1895 / 249 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 17 Oct 1895 18:00:01 GMT) scan diff

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Der Bundesrath versammelte sich heute zu einer Plenarsitzung. v11“6“

Als Vertreter der bayerischen Armee begeben sich heute der Kriegs⸗Minister Freiherr von Asch, der kommandierende General des II. Armee⸗Korps, General von Tylander und der Chef des Generalstabs, General⸗Lieutenant von Giehrl zur Enthüllung des Denkmals Kaiser Friedrich's nach Wörth.

Auf der Tagesordnung der gestrigen Sitzung der Kammer der Abgeordneten standen die drei Anträge der Abgg. Lerno, Dr. Ratzinger und Löwenstein auf Ab⸗ änderung des Heimathsgesetzes. Der Minister des

8.

Innern Freiherr von Feilitzsch erklärte: die Regierung stehe.

noch heute auf dem Standpunkt des Antrags Lerno, welchen die Kammer der Reichsräthe abgelehnt habe. Die Regierung erwäge, auf welchem Wege die Einwände der Reichsräthe zu beseitigen seien; sobald diese Erwägungen zum Abschluß gekommen seien, werde sie einen Gesetzentwurf auf Abänderung des Heimathsgesetzes einbringen. Angesichts dieser Erklärung zog der Abg. Lerno seinen Antrag zurück. Im Laufe einer längeren Geschäftsordnungsdebatte erklärte der Minister des Innern Freiherr von Feilitzsch, er könne über den Zeit⸗ punkt der Einbringung keine bindende Erklärung abgeben; die Frage werde jedoch für eine brennende erachtet und die Vor⸗ lage baldmöglichst fertiggestellt werden. Darauf zogen auch die Abgg. Dr. Ratzinger und Löwenstein ihre Anträge zurück. Baden.

Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich ist gestern Nach⸗ mittag zum Besuch Ihrer Königlichen Hoheiten des Groß⸗ herzogs und der Großherzogin in Baden⸗Baden ein⸗ getroffen. 8 8

Elsaß⸗Lothringen.

An der Feier der Enthüllung des Kaiser Friedrich⸗ Denkmals auf dem Schlachtfelde von Wörth werden außer Ihren Majestäten dem Kaiser und der Kaiserin, der „Straßb. Korrespondenz“ zufolge, die nachstehend auf⸗ geführten Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften theil⸗ nehmen: Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich, Seine Majestät der König von Württemberg, Ihre König⸗ lichen Hoheiten der Großherzog und die Groß⸗ herzogin von Baden, Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Heinrich von Preußen, Seine Königliche 9. der Fürst von Hohenzollern, Seine Hoheit der Erbprinz und Ihre Königliche Hoheit die Erbprinzessin von Sachsen⸗Meiningen mit Ihrer Durchlaucht der Prinzessin Feodora von Sachsen⸗ Meiningen, Seine Hoheit der Prinz und Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Friedrich Karl von Hessen, sowie Seine Durchlaucht der Prinz und Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Adolf zu Schaumburg⸗Lippe.

Deutsche Kolonien.

Ueber eine Bereisung des Sannaga im deutschen Schutz⸗ gebiet Kamerun, die in der Zeit vom 22. bis 31. August der Kaiserliche Gouverneur von Puttkamer in Begleitung des Korvetten⸗Kapitäns Walther unternommen hat, bringt das „Deutsche Kolonialblatt“ nachstehenden Bericht des Gou⸗

verneurs:

„Die beiden bei dieser Gelegenheit von mir besuchten großen und schönen Missionsstationen Lobethal der Basler Mission und Marienberg der Pallotiner machen einen vortrefflichen Eindruck. g F. JZx scheinen friedlich und mit gutem Erfolg nebeneinander zu arbeiten.

Die Regierungsstation Edea fand ich in trefflicher Ordnun vor. Das neue, massiv aus Bruchsteinen erbaute Stationsgebäude ist der Nollendung nahe; es liegt auf einem luftigen Hügel am Strom mit freier Aussicht auf die Südfälle, deren gewaltige Wassermassen sich donnernd über schroffe Felswände in den Flußkessel hinabstürzen. Edea ist landschaftlich unbedingt einer der schönsten Punkte des Schutzgebiets.

Die Friedensunterhandlungen mit den durch den Rittmeister

Freiherrn von Stetten besiegten Bakokostämmen schreiten langsam vorwärts. Lieutenant Schmidt unterstützt zunächst den Stations⸗ chef von Brauchitsch in seiner dortigen Thätigkeit, um sich mit afrikanischen Dingen und Verhältnissen vertraut zu machen. Sobald die Regen nachlassen, wird Herr von Brauchitsch den ersten vor⸗ bereitenden 1S nach Osten machen und wohl zunächst mit den bisher feindlichen Dogodjés behufs Anlage einer fliegenden Station in Beziehungen zu treten suchen. . G Nachdem nunmehr die seinerzeit von Assessor Wehlan bestraften, am Flusse ansässigen Bakokoorte die ihnen auferlegte Kriegsentschä⸗ digung zum großen Theil bezahlten, habe ich ihnen den Rest im Gnaden⸗ wege erlassen und eine allgemeine Amnestie proklamiert, um den Leuten endlich Frieden und Ruhe wiederzugeben und sie zu veranlassen, sich wieder mehr mit Handel und Anbau zu beschäftigen.

Die Ausweisung der Dualla aus Edea hat nach einstimmiger Aussage der Woermann'schen Faktoristen in Edea und Malimba einen durchaus wohlthätigen Einfluß auf den Handelsverkehr ausgeübt. In Edea besonders ist seit kurzem ein ziemlich reger Elfenbeinhandel auf⸗ geblüht, und zwar verkaufen die Leute ihr Elfenbein wesentlich gegen Salz, welches über Malimba in großen Mengen eingeführt wird. Die ehemals zerstörten Malimbadörfer sind größtentheils wieder auf⸗ gebaut, wobei sich in Aufbau und Anlage der Häuser der zivilisierende Einfluß der Mission unverkennbar geltend macht. Einen recht freund⸗ lichen Eindruck machen die zahlreichen, mit schwarzen Lehrern besetzten kleineren Zweigstationen der Basler Mission am unteren Flußlauf mit ihren Glockenthürmchen und deutschen Flaggen.

Der Dampfer „Soden“, auf welchem die Fahrt gemacht wurde, bewährt sich nach Vollendung der großen Reparatur vortrefflich und dürfte noch Jahre lang gute Dienste leisten, wenn er auch leider in⸗ folge seines Tiefgangs und seiner Größe in der trockenen Jahreszeit nicht zu brauchen ist. 8

Als Kuriosum möchte ich noch erwähnen, daß vor der Nord⸗ mündung des Flusses, in der Nähe der Woermannfaktorei, zwei lang⸗ gestreckte Felsenbänke liegen, welche die vorzüglichsten Austern liefern, die mir bis jetzt in Afrika vorgekommen sind.“ 8

Oesterreich⸗Ungarn.

Der Kaiser erschien gestern früh, wie „W. T. B.“ aus Agram berichtet, in dem Rathhause und wurde in dem F2e von dem Bürgermeister und den Mitgliedern des Gemeinderaths empfangen. Der Kaiser erkundigte gich nach den städtischen Angelegenheiten und nahm die von dem Bürgermeister überreichten beiden, zur Erinnerung an den Besuch des Kaisers geprägten goldenen Medaillen entgegen, welche Allerhöchstderselbe als Andenken an die schöne Stadt und den dynastischen, patriotischen und herzlichen Empfang, der seinem Kaiserlichen Herzen wohlgethan habe, annehmen zu wollen erklärte und

hinzufügte, er werde recht bald wieder Gelegenheit nehmen, die Stadt zu besuchen. Der Kaiser besuchte die Synagoge, wo der Rabbiner seinen Dank für die Wohlthaten aussprach, deren die kroatischen Juden theilhaftig geworden seien, und mit einem Segensspruche schloß, worauf die Volkshymne in kroatischer Sprache gesungen wurde. Von der Synagoge begab sich der Kaiser nach dem Gerichtshofsgebäude und der Akademie, überall von der Bevölkerung mit lebhaften Ovationen begrüßt. Abends 8 Uhr trat der Kaiser die Rückreise nach Gödöllö an. Die Stadt war erleuchtet, die Bevölkerung brachte dem scheidenden Mon⸗ archen begeisterte Ovationen dar. Ein Kaiserliches Hand⸗ schreiben an den Banus von Kroatien Grafen Khuen⸗Héderväry spricht der wackeren Bürgerschaft der Landeshauptstadt sowie dem treuen kroatischen Volke überhaupt für die vielfachen Beweise der Anhänglichkeit und Liebe, sowie auch für die in loyalen Kund⸗ gebungen bethätigte musterhafte Haltung, welche durch den vorgekommenen straflichen Zwischenfall nicht gestört worden sei, den wärmsten Dank aus, mit der Versicherung, daß der der in Agram verlebten Tage stets freudig gedenken werde.

Gestern ist es in Agram zu weiteren Ausschreitungen seitens der Studenten gekommen. Der Studierende der Rechts⸗ wissenschaft Frank war in der vorhergegangenen Nacht wegen Ihsaltieun der ungarischen Fahne mißhandelt und zur

olizeistation gebracht worden, wo ihm die Wunden verbunden wurden. Um Revanche zu nehmen, zogen gestern Vormittag 33 Juristen mit der Universitätsfahne nach dem Jelacics⸗Platz, wo die mitgebrachte ungarische Fahne öffentlich ver⸗ brannt wurde. Die Regierung erließ sofort die strengsten Verfügungen gegen die Theilnehmer an der Beschimpfung der ungarischen Fahne. Alle Theilnehmer an der De⸗ monstration wurden verhaftet und nach der polizeilichen Voruntersuchung dem Gericht übergeben. Nach Aussage der Verhafteten war die betreffende Fahne zuvor mit Spiritus getränkt worden, um eine schnelle Verbrennung zu ermög⸗ lichen. Das Vorantragen der Fahne seitens der Studenten geschah in der Absicht, die Polizei irre zu führen. Dem „Pester Lloyd“ zufolge, war die verbrannte Fahne nicht, wie behauptet worden ist, die aus dem Jahre 1848 stammende Universitätsfahne, sie war vielmehr von den Studenten unter⸗ wegs gekauft worden.

Bei der gestern in dem Bezirk Hernals⸗Klosterneu⸗ burg⸗Tulln vorgenommenen Ersatzwahl zum nieder⸗

gewählt. Frankreich.

In der gestrigen Sitzung der Budgetkommission sprach sich der Marine⸗Minister Admiral Besnard über die Frage der Schiffsneubauten aus und legte dar, daß der japanisch⸗chinesische Krieg die Nothwendigkeit des Baues zahlreicher Kreuzer von großer Schnelligkeit, guter Armierung und genügendem Schutz erwiesen habe. Das neue Programm für den Bau von Peanzerschiffen, Kreuzern und Avisos erfordere etwa eine Milliarde Francs, die auf zwölf Jahre zu vertheilen sei. Der jährliche Betrag der Kredite für Schiffsneubauten müsse demgemäß um etwa 10 Millionen Francs erhöht werden. Im weiteren Verlauf seiner Darlegungen trat der Marine⸗Minister für die Bei⸗ behaltung der Flottenstationen im Auslande ein.

Anläßlich des vorgestern erfolgten Ablaufs der Frist haben zahlreiche Kongregationen ihre Bereitwilligkeit er⸗ klärt, die Anfallsteuer zu bezahlen.

Aus Port⸗Said wird gemeldet, daß auf dem Post⸗ dampfer „Ville de Metz“, der 400 Kabylen aus Madagaskar 188 bringe, auf der Fahrt bis Port⸗Said 76 Mann gestorben eien.

Spanien. Am 22. November werden abermals 12 000 Mann nach Cuba abgehen.

Portugal. Der Infant Alfons, der Bruder des Königs, wird sich, dem „W. T. B.“ zufolge, mit der nächsten Truppensendung nach Indien begeben. . ö11

Türkei.

Wie das „Reuter'sche Bureau’“ aus Konstantinopel erfährt, hatten die Delegirten der drei Botschaften, welche das armenische Reformprojekt vom 11. Mai aus⸗ gearbeitet haben, vorgestern eine Konferenz mit dem General⸗ Sekretär des Auswärtigen Munir Bey, in der sie das Reglement für die Verwaltung der armenischen Provinzen aufstellten. Die drei Botschafter trafen später mit dem Minister des Auswärtigen Salĩd Pascha zusammen und genehmigten das Reglement, welches nur noch der Sanktion durch den Sultan harrt. Die endgültige Regelung der Frage wird im Laufe der Woche durch die Verkündigung eines das Reglement einschließenden Kaiserlichen Dekrets er⸗ hofft Das Reglement enthält auch die Bestimmung, daß der aiserliche stellvertretende Kommissar zur Ueberwachung der Reformen Christ sein soll. Das armenische Comité hat, wie „W. T. B.“ be⸗ richtet, am Dienstag in Galata und Stambul abermals die Sperrung jener armenischen Geschäfte herbeigeführt, welche in den letzten Tagen geöffnet worden waren; gestern wurde das Gleiche in Pera ins Werk gesetzt. In der Kirche in Pera haben neuerdings wieder 150 und in der in Galata 60 Flüchtlinge Zuflucht gesucht. Der Grund hierzu liegt in einigen in den letzten Tagen vorgekommenen Zusammenstößen in den Vorstädten von Stambul und am Goldenen Horn, in Kassim⸗Pascha und Hasköi, deren Opfer sich der Zahl nach nicht genau haben feststellen lassen. Außer auf diese jedenfalls unbedeutenden Vorgänge ist die neue Flucht in die Kirchen hauptsächlich auch auf die Erwerbs⸗ und Obdachslosigkeit der bedrohten armen Klassen und ferner auf die Furcht der in den türkischen Vierteln g isoliert Wohnenden zurückzuführen, zuletzt auch auf die ad hoc gerichtete Agitation des armenischen Comités, dessen ungeschwächt fortgesetzte Thätigkeit auch aus anderen Anzeichen klar hervorgeht. Unter der türkischen Bevölkerung hält gleichfalls die aufgeregte Stimmung an, hauptsächlich infolge alarmieren⸗ der Gerüchte, so z. B. über bevorstehende große Zugeständnisse an die Armenier. Es werden immer noch Plakate an den Moscheen und Straßenecken gefunden, die eine sehr erregte Sprache führen. In den letzten Tagen wurden abermals Ver⸗ haftungen, und zwar auch unter den Türken, vorgenommen. Nach einer Meldung der „Daily News“ aus Konstanti⸗

nopel habe am 9. Oktober in Akhissar, 120 Meilen von

österreichischen Landtag wurde der Antisemit Steiner

Konstantinopel, der türkische Pöbel Armenier angegriffen, wo⸗ bei fünfzig Personen , und eine große Anzahl ver⸗, wundet worden seien. Da gerade Markttag gewesen, sei der Markt geplündert worden; die Behörden hätten die Christen nach Kräften geschützt. 8

Rumänien.

Gestern Nachmittag fand in Bukarest die Eides⸗ leistung der Mitglieder des neuen Kabinets statt worauf ein Ministerrath abgehalten wurde. Die einzelnen Minister traten sodann ihre Funktionen an. Die Mitglieder des früheren Kabinets wurden später von dem König in Abschiedsaudienz empfangen. Der frühere Vertreter Ru⸗ mäniens in Belgrad Deldiman ist zum General⸗Sekretär des Aeußern an Stelle Alexander Ghika's ernannt worden.

Amerika.

Nach einem Telegramm aus Havanna beläuft sich die Gesammtzahl der auf spanischer Seite seit Beginn des Felbzugs in Cuba infolge Krankheit Gestorbenen und in den

efechten Gefallenen auf 185 Offiziere und 1810 Soldaten.

Asien.

Nach einer in Yokohama eingetroffenen Meldung aus Söul wäre die Leiche der Königin von Korea aufgefunden worden. Die Mörder sollten japanische Soschi sein. Der nach Korea entsandte japanische Minister Komura ist, dem „Reuter'schen Bureau“ zufolge, angewiesen worden, die Mörder zu bestrafen, falls es Japaner seien.

Afrika.

In Rom sind, wie „W. T. B.“ berichtet, Depeschen aus Antalo vom 14. d. M. eingetroffen, wonach auf den südlichen Abhängen des Ambaelagi⸗Berges eine Mitrailleuse mit fünf Schußmündungen vorgefunden worden sei, die aus einer französischen Fabrik herrühre, zugleich mit einer Patronenbüchse von gleichfalls französischer Fabrikation. Die auf der Patronen⸗ büchse angebrachten Bezeichnungen deuteten auf die Herkunft von Obock hin. Der britische Kreuzer „Phöbe“ ist gestern von San⸗ sibar mit einer Strafexpedition gegen Hamis Kombo, den Bundesgenossen Mbaruk's, der die britischen Forderungen abgelehnt hatte, nach Mombasa abgegangen.

Der in London eingetroffene General⸗Inspekteur der Goldküste Sir Francis Scott erklärte einem Vertreter des „Reuter'schen Bureaus“, daß er dem König von Kumassi am 27. September das englische Ultimatum übersandt habe, worin die Annahme des englischen Protektorats und die Zulassung eines englischen Kommissars als Residenten verlangt werde. Zur Beantwortung des Ultimatums sei eine Frist bis zum 31. d. M. gegeben worden. Falls der König die englische Forderung ablehnen sollte, dürfte eine Expedition nach Kumassi abgehen.

Die „Indépendance Belge“ meldet, daß der Auftrag des Kommandanten van Gele, welcher den Aufstand in Luluaburg unterdrücken sollte, infolge eines Telegramms des General⸗Gouverneurs zurückgezogen worden sei. Der Staatsinspektor Paul le Marinel habe den Oberbefehl über die Streitkräfte, welche gegen Luluaburg vorgingen, über⸗ nommen. 1 8

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Wird dem Banquier von seinem Kommittenten im voraus unter dem Vorwande eines empfangenen Darlehns eine Hypot hek für den besonders vereinbarten Fall bestellt, daß der Banquier aus den Börsengeschäften Forderungen gegen den Kommittenten erwirbt, gegen welche jene Hypothek verrechnet werden sollte, so ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, V. Zivilsenats, vom 22. Juni 1895, wenn die zum Nachtheil des Kommittenten ausgefallenen Börsen⸗ geschäfte reine Differenzgeschäfte waren, eine derartige Ver⸗ rechnung im Gebiet des Preußischen Allgemeinen Land⸗ rechts wirkungslos, der Kommittent kann die Löschung der Hypothek verlangen. Der Hauseigenthümer B. stand mit dem Banquier S. in Börsengeschäftsverbindung und hatte zur Sicherheit des S. diesem auf sein Grundstück eine Hypothek von 30 000 ℳ, angeblich für ein empfangenes Darlehn in gleicher Höhe, eintragen lassen. Nach gegenseitiger Vereinbarung sollte die Valuta der Hypothek gegen aus den Börsengeschäften etwa entstehende For⸗ derungen des S. zur Verrechnung gelangen. Aus den erwähnten Börsengeschäften ergab sich eine Forderung des S. gegen B. in Höhe von 29 879 15 ₰, welche in der Weise getilgt wurde, daß im gegenseitigen Einverständniß die Valuta der Hypothek von 30 000 dem B.'schen Konto zwecks Ausgleichung desselben gutge⸗ schrieben und ihm das darnach zu seinen Gunsten verbliebene Gut⸗ haben von 120 85 ausgezahlt wurde. Einige Zeit darauf ver⸗ langte B. von S. die Löschung der Hypothek gegen Rückzahlung der 120 85 ₰, mit der Behauptung, daß die Börsenforderungen des S., welche gegen die Hypothekenvaluta verrechnet worden, aus reinen Differenzgeschäften herrührten. Die Klage des B. gegen S. wurde in der Berufungsinstanz abgewiesen, indem das Gericht annahm, daß, selbst wenn es sich um reine Differenzgeschäfte gehandelt hat, die geschehene Verrechnung wirksam war. Auf die Revision des Klägers hob das Reichsgericht das Berufungsurtheil auf, indem es begründend ausführte: „Der § 578 I 11 A. L⸗R. („Was Jemand in erlaubten Spielen verloren und wirklich bezahlt hat (Tit. 16 Abschn. 2), kann er nicht zurückfordern.“) verweist ausdrücklich auf Abschn. 2 des 16. Titels, der überschrieben ist: „Von der Zahlung“ und damit beginnt 28), diese dahin zu definieren: „Geschieht die Erfüllung der Verbindlichkeit des Schuldners durch Geld oder geld⸗ gleiche, auf jeden Inhaber lautende Papiere, so wird solches eine Zahlung genannt. Es ist nun zwar der die Rückforderung ausschließenden wirklichen Zahlung einer Spielschuld mit guten Gründen der Fall der vertragsmäßigen Kompensation gleich⸗ gestellt worden, bei der die beiderseitige Zuzählung und Rückzählung des Geldes durch eine Verrechnung überflüssig gemacht und ersett wird; allein im vorliegenden Fall fehlt es an der Voraussetzung für solche vertragsmäßige Verrechnung, daß der Spielforderung des Be⸗ klagten eine Forderung des Klägers gegenübergestanden haben muß, deren Quittierung zugleich eine Befriediguntg der Beklagten wegen ihrer Forderung in sich schloß.. (465/94.)

Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.

Die in den örtlichen Hundesteuer⸗Regulativen ausgesprochene Steuerfreiheit von Hunden, welche auf isoliert gelegenen Grundstücken zur Bewachung nöthig sind, erstreckt sich, nach einem Urtheil des Ober⸗Verwaltungsgerichts, II. Senats, vom 10. April 1895, nicht ohne weiteres auf Hunde, welche von Ortseinwohnern zur Bewachung isoliert gelegener Grundstücke, die außerhalb des Gemeindebezirks liegen, gehalten werden. (II. 567.)

Die Einrichtung von Aborten an Plätzen,

welchen sich dauernd oder zeitweise unter Zulassung des Eigenthüme

wel

Menschen versammeln (beispielsweise an einem städtischen Platz, auf M. 2 zeitweise Schaubudenbesitzer mit ihren Künstlern sich auf⸗ halten und ihre Aufführungen vor dem Publikum veranstalten), gehört nach einem Urtheil des Ober⸗Verwaltungsgerichts, I. Senats, vom 24. Mai 1895, zur Gesundheits⸗ und Ordnungs⸗ polizei, und die olizeibehörde ist demnach befugt, den Eigenthümer des Platzes zur Einrichtung von Aborten anzuhalten. „Die angefochtene Entscheidung findet ihre recht⸗ liche Stütze in den Vorschriften des § 10 Tit. 17 Th. II des Allg. L.⸗R. und § 6 Litt. b und f des Gesetzes über die Polizei⸗ verwaltung vom 11. März 1850, da die Einrichtung von Aborten an Orten, wo sich dauernd oder zeitweise Menschen versammeln, im Interesse der Gesundheits⸗ und der Ordnungs⸗ (Sitten⸗) Polizei ge⸗ boten sein kann. Verpflichtet, desfallsigen Anordnungen der Polizei⸗ behörde zu entsprechen, ist in erster Linie der Eigenthümer des latzes, welcher auf diesem die Ansammlung von Menschen veran⸗ altet oder duldet und dafür zu sorgen hat, daß durch die Beschaffen⸗ heit seines Grundstücks polizeilich zu schützende Interessen nicht beein⸗ trächtigt werden.“ (I. 729) 88 8

Auszug aus dem Statut

für das Archäologische Institut, betreffend die damit verbundenen Reisestipendien.

§ 19. Um die archäologischen Studien zu beleben und die anschauliche Kenntniß des klassischen Alterthums möglichst zu verbreiten, insbesondere um für das Archäologische Institut seitende Kräfte und für die vaterländischen Universitäten und Museen Vertreter der Archäologie heranzubilden, werden mit dem genannten Institut fünf jährliche Reisestipendien, ein jedes im Belauf von dreitausend Mark, verbunden, welche den nachstehenden Bestimmungen gemäß vergeben werden sollen. § 20. Zur Bewerbung um vier der gedachten Stipendien wird der Nachweis erfordert, daß der Bewerber entweder an einer Universität des Deutschen Reichs, beziehentlich an der Akademie zu Münster die philosophische Doktorwürde erlangt oder das Examen pro facultate docendi bestanden und in demselben für den Unterricht in den alten Sprachen in der obersten Gymnasialklasse die Befähigung nachgewiesen hat. Der Bewerber hat ferner nachzuweisen, daß zwischen dem Tage, an welchem er promoviert worden oder das Oberlehrer⸗ Examen absolviert hat, eventuell, wo beides stattgefunden hat, dem späteren von beiden, und dem Tage, an welchem das nachgesuchte Stipendium für ihn fällig werden würde 26), höchstens ein dreijähriger Zwischenraum liegt. Für das fünfte der jährlich zu vergebenden Stipendien, welches in erster Reihe bestimmt ist, die Erforschung der christ⸗ lichen Alterthümer der römischen Kaiserzeit zu fördern, wird erfordert, daß der Bewerber an der theologischen Fakultät einer Universität des Deutschen Reichs den Kursus der protestantischen oder der katholischen Theologie absolviert, das heißt nach Ablauf mindestens des akademischen Trienniums in ordnungsmäßiger Weise die Exmatrikulation bewirkt hat, und daß er an dem Tage, wo das Stipendium fällig wird, das dreißigste Lebensjahr noch nicht überschritten hat. § 21. Der Bewerber hat ferner die gutachtliche Aeuße⸗ rung der philosophischen, resp. theologischen Fakultät einer Universität des Deutschen Reichs, oder der Akademie zu Münster, oder auch einzelner bei einer solchen Fakultät angestellter Pro⸗ fessoren der einschlagenden wissenschaftlichen Fächer über seine bisherigen Leistungen und seine Befähigung zu erwirken und seinem Gesuch beizufügen, auch, falls er schon literarische Leistungen aufzuweisen hat, womöglich dieselben mit einzu⸗ senden. Ferner sind in dem Gesuche die besonderen Reise⸗ zwecke kurz zu bezeichnen. Daß unter den Reisezielen in der Regel Rom mit einbegriffen sei, liegt im Geiste der Stiftung. Bei Gesuchen um Verlängerung des Stipendiums finden diese Bestimmungen keine Anwendung. Dagegen ist hier eine uͤbersichtliche Darstellung der bisherigen Reiseergebnisse in das Gesuch aufzunehmen, und wird, falls der Stipendiat bereits in Rom oder Athen sich aufgehalten hat oder noch aufhält, über seine Leistungen und seine Befähigung das Gutachten des Sekretariats des Instituts erfordert. § 22. Die Gesuche um Ertheilung des Stipendiums sind in jedem Jahre vor dem 1. Februar desselben an die Zentral⸗Direktion des Archäologischen Instituts nach Berlin einzusenden, welche die Wahl nach vorgenommener Prüfung der Qualifikation des Bewerbers in der Gesammtsitzung vor⸗ nimmt ꝛc. Bei gleicher wissenschaftlicher Tüchtigkeit wird die Zentral⸗Direktion denjenigen Bewerbern den Vorzug geben, die neben der unerläßlichen philologischen Biloung sich bereits einen gewissen Grad kunstgeschichtlicher Kenntnisse und monu⸗ mentaler Anschauungen zu eigen gemacht haben und welche dem Archäologischen Institut oder den deutschen Lehranstalten oder Museen dereinst nüuͤtzlich zu werden versprechen. 8 § 23. Die Stipendien können nicht kumuliert, noch für einen längeren Zeitraum als ein Jahr vergeben werden; zulässig ist jedoch die Wiedergewährung eines Stipendiums für ein zweites Jahr. 1 Die Wiedergewährung des im § 20 bezeichneten fünften Stipendiums auf ein zweites Jahr kann auch erfolgen, wenn der Stipendiat bei eintretender Fälligkeit des zweiten das 30. Lebensjahr bereits überschritten haben ollte. § 24. Dispensation von den in den §§ 20, 21, 23 auf⸗ gestellten Vorsthriften ertheilt in besonderen Fällen das Aus⸗ wärtige Amt nach Anhörung der Zentral⸗Direktion. § 24 a. Bis auf weiteres kann jährlich eines der vier Reisestipendien für klassische Archäologie mit Wegfall der im § 20 gesetzten Präklusivfrist an Gymnasiallehrer vergeben werden, welche an einem öffentlichen Gymnasium innerhalb des Deutschen Reichs festangestellt und in Lehre und Wissen⸗ schaft besonders bewährt sind. Das Stipendium kann zu diesem Zwecke in zwei halbjährige jedes zu 1500 zerlegt werden behufs einer im Winter⸗Semester, spätestens am Dezember anzutretenden halbjährigen Studienreise. Anstatt der in § 21 geforderten Zeugnisse von Universitäten oder Professoren hat der Bewerber ein Zeugniß seiner vor⸗ gesetzten Behörde, sowohl über seine bisherige Amtswirksamkeit, als auch darüber beizubringen, daß im Falle der Stipendien⸗ verleihung auf die Ertheilung des erforderlichen Urlaubs ge⸗ rechnet werden könne. Ein derartiges Stipendium kann an ein und dieselbe Person nur einmal verliehen werden. . Rec⸗⸗ 5k. Die schließliche Entscheidung wird in der egel vor Ablauf des Juli⸗Monats den Empfängern mit⸗ getheilt, deren Namen in dem „Reichs⸗Anzeiger“ ver⸗ öffentlicht werden.

26. Das Stipendium wird jährlich am 1. Oktober fällig, und der ganze Betrag auf einmal dem Bewerber oder seinem gehörig legitimierten Bevollmächtigten durch die Legations⸗Kasse gegen Quittung ausgezahlt.

§ 28. Der Stipendiat ist verpflichtet, so lange er in Rom oder Athen verweilt, an den Sitzungen des Instituts 9, 6) regelmäßigen Antheil zu nehmen. Er hat überdies während seiner Reise die Zwecke des Instituts nach Möglich⸗ keit zu fördern und nach Beendigung derselben über deren Ergebniß einen summarischen Bericht an die Zentral⸗Direktion einzusenden. 1 .

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Dem soeben erschienenen Jahresbericht der hiesigen Königlichen akademischen Hochschule für die bildenden Künste für das Lehrjahr Oktober 1894/95 entnehmen wir folgende Angaben:

Dder Professor C. Seiler wurde auf seinen Wunsch für das Sommer⸗Semester 1895 beurlaubt; seine Vertretung erfolgte durch den Maler Robert Warthmüller bis zu des Letzteren am 25. Juni 1895 eingetretenen Tode, von da ab bis zum Schluß des Sommer⸗Semesters durch den Professor M. Koner. Vom 1. Oktober 1895 ab wurde dem Professor Seiler die na gesuchte Entlassung ertheilt. An Stelle des verstorbenen Direktorial⸗Assistenten, Professors Emil Teschendorff wurde in dieses Amt der Porträt⸗ und Historienmaler Dr. Hermann Seeger vom 1. No⸗ vember 1894, zunächst kommissarisch, berufen. Nach⸗ dem von dem Minister der gristlichen ꝛc. Angelegenheiten die Mittel für die nothwendige Einrichtung des technischen Unterrichts über Herstellung, Beschaffenheit und Behandlung der für die verschie⸗ denen Arten der Malerei dienenden Farben und sonstigen Mate⸗ rialien ꝛc. bereit gestellt sind, wird mit diesem Unterricht, welchen der Maler Albert Wirth leiten wird, vom Winter⸗Semester 1895/96 ab begonnen. Die diesjährige Exkursion der Klasse für Ornament⸗ lehre und dekorative Architektur richtete sich nach Rostock, diejenige des Landschafts⸗Ateliers nach Spreebordkrug bei Neu⸗Zittau an der Ober⸗Spree. Wie in den Vorjahren, bewilligte der Herr Minister auch für das Berichtsjahr einen außerordentlichen Zuschuß zur För⸗ derung des Turnwesens an der Hochschule. Aus der Ernst Reichenheim⸗Stiftung erhielten für das Jahr 1. Oktober 1894/95 Stipendien: die Studierenden Maler Georg Marschall aus Wittstock und Maler Sigmund Lipinsky aus Graudenz; desgleichen aus der Adolf Ginsberg⸗Stiftung für das Jahr 29. Dezember 1894/95 die Studierenden Bildhauer Carl Reinert aus Friedrichsthal bei Gartz a. O. und Maler August von Brandis aus Haselhorst bei Svandau; desgleichen aus der Adolf Menzel⸗Stiftung für das Jahr 8. Dezember 1894/95 der Studierende Maler Max Kurth aus Kayna bei Zeitz. An Schenkungen gingen der Hochschule zu: eine Kopie in Petroleumfarben nach Por⸗ denone's Gemälde „Herodias“ (Galerie Doria in Rom), ausgeführt von dem Maler Hugo Händler, durch den Herrn Minister; ferner: 20 Exemplare: G. Schadow, „National⸗Physiognomien“, durch Herrn G. Eberhard Ernst.

Im Winter⸗Semester wurde die Hochschule besucht von 268 Personen und zwar von: 175 immatrikulierten Studierenden aus den früheren Semestern, 41 neu immatrikulierten Studierenden, 14 nicht aufgenommenen Aspiranten, 38 Hospitanten. Hiervon waren: 193 Maler, 62 Bildhauer, 3 Kupferstecher, 4 Lithographen, 1 Zeichenlehrer, 2 Zeichner, 1 Architekt, 2 anderweitigen Berufs.

Im Sommer⸗Semester wurde die Hochschule besucht von 199 Personen und zwar von: 161 immatrikulierten Studierenden aus den früheren Semestern, 19 neu immatrikulierten Studierenden, 6 nicht aufgenommenen Aspiranten, 13 Hospitanten. Hiervon waren: 144 Maler, 50 Bildhauer, 1 Kupferstecher, 1 Radierer, 2 Zeichen⸗ lehrer, 1 Architekt. . .

Es erhielten Unterstützungen: im Winter⸗Semester: a. ver⸗ bunden mit Frei⸗Unterricht 19 Studierende (13 Maler, 6 Bildhauer); b. ohne Frei⸗Unterricht 11 Studierende (9 Maler, 2 Bildhauer); Frei⸗Unterricht 30 Studierende (20 Maler, 10 Bildhauer und 2 Hospitanten [Maler]); im Sommer⸗Semester: a. verbunden mit Frei⸗Unterricht 17 Studierende (11 Maler, 6 Bildhauer); b. ohne Frei⸗Unterricht 7 Studierende (5 Maler, 2 Bildhauer); Frei⸗Unter⸗ richt 31 Studierende (22 Maler, 9 Bildhauer) und 1 Hospitant [Maler]).

Auszeichnungen wurden verliehen an 25 Studierende der verschiedenen Klassen für ihre Fortschritte und Leistungen während des verflossenen Lehrjahres. Die Auszeichnungen bestanden in Geld⸗ preisen, Prachtwerken ꝛc.

Wie dem „W. T. B.“ aus Paris gemeldet wird, ist Dr. Duclaux zum Leiter des „Institut Pasteur“ und Dr. Rourx zu dessen Stellvertreter ausersehen. 8

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Land⸗ und Forstwirthschaft.

Saatenstand in Rumänien.

Infolge anhaltender Trockenheit während des Monats September ist die Bestellung der Wintersaaten nur langsam vor sich gegangen und bei den schon bestellten Feldern das Keimen der Saaten sehr be⸗

hindert worden. Ernteergebnisse Bulgariens.

Angestellten Schätzungen zufolge, sind in Bulgarien an Getreide aller Art im Jahre 1895 ca. 15 950 000 hl gegen 10 900 000 hl im Jahre 1894 geerntet worden. Der Mehrertrag dürfte in erster Linie auf den Norden und unter den Getreidearten auf Roggen und Weizen kommen. Dagegen hat die Maisernte den auf sie gesetzten Erwar⸗ tungen nicht ganz entsprochen. 1

Ueber den Herbstkongreß der Deutschen Landwirth⸗ schaftsgesellschaft wird weiter berichtet: Der Ausschuß der Düngerabtheilung beschäftigte sich unter Vorsitz des Dr. Schultz⸗Lupitz mit den neuen Kalilagerfunden in Hannover, sowie mit einem Gutachten, betreffend den Werth der physikalischen Verbesserung des Bodens bei Mergelung gegenüber der Kaliwirkung, und bewilligte Geldmittel für die Prüfung der Desinfektion von Kübeln durch Torfmull. Der von Bennecke⸗Aschersleben geleitete Ausschuß der Gerätheabthei⸗ lung hatte eine sehr reiche Tagesordnung zu erledigen. Für die

uptprüfungen in Stuttgart sind bestimmt: Getreidetrockenapparate, Heepstheüfungar Garbenbänder und Obst⸗ und Traubenweinfilter. Besprochen wurden ferner die Frage der geplanten Hauptprüfung der Dreschmaschinen und der von der Landeskultur⸗Abtheilung beabsichtigte Antrag, mit der Geräthe⸗ und Bau⸗Abtheilung gemeinsam eine Hauptprüfung von Eisenbahn⸗Oberbau⸗Materialien zu veranstalten. Auch die für die Jahre 1897 und 1898 geplanten Aus⸗ stellungen in Hamburg und Dresden wurden bereits in die Besprechungen bhineingezogen. Der von dem Geheimen. Regierungs⸗Rath Professor Orth geleitete Ausschuß der Ackerbauabtheilung trat in wiederholte Berathung über die Ver⸗ besserung des deutschen Tabacks durch Edelfermentation ein. Besprochen wurden vom Ausschuß ferner Erfahrungen über Kalkdüngung, Versuche zur Vertilgung des Huflattigs, sowie die allgemeine Hebung der Bodenkultur. 82 der Thierzuchtabtheilung bildete die Berathung der Ausstellungsordnung für Stuttgart den Haupt⸗ punkt der Tagesordnung; im übrigen erstattete Ritterguts⸗ besitzer Schlange einen interessanten Bericht über die Lon⸗ ditionieranstalt bei der Königlichen Landwirthschaftlichen Hoch⸗ schule hierselbst. Der Ausschuß der Saatgutabtheilung besprach den Wettbewerb i von Timotheegras und von anderen Futter⸗

gräsern. F6 v

Bei dem gestrigen Preisbewerb für Gerste, Brauweizen

und Hopfen, den der Verein „Versuchs⸗ und Lehranstalt für

Brauereien in Berlin“ im Anschluß an seine diesjährige Gersten⸗ und Hopfen⸗Ausstellung veranstaltet hat, wurden, wie „W. T. B.“ meldet, 198 Gerstenproben, 7 Brauweizenproben und 214 Hopfenballen aus allen Produktionsgebieten Deutschlands von 28 Preisrichtern, namhaften Vertretern der Landwirthschaft, Malz⸗ fabrikation, des Gerste⸗ und Hopfenhandels, der Gelehrtenwelt und des Brauereigewerbes, geprüft. Im Ganzen wurden 7750 an Preisen vertheilt, wovon 1220 auf Gerste, 80 und ein Diplom auf Brauweizen und 6450 auf Hopfen entfielen. Außerdem wurden 24 Anerkennungen für Gerste und 15 für Hopfen zugesprochen.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Cholera. Oesterreich⸗Ungarn. Vom 1. bis 7. Oktober wurden, dem „Oest. San.⸗W.“ zufolge, in Galizien 19 Erkrankungen (18 Todes⸗ fälle) angezeigt, darunter in Tarnopol 3 (4), in 3 Ortschaften des gleichnamigen Bezirks 5 (4), in Stojanow, Bezirk Kamionka strumilowa, 1 (1), in 4 Gemeinden des Bezirks Trembowla 10 (9). Von letzteren war bei 9 Krankheitsfällen der bakteriologische Cholera⸗ nachweis zur Zeit noch nicht abgeschlossen. Seit dem 23. August zählte man in Galizien insgesammt 113 Erkrankungen und 77 Todesfälle. Frankreich. In Paris kamen, wie das „Bull. hebd. de stat. mun.“ meldet, vom 29. September bis 5. Oktober 3 Er⸗ krankungen an „affections cholériformes“ in ebensoviel Stadtvierteln zur Anzeige. 8 Rußland. Nach neuen Ermittelungen belief sich die Zahl der Erkrankungen (und Todesfälle) im Gouvernement Wolhynien vom 15. bis 21. September auf 2350 (903), vom 22. bis 28. September auf 1919 (798). Im Gouvernement Kiew wurden in Stadt und Kreis Berditschew vom 19. bis 26. September 41 Erkrankungen und 18 Todesfälle festgestellt. Türkei. In Konstantinopel sind im Quartier von Balat vom 24. bis 26. September 3 Erkrankungen und 4 Todesfälle, in Kassim⸗Pascha am 25. September 1 Erkrankung festgestellt worden. Es wurden weiter gemeldet: in 2 Ortschaften des Vilajets Hudavendkjar vom 20. bis 29. September 9 Erkrankungen (5 Todesfälle), davon 8 (4) in Brussa, ferner in 3 Ortschaften des Vilajets Diarbekir vom 12. bis 26. September 21 (18), in Maschuk (Vilajet Aleppo) vom 25. bis 28. September 10 (6), und in Mossul vom 20. bis 24. September 1 (2). Egypten. Alexandrien, 16. Oktober. (W. T. B.) Bis gestern Abend sind 16 Neuerkrankungen an Cholera und 9 Todesfälle in Damiette zu verzeichnen, von denen vier auf den gestrigen Tag ent⸗ fallen. Die Cholera tritt nur in milder Form auf, alle Vorsichts⸗ maßregeln sind getroffen. Hunderte von Einwohnern verlassen die Stadt. In andern Orten ist kein Cholerafall beobachtet. Ostindien. Kalkutta. Vom 25. bis 31. August starben 9 Personen an Cholera, 1 an Pocken und 158 an Fiebern, vom 1. bis 7. September 6 an Cholera, 2 an Pocken und 193 an Fiebern. Japan. Laut amtlicher Mittheilung vom 18. August ist die Krankheit in Nord⸗Formosa ausgebrochen. Unter der dortigen japanischen Bevölkerung wurden in dem Zeitraum vom 28. Juli bis 10. August 150 Erkrankungen mit 56 Todesfällen festgestellt, unter der europäischen 1 Todesfall. Die Cholerasterblichkeit unter der ein⸗ heimischen Bevölkerung war anscheinend ziemlich beträchtlich.

Marokko. In Tanger wurden vom 23. September bis 2. Oktober 197 Erkrankungen (142 Todesfälle) festgestellt, davon 68 (31) unter der nichtarabischen Bevölkerung. Einer Mittheilang vom 2. Oktober zufolge, ist die Krankheit auch in der Umgebung von Tanger sowie in Tetuan aufgetreten; an letzterem Orte wurden vom 24. bis 28. September etwa 90 verdächtige Todesfälle gemeldet.

Gelbfieber.

Es wurden nach den „Abstr. of sanit. rep.“ in Vera Cruz vom 6. bis 12. September 2 Todesfälle festgestellt, in Havanna vom 6. bis 19. September 67 (bei etwa 210 Neuerkrankungen), in Santjago (Cuba) vom 1. bis 14. September 27, in Cien fuegos vom 9. bis 15. September 1. Weiteren Mittheilungen aus Cuba vom Anfang des September, zufolge war die Krankheit in Firmeza bei Santjago aufgetreten, während des Juli und August kamen in Guatanamo etwa 60, in Baracoa 34 Todesfälle zur Anmel⸗ dung; in dem letztgenannten Orte war die Seuche Anfang September im Erlöschen begriffen.

Flecktyphus.

Preußen. Regierungsbezirk Danzig. In Ziegelei Babenthal und Neuheit, Kreis Karthaus, sind seit dem Krank⸗ heitsausbruch am 18. März im Ganzen 46 Erkrankungen (davon die letzte am 12. August) mit 2 Todesfällen festgestellt worden, außerdem noch 3 Erkrankungen Ende Juni in dem nahe gelegenen Orte Klein⸗ Czapielken. Da die Epidemie nunmehr erloschen ist, sind die an⸗ geordneten sanitätspolizeilichen Maßnahmen außer Kraft gesetzt worden.

Verschiedene Erkrankungen. 1

Pocken: Lemberg 2 Todesfälle; London 17 (Krankenhäuser), Paris, St. Petersburg je 4 Erkrankungen; Flecktyphus: St. Petersburg 3 Erkrankungen; Rückfallfieber: St. Petersburg 25 Erkrankungen; Genickstarre: New⸗York 3 odesfälle; Influenza: London 7 Todesfälle. Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen starb an Scharlach (Durchschnitt aller deutschen Berichtsorte 1881/90: 1,39 %): in Posen, Rirxdorf und Spandau, Erkrankungen kamen vor in Berlin 143, Breslau 67, im Regierungsbezirk Posen 160, in Hamburg 37, Budapest 28, Edinburg 74, Kopenbagen 29, London 252 (Kranken⸗ häuser), Paris 39, St. Petersburg 67, Wien 87, an Diphtherie und Croup (1881/90: 4,49 %): in Bielefeld, Gera, Zwickau, Erkrankungen sind gemeldet aus Berlin 174, Breslau 27, München 95, Hamburg 49, Kopenhagen 34, London 90 (Krankenhäuser), S 72, St. Petersburg 42, Wien 64, desgl. an Mafern aus Berlin 47, aus dem Regierungsbezirk Arnsberg 112, aus München 148, Budapest 32, Wien 46, desgl. an Unterleibstyphus aus Paris 51, St. Petersburg 98.

Der Gesundheitsstand in Berlin war in der Woche vom 29. September bis 5. Oktober kein so günstiger wie in der Vorwoche, doch hat die Sterblichkeit eine weitere Abnahme erfahren und ging auf 15,5 pro Mille und Jahr (von 17,5 der Vorwoche) herab. Unter den Todesursachen kamen akute Darmkrankheiten mit tödtlichem Ausgange seltener zum Vorschein, und sank dier Zahl der an diesen Krankheitsformen gestorbenen Personen (die fast ausschließlich im Kindesalter standen) auf 81 (von 98 der Vorwoche). Die Theil⸗ nahme des Säuglingsalters an der Sterblichkeit blieb die gleich niedrige wie in der Vorwoche. Von je 10000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 60 Säuglinge. Akute Entzündungen der Athmungsorgane zeigten in ihrem Vorkommen keine wesentliche Veränderung. Ein Todesfall infolge von Grippe gelangte zur Anzeige. Dagegen kamen von den Infektionskrankheiten Erkrankungen an Typhus und Masern etwas häufiger, an Scharlach und Diphtherie in erheblich vermehrter Zahl zur Anzeige, und zwar zeigten sich Erkrankungen an Typhus in Moabit (westlich), an Masern in der Rosenthaler Vorstadt am häufigsten. Erkrankungen an Scharlach und Diphtherie kamen in der jenseitigen Louisenstadt, im Stralauer Viertel, in der Rosenthaler und Oranienburger Vorstadt, in Moabit und auf dem Wedding sehr zahlreich zur Meldung, außerdem kamen üewen an Scharlach noch aus der diesseitigen Louisenstadt und dem Königsviertel, Er⸗ krankungen an Diphtherie aus der Tempelhofer Vorstadt in zabl⸗ reichen Fällen zur Anzeige. Erkrankungen an Kindbettfieber wurden 4 bekannt. Rosenartige Entzündungen des Zellgewedes der Haut, wie auch Erkrankungen an Keuchhusten, welche letzteren in 21 Fällen tödtlich endeten, gelangten in ansehnlich gesteigerter Zahl zur ärzt⸗

lichen Beobachtung; auch rheumatische Beschwerden aller Art waren häufig.

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