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Welände würde abgesperrt für jeden Verkehr und das Betreten bestraft. „Nun mögen sich“ — so heißt es wörtlich weiter — „die Landleute fünf Tage auf die faule Haut legen zu einer Zeit, wo ihnen jede Minute kostbar ist. Dem Bauernstand werden auf diese Weise die Segnungen des Militarismus in einer Weise beigebracht, die ihnen aller⸗ dings große Verluste bringt, ihnen aber auch für immer die Augen effnete 8 Nach dieser Darstellung sollte man annehmen, daß die „kurze und bündige“ Bekanntmachung des Kreisamts Gießen den Bewohnern der betheiligten Gemarkungen ganz unerwartet mmen wäre und daß sie aus Anlaß der Schießübungen uste erlitten hätten. 1 Eingehende amtliche Feststellungen ergeben das gerade Gegentheil. 1 Mit den betheiligten Gemeinden war seitens des betreffen⸗ den Infanterie⸗Regiments lange, bevor die Bekanntmachung erschien, mündlich und schriftlich verhandelt worden; sie hatten sich sämmtlich mit der Abhaltung des Schießens vorher ein⸗ verstanden erklärt. Da am 23. Juli, dem beabsichtigten Be⸗ ginn des Schießens, die Aberntung der Felder noch nicht ge⸗ nügend vorgeschritten war, wurde die Uebung auf die Zeit vom 30. Juli bis 3. August verschoben. In diesen Tagen war das abgesperrte Gelände zum größten Theil abgeerntet; der verursachte Flurschaden ist so, wie er von den Be⸗ treffenden selbst angemeldet war, ohne Abzug bezahlt worden. Die Besitzer haben, nachdem während des Schießens schlechtes Wetter eingetreten war, auf Befragen geäußert, daß sie sehr froh seien, die Frucht schon jetzt eingeerntet zu haben, da sie sonst, wenn sie sie länger draußen gelassen hätten, erheblichen Nachtheil gehabt haben würden. Das Verhältniß zwischen Landbevölkerung und dem Regiment ist sowohl der Vorverhandlungen, als auch während der Uebung selbst und nachher in jeder Beziehung ein gutes gewesen. 8 Hiernach zitieren wir noch den Anfangssatz des Artikels aus dem „Landboten“. Derselbe lautet: „Der Militarismus bess mit rücksichtsloser Hand in das Erwerbsleben der Volks⸗ eise ein“.
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Der General⸗Arzt erster Klasse Dr. Großheim, Abthei⸗ lungs⸗Chef im Kriegs⸗Ministerium, ist hierher zurückgekehrt.
Kiel, 20. September. Die Panzerschiffe erster Klasse „Kurfürst Friedrich Wilhelm“, „Wörth“, ẽ „Weißen⸗ burg“ und „Brandenburg“ sind heute früh durch den
G Kaiser Wilhelms⸗Kanal nach Wilhelmshaven abgegangen
Hessen. Ihre Durchlaucht die verwittwete Prinzessin von Battenberg, geb. Gräfin von Hauke, die vorgestern von einem Schlaganfall betroffen wurde, ist gestern Abend gestorben.
Schwarzburg⸗Tondershausen. Der Landtag ist gestern durch den Staats⸗Minister
Petersen im Auftrage Seiner Durchlaucht des Fürsten
eröffnet worden. Einige kleinere Vorlagen wurden auf ein⸗ stimmigen Beschluß der nächsten Landtags⸗Session vorbehalten. Die E der Regierung zum Erwerbe der dem Staat 20. November 1892 zur Verfügung
aus den Verträgen vom 26. Juli und stehenden 250
ves⸗ der Gewerkschaft „Glückauf“ zu Sondershausen und zur
chaffung der hierzu nöthigen Geldmittel im Wege der An⸗ leihe gegen einen 3 ½ Proz. nicht übersteigenden Jahreszins die verfassungsgemäß erforderliche Genehmigung zu ertheilen, wurde der Finanz⸗Kommission überwiesen.
Oesterreich⸗Ungarn.
Der ungarische Minister⸗Präsident Baron Banffy hat sich gestern Abend von Budapest nach Klausenburg begeben und wird daselbst in der Umgebung des Kaisers und Königs, Allerhöchstwelcher am nächsten Sonntag zu den Manövetn nach Klausenburg kommt, bis zum 25. d. M. ver⸗ bleiben.
Im Namen der amnestierten Rumänen begaben sich gestern Lukacs und Corojan zu dem Minister⸗Präsidenten Baron Banffy, um ihm für seine Fürsprache zu danken und zugleich eine Dankadresse aller Amnestierten an den Kaiser und König anzumelden, um deren Unterbreitung sie den Minister⸗Präsidenten baten, wobei sie erklärten, daß die Gnade des Herrschers keinen Unwürdigen zu theil geworden sei. Der Minister⸗Präsident versprach, die Dankadresse an
Kaiser und König gelangen zu lass
8 Frankreich
Gestern hat auf dem Plateau Puzieux bei Mirecourt die Parade über die Truppen, welche an den großen Ma⸗ növern theilgenommen haben, stattgefunden. Der Minister des Aeußern Hanotaux traf in Begleitung des russischen Ministers des Aeußeren Fürsten Lobanow⸗Rostowsky, der General Dragomirow in Begleitung des Generals Coiffé gegen 9 Uhr auf dem Paradefeld ein. Die Ankunft des Präsidenten Faure erfolgte um 9 Uhr. Derselbe fuhr, geleitet von einer Kürassier⸗Eskorte, die Front ab, worauf der Vorbeimarsch erfolgte. Hierauf verließ der Präsident den Wagen, unterhielt sich mit jedem der fremden Offiziere und begab sich auf die Tribüne. Dort stellte der Minister des Aeußeren Hanotaux den Fürsten Lobanow⸗ Rostowsky dem Präsidenten vor, der mit ihm eine kurze, herzliche Unterhaltung führte. Nach der Parade fand das von dem Präsidenten Faure gegebene Dejeuner statt. Zur Rechten des Präsidenten saß der Prinz Nikolaus von Griechenland, zur Linken der Minister des Aeußeren Hanotaux, gegenüber der Minister⸗Präsident Ribot, neben welchem rechts der Kriegs⸗Minister General Zurlinden und links der General Dragomirow saß. Der Präsident Faure brachte zuerst die Gesundheit des Königs von Griechen⸗ land und des Kaisers von Rußland aus, worauf die Musik die griechische und die russische Nationalhymne spielte. Sodann begrüßte der Präsident Faure die fremden Offiziere und gab seiner Befriedigung über die Manöver Ausdruck, welche in glänzender Machtentfaltung die Anstrengungen eines Viertel⸗
jahrhunderts und den Willen des Volkes bekundet hätten, mit
seinem Ideal der Brüderlichkeit die Anforderungen zu ver⸗ einigen, welche ihm seine gebieterischste Pflicht auferlege. Das friedliche und seiner Macht sichere Frankreich vertraue mit Zu⸗ versicht seine Geschicke dem Schutze seiner Söhne an. Der Präsident sprach dann dem General Saussier seinen Dank aus und erhob sein Glas auf das Wohl der Armee, welche die Stärke und den Ruhm Frankreichs bilde. Der Kriegs⸗Minister, General Zur⸗ linden brachte hierauf die Gesundheit des Präsidenten Faure aus. Gestern Abend um 10 Uhr traf der Präsident Faure wieder in Fontainebleau ein. 1
Der König der Belgier gedenkt morgen dem Präsidenten Faure in Fontainebleau einen Besuch abzustatten, den der Präfident am Montag in Paris erwidern wird.
Der Kreuzer „Lalande“ hat Befehl erhalten
Rußland.
nach Marokko zu gehen. Der Großfürst Thronfolger, der Fräiftrs Alex⸗ ander Michallowitsch und die Großfürstin Penia Alexandrowna trafen gestern früh in Batum ein und setzten alsbald die Reise fort.
Italien.
Die „Agenzia Stefani“ theilt mit, daß Marchese Maffei, bisher Gesandter in Madrid, als Botschafter nach St. Peters⸗ burg, de Renzis di Montanaro, bisher Gesandter in Brüssel, als Gesandter nach Madrid, Pansa, bisher General⸗ Konsul in Kairo, als Botschafter nach Konstantinopel, und Cantagalli, bisher Gesandter in Tanger, als Gesandter nach Brüssel gehen werde.
Gestern Abend fand im Senatspalast auf dem Kapitol ein Bankett zu 400 Gedecken zu Ehren der Bürgermeister und Abgeordneten der italienischen Gemeinderäthe statt. An⸗ dem Bankett nahmen der. Minister⸗Präsident Crispi, die Minister Saracco, Baccelli und Boselli, sowie die Spitzen der Behörden theil. Es wurden mehrere Reden ge⸗ halten. Die Theilnehmer an dem Bankett besuchten später die glänzend erleuchteten Museen des Kapitols
Niederlande. . Das der Kammer gestern von dem Finanz⸗Minister vor⸗ gelegte Budget für 1896 schätzt die Staatsausgaben auf 138 ½ Millionen Gulden und berechnet einen Fehlbetrag der Einnahmen von 7 ½ Millionen. Der Fehlbetrag der ordentlichen Ausgaben belaäuft sich auf 2 Millionen Gulden. Zu passendem Zeitpunkt soll eine Anleihe von 15 Millionen Gulden behufs Deckung der Fehlbeträge der vorausgegangenen Jahre aufgenommen werden. .
Rumänien. Der König und die Königin sind gestern Nachmittag in Sinaja eingetroffen und von der am Bahnhofe zahl⸗ reich versammelten Menschenmenge auf das herzlichste be⸗ grüßt worden.
von Toulon
Serbien.
Nach den bisherigen Bestimmungen wird der König Alexander am nächsten Freitag in Belgrad eintreffen.
Bulgarien. Wie die „Agence Balcanique“ meldet, hat der Minister⸗
rath, welcher gestern den Kommissionsentwurf für den
Handelsvertrag mit Oesterreich⸗Ungarn berieth, diesen Entwurf als Basis für die Verhandlungen angenommen und die Instruktionen für die Delegirten, welche sich demnächst nach Wien begeben werden, festgestellt.
Amerika.
Aus Havanna wird gemeldet, daß alle Verstärkungen nunmehr daselbst eingetroffen seien. Der Marschall Martinez Campos befinde sich in Santiago.
Das amerikanische Küstenwachtschiff „Winona“ hat den nach Cuba bestimmten Schooner „Laik“ festgenommen; an Bord der „Laik“ befanden sich 35 Flibustier und Waffen.
Eine Depesche der „New⸗York World“ bestätigt den Tod des Rebellenführers Jose Maceo.
Afien.
In Goa ist es, dem „Reuter'schen Bureau“ zufolge, zu
einer ernsten Soldatenmeuterei gekommen, weil der Ver⸗ walter der Kolonie die von den nach Afrika abgehenden portugiesischen Truppen geforderten Bürgschaften hinsichtlich ihres Soldes verweigerte. Mehr als 500 Mann mit ihren Offizieren widersetzten sich der Einschiffung und erschossen zwei Wachtposten. Darauf marschierten sie mit Waffen und Schießvorrath in die Provinzen der Novas Conquistas. Es ist nicht genügende Mannschaft zur Unterdrückung der Meuterei vorhanden. Die „Times“ meldet aus Hongkong, daß der Aufstand im Gebiet von Swatau sowohl gegen die Dynastie als auch gegen die Ausländer gerichtet und als ein Wiederausbruch der aufrührerischen Bewegung im April d. J. zu betrachten sei. Den in den Swatau⸗Distrikt gesandten Truppen sei es nicht gelungen, die Leiter des Aufstandes gefangen zu nehmen; sie seien nunmehr zurückgezogen worden. Eine Baseler Misfionb⸗ station, ungefähr 70 Meilen westlich von Swatau, sei am Montag zerstört worden.
Nr. 38 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ sundheitsamts“, vom 18. September, hat folgenden Inhalt: Personal⸗Nachricht. — Gesundheitsstand und Gang der Volks⸗ krankheiten. — Zeitweilige Maßregeln gegen Cholera ꝛc. — Desgl. gegen Pest. — Erkrankungen und Sterbefälle im italienischen Heere, 1893. — Sterblichkeit in Moskau, 1894. — Gesetzgebung u. s. w. sFül.g. Reich.) Schweineseuche ꝛc. — Impfgesetz. — (Hessen). apothekergehilfen. — (Oesterreich. Kärnten.) Hebammenwesen. — (Schweiz. Kanton Neuchatel.) Beerdigungen. — (Großbritannien.) Rinderpest. — (Däanemark.) Fleischauskuhr. — Gang der Thierseuchen in Großbritannien, 31. März bis 29. Juni. ö Maßregeln gegen Thierseuchen. (Preuß. Regierungsbezirke Trier, Aachen, Baden, Lübeck, Niederösterreich, Belgien.) — Ver⸗ mischtes. (Bayern.) Untersuchungsanstalten für Nahrungs⸗ und Genußmittel, 1894. — Geschenkliste. — Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. — Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Großstädte. — Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. — Witterung. — Beilage: Gerichtliche Ent⸗ scheidungen auf dem Gebiet der öffentlichen Fesundheitspflege (Kur⸗ pfuscher, Heilmittel).
Deutsch⸗Nordische „Handels⸗ und Industrie⸗Ansstellung in Lübeck.
F. S. — Die Deutsch⸗Nordische Handels⸗ und Industrie⸗Aus⸗
des Areals zu den bedeutendsten provinzialen deutschen ““ der Art zählen. Dabei ist sie mit geradezu amerikanischer Schnelligkeit ins Leben gerufen. In ungefähr fünf Monaten wurde die ganze
etwa 26 000 qm bebauter Fläche vollendet. Der Oberleitung des Unternehmens gebührt wegen der hierbei bewiesenen Energie und Umsicht besondere Anerkennun
baulichkeiten und zaubert ein reizvolles Bild aus dem alten Lübeck vor die Augen des Eintretenden.
rothen Dächern und blauen Traufen und Balkenlagen. Hier flattert von dem blauen Himmel der rothe Danebrog mit dem weißen Kreuz, dort weht von dem dunkelgrünen Wäldchen des Hintergrunde der lübische Adler in Weiß und Roth, und von den weißen Riesen wänden der Hauptgebäude wogt es von deutschen, schwedischen, nor⸗ wegischen und finnischen Fahnen, Flaggen und Wimpeln.
Den Schwerpunkt der Ausstellung bildet die Illustration der lübisch⸗nordischen Handelsbeziehungen.
Platz in dem Gesammtbild des Lübecker Handels einzunehmen.
Handel ungefähr gleich ist 5 Finlands.
Finland Butter — in Holzfässern verschickt, eine Waare, die sich sehr gut halten soll —, Holz, vor allen Dingen Fichten⸗ und Tannenholz,
für Sportzwecke und für Gebrauch, Eisenerze und Taback.
Schweden und Finland haben in ihren kunstgewerblichen Er⸗ zeugnissen einen eigenartigen Stil bewahrt, der noch nicht so von der Hochfluth der wiederaufgelebten Renaissance beeinflußt ist, wie die südlicheren Länder. Norwegen, das in dieser Ausstellung mit Schweden zu einer gemeinsamen Gruppe verbunden ist, hat den eigen⸗ thümlich nordischen Stil am reinsten bewahrt. Aber es hat auch nicht den Handelsverkehr mit dem Ausland, wie die beiden anderen Länder. Es führt zumeist nur Fischkonserven, Holz und Stein, Seife und Thran aus.
Bei Dänemark wird die Kultur schon merkbarer. Hier sind bereits Käselab⸗Extrakte, Butterfarben und Margarinen ausgestellt, außerdem
burg billiger zu exportieren als über Lübeck.
lokalem Handel. 1 Der Exporthandel, mit dem der Import immer mehr oder
der Marinehalle der Ausstellung eine sraphische Darstellung der Sta tistik über Export und Import in Lübe Jahrhundert. Daraus folgt, daß im Jahre 1894 Lübeck in beiden
Waare. Die größten Werthe werden in Kohlen, Eisenerzen, Holz,
durch den Elbe⸗Trave⸗Kanal das Hinterland der Elbe⸗ und Weser⸗ striche aufzuschließen.
Vom Handel ist die Industrie kaum zu trennen, denn die Mehr⸗ zahl der ausgestellten Gegenstände sind schon bearbeitete Rohstoffe. In der Maschinenhalle sind viele der für Lübecks Handel in Betracht Fentmee Fabrikeinrichtungen dem Auge des Laien zugänglich gemacht.
Einen Hauptanziehungspunkt der Ausstellung bildet ferner die Marinehalle. Man sieht hier die Kriegsmarine mit Schiffsmodellen neuer Typen, Kojen⸗ und Kombüseneinrichtungen, Flaggen, Geschützen, Torpedos und Minen veranschaulicht, auch ist eine Kaiserliche Staats⸗ barke von 12 Rudern ausgestellt, deren vornehme Pracht sehr an⸗ spricht; ferner sind Gruppen von Navigationsinstrumenten, Schiffs⸗ ausrüstungen, Booten, Bekleidungen und Schiffskonserven, Plänen, Zeichnungen und Photographien zusammengestellt, die einem aufmerk⸗ samen Beschauer ein recht deutliches Bild von den⸗Erfordernissen der Schiffahrt geben können. Ein eigener Katalog mit vorzüglicher Einleitung erleichtert zudem das erständniß. Auch die kleine Kolonialausstellung mit dem großartigen Panorama des Kilimandscharo von Hellgrewe weist, obwohl man sie in den nordischen Rahmen nicht einzupassen vermag, doch sehr interessante Einzelheiten auf, aus denen man lernen kann.
Ein glücklicher Gedanke war es, in dieser Ausstellung eine be⸗ sondere Abtheilung für die Industrie der Frauen einzurichten. Das wird sicherlich bald Nachahmung finden und segensreiche Folgen haben. Denn das, was die Damen geleistet haben (besonders die Hamburger
selbst erfunden und empfunden.
ist bei der Lübecker hervorzuheben.
Im Land⸗ und Forstwirthschaftsgebäude sind Einzelausstellungen eingerichtet, die sich je nach der Jahreszeit ablösen. Augenblicklich ist dort eine Molkereiausstellung, die von den Landleuten Mecklenburgs und Holsteins fleißig besucht und beschickt wird.
Der Besuch der Ausstellung war im allgemeinen nicht so be⸗ deutend, wie man gehofft hatte; das Ausland stellte ein verhältniß⸗ mäßig großes Kontingent zu der Besucherzahl. Und doch wäre bei den mannigfachen Anregungen, die das Unternehmen bietet, zu wünschen, daß die materiellen Ergebnisse desselben im Verhältniß zu der aufgewandten Mühe und Arbeit stehen möchten.
Statistik und Volkswirthschaft.
Der Schiffsverkehr im Danziger Hafen
umfaßt während der Monate Mai. Juni und Juli an eingegangenen Schiffen 500 mit einem Nettogehalt von 178 762 t gegen 988 Scbiffe mit 186 204 t im gleichen Zeitraum des Vorjahres, ist also um 56 Schiffe und 7442 t zurückgegangen. Ausgelaufen sind 521 Schiffe mit 188 741 t gegen 546 Schiffe mit 187 024 t, die Anzahl der Schiffe ist also um 25 zurückgegangen, ihr Tonnengehalt um 1717 t gestiegen. Unter den eingelaufenen Schiffen befanden sich 339 Dampfer mit 156 434 t gegen 369 Dampfer
160 732 t im Vorjahre, unter den ausgelaufenen Schiffen 350 Dampfer mit 161 649 t gegen 369 Dampfer mit
stellung, welche in diesem Sommer in der alten Hansestadt Lübeck veranstaltet wurde, dürfte nach der Statistik der Aussteller und Größe
Arbeit, in zwei und einem halben Monat die Bauausführung bei
Die Ausstellung liegt 2 einem Plateau an der ziemlich breiten Außenwacknitz und wird von der Stadt aus über eine Brücke erreicht, die zugleich den Eingang zum Ausstellungsterrain bildet. Am Ende der Brücke erhebt sich eine Nachbildung des 1851 abgerissenen Mühlenthors mit den schon früher verschwundenen Seiten⸗
tretend Dahinter sieht man in lustiger nordischer Polychromie die Hallen und Restaurants weit auseinandergebaut in der Sonne blitzen mit weißen Wänden,
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Der alte Handel mit Schweden und Dänemark ist in Lübeck ge⸗ blieben, trotz aller Noth der Zeiten, und hat seit den 60 er Jahren sogar wieder eine bedeutende Höhe erreicht. In den letzten Jahr⸗ hunderten ist noch Finland dazugekommen und scheint einen großen
Im Hauptausstellungsgebäude (10,515 qm) sind die ausländischen Predukte aufgebaut: aus Schweden vor allen Dingen Eisenerze, sehr bedeutende Metallwaaren, Leder, Fischkonserven und Thran, Bier und Tinte, Papier und Stoffe, Möbel, Wolle und Hülsenfrüchte, welche über Malmö, Göteborg und Stockholm expediert werden. Schwedens
Lübeck bezieht, wenn die Ausstellung ein richtiges Bild giebt, aus
Getreide, Oele der verschiedensten Arten, Theer, Leder, Gewebe, Boote
Seifen, Spirituosen, verarbeitetes Leder, Stoffe und Möbel, Glas⸗ malereien, Papierarbeiten, Honig und Fruchtweine und einige nautische Instrumente. Doch scheint Dänemark — wenn diese Ausstellung ein richtiges Bild giebt — nach Rostock und übers Kattegatt nach Ham⸗
Was nun Lübecks eigenen Handel betrifft, so muß man bei dieser Ausstellung wohl unterscheiden zwischen Exporthandel und weniger verknüpft ist, ist sehr beachtenswerth. Es befindet sich in seit ungefähr einem halben
den bisher höchsten Stand erreicht hat: wunderbarerweise in beiden Statistiken die gleiche Zahl, 220 000 kg ein⸗ und ausgeführter
Wein, Getreide, Fetten und Oelen umgesetzt. Man kann sich vor⸗ stellen, daß Lübeck bei diesem Handelsgebiet alles daran setzt, sich
Gewerbeschule), steht im Durchschnitt künstlerisch höher wie die Fabrik⸗ arbeit der Fabrikanten. Das liegt daran, daß in den Arbeiten der Frauen immer noch ein Stück Persönlichkeit liegt; die Sachen sind mit Lust und Liebe gearbeitet und bei den besten Stücken sogar
Noch eine andere Abweichung von der üblichen Ausstellungstechnik
herzogthum Hessen
894 t im Vorjahre. Unter der Gesammtzahl der eingelaufenen Ucife befanden 283 (gegen 306) deutsche; zurückgegangen ist ferner die Zahl der dänischen, schwedischen und amerikanischen Schiffe, wogegen die Zahl der englischen, norwegischen, holländischen, belgischen und spanischen Schiffe gestiegen ist. Unter den ausgelaufenen Schiffen befanden sich 303 deutsche mit 101 883 t. Heche 290 mit 96 366 t im gleichen Zeitraum des Vorjahres; ihre Zahl hat demnach um 13, ihr Tonnengehalt um 5517 t zugenommen. XX“
Die vorläufigen Ergebnisse der Berufs⸗ und Gewerbe⸗ zählung vom 14. Juni 1895 im Großherzogthum Baden.
m 14. Juni 1895 betrug die Gesammtbevölkerung des Groß⸗ herzogthums Baden nach den vorläufigen Ermittelungen 1 713 844 Köpfe gegen 1 657 867 am 1. Dezember 1890; es ist mithin eine Zu⸗ nahme von 55 977 Personen oder 3,38 % zu verzeichnen. Die Ver⸗ theilung der Bevölkerung nach dem Geschlecht ergiebt 842 003 männ⸗ liche und 871 841 weibliche Personen; erstere machen also 49,1 %, letztere 50,9 % der Bevölkerung aus. Da am 1. Dezember 1890 die Antheile der beiden Geschlechter 48,9 bezw. 51,1 % betrugen, so hat das männliche Geschlecht eine etwas stärkere Zunahme erfahren als das weibliche. Die Zahl der Haushaltungen belief sich auf 359 081, d. s. 13 932 oder 4,0 % mehr als am 1. Dezember 1890. Landwirth⸗ schaftliche Betriebe wurden 237 167, gewerbliche Gehilfen⸗ und Mo⸗ torenbetriebe 42 132 ermittelt; erstere haben gegen 1882 um 4880 oder 2,1 % zu⸗, letztere um 1716 oder 3,9 % abgenommen. - 8
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Die bedingten Begnadigungen gerichtlich bestrafter Personen im Großherzogthum Hessen. Die Gewährung von Straferlassen im Gnadenwege ist im Groß⸗ seit einer Reihe von Jahren häufig an die Be⸗ dingung geknüpft worden, daß die Verurtheilten während einer mehr⸗ jährigen Zeitdauer sich keines im ö vorgesehenen Ver⸗ brechens oder Vergehens schuldig machen. Nachdem diese bedingten Begnadigungen in der Erfahrung sich bewährt hatten, wurde zu Anfang des Jahres 1891 die allgemeine Anordnung getroffen, daß bei allen in dem Landeszuchthause, sowie in den Gefängnissen aufge⸗ nommenen Sträflingen nach Verbüßung von drei Vier⸗ theilen der zuerkannten Strafe die Frage, ob denselben der Strafrest, bedingt oder unbedingt, im Gnadenwege zu erlassen sei, von Amtswegen geprüft werde. Dabei wurden die Strafvollstreckungsbehörden angewiesen, solche Gefangene, welche dem angegebenen Zeitpunkt ihrer Strafverbüßung entgegensehen und einer Berücksichtigung nicht von vornherein als unwürdig erscheinen, zu protokollarisch aufzunehmenden Straferlaßgesuchen zu veranlassen und die erwachsenden Protokolle mit gutachtlichen Berichten an das Ministerium des Innern und der Justiz einzusenden. Es blieb den Strafvollstreckungsbehörden überlassen, in solchen Fällen, die sich nach dem Vorleben des Sträflings, seinem Verhalten in der Strafanstalt und der Strafthat hierzu eigneten, das vorerwähnte Verfahren auch schon nach Verbüßung der Hälfte der Strafzeit einzuhalten. Dies wurde namentlich auch bei jugendlichen Personen empfohlen, denen vielfach, besonders dann, wenn sie in Erziehungsanstalten Auf⸗ nahme fanden, die volle erkannte Strafe bedingungsweise auf dem Gnadenwege erlassen wurde. In ähnlicher Weise wie bei Zuchthaus⸗ und Gefängnißstrafen wurde bedingte Begnadigung auch bei Haft⸗ und Geldstrafen gewährt. —
Aus den für die Zeit vom 9. Mai 1891 bis Mitte März 1895, also für einen Zeitraum von rund vier Jahren, hierüber stattgehabten Aufzeichnungen sind in den „Mittheilungen der Großherzoglich hessischen Zentralstelle für die Landes statistik“ (Juli 1895) Uebersichten für die drei Provinzen aufgestellt, denen wir nachstehende interessante Zahlen entnehmen: 1
Die Gesammtzahl der in dem genannten Zeitraum bedingt begnadigten Personen betrug 723. Von diesen waren ver⸗ urtheilt wegen Körperverletzung 185, wegen Diebstahls und Unterschlagung 177, Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit 84, Urkunden⸗ fälschung 70, Verbrechen und Vergehen wider das Leben 33, desgl. im Amt 31, wegen Betrugs und Untreue 27, Verbrechen und Vergehen wider die öffentliche Ordnung 14, Beleidigung 11, Münzverbrechen und Münz⸗ vergehen 8, wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt sowie gemein⸗ gefährlicher Verbrechen und Vergeben je 7, Begünstigung und Hehlerei sowie strafbaren Eigennutzes und Verletzung fremder Geheimnisse je 6, wegen sonstiger Verbrechen und Vergehen 24, überhaupt wegen Ver⸗ brechen und Vergehen 690, wegen Uebertretungen 21, Forstfrevels 11, Feldfrevels 1. Hierbei sind bedingt erlassene Strafen 8 2 oder mehrerer, unter verschiedene Deliktsgruppen fallender Verbrechen und Vergehen ꝛc. nur bei einer Gruppe, und zwar in der Regel bei der⸗ jenigen gezählt, welcher das in den Aufzeichnungen zuerst genannte Delikt angehört. 8
Nach den Strafarten, auf welche der bedingte Erlaß sich be⸗ zogen hat, waren von den 723 bedingt begnadigten Personen 33 zu
uchthaus⸗, 655 zu Gefängniß⸗, 28 zu Haft⸗, insgesammt 716 zu reiheitsstrafen und 7 zu Geldstrafen verurtheilt. Von jenen 716 zu reiheitsstrafen verurtheilten Personen betrug in 406 Fällen die er⸗ assene Strafe bis zu 6 Wochen, in 253 Fällen mehr als 6 Wochen bis 6 Monate einschließlich, mehr als 6 Monate bis 1 Jahr ein⸗ schließlich in 42, mehr als 1 Jahr in 15 Fällen. Die Bedingungen waren gewöhnlich Nichtbegehung eines Verbrechens oder Vergehens ꝛc. innerhalb 2 bis 5, ausnahmsweise bis 10 Jahren oder Aufenthalt in der Arbeiterkolonie und gute Führung in derselben.
Widerrufen wurden im Ganzen 65 Begnadigungen oder 9 %. In den weitaus meisten Fällen wurden die Widerrufe durch “ einer neuen strafbaren Handlung seitens der Begnadigten innerhal der für den Widerruf festgesetzten Zeit veranlaßt. Diese neuen straf⸗ baren Handlungen waren in 26 Fällen gleichartig mit denjenigen, wegen welcher die bedingt erlassene Strafe erkannt war, in 35 Fällen verschiedenartig; in 4 Fällen gab das sonstige Verhalten der Be⸗
gnadigten zu den Widerrufen Veranlassung. In Prozenten der in
den einzelnen Deliktsgruppen bedingt Begnadigten ausgedrückt, ent fallen Widerrufe auf folgende Gruppen: 8 Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit 11,9 %, ˙˙7˙757575, Diebstahl und Unterschlagung 13,5 111 “ 1111““ Verbrechen und Vergehen im Amte.... ˙-˙-˙-˙-ö-55] Die meisten Widerrufe der Begnadigung kamen hiernach bei Dieb⸗ stahl und Unterschlagung vor. b Bezüglich der Zeit, welche zwischen der bedingten Begnadigun und der den Widerruf begründenden Thatsache lag, ergiebt sich, daß 27 Widerrufe innerhalb des ersten Jahres von der bedingten Be⸗ gnadigung an, 25 innerhalb des zweiten Jahres, 12 innerhalb des dritten und 1 innerhalb des vierten Jahres erfolgten. “ “ 8
Zur Arbeiterbewegung. Aus Mülhausen i. E. wird der Frkf. Ztg.“ unter dem 18. d. M. zum Ausstand in der Kammgarnspinnerei Laederich u. Co. (pgl. Nr. 225 d. Bl.) weiter geschrieben, daß die Zahl der Ausständigen zugenommen hat. Das gesammte Ansetzerpersonal, 90 Mann, hat die Arbeit niedergelegt. Seinem Beispiel folgten die Spinner: von 30 Spinnern sind nur zwei zur Arbeit erschienen. Nur vier Maschinen konnten demzufolge betrieben werden, die 54 übrigen stehen vorläufig still. Grund der eeitecanfteszeng sind, wie erwähnt, die Lohnverhältnisser Die Fabrikleitung verhält sich den Forderungen der Arbeiterschaft gegenüber durchaus ablehnend. Hier in Berlin hat gestern wegen des Ausstandes der Sattler in der Militär⸗Effektenfabrik von Loh u. Söhne (vgl. Nr. 210 d. Bl.) vor dem Gewerbegericht ein Sühnetermin stattge⸗
funden, zu welchem etwa 40 Sattlergehilfen, sowie der Vertreter der 22e erschienen waren. Der Vertreter der Firma bestritt die Be⸗ auptung der Arbeiter, daß sie nur zehn Tornister wöchentlich fertig⸗ stellen könnten, und legte Bücher vor, nach denen jetzt arbeiten⸗ den Sattler vierzehn Stück wöchentlich anfertigten. Die Verhandlung sollte, wie die Zeitung „Die Post“ berichtet, zur Anstellung weiterer Erhebungen heute fortgesetzt werden. 8.
Aus Glasgow meldet „W. T. B.“: Dem Beispiel der Eisenarbeiter in Belfast folgend, verlangen die hiesigen Werft⸗ arbeiter 10 % Lohnerhöhung. Die Arbeitgeber erklären, eher die Betriebsstätten schließen zu wollen, als die Forderung zu bewilligen. ser Aasstand von 30 000 Arbeitern in Glasgow ist daher sehr wahr⸗
einlich.
Kunst und Wissenschaft.
Die zweite Sitzung der 67. Versammlu g d
Naturforscher und Aerzte zu Lübeck (vergl. Nr. 222 u. folg. d. Bl.) begann am Mittwoch mit der Bekanntgabe des Dankes Seiner Majestät des Kaisers auf das Allerhöchstdemselben übersandte Be⸗ grüßungstelegramm; dem huldvollen Danke war der Wunsch segens⸗ reichen Erfolges der Berathungen beigefügt. Hierauf hielt Hofrath Dr. Riedel⸗Jena den ersten Vortrag über das Thema „Chirurgische Operationen im Gehirn.“ Unter Zuhilfenahme großer Ta⸗ feln, die Längs⸗ und Querschnitte des Menschenhirns zeigten, gab er zunächst in großen Umrissen ein Bild von Bau und Funktion des Gehirns, um auch die nicht medizinisch gebildeten Anwesenden einigermaßen zu orientieren. Mit großer Bestimmtheit vertrat er die Lehre von der Lokalisation der Hirnfunktionen in bestimmten Zentralstationen und verglich die Thätig⸗ keit des Gehirns mit einem Haupttelegraphenamt, das seine Depeschen erst an Nebenämter und von da an die Adressaten weiter sendet, wie es ebenso auch Meldungen von zahllosen Orten wieder hereinbekommt. Durch die Lehre von der Lokalisation in bestimmten Zentren sei der chirurgischen Operation in vielen Fällen erst ein sicherer Anhalt für das Eingreifen gegeben. Operationen im Gehirn seien zwar schon in ältester Zeit gemacht worden; man besitze Inkaschädel mit deutlichen Spuren von Trepanation. Aber naturgemäß habe man sich auf die Operation bei äußeren Verletzungen des Schädels beschränken müssen. Auch heute noch sei dies die erste und nächstliegende Indication zum Eingriff des Chirurgen, dessen Arbeit unter Anwendung der antiseptischen Mittel hier schöne Erfolge auf⸗ weise und der leidenden Menschheit viel Segen schaffe. Die ohne äußere Verletzung des Schädels angezeigte Operation im Gehirn, wofür die physiologische Vorarbeit zur Bestimmung des Sitzes der Erkrankung immer neue Beiträge liefere, werde kenntlich durch Blut⸗ erguß, Entzündungen im Mittelohr, Eiterungsprozesse als Folge anderer Krankheiten, Geschwulste und Epilepsie. In den meisten Fällen sei hier die Diagnose mehr oder weniger schwierig, der Erfolg der Operation unsicher; so weinte der Redner nur 3 % Heilungen bei Gehirntumor⸗ Operationen annehmen zu dürfen. Immerhin aber seien doch Fort⸗ schritte und günstige Ergebnisse zu verzeichnen, und wenn man bedenke, welch furchtbare Hirnerkrankungen verursachen könnten, wie ferner der tödtliche Ausgang durch kein anderes Mittel zu vermeiden sei, so dürfe der Chirurg bei aller Vorsicht hier doch nicht ohne Hoff⸗ nung für die Zukunft sein. Hofrath Riedel erzählte eine Reihe von Krankheitsgeschichten, wo er selbst kühne Operationen vorgenommen hat, nicht selten mit staunenswerthen Ergebnissen, allerdings öfter auch ohne dem Uebel wehren zu können. Der frisch und lebendig gesprochene Vortrag mag den Aerzten nicht allzu viel Neues ge⸗ bracht haben, für die Naturforscher und Laien eröffnete er einige Ausblicke in ein Gebiet, das auch allgemeines Interesse beansprucht. — Sodann sprach der bekannte Chemiker Professor Dr. Victor Meyer über „Probleme der Atomistik“. Ausdrücklich betonte er, daß er als Experimentator sich streng an die beobachteten Thatsachen halten werde. Man kenne jetzt 70 chemische Elemente, die anscheinend streng gesondert neben einander ständen. Und doch dränge sich immer stärker die Ansicht auf, daß man es in ihnen nicht mit wirklichen Urstoffen zu thun habe, sondern nur mit verschieden⸗ gradigen Verdichtungen einiger weniger Grundstoffe. Ein sicherer Beweis für diese Annahme sei bisher aicht elungen, trotzdem aber sprächen viele Gründe dafür. Reuere Versuche hätten zu der Gruppierung gewisser Elemente geführt, in der je drei Elemente sich sowohl durch chemische Ver⸗ wandtschaft wie durch bestimmtes Wachsthum des Atomgewichts zu⸗ sammenstellen ließen. So bildeten z. B. Lithium, Natrium, Kalium, dann Chlor, Brom, Jod, ferner Schwefel, Selen, Tellur und andere Elemente mehr, solche Triaden, in denen höchstwahrscheinlich ein noch unbekannter Urstoff in verschiedener Gestalt und Art sich darstelle. Sichere Aufschlüsse verspreche hier nur das Experiment. Zerlegung und Aufbau der Elemente — das sei das Ziel, dem namentlich die Pyro⸗ chemie zustrebe. Hier hat der Redner selbst ein neues Verfahren ermittelt. In einer Hitze von 1700 Grad Cels. haben Sauerstoff, Stickstoff, Schwefel und andere Elemente in ihrer Dampfdichte keine Verände⸗ rung erblicken lassen; wohl aber Jod, Chlor und Brom, deren Dampf⸗ dichte bei zunehmender Erwärmung bis auf die Hälfte kleiner ge⸗ worden ist. Im Feuer zeigen sich diese letzteren und andere Elemente veränderlich, sie sind also keine Urstoffe. Mit Steigerung der Hitze⸗ grade, die bis jeßt an dem Mangel feuerbeständiger Apparate (Oefen und Gefäße) gescheitert ist, hofft der Redner, da er die mechanischen Schwierigkeiten überwinden zu können glaubt, in der Analysis der Ele⸗ mente noch weitere Fortschritte zu machen, ebenso wie auch in der Synthese einige, wenn auch noch schwache Anfänge zu verzeichnen sind. Jedenfalls aber, so schloß der Vortrag, dürfe man freudig vorwärts blicken in der Erwartung, werthvolle Einblicke in das Wesen des Stoffs zu gewinnen, wenn auch vor den letzten Dingen der Forscher mit einem „Ignorabimus“ Halt machen müsse. — Fn der gestrigen, dritten Sitzung, wählte die Versammlung Frankfurt am Main als Ort der nächstjährigen Zusammenkunft.
— In Konstanz tagt gegenwärtig die 30. General⸗ versammlung des Gesammtvereins der Deutschen Geschichts⸗ und Alterthumsvereine. In seiner Sitzung vom 18. September, an der auch Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin von Baden theilnahm, sprach u. a. Professor Dr. Brecher über „die Hohenzollern und das Konstanzer Konzil’ Er schilderte zunächst die politischen, gesellschaftlichen und kirchlichen Verhältnisse, welche der Zeit des großen Konstanzer Konzils 1414—1418 voraus⸗ gingen. Das Bild, das er entwarf, war klar und deutlich. Sehr interessant war auch die kurze, aber packende Schilderung der Cha⸗ raktere König Sigismund's und des Hürgaraftn Friedrich von Nürn⸗ berg, des ersten Kurfürsten und brandenburgischen Markgrafen. Die Zustände waren allenthalben in deutschen Landen nicht rosig, in der Mark aber schier trostlos. Verzweifelnd schauten die Brandenburger nach Hilfe aus und baten den König um einen Mann, der ihnen helfen könnte. Diesen Wunsch zu erfüllen, war nicht leicht; denn erstens erforderte dieser Posten einen ganzen Mann, und an solchen war Deutschland damals arm. Sodann bot die Uebertragung der Mark wegen der berechtigten Ansprüche des Hauses Luxemburg auch weitere Schwierigkeiten. Aber Sigismund wagte es doch, dem Hohen⸗ zollern die Aufgabe zuzuweisen. Und er hatte den allein richtigen Mann gefunden. Der Vertrag zwischen Sigismund und Friedrich mit der Regreßpflichtigkeit und Verpfändung von 400 000 Goldgulden, die Friedrich herauszuzahlen wären, falls man von seiten des Hauses Luxemburg die Mark wieder haben wolle, gab Brecher Gelegenheit, seine eigenen Auffassungen aufzustellen, die für Schärfe seines Denkens zeugen, aber doch nicht von allen Fachleuten getheilt werden. Sodann ging Redner auf das Konzil selbst über und benutzte diese Gelegenheit zu einem kleinen Fehdegang in Betreff der Hus'schen Angelegenheit, der ihm den Beifall eines roßen Theils der Zuhörer ö Nach Ulrich Richental wurde 8. der hochfeierliche Akt der Belehnung des Kurfürsten durch den Kaiser in anschaulicher Weise S Mit einem warmen. Hinweis auf alles, was die Hohenzollern seit jenem wichtigen Tage geleistet,zschloß der Redner seinen sehr fesselnden Vortrag.
Land⸗ und Forstwirthschaft. Ernteergebniß Rumäniens. 1
Ueber das diesjährige Ernteergebniß wird folgende auf vorläufigen Ermittelungen beruhende Uebersicht aufgestellt: 5 — Anbaufläche Ergebniß
Ee11“ in hl Roggen . 217 516 3 261 130 Weizen 1 438 000 24 139 870 Gerste 552 650 7 889 570 AEEE 1u“ 3 655 970 übsen . . 93 900 1 180 650
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten Maßregeln.
b 8 1“ Portugal. “ ““ 1 Durch Verfügung des Königlich portugiesischen Ministeriums des Innern sind die Rufh en Häfen der Ostsee seit dem 1. d. M. für rein von Cholera erklärt worden. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 138 vom 12. Juni d. J.)
Malta
zufolge Verfügung der Lokalregierung in Malta vom 7. d. M. unterliegen Herkünfte von Tanger einer fünftägigen Quarantäne.
Handel und Gewerbe.
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 19. d. M. gestellt 11 320, nicht recht⸗ zeitig gestellt 1348 Wagen. In Oberschlesien sind am 18. d. M. gest Ult 4106, nicht zeitig gestellt keine Wagen. 8G
Zwangs⸗Versteigerungen.
Beim Königlichen 1“ t II Berlin standen am 19. September d. J. die nachbezeichneten Grundstücke zur Ver⸗ steigerung: das im Grundbuch von Schöneberg Band 36 Blatt Ner. 1373 auf den Namen des Maurermeisters Fritz Magnus zu Berlin, Borsigstraße 34, eingetragene, zu Schöneberg, Sieg⸗ friedstraße 6, belegene Grundstück; Fläche 9,80 a, mit 12 900 ℳ Nutzungswerth zur Gebäudesteuer veranlagt; mit dem Gebot von 173 000 ℳ blieb der Kaufmann Wilhelm Wolff zu Berlin, Behrenstr. 52, Meistbietender. — Das im Grundbuch von Groß⸗Lichterfelde Band 21 Blatt Nr. 632 auf den Namen des Hof⸗Schlächtermeisters Karl Maaß zu Schöneberg, Barbarossastr. 80, und des Restaurateurs Hermann Schulz zu Groß⸗Lichterfelde, Chausseestr. 106, eingetragene, zu Groß⸗Lichterfelde, Chaussee⸗ straße 111, belegene Grundstück; Flächenraum 68,93 a; Nutzungs⸗ werth zur Gebäudesteuer 1710 ℳ; mit dem Gebot von 36 000 ℳ blieb der Rentier Reinhold Gensch zu Zehlendorf Meistbietender.
Ausweis über den Verkehr auf dem Berliner Schlachtviehmarkt vom 18. September1895. Auftrieb u. Markt⸗ preise nach Schlachtgewicht mit Ausnahme der Schweine, welche nach Lebendgewicht gehandelt werden. Rinder. Auftrieb 448 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) I. Qualität —,— ℳ, II. Qualität —,— ℳ, III. Qualität 90 — 104 ℳ, IV. Qualität 80 — 86 ℳ — Schweine. Auftrieb 9731 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) Mecklenburger 94 ℳ, Landschweine: a. gute 90 — 92 ℳ, b. geringere 82 — 88 ℳ, Galizier —,— ℳ, leichte Ungarn —,— ℳ, bei 20 88 Tara, Bakonyer —,— ℳ bei — kg Tara pro Stück. — älber. Auftrieb 1403 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) I. Qualität 1,22 — 1,30 ℳ, II. Qualität 1,14 — 1,20 ℳ, III. ualität 1,00 — 1,12 ℳ — Schafe. Auftrieb 1583 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) I. Qualität 1,10 — 1,28 ℳ, II. Qualität 0,96 — 1,04 ℳ, III. Qualität —,— ℳ
— Börse zu Düsseldorf. (Amtlicher Kursbericht vom 19. September, Sö unter Mitwirkung der Börsenkommission von den vereideten Maklern.) Die Lebhaftigkeit des Eisenmarkts macht weitere Fortschritte. Der Absatz auf dem Kohlenmarkt ist sehr flott, leidet jedoch unter dem Wagenmangel. — Kohlen und Koks. 1) Gas⸗ und Flammkohlen: Gaskohle für Leucht⸗ gasbereitung 10,00 — 11,00 ℳ, Generatorkohle 10,00 — 11,00, Gasflammförderkohle 8,00 — 9,00; 2) Fettkohlen: Förderkohle 7,50 — 8,50, melierte ö Kohle 8,50 — 9,50, Kokskohle 6,50 — 7,00; 3) magere Kohlen: Förderkohle 7,00 — 8,00, melierte Kohle 8,00 — 10,00, Nußkohle Korn II (Anthracit) 18,00 — 20,00; 4) Koks: Gießereikoks 13,00 — 14,50, Hochofenkoks 11,00, Nußkoks, gebrochen 13,75 — 15,50; 5) Briquettes 8,50 — 11,00. — rze: 1) Rohspath 7,00, 2) Spatheisenstein 9,50 — 10,50, 3) So⸗ morrostro f. o. b. Rotterdam g 4) nassauischer Rotheisenstein mit etwa 50 % Eisen 8 — 8,50, 5) Rasenerze franko —. — Roh⸗ eisen: 1) Spiegeleisen Ia. 10 — 12 % Mangan 50,00, 2) weiß⸗ strahliges Qualitäts⸗Puddelroheisen: a. rheinisch⸗westfälische Marken, b. Siegerländer und 3) Stahleisen mit Fracht ab Siegen, 4) englisches Bessemereisen ab Verschiffungs⸗ hafen —,—, 5) spanisches Bessemereisen Marke Mudela cif. Rotterdam —,—, 6) deutsches do. —,—, 7) Thomaseisen frei Verbrauchsstelle 48,00, 8) Puddeleisen (Luxemburger Qualität) 38,40, 9) englisches Roheisen Nr. III ab Ruhrort 58,00, 10) Luxem⸗ burger Gießereieisen Nr. III ab Luxemburg 46,00, 11) deutsches Glepereieisen Nr. I 65, 12) do. Nr. II —, 13) do. Nr. III 56, 14) do. Hämatit 65, 15) spanisches Hämatit Marke Mudela ab Ruhrort 71 — 72. — Stabeisen: Gewöhnl. Stabeisen 105. — Bleche: 1) Gewöhnliche Bleche aus Flußeisen 110—115, 2) Kesselbleche aus Flußeisen 120 — 125, 3) Kesselbleche aus Schweißeisen 150 — 165, 4) Feinbleche 120 — 130. — Draht: 1) Eisenwalzdraht —,—, 2) Stahl⸗ walzdraht 101 — 103. 1
— Die Einnahmen der Pfälzischen Eisenbahnen betrugen im August d. J. 2 055 420 (+ 58 628) ℳ und seit dem 1 d. J. 14 470 898 (+ 181 762) ℳ v““
“ Verkehrs⸗Anstalten.
Zur Beförderung von Briefen und Postpacketen nach Deutsch⸗Südwest⸗Afrika bietet der am 30. September von dorthin abfahrende Postdampfer eine günstige Gelegenheit.
ie betreffenden Sendungen müssen mit dem Leitvermerk „über
Hamburg mit direktem Dampfer“ versehen sein. Postpackete .
sind bis zum Gewicht von 5 kg zur Mitbeförderung zulässig; das Porto beträgt 3 ℳ 50 ₰ und muß vom Absender vorausbezahlt werden. 8
Der vom 1. Oktober d. J. ab gültige Fahrplan der II
lichen Eisenbahn⸗Direktion zu Berlin zeigt folgende wich⸗ tigen Aenderungen gegen den bisherigen Fahrplan: A. Neue Züge bezw. neue Anschlüsse: Die Züge ab Schlesischer Bhf. 1141 und ab Rixdorf 1122 werden zwischen Schlesischer Bhf. und Rixdorf neu eingelegt. Die Züge 659, 663, 811 und 843, ab Zehlendorf 8.47, 9,07, 9,21 und 11,41, sowie die Züge 658, 662, 816 und 846, ab Berlin 8,00, 8,20, 8,42 und 11,12 werden zwischen Berlin und Zehlendorf neu eingelegt. B. Ausfallende Züge: Die zwischen 7,22 und 8,22, sowie zwischen 8,22 und 9,22 für den Sommer elngelegten 5 Minutenzüge fallen zwischen Berlin und Zehlendorf aus. C. Sonstige Zugänderungen: Der bisher vom Nordbahnhof um 10,2à abgelassene Vorortzug wird erst um 10,22 und der vom Stettiner Bahnhof um 11,à abgelassene Zug erst um 12,22 nach Oranienburg abgelassen. Der bisher um 10.1¾ nach Gr.⸗Lichterfelde abgelassene Zug wird erst um 10,42 abfahren.
Die „Zeitschrift für den internationalen Eisenbahn⸗ transport“, welche von dem Zentralamt in Bern herausgegeben wird, hat in der Nr. 9 des III. Jahrgangs vom September 1895
folgenden Inbalt: Amtlicher Theil. Internationales Uebereinkommen.
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