8 Der Unfall, von dem ein Arbeiter betroffen wurde, als er sich nach Schluß der Arbeit und nach Empfang seines Wochenlohns noch auf der Betriebsstätte aufhielt, um den Schluß der Löhnung abzuwarten und um mit anderen Arbeitsgenossen gemeinsam den Heimweg zurück⸗ egen zu können, ist als Betriebsunfall worden. Der Unfall eines landwirthschaftlichen Knechts bei der Reinigung des Körpers unmittelbar nach der Arbeit ist als Betriebsunfall angesehen worden.
Der Entschädigungsanspruch eines Lageristen, er bei der Ausführung des ihm ertheilten Auftrags, am
Bahnhof die Thätigkeit der Kutscher des Geschäfts zu über⸗
wachen, in ein fremdes Haus eingetreten war, entweder um
dort ein Glas Bier zu trinken oder um seine Nothdurft zu
verrichten, und dabei durch Sturz in den Keller einen Unfall erlitten hatte, ist zurückgewiesen worden, weil er seine Be⸗ riebsthätigkeit durch eine betriebsfremde Hand⸗
lung unterbrochen hatte und er auch keiner Betriebsgefahr um Opfer gefallen war.
Der Unfall, von dem ein Fabrikarbeiter betroffen wurde, ls er während der Frühstückspause durch das Saalfenster auf as Dach des Maschinenhauses kletterte, um sich dort bei dem
Maschinisten eine Flasche Bier besorgen zu lassen, ist nicht als Betriebsunfall angesehen worden, da der Betrieb der Fabrik sich nicht an der Unfallstelle vollzog, und der Kläger einer selbstgeschaffenen betriebsfremden Gefahr erlegen war.
Die Entschädigungsansprüche mehrerer Arbeiter eines versicherungspflichtigen Lagereibetriebs, die bei ihrer Arbeit durch Theile eines von dem an jenem Tage herrschenden, ungewöhnlich starken Sturme herab⸗ gewehten Pappdachs getroffen worden waren, sind anerkannt worden, da die Kläger genöthigt gewesen waren, um ihre Arbeit zu verrichten, sich trotz des Sturmes und der Gefahr, durch das Unwetter zu Schaden zu kommen, an⸗ haltend im Freien oder in einem 1ee kten Schuppen aufzuhalten.
Der Unfall eines zeitweise in Neapel beschäf⸗ tigten Monteurs, welcher dort des Morgens von dem Balkon seiner Wohnung auf die Straße gefallen war, ist als Betriebsunfall nicht anerkannt worden.
Der Entschädigungsanspruch des Arbeiters eines Gastwirths und Posthalters, der Nachts infolge eines Traumes im Zustand der Schlaftrunkenheit aus dem Fenster seiner über dem Pferdestall befind⸗ lichen Schlafkammer gestiegen und auf den Hof ge⸗ stürzt war, ist zurückgewiesen worden.
Die Abholung der Familie, der Möbel und der eignen Arbeitsgeräthschaften eines angeworbenen Ziegeleiarbeiters von dessen bisherigem Wohnort nach der Ziegelei ist unter Umständen dem Ziegelei⸗ betriebe hinzuzurechnen.
Die Bewerkstelligung des Umzugs eines Arbeiters von einer Wohnung in eine andere, welche von ihm mit dem Gespann seines Arbeitgebers ausgeführt wird, ist unter Umständen noch dem Betriebe des Arbeitgebers zuzurechnen.
“
Der hiesige hanseatische Gesandte Dr. Krüger ist vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.
Der Bevollmachtigte zum Bundesrath, Königlich bayerische Ministerial⸗Rath von Geiger ist hier angekommen.
Dem bisher bei der Königlichen Direktion für die Ver⸗ waltung der direkten Steuern beschäftigten Regierungs⸗Assessor von Gehren zu Berlin ist die kommissarische Verwaltung des Landrathsamts im Kreise Homberg, Regierungsbezirk Cassel, übertragen und der Regierungs⸗Assessor Dr. von Waldthausen in Essen a. d. Ruhr der vorgenannten König⸗ lichen Direktion zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen worden.
Der Regierungs⸗Assessor von Avemann aus Erfurt ist dem Landrath des Kreises Leobschütz und der Regierungs⸗ Assessor Mand aus Magdeburg dem Landrath des Kreises Höxter bis auf weiteres zur Hilfeleistung zugethelt worden.
Laut telegraphischen Meldungen an das Ober⸗Kommando der Marine war S. M. S. „Arcona“, Kommandant Ka⸗ pitän zur Sce von Sarnom, am 4. Oktober in Swatau angekommen und beabsichtigte am 6. Oktober nach Amoy in See zu gehen; S. M. S. „Gneisenau“, Kommandant Kapitän zur See da Fonseca⸗Wollheim, war am 5. Oktober in Plymouth angekommen und beabsichtigte gestern nach Madeira in See zu gehen. “
8
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Der Landtag des Herzogthums Coburg in Coburg zusammengetreten.
6 DSDesterreich⸗Ungarn. 1 8† Der Kaiser und der Prinz Leopold von Bayern haben sich gestern Abend 1 Gödöllö begeben.
Das „Neue Wiener Tagblatt“ meldet aus Lussin piccolo, der Erzherzog Franz Ferdinand habe gestern eine Fahrt um die Inseln Lussin piccolo und Lussin grande unternommen und am Vormittag einen dreistündigen Spazier⸗ gang gemacht. Der Erzherzog befinde sich wohler als bei seiner Ankunft in Lussin piccolo.
Der Minister⸗Präsident Graf Badeni empfing gestern in Lemberg zahlreiche Deputationen der verschiedensten Körperschaften aus allen Gegenden Galiziens, so die Vertreter des Offizierkorps, des Lemberger Gemeinderaths, drei Erz⸗ bischöfe, das Comité der vorjährigen Landesausstellung, die Leiter der Finanzinstitute, die Vertreter der Advokaten⸗ und Notariats⸗ kammer, die Vorsteher der israelitischen Kultusgemeinde, ferner Abordnungen des Landes⸗Ausschusses, zahlreicher Städte, der Bezirks⸗ und Gemeinde⸗Vertretungen, des Adels und des Großgrundbesitzes. Die dieser Abordnungen hoben die Verdienste des Grafen Badeni als Statthalter von Galizien hervor und drückten ihr Bedauern über sein Scheiden von
seinem bisherigen Wirkungskreise aus mit der Bitte, auch in Zukunft dem galizischen Lande das bewährte Wohlwollen zu erhalten. Graf Badeni erwiderte, daß die Erweiterung seiner Pflichten nicht diejenigen gegen Galizien beeinträchtigen könne. Der Abordnung des Groß⸗ grundbesitzes erwiderte der Minister⸗Präsident, daß in den gegenwärtigen, für die Landwirthschaft ungünstigen Zeiten die Verantwortlichkeit des Großgrundbesitzes größer als die anderer Gesellschaftsklassen sei; deshalb sollten sich die Landwirthe zusammenschließen zu gemeinsamer Arbeit. Den Vertretern der israelitischen Kultusgemeinde erklärte Graf Badeni, er halte es für angezeigt, daß sich die Bürger der verschiedenen Konfessionen in gemeinschaftlichem Wirken für das Wohl des Landes vereinigten. Um 3 Uhr erfolgte die Abreise des Minister⸗Präsidenten nach Wien.
Gestern Vormittag trat eine größere Anzahl von Mit⸗ gliedern der Vereinigten deutschen Linken, darunter sämmtliche Mitglieder des Vorstandes und der Präsident des Abgeordnetenhauses von Chlumecky, im Klublokale des Ab⸗
eordnetenhauses zu einer Berathung zusammen. Die Ver⸗ sammlung trat einstimmig den Ausführungen des Obmanns Grafen Küenburg bei, wonach die deutsche Linke es als ihre unabweisliche Aufgabe betrachte, für das deutsche Volksthum und für die Prinzipien des Fortschritts und der Freiheit auf das entschiedenste einzutreten, und jeden Ansturm gegen die Interessen der Deutsch⸗Oesterreicher, jede Untergrabung der Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz entschieden und rücksichtslos zurückzuweisen. Die Partei werde ferner für die Ausdehnung des politischen Wahlrechts, ohne engherzige Wahrung eines einseitigen Parteistandpunktes, jedoch auch ohne Verkürzung der berechtigten Interessen der bisherigen Wählerschaften, thätig sein, für zeitgemäße sozialpolitische Reformen eintreten, das Wohl des Bürgers und des Bauern gewissenhaft im Auge haben und es streng vermeiden, durch unhaltbare Versprechungen Täuschungen dieser Gesell⸗ schaftsklassen hervorzurufen. Jeder Versuch einer Spaltung der Partei solle zurückgewiesen werden. Gegenüber der neuen Regierung, die ohne Mitwirkung der Parteien gebildet sei, besitze die deutsche Linke volle Aktionsfreiheit; sie könne daher die Maßnahmen der Regierung ohne Voreingenommenheit prüfen und werde ihr Verhalten nach der Stellungnahme des Ministeriums zu den von der deutschen Linken vertheidigten nationalen und politischen Gütern einrichten.
Der vereinigte Dreier⸗Ausschuß des ungarischen Oberhauses hielt gestern eine Sitzung ab, um über das Nuntium des Abgeordnetenhauses betreffs einiger Paragraphen des Gesetzentwurfs über die freie Religionsübung zu be⸗ rathen. Nach dem Bericht Rudnyanszky's nahm der Aus⸗ schuß einige Abänderungen vor, darunter diejenige, die drei⸗ jährige Pflicht der Steuerzahlung für die Konvertiten in eine fünfjährige zu verwandel Der Minister⸗Präsident Baron Banffy erklärte, die Regierung wolle, um den guten Willen
und den friedlichen Geist zu zeigen, die Konzession annehmen;
weiter könne sie aber nicht gehen.
Großbritannien und Irland.
Gestern wurde in Dublin eine Versammlung der Parnelliten abgehalten. John Redmond führte, dem „W. T. B.“ zufolge, den Vorsitz und erklärte, Irland be⸗ stehe auf „Homerule“ und werde mit bloßen Besserungs⸗ maßregeln nicht zufrieden sein. Wenn ein Krieg in Europa ausbrechen sollte, würden die Irländer unter den Klängen der „Marseillaise“, nicht unter denen des „God save the Queen“ marschieren. Die Versammlung nahm Resolutionen zu Gunsten von Homerule und zu Gunsten einer Amnestie der politischen Gefangenen an. A11““
Der Präsident Faure empfing gestern Nachmittag den Großfürsten Sergius von Rußland und den Herzog von Aosta. Eine halbe Stunde später erwiderte der Prä⸗ sident Faure diese Besuche.
Gestern Abend sind der Prinz Nikolaus von Griechen⸗ land nach Kopenhagen, die Großfürsten Sergius und Paul von Rußland nach Darmstadt abgereist.
Italien.
1ö
Wie die „Agenzia Stefani“ meldet, wird der König von
Portugal gegen Mitte dieses Monats Paris verlassen und sich nach Rom begeben, um dem König und der Königin einen offiziellen Besuch abzustatten.
Türkei.
Die „Politische Correspondenz“ veröffentlicht den Text einer am 2. d. M. von dem Doyen der Botschafter an die Pforte gerichteten Verbalnote. Derselbe lautet:
„Der Doyen der Botschafter und seine Kollegen erhielten theilweise von Augenzeugen Nachrichten über die gestrigen und vor⸗ estrigen Vorfälle in Stambul, aus denen hervorgeht: 1) daß “ von Polizeiagenten geführte Gefangene ge⸗ schlagen und getödtet haben, ohne daß die Polizeiagenten sich solchem Vorgehen widersetzten; 2) daß Privatpersonen vollständig rubige Leute angegriffen haben; 3) daß verwundete Gefangene in den Höfen der Polizeistationen und Gefängnisse kalten Blutes gelödtet worden sind Da die Botschafter befürchten, daß eine Fortdauer der⸗ artiger Excesse zu einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und für die ihnen anvertrauten Interessen werden könne, glauben sie die ernsteste Auf⸗ merksamkeit der Kaiserlichen Regierung auf diese Zustände lenken zu müssen und ihr, da es aueschließlich Sache der Behörden ist, Unruhen zu unterdrücken, zu rathen, Privatpersonen die Theilnahme an der Unterdrückung von Ruhestérungen und an Massenexcessen zu verbieten, sowie die nothwendigen Masregeln zu ergreifen, um so rasch als möglich die Ordnung wiederherzustellen, damit unnützes Blutvergießen vermieden werde.“ 1
Die Botschafter beschlossen am Sonntag, wie „W. T. B.“ berichtet, die kollektive Ueberreichung einer weiteren Verbalnote an die Pforte, worin angefragt wird, welche Vorkehrungen die Pforte zur Beschwichtigung der Erregung unter den Mohamedanern und Armeniern und zum Schutze der Christen und Ausländer zu treffen gedenke, und worin ferner eine strenge Untersuchung der letzten Vorgänge gefordert wird. Von der Pforte wurde ihnen darauf die Zu⸗ sicherung gegeben, daß die Herbeiführung einer baldigen Be⸗ ruhigung mit ernsten Mitteln angestrebt werde.
Zur Verstärtung der Polizei, welche sich in wiederholten Fällen als zu schwach erwies, um Ausschreitungen der Be⸗ völkerung zu verhindern, werden seit zwei Tagen Truppen⸗ abtheilungen herangezogen.
Bis zum Sonnabend Abend wurden, wie „W. T. B.“ berichtet, von der Polizei 38 Leichen, darunter die einer Frau, dem armenischen Patriarchate übergeben. Gegenüber der von armenischer Seite en der letzten Zeit auf 700 an⸗ gegebenen Zahl der Opfer ist festzustellen, daß dieselbe auf
4
Grund genauer Recherchen nicht 200 bis 300 übersteigt. Bei dem Patriarchate ist eine beträchtliche Zahl von Familien⸗ angehörigen als vermißt angemeldet. Das Portal der Kathedralkirche in Kum⸗Kapu ist im Auftrage des Patriarchen schwarz umflort.
Viele unschuldig verurtheilte armenische Passanten wurden gestern entlassen; beinahe alle beklagen sich über Mißhandlungen, welche sie bei ihrer Arretierung oder im Arrest erlitten hätten. Es ist festgestellt worden, daß Softas und Pöbel in verschiedenen armenischen Vierteln Raub begangen haben. Die Kirchen sind immer noch mit Flüchtlingen angefüllt, welche offenbar diese Asyle nicht vor dem Eintritt voller Beruhigung zu verlassen wagen. H “ “
Dänemark.
Der Reichstag ist gestern in der ü worden. Beide Thinge wählten ihre bisherigen Präsidenten und Vize⸗Präsidenten wieder. Im Folkething kündigte der Abg. Krabbe einen Antrag zu den Grundgesetzbestimmungen an, betreffend die Bewilligungsgesetze, die Mitgliederzahl des Folkethings und die Zusammensetzung des Reichsgerichts, sowie einen Antrag, betreffend ein Gesetz uͤber die Minister⸗Verant⸗ wortlichkeit.
Die dem Folkething zugegangene Uebersicht über das Finanzjahr 1894/95 zeigt, daß die Einnahmen 67 342 857 Kronen betragen haben, während der Voranschlag dieselben auf 64 579 487 Kronen bezifferte; die Ausgaben, im Voranschlag zu 62 847 128 Kronen berechnet, betrugen nur 61 395 336 Kronen. Es verblieb also eine Mehreinnahme von 5 947 520 Kronen; da nach dem vorhergehenden Finanz⸗ abschluß 16 136 411 Kronen an Ueberschüssen vorhanden waren, so betragen diese nunmehr 22 083 931 Kronen.
Afrika.
Die „Agenzia Stefani“ meldet aus Massowah vom 7. d. M.: Kundschafter berichteten, Menelik habe sich in Bewegung gesetzt, und das Kontingent in Harrar rücke auf Schoa vor. Ras Mangascha beginne Verstärkungen heran⸗ zuziehen. Dieser Situation gegenüber habe sich General Baratieri für den Vormarsch von Adigrat entschieden, um den Feind zu hindern, sich zu verstärken, und um jede Gefahr eines Einfalls zu verhüten. General Baratieri habe gestern seine Operationen begonnnen
Wie dem „Reuter'schen Bureau“ unter dem heutigen Datum aus Port⸗Louis gemeldet wird, trafen am 30. Sep⸗ tember Kuriere der Königin der Hovas in Vatomandry mit der Meldung ein, daß die Franzosen am 27. September Tananarivo eingenommen hätten. Der Premier⸗ Minister und der Hof seien nach Ambosistra und Bet⸗ sileos geflohen. Aus Tamatave wird gemeldet, Fara⸗ fatra sei am 3. Oktober beschossen worden.
Statistik und Volkswirthschaft.
Die Ergebnisse der Zwangserziehung im Großherzogthum Baden.
Das Zwangserziehungswesen wurde in Baden durch das Gesetz vom 4. Mai 1886 geregelt, welches mit dem 1. Januar 1887 in Kraft getreten ist. Dasselbe schließt sich an den § 55 des Straf⸗ gesetzbuchs an, geht aber in doppelter Hinsicht weiter: Einerseits ge⸗ stattet es die Einleitung der Zwangserziehung gegen jugendliche Per⸗ sonen bis zum vollendeten sechzehnten Lebensjahre; andererseits kann dieselbe, ohne eine Zuwiderhandlung gegen das Strafgesetz, wegen sittlicher Verwahrlosung eintreten, sofern: a. die Eltern oder Fürsorger das sittliche Wohl des Kindes durch Mißbrauch des Erziehungsrechts oder grobe Vernachlässigung gefährden, oder b. nach dem eigenen Verbasten des Kindes die Erziehungsgewalt der Eltern und die Zuchtmittel der Schule zur Verhütung seines pölligen sittlichen Verderbens sich als unzulänglich erweisen. Ferner soll nach § 12 des Gesetzes, wenn ein zwischen dem 12. und 18. Lebensjahre stehender Angeschuldigter wegen Mangels der zur Erkenntniß der Strafbarkeit erforderlichen Einsicht freigesprochen wird, das strafgerichtliche Urtheil zugleich bestimmen, ob er seiner Familie überwiesen oder in eine Er⸗ ziehungs⸗ oder Besserungsanstalt gebracht werden soll. In diesem Fall endet das Recht der Zwangserziehung mit dem vollendeten 20., sonst in der Regel mit dem 18. Lebensjahre. Der Vollzug der Zwangserziehung liegt den Bezirksämtern ob, die insbesondere auf Grund zuverlässiger Erkundigungen zu bestimmen haben, ob die Zwangserziehung durch Unterbringung in eine Familie oder in eine Erziehungs⸗ oder Besserungsanstalt erfolgen soll. Die Anstalts⸗ erziehung soll namentlich in Fällen hochgradiger Verwahrlosung ein⸗ treten, in welchen ununterbrochene Aufsicht und strenge Zucht dringend geboten erscheint.
Ueber die Ergebnisse dieser Zwangserziehung wird im letzten Heft der „Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik“ eine längere Abhandlung veröffentlicht, der das Folgende entnommen sei. Es be⸗
trug die Zahl der Zöglinge: b im Jahre männl. weibl. zusammen Von de. ee meaee aenen 1887 86 48 117 91 21 1888 18 88 269 22 45 1889 303 138 441 368 73 1890 191 601 507 8 94 LVVI11““ 229 734 ö11“ 1892 4 267 850 721 m 129 1893 341 1038 893 145 Demnach waren im allgemeinen die Kinder männlichen Geschlechts Jahr fuͤr Jahr stärker vertreten als die des weiblichen. Im Jahre 1893 betrugen sie z. B. 67,2 % der Gesammtzahl der in Zwangs⸗ erziebung befindlichen Kinder, d. h. mehr als 3⁄, obwohl das weibliche Geschlecht in den hier in Betracht kommenden Altersklassen der Be⸗ völkerung wenigstens ebenso stark vertreten ist wie das männliche. Bezüglich der Art der Unterbringung der Zöglinge wird an⸗ geben, daß von der Gesammtzahl 440 (36,6 %) in einer Familie und 763 (63,4 %) in einer Anstalt untergebracht waren, und zwar wurden von den 888 unter 14 Jahre alten Kindern 336 oder 37,8 % in Familien⸗ und 552 oder 62,2 % in Anstaltserziehung gegeben, von den 315 über 14 Jahre alten Zöglingen 104 oder 33 % in erstere, 211 oder 67 % in letztere. Am Schluß des Jahres 1893 befanden sich ferner 16 Zöglinge (1,5 %) im Gefängniß und 19 (1,9 %) auf der Flucht. Von den 290 männlichen, über 14 Jahre alten und in Familien untergebrachten Zöglingen standen im Verhältniß eines ge⸗ werblichen Lehrlings, bezw. waren beruflich thätig 224, und zwar 114 in Stadt⸗, 110 in Landgemeinden. Von ihnen standen 144 im Alter von 14 bis 16 Jahren, 68 im Alter von 17 und je 6 von 18 und 19 Jahren. Dem Grunde nach, der die Zwangserziehung ver⸗ anlaßte, waren 71 wegen Gefährdung durch die Eltern, 153 wegen eigener Verdorbenheit u. s. w. in die Zwangserziehung aufgenommen worden. Das Verhalten in der Lehre wurde bei 186 Zöglingen (83 %), nämlich bei 55 (77,5 %) der ersteren und bei 131 (85,6 %) der letzteren, für befriedigend erklart. Die Lehrlinge u. s. w. vertheilten sich auf 40 Gewerbe oder Berufe; unter ihnen waren die „Knechte“ mit 33, „Landwirthe“ mit 23, Schuhmacher mit 19, Schreiner mit 18. Bäcker und Schneider mit je 17 und Sattler mit 11 am stärksten vertreten. — Von 82 weiblichen, über 14 Jahre alten und in Familien befind⸗ lichen Zöglingen waren 46 als Mägde, je 3 als Fabrikarbeiterinnen, Kleider macherinnen und Näherinnen thätig. Von diesen 55 Zöglingen befanden sich 42 im Alter von 14 bis 16 Jahren, 9 von 17, 3 von
“ 8 ichen Weise eröffnet
erhalten, da
18 und 1 von 19 Jahren. Dem Grunde nach, der die Zwangs⸗ erziehung veranlaßte, waren 33 wegen Gefährdung durch die Eltern, 22 wegen eigener Verdorbenheit in Zwangserziehung aufgenommen. In der beruflichen Thätigkeit zeigten 29 (87,9 %) der ersteren und 16 772,7 %) der letzteren, zusammen also 45 (81,8 %), ein befriedigendes Verhalten. Demnach scheint in dem Verhalten der wegen eigener Verdorbenheit in Zwangserziehung genommenen Knaben und Mädchen ein erheblicher Unterschied zu bestehen.
Seit dem Jahre 1887 setzten sich die Aufgenommenen einzelner Jahrgänge nach dem Alter in folgender Weise zusammen. Es waren in Prozenten: . im Jahre unter 10 Jahre alt 10—13 Jahre alt über 14 Jahre alt
1887 33 ,0 47,0 18
1888 28,
1889 31,
1890 21,
1891
1892 im Ganzen 25,0 ,2 Während hiernach der jährliche Zugang von 10 bis 13 Jahre zäh⸗ lenden Zöglingen im Großen und Ganzen ungefähr die Hälfte der Aufgenommenen ausmachte, zeigen die Antheile der unter 10 und der über 14 Jahre alten im allgemeinen eine ziemlich gleichmäßige Ver⸗ änderung, und zwar die ersteren eine ab⸗, die letzteren eine zunehmende Tendenz. Hieraus darf geschlossen werden, daß seit einigen Jahren die Ueberweisung kleiner Kinder in die staatliche Erziehung in be⸗ schränkterem Maße stattfindet, als anfangs für nothwendig oder zweck⸗ mäßig erachtet wurde. — Was die Zusammensetzung der Zöglinge nach der Religion anbelangt, so kamen die drei letzten Jahrgänge so⸗ wie der Gesammtdurchschnitt seit 1887 der religiösen Vertheilung der badischen Bevölkerung ziemlich nahe. — Hinsichtlich der Familienverhältnisse der in Zwangserziehung Aufgenommenen wird festgestellt, daß von der Gesammtzahl 46,3 % noch beide Eltern am Leben, 18,6 % nur den Vater, 30,9 % nur die Mutter hatten und 42 % elternlos waren. Die bedeutend stärkere Vertretung der Kinder, die keinen Vater hatten, läßt sich zum theil auf die relativ stärkere Vertretung der unehelichen Kinder unter den Zög⸗ lingen als in der Bevölkerung zurückführen, zum theil auch auf die relativ stärkere Vertretung der Wittwen (nach den Ergebnissen der Volkszählung vom 1. Dezember 1890 waren im Großherzogthum Baden vorhanden: 29 521 Wittwer und 70 236 Wittwen). Inter⸗ essant ist ferner die Thatsache, daß, während unter den 224 Kindern, die nur noch den Vater hatten, 65 — d. h. 29 % — weiblichen Ge⸗ schlechts waren, unter den 372 Kindern, die nur die Mutter hatten, die Mädchen mit 35,5 % vertreten waren.
Die Dauer der Zwangserziehung betrug in 26 Fällen weniger
als 1 Jahr, in 44: 1—2 Jahre, in 65: 2—3 Jahre, in 51: 3— 4 Jahre, in 41: 4—5 Jahre, in 17: 5—6 Jahre und in 5 Fällen über 6 Jahre. Nach der Entlassung kamen 63 Zöglinge zu den Eltern, 16 zu Verwandten oder Vormündern, 121 zu einem Dienst⸗ oder Gewerbeherrn. 32 gingen anderweitig ab. Von letzteren begaben sich 5 nach Amerika, 9 auf Wanderschaft, 3 verblieben in der Anstalt, um die Haushaltung vollständig zu erlernen, 3 mußten in Anstalten für Schwachsinnige und Geisteskranke verbracht werden, 7 ent⸗ flohen, 4 kamen behufs Verbüßung größerer Strafen ins Gefängniß. Was endlich den Beruf der Entlassenen anbelangt, so traten 125 (darunter 13 Mädchen) in gewerbliche Lehre oder Arbeit, 23 (nur Knaben) in landwirthschaftliche Arbeit und 41 Mädchen von den 70 überhaupt entlassenen in häuslichen Dienst.
Der Erfolg der Zwangserziehung gestaltete sich nach Geschlecht und Alter, sowie nach der Art der Unterbringung der Zöglinge und den Ursachen der Zwangserziehung verschieven. Im allgemeinen waren bei je 100 Zöglingen die Erziehungsresultate befriedigende:
8 8 bei Familien⸗ bei Anstalts⸗ über⸗ erziehung haupt
in Fällen in Fällen 76,8
erziebung in Fällen ämmtlichen Zöglingen 85,2 Knaber. 2 Mädchen “ abgegangenen Zöglingen e““ “ . G“ 8 Bei den Knaben war der Erfolg im allgemeinen weniger günstig als bei den Mädchen, bei den unter 14 Jahre alten günstiger als bei denen über 14 Jahre, bei den wegen eigener Verdorbenheit Auf⸗ genommenen ungünstiger als bei den wegen Gefährdung durch die Eltern Aufzenommenen. Bei dem Vergleich der Ergebnisse der Familien⸗ und der Anstaltserziehung ist, wie ausdrücklich hervor⸗ gehoben wird, zu berücksichtigen, daß erstens den Anstalten im allgemeinen die schlechtesten Individuen, die in Familien schwierig Aufnahme finden, zugewiesen werden, und daß zweitens auch die Urtheile hinsichtlich des Verhaltens der Zöglinge in Anstalten und in Familien nicht mit gleicher Strenge gefällt werden. Der Aufwand für den Unterhalt der Zwangszöglinge betrug
in Mark: im bei Familien⸗ bei Anstalts⸗ im Jahre erziehung erziehung Ganzen 1889 — — 39 429 1890 14 923 43 092 58 015 1891 51 395 67 742 1892 5 62 454 82 786 1803 65 107 79 303 9 Die Abnahme des Durchschnittsbetrages wird hauptsächlich auf die häufiger vorkommende unentgeltliche Aufnahme von Zöglingen in Familien zurückgeführt.
Zum Schluß wird noch darauf hingewiesen, daß die städtische Bevölkerung Badens ein relativ stärkeres Kontingent von verwahr⸗ losten Kindern lieferte, als die Landbevölkerung. In den vier Amts⸗ bezirken mit größeren Städten (Mannheim, Karlsruhe, Freiburg, Heidelberg) bekrug im Jahre 1893 die Zahl der in Zwangserziehung befindlichen Kinder 381, d. h. ca. 37 % der Gesammtzahl, während die Bevölkerung dieser Bezirke nur etwa 23 % der Bevölkerung des Großherzogthums ausmachte. 8
von den
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00 00—⸗2⸗ 90——
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für den Zögling
an Verpflegung 90,85 88,64 84,47
Zur Arbeiterbewegung. 8 Aus Breslau berichtet „W. T. B.“ über die Verhandlungen des sozialdemokratischen Parteitages: In der gestrigen Sitzung wurde ein Antrag der Hamburger Sozialdemokraten auf Ab⸗ schaffung der Accord⸗ und Nachtarbeit in den Parteidruckereien, sowie der Antrag, den Abgeordneten, die als Parteibeamten ein größeres Gehalt als 3000 ℳ beziehen, keine Diäten zu gewähren, abgelchnt; fehar 8 beschlossen, Dr. Ruedt⸗Heidelberg aus der Partei aus⸗ uschließen. In Leipzig verhandelte eine Versammlung der Steinsetzer⸗ ehilfen am Sonntag über den Anfang August ins Werk gesetzten Ausstand; 130 ausständige Gehilfen haben auswärts Arbeit gefunden. Ihre Stellen wurden indessen fast sämmtlich durch zugereiste Gehilfen beseßt Der Perhandevoraenle soll, wie die „Lpz. Ztg.“ berichtet, bei seinen Verhandlungen mit dem Innungsvorstand die Zusicherung 1 die Innung mit einem neu zu wählenden Gehilfen⸗ ausschusse wieder in Unterhandlungen über die Beilegung des Ausstandes treten würde, der Innungsvorstand aber später diese Zusage wider⸗ rufen haben. Die Versammlung beschloß, den Ausstand weiterzu⸗ führen. (Vgl. Nr. 223 d. Bl.) Aus Amsterdam wird der „Voss. Ztg.“ unter dem 6. Okteber geschrieben: Die zur Beilegung des Ausstandes der Diamant⸗ arbeiter gemachten Vermittelungs⸗ und Versöhnungsversuche können nunmehr als mißlungen betrachtet werden. Man glaubte ich auf den in einer gemeinschaftlich von Arbeitern und Fabrik⸗ esitzern beschickten Versammlung auf den von einem der letzteren gemachten Vorschlag einigen zu können, daß eine große, sowohl rbeitgeber wie Arbeitnehmer umfassende Föderation errichtet werden olle; allein als am Donnerstag in einer Versammlung von Fabri⸗
anten und Juwelieren abgestimmt wurde, wurde er mit großer Mehr⸗
heit verworfen. Der Vorstand des Arbeitercomités erklärte darauf, noch bis Sonnabend neuen Vorschlägen der Fabrikanten entgegensehen zu wollen; allein dieser Termin verstrich. und daraufhin wurde in einer Versammlung der Diamantarbeiter beschlossen, an der ursprüng⸗ lichen Forderung, daß sämmklliche Fabriken Bundesfabriken werden sollten, festzuhalten. (Vgl. Nr. 233 d. Bl.)
Aus Stalybridge meldet „W. T. B.“: Die mit dem Aus⸗ stand der Kattundrucker verbundenen Unruhen haben sich in der Nacht zum Montag erneuert. Volkshaufen umzingelten die Polizei⸗ eskorte, welche die nicht den Gewerkvereinen angehörigen Arbeiter zur Fabrik geleitete. Die Polizeimannschaften wurden mit Steinen be⸗ worfen und mußten von ihren Knütteln Gebrauch machen. Bei dem Handgemenge wurden mehrere Personen ernstlich verletzt. Es ist eine bedeutende Verstärkung der Polizeitruppe hier eingetroffen. Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗
Maßregeln.
Griechenland.
Durch Königliche Verordnung vom 20. v. M. ist für Herkünfte von der asiatischen Küste des Marmarameeres zwischen Boz⸗Bournou und Kara⸗Bogha eine fünftägige Beobachtungsquarantäne angeordnet worden. Durch eine weitere Königliche Verordnung vom 13. v. M. ist die gegen die Küstenstrecke zwischen Kap Chelidonia und Alexandrette angeordnete Quarantäne aufgehoben und durch eine strenge ärztliche Untersuchung ersetzt worden. Doch bleiben die aus Adalia kommenden Schiffe nach wie vor einer fünftägigen Quarantäne unterworfen. 11“ Nr. 148 vom 24 Juni d. J. und Nr. 212 vom
Handel und Gewerbe. 8
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks
an der Ruhr und in Oberschlesien.
An der Ruhr sind am 7. d. M. gestellt 11 720, nicht recht⸗ jeitig gestellt 92 Wagen.
In Oberschlesien sind am 5. d. M. gestellt 3969, nicht recht⸗ jeitig gestellt 61 Wagen.
Ausweis über den rkehr auf dem Berliner Schlachtviehmarkt vom 5. tob er 1895. Auftrieb und Markt⸗ preise nach Schlachtgewicht mit Ausnahme der Schweine, welche nach Lebendgewicht gehandelt werden. Rinder. Auftrieb 3200 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg) I. Qualität 122 — 126 ℳ, II. Qualität 110 — 118 ℳ, III. Qualität 94 — 104 ℳ, IV. Qualität 84 — 90 ℳ — Schweine. Auftrieb 10 079 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) Mecklenburger 96 ℳ, Landschweine: a. gute 90 — 94 ℳ, b. geringere 82 — 88 ℳ, Galizier —,— ℳ, leichte Ungarn —,— ℳ bei 20 % Tara, Bakonyper — ℳ bei — kg Tara pro Stück. — Kälber. Auftrieb 871 Stsck. (Durchschnittspreis für 1 kg.) I. Qualität 1,28 — 1,36 ℳ, II. Qualität 1,22 — 1,26 ℳ, III. Qualität 1,10 —- 1,20 ℳ — Schafe. Auftrieb 7356 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) I. Qualität 1,08 — 1,28 ℳ, II. Qualität 0,96 — 1,04 ℳ, III. Qualität —,— ℳ
— Bei der Bremer Portland⸗Zementfabrik Porta, Aktiengesellschaft, ist das bisberige Aktienkapital von 1 750 000 ℳ unter Zuzahlung von 20 % = 350 000 ℳ durch Zusammenlegung von zwei Aktien zu einer Vorzugsaktie in 875 000 ℳ Vorzugsaklien umgewandelt worden. Ferner sind 400 000 ℳ Vorzugsaktien zum Parikurse ausgegeben und dazegen von den Hypothekenschulden 400 000 ℳ getilgt worden. Die 5 % hypothekarische Anleihe beträgt nunmehr 600 000 ℳ Der durch die Zusammenlegung des Aktien⸗ kapitals erzielte buchmäßige Gewinn von 875 000 ℳ soll zunächst zur Tilgung der Unterbilanz (483 657 ℳ Ende 1894) und der Rest zu Abschreibungen verwendet werden. Die der Gesellschaft durch 20 % Zuzahlung zugeflossenen 350 000 ℳ sollen zur Bildung von Reserven dienen. Das Aktienkapital beläuft sich jetzt auf 1 275 000 ℳ Vor⸗ zugsaktien, die Reserven betragen 350 000 ℳ
Breslau, 7. Oktober (W. T. B.) Getreide⸗ und Produktenmarkt. Spiritus pr. 100 1 100 % exkl. 50 ℳ Ver⸗ brauchsabgabe pr. Oktober 52,90, do. do. 70 ℳ Verbrauchsabgabe pr. Oktober 32,90, do. do. Rüböl pr. Oktober 43,00, pr. Mai 13,50. Zink —.
Magdeburg, 7. Oktober. (W. T. B.) Zuckerbericht. Kornzucker exkl., von 92 % —,—, neue 11,50 — 11,70. Kornzucker exkl. 88 % Rendement 11,00 — 11,25, neue 11,05 — 11,25. Nachprodukte exkl., 75 % Rendem. 7,80 — 8,75 Fest. Brotraffinade I 23,50. Brot⸗ raffinade II 23,25. Gem Raffinade mit Faß 23,75.“Gem. Melis 1 mit Faß 23,00. Sehr fest. Rohzucker I. Produkt Transito f. a. B. Hamburg pr. Oktober 11,20 Gd., 11,30 Br., pr. November⸗Dezember 11.40 bez. und Br., pr. Januar⸗März 11,60 bez., 11,62 ½ Br., pt. April. Mai 11,75 bez., 11,77 ½ Br. Steigend.
Leipzig, 7. Oktober. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. pr. Oktober 3,37 ½ ℳ, pr. November 3,40 ℳ, pr. Dezember 3,40 ℳ, pr. Januar 3,40 ℳ, pr. Februar 3,42 ½ ℳ, pr. März 3,42 ½ ℳ, pr. April 3,45 ℳ, pr. Mai 3,47 ½ ℳ, pr. Juni 3,50 ℳ, pr. Juli 3,50 ℳ, pr. August 3,52 ½ ℳ, pr. September 3,52 ½ %ℳ Umsatz 55 000 kg. Ruhig.
Bremen, 7. Oktober. (W. T. B.) Börsen⸗Schlußberichl. Raffiniertes Petroleum. (Offizielle Notierung der Bremer Petroleum⸗Börse.) Ruhig. Loko 6,05 Br. Baumwolle. Ruhig. Upland middl. loko 45 ¼ ₰. — Schmalz. Ruhig. Wilcox 32 ½ ₰, Armour shield 31 ½ ₰, Cudahy 33 ¼ ₰, Fairbanks 27 ₰. — Wolle. Umsatz 131 Ballen. — Speck. Ruhig. Short clear middling loko 29.
Hamburg, 7. Oktober. (W. T. B.) Kaffee. (Nachmittags⸗ bericht.) Good erage Santos pr. Oktober 75, pr. Dezember 74 ¼, vr. März 72 ¾, pr. Mai 71 ¾. Schleppend. — Zuckermarkt. (Schlußbericht.) Rüben⸗Rohzucker I. Produkt Basis 88 % Rende⸗ ment neue Usance, frei an Bord Hamburg pr. Oktober 11.30, pr. Dezember 11,57 ½, pr. März 11,87 ½, per Mai 11,95. Sehr fest.
Wien, 8. Oktober. (W. T. B.) Den Morgenblättern zufolge hat sich eine Gruppe hervorragender Zuckerraffineure dahin geeinigt, für die Chropiner Zuckerfabrik eine neue Aktiengesellschaft zu gründen, die Fabrik von der Konkursmasse käuflich zu erwerben und den Betrieb wieder zu eröffnen.
London, 7. Oktober. (W. T. B.) Wollauktion. Tendenz behauptet.
An der Küste 6 Weizenladungen angeboten.
96 % Javazucker 12 ¾ fest. Rüben⸗Rohzucker loko 11]½ fest. — Chile⸗Kupfer 47, pr. 3 Monat 47⅛.
Glasgow, 7. Oktober. (W. T. B.) Die Verschiffungen von Roheisen betrugen in der vorigen Woche 5260 Tons gegen 2381 Tons in der entsprechenden Woche des vorigen Jahres.
Bradford, 7. Oktober. (W. T. B.) Wolle stetig, ruhiger; Garne fest, Spinner beschäftigt; in Stoffen gutes Geschäft.
St. Petersburg, 7. Oktober. (W. T. B.) Produkten⸗ markt. Weizen loko 7,75. Roggen loko 4,80 Pafer loko 3,10. Leinsaat loko 10,50. Hanf loko Talg loko 47,50.
Rußlands Getreide⸗Export. In der Woche vom 29. Sep⸗ tember bis 5. Oktober sind über die Haupt⸗Zollämter 10 626 600 Pud Getreide ausgeführt worden. Davon entfielen auf Weizen 4 370 000 Pud (gegen 3 333 000 Pud in der Vorwoche), Roggen 1 715 000 Pud (gegen 1 058 000 Pud in der Vorwoche), Gerste 3 021 000 Pud (gegen 2 686 000 Pud in der Vorwoche), Hafer 1 444 000 Pud (gegen 755 000 Pud in der Vorwoche), Mais 76 000 Pud (gegen 142 000 Pud in der Vorwoche).
Amsterdam, 7. Oktober. (W. T. B.) Java⸗Kaffee good ordinary 55 ½3. — Bankazinn 40 ¼.
New⸗York, 7. Oktober. (W. T. B.) Die Börse eröffnete mit weichender Tendenz, wurde im weiteren Verlauf lebhaft und im allgemeinen fest und schloß recht fest. Der Umsatz der Aktien betrug 283 000 Stück.
Weizen, anfangs stetig, ging infolge von enormen Ankünften in Frühjahrsweizen und auf schwächere Kabelberichte einige Zeit im Preise zurück. Eine Abnahme in den englischen sichtbaren Vorräthen
Preise fest,
sowie die Abnahme der Zufuhren, welche auf der Ozeanüberfahrt be griffen sind, und rege Kauflust auf den südwestlichen Märkten führten eine lebhafte Reaktion herbei, welcher jedoch ein abermaliges Sinken der Preise auf Abgaben von Baissiers folgte. Schluß stetig. — Mais infolge großer Ankünfte und günstigen Wetters fallend wäbrend des gapꝛen “ wenigen Reaktionen. Schluß stetig. agrenbericht. Baumwolle⸗Preis i w⸗ 1 . do. in New⸗Orleans 813/16, IZ do. do. in Philadelphia 7,05, do. rohes (in Cases) —, do. line Certific. pr. November 125 nom., Schmalz Western steam 6,22 ½, do. Rohe u. Brothers 6,50. Mais per Oktober 36, do. per November 35 ⅞%, do. per Dezember 35. Rother Wintertbeizen 64 ¼, Weizen per Oktober 63 ⅜, do. per November —, do. per Dezember 65 ¼, do. pr. Mai 69 ⅛. Getreidefracht nach Liverpool 2 ½, Kaffee fair Rio Nr. 7 16, do. Rio Nr. 7 per November 15,15 do. do. per Januar 14,85. Mehl, Spring⸗Wheat clears 2,70, Zucker 3 ½, Kupfer 12,15.
Visible Supply an Weizen 41 832 000 Bushels, do. an Mais 5 414 000 Bushels.
Chicago, 7. Oktober. (W. T. B.) Weizen, einige Zeit nach Eröffnung auf große Ankünfte im Nordwesten, schwächere Kabel⸗ berichte und Liquidation der langsichtigen Termine im Preise nach⸗ gebend, erholte sich später, da die Visible Supplies geringer geschätzt wurden, als man erwartet hatte. Lebhafte Verkäufe verursachten jedoch ein abermaliges Nachgeben der Preise. Schluß stetig. — einige Zeit steigend nach Eröffnung, später Reaktion. Schluß
Weizen ver Oktober 5 tober 29 ½. Schmalz per Speck short clear nom.
7¼ do. per Dezember 58 ⅞. Mais per Ok⸗ . Oktober 5,82, do. per Januar 5,82. Pork per Oktober 8,40.
Verdingungen im Auslande.
1“ Britisch⸗Indien.
15. Oktober, 2 Uhr. Staatssekretariat für Indien, London: Lieferung von Lokomotiven. Auskunft bei J. Parker, Director general of stores, India office, Whitehall. London SW.
15. Oktober, Mittags. Henry W. Notman, Managing director of the South Indian Railway Company, 55 Gracechurchstreet, London: Lieferung von 5 schmiedeeisernen Bedachungen von 100 %✕ 25 Fuß, 25 t galvanisierten Wellenblechs. Bedingungsheft für 10 Sh. in den Räumen der Verwaltung. Plan für 5 Sh. bei George B. Bruce, 3 Victoriastreet, Westminster, London.
1u“ — Spanien.
— 15. Oktober, Mittags. Stadtverwaltung Soria: Elektrische Stadtbeleuchtung. Schätzung 8000 Peseten jährlich. Kaution 1000 Peseten. Auskunft bei obiger Verwaltung.
16. Oktober, Mittags. Stadtverwaltung Valencia: Lieferung von 102 gußeisernen Kandelabern für Beleuchtung der Glorieta. Vor⸗ anschlag 45 Peseten pro 100 kg. Kaution 275,40 Peseten. Auskunft bei obiger Verwaltung. G
8 Niederlande.
16. Oktober. Kolonial⸗Ministerium. In den Gesellschaft „tot Nut van't Algemeen“, N. No. 212, Amsterdam: Lieferung von Tuch, Kattunzeug, Gußeisen, gewalztem Eisen, Eisen⸗ und Stahldraht, Barrenkupfer, Kupfer⸗Blech und ⸗Draht, Weißblech, Holzschrauben, Zink, Werkzeugen, Leder, Riemen, Papier, Farben, Seife ꝛc.
18. Oktober. Verwaltung der „Coöperatieve stoom ziuvel- fabriek“ in Ried: Lieferung von 54 000 Leinölkuchen.
Serbien.
7./19. Oktober, Mittags. Direktion der Serbischen Staats⸗ eisenbahn in Belgrad: Schriftliches Angebot mit 10 Dinar Stempel⸗ marke in verschlossenem Umschlag mit der Aufschrift: „Lieferung von Nägeln und Holzschrauben“. Kaution 200 Dinar. Bei Auszahlung der Lieferung werden 1 % Obrtsteuer und 1 % Taxengebühren vom Rechnungsbetrag in Abzug gebracht. — Lieferung von: 135 000 Stück Nägel mit rundem Kopf 25/25, 25⁄7¶ und 4,36 mm, 100 000 Stück Nägel mit glattem Kopf 25⁄28 und 2²5 % 0mRm, 100 000 Stück Nägel mit kleinem Kopf ¹83 und 2 mm, 150 000 Stück Tapeziererstifte mit scharfer Spitze, 10%⁄0 und 1%1 mm, 430 000 Stück Nägel mit glattem Kopf 16/20, 20/29, 20 ⁄25, 25/25, 22/30, 2235, 25/¼20, 25⁄42 und 42 ⁄60 mm, 35 000 Stück Nadelstifte 100 mmm, 500 Stück Holzschrauben mit 6 seitigem Kopf 12 ⁄6 mm, 500 Stück Holzschrauben mit 6 seitigem Kopf 1 13 mm, 355 Groß Holzschrauben mit glattem Kopf 9⁄6, 6/85, 7/,50, ⁄15, 5⁄10. 5/38, 5/35, 65/25, 6/30, 525 und 4 ⁄2% mm, 180 Groß Holzschrauben mit rundem Kopf 5/30, 55⁄25, 45⁄20, 4 ⁄35, 110, 41258 mm, 60 Groß Holz⸗ schrauben mit gekuppeltem Kopf ⁄2 und 55 12 mm. — Das ganze Material muß von bester Qualität — sogenanntes Wiener Fabrikat — sein. Die Preise sind bei jeder Position anzugeben. Muster liegen in der Oekonomie⸗Abtheilung der Direktion aus. Uebernahme findet in den Nischer Werkstätten statt.
Räumen der
Verkehrs⸗Anstalten. 1 .
v“ . Bremen, 8. Oktober. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Trave“ ist am 5. Oktober Vormittags von New⸗York nach der Weser abgegangen. Der Postdampfer „Willehad“ hat am 5. Oktober Nachmittags Prawle Point passiert. Der Postdampfer „Braunschweig“ hat am 5. Oktober Nachmittags St. Catherines Point passiert. Der Schnell⸗ dampfer „Saale“ ist am 6. Oktober Abends in Gibraltar an⸗ gekommen.I Der Schnelldampfer „Ems“ hat am 6. Oktober Abends die Reise von Southampton nach New⸗VPork fort⸗ gesetzt. Der Postdampfer „Straßburg“ hat am 6. Oktober Vormittags die⸗Reise von Vigo nach dem La Plata fort⸗ gesetzt. Der Reichs⸗Postdampfer „Bayern“ ist am 6. Oktober Morgens in Genua angekommen. Der Schnelldampfer „Kaiser Wilhelm II.“ hat am 7. Oktober Nachmittags Hurst Castle passiert. Der Postdampfer „Salier“ hat am 6. Oktober Abends Dover passiert. Der Postdampfer „Dresden“ hat am 7. Oktober Nachmittags Dover passiert. Der Reichs⸗Postdampfer „Olden⸗ burg“ ist am 6. Oktober Nachmittags in Aden angekommen. Der Postdampfer „Craigearn“ ist am 7. Oktober Morgens in Ant⸗
werpen angekommen. 8 Hamburg, 7. Oktober. (W. T. B.) Hamburg⸗Ameri⸗ Postdampfer
kanische Packetfahrt⸗Aktiengesellschaft. Der „Hungaria“ ist heute in St. Thomas eingetroffen.
London, 7. Oktober. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer „Gaul“ ist auf der Ausreise Sonnabend von Southampton ab⸗ gegangen. Der Castle⸗Dampfer „Dunottar Castle“ ist am Sonnabend auf der Heimreise in London und der Castle⸗Dampfer „Roslin Castle“ in Southampton angekommen. Der Castle⸗ Dampfer „Methven Castle“ ist am Sonnabend auf der Ausreise in Mauritius angekommen. Der Castle⸗Dampfer „Harlech Castle“ hat am Sonnabend auf der Ausreise die Canarischen Inseln passiert.
Theater und Musik.
“ Konzerte. 1..“
Der erste Kammermusik⸗Abend der Herren Peofessor Carl Halir, Carl Markees, Adolf Müller und Hugo Dechert, welcher gestern im Saal Bechstein stattfand, wurde mit Beethoyen’s Streichquartett in F-moll op. 95, einem der schwierigsten und tiefsten Werke des Meisters, in vortrefflicher Ausführung eröffnet. Es folgte die zum ersten Mal hier gespielte Sonate in Es-dur fürKlarinette und Klavier, op. 120 Nr. 2, von J. Brahms, die, in den ersten Sätzen an den Stil Beethoven's sich anschließend, klar und melodisch ge⸗ halten ist, aber erst in den Schlußvariationen die volle Originalität des Komponisten zur Geltung kommen läßt. Die später folgende erste Sonate desselben op. 120 des Meisters läßt gewissermaßen die umgekehrte Anordnung der Gedankenfolge erkennen. Mit gewaltigen Rhythmen und oft sehr komplizierten harmonischen Fortschreitungen ist der ganze erste Satz ausgestattet, während in den folgenden Sätzen die melodischen und rhyuthmischen Gestaltungen zuweilen etwas Tanzartiges annehmen. Beide Sonaten wurden von dem
Perroleum Stand. white in New⸗PYork 7,10,
8
Z. Voorburgrab