Abgereist:
Seeine Excellenz der Staatssekretär des Reichs⸗Marine⸗ amts, Vize⸗Admiral Hollmann.
Richtamtliches.
Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 10. Oktober. . Der Bundesrath versammelte sich heute zu einer Plenar⸗
In der Nr. 21 des „Marine⸗Verordnungsblatts“ vom 8. Oktober wird folgende, die Anrechnung von Kriegs⸗ jahren in Südwest⸗Afrika und Kamerun betreffende Allerhöchste Kabinetsordre reröffentlicht:
Ich bestimme, daß die militärischen Unternehmungen der bei der Landeshauptmannschaft von Südwest⸗Afrika oder dem Gouvernement von Kamerun auf Grund von Dienstverträgen gebildeten Truppen im Sijnne des § 23 des Gesetzes, betreffend die Pensionierung und Ver⸗ sorgung der Militärpersonen des Reichsheeres und Meiner Marine u. s. w., vom 27. Juni 1871 und des § 49 des Reichs⸗Beamten⸗ gesetzes vom 31. März 1873 als ein Feldzug anzusehen sind. Den⸗ jenigen aus dem Heere oder Meiner Marine zu diesen Truppen über⸗ getretenen Militärpersonen, welche in Südwest⸗Afrika in je einem der Jahre 1893 und 1894, in Kamerun in einem der Jahre 1891, 1892, 1893 und 1894 an einem Gefecht theilgenommen haben, kommt je ein Kriegsjahr zur Anrechnung. Der Theilnahme an einem Gefecht st eine fortlaufende Dienstzeit von zwei Monaten in je einem der bezeichneten Jahre gleichzustellen, mit der Maßgabe, daß, wo zwar eine fortlaufende Dienstzeit von zwei Monaten vorliegt, ihr Ende aber nicht in dasselbe Kalenderjahr wie ihr Anfang fällt, ein Kriegsjahr zur Anrechnung kommt 8
Berlin, den 17. September 1895. 8
Wilhelm.
v“ Fürst zu Hohenlohe. An den Reichskanzler (Auswärtiges Amt). .
u“ b“
Eine weitere, in derselben Nummer des „Marine⸗Ver⸗ ordnungsblatts“ enthaltene Allerhöchste Kabinetsordre betrifft Aenderungen in der Organisation der Marine⸗-⸗Artillerie und lautet, wie folgt:
Ich bestimme unter Aufhebung des entsprechenden Theiles Meiner Ordre vom 17. März 1891 wie folgt: 1) Die Inspektion der Marine⸗ Artillerie wird wieder wie vor dem 17. März 1891 dem Ober⸗ Kommando der Marine allein unterstellt. 2) Es werden in Verbleib unter dem Reichs⸗Marineamt ihrem Befehlsbereich entzogen: die Artillerie, un Minendepots, ie Feuerwerks⸗Offiziere, das Zeugpersonal T erpersonal des Minen⸗ wesens. 3) Von 1 irkungskre der Schiffs⸗Prüfungs⸗ kommission (Organisatorische Bestimmungen § 3 zu 11) werden abgezweigt und treten in den des Minenversuchsschiffs über die Versuche auf dem Gebiete des Sperr⸗ und Minenwesens, welche die Vervollkommnung des Materials, den Schutz der eigenen Kampf⸗ mittel und das Unschädlichmachen der feindlichen bezwecken. 4) Als Zwischenglied zwischen dem Reichs Marineamt und den unter 2 ge⸗ nannten Behörden u. s. w., sowie dem Minenversuchsschiff wird eine Marine⸗Depotinspektion geschaffen, bestehend aus einem Kontre⸗Admiral oder Kapitän zur See als Inspekteur, einem Kapitän⸗Lieutenant als
diutanten, sowie dem erforderlichen Ober⸗ und Unterpersonal. Stabs⸗
ier der Inspektion wird Wilhelmshaven. Auf diese Marine⸗
nspektion gehen alle bis dahin von der Inspektion der Marine⸗
ie in technischer und administrativer Hinsicht ausgeübten Be⸗
über. Der Depot⸗Inspekteur erhält die Disziplinarstrafgewalt
und Beurlaubungsbefugniß eines Marine⸗Inspekteurs. 5) Die bisher
auf dem Artillerieschulschiff bestehende Schiffsartillerie⸗Prüfungs⸗
kommission (Organisatorische Bestimmungen § 3 zu 11) wird aufge⸗
Vorstehende Bestimmungen haben mit dem 1. November
J. in Kraft zu treten. Ich beauftrage Sie, das zu
ieser Ordre Erforderliche zu veranlassen. Jagdschloß Rominten, den 2. Oktobe
I⸗ 2% e Merh 8 5 In Vertretung des
Hollmann.
An den Reichskanzler (Reichs⸗Marineamt).
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich sächsische Geheime Finanz⸗Rath Dr. Schaffrath ist hier angekommen.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Seine Hoheit der Herzog ist von seinen Besitzungen in Tirol wieder in Coburg eingetroffen.
SDesterreich⸗Ungarn. Das „Armee⸗Verord veröffentlicht die aus r
Gesundheitsrücksichten e Enthebung des E herzogs Franz Ferdi b dem Kommando de 38. InfanterieBrigade, sowie die Vers Erz herzogs Franz Salvator zu dem Kaiserjäger⸗ Regiment; ferner veröffentlicht das Enthebung des General⸗Majors Freiherrn von Steininger von seinem Posten als Militär⸗Bevollmächtigter in Berlin unter Ver⸗ leihung des Ritterkreuzes des St. Stefan⸗Ordens und unter Ernennung zum Kommandanten der 27. Infanterie⸗Brigade, und die Ernennung des Majors Prinzen Schönburg⸗ Hartenstein zum Flügel⸗Adjutanten des Kaisers und Militär⸗ Bevollmächtigten in Berlin. Der Sektions⸗Chef im Justiz⸗Ministerium Klein hat sich nach Deutschland begeben, um bei den sä und preußischen, später auch bei den bayerischen und b Gerichten deren innere Einrichtungen und Verwaltung zu lernen. 1
In der vorgestrigen Sitzung des ungarischen Unter⸗ hauses verlas der Präsident von Szilagyi eine Zuschrift des Minister⸗Prästdenten Barons Banffy, mit welcher dieser den Dank des Königs für die Glückwünsche des Hauses anläßlich des Allerhöchsten Namensfestes übermittelt. Der Minister des Innern Perzel unterbreitete den Be⸗ richt über die anitätsverhältnisse in Ungarn im Jahre 1894. Das Haus schritt sodann zur Verhandlung des Gesetzentwurfs über die Maßregeln gegen die Ver⸗ fälschung landwirthschaftlicher Produkte. Der Gesetzentwurf, dessen vnhlha⸗ der Referent Graf Nikblaus Thoroczkayh warm empfahl, wurde angenommen.
8 ¶. 8. ☛ † LN11
kennen
2
i in der
Frankreich. Präsident Faure veranstaltete gestern Abend zu Ehren des Königs von Portugal und des Großfürsten Konstantin von Rußland ein großes Diner mit daran anschließendem Empfang. Sämmtliche Minister sowie der Fürst Lobanow⸗Rostowsky waren zugegen. CG“
Rußland.
Der bisherige britische Botschafter Sir Frank Las⸗ celles ist, wie „W. T. B.“ aus St. Petersburg berichtet, gestern in Zarskoje⸗Sselo behufs Ueberreichung des Ab⸗ berufungsschreibens vom Kaiser in feierlicher Audienz empfangen worden.
“
Italien. Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Rom wäre der Oberst Prudente, Kommandeur des 4. Bersaglieri⸗ Regiments, zum Militär⸗Attaché in Berlin ernannt worden. .
Die „Agenzia Stefani“ erklärt alle Gerüchte über Ent⸗ sendung von Verstärkungen nach Erythrea für falsch.
Gestern Abend ist ein Schreiben des Papstes an den Kardinal⸗Staatssekretär Rampolla veröffentlicht worden, worin es, dem „W. T. B.“ zufolge, anläßlich der Kundgebungen vom 20. September heißt:
„Das Gefühl der Humanität, welches selbst von Leidenschaft beherrschte Geister bewahren, schien die Hoffnung auf Rücksichten für unser Alter zuzulassen. Aber man wollte in roher Weise darüber hinweggehen. Es fiel uns zu, beinahe unmittelbar Zeuge sein zu müssen von der Apotheose der italienischen Revolution und der Beraubung des Heiligen Stuhls. Wir wurden besonders betroffen durch den Plan, den Konflikt, dessen unheilvolle Folgen niemand ermessen kann, eher zu verewigen als zu beseitigen. Außerdem that mon einen weiteren Schritt nach dem wesentlich antireligiösen Ideale hin; denn der letzte Zweck der Be⸗ setzung Roms, wenn nicht in dem Geiste Aller, die dabei mitwirkten, so doch in dem Geiste der Sekten, die deren erste Anstifter waren, besteht nicht allein in der Vervollständigung der politischen Einheit. Man wollte durch das Niederreißen der Mauern der bürgerlichen Metropole die geistliche Macht des Papstes schärfer angreifen. Die Absicht war, die Geschicke Roms zu ändern, Rom umzu⸗ gestalten und wieder heidnisch zu machen, um einem dritten Rom mit einer dritten Zivilisation das Leben zu geben. Das war es, was man neulich durch die Sanktion des neuen Gesetzes, durch die von einer Gott feindlichen Sekte veranstalteten lärmenden Kundgebungen feiern wollte. Darunter leidet die Nation; denn das Versprechen materieller Wohlfahrt wurde nicht nur nicht gehalten, sondern Italien ist auch moralisch getheilt, und die umstürzlerischen Parteien gewinnen an Macht. Keine bürgerliche oder soziale Einrichtung, nichts wird jemals dem Papstthum wahre Unabhängigkeit schaffen, wenn ihm die territoriale Jurisdiktion vorenthalten wird. Unsere Stellung, von der versichert wird, daß sie garantiert sei, ist dem Urtheile Anderer unterworfen, und letzthin ließ man die Drohung durchblicken, daß die bestehenden Garantien abgeschafft werden könnten.”“ Der Papst rühmt sodann die Wohlthaten der päpftlichen Souveränetät und fordert die Italiener, welche keiner Sekte angehören, auf, in Er⸗ wägung zu ziehen, wie verderblich es sei, einen Kampf fortzusetzen, welcher nur den Umtrieben kühner Fraktionen und den Feinden des christlichen Namens rortheilbaft sei. Das Schreiben betont, die höchste Obrigkeit der Kirche verfolge mit wohlwollender Wachsamkeit den Weg der Humanität und weigere sich nicht, sich soviel wie möglich den billigen Bedürfnissen der Zeit anzuschließen. „Wenn die Italiener“, schließt das Schreiben, „das freimaurerische Joch abschütteln und auf uns hören, werden wir unser Herz den theuersten Hoffnungen öffnen; andernfalls könnten wir nur neue Ge⸗ fahren und größere Vernichtungen voraussagen.“
Die gestern Abend erschienene „Riforma“ bestreitet in einer Besprechung des Schreibens, daß bei den Festen des 20. September irgend etwas vorgekommen sei, wodurch der Papst habe beleidigt werden können. Das Fest sei in der That dier Apotheose einer Revolution ge⸗ wesen; aber die Berechtigung derselben sei gerade durch die Würde, mit welcher sie gefeiert worden sei, bewiesen. Die Wahrheit der Behauptung, daß man den Konflikt verewigen wolle und sich um einen weiteren Schritt einem religionsfeindlichen Ideal genähert habe, sei nicht zu erweisen; es habe sich vielmehr die Autorität der Kirche seit 1870 vergrößert.
Portugal. Ddie Regierung hat den Dampfer „Zaire“ gechartert, um einen Theil der nach Mozambique enisandten Expedition nach Portugal zurückzubringen.
111I1“
Gestern ist, wie „W. T. B.“ aus Konstantinopel be⸗ richtet, daselbst folgende amtliche Bekanntmachung erlassen worden:
Es ist begreiflich, daß infolge einiger dem Rechtsbewußtsein zu⸗
r Vorfälle in der letzten Woche die Bevölkerung be⸗
Um Ruhe und Ordnung wiederberzustellen, sind alle Vorsichtemaßregeln getroffen worden, und es patronillteren Tag und Nacht Militär, Gendarmerie und Polizei. Sollten Ieregeführte nech alarmierende Gerüchte verbreiten und die Rahe stören, so werden dieselben strenge nach dem Gesetz bestraft werden. Der Bevölkerung ird bekannt gemacht, daß keine Ursache zur Beunruhigung besteht
Jedermann ruhig seinen Geschäften nachgehen kann.
Die „Politische Correspondenz“ meldet: Die der Pforte überreichte Verbalnote der Botschafter hebe ausdrücklich hervor, daß von bewaffneten Softas und Kurden zahlreiche Angriffe auf das Eigenthum, ja selbst Plünderungen und Todtschläge verübt worden seien, und empfehle als eines der Mittel zur Herstellung der Beruhigung die sofortige Freilassung aller unschuldig Verhafteten.
Die Nacht zu gestern und der gesttige Tag sind, dem „W. T. B.“ zufolge, in Konstantinopel ohne Zwischenfall verlaufen. Die außerordentlichen polizeilichen Maßregeln wurden unter dem Beistande des Militärs aufrecht erhalten. Das Bild, welches die Stadt bietet, ist mit Ausnahme einiger gesperrter armenischer Geschäfte unverändert: nur der Geschäfts⸗ gang leidet unter der Aufregung, weshalb die Betroffenen gegen die schuldigen Armenier sehr aufgebracht sind.
Dänemark.
Der Minister des Aeußern legte gestern dem Folke⸗ thing einen Gesetzentwurf vor, wonach, falls es für zweck⸗ mäßig erachtet werde, Berufskonsuln in zwanzig speziell genannten Städten angestellt werden können, unter anderen in Hamburg, Lübeck oder Stettin, in Rotterdam, Antwerpen,
Genua, KWnsta inopel. k
Amerika. Der Madrider „Imparcial“ veröffentlicht eine Meldung aus Havanna, nach welcher eine Band on Rebellen
a rovinz Havanna erschienen sei.
Afrika. 1
Der „Agenzia Stefani“ ist folgende Meldung aus Massowah von gestern zugegangen: Ras Mangascha er⸗ halte Verstärkungen; aber dem Anschein nach habe der An⸗ marsch der italienischen Truppen den Muth seiner Parteigänger erschüttert; er suche daher eine andere Stellung zu gewinnen. Auch in der Provinz Lasta scheine der moralische Erfolg der Vorwärtsbewegung der italienischen Truppen ein günstiger zu sein.
Nr. 41 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ vom 9. Oktober, hat folgenden Inhalt: Ge⸗
sundheitsamts“,
sundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten. — Sterbefälle im
August. — Zeitweilige Maßregeln gegen Cholera ꝛc. — Desgl. gegen
Gelbfieber. — Aus dem württembergischen Medizinalbericht, 1892/93. — Gesetzgebung u. s. w. (Preußen). Apothekerordnung. — (Bayern.) Bauordnung für München. (Schluß.) — (Sachsen⸗Altenburg.) Schweineseuche ꝛc. — (Lübeck.) Vieh⸗Quarantäne. — Löschen und Laden von Vieh. — (Hamburg.) Vieh⸗Quarantäne. — (Oesterreich.) Impfung fremder Arbeiter in Sachsen. — (Großbritannien.) Langen⸗ seuche. — (Niederlande.) Aerztliche und zahnärztliche Prüfungen. — Gang der Thierseuchen im Deutschen Reich, September. — Desgl. in Bosnien und der Herzegowina. 1894 und 1895, 1. Halbjahr. — Zeitweilige Maßregeln gegen Tbhierseuchen.
1 18 1 (Preuß. Regierungs⸗ bezirke Königsberg, Köslin, Schleswig, Stade, Aurich, Bapern,
—
Mecklenburg⸗Schwerin, Bremen, Hamburg, Elsaß⸗Lothringen, Oester⸗
reich) — Vermischtes. (Preußen. M.⸗Gladbach.) Lebensmittel⸗ Untersuchungsamt, 1894/95. — (Sachsen. Leipzig.) Krankenkassen⸗ wesen, 1894. — (Hamburg.) Statistische Arbeiten des Medizinal⸗
Bureaus. — (Oesterreich
Wien.)
mit 15 000 und mehr Einwohnern, August. — Desgl. in größeren Orten des Auslandes. — Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. — Desgl. in größeren Städten des Auslandes. — Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Großstädte. — Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. — Witterung.
. 40 des „Zentralblatts für das Deutsche Reich“, ausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 4. Oktober, hat fol⸗ genden Inhalt: Konsulatwesen: Entlassung; — Todesfälle. — Polizei⸗
wesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet. 2
Nr. 40 des „Zentralblatts der Bauverwaltung“, herausgegeben im Ministerium der offentlichen Arbeiten, vom 5. Oktober, hat folgenden Inhalt: Amtliches: Dienstnachrichten. — Nichtamt⸗ liches: Die Villenkolonie Grunewald 8 Schutz des Oberb egen Rosten in Tunneln. — Dekorations⸗ speicher für das Königliche Theater in Hannover. — Kesselbaus der Wasserstation des s Montabaur — Beseitigung des Durch⸗
ellens 2 Hafen von Goes (Niederlande). — Vermischtes: ue eyangelische Kirche in Willuhnen. — Prä⸗ zisionsnivellements Bureaus für die Hauptnivellements und Wasserstandsbeobachtungen. — Wettbewerb um einen monumentalen Aussichtsthurm im Stadtwald von Nachen. — Ausstellung der Pro⸗ vinz Schleswig⸗Holstein in Kiel 1896. — Rathhauswettbewerb Stutt⸗ gart. — Vorträge in der Unterrichtsanstalt des Königlichen Kunst⸗ gewerbe⸗Musecums in Berlin. — Erprobungen von Gewölben in Oesterreich. — Verwandlung des Kreises in ein flächengleiches Quadrat. — Inhalt der Zeitschrift für Bauwesen.
8
rr⸗ que
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Die fünfjährige Verjährung des Art. 146 des Han gesetzbuchs findet nach einem Urtheil des Reichsgerichts, I. Zivll vom 27. März 1895, keine Anwendung im Falle der Auflös einer offenen Handelsgesellschaft durch Eröffnun Gesellschaftskonkurses. — Dem Kaufmann K. rung gegen die offene Handelsgesellschaft P. u. R.
R. war. Ueber das Gesellschaftsvermögen wurde am 15. März
Konkuis eröffnet, und die Gesellschaftsgläubiger erhielten nur
Dividende on 6 ½ %. Das Konkursverfahren wurde
17. Dezember 1887 nach Abhaltung des Schlußtermins auf⸗ gehoben. K. klagte am 1. Februar 189¼ den ungedeckten Rest seiner Konkursforderung gegen den ebemaligen Gesellschafter R. ein, wogegen R. den Einwand der Verjährung aus Art. 146 H. G.⸗B. erhob. R. brachte auch eine amtsgerichtliche Bescheinigung bei, wonach am 29. Februar 1888 auf seinen eigenen Antrag die Löschung der Gesellschastsfirma im Handelsregister bewirkt worden ist. R. wurde
in beiden Instanzen nach dem Klageantrage vorurtheilt, und die von;
ihm eingelegte Revision wurde vom Reichsgericht zurückgewiesen. (448/94. — Vgl. die Begründung dieses Urtheils in der besonderen Beilage zum „Reichs⸗Anzeiger“ v. 30. Juli 1895 S. 185.)
— Im Gebiet des Preußischen Allgemeinen Landrechts (§§ 133, 134 I1 5, §§ 380, 387 I1 16) bedarf der Verzicht auf ein Recht. gleichwie Verträge überhaupt, der Schriftform. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichsgericht, VI. Zivilsenat, durch Urtheil vom 24. Juni 1895 ausgesprochen: Hat ein Geschäftsvermittler auf die ihm zukommende Provision, um das Zustandekommen des Hauptgeschäfts nicht zu verhindern, mündlich verzichtet und bean⸗ sprucht er sodann, nach dem Abschluß des Geschäfts, trotzdem die Provision, so hat der Geschäftsherr diesem Anspruch gegenüber ohne weiteres den Einwand der Arglist. „Daß der vermittelte Kauf⸗ vertrag auch ohne den Verzicht zu stande gekommen wäre, läßt sich ohne besondere Umstände nicht annehmen. Hat der Beklagte in dem Glauben, daß auf die Provision kein Anspruch gemacht werde, sich mit einem Kaufpreise von 57 000 ℳ begnügt, so ergiebt sich,
aß er naoch Abgabe der Provision nicht dasjenige behalten
haben würde, worauf er bei Abschluß des Vertrags rechnete, und bis zum Gegenbeweis, der bier nicht versucht ist, muß daher angenommen werden, daß der Beklagte mit dem Kaufpreis von 57 000 ℳ sich nicht begnügt haben würde, wenn Kläger nicht vorher auf die Provision verzichtet hätte. Diesem Einwand des Delus, der darauf beruht, daß der Kläger sich nicht gleichzeitig auf die Un⸗ gültigkeit des Verzichts und auf das durch diesen Verzicht bewirkte oder mitbewirkte Zustandekommen des Vertrags berufen kann, stehen die gesetzlichen Vorschriften über die Nothwendigkeit der Schriftform nicht entgegen.“ (98/95.)
Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.
Ruht die Uferbaulast auf den Ufergrundstücken, so kann sie, nach einem Urtheil des Ober⸗Verwaltungsgerichts, III. Senats, vom 9. Mai 1895, nicht dadurch erlöschen, daß sie infolge veränderter Umstände gegen früher eine schwerere geworden ist. (III. 390.)
— Hinsichtlich der Einkommenbesteuerung der Aktien⸗ gesellschaften ꝛc. bestimmt der § 16 Abs. 3 des Einkommensteuer⸗ gesetzes vom 24. Juni 1891, daß der Kommunalbesteuerung das bei der Einschätzung zur Staatseinkommensteuer ermittelte Einkommen ohne den Abzug von 3 ½ % zu Grunde zu legen ist. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Ober⸗Verwaltungsgericht, II. Senat, durch Urtheil vom 5. Juni 1895 ausgesprochen, daß dasjenige Ergebniß, zu welchem die staatlichen Einschätzungsbehörden unter Anwendung der Vorschriften in den Absätzen 1 und 2 des § 16 gelangen, für die Kommunalbesteuerung auch dann matgebend ist, wenn bei der Ein⸗ schätzung zur Staatssteuer ermittelt worden ist, daß Zensit ein Einkommen überhaupt nicht erzielt hat. (II. 900.)
— —
Lar Landschaftliche Verwerrthung der Abwässer. — Monatstrabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten
bei Berlin (Fortsetzung). —.
— Ist das Bewohnen von Zimmern für gesundheits⸗ gefährlich erklärt, so hat, nach einem Urtheil des Ober⸗Verwal⸗ tungsgerichts, IV. Senats, vom 29. Juni 1895, die Orts⸗Polizei⸗ behörde das Recht, die Benutzung der Räume zum Wohnen zu ver⸗ bieten, sie kann aber nicht auch die Entfernung des Mobiliars aus denselben verlangen. (IV. 334.) “
Statistik und Volkswirthschaft. Die Dampfkessel und Dampfmaschinen in Preußen 1895. (Stat. Korr.) Trotzdem sich im Jahre 1894 die Ungunst der allgemeinen wirthschaftlichen Lage aus dem Verjahre fortgesetzt hatte, ist die Zahl der Dampfkfessel und Dampfmaschinen in Preußen weiter gestiegen, und zwar erstreckte sich diese Vermehrung auf alle Arten von Kesseln und Maschinen, wie folgende Uebersicht nachweist. Es betrug in Preußen die Zahl der feststehenden Dampfkessel. 8 Dampfmaschinen
. MRuf 1830 Anfange, Zunahme 55 605 57 824 2 219 57 224 60 488 3 264 beweglichen Dampfkessel.. 14 880 15637 757 Schits Hampftessel . .. 1 934 2 050 116
Dampfmaschinen .. . . . 1 726 1bb16666 Nachdem die Zahl der beweglichen Dampfkessel zu Anfang 1894 gegen dieselbe Zeit 1893, wo sie 15 725 Stück „betrug, abgenommen hatte, ist sie zu Anfang 1895, wie obige Uebersicht zeigt, wieder gestiegen; allerdings war die Abnahme zu Anfang 1894 vornehmlich dadurch herbeigeführt worden, daß im Laufe des Jahres 1893 zahl⸗ reiche bewegliche Dampfkessel (Lok omobilen) durch die Bebörden als feststehende Anlagen genehmigt worden waren, weil sich ihre Wirksamkeit lediglich auf einen bestimmten Standort beschränkte, so⸗ daß die betreffenden Kessel auch seitens der Statistit als feststehende angeschrieben werden mußten. Im übrigen ist aus der mitgetheilten Zusammenstellung ersichtlich, daß die feststehenden Dampfkessel im letzten Behne um 3,9 vom Hundert, die feststehenden Dampfmaschinen um 5,7 vom Hundert und die beweglichen Dampfkessel um 5,1 vom Hundert zugenommen haben. Von den letzteren waren zu Anfang 1895 15 168 mit einer Dampfmaschine verbunden gegen 14 425 im Vorjahre; das ergiebt eine Steigerung um 743 Stück oder 5,15 vom Hundert. Da aus einer Zunahme der Zahl der Dampfmaschinen auf eine vermehrte Verwendung der Dampfkraft noch nicht unbedingt geschlossen werden kann, sondern erst die Leistungsfähigkeit der Dampf⸗ maschinen hierfür den Ausschlag giebt, so mögen über letztere hier noch einige Angaben folgen. Es betrug in Preußen die Zahl der Pferdestärken 1
bei den beweglichen ampfmaschinen 1894. 1“ 147 130 219 769 1116“] 154 997 253 339.
Die Thatsache, daß hiernach die Zahl der Pferdestärken bei den feststehenden Dampfmaschinen um 185 925, ₰ 1
zu Anfang Schiffs⸗
bei den beweglichen um 867 und bei den Schiffsmaschinen um 33 570 zugenommen hat, läßt im Verein mit der oben dargethanen Vermehrung der Zahl der Dampfmaschinen in der That darauf schließen, daß in Preußen wäh⸗ rend des Jahres 1894 die Verwendung der Dampfkraft wieder eine bedeutende Steigerung erfahren hat.
Zu: Arbeiterbewegung. 1
In Leipzig verhandelte eine Versammlung der Maler⸗ und Montag wieder über den vor sechs Wochen der, wie die „Lpz. Ztg.“ bemerkt, that⸗ ich gegenwärtig bereits beendet ist, da die Ausständigen sämmtlich gebracht worden sind. Auch sollen noch mehrere Arbeit⸗ geber nothgedrungen den geforderten Lohntarif anerkannt haben. Dagegen wurde berichtet, daß andere Arbeitgeber, obgleich sie den Tarif unter⸗ zeichnet bätten, schon jetzt wieder anfingen, ihre Arbeiter tarifwidrig zu bezahlen. Die Versammlung beschloß, den Ausstand noch nicht für beendet zu erklären, sondern ihn im Frühjahr wieder aufzunehmen. In Basel fand, einer Mittheilung des Berner „Bund“ zufolge, eine Versammlung der Posamentiere statt, um wegen der „Maß⸗ regelungen“, die gegen ihre Ausstandsführer ins Werk gesetzt sein sollen, zu verbandeln. Es wurde beschlossen, den allgemeinen Aus⸗ stand zu erklären, wenn weitere Maßregelungen vorkommen sollten. Auch über den am 19. Juni vereinbarten durchschnittlichen Tagelohn von 4 Fr., welcher nicht allgemein zur Auszahlung komme, sollen
neue Unterhandlungen mit den Fabrikanten gepflogen werden.
In Gent stehen, wie der „Voss. Ztg.“ unter dem 7. Oktober geschrieben wird, alle Konstruktionswerkstätten still. Die Fabrikbesitzer wollen nicht früher ihre Werkstätten wieder eröffnen, als bis die Arbeiter der Konstruktionswerkstätten Van den Kerkhove’'s nachgegeben und die Arbeit wieder aufgenommen haben. — Der „Köln. Ztg.“ zufolge hielten die ausständigen Eisenarbeiter am Sonn⸗ tag eine Versammlung ab, in der beschlossen wurde, den Ausstand fortzusetzen. Die Sozialisten von Brüssel überbrachten zur Unter⸗ stützung die Summe von 4000 Fr. Auch aus dem Auslande laufen Unterstützungsgelder ein. Die sozialistische Genter Genossenschaft DBooruit bewilligte 10000 Fr. Ueber die Vertheilung der Hilfegelder bestehen unter den sozialdemokratischen und nicht sozialdemokratischen
rbeiten, die in dem Ausstande zusammengehen, Meinungs⸗ verschiedenheiten. 8
Kunst und Wissenschaft. — Wie der „Schwäb. B.“ aus Sulz a. N. (Württemberg) meldet, ist bei den Grabungen an dem auf der Güldenhalde gelegenen römischen Kastell bis jetzt der größte Theil der Umfassung des ebemaligen Lagers freigelegt worden. Das Lager ist auf einem der schönsten Aussichtspunkte von Sulz gelegen mit weitem Ueber⸗ blick im Hintergrunde nach der Alb und auf der anderen Seite nach dem Neckarthal. Die Form ist ein ziemlich regelmäßiges, an den Spitzen algerundetes Rechteck, dessen eine Seite etwa 158 m, die andere etwa 111 m lang ist. Das ganze Lager wird von einer starken Mauer umfaßt, die an manchen Stellen bis zu 2 m 30 cm breit ist und die ein tiefer Graben um⸗ schließt. Entlang der Mauer erheben sich 28 Thürme. Dieselben sind folgendermaßen vertheilt: an jeder Schmalseite zwei den Eingang flankie⸗ rende Thürme, rechts und links davon erheben sich je zwei Thürme und
an den abgerundeten Ecken wieder je cin Thurm, auf jeder Langseite
ebenfalls zwei Thürme, die das Thor bilden, und rechts und links davon je drei Thürme, die sämmtlich in einem Abstand von 12,50 bis 13,95 m stehen. An der südöstlichen Seite sind die vier vermutheten hürme bis jetzt noch nicht aufgefunden. Die Thürme haben eine Aufge und Breife von je 4 m 80, cm und dienten hauptsächlich zur Aufstellung der Wurfgeschütze. Dieselben springen ungefähr 50 cm . die Mauer vor. Rings um das Kastell herum wurden eine große nzahl Zivilwohnungen festgestellt. 2 Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
N 8 Portugal.
— Durch Verfügung des Koniglich vortugiesischen Ministeriums des 1—. e. ist der Hasfen von Tetuan seit dem 28. v. M. für cholera⸗ derseucht erklärt worden.
Gleichzeitig wird die Verfügung, wodurch die russischen Häfen Achwarzen Meer für choleraverdächtig erklärt wurden (vergl. Hafen b Nr. 231 vom 26. v. M.), dahin abgeändert, daß nur die anzufehes evropäischen Rußlands am Schwarzen Meer als verdächtig Häfen en sind, sodaß die Häfen am Asowschen Meer und die russischen uls reimn der asiatischen Küste des Schwarzen Meeres nach wie vor
in gelten. 8 8 8
— Cholera. 2
Oesterreich⸗Ungarn. In Galizien wurden dem „Oest. San.⸗W“ vom 24. bis 30. September insgesammt 18 Erkrankungen (12 Todesfälle) gemeldet, darunter in der Stadt Tarnopol 6 (2), in 2 Ortschaften des Bezirks Tarnopol 9 (7), davon in Ostrow 7 (5), ferner in Stojanow im Bezirke Kamionka strumilowa
Miederlande. Im Juni sind nach dem „Staats⸗Courant“ vom 28. September 7 Personen an einheimischer, 1 an asiatischer Cholera gestorben.
„Rußland. Im Gouvernement Wolhynien wurden in den Kreisen Ostrog, Kremenen Saslaw, Starokonstantinow, Nowgorod⸗ wolynsk, Dubno, Luzk, Schitomir und Kowel vom 15. bis 21. Sep⸗ tember zusammen 1389 Erkrankungen (550 Todesfälle) gezählt, weiter in dem Gouvernement Podolien vom 1. bis 14. September 51 (19) in den Kreisen Proskurow und Letitschew. In dem Gouvernement Kiew wurde die erste Erkrankung am 8. September in der Stadt Berditschew festgestellt; bis zum 21. dess. Monats gelangten daselbst weitere 28 Krankheits⸗ und 10 Todesfälle zur Anzeige. Türkei. Einer Mittheilung vom 24. September zufolge, ist in Konstantinopel die Krankheit bis dahin auf 2 bis 4 Häufer des Stadtoiertels Balat beschränkt geblieben. Vom 18. bis 24. Septem⸗ ber wurden zusammen 5 Erkrankungen mit 3 Todesfällen festgestellt. — Es sind weiter gemeldet worden: im Vilajet Hudavendkjar vom 14. bis 20. September 6 Erkrankungen (2 Todesjälle), davon 3 (1) in Brussa, 2 in Edindjik, in 2 Ortschaften des Vilajets Diarbekir vom 2. bis 18. September 6 (2) und in Mossul vom 14. bis 19. Sep⸗ tember 31 (21). In den Vilajets Ad ana und Konia ist die Seuche erloschen.
Straits Settlements. Einer Mittheilung vom 4. Sep⸗ tember zufolge wurden in Singapore nur noch vereinzelte Er⸗ krankungen beobachtet.
China. In Tientsin ist zufolge einer Benachrichtigung vom 14. August die Krankheit in evidemischer Form ausgebrochen, nach⸗ dem schon wäbrend einiger Wochen vereinzelte Fälle wie in jede Sommer aufgetreten waren. Unter der fremden Bevölkerung ist, soweit bekannt, erst 1 Fall vorgekommen.
Marokko. In Tanger sind vom 18. bis 23. September (vorwiegend in dem maurischen Stadttheil) 55 Erkrankungen und 68 Todesfälle, davon nur 4 unter der nichtarabischen Bevölkerung, festgestellt worden.
Hawaii. Einer Mitheilung vom 12. September zufolge, sind bis dahin nach den „Abstr. of sanit. rep“ in Honolulu 59 Er⸗ krankungen und 32 Todesfälle festgestellt worden.
Gelbfieber.
Es wurden, wie die „Abstr. of sanit. rep.“ melden, in Riode Janeiro vom 4. bis 10. August 7, vom 11. bis 17. 8 Todesfälle festaestellt, in Vera Cruz vom 23. August bis 5. September 12, in San Juan (Portorico) vom 4. bis 10. August 8, vom 11. bis 24. August 6, vom 25. bis 31. desselben Monats 2, in Santiago (Cuba) vom 18. bis 24. August 35, vom 25. bis 31. desselben Monats 9, in Cienfuegos vom 2. bis 8. September 2, in Matanzas vom 22. bis 28. August Neuerkrankungen ohne Todesfall, in Havana vom 23. bis 29. August 30 Sterbefälle (bei etwa 90 Erkrankungen), vom 30. August bis 5. September 26 (80). Weiteren Mittheilungen aus Cuba vom 24. und 28. August zufolge, waren in Sancti Spiritus damals gegen 30 Erkrankungen mit verhältnißmäßig zahlreichen Todesfällen zur Beobachtung ge⸗ kommen, außerdem vereinzelte Krankheitsfälle in den im Innern der Insel gelegenen Ortschaften Santa Clara und Santo Domingo; in Manzanillo belief sich die Zahl der Todesfälle im Juli auf insgesammt 43.
Verschiedene Erkrankungen.
Pocken: London 2, Odessa 3, St. Petersburg 2 Todesfälle; London 21 (Krankenhäuser), St. Petersburg2 Erkrankungen; Rückfall⸗ fieber: St. Petersburg 5 Erkrankungen; Genickstarre: New⸗York 4 Todesfälle; Influenza: London 2 Todesfälle: Milzbrand: Regierungsbezirk Minden und Wien je 1 Erkrankung. Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen starb an Scharlach (Durchschnitt aller deutschen Berichtsorte 1881/90: 1 39 %): in Beuthen — Erkrankungen kamen vor in Berlin 118, Breslau 57, im Regierungsbezirk Posen 136, in Hamburg 32, Sdin⸗ burg 71, Kopenhagen 35, London 339 (Krankenhäuser), St. Peters⸗ burg 54, Wien 80 — an Diphtberie und Croup (1881/90 4,49 %): in Brandenburg a. H. — Erkrankungen wurden gemeldet in Berlin 147, Breslau 30, Hamburg 47, Kovpenhagen 31, London 114 (Krankenhäuser). St. Petersburg 50, Wien 58 — desgl. an Masern aus St. Petersburg 54, Wien 44 — desgl. an Unter⸗ leibstyphus aus St. Peters burg 118.
Der Gesundheitsstand in Berlin war in der Woche vom 22. bis 28. September ein günstiger und die Sterblichkeit eine kleinere als in der Vorwoche (von je 1000 Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 17,5). Insbesondere haben akute Darmkrank⸗ heiten eine weitere erhebliche Abnahme erfahren und führten nur noch in 98 Fällen (gegen 163 der Vorwoche) zum Tode. Die an diesen Krankheitsformen gestorbenen Personen befanden sich fast aus⸗ schließlich im Alter von noch nicht 2 Jahren. Die Theilnahme des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war infolge dessen wesentlich kleiner als in der Vorwoche; von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 61 Säuglinge. Akute Entzündungen der Athmungsorgane kamen gleichfalls et vas weniger zum Vorschein und behielten ihren meist milden Verlauf bei. Ein Todesfall infolge von Grippe kam zur Meldung. — Von den anderen Infektionskrankheiten kamen Erkrankungen an Masern und Typbus in beschränkter und in keinem Stadttheil in nennenswerther Zahl zur Anzeige. Erkran⸗ kungen an Scharlach und Diphtherie waren zahlreicher, und zwar zeigten sich beide Erkrankungsformen in den Staͤdttheilen: jenseitige Louisenstadt, Stralauer Viertel, Rosenthaler und Oranienburger Vor⸗ stadt, Diphtherie auch noch auf dem Werding am häufigsten. Er⸗ krankungen an Kindbettfieber wurden 6 bekannt. Rosenartige Ent⸗ zündungen des Zellgewebes zeigten sich selten. Erkrankungen an Keuch⸗ husten, die in 10 Fällen tödtlich endeten, haben etwas abgenommen. Rheumatische Beschwerden aller Art zeigten in ihrem Vorkommen im Vergleich Vorwoche keine wesentlichen Verän
Handel und Gewerbe. Die Wochenübersicht der Reichsbank vom 7.
bei einem gesammten Kassenbestande von 930 824 000 ℳ der Vor⸗ woche gegenüber eine Abnahme von 12 452 000 ℳ auf; der Metall⸗ bestand allein erscheint um 14 214 000 ℳ ermäßigt. Der Bestand an Wechseln ist bei einem Betrage von 701 207 000 ℳ um 31 256 000 ℳ und der Bestand an Lombardforderungen mit 124 655 000 ℳ um 25 244 000 ℳ zurückgegangen; auf diesen beiden Anlage⸗ konten zusammen ist also eine Verminderung um 56 500 000 ℳ ein⸗ getreten. Auf passiver Seite zeigt der Betrag der umlaufenden Noten mit 1 244 933 000 ℳ einen Rückgang um 37 831 000 ℳ, und die sonstigen täglich fälligen Verbindlichkeiten (Giroguthaben) haben sich um 30 432 000 ℳ auf 412 106 000 ℳ vermindert.
Oktober weist
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koßfs an der Ruhr und in Oberschlesien.
An der Ruhr sind am 9, d. M. gestellt 10 686, nicht recht⸗ zeitig gestellt 1403 Wagen.
In Oberschlesien sind am 8. d. M. gestellt 4540, nicht recht⸗ zeitig gestellt 4 Wagen.
Zwangs⸗Bersteigerungen.
Beim Königlichen Amtsgericht I1 Berlin standen am 9. Oktober die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Schwartzkopfstraße 7/8, der Komm.⸗Ges. in Firma Soenderop u. Co. gehörig; Fläche 12,31 a; Nutzungswerth 20 680 ℳ; Ersteherin wurde die Grunderwerbsgesellschaft mit beschr. Haftung, Behrenstraße 39, mit dem Gebot von 270 000 ℳ% — Christburger⸗ straße 41, dem Bauunternehmer Joh. Wilke gehörig; Nutzunge⸗
werth 11 000 ℳ; Ersteherin wurde die Frau Kaufmann Marie Tresp, Christburgerstraße 42, mit dem Gebot von 230 000 ℳ
Beim Könitglichen Amtsgericht II Berlin standen zur Versteigerung: Grundstück zu Schöneberg, an der Gothenstraße, Parzelle 37 belegen, dem Bauunternehmer Wilhelm Michler ge⸗ börig; Flächenraum 8,37 a; das geringste Gebot wurde auf 368 ℳ festgesetzt; Meistbietende blieb die Immobilien⸗Verkehrsbank zu Berlin, Französischestraße 24, mit dem Gebot von 46 000 ℳ — Grundstück zu Schöneberg, Sedanstraße 55, Ecke Leuthen⸗ straße belegen, dem Bauunternehmer August Kunow gehörig; Flächenraum 6,95 a; Nutzungswerth zur Gebäude⸗ steuer 11 000 ℳ; Meistbietender blieb der Ingenieur Enrique Witte zu Charlottenburg, Englischestr. 6, mit dem Gebot von 160 000 ℳ — Grundstück zu Schöneberg, Fritz Reuterstr. 9 belegen, dem Bauunternehmer August Kobrow gehörig; Flächen⸗ raum 8,09 a; das geringste Gebot wurde auf 1700 ℳ festgesetzt; mit dem Gebot von 125 200 ℳ blieb der Kaufmann Max Hey⸗ mann zu Berlin, Melanchthonstr. 20, Meistbietender.
— Die Londoner „A. K.“ schreibt: Die wirthschaftliche Besse⸗ rung, die in allen Zweigen der gewerblichen Thätigkeit erkennbar ist, zeigt sich auf dem Gebiet des Waarenervorts Englands sehr deutlich. Der Monatsausweis des Handelsamts ergiebt für den Monat September einen Zuwachs von 1 862 620 Pfd. St. oder eine Aufbesserung von 10 ½ %. Das gesammte Plus für die abge⸗ laufenen neun Monate beträgt 5 158 000 Pfd. St. oder 3 ¼ %. Einen großen Antheil an dem günstigen Resultat hat die Garn⸗ und Textilbranche. Fast die Halfte der Steigerung, nämlich 907 000 Pfd. St. entfällt auf sie. Die größten Posten wurden nach Ost⸗Indien, Egypten und Brasilien verschifft, doch auch Argen⸗ tinien, Chile, Australasien und bemerkenswerther Weise auch China baben eine erbebliche Vermehrung des Bedarfs aufzuweisen. Der Exvort nach Süd⸗Afrika ist besonders in der Maschinenindustrie sehr günstig fortgeschritten. Der Import ausländischer Waaren hob sich im September um 378 000 Pfd. Sterl. oder rund 1 ½¼ %; im Ganzen ist er in den neun Monaten dieses Jahres um 662000 Pfd. Sterl. oder † % zurückgeblieben. Von den eingeführten Gütern bestand der überwiegende Theil in fertigen Waaren.
— Aus Paris meldet die „Köln. Ztg.“, daß zwischen dem vanischen Finanz⸗Minister und der Banque de Paris eceine 3 % spanische Anleihe von 75 Millionen Franks, zahlbar in drei Raten. gegen eine Vermittelungsgebühr von ½ Prozent abgeschlossen wurde. Als Bürgschaft sollen kubanische Schuldverschreibungen von 1890 mit 80 % des Nennwerths dienen.
Königsberg i. Pr., 10. Oktober. (W. T. B.) Der letzte Beschluß des General⸗Landtages der ostpreußischen Landschaft beziett sich nicht auf alle 3 ½ % ostpreußischen Pfand⸗ briefe, die Umwandlung geschieht vielmehr nur auf An⸗ trag. Gekündigt dürften zunächst nur werden die alten ost⸗ preusischen Spezial⸗Pfandbriefe (dieselben sind auf Pergament aus⸗ gefertigt und tragen den Namen eines bestimmten Gutes) und die noch auf Thaler lautenden grünen 3 ½ͥprozentigen Pfandbriefe.
Breslau, 9. Oktober T. B.) Getreide⸗ und Produktenmarkt. Spiritus pr. 100 1 100 % erkl. 50 ℳ Ver⸗ brauchsabgabe pr. Oktober 52,90, do. do. 70 ℳ Verbrarchsabgabe pr. Oktober 32,80, do. do. Rüböl pr. Oktober 43,00, pr. Mai 43,50. Zink —.
Magdeburg, 9. Oktober. (W. T. B.) Zuckerbericht. Kornzucker exkl., von 92 % —,—, neue 11,80 — 11,95. Kornzucker exkl. 88 % Rendement 11,15 — 11,40, neue 11,20 — 11,45. Nachprodukte exkl., 75 % Rendem. 7,90 — 8,90. Schwächer. Brotraffinade 1 23,50. Brotraffi⸗ nade 11 23,25. Gem Raffinade mit Faß 23,87 ½ — 24,00 Gem Melis 1 mit Faß 23,25 — 23,37 ½. Fest. Robzucker 1. Produkt Trans. f. a. B. Hamburg pr. Oktober 11,00 bez., 11,05 Br., vr. November⸗Dezember 11.15 Gd., 11,20 Br., pr. Januar⸗März 11,40 bez. 11,45 Br., pr. April. Mai 11,50 Gd., 11,55 Br. Anfangs matt, Schluß besser.
Leipzig, 9. Oktober. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. pr. Oktober 3,32 ½ ℳ, pr. November 3,32 ½ ℳ pr. Dezember 3,32 ½ ℳ, pr. Januar 3,32 ½ ℳ, pr. Februar 3,35 ℳ, pr. März 3,37 ½ ℳ, pr. April 3,40 ℳ, pr. Mai 3,40 ℳ, pr. Juni 3,45 ℳ, pr. Juli 3 45 ℳ, pr. August 3,47 ½ ℳ, pr. September 3,47 ½ ℳ Umsatz 60 000 kg. Behgauptet.
Verkehrs⸗Anstalten.
Dortmund, 9. Oktober. (W. T. B.) Heute Nachmittag vollzog im Beisein der städtischen und der Staatsbehörden, sowie einer großen Zuschauermenge der Ober⸗Bürgermeister Schmiedig den ersten Spatenstich für den Dortmunder Hafen des Rhein⸗ Ems⸗Kanals, indem er in einer Ansprache auf die hohe Bedeutung dieser Wasserstraße hinwies und auf Seine Majestät den Kaiser als den Förderer und Gönner des unternommenen Werks ein Hoch ausbrachte. In der sich anschließenden Versammlung der Festtheil⸗
A
nehmer wurden von anderen Vertretern der Behörden noch weitere Ansprachen gehalten.
Bremen, 10. Okiober. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Postdampfer „Roland“ und der Schnelldampfer „Kaiser Wil⸗ helm II.“ sind am 8. Oktober Abends auf der Weser angekommen. Der Schnelldampfer „Lahn“ ist am 8. Oktober Vormittags von New⸗ York nach der Weser abgegangen. Der Schnelldampfer „Aller“ hat am 9. Oktober Morgens Hurst Castle passiert. Der Schnell⸗ dampfer „Fulda“ ist am 8. Oktober Vormittags und der Postdampfer „Habsburg“ Abends in New⸗York angekommen. Der Postdampfer „Bonn ist am 8. Oktober in Montevideo angekommen. Der Reichs⸗ Postdampfer „Prinz⸗Regent Luitpold“ ist am 8. Oktober Nach⸗ mittags in Antwerpen angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Bavern“ ist am 8. Oktober Abends in Neapel angekommen.
London, 9. Oktober. (W. T. B.) Der Castle⸗Dampfer „Warwick Castle“ ist am Dienstag auf der Ausreise in Kap⸗ stadt angekommen. Der Castle⸗Dampfer „Garth Castle“ ist heute auf der Heimreise in London angekommen. Der Castle⸗ Dampfer „Tantallon Castle“ ist auf der Ausreise heute in Kapstadt angekommen.
Theater und Musik.
Berliner Theater.
Goethe's Schauspiel „Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand“ gelangte gestern zur ersten, von den Zuschauern beifällig aufgenommenen Aufführung. Ihr lag die älteste voll⸗ ständige Bühnenbearbeitung, die sogenannte Heidelberger Handschrift, zu Geunde. Die scenische Anordnung bot kaum Neues oder Unge⸗ wohntes; der häufige Wechsel des Schauplatzes der Handlung bedingt ebenso häufige, unvermeidliche Aenderungen auf der Bühne. Auf die Gestaltung dieser einzelnen scenischen Bilder ist großer Fleiß verwendet worden; sie wirkten auch charakteristisch ebensowohl durch stimmungsvolle Dekorationen wie durch lebendige Massenbewegung. Die Darsteller der Hauptrollen haben zumeist schon im Deutschen Theater ihre ersten Erfolge mit den künstlerischen Aufgaben errungen, die sie gestern auf neue zu lösen hatten. Herr Sommerstorff lieh schon an jener Kunst stätte dem schwankenden Charakter Weislingen's seine ritterliche Ge⸗ stalt und sein maßvolles Wesen; er ergriff gestern wieder die Ge⸗ müther besonders lebhaft in der Sterbescene, in der auch Frau Geßner, die tief empfindende Maria, ihr Bestes gab. Fräulein Pospischil als Adelheid traf feingeistig den Ton für das Ränke sinnende und Männer bethörende Weib; die Sterbescene brachte ih einen starken und andauernden Beifall ein. In der Rolle de lustigen alten Selbitz, der sein letztes Wams verwürfelt, rief Her Pohl durch sein frisches, launiges Wesen echtes Behagen an dem alten Kriegtmann hervor. Herr Kraußneck gab den Götz zum ersten Mal, kernig und mannhaft in der Erscheinung, aber nicht mit der schlichten Größe, die den Götz nicht nur liebenswerth, sondern auch bedeuten macht. Der Reitersknabe Georg trat durch Herrn Nachbaur's froh launige und jugendmuthige Darstellung wirksam hervor. Für die Rolle des Franz erwies sich Herr Senger im allgemeinen wohl ge eignet, wenn auch der Ausdruck der stürmischen Empfindungen des ersten Liebesrausches noch manche Unebenheiten aufwies.
8
8