1895 / 246 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 14 Oct 1895 18:00:01 GMT) scan diff

An Spiritus (roh und raffiniert) in Fässern wurden nach den halbmonatlichen Verkehrs⸗Nachweisungen der Zollbehörden ausgeführt:

im Monat September . . . . . 16 718 (100 bg) in den 9 Monaten Januar/ September 84 195 (100 kg).

Berlin, im Oktober 1895. 8

Kaiserliches Statistisches Amt. von Scheel.

Das im Jahre 1891 in Low Walker aus Eisen und Stahl erbaute, bisher unter niederländischer Flagge gefahrene Schrauben⸗Dampfschiff „Continental“ von 671,54 britischen Register⸗Tons Raumgehalt hat durch den Uebergang in das ausschließliche Eigenthum der Rhederei Ocean in Köln am Rhein das Recht zur Führung der deutschen Flagge erlangt. Dem Schiffe, für welches die Eigenthümerin Köln zum Heimathshafen gewählt hat, ist von dem Kaiserlichen Konsulat in Hongkong unter dem 28. August d. J. ein Flaggenattest ertheilt worden.

Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den Regierungs⸗Assessor Dr. Dumrath in Stade zum Landrath des Kreises Stade, sowie den bisherigen Privatdozenten in der philosophischen Fakultät der Universität zu Greifswald, Professor Dr. Wilhelm Müller zum ordentlichen Professor in derselben Fakultät, und den außerordentlichen Professor an der Universität zu Tübingen Dr. Carl Seubert zum etatsmäßigen Professor an der Technischen Hochschule zu Hannover zu ernennen, ferner dem Buchhalter bei der Kontrole der Staatspapiere Wollermann zu Berlin bei seinem Uebertritt in den Ruhe⸗ stand den Charakter als Rechnungs⸗Rath zu verleihen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den beim Ministerium der öffentlichen Arbeiten angestellten Beamten, und zwar

den Geheimen Registratoren Heinisch und Koosch den Charakter als Kanzlei⸗Rath, sowie

den Geheimen expedierenden Sekretären und Kalkulatoren Funck und Czeluschke den Charakter als Rechnungs⸗Rath zu verleihen. 8

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem Kaufmann Friedrich Benary in Erfurt den Cha⸗ rakter als Kommerzien⸗Rath zu verleihen.

Verordnu n g, n Ausschuß der Preußischen Zentral⸗ Genossenschafts⸗Kasse.

Vom 4. Oktober 1895.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Preußen ꝛc. verordnen auf Grund des § 14 des Gesetzes vom 31. Juli d. J., betreffend die Errichtung einer Zentralanstalt zur Förderung des genossenschaftlichen Personalkredits, was folgt: Der Ausschuß der Preußischen Zentral⸗Genossenschafts⸗

Kasse besteht aus:

1) dem Direktor der Kasse,

2) je einem Kommissar des Finanz⸗Ministers, des Ministers für Landwirthschaft, Domänen und Forsten, sowie des Ministers für Handel und Gewerbe;

König von

3) den sonstigen auf je drei Jahre von den vorgenannten

I1I u berufenden Sachverständigen. ie Gesammtzahl der Mitglieder hat dreißig nicht zu übersteigen. 82

Der Direktor der Kasse 1 zu 1) führt den Vorsitz in dem Ausschuß und wird im Behinderungsfalle durch den Kommissar des 1 zu 2) vertreten.

Der Ausschuß ist wenig tens einmal jährlich, sonst nach 9

Bedarf von dem Vorsitzenden unter Mitt ordnung zusammenzuberufen.

Mit Genehmigung des Vorsitzenden können S nach⸗ träglich Gegenstände auf die b; gesetzt werden.

Der Ausschuß beschließt nach Mehrheit der anwesenden Stimmen, bei Stimmengleichheit giebt die Stimme des Vor⸗ sitzenden den Ausschlag.

eilung der Tages⸗

§ 5.

Die nicht dem Ausschuß angehörenden Mitglieder des Direktoriums können an den Sitzungen des Ausschusses mit berathender Stimme speülnehrsse

Der bestellt fuür jede Sitzung einen Protokoll⸗ führer. Das Protokoll ist von dem Vorsitzenden, zwei von dem Ausschuß zu ernennenden Mitgliedern desselben und dem Protokollführer zu vollziehen.

Von den im § 1 bezeichneten Ministern wird ein engerer Ausschuß ernannt, welcher einschließlich des Vorsitzenden aus höchstens sieben Mitgliedern des Ausschusses besteht und für die Zeit, wo der Ausschuß nicht zusammengetreten ist, dessen Geschäfte zu führen hat. 8

Die im §1 zu 2 bezeichneten Kommissare, sowie die Mit⸗

lieder des Direktoriums können, soweit sie nicht Mitglieder es engeren Ausschusses sind, an dessen Sitzungen mit berathen⸗ der Stimme theilnehmen.

§ 8.

Die Mitglieder des Ausschusses erhalten für auswärtige Geschäfte Tagegelder von je fünfzehn Mark und Ersatz der für die Hin⸗ und Rückreise verauslagten Kosten.

Staatsbeamte, welche Mitglieder des Ausschusses sind, erhalten die ihnen für Reisen in Staatsdienstangelegenheiten zustehenden Vergütungen. 89

Dem Ausschuß ist Kenntniß von dem gesammten Stand er Geschäfte zu geben, er ist berechtigt, seinerseits Vorschläge über die etwa gebotenen Maßregeln zu machen..

8 2

Inobesondere ist der Ausschuß gutachtlich zu hören über:

1.) die für die Kreditgewährung, namentlich bne Höhe des Zinsfußes, die Fristen und die Sicherheits⸗ eistung;

8 3 die Grundsätze für die Annahme von Spareinlagen; 3) die Bilanz und die Gewinnberechnung. Allgemeine Geschäftsanweisungen und Dienstinstruktionen

sind dem Ausschuß alsbald nach ihrem Erlaß zur Kenntniß⸗

nahme mitzutheilen. 3 Urkundlich unter Unserer 8 Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel. Gegeben Jagdhaus Rominten, den 4. Oktober 1895. 8 .S.) Wilhelm. Frreiherr von Berlepsch. Micauel. Freiherr von Hammerstein.

Ministerium für Handel und Gewerbe.

Der Oberst⸗Lieutenant a. D. Matthieu ist zum Aichungs⸗ Inspektor für die Provinz Pommern ernannt.

Ministerium der öffentlichen Arbeiten.

Der bisher beim Bau des Kaiser Wilhelm⸗Kanals be⸗ schäftigte Wasser⸗Bauinspektor, Baurath Goerz zu Rendsburg ist behuss Wahrnehmung der Geschäfte des Weichselstrombau⸗ Direktors nach Danzig versetzt worden.

Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten.

Der außerordentliche Professor Dr. Joseph Disse zu Halle a. S. ist in gleicher Eigenschaft in die medizinische Fakultät der Universität zu Marburg versetzt worden.

Der Ober⸗Stabsarzt a. D. Dr. von Kobylecki in Gumbinnen ist zum Kreisphysikus des Kreises Gumbinnen ernannt worden. ö1“ b

8 Die Nummer 40 der Cö“ die von heute ab zur Ausgabe gelangt, enthält unter Nr. 9788 die Verordnung, betreffend den Ausschuß der Preußischen EEC afts⸗Kasse, vom 4. Oktober 1895. Berlin W., den 14. Oktober 1895. Koönigliches Gesetz⸗Sammlungs⸗Amt. Weberstedt.

Angekommen: Seine E 1. der Staatssekretär des Reichs⸗Marine⸗ amts, Vize⸗Admiral Hollmann;

der Ministerial⸗Direktor im Ministerium für Landwirth⸗ schaft, Domänen und Forsten, Wirkliche Geheime Ober⸗ Regierungs⸗Rath Sterneberg, vom Urlaub.

Nichtamtliches.

1uM eutsches Reich. Preußen. Berlin, 14. Oktober.

Seine Majestät der Kaiser und König haben heute früh Hubertusstock verlassen und Sich gegen 6 ½ Uhr von Eberswalde mittels Sonderzugs nach Wiesbaden begeben. Seine Majestät gedenken daselbst heute Abend das Königliche Theater zu besuchen. Nachts 12 ½¼ Uhr erfolgt die Weiterreise nach Kurzel bezw. Schloß Urville.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin trafen estern Abend 10 ¾ Uhr mittels Sontere⸗ auf der Wildpark⸗ statton ein und begaben Sich nach dem Neuen Palais. Heute Nachmittag um 2 Uhr fuhren Ihre Majestät von der Station Drewitz nach Wiesbaden ab, um von dort mit Seiner Majestät

dem Kaiser nach Lothringen weiterzureisen.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Handel und Verkehr und für Eisenbahnen, Post und Tele⸗ graphen hielten heute eine Sitzung.

1“ 8 8 Aus dem Kultus⸗Ministerium geht uns die erfreuliche Mittheilung zu, daß die am Sonnabend Abend durch die eitungen verbreitete Nachricht von dem Ableben des Geheimen ber⸗Regierungs⸗Raths Dr. M. Jordan auf einem Irrthum beruht und noch gestern Abend ein dies bezeugendes Telegramm desselben hier eingegangen ist. 8

—“ 4

Der Regierungs⸗Assessor Dr. Helmentag in Potsdam ist der Königlichen Regierung zu Düsseldorf zur weiteren dienst⸗ lichen Verwendung überwiesen, und der Regierungs⸗Assessor von Redern aus Lüneburg bis auf weiteres dem Landrath des Kreises Tilsit zur Hilfeleistung zugetheilt worden.

Nach telegraphischen Meldungen an das Ober⸗Kommando der Marine ist S. M. S. „Iltis“, Kommandant Kapitän⸗ Lieutenant Ingenohl, am 12. Oktober in Shanghai an⸗ ekommen. S. M. S. „Arcona“, Kommandant Kapitän zur See Sarnom, ist gestern von Swatau nach Anping in See gegangen; S. M. S. „Prinzeß Wilhelm“, Kommandant Korvetten⸗Kapitän von Holtzendorff, ist gestern in Chefoo eingetroffen.

„Der Dampfer „Salier“ des Norddeutschen Lloyd ist mit der Ablösung für S. M. SS. „Sperber“, „Hyäne“, „Cyclop“ und „Nachtigal“ unter Fuͤhrung des Korvetten⸗ Kapitäns Reincke am 12. Oktober d. J. in Las Palmas (Canarische Inseln) angekommen und an demselben Tage nach Kamer itergegangen. 11““ ““

88

ö“ Sachsen. Der Landtag ist auf den 12. Noo einberufen worden.

Württemberg. 8 . Die Steuergesetzkommission der Zweiten Kammer hat ihre Berathungen vorgestern geschlossen. Der einstimmige Antrag der Kommission geht, nach dem „Schwäb. Merkur“, dahin: 1) Die Kammer der Abgeordneten wolle in die Ein⸗ zelberathung der sämmtlichen Gesetzentwürfe eintreten: 2) hierbei die Voraussetzung auszusprechen, daß a. den Ständen ein Gesetzentwurf über die Reform der Gemeindesteuer so zeiti vorgelegt wird, daß die Verabschiedung der Gesetze über die Staats⸗ und Gemeindesteuerreform gleichzeitig erfolgen kann, b. die Gültig⸗ keit der Gesetze über die Kapital⸗, Grund⸗, Gebäude⸗ und Ge⸗ werbesteuer auf eine in denselben zu bestimmende kurze Reihe von Jahren beschränkt wird.

Baden.

Ihre Königlichen der Großherzo Großherzogin haben sich am Freitag von Schla zu längerem Aufenthalt nach Schloß Baden begeben.

Oesterreich⸗Ungarn.

Der Kaiser hat sich gestern Abend; von Gödöllö nach

Agram begeben. 8 Nach der „Wiener Zeitung“ hat der Kaiser dem in der Ruhestand tretenden Statthalter von Steiermark Freiherrn

Mainau

von Kuebeck, in neuerlicher Anerkennung seiner langjährigen, in treuer Hingebung geleisteten, rheegeichasten Dienste, das

en. Der Geheime⸗Rath zum Statthalter von Steiermark

Großkreuz des Leopold⸗Ordens verlie Marquis Bacquehem ist ernannt worden.

Frankreich.

In dem vorgestern abgehaltenen Ministerrath wurde

auf Antrag des Kriegs⸗Ministers beschlossen, dem General

Duchesne nach seiner Rückkehr von Madagaskar das Kom⸗ mando des V. Armee⸗Korps zu übertragen.

Die Budgetkommission hat bei dem Marine⸗Etat 50 000 Fr. von dem Posten für die Generalstäbe, 74 000 Fr. von dem für die Kommissariate und eine Million von dem für die Depots gestrichen. 1

Bei der gestern in Le Puy vorgenommenen Einweihung des Denkmals für die vor dem Feinde gefallenen Soldaten der Armee an der oberen Loire hielt der Unterrichts⸗Minister

Poincaré eine Rede, worin er, mit Bezug auf die Aus⸗

hinsichtlich der Militär⸗ v Gewisse Mißbräuche hätte

sich allerdings herausgestellt, aber man müsse⸗ 1— gesichts der wirklichen Fortschritte gereizte Kritiken vermeiden. Die Regierung werde die Dienstordnung aufrecht erhalten, aber sie werde von der Opposition verlangen, die militärischen Fragen nicht mit politischen Leidenschaften zu

stellungen der Opposition verwaltung, hervorhob:

Rußland.

Der Grw der Großfü eingetroffen.

oßfü rst Paul sind gestern Abend in Zarskoje⸗Sselo

Italien.

Gestern ist in Rom das Grünbuch über Afrika zur Vertheilung gelangt, das der Minister des Aeußern Baro Blanc in der Kammer am 25. Juli eingebracht hatte. Das selbe enthält 102 Dokumente und umfaßt den Zeitraum vom 16. Dezember 1894 bis 9. Juli 1895. Aus demselben geht ervor, daß General Baratieri Kenntniß davon hatte, der Negu

enelik habe das Dazwischentreten der europäischen Mächt verlangt. Ras Mangascha habe Hilfstruppen schicken und gegen die Italiener marschieren wollen und mit Erfolg dahin getrachtet, ein Einverständniß mit den Donghalis un

Gallas zu erzielen, um die für Oktober vorherzusehenden Feind General Baratieri bemüht gewesen, dem occupierten Lande normale Verhältnisse zu geben und die Eingeborenen durch Achtung

Feindseligkeiten vorzubereiten. Gleichzeitig sei

rst und die Großfürstin Sergius sowie

der Ueberlieferungen, der Sitten, des Glaubens und der

örtlichen Gesetze für sich zu gewinnen. stücken befinden sich auch diejenigen, welche die Zeit vom 30. Mai bis 18. Juni umfassen und die für den Krieg vor⸗ bereitenden Bewegungen Ras Mangascha's und Menelik's be⸗ treffen. Aus denselben geht mit Gewißheit die Absicht der Wiederaufnahme der Feindseligkeiten hervor, und daraufhin habe die italienische Regierung General Baratieri nach Rom beschieden, um mit ihm Verabredungen zu treffen.

Die aus Massowah eingetroffenen Nachrichten haben,

Unter den Schrift⸗

wie „W. T. B.“ berichtet, in Rom einen vorzüglichen Ein⸗

druck gemacht. Die üenßen betonen mit großer Sfrlch g

die Wichtigkeit der Waffenthat von Debra Ailat, namentli im Hinblick auf die Folgen, welche sich daraus ergeben würden. Man glaube, daß die bei Debra Ailat geschlagenen Tigriner von Ras Alula befehligt worden seien. Gegenüber auswärts verbreiteten Gerüchten von einem Unwohlsein des Papstes theilt dessen Leibarzt Dr. Lapponi mit, daß sich der Papst so wohl befinde wie bisher; er nehme seine gewöhnlichen Mahlzeiten und gehe allen seinen Be⸗ schäftigungen nach. Am Freitag und Sonnabend habe der Papst mehrere Audienzen ertheilt, unter Anderen dem österreichisch⸗ungarischen Botschaftsrath Grafen Brandis, der sich auf seinen neuen Posten als Gesandter in Lissabon begebe. Gestern habe der Papst in der Kardinalskommission der orientalischen Kirchen den Vorsitz geführt. 8 8*

Spanien. 8 5

Die Studenten in Barcelona haben, wie „W. T. B. von dort berichtet, am Sonnabend ihre Kundgebungen erneuert, sodaß die Gendarmerie mit der Waffe einschreiten mußte. Die Ordnung wurde wiederhergestellt und zwei Studenten wurden verhaftet. Die Behörden haben sich für strenge Durch⸗ führung ihrer Maßnahmen entschieden.

In Ferrol, wo Marine⸗Offiziere, die sich durch Artikel der Blätter „Voz del Obrero“ und „Correo Gallego“ be⸗

8* 8⅔

leidigt gefühlt hatten, gegen deren Direktoren demonstrierten,

ist es am Sonnabend zu Straßenkundgebungen der

Arbeiter gekommen. Die Gendarmerie suchte

empfangen, durch welche ein Lieutenant und ein Korporal verwundet wurden. Die Ruhestörer warfen sodann die Fenster⸗

Menge zu zerstreüen, sie wurde jedoch mit Steinwürfen

eiben in dem Hauptquartier der Marine⸗Infanterie ein, so⸗ daß die Wache gezwungen war, Schreckschüsse in die Luft ab⸗ zugeben. Man befürchtet weitere ernste Ausschreitungen. In Saragossa sind anarchistische Proklamationen mit Beschlag belegt worden. b In der vorgestern in Montreux unter Vorsitz des Bundesraths Zemp abgehaltenen Sachverständigen⸗Kommission ür die Verstaatlichung der Eisenbahnen wurden mehrere technische Vorträge gehalten; Beschlüsse wurden nicht gefaßt. Die Kommission sprach sich grundsätzlich dahin aus, daß die Bundesregierung im Falle der Verstaatlichung den Bau der Alpenbahnen jöebern müsse. Das Eisenbahn⸗ Departement dürfte dem Bundesrath in nächster Zeit

eine Vorlage behufs Klarlegung der Angelegenheit machen.

Türkei.

Der britische Botschafter Sir Ph. Currie wurde, wie „W. T. B.“ berichtet, am Freitag vom Sultan in Audienz empfangen. Der Sultan empfing ferner den montenegrinischen Finanz⸗ inister Matanowitsch, welcher auf der Durchreise in Konstantinopel eingetroffen ist, und verlieh demselben den Großkordon des Medjidié⸗Ordens.

Osman Beny ist nach der Besikabai gesandt worden, um Aufnahmen für neue Forts zu machen. Drei mit Munition beladene Schiffe wurden nach den Dardanellen gesandt.

Die Räumung der armenischen Kirchen, in welche sich im Ganzen 2414 Personen geflüchtet hatten, ist am Sonn⸗ abend beendet worden.

Die von auswärtigen Blättern verbreiteten Nachrichten, es seien am 8. Oktober Attentate gegen den Großvezier Kiamil Pascha und gegen Said Pascha verübt worden, werden für vollkommen unbegründet erklärt.

Die Zahl der armenischen Opfer bei den Unruhen in Trapezunt am 9. d. M. wird auf 200 geschätzt; die christ⸗ liche Bevölkerung der verschiedenen Riten, welche ein eigenes Stadtviertel bewohnt und daher gemeinsam den Angriffen ausgesetzt ist, flüchtete nach der Zitadelle, wo sie inter⸗

niert ist.

In den letzten Tagen haben an verschiedenen Punkten des Distrikts Ismid Unruhen stattgefunden, bei denen, wie verlautet, eine Anzahl Personen getödtet und mehrere Personen verwundet wurden. Nach den letzten Nachrichten ist die Ordnung wiederhergestellt. Griechenland. Das Ministerium der Marine hat, dem „W. T. B.“

ufolge, den Marinesoldaten, welche am 13. Oktober aus 18” Dienst scheiden, vorgeschlagen, als Freiwillige weiterzu⸗ dienen. Die meisten hätten das Anerbieten angenommen. Die Kammer wird, vorausgesetzt, daß kein Zwischenfall ein⸗ tritt, am 13. November wieder zusammentreten.

Rumänien. Der König ist gestern wieder in Bukarest eingetroffen. Erbprinz und die Erbprinzessin von Sachsen⸗ Meiningen sowie der Fürst von Hohenzollern sind von Sinaja abgereist. Der Prinz Wilhelm von Hohen⸗ zollern hat seinen Aufenthalt in Sinaja verlängert

Schweden und Norwegen.

Der König, die Königin und der Kronprinzsind vor⸗ gestern Mittag in Christiania eingetroffen und von einer großen Menschenmenge lebhaft begrüßt worden. Nach einer Meldung des „W. T. B.“ werde jetzt allgemein angenommen, daß die Ministerkrisis demnächst ihre Lösung finden dürfte.

Ueber den Gesundheitszustand der Kronprinzessin haben der Professor Bruzelius und Dr. Werner folgendes Gutachten abgegeben:

„Da der Luftröhrenkatarrh, an dem die Kronprinzessin schon seit ihrer Ankunft in Baden im vergangenen Frühjahr gelitten hat, sich im Laufe des Sommers nicht verbessert, sondern in der letzten Zeit eher verschlimmert hat, so erachten wir, anrathen zu müssen, daß die Kronprinzessin den Winter in einem südlicheren Klima verlebt und in der nächsten Zeit dorthin abreist. Der neurasthenische Zustand der Kronprinzessin, obgleich keineswegs verschlimmert, dauert fortgesetzt an und dürfte auch seinerseits einen Aufenthalt im Süden während des Winters nöthig machen.“ 11.““

Amerika. 88

Der Chef des Justiz⸗Departements der Vereinigten Staaten Olney hat, wie die New⸗Yorker „World“ meldet, die spanische Regierung davon benachrichtigt, daß Spanien für die etwaigen Folgen der Weigerung der Behörden in Havanna, den General⸗Konsul Williams als diplomatischen Vertreter anzuerkennen, werde verantwortlich gemacht werden. Olney begründe sein Vorgehen auf den Vertrag vom Jahre 1799, der den Konsuln der Vereinigten Staaten auf Grund der Meistbegünstigung gestatte, als diplomatische Agenten zu fungieren. 8

Nach einer in Madrid eingetroffenen amtlichen Depesche aus Washington hat die Regierung der Vereinigten Staaten neuerdings energische Maßnahmen getrossen, um den in Florida vorbereiteten Aufbruch der Freibeuterschaar unter Collazo zu verhindern. Der Chef des Justiz⸗Departements Olney ließ das Schiff „Comodore“, welches Waffen und Munition mit sich Fh. anhalten. 8 88

Der Marschall Martinez Campos hat sich von Cien⸗ fuegos nach Santiago begeben.

Aus Havanna wird berichtet, die Aufständischen hätten in der Bai von Santiago ein Kauffahrteischiff genommen, welches von der spanischen Regierung als Kriegs⸗ schiff ausgerüstet worden sei, Mitrailleusen an Bord gehabt habe und mit 12 Marinesoldaten und einem Offizier bemannt gewesen sei. Die Mannschaft sei entwaffnet und in Freiheit gesetzt worden.

Der

Asien.

Der „Times“ wird aus Shanghai gemeldet, nach einem dort verbreiteten Gerüchte hätten mohammedanische Auf⸗ ständische Lantschu erobert. Der britische sester zEdgar“ sei nach Chemulpo gesandt worden, wo derselbe Marinesoldaten landen solle.

Der Admiral Carpenter hat, wie aus New⸗York be⸗ richtet wird, dem Marine⸗Ministerium in Washington tele⸗ graphisch gemeldet, daß die Lage in Korea sehr beun⸗ ruhigend sei. Die der sogenannten Königspartei angehörigen vifiziere hätten sich in die amerikanische Gesandtschaft geflüchtet. Es laufe das Gerücht um, daß die Königin ermordet sei. Der Bericht melde weiter, daß auf Ersuchen des Geschäftsträgers er Vereinigten Staaten nach Söul eine Abtheilung Marine⸗ nfanterie vom Kreuzer „Yorktown“ gesandt worden sei, der

gegenwärtig in Chemulpo ankere, wohin auch der Aviso „Petrel“ von Chefoo abgehen werde.

Die „Nowoje Wremja“ meldet aus Wladiwostok: Der frühere japanische Gesandte in Korea Inuye habe bei seiner Abreise von Söul nach Japan den Ober⸗Rentmeister des Königs von Korea Litaiyun mit sich genommen, der den Kaiser von Japan habe bitten sollen, Koreas Unabhängigkeit gegen fremde Eingriffe zu schuͤtzen. Nach der Ankunft in Japan habe sich Litaiyun geweigert, diesen Auftrag auszu⸗ führen und sich heimlich nach Wladiwostok begeben, um Ruß⸗ land im Namen des Königs zu bitten, Korea in Schutz zu nehmen. Gegenwärtig halte sich Litaiyun in Chabarowsk auf.

Afrika.

Die „Agenzia Stefani“ meldet: Nach einem weiteren, in Rom eingegangenen Drahtbericht hätten sich die italienischen Truppen in dem Kampf bei Debra Ailat glänzend geschlagen. Die Tigriner seien völlig zersprengt und ihr Hauptführer Cagnasmac Aila Mariam sei verwundet und gefangen genommen worden. Die italienischen Truppen hätten das Lager Ras Mangascha's besetzt und sodann niedergebrannt. ie tigrinischen Soldaten, welche von Schoa gekommen, seien mit französischen Gras⸗Gewehren bewaffnet gewesen, die im Jahre 1894 in Saint⸗Etienne angefertigt worden seien. Aus Madagaskar ist am Sonnabend Abend in Paris folgende Depesche eingetroffen:

„Amt Port⸗Louis, 13. Oktober, 9 Uhr 25 Minuten Abends via Malta. Kriegs⸗Ministerium, Paris von General Duchesne, Tananarivo, 1. Oktober. Nachdem am 28. und 29. September von der Vorhut und der Nachhut lebhafte Gefechte geliefert worden waren, die mich bis Ilafy brachten, griff ich gestern, den 30. September, die unmittelbar östlich von Tananarivo gelegenn Kämme an, die stark vertheidigt waren. Ich bildete zwei Kolonnen, die linke debordierende unter dem Befehl des Generals Metzinger, die rechte den Gefechtskörper bildende unter General Voyron. Der Angriff war heiß und auf dem rechten Flügel durch einen Angriff von der Rückseite kompliziert. Erst um zwei Uhr waren der Beobachtungsposten und die Kämme von Andrainariva von der 1. Brigade genommen, während General Voyron die Kämme im Norden besetzte. Als dann die bei dem Palaste und im Norden der Stadt aufgestellten Batterien das Feuer eröffneten, befahl ich die der Stadt und ließ sechs Kolonnen zum Sturme vorrücken. Nachdem Parlamentäre gekommen waren, um über die Ein⸗ stellung der Feindseligkeiten zu verhandeln, habe ich die Besetzung der Stadt angeordnet, in die vier Bataillone und eine Batterie unter General Metzinger sogleich einzogen. General Voyron besetzte die Kämme im Osten mit den übrigen Truppen. Heute Morgen habe ich meinen Einzug in Tananarivo gehalten und mein Quartier in dem fast unbeschädigten Hause des General⸗Residenten aufgeschlagen. ““ unterhandlungen begannen heute und am Abend war der Friedens⸗ vertrag unterzeichnet, sodaß zur Niederlegung der Waffen geschritten werden konnte. 4 Offiziere wurden verwundet, 3 algerische Sehahxn. 2 Haussas, 1 Soldat und 201 Legionäre getödtet und ungefähr 50 Mann verwundet. Die Land⸗ und Seetruppen bewiesen über alles Lob erhabene Ausdauer und Kraft. Vier Kanonen wurden mit dem Bajonett genommen. Noch am Abend hat die Königin ihren Bevollmächtigten unterzeichneten Vertrag ratifiziert.“

Nr. 41 des „Zentralblatts für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 11. Oktober, hat fol⸗ enden Inhalt: Konsulatwesen: Ermächtigungen zur Vornahme von Zivilstands⸗Akten; Exequatur⸗Ertheilung. Bankwesen: Status der deutschen Notenbanken Ende September 1895. Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.

Kunst und Wissenschaft.

reichhaltige Bibliothek des verstorbenen Geheimen Medizinal⸗Raths, Professors Dr. Adolf von Bardeleben ist durch Kauf in den Besitz der Firma Boas u. Hesse (Inhaber Ernst Hesse), Spezialbuchhandlung für Medizin hierselbst, Louisenstraße 42

Karlstraße, übergegangen. 8— 8 Gesundheitswesen, Thierkrankheiten un Absperrungs⸗ Maßregeln.

Spanien.

Durch Königliche Verordnung vom 7. d. M. ist die gegen Alexandrette (Syrien) seinerzeit angeordnete Quarantäne wieder auf⸗ gehoben worden. (Vergl. „Reichs⸗Anzeiger“ Nr. 207 vom 30. August d. J.) Dagegen ist wegen Auftretens der Cholera in Zeitomne bei Marasch (Klein⸗Asien) für Herkünfte aus den Häfen des Golfs von Alexandrette, welche von Zeitomne nicht über 165 km entfernt sind, eine dreitägige Beobachtung verfügt worden.

Griechenland.

Durch Königliche Verordnung vom 29. v. M. ist die für Her⸗ künfte aus dem Hafen von Adalia angeordnete Quarantäne aufgehoben und durch eine strenge ärztliche Untersuchung ersetzt worden. (Vergl. „Reichs⸗Anzeiger“ Nr. 241 vom 8. d. M.)

Egyvpten.

Zufolge Beschlusses des internationalen Gesundheitsraths in Alexandrien, sind die gegen den Hafen von Adalia und die Küsten⸗ strecke des Marmara⸗Meeres zwischen Boz⸗Bouroun und Kara⸗ Bogha angeordneten Quarantänemaßnahmen aufgehoben worden. (Vergl. „Reichs⸗Anzeiger“ Nr. 230 vom 25. v. und Nr. 235 vom 1. d. M.)

St. Petersburg, 13. Oktober. (W. T. B.) Der amtliche Cholerabericht für die Zeit vom 3. September bis 16. Sep⸗ tember a. St. meldet aus Wolhynien 4249 Erkrankungen und 1701 Todesfälle, aus dem Kreise Berditschew 57 Erkrankungen und 21 Todesfälle, aus Podolien 37 Erkrankungen und 18 Todves⸗ fälle. Vom 17. bis 23. September kam in Podolien kein Cholera⸗ fall mehr vor. 8 1

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Theater und Musik.

Neues Theater.

Der vieraktige Schwank „Der Militärstaat⸗ von G. von Moser und Thilo von Trotha versetzte bei seiner ersten Aufführung am Sonnabend die Zuschauer in eine behagliche Stimmung, die nur zuweilen von herzlichem Lachen begleitet war. Lediglich der dritte Akt, in dem die militärischen Verhältnisse im Vordergrund stehen, und dem der Schwank seinen Titel verdankt, wird indessen von schalkhafter, übermüthiger Laune getragen und brachte wirkliche Lustigkeit ins Haus. Das Grundmotiv der Handlung bilden die Gegensätze des bürgerlichen und militärischen Lebens, aus welchen die Verfasser mit Hilfe einiger typischen Personen wirkungsvoll komische Folgerungen herleiten. Man sieht den Leiter einer Fabrik als Reservelieutenant, ihren Besitzer als Gemeinen und den Diener eines befreundeten Hauses als Unter⸗ offizier auftauchen und so die gesellschaftliche Rangordnung während der militärischen Uebungszeit auf den Kopf ge⸗ stellt. So lange das Militärperhältniß auf der Bühne dauerte, herrschte denn auch eitel Freude im Hause über den Unteroffizier, der zum Quartiermachen auf die Bühne radelt, über den reichen jungen Fabrikbesitzer, der vom wohlbesetzten Tisch aufstehen muß, um „auf Wache“ zu ziehen, und über den ritterlichen Reservelieutenant, dem

seine Pflicht höher steht als seine Liebe. In den drei Aufzügen, in welchen dieselben Personen in ihrem bürgerlichen Kleide erscheinen, geht es aber eintöniger und zuweilen sehr naiv zu. Von zwei jungen Mädchen ist die eine kokett, während die andere mit burschikosen Ausdrücken in ländlicher Derbheit um sich wirft. Der stutzerhafte und geschäftlich vollkommen unbeholfene Fabrikant nimmt den Anlauf zu einem soliden und vernünftigen Ehemanne, während die Johannistriebe eines ältlichen Kommissions⸗Raths von seiner Gattin drastisch geheilt werden; endlich wird eine kleine Verwechs⸗ lungskomödie zur Erheiterung in die Handlung eingeschoben. Als Fabrikant Vogel trat Alsen zwar noch etwas unfrei in den Bewegungen, aber doch zuweilen mit erfolgreicher humoristischer Wirkung auf; den Direktor Starke wandelte Herr Weiß mit bemerkenswerthem Geschick in einen schmucken Reservelieute⸗ nant um, und Herr Schwellach stellte einen urwüchsigen Unteroffizier mit Glück dar. Herr Pansa fand sich nicht mit dem gewohnten ge⸗ fälligen Humor in die Rolle des auf Abwegen ertappten Ehegatten, obgleich Frau Carlsen ihm als Gattin liebenswürdig und eindringlich ins Gewissen redete. Die Damen Wagen und Lux spielten die beiden Mädchenrollen belustigend. Theater Unter den Linden.

„Der goldne Kamerad“, Operette in 3 Akten von Hermann Hirschel, Musik von Louis Roth, ist ein Werk, dem eine längere Lebensdauer beschieden sein dürfte als den meisten Vor⸗ gängerinnen der letzten Zeit. Die Idee, eine von Bret Harte's bekannten californischen Erzählungen für ein lustiges Libretto zu verwerthen, darf als eine recht glückliche bezeichnet werden, denn der Stoff bietet außer abenteuerlichen Erlebnissen, fesselnden Situationen und spannender Handlung Gelegenheit genug, auch dem Ausstattungsbedürfniß, das nun einmal den Kindern der heiteren Muse zu eigen ist, gebührend Rechnung zu tragen. Der Titel ist nicht wörtlich aufzufassen; vielmehr ist er die Bezeichnung für einen Gold⸗ gräber, der seinen vertrauensseligen Genossen belügt und betrügt, wo er kann, und ihn schließlich dadurch, daß er sich selbst für ihn ausgiebt, fast um sein Erbe bringt. Aber, wie das in Operetten so zugeht, wird der Schelm noch rechtzeitig entlarvt und zieht zum Schluß, anstatt mit der verdienten Strafe, mit einem unverdienten Lohn in Form eines Checks und einer hübschen Braut davon. Dieser Stoff ist recht geschickt auf die drei Akte vertheilt und mit einer Fülle gefälliger Liederterte und Kupletverse gewürzt, zu denen der Komponist, wie überhaupt zu der ganzen Handlung, eine ansprechende, melodienreiche Musik geschrieben hat. Die darstellerischen und gesanglichen Leistungen bei der Erstaufführung am Sonnabend konnten wohl befriedigen. Unter den Damen ist in erster Reihe Fräulein Gisela Fischer zu nennen, deren stimmliches Material auch höheren Aufgaben gewachsen wäre; ihr Tätowier⸗Kuplet im dritten Akt wurde stürmisch da capo verlangt. Neben ihr behauptete sich Fräulein Cornelli recht gut, während Elise Schmidt in einer Episodenrolle Gelegenheit zur wirksamen Entfaltung ihrer Komik fand. Die Titelrolle spielte und sang Herr Klein mit Temperament und wohlklingender Stimme. Die Herren Bruch und Wellhoff sowie Fräulein Kramm trugen ebenfalls das Ihrige zum Gelingen des Ganzen bei.

Konzerte

Derr als Konzertsänger und Gesanglehrer wohlbekannte Baritonist Herr Adolf Schulze trat am Freitag im Saal der Sing⸗

kademie in einem „Lieder⸗Abend“ hervor, der von neuem die großen Vorzüge seiner Gesangskunst zur Geltung brachte. Besonders wurden Beethoven’'s Gesänge „An die Hoffnung“ und „An die ferne Geliebte“ mit großer Vollendung vorgetragen. Zu der seltenen Machtfülle der Stimme gesellte sich die edle, weihevolle Ausdrucksweise des Sängers, welche die Zuhörer zu lautem Beifall anregte. Gleiches Lob gebührt auch dem Vortrag der beiden Lieder von Schubert „Der Einsame“ und „Geheimes“, in welchen er ein reizendes Pianissimo bei stets deutlicher Aussprache zur Wirkung brachte. Die öfter gehörten Lieder Jung Werner's aus dem „Trompeter von Säckingen“ von Brückler und drei Lieder von J. Brahms bildeten den Schluß des interessanten Abends. Der Pianist Herr Fran Kuhlo verdient noch besonders lobend erwähnt zu werden.

Am Sonnabend fand im Saal Bechstein ein Klavier⸗Abend des Hof⸗Pianisten Herrn R. Mannschedel aus Nürnberg statt. Ein eigenartiges Mißgeschick hatte den begabten Künstler beim Beginn seiner Laufbahn betroffen, da ihm schon vor seinem Eintritt in das Münchener Konservatorium an der rechten Hand der dritte Finger abgenommen werden mußte. Man rieth ihm, ein anderes Fach zu ergreifen; dennoch bestand er auf seinem festen Willen, bei der Musik zu verbleiben. Daß er recht damit gethan, bewies er in seinem vorgestrigen Konzert: selbst in den rapidesten Passagen und bei den vollsten Accordgriffen war keine Spur dieser Lücke zu merken. Man kann sich jedoch vorstellen, welchen für Andere unmöglichen Fingersatz der Künstler zu wählen ge⸗ nöthigt ist. Sein Vortrag der Beethoven'’schen E-dur-Sonate (op. 109), der „Papillons von Schumann, des „Rigaudon“ von Raff und besonders der sehr schwierigen „La Chasse“ von Kullak, in welcher er die Oktavengänge in dem schnellsten Tempo ausführte, erregte die Bewunderung der leider nicht sehr zahlreich erschienenen Zuhörer. Der noch jugendliche Künstler hat die Absicht, sich der Lehrthätigkeit zu widmen.

Der Berliner Handwerkerverein, dessen Leistungen im Männergesang noch aus der Zeit der Direktoren Franz Mücke und Hermann Mohr bei Vielen in gutem Andenken stehen, feierte am gestrigen Sonntag in seinem Vereinssaal den 34. Stiftungs⸗Festtag durch ein von dem jetzigen Dirigenten W. Bölke veranstaltetes Konzert. Nachdem der Chor die Reihe der Vorträge mit dem „Nachtzauber“ von Storch und „Waldesrauschen“ von Edw. Schultz eröffnet hatte, erschien die Konzertsängerin Fräulein Emmy Pohl aus Demmin, und trug mit klangvoller, sorgfältig geschulter Sopranstimme sowie mit tief empfundenem Aus⸗ druck Lieder von Schumann und Levy vor, die sehr beifällig auf⸗

enommen wurden. Auch den später gesungenen Liedern von Rubin⸗ tein, Lassen und Sullivan folgte so reicher Applaus, daß die Künstlerin noch den „kleinen Frit. von Weber zugab. Die Chor⸗ gesänge, Ave Maria“ von Neßler, „Im Winter“ von Kremser, „Friedrich Rothbart“ und andere, wurden mit lobenswerther Präzision und lebendiger Ausdrucksweise zu Gehör gebracht. Außerdem unter⸗ stützten der Violinvirtuos W. Cavallery und der Pianist Herr Dettmann das Konzert und trugen durch ihre Leistungen zum Gelingen des Ganzen mit bei. Die Solisten sowie der Chor erfreuten noch durch einige Zugaben, die von dem sehr zahl⸗ reichen Publikum mit dankbarer Anerkennung aufgenommen wurden.

In Kroll's Theater bringt die Königliche Oper morgen

Gounod's „Margarethe“ mit Fräulein Hiedler in der Titelrolle zur

Aufführung. Herr Emil Götze singt den Faust als Gast, den Mephisto Herr Mödlinger, den Valentin Herr Bulß, den Siebel Fräulein Krainz. Herr Kapellmeister Sucher dirigiert. Anfang 7 Uhr.

Im Königlichen Schauspielhause geht morgen Edouard Pesln⸗ Lustspiel „Die Welt, in der man sich langweilt“ in Scene. Die Damen Seebach, Lindner, von Hochenburger, von Mayburg, die Herren Purschian, Hertzer, Klein sind darin beschäftigt.

Im Schiller⸗Theater kommt morgen „Götz von Berlichingen“ zur Aufführung. 1

Der Königliche Kapellmeister Herr Felix Weingartner ist elegentlich der Feier des 10jährigen Bestehens des Franz Lifzt⸗ Vereing, wobei Herr Weingartner das große Festkonzert in der Alberthalle zu Leipzig unter stürmischen Beifallsbezeugungen dirigierte, zum Ehrenmitglied ernannt worden. 1

Das Stern'sche Konservatorium (Sirektor: Professor Gustav Hollaender) wird im Winter 1895/96 zum Besten der Be⸗ schaffung eines Schüler⸗Stipendienfonds eine Reihe von Auf⸗ führungen im Saal Bechstein veranstalten, in welchen die am weitesten vorgeschrittenen Schüler und Schülerinnen vor die Oeffent⸗ lichkeit treten sollen. Abonnement und Einzelkarten für diese Auf⸗ führungen, deren erste am Freitag, den 18. Oktober, stattfindet, sind in der Musikalienhandlung von Stern u. Ollendorff, Wilhelm⸗ straße 20, erhältlich.