für das Geschäftsjahr 1894/95 ist über den Geschäftsgang Folgendes ent⸗ nommen: Die Produktion an Steinkohlen und Noheisen ist bei gleich⸗ mäßigem Absatz um 3 resp. 5 % gegen das Vorjahr gestiegen, während die Walzeisenfabrikation nahezu auf der nse des Vorjahres verharrte. Die Verwerthung der Steinkohlenproduktion erfolgte zu den Preisen des Vorjahres. Der Absatz an Walzwaaren litt unter Mangel an Konsum im Inlande und unter ungünstigen Tarifverhältnissen. In⸗ folge dessen mußte der Export eine erhebliche Ausdehnung erfahren, besonders nach Rußland. Dabei sank die Verwerthung der schlesischen Walzwerkprodukte gegen die bereits äußerst niedrige Ver⸗ werthung des Vorjahres noch um nahezu 3 pro Tonne. In Ruß⸗ land war der Preisrückgang ein noch erheblich stärkerer. Die Brutto⸗ erträge des Eisenhüttenbetriebs stellen sich auf ungefähr gleiche Höhe wie im Vorjahre und beziffern sich auf etwa 25 % der Gesammt⸗ erträge. Am Schluß des Geschäftsjahres lagen an Aufträgen vor: a. Bei den schlesischen Werken: in Walzwaaren 32 676 t im Werthe von 3 520 900 ℳ, in Verfeinerungs⸗ und Konstruktionsarbeiten 726 200 ℳ, zusammen 4 247 100 b. Bei der Katharinenhütte: in Walzwaaren 5327 t im Werthe von 565 800 Rbl., in Verfeine⸗ rungsarbeiten 143 200 Rbl., zusammen 709 000 Rbl. Der Auf⸗ sichtsrath wird der gegen Ende Oktober stattfindenden General⸗ versammlung die Vertheilung einer Dividende von 4 % vorschlagen.

Die Saal⸗Eisenbahn vereinnahmte im August d. J. nach vorläufiger Feststellung 157 119 (+ 6452) und vom 1. Januar bis Ende August d. J. 1 002 922 (+ 105)

Der Aufsichtsrath der Cröllwitzer Papierfabrik be⸗ scnos. aus dem Gewinn im Betrage von 327 885 nach 99 000 Abschreibungen und 55 000 Rückstellungen 135 000 als 10 % Dividende zu vertheilen.

Das „Gewerbeblatt aus Württemberge, welches von der Königlichen Zentralstelle für Gewerbe und Handel in Stuttgart herausgegeben wird, hat in der Nr. 37 vom 14. September folgenden Inhalt: Bekanntmachung des K. Ministeriums des Innern, betreffend den Bestand der Aichämter. Das Verbot der Sonn⸗ und Festtags⸗ arbeit im Gewerbebetrieb. Submissionswesen. Verschiedene Mit⸗ theilungen. (Bremens Handel und Schiffahrt im Jahre 1894. Der Schutz geistigen Eigenthums in China. Die elektrische Strick⸗ maschine. Vervielfältigungsmaschine zum selbstthätigen Nachbilden von plastischen Mustern. Vorrichtung zur Nutzbarmachung der Sonnenwärme. Durch Oel isolierte Kabel. Schornstein⸗ Reinigungsvorrichtung. Verfahren zur Herstellung von Oelfarben.) Gewerbliche ꝛc. Rezepte. Preisausschreiben. Literarische Er⸗ scheinungen. Neues im Landes⸗Gewerbe⸗Museum. Frequenz der Sammlungen der K. Zentralstelle. Gebrauchsmuster. Neue Er⸗ werbungen für die Bibliothek der K. Zentralstelle.

Breslau, 14. September. (W. T. B.) Getreidemarkt. Spiritus pr. 100 1 100 % exkl. 50 Verbrauchsabgabe pr. Sep⸗ tember 54,00, do. do. 70 Verbrauchsabgabe pr. September 34,00, do. do. Rüböl pr. September 43,50, pr. Oktober 44,00. Zink —. Magdeburg, 14. September. (W. T. B.) Zuckerbericht. Kornzucker, exkl., von 92 % —,—, neue —,—. Kornzucker erkl., 88 % Rendement —,—, neue 10,00 10,15. Nachprodukte erkl., 75 % Rendement 7,00 7,65 Fest. Brotraffinade I. 22,75 23,00. Brotraffinade II 22,50. Gem. Raffinade mit Faß 22,50 23,25. Gem. Melis I mit Faß 22,00. Stetig. Rohzucker I. Produkt Transito f. a. B. Hamburg pr. September 9,72 ½ Gd., 9,80 Br., pr. Oktober 10,15 Gd., 10,20 Br., pr. November⸗ Dezember 10,32 ½ Gd, 10,35 Br., pr. Januar⸗Februar 10,55 bez., 10,60 Br. Fest. Düsseldorf, 16. September. (W. T. B.) Am 14. d. M. fand eine Versammlung der Leiter von dreizehn rheinisch⸗west⸗ fälischen Blechwalzwerken statt, in der einstimmig beschlossen wurde, die Bildung eines Verbandes anzustreben und die nicht ver⸗ tretenen Werke binnen vierzehn Tagen zum Anschluß aufzufordern. wurde beschlossen, die Grundpreise für beste Siemens⸗Martin Kesselbleche auf 117,50 ℳ, für zweite Sorte Siemens⸗Martin Kessel⸗ bleche auf 112,50 und für Thomas⸗Vineta Blechbehälter auf 107,50 für 1000 kg ab Werk zu erhöhen.

Leipzig, 14. September. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. pr. September 3,55 ℳ, pr. Oktober 3,55 ℳ, pr. November 3,55 ℳ, pr. Dezember 3,57 ½ ℳ, pr. Januar 3,60 ℳ, pr. Februar 3,62 ½ ℳ, pr. März 3,65 ℳ, pr. April 3,67 ½ ℳ, pr. Mai 3,67 ½ ℳ, pr. Juni 3,70 ℳ, pr. Juli 3,72 ½ ℳ, pr. August 3,72 ½ Umsatz 65 000 kg. Behauptet.

Mannheim, 14. September. (W. T. B.) Produktenmarkt. Weizen pr. November 13,80, pr. März 14,25. oggen pr. November 11,65, pr. März 12,15 Hafer pr. November 12,00, pr. März 12,35. Mais pr. November 9,80, pr. März 9,95.

Bremen, 14. September. (W. T. B.) Börsen⸗Schlußbericht. Raffiniertes Petroleum. (Offizielle Notierung der Bremer Börse.) Ruhig. Loko 6,15 Br. Baumwolle.

uhig. Upland middl. loko 41 ₰. Schmalz. Fest. Wilcox 32 ½ ₰, Armour shield 32 ₰, Cudahy 33 ½ ₰, Fairbanks 27 ₰. Speck. Fest. Short clear middling loko 29 ½. Taback. Umsatz 114 Faß Maryland.

Hamburg, 14. September. (W. T. B.) Kaffee. (Nachmittags⸗ bericht.) Good avperage Santos pr. September 73 ¾, pr. Derember 72 ¼, vr. März 71 ¼, pr. Mai 70 ¼. Schleppend. Zuckermarkt. (Schlußbericht.) Rüben⸗Rohzucker I. Produkt Basis 88 % Rende⸗ ment neue Usance, frei an Bord Hamburg pr. September 9,82 ½, pr. Dezember 10,37 ½, pr. März 10,67 ½, per Mai 10,80. Stetig.

Wien, 14. September. (W. T. B.) Ausweis der österreichisch⸗ ungarischen Staatsbahn Eösterreichisches Netz) vom 1. bis 10. September 761 222 Fl., Mindereinnahme gegen den entsprechenden Zeitraum des vorigen Jahres 48 993 Fl.

Peft. 14. September. (W. T. B.) Produktenmarkt. Weizen loko fester, pr. Herbst 6,25 Gd., 6,26 Br, pr. Frühjahr 6,75 Gd., 6,77 Br. Roggen pr. Herbst 5,53 Gd., 5,54 Br., pr. Frühjahr 5,93 Gd., 5,95 Br. Hafer pr. Herbst 5,57 Gd. 5,59 Br., pr. Frühjahr 5,90 Gd., 5,92 Br. Mais pr. September⸗Oktober 5,35 Gd., 5,40 Br., pr. Mai⸗Juni 4,54 Gd., 4,55 Br. Kohlraps pr. August⸗ September 9,55 Gd., 9,65 Br.

London, 14. September. (W. T. B.) 96 % Javpazucker 11 ¾ ruhig, Rüben⸗Rohjzucker loko 91 ⁄6 fest.

16. September. (W. T. B.) Die Getreidezufuhren be⸗ trugen in der Woche vom 7. September bis 13. September: Engl. Weizen 3090, fremder 99 857, engl. Gerste 1133, fremde 37 254, engl. Malzgerste 17 534, fremde 125 engl. Hafer 2166, fremder 73078 engl. Mehl 16 300 Sack, fremdes 30 350 Sack und aß.

Amsterdam, 14. September. (W. T. B.) Java⸗Kaffee good ordinary 55 ½. Bankazinn 39 .

Brüssel, 14. September. (W. T. B.) Die Einnahmen der Prinz Heinrich⸗Bahn betrugen in der ersten August⸗Dekade: aus dem Bahnbetriebe 87 417 Fr., aus den Minen 9422 Fr., Gesammteinnahmen 96 839 Fr., Mindereinnahmen gegen die pro⸗ visorischen Einnahmen im entsprechenden Zeitraum des vorigen Jahres 19 779 Fr.

New⸗York, 14. September. (W. T. B.) Die Börse er⸗ öffnete schwach und mit niedrigeren Kursen; im weiteren Verlaufe trat theilweise eine Erholung ein, die jedoch später wieder verloren ging. Der Schluß war im allgemeinen schwach. Der Umsatz der Aktien betrug 249 000 Stück.

Weizen eröffnete in stetiger Haltung, mußte dann aber auf Zunahme der Eingänge sowie infolge geringerer Realisierungen etwas nachgeben. Im weiteren Verlaufe trat zwar auf Deckungskäufe der Platzspekulanten eine Erholung ein, die jedoch später infolge von Realisierungen sowie finanzieller Störungen wieder verloren ging. Schluß schwach. Mais allgemein fest während des ganzen Börsen⸗ verlaufs infolge von Käufen der Baissiers. Schluß stetig.

Waarenbericht. Baumwolle⸗Preis in New⸗York 8 , do. do in New⸗Orleans 71¹3⁄16, Petroleum Stand. white in New⸗York 7,10, do. do. in Philadelphia 7,05, do. rohes (in Cases) —, do. Pipe line Certific. pr. Juli 121 nom., Schmalz Western steam 6.,17, do. Rohe u. Brothers 6,50, Mais per September 38v ⅛½, do. per Oktober 38, do. per Dezember —. Rother Winterweizen 63, Weizen per September 61 ⅞, do. per Oktober 62 ½, do. per Dezember 64, do. pr. Mai 67⅛. Getreidefracht nach Liverpool 2 ½, Kaffee fair Rio Nr. 7 15 ¼, do. Rio Nr. 7 per Oktober 14,70, do. do. per Dezember 14,50 Mehl, Spring⸗Wheat clears 2,55, Zucker 3, Kupfer 12,25. Nach⸗ börse: Weizen ½, Mais ½ C. niedriger.

New⸗York, 14. September. (W. T. B.) In einer heute ver⸗ öffentlichten Erklärung bezeichnet das Bondssyndikat die Meldung als unrichtig, daß die Mitglieder des Syndikats die Abmachung mit dem Schatzamt getroffen hätten, die Reserve bis 1. Oktober aufrecht zu erhalten. Das Bondssyndikat habe am 30. Juni seine sämmt⸗ lichen Verpflichtungen gegen die Regierung erfüllt und sei seitdem in keiner Weise an das 5 gebunden gewesen. Es habe zwar seit dem Juni von Zeit zu Zeit verschiedene Summen Gold an das Schatzamt eingezahlt, habe dies jedoch freiwillig gethan und werde damit fortfahren. Es sei irrig, anzunehmen, daß das Verhältniß des Syndikats zur Lage des Schatzamts vom 1. Oktober ab sich ändere.

Chicago, 14. September. (W. T. B.) Weizen durchweg fallend mit wenigen Reaktionen. Große Ankünfte im Nordwesten, Verkäufe der Haussiers, sowie Goldverschiffungen und erwartete Zu⸗ nahme der sichtbaren Vorräthe werden als Grund für das Sinken der Preise angegeben. Der Schluß war schwach. Mais einige Zeit steigend nach Eröffnung, dann trat auf Verkäufe Reaktion und Ab⸗ schwächung ein. Der Schluß war schwach.

September 31 ⅛.

Weizen pr. September 56 ½ pr. Dezember 57 ½. Mais pr. Schmalz pr. September 5,77, pr. Januar 5,75.

Speck short clear nomin. Pork pr. September 8,12.

Verkehrs⸗Anstalten.

Laut Telegramm aus Köln hat die zweite englische Post über Ostende vom 14. September in Köln den An⸗ schluß an Zug 71 nach Berlin über Hildesheim nicht erreicht. Grund: Zugverspätung in Belgien.

Laut einer Bekanntmachung der Königlichen Eisenbahn⸗ Direktion zu Elberfeld wird die zwischen dem Personen⸗ bahnhof Deutz und dem Hauptbahnhof Köln zum Zwecke der Ueberführung von Reisenden und ihres Gepäcks eingerichtete Omnibusverbindung am 1. Oktober d. aufgehoben, weil sämmtliche Züge, an welche ein Omnibus⸗Anschluß bisber bestand, von diesem Tage ab in den Hauptbahnhof Köln einlaufen bezw. von diesem abfahren.

Breslau, 14. September. (W. T. B.) Der „Schl. Ztg.“ zufolge erfolgt am 15. Okober d. J. die Eröffnung der Schiff⸗ fahrt auf der kanalisierten oberen Oder.

Bremen, 15. September. (W. T. B.) Norddeutscher Llovd. Der Postdampfer „Stuttgart“ hat am 14. September Vormittags Lizard passiet. Der Postdampfer „Crefeld“ hat am 14. September Nachmittags Prawle Point passiert. Der Reichs⸗ ostdampfer „Prinz⸗Regent Luitpold“ ist am 14. September Vormittags in Aden angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Karls⸗ ruhe“ ist am 13. September Nachmittags in Colombo ange⸗ kommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Oldenburg“ ist am 14. Sep⸗ tember Nachmittags in Hongkong angekommen. Der Reichs⸗Post⸗ dampfer „Prinz Heinrich' hat am 14. September Morgens die Reise von Antwerpen nach Southampton fortgesetzt.

Hamburg, 14. September. (W. T. B.) Der „Hamb. Börsenh.“ zufolge werden sämmtliche dem Pool angehörigen trans⸗ atlantischen Dampferlinien vom nächsten Montag ab den E im Zwischendeck für die Fahrt von New York nach

uropa um 25 % erhöhen.

Der Schnelldampfer „Fürst Bismarck“ ist gestern Mittag in New⸗York und der Schnelldampfer „Augusta Victoria“ heute früh in Cuxhaven eingetroffen.

London, 14. September. (W. T. B.) Der Union⸗ Dampfer „Scot' ist am Mittwoch auf der Heimreise nach Kap⸗ stadt abgegangen.

Odessa, 14. September. (W. T. B.) Der Dampfer „Orel“ ging nach Wladiwostok ab mit Material für die Ussuri⸗Eisen⸗ bahn, der vierten Kompagnie des Ussuri⸗Eisenbahn⸗Bataillons und deportierten Zwangssträflingen.

Theater und Mufik.

8 1 Berliner Theater.

Zum ersten Male unter der neuen Direktion gelangte vorgestern Gustav Freytag's unverwüstliches Lustspiel „Die Jour⸗ nalisten“ unter lebhafter, von Scene zu Scene wachsender Theil⸗ nahme des Publikums zur Aufführung. Besondere Sympathien wurden Herrn Schönfeld bezeugt, der die Hauptrolle, den Konrad Bolz, darstellte. Er spielte ihn vortrefflich, frisch und natürlich und brachte manche zulässigen Nuancen an, welche eine erheiternde Wirkung ausübten; in seinen Improvisationen ging er indeß zu weit. Die Generals⸗ und Rittergutsbesitzerstochter Adelheid Runeck gab Fräulein Tondeur. Sie ist keine dankbare Rolle, wenn man sie vom Standpunkt der gewöhnlichen Theaterroutine betrachtet; aber sie ist eine Rolle, die jeder Darstellerin willkommen sein wird, welche lebenswahre Charakter⸗ zeichnung den Schablonenfiguren vorzieht. Adelheid ist eine liebens⸗ würdige Natur, frisch und resolut, mit gesundem, von jeder Sentimen⸗ talität freiem Gefühl und so unternehmungslustig, daß sie sich ihren Ritter und Geliebten selbst erobert, als dieser zögert, offen zu ihrer Fahne zu schwören. Eine solche Unternehmungslust mag an die Grenzen der Weiblichkeit streifen; doch Adelbeid überschreitet dieselben nicht. In den Hauptzügen wurde das Charakterbild der Adelheid durch Fräulein Tondeur gedeckt, welche durch stummes Spiel und manche feine Nuance nicht selten die Worte des Dichters ergänzte, namentlich da, wo es sich um ihre Herzensempfindungen gegen⸗ über dem flotten Konrad Bolz handelte. Lebhafter Beifall wurde auch dem Weinhändler und Wahlmann Piepenbrink des Herrn Formes, dem Bellmaus des Herrn Schindler nach der großen Scene mit Adel⸗ heid, sowie dem Oberst des Herrn Nollet zu theil. Für gewisse Mängel in den Leistungen der übrigen Darsteller entschädigte das lebendige Zusammenspiel.

Neues Theater.

Die Plauderei „Der Eisbrecher“ von Felix Dörmann und Friedrich Fuchs und das dreiaktige Lustspiel „Frau Müller“ von Gustav von Moser und Thilo von Trotha fanden am Sonnabend bei ihrer ersten Aufführung eine freundliche und beifällige Aufnahme. An der Plauderei „Der Eisbrecher“ erscheint als das Bemerkenswertheste der ungewöhnliche Titel; neugierig folgte man der oberflächlichen, aber immerhin leicht hinfließenden Unterhaltung der beiden Hauptpersonen, um seinen Ursprung zu ergründen. Die Unterhaltung dreht sich um einen Vielliebchen⸗Vertrag, den das junge Fräulein Christiane mit dem vertrauten Freunde ihres Verlobten, dem Herrn Rells, ge⸗ schlossen hat. Die Keckheit Rells' dient der kühlen und nüchternen Natur des Bräutigams gegenüber als „Eisbrecher“. Eifersucht bringt das Herz des Verlobten stärker in Wallung und gewinnt ihm aufs neue die schon wankende Zuneigung Christianens. Von Fräulein Wagen (Christiane) und Herrn Reusch (Rells) wurde die Plauderei frisch vorgetragen; diesen beiden Personen gegenüber fehlte dem Darsteller des Verlobten, Herrn Haack, das rechte Anpassungs⸗ vermögen.

In dem Lustspiel „Frau Müller' erfreuten sich die Zuschauer unter Lachen des gewohnten freundlichen und harmlosen Humors des greisen Dichters von Moser und seines Mitarbeiters von Trotha, die hier wieder ein lustiges Theaterstück geschaffen haben, dem es zwar an einer tieferen Charakterzeichnung febli⸗ das sich aber dafür in der Stimmung der Handlung von aller Leichtfertigkeit fern hält. Die biederen, gemüthlichen Personen, wie sie hier auf der Bühne erscheinen, sind nicht neu erfunden; aber in etwas veränderter Situation sieht und hört man sie immer wieder gern. Da ist der solide Neffe, der dem reichen Erbonkel das Glück seiner jungen Ehe verheimlicht hat, und eben jener reiche, alte und derbe Oheim, der diesmal ganz modern mit seinen Reichthümern aus dem Kaplande kommt und seinem Neffen eine zierlich Deutsch radebrechende Millionen⸗ braut mitbringt; dazu kommt dann eine schneidige zukünftige Schwieger⸗ mutter, ferner die junge Frau, die sich in Eile für die Zimmerwirthin ihres Gatten ausgeben muß und als solche auf den alten Onkel Ein⸗ druck macht und endlich der arme, geniale und edelmüthige Erfinder, der schließlich die Millionenbraut heimführt. Das lustige Versteck⸗ spielen dieser gutherzigen Menschen erweckte bei den Zuschauern behag⸗ liche Stimmung und Heiterkeit, die weder durch gewaltsame Ein⸗ fügung einzelner scenischer Episoden, noch durch die Längen des Dialogs und die lose Verknüpfung des dritten Aktes mit der eigentlich schon beendeten Haupthandlung erschüttert wurden.

Von den Darstellern verdient zuerst Herr Reusch Erwähnung, der den soliden jungen Ehemann mit liebenswürdigem Wesen aus⸗ stattete und an zweiter Stelle Herr Pansa in der Rolle des derben, gemüthvollen Onkels vom Kap. Herr Kraus entwickelte in der Partie des Erfinders eine wirksame Komik, aber zum Liebhaber fehlt ihm die gewinnende äußere Erscheinung. Die zierliche junge Hausfrau spielte Fräulein Lux anmuthig und sicher. Den stärksten Heiterkeits⸗ erfolg eczielten die Darstellerinnen der beiden Dienstmädchen, Fräulein Gabri als einfältige, aber um so moralischere „Male“ und Frau Pagay als urwüchsige „Lotte“.

8*