1895 / 232 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 27 Sep 1895 18:00:01 GMT) scan diff

——yy—VU

Bayern.

Unter Vorsitz Seiner Königlichen Hoheit des Prinz⸗ Regenten fand gestern eine Sitzung des Staatsraths statt. Wie „W. T. B.“ berichtet, wurden in demselben die Vorlagen für den Landtag vereinbart, nämlich die Entwürfe des Budgets und des Finanzgesetzes für 1896/97 und des Militär⸗ Etats für 1895/96, sodann Gesetzentwürfe, welche den doppelgeleissigen Ausbau von Staatsbahnen, Er⸗ gänzung des Eisenbahn⸗Fahrmaterials und Telephonbauten, ferner die Vieh versicherung, Ab⸗ änderung des Notariatsgesetzes und die Pensions⸗ verhältnisse der Auditeure betreffken.

Mecklenburg⸗Schwerin.

In dem Befinden Seiner Königlichen Hoheit des Gr

herzogs ist, nach einer gestern aus Genf in Schwerin eingetroffenen telegraphischen Nachricht nunmehr eine me⸗ liche Besserung eingetreten. . t

Die Manöver bei Banffy⸗Hunyad sind gestern beendigt worden. Der, Kaiser sprach am Schluß den versammelten Generalen seine vollste Zufriedenheit mit den auf beiden Seiten getroffenen Dispositionen aus und dankte insbesondere den Kommandanten für die erzielten Erfolge, sowie dem Chef des Generalstabs Freiherrn von Beck für die Leitung der Manöver. Nachmittags trat Seine Majestät unter de ese den Ovationen des Publikums die Rückreise nach Wien an.

Der „Budapester Correspondenz“ zufolge hat der Kaiser an den Reichs⸗Kriegs⸗Minister, General der Kavallerie Edlen von Krieghammer, und an die Landesvertheidigungs⸗ Minister, Feldzeugmeister Grafen Welsersheimb und Feld⸗ zeugmeister Freiherrn von Fejérväry, huldvolle Handschreiben gerichtet, worin Allerhöchstderselbe seine Anerkennung über die Ausbildung aller Truppen und über die Leistungen bei den Ma⸗ növern ausspricht; gleichzeitig richtete der Kaiser an die Minister⸗ Präsidenten Baron Banffy und Graf Kielmanseg Hand⸗ schreiben, worin er seine Zufriedenheit über den Empfang bei seinen Reisen zu den Manövern ausspricht und die Minister beauftragt, in den betreffenden Bezirken seinen Dank bekannt zu geben.

Die Kaiserin hat, wie die „Wien. Ztg.“ meldet, vor⸗ gestern Aix⸗les⸗Bains verlassen und sich nach Territet am Genfer See begeben.

Bei der gestrigen Wiener Gemeinderathswahl im ersten Wahlkörper, welche ruhig verlaufen ist, wurden 32 Liberale und 13 Antiliberale gewählt. In Neubau muß eine Stichwahl zwischen dem liberalen Kandidaten Frauen⸗ berger und dem antiliberalen Kandidaten Lehofer stattfinden. Die Antiliberalen gewannen 7 Mandate. Im Ganzen sind jetzt 91 Antiliberale und 46 Liberale gewählt. Die Liberalen verloren die Bezirke Favoriten, Simering, Meidling, Hietzing und Rudolfsheim. Im Bezirk Fünfhaus wurden ein Liberaler und ein Antiliberaler gewählt. 8.

Der ungarische Reichstag ist gestern wieder zu⸗ sammengetreten. In beiden Häusern widmeten die Präsidenten dem Erzherzog Ladislaus und den verstorbenen Mitgliedern Nachrufe. Das Unterhaus stimmte dem Antrage des Minister⸗Präsidenten Baron Banffy zu, im Laufe dieser Woche keine weitere Sitzung abzuhalten und in der nächsten Woche über die noch unerledigten kirchenpolitischen Ge⸗

setzentwürfe zu verhandeln. Vorher wird, wie verlautet,

der Finanz⸗Minister Lukacs das Budget für 1896 unter⸗ breiten. Frankreich.

Die Budgetkommission hat sich zu dem vorgestern eingebrachten Vorschlag Cavaignac's betreffs der Reorgani⸗ sation der Truppenmacht in Algerien günstig ge⸗ stellt. Cavaignac schlug dann vor, die Stäbe der Artilllerie und des Geniekorps zu vereinigen. Dieser Plan wurde mit 13 gegen 3 Stimmen angenommen.

Der russische Botschafter in Paris Baron Mohren⸗

heim trifft, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, heute zum Besuch des Fürsten Lobanow in Contrexévillb ein. Türkei. Bezüglich der Entschädigung für die bei dem Attentat in Djeddah verwundeten Konsulatsbeamten ist, nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Konstantinopel, Aussicht auf eine baldige Einigung mit der Pforte vorhanden. Für den englischen Konsul sollen 10 000 Pfd. Sterl., für den russischen Konsul 200 000 Fr., für den französischen Konsulats⸗Sekretär

100 000 Fr. geza lt werden.

11A1AAAA“*“

Gestern fand die feierliche Eröffnung der Donau⸗ brücke zwischen Cernavoda und Fetesci, welche die Dobrudscha mit Rumänien verbindet, statt. An der Feier nahmen theil: der König und die Königin, der Prinz und die Ferdinand von Rumänien, der Erbprinz, die Erbprinzessin und die Prinzessin Feodora von Sachsen⸗Meiningen, der Fürst und der Erbprinz von Hohenzollern, die Minister, das diplomatische Korps, die Generalität und mehr als vierhundert geladene Gäste. Der König und die Königin wurden von der aus allen Landestheilen in großer Zahl zusammengeströmten Bevölkerung begeistert begrüßt. Nach Einsetzen der letzten Niete durch die Majestäten zelebrierte der Metropolitan⸗Primas einen Gottesdienst. Nach demselben

erfolgte die Unterzeichnung der Vollendungsurkunde durch

den König, die Königin, den Prinzen und die Prinzessin Ferdinand, die anderen hervorragenden Gäste und die Minister. Nach Einmauerung der Urkunde in eine Pfeiler⸗ nische überschritten die Fürstlichkeiten und die Gäste die Brücke und sahen vom rechten Donauufer aus einer Erprobung der Tragfähigkeit der Brücke zu. Bei dem darauf folgenden Bankett gab der Arbeits⸗Minister Olanesco der Treue und Ergeben⸗ heit für den König Ausdruck, indem er daran erinnerte, daß die Donau zweimal mittels Steins und Eisens bemeistert

worden sei: zum ersten Mal durch Kaiser Trajan,

den Begründer der rumänischen Nation, das zweite Mal durch König Carol, den Begründer des rumänischen Staats; letzterer habe den friedlichen Fortschritt des Königreichs gesichert. Der Ruhm Trajan's sei durch die Säule in Rom und das Monument in der Dobrudscha verewigt worden der Ruhm König Carol's werde im ganzen

Lande verewigt werden, insbesondere in der Provinz, welche mit dem Mutterlande nach vierhundertjähriger Trennung wieder vereinigt worden sei. Nichts habe der Regierung König Carol's gefehlt, welcher die Unabhängigkeit erkämpft, das Königreich gegründet, Rumänien mit Eisenbahnen versehen, ihm den Weg zum Meere geöffnet, den Feind in den Ebenen Bulgariens besiegt und mit rumänischen Handwerkern die Donau bezwungen habe, weshalb man ein unerschütterliches Vertrauen in den König setze, der allen Hoffnungen der Nation ent⸗ spreche. Redner schloß mit einem Hoch auf den König, die Königin und die Dynastie. Hierauf hob der Eisenbahn⸗Direktor Doucka die Verdienste aller an dem Bau Betheiligten hervor und dankte dem König für sein Erscheinen. Der König erwiderte in einer begeistert aufgenommenen Rede. Nach dem wurde auf den Kriegsschiffen eine Fahrt auf der Donau unternommen. ö““ Das Wiener „Fremdenblatt“ bezeichnet die Eröff⸗ nung der Donaubrücke als ein Werk des Fortschritts für Rumänien, das von hervorragender Bedeutung sei, und sagt: „Das Aufblühen der Länder an unserer Südostgrenze ist von uns stets mit Wohlwollen betrachtet worden, namentlich begleiten wir die Fortschritte Rumäniens, welches uns politisch nahegerückt ist, mit doppelter Theilnahme. Früher ein Vasallenstaat ohne selbständige Kultur, ohne Ansehen in Europa, ist Rumänien jetzt unabhängig und in der Reihe der europäischen Staaten ein wichtiges Glied geworden; dazu hat die Klugheit, die Festigkeit, der unermüdliche Eifer und die einsichtsvolle, rastlose Arbeit des Königs Carol außerordentlich viel beigetragen. Es war nicht leicht für ihn, sich auf so bewegtem Boden die unbe⸗ strittene Stellung, deren er zur Erfüllung der übernommenen Pflichten bedurfte, zu verschaffen. Heute steht die Nation zu ihm wie zu einem angestammten Fürsten, sie fühlt sich un⸗ zertrennbar mit seinem Hause verbunden und hat volles Ver⸗ trauen zu seiner Weisheit. Die neugewonnene Dobrudscha ist mit den alten Landestheilen fest verbunden. Dies alles giebt hinlänglich Anlaß zu glänzenden Feierlichkeiten.“ 8

Bulgarien.

Der Puns Ferdinand von Sachsen⸗Coburg ist gestern nach Euxinograd zurückgekehrt. 18 8

Die „Agence Balcanique“ meldet, der Justiz⸗Minister Mintschewtisch sei mit der Vertretung Bulgariens bei der rumänischen Regierung betraut worden; der Minister⸗Präsident Stoilow übernehme provisorisch das Justiz⸗Portefeuille.

Der „Politischen Correspondenz“ wird aus Sofia ge⸗ meldet, daß am 1. Januar 1896 mit der Durchführung der bereits früher beschlossenen Neuformationen bei der Feld⸗ Artillerie, wonach jedes Regiment um eine Batterie⸗Division

vermehrt wird, begonnen werden solle.

Afrika. 8

Aus Melilla ist in Madrid die Nachricht von einem Angriff der Mauren auf das Fort Sidi Guariarch bei Melilla, welches die Veranlassung zu dem letzten Streitfall Spaniens mit Marokko gegeben hatte, eingetroffen. Ein spanischer Soldat sei verwundet worden, die Mauren hätten aber schließlich die Flucht ergriffen. Infolge dieses Zwischenfalls hat die spanische Regierung, wie „W. T. B.“ berichtet, die Absendung eines Geschwaders nach Marokko beschlossen.

Dem „Echo de Paris“ zufolge wird der französische Admiral Bienaimé die Leitung der Operationen auf Ma⸗ dagaskar übernehmen, welche bestimmt sind, eine Marsch⸗ route von Tamatave aus nach Tananarivo zu eröffnen und, wenn nöthig, den General Duchesne zu unterstützen.

Zlur Lage der Bauhandwerker in Deutschland. Nach den Forschungen des Vereins für Sozialpolitik.

28

Wenn auch das Baugewerbe unter dem Einfluß vielfacher Aus⸗ artungen der Bauspekulation in gewissem Sinne ein Schmerzens⸗ kind geworden ist und nach den Veröffentlichungen des Vereins für Sozialpolitik über die Lage des Handwerks in Deutschland leider vorauszusehen ist, daß namentlich den kleingewerblichen Existenzen im Baugewerbe je nach dem Grade der örtlichen Bauspekulation fernere, mehr oder minder harte Prüfungen nicht werden erspart werden können, so geben diese Veröffentlichungen doch andererseits Grund zu der Annahme, daß gerade im Bauhand⸗ werk sich der Kleinbetrieb noch auf lange Zeit hinaus eines sicheren Erwerbs erfreuen wird, im Gegensatz zu denjenigen Handwerkszweigen, denen der Boden durch die modernen Verkehrs⸗ und Fabrikations⸗ mittel ersichtlich theils bereits entzogen ist, theils unter den Füßen zu schwinden beginnt.

Wie zahlreiche Gewerbszweige heute am Baugewerbe interessiert sind und in welchem Maß dies geschieht, davon geben folgende Zahlen, welche wir dem Bericht über das Kleingewerbe in Karls⸗ ruhe entnehmen, ein lebrreiches Bild. Danach war neuer⸗ dings bei einem als Beispiel herausgegriffenen Bau eines größeren fünfstöckigen Karlsruher Wohnhauses mit Hintergebäuden von 11,52 m Frontbreite und 32,84 m Tiefe bei Bebauungsfläche betheiligt die Maurerarbeit mit 25 780 Rolllädenarbeit mit 252 Steinhauerarbeit mit 9 340 Schlosserarbeit mit . 2 677 Steinbildhauerarbeit mit 592 Schmiedearbeit mit. 351 Gipserarbeit mit 3 412 Blechnerarbeit mit. . 1 503 Hafnerarbeit mit 308 Gas⸗ u. Wasserleitung Zimmerarbeit mit 7 338 r“ Eisenlieferung mit . . 2 800 Entwässerung mit 557 Stiegengriffe mit 252 Haustelegraph mit. 93 Holzzementbedachung mit 222 Blitzableiter mit Schieferdeckerarbeit mit Anstreicher⸗ und Maler⸗ Asphaltarbeit mit Schreiner⸗ und Parquet⸗

arbeit mit 7475

Wir sehen also eine stattliche Reihe verschiedenartiger, mehr oder minder selbständiger, handwerksmäßiger Betriebe neben einigen dem Großbetriebe anbeimfallenden Gewerbszweigen in ihrem Wohl und Wehe von der Gesundheit und Lage des örtlichen Baugeschäfts ab⸗ hängen. Es ist dee halb am Platze, auf die modernen Wandlungen in den ökonomischen Verhältnissen dieses Geschäfts auf Grund der namentlich für Karlsruhe und Köln berichteten Thatsachen einen Blick zu werfen.

Ehemals waren es in Karlsruhe die im Gewerbebetrieb oder Handel wohlhabend gewordenen Bürger, welche als Bauherren auf⸗ traten. Sie waren selbst Besitzer des nothwendigen Baukapitals, bezahlten die Handwerker aus eigenen Mitteln, und kein „Architekt“ stand zwischen Bauherrn und Bauhandwerker. Kredit wurde nicht in Anspruch genommen, jedenfalls nicht der der Bauhandwerker, welche vielmehr schon bei Beginn des Baues Vorschüsse zur Anschaffung der Materialien und zur Ablöhnung der Arbeiter erhielten. Es war also nicht, wie heute im allgemeinen, nöthig, daß der Maurermeister bis zur Vollendung des Baues oder noch längere Zeit darüber hinaus die Kosten auslegte, eine Kredit⸗ leistung, der sich heute fast nur „der zur Gefolgschaft der Bau⸗ spekulanten gehörende Meister“ entziehen kann. Die heutigen Bau⸗

herren sind großentheils nicht wohlhabende Bürger, sondern „kleine

arbeit itkü 2 253 Tapeziererarbeit mit 894

“—“!

Handwerke, Maurerpoliere u. dgl.“; sie 1.8 oft kaum in der ge, einige Tausend Mark zur ersten Anzahlung aus eigenen Mitteln aufzubringen. Sie erlangen den Baukredit durch Hypo⸗ thekenaufnahme mit Hilfe von Geldmännern, welche diese Art des Baugeschäfts zu ihrem Spezialberuf gemacht haben. Eine andere Art geschäftsmäßiger Bauthätigkeit mit unzureichenden Mitteln ist das „Bauen der Handwerker auf Gegenrechnung', bei welcher die Bauarbeit mit Arbeit statt mit Geld bezahlt wird. Der bauende Schreiner nimmt dem für ihn arbeitenden Schlosser oder Blechner das Versprechen ab, ihm bei einem zukünftigen, von diesem zu unternehmenden Bau die Arbeit zu übertragen. Diese verpflichten sich bei ihren Bauten wiederum andere Handwerker in ähnlicher Weise, und es entstehen so gegenseitige Kreditverpflichtungen, die ohne regelrechte Abrechnun oft jahrelang weiter gesponnen werden. Die inzwischen ns cbe iben Zahlungsmittel werden durch gegenseitige Wechsel beschafft und hierdurch die Kreditbeziehungen manchmal in dem Maße verwirrt, daß keiner mehr weiß, was er zu fordern hat und was er schuldig ist. Tritt dann an einer Stelle eine Zahlungsstockung ein, so pflanzt sich dieselbe durch die ganze zusammenhängende Gruppe fort. „Wo dagegen“ fährt der Karls⸗ ruher Gewährsmann fort „von Anfang an ein kleines Kapital vorhanden war und mit der nöthigen Vorsicht vorgegangen wurde, insbesondere periodische Abrechnungen erfolgten, da ist das Bauen auf Gegenseitigkeit nicht selten auch den Handwerkern zum Vor⸗ theil ausgeschlagen. Manche Handwerker verdanken, wie behauptet wird. ihren Wohlstand nicht so sehr gewerblicher Arbeit, als einer vorsichtigen und vom Glück begünstigten Bauthätigkeit auf eigene Rechnung.“ Auch in dem Bericht über die Lage des Kleingewerbes in der Kölner Schreinerei wird des „sehr verbreiteten und für die Kölner Betriebe außerordentlich wichtigen Systems der Gegen⸗ seitigkeit“ gedacht. Dasselbe tritt in zweifacher Gestalt auf: zu⸗ nächst so, daß der Bauschreiner zugleich selbst Bauherr ist und der Bauherr, dem er liefert, ein Bauhandwerk betreibt. Die Rechnung des Bauschreiners wird nur zum theil baar be⸗ glichen, zum theil von dem Bauherrn durch geleistete Arbeit in seinem Handwerksbetrieb gedeckt. „Diese Art der Gegenarbeit verschafft dem Bauschreiner Kunden und ist, wofern die Baarregulierung immerhin noch für einen erheblichen Bruchtheil der Rechnung ausbedungen wird, weniger schädlich und gefährlich. Schädlich aber wird diese Regu⸗ lierung durch Gegenarbeft, sobald die Baarzahlung zurücktritt oder ganz verschwindet, da der Bauschreiner vor allem des Geldes zum Betriebe seines Gewerbes bedarf, oder wenn gar die eigentliche Gegenarbeit ganz fortfällt, der Bauschreiner überhaupt weder solche veh Baarzahlung erhält, sondern als Entgelt für seine Lieferung einen Bauplatz des Bauherrn übernehmen und so no drückende Schulden eingehen muß, ohne die Mittel zur Errichtung eines Hauses auf der übernommenen Baustelle zu haben. Außer⸗ ordentlich häufig wird in dieser Weise seitens der hiesigen Bau⸗ schreiner geliefert und spekuliert, und zumeist ist der Ruin des Geschäfts und die Verarmung des Schreiners die Folge.“

Es liegt nahe, daß eine derartige Betheiligung der Bauhandwerker an der Bauspekulation und die dadurch Ffanesernanten künstlich be⸗ wirkte Steigerung oder Erhaltung der Nachfrage nach Bauarbeit, wie sie uns hier in Karlsruhe und Köln entgegentritt, zu argen Rück⸗ schlägen führen kann, wenn, wie beispielsweise in Köln durch die Ent⸗ wicklung der Neustadt, eine „weise“ Grundstücks⸗ und Bauspekulation ohnehin zu einer Krisis drängt. Es muß sich dann natürlich die vielfach konstatierte Ansicht, daß nicht das Handwerk, sondern die Spekulation das geeignete d. h. das schnellste, nicht das sicherste Mittel, um zu Wohlhabenheit zu gelangen, sei, um so schärfer an den betheiligten Handwerksmeistern rächen, als die Spekulationsperiode die Eröffnung einer Zahl von Klein⸗ und Groß⸗ betrieben der einschlägigen Gewerbszweige herbeigeführt hat, die den Bedarf in gesunder, guter Geschäftszeit weit übersteigt. Es ist wohl verständlich, wenn der Kölner Berichterstatter unter solchen Verhält⸗ nissen befürchtet, daß die Lage der Bauschreinerei im Ort sich ganz bedeutend verschlechtern wird, sobald erst die fieberhafte Bau⸗ thätigkeit nachläßt. Auch wenn sagt er eine wirkliche Krisis nicht eintrete, werde dann die Ueber⸗ produktion den Verdienst in dem Bauschreinergewerbe noch weiter ver⸗ mindern. Dann erst würden die örtlichen, durch die Spekulation hervorgerufenen Großbetriebe dem Kleinbetriebe den Untergang be⸗ reiten. Die Großbetriebe würden die unausbleiblichen Preisreduktionen ertragen können, während der kapitalarme Meister zu einer Produktion unter dem Selbstkostenpreis gezwungen wäre. Nur sehr wenige Klein⸗ betriebe würden diese Periode überdauern und alsdann, wenn Angebot und Nachfrage wieder ein richtiges Verhältniß erlangt haben würden, nur kümmerlich mit den ebenfalls eingeschränkten Großbetrieben den unersprießlichen Konkurrenzkampf weiter kämpfen. Es ist, wie gesagt, verständlich, wenn die unabwendbaren Folgen einer zeitweisen unsoliden und ungesunden Geschäftsgebahrung am Orte, Verhältnisse, die mit dem Wesen des Handwerks und mit den Beziehungen zwischen Klein⸗ und Großbetrieb an sich nichts zu thun haben, zu solchen Befürchtungen Veranlassung geben; aber berechtigte Schlüsse sind aus ihnen nach dem, was die Berichte des Vereins für Sozialpolitik in der Mehrzahl bis jetzt festgestellt haben, zu Ungunsten der zukünftigen Lage der Bau⸗ handwerker im allgemeinen nicht zu ziehen. Sowohl der Bericht über die Nürnberger Kunstschlosserei wie der Bericht über das Klein⸗ gewerbe in Karlsruhe giebt darüber Aufschluß, und auch der Berichterstatter über die Klempnerei in Leipzig kommt in Rücksicht auf die aus der Entwickelung des Bauhandwerks für die Kleinbetriebe des Klempnergewerbes gebotene Erwerbsgelegenheit zu dem ausdrücklichen Resultat: „Die Frage nach der Lebens⸗ fähigkeit des Handwerks ist demnach hier mit Ja zu be⸗ antworten.“ Angesichts der oben besprochenen beklagenswerthen Erscheinungen wollen wir über die in den vorliegenden Berichten mit⸗ getheilten Beobachtungen und Thatsachen, welche dieses ermuthigende Resultat begründen, sowie über die dem zum theil vielleicht nur scheinbar widersprechenden Urtheile noch einiges in einem zweiten Artikel anführen.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegunag. Aus Zwickau wird dem „Dr. J.“ geschrieben: Der aufgelöfte Verband sächsischer Berg⸗ und Hüttenarbeiter zu Zwickau hielt am 22. d. M. in Hohenstein⸗Ernstthal seine Schlußversammlung ab. Erschienen waren 472 Mitglieder mit 4517 Stimmen. Es wurde beschlossen, eine neue Begräbnißkasse zu errichten, dieser das Ver⸗ mögen, etwa 60 000 ℳ, und die Verpflichtungen der aufgelösten Kasse zu uͤberweisen. Das für die neue Kasse entworfene Statut wurde an⸗ genommen und die Liquidationskommission auch mit der Verwaltung der neuen Kasse bis zu ihrer ersten Generalversammlung betraut. Das Verbandsorgan „Glückauf“ wurde für einen billigen Preis an die vier Mitglieder der Redaktion und Expedition des „Glückauf abgetreten. 8 1 Hier in Berlin ist, einer Meldung der Berliner „Volks⸗Ztg. zufolge, der Ausstand der Arbeiter der Fabrik chirurgischer Instrumente von Dewitt u. Herz in einer Versammlung am Mittwoch für beendet erklärt worden. Zum Ausstande der Bürsten⸗ und Pinselmacher wird der „Voss. Ztg.“ berichtet, daß die Hälfte der Arbeitgeber die Forderungen der Arbeiter bewilligt hat.

Kunst und Wissenschaft.

9† Die im Laufe der letzten Jahre besonders stark bereicherte Sammlung italienischer Bronzen im 4— Museum hat eine Neuaufstellung erfahren, für welche die Tribuna der Gipssammlung, die bisher den Abguß der Sieneser Domkanzel und anderer mittelalterlicher Skulpturen Italiens beherbergte, eingeräumt ist. Fünf Fenster in dem apsidenartigen Abschluß der Nordwand geben dem Raum Licht; die mit hellem Seidenstoff bekleideten Seiten⸗

8

be

wände bilden einen wirkungsvollen Hintergrund für die dunkelfarbigen

Bronzebildwerke, die zum theil in Schaukästen an der Wand, zum theil in einem freistehenden Glasschrank angeordnet sind, während die rößeren Stücke auf Sockeln und Konsolen Aufstellung fanden. Der Kachtheil, daß diese Gruppe italienischer Skulpturen von der Haupt⸗ sammlung räumlich abgetrennt werden mußte, wird aufgewogen durch den Vortheil, daß hier das Gleichartige unter gleichen, die künstlerische Wirkung verstärkenden dekorativen Bedingungen zur Geltung kommt.

Besonders imposant wirkt durch ihre räumliche Vereinigung

die Sammlung von Plaketten, kleinen Bronzetäfelchen mit figür⸗ lichen Darstellungen, die als Schmuck⸗ und Ausstattungsstücke im

Haushalt der italienischen Renaissancekunst einen wichtigen Platz ein⸗ nehmen. In kurzer Zeit hat die Berliner Sammlung auf diesem Ge⸗

biet alle andern europäischen Museen überflügelt; eine ähnliche Voll⸗ zähligkeit und Vielseitigkeit weist weder der Louvre noch das South⸗ Kensington⸗Museum auf. Dieses reichhaltige Material ist übersichtlich in

Vitrinen geordnet, sodaß ein Rahmen die Nachbildungen antiker Vor⸗

lagen, andere die Arbeiten Donatello's, Moderno's, Riccio's, Ulo⸗

ecrino's u. s. f. enthalten. Nicht nur als Repräsentanten eines wichtigen

Zweiges der Kleinkunst haben diese Plaketten ihre kunsthistorische Bedeu⸗

tung; sie geben auch wichtige Aufschlüsse über die Beziehungen zur Antike, über die Kompositionsweise und den Gedankenkreis der Renaissancekunst

und treten in dieser Beziehung den Erzeugnissen der graphischen Kunst ergänzend zur Seite. Ueberwiegend gehören auch die übrigen hier

vpereinigten Bronzewerke der Kleinkunst an: die Statuetten, deren Zahl in letzter Zeit durch glückliche Erwerbungen und Zuwendung von Ge⸗ schenken besonders gewachsen ist, gewähren einen Ueberblick über die

Entwicklung der Plastik des Quattro⸗ und Cinquecento. Neben den anonymen Arbeiten der florentinischen und der oberitalienischen Schulen begegnen uns hier auch Meisternamen wie Donatello, Cellini, Sansovino. Die Büste Lodovico’'s III. von Gonzaga von Donatello, sowie dessen wahrscheinlich für das Taufbecken des Doms zu Orvieto bestimmter Johannes der Täufer leiten zu den größeren Bronzegüssen hinüber, unter denen insbesondere zwei römische Porträtbüsten des XVI. Jahrhunderts durch ihre kraftvolle, breite Behandlung auffallen. Während das Bildniß Papst Gregor’'s XIII. bereits zu den älteren Erwerbungen zählt, begrüßen wir in der

Halbfigur eines römischen Granden eine werthvolle Bereicherung

der Sammlung, die in ihrer jetzigen Aufstellung sicher⸗ lich sich zahlreiche neue Freunde und Bewunderer erwerben wird. Es sei bei dieser Gelegenheit darauf hingewiesen, daß die Besuchszeit der Könizlichen Museen, was im Publikun noch immer nicht genügend bekannt zu sein scheint, an den Sonn⸗ tagen gegenüber der Werktagszeit (von 9—3 Uhr im Sommer, von 10—3 Uhr im Winterhalbjahr) verlängert ist: im April bis Sep⸗

tember von 12 6 Uhr, Oktober und März von 12 5 Uhr, November und Februar von 12—4 Uhr und im Dezember und Januar von 12 bis 3 Uhr. Diese Neuerung trägt den berechtigten Wünschen weiter

Kreise Rechnung und wird sicherlich die Besucherzahl unserer König⸗ lichen Sammlungen in erfreulicher Weise steigere.

In der pädagogischen Sektion der in Köln tagenden 43. Ver⸗ sammlung deutscher Philologen und Schulmänner sprach gestern der Geheime Regierungs. Natb Dr. Münch aus Koblenz über „Zeiterscheinungen und Unterrichtsfragen“. Der geistvolle und tief⸗ durchdachte, aus reichster Erfahrung und vollem Lebensverständniß geschöpfte Vortrag ging davon aus, daß zur Förderung des großen Werkes der Erziehung das Auge des Lehrers offen und scharf die Erscheinungen des Lebens, die Strömungen des Tages verfolgen müsse. Nicht jedem Auge stelle sich das Bild der Gegenwart in

gleicher Weise dar: der Eine sehe mehr die Vorzüge, der Andere die

Schäden; aber leichter sei es, das zerfallende Alte als das werdende Neue zu entdecken. Wie bei dem einzelnen Menschen ein Wechsel

wischen körperlichem und geistigem Wachsthum erfolge, so gebe es auch

im Völkerleben Perioden einer fortschreitenden äußern Kultur und andere einer sich vertiefenden innern. Die Gegenwart sei eine Periode der erstern Art. Die Wirkung der großen technischen Er⸗

findungen unseres Jahrhunderts, der Einfluß seiner gewaltigen Fort⸗

schritte auf allen Gebieten des Gewerbes und des Verkehrs gehe an

dem innern Leben der Menschen nicht spurlos vorüber, und diese

Wirkung auf die Seelen der heranwachsenden Generation zu ver⸗ folgen, sei eine dankbare, aber unerschöpfliche Aufgabe. Mit der

schnellen Folge der Reize halte die Steigerung des Reizbedürfnisses

gleichen Schritt. Stark sei unser Geschlecht in Massenempfindungen

und⸗Wirkungen. Gleich einem Sturmwind sause die Empfindung des

Zorns oder der Begeisterung durch die Völker der Gegenwart; aber

der Breite dieser Bewegungen entspreche nicht immer ihre Tiefe und

Dauer. Andererseits erschwere dieses Massenempfinden dem Ein⸗ zelnen seine Unabhängigkeit, die freie Ausbildung seiner Persönlichkeit und seiner Weltanschauung. Ja, auch die mannigfachen geistigen Krankheitserscheinungen, die uns immer häufiger entgegenträten, hätten ihren Grund in der übermächtigen, die Individualität erdrückenden Einwirkung des Zeitgeistes. Mehr als je zuvor sei die Frage nach dem Bildungsideal berechtigt. Ihm scheine es, als ob auf den Wegweiser, auf dem früher das vielfältig gedeutete Wort Humanität gestanden habe, eine andere Inschrift gesetzt worden sei: Bildung zum Weltverständniß eine Loosung, der man freilich keine bloß praktische Färbung geben dürfe. Darauf legte Redner dar, was die Aufgabe der Schule und der Lehrer bei dieser Ge⸗ staltung des Bildungsideals sei, von der sie ja selbst in Mitleiden⸗ schaft gezogen würden. Im allgemeinen überschätze man die Macht und Wirkung der unseren Schulen zu Gebote stehenden Erziehungs⸗ mittel. Aber der Weg vom Verstand zum Willen sei lang und un⸗

ssiicher. Das kommende Jahrhundert bedürfe eines regen und opfer⸗ mmuthigen Gemeinschaftssinns; aber mit der Hingabe des eigenen Denkens und Fühlens an die Gesammtheit möge man nicht ver⸗ wechseln die innere Abhängigkeit, die die Persönlichkeit tödte. Wenn

die Schule, die deutsche Schule den Boden der jungen Herzen lockere, ihnen wahre Eindrücke des Lebens und das Verständniß für die schwere Arbeit verschaffe, auf der das Behagen unseres ganzen Kultur⸗ lebens beruhe, wenn sie den Sinn für das Schlichte, Natürliche und Volksmäßige wecke, dann habe 9 gute Samenkörner ausgestreut. Die außerordentlich zahlreich besuchte zweite allgemeine Sitzung im großen Saale der Lesegesellschaft wurde von dem Zweiten Vorsitzenden Geheimen Regierungs⸗Rath Prof. Dr. Bücheler mit Verlesung von zwei Telegrammen eröffnet, die vom Ober⸗Präsidenten Nasse und bem Klassisch⸗ Philologischen Verein in Leipzig zur Begrüßung der Versammlung

abgesandt waren. Darauf erhielt Professor Hettner⸗Trier das Wort zu seinem Vortrag: „Bericht über die vom Deutschen Reich unter⸗ nommene Erforschung des obergermanisch⸗rätischen Limes“. Er begann,

der „Köln. Ztg.“ zufolge, mit der Erläuterung der Lage, Ausdehnung und Gestaltung des Limes und der hinter ihm liegenden Linien. Der gehaltvolle, klare Vortrag wurde trefflich unterstützt durch eine an die Versammlung vertheilte Uebersichtskarte des obergermanischen und rätischen Limes. Besonderes Gewicht wird auf die Erforschung der zum Limes gehörenden Kastelle gelegt. Eine weitere Aufgabe ist die Erforschung der Straßen, die die einzelnen Kastelle u. s. w. verbinden; doch ist diese Untersuchung noch nicht so weit gediehen, daß genauer über dieselbe berichtet werden könnte. Der Baumeister Jacobi hat nur die wichtige Entdeckung eines Gräbchens gemacht, das er als die Grenze des römischen Reichs ansah; darauf entdeckte man bei Mönch⸗ roth in Baiern ein Gräbchen mit Pallisaden, die in dem Lette⸗ boden sich gut erhalten haben; die Untersuchung hat dann ergeben, daß nur ein solches Gräbchen an dem Limes gewesen ist. Alle die verschiedenen Erscheinungen in der Steinmarkierung des Gräbchens führte Redner auf den Zweck zurück, Grenzmarkierungen zu bezeichnen. Nach Mommsen ist Limes nicht eine Linie, sondern ein Weg; es be⸗ darf daher der Limes zweier Absteinungen, einer äußern und einer innern. Die eigenthümlichen Begleithügel, die man als Gräben oder Thürme aufgefaßt hatte, hat nun auch Jacobi in genauester Weise untersucht und gefunden, daß diese Hügel Anlagen für die Herstellung der ersten Grenzfestlegung gewesen seien. Aber diese Annahme hat den Aus⸗ grabungen, besonders den durch Professor Löschke am Rhein unter⸗ nommenen gegenüber, nicht standgehalten, sondern es hat sich gezeigt, daß diese Begleithügel wirkliche Holzthürme enthalten haben was

sonders für die Erforschung der Odenwald⸗Linie von der größten!

82 Wichtigkeit ist, die danach schon um 145 entstanden sein muß. Bis zu diesem Jahre haben diese Holzthürme den Schutz der Posten allein ausgemacht. Redner wandte sich dann zur Besprechung der rätischen Kastelle, die nur spärlich vorhanden sind und weit von einander entfernt liegen. Er stellte als Grundsatz auf, daß überall, wo nicht Flüsse einmünden, nur kleinere Kastelle liegen. Darauf ging er über zur genauern Darlegung des Kastells von Butzbach, dessen einzelne Theile an der Hand der der Versammlung vorgelegten Abbildung nach Gestaltung und Zweck erklärt wurden, und erörterte insbesondere die Stärke der Besatzung der einzelnen Kastelle. Die Limesanlage ist eine Anlage von Domitian, nach Lorch⸗Wilderberg von Hadrian; sicher ist der Pfahl erheblich später entstanden; in Reitenbuch hat man eine Fibel gefunden, die auf die Zeit der allemannischen Wande⸗ rung hinweist. Die Kastelle liegen überall an den Eingängen der Straßen und Flüsse, es sind Sperrforts, die etwa 1000 Mann stand halten konnten, größere Massen von Angreifern aufhielten und den weiter zurückliegenden Legionen Zeit zum Anrücken geben sollten. Professor Conze sprach dem Redner und den anwesenden Herren der Limeskommission den Dank der Versammlung aus, und Professor Herzog dankte im Namen der Kommission, deren sehr schwierige Be⸗ mühungen durch solche Anerkennung vortrefflich unterstützt werden.

In der Nachmittagssitzung des Kongresses der zu Dresden tagenden „Association littéraire et artistique inter- nationale“ am Mittwoch (vpgl. Nr. 228 u. folg. d. Bl.) faßte Maillard die Ergebnisse der Verhandlung in folgendem Antrag zusammen: Der Kongreß dankt den Berichterstattern für die interessanten Arbeiten über die Beziehungen zwischen Autoren und Verlegern. Er beschließt, die Berichte der Herren Voigtländer und Hildebrandt den Akten der Association einzuverleiben, und verweist die Verlagsordnung für den deutschen Buch⸗ handel und den Entwurf des Herrn Hildebrandt an eine Kommission, bestehend aus allen früheren und jetzigen Berichterstattern über diese Frage. Die Kommission wird beauftragt, diese Arbeit den inter⸗ essierten Kreisen und Vereinen aller Länder vorzulegen und dem nächsten Kongreß über die einlaufenden Urtheile Bericht zu erstatten. Das Referat Darras': über die urheberrechtlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich, betrachtet mit Rücksicht auf die zwischen beiden Staaten bestehenden Verträge, hatte zu keiner Debatte geführt.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

In Freiburg i. Breisgau ist gestern, wie „W. T. B.“ meldet, die Oberbadische landwirthschaftliche Ausstellung in An⸗ wesenheit Seiner Königlichen Hoheit des Erbgroßherzogs von Baden eröffnet worden.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Marokko.

Zufolge Beschlusses des Gesundheitsraths in Tanger haben die von dorther kommenden Schiffe sich an der marokkanischen Küste bis zum Ablauf des fünften Tages nach ihrem Auslaufen aus Tanger einer Quarantäne zu unterwerfen. Außerdem sollen schmutzige Wäsche, getragene Kleider ꝛc. desinfiziert werden. (Vergl. „R.⸗Anz.“ Nr. 227 vom 21. d. M.) 16 8

Handel und Gewerbe.

In einer am 16. d. M. in Stockholm abgehaltenen Versammlung hat sich ein Verein für ein schwedisches Industrie⸗ und Handels⸗Museum konstituiert, eine Direktion gewählt und bereits ein Lokal für das zukünftige Museum gemiethet; auch ist dem Verein schon im Augen⸗ blick seiner Gründung von einem Mitgliede ein jährlicher Beitrag von 10 000 Kronen zugesichert worden, um seine Ent⸗ wicklung sicher zu stellen.

Das Museum soll eine schwedische und eine aus⸗ ländische Abtheilung umfassen.

Die schwedische Abtheilung soll die Aufgabe haben: schwedische Industrieprodukte, Rohwaaren und Natur⸗ erzeugnisse, wie Holz, Erze, Stein, Thon, Kohle ꝛc. zu sammeln, über Eigenschaften und Fundorte sowie die Bezugsquellen der Rohmaterialien, ebenso über die Bezugsquellen der ausgestellten Industrieerzeugnisse Auskünfte zu geben, die Ausstellungs⸗ gegenstände zu katalogisieren, zu ordnen, auszuzeichnen und dem besuchenden Publikum vorzuzeigen sowie eine Bibliothek von Industrie und Handel umfassenden Werken, Katalogen und Preisverzeichnissen zu gründen.

Die Aufgabe der ausländischen Abtheilung soll sein: Ausländische Firmen, welche ihre Erzeugnisse in Fach⸗ zeitungen annoncieren, um ein Exemplar dieser Erzeugnisse für das Museum anzugehen, dem Publikum diese Gegenstände vorzuzeigen und demselben alle zu Gebote stehenden Angaben darüber zu machen; über alle in Schweden importierten Neuheiten auf dem Gebiete des Handels und der Industrie auf zweckmäßige Weise Aufschlüsse zu beschaffen und dieselben für die schwe⸗ dischen Industriellen, Kaufleute und Handwerker nutzbar zu machen; die ausländischen Rohmaterialien zu sammeln, welche in der schwedischen Industrie verwandt werden und Standard⸗ proben der vom Ausland importierten Handelswaaren zu beschaffen; die im Inlande vorkommenden, für Industrie und Handwerk praktischen Werkzeuge zu sammeln und auf künftigen größeren Ausstellungen eine Sammlung aller Drucksachen, Preisverzeichnisse und Broschüren anzulegen und endlich auf ausländischen Ausstellungen solche Neuheiten auf dem Gebiete des Handels und der Industrie anzukaufen, auf deren Zuwendung als Geschenk nicht gerechnet k1X“ 6.“ 8

8 v.““

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks

an der Ruhr und in Oberschlesien.

An der Ruhr sind am 26. d. M. gestellt 12 289, nicht recht⸗ zeitig gestellt 249 Wagen.

In Oberschlesien sind am 25. d. M. gestellt 4492, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen.

8 8

Zwangs⸗Versteigerungen.

Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin stand am 26. September das Grundstück, Hasenhaide 52/53 belegen, dem Kaufmann Adolf Kurth gehörig, zur Versteigerung; Fläche 29,97 ha; Mindestgebot 3300 ℳ; mit dem Gebot von 676 000 blieb die Atktiengesellschaft in Firma Petzold & Company Engineers Limited, Waldstraße 35, Meistbietende.

Beim Königlichen Amtsgericht II Berlin wird in der Meißner'schen Zwangsversteigerungssache die Bekanntmachung vom 22. August d. J. dahin berichtigt, daß das dem Zimmermeister Rud. Meißner gehörige, im Grundbuche von Wilmersdorf Band 34 Blatt Nr. 1053 verzeichnete Grundstück, welches am 26. November 1895, Vormittags 10 ¼ Uhr, versteigert werden soll, in Wilmersdorf nicht ö 104, sondern Pariserstraße 24 be⸗ legen ist. .

Beim Königlichen Amtsgericht zu Rixdorf wurde das Verfahren der Zwangsversteigerung wegen des im Grundbuche von Britz Band 21 Blatt Nr. 729 auf den Namen des Bauunternehmers Wilhelm Meske zu Britz eingetragenen, zu Britz belegenen Grund⸗ stücks aufgehoben. 8

Ausweis über den Verkehr auf dem Berliner Schlachtviehmarkt vom 25. September 1895. Auftrieb u. Markt⸗ preise nach Schlachtgewicht mit Ausnahme der Schweine, welche nach Lebendgewicht gehandelt werden. Rinder. Auftrieb 313 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) I. Qualität —,— ℳ, II. Qualität —,— ℳ, III. Qualität 94 108 ℳ, IV. Qualität 84 90 Schweine. Auftrieb 9316 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) Mecklenburger 96 ℳ, Landschweine: a. gute 92 94 ℳ. b. geringere 86 90 ℳ, Galizier —,— ℳ. leichte Ungarn —,— ℳ, bei 20 % Tara, Bakonyer —,— bei kg Tara pro Stück. Kälber. Auftrieb 1453 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) I. Qualität 1,24 1,30 ℳ, II. Qualität 1,18 1,22 ℳ, III. Qualität 1,10 1,16 Schafe. Auftrieb 2738 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) I. Qualität 1,04 1,24 ℳ, II. Qualität 0,92 1,00 ℳ, III. Qualität —,— Liquidationskurse der Berliner Börse für Ende September 1895. 3 % Deutsche Reichs⸗Anleihe 99,50, 3 % Preuß. Konsols 99,80, Oesterreichische Kredit⸗Aktien 251,50, Lombarden 48,00, Franzosen 166,25, Berliner Handelsgesellschaft 170,75, Darmstädter Bank⸗Aktien Mark⸗St. 166,50, Deutsche Bank⸗Aktien 215,50, Dis⸗ konto⸗Kommandit⸗Antheile 231,00, Dresdner Bank 181,75, National⸗ bank für Deutschland 150,50, do. junge —,—, Russische Bank für auswärtigen Handel 142,25, Wiener Bank⸗Verein 172,00, Aachen⸗ Maastricht 81,50, Dortmund⸗Gronau 155,50, Lübeck⸗Büchener 155,50, Mainz⸗Ludwigshafener 120,25, Marienburg⸗Mlawka 87,50, Ostpreußische Südbahn 97,00, Werrabahn —,—, Böhmische Nordbahn 194,00, Buschterahder 275,00, Kanada Peacific 58,50, Gotthardbahn 183,50, Italienische Meridional 130,00, do. Mittelmeer 95,50, Jura⸗Simplon (konv. Schwz. W.) 105,50, Oesterreichische Nordwestbahn 136,75, do. do. Elbe⸗ thal 142,00, Prince Henri 81,00, Schweizer Zentralbahn 147,25, do. Nordostbahn 145,50, do. Union 274,00, Warschau⸗ Wiener 274,00, Sardinische Sekundärbahnen —,—, Egyptische Anleihe 4 % unifiz. 105,00, Italienische 5 % Rente 90,30, Mexikaner 6 % Anleihe 97,50, do. v. 1890 97,75, Oesterr. 1860er Loose 156,25, Russische 4 % Konsols 102,00, do. 4 % 80er Anl. 101,75, do. 4 % Rente 67,40, do. 3 ½ % Gold 96,60, Türken konv. 25,90, Türken⸗Loose 140,00, Türkische Taback 254,00, Ungarische 4 % Gold⸗Rente 103,30, do. Kronen⸗Rente 99,80, Bochumer Gußstahl 177,50, Konsoli⸗ dation 216,50, Dannenbaum 114,50, Dortmunder Union 6 % Stamm⸗ Priorttäten 80,25, Gelsenkirchen 187,00, Guano 120,00, Hamburg. acketfahrt⸗Akt. 116,50, Harpener 174,00, Hibernia 178,50, Königs⸗ und Laurahütte 155,50, Norddeutscher Lloyd 118,50, Trust Komp. 157,75, Russische Banknoten 219,75. Heutiger amtlicher Durchschnitts⸗ kurs für deutsche Fonds und Eisenbahn⸗Aktien. Amtlicher Durch⸗ schnittskurs vom 28. d. M. für Oesterr. Noten, Wechsel pr. Wien und St. Petersburg. Der Aufsichtsrath der Deutschen Bank nahm, wie „W. T. B.“ meldet, in seiner gestrigen Sitzung von den Mittheilungen der Direktion über die bisherigen befriedigenden Geschäftsergebnisse des ersten Halbjahres Kenntniß. Der zunehmende Umfang des Geschäfts der Deutschen Bank, sowie die beabsichtigte Aus⸗ dehnung des Geschäfts der Ueberseeischen Bank nach Chile ver⸗ anlaßten die Prüfung der Frage nach einer Kapitalserhöhung, welche übereinstimmend als zweckmäßig anerkannt wurde. Zur Beschluß⸗ fassung über eine der Generalversammlung zu machende Vorlage wird eine Sitzung auf den 15. Oktober berufen werden. Vom oberschlesischen Steinkohlenmarkt berichtet die „Schl. Ztg.“: Die allgemeine Lage des oberschlesischen Stein⸗ koblengeschäfts hat sich in den letzten Wochen zum Besseren nicht gewendet; es ist eher noch eine Verschlechterung eingetreten. Die Zuckerfabriken haben ihre Kohlenbezüge der zu beginnenden Rübenernte wegen fast ganz eingestellt, und der Detailhandel in der Provinz ist gegenwärtig sehr schwach. Die Bezüge an Betriebskohlen durch die Eisenbahnwaltungen sind geringer geworden, und der Absatz nach dem Auslande hat wegen des niedrigen Wasserstandes der Przemsa und Weichsel sehr stark abgenommen. Auch die Kohlenverfrachtung auf der Oder hat aus gleicher Ursache fast ganz aufgehört. Der Ver⸗ kauf an Hausbrandkohlen hat sich der warmen Witterung wegen noch nicht gehoben, und dies ist zugleich die Ursache, daß die Läger der Händler nur langsam abnehmen und wenig ergänzt werden. Aus allen diesen Gründen sind die Gruben gezwungen, wöchentlich eine bis zwei Feierschichten einzulegen und, da trotzdem noch Kohlen über Bedarf gefördert werden; einen Theil der Förderung in Be⸗ stand zu bringen. Gegenwärtig ist der Absatz für sämmliche Sorti⸗ mente schwach, nur für Staubkohlen ist die Nachfrage eine sehr große, da solche zu Kesselfeuerungen im Revier selbst starke Verwen⸗ dung finden, infolge der eingeschränkten Förderung jedoch in den er⸗ forderlichen Quantitäten nicht beschafft werden können. Die Winter⸗ Durchschnittspreise sind bei Ia.⸗Marken für Stück, Würfel und Nuß 1 40 ½ 44 ₰, Nuß II 32 36 ₰, Erbs 26— 31 ₰, Klein 26 bis 29 ₰, Gries 17 —18 und Staub 10—12 pro Ztr. ab Grube; für II a.⸗Marken je nach Qualität um 5—7 niedriger. Im 1“ hat sich in der verflossenen Woche nichts ge⸗ ändert.

Breslau, 26. September. (W. T. B.) Getreide⸗ und Produktenmarkt. Spiritus pr. 100 1 100 % exkl. 50 Ver⸗ brauchsabgabe pr. September 53,20, do. do. 70 Verbrauchsabgabe pr. September 33,20, do. do. Rüböl pr. September 43,00, pr. Mai 43,50. Zink —. .

Breslau, 26. September. (W. T. B) Infolge erhöhter Preisnotierungen der oberschlesischen Werke erhöhten die ee Großhändler den Walzeisengrundpreis um 5 ℳ, also auf 135 pro Tonne frei Breslauer Niederlagen.

Magdeburg, 26. September. (W. T. B.) Zuckerbericht. Kornzucker exkl., von 92 % —,—, neue 11,25 11,40. Kornzucker exkl. 88 % Rendement 10,65 10,85, neue 10,65 10,85. Nachprodukte exkl., 75 % Rendement 7,50 8,30 Fest. Brotraffinade I 23,00. Brot⸗ raffinade II 22,75. Gem. Raffinade mit Faß 23,25. Gem. Melis I mit Faß 22,50 22,75. Fest. Rohzucker I. Produkt Transito f. a. B. Hamburg pr. September 10,15 Gd., 10,40 Br., pr. Oktober 10,57 ½ bez., 10h Br., pr. November⸗Dezember 10,75 Gd., 10,80 Br., pr. Januar⸗Februar 11,02 ½ bez., 10,05 Br.

Leipzig, 26. September. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. pr. Oktober 3,45 ℳ, pr. November 3,47 ½ ℳ, pr. Dezember 3,50 ℳ, pr. Januar 3,52 ½ ℳ, pr. Februar 3,52 ½ ℳ, pr. März 3,55 ℳ, pr. April 3,57 ½ ℳ, pr. Mai 3,57 ½ ℳ, pr. Juni 3,60 ℳ, pr. Jult 3,62 ½ ℳ, pr. August 3,62 ½ ℳ, pr. September Umsatz 10 000 kg. Schwach.

Bremen, 26. September. (W. T. B.) Börsen⸗Schlußbericht. Raffiniertes Petroleum. (Offizielle Notierung der Bremer Petroleum⸗Börse.) Ruhig. Loko 6,05 Br. Baumwolle. Stetig. Upland middl. loko 43 ¾ 4. Schmalz. Ruhig. Wilcox 32 ½ ₰, Armour shield 31 ½ ₰, Cudahy 32 ¾ ₰, Fairbants 27 Z. Speck. Ruhig. Short clear middling loko 29 ½. Wolle. Umsatz 230 Ballen. Taback. Umsatz 72 Faß Kentucky, 20 Faß Virginy, 31 Faß Maryland.

Hamburg, 26. September. (W. T. B.) Kaffee. (Nachmittags⸗ bericht.) Good average Santos pr. September 74 ½, pr. Dezember 73 ¾, pr. März 72 ½, pr. Mai 71¼1. Ruhig. Zuckermarkt. (Schlußbericht.) Rüben⸗Rohzucker I. Produkt Basis 88 % Rende⸗ ment neue Usance, frei an Bord Hamburg pr. September 10,32 ½, pr. Dezember 10,85, pr. März 11,17 ½, per Mai 11,30. Stetig.

Wien, 27. September. (W. T. B.) Ausweis der Südbahn in der Woche vom 17. September bis 22. September 1 000 367 Fl., Mehreinnahme 36 128 Fl.

London, 26. September. (W. T. B.) Wollauktion. Tendenz stramm, Preise unverändert.

An der Küste 1 Weizenladung angeboten.

96 % Javazucker 12 fest, Rüben⸗Rohzucker loko 10 ½¼ fest. Chile⸗Kupfer 46 %⅜, pr. 3 Monat 46 .

London, 26. September. (W. T. B.) Das Comité der Stock Exchange hat die Notierung der⸗Scrips der Ungarischen 3 % Gold⸗Anleihe (Anleihe für das Eiferne Thor) in der

offiziellen Kursliste angeordnet und den Liquidationstag für die