Konzerte.
Die Damen Corally Böttcher (Mezzosopran) und Farst
Bowes (Klavier) gaben gestern im Saale der Sing⸗Akademie ein Konzert, das die Pianistin, eine Kalifornierin, welche hier ihre Studien unter Leitung des Professors Barth gemacht hat, mit einer Toccata von Bach und Variationen von Chopin eröffnete. Diese sowie andere Klavierstücke von Moszkowski und Rubinstein führte sie mit großer technischer Sicherheit und graziöser Vortragsweise aus. Die Sängerin, aus der Schule Hey's hervorgegangen, ist hier nicht mehr unbekannt. Sie verfügt über eine nicht umfangreiche, aber sympathische Stimme, deren Wohlklang nur zuweilen durch ein Uebermaß des Tremolierens gefährdet wird, und über eine temperamentvolle Aus⸗ drucksweise. Außer Schumann’'s Cyelus „Frauen⸗Liebe und ⸗Leben“ sang sie noch vier recht anmuthige Lieder von W Sacks, der auch die “ der E übernommen hatte. Lieder von — und E. Hildach bildeten den Beschluß des Abends.
iden Künstlerinnen wurde lebhafter Beifall zu theil, für welchen sie durch einige Zugaben dankten. “
Die ungarische Sängerin Etelka Baräzsdy ließ sich gestern im Konzertsal, Potsdamerstraße Nr. 9, zum ersten Mal hier⸗ selbst hören. Mit kleiner, in der Höhe etwas spitzer Stimme trug sie eine Arie aus Rossini's „Semiramis“ und einige deutsche und ungarische Volkslieder vor. Ihrer Vortragsweise nach dürfte sich die Sängerin eher als Soubrette für die Bühne, als für den Konzert⸗ saal eignen. Die Pianistin Fräulein Margarethe Liebig unter⸗ stützte das Konzert durch den gelungenen Vortrag einiger Piècen von Schubert, Rubinstein, Field und Liszt. Beide Damen ernteten reichlichen Beifall. 8 u —
Im Saal Bechstein ließ sich gestern eine junge Violon⸗ cellistin, Fräulein Elsa Ruegger aus Brüssel hören und fand mit ihren Darbietungen, welche Tonstücke von Carl Lindner, Bruch, Av und Schubert umfaßten, vielen Beifall. Die jugendliche Künstlerin ist zwar noch nicht zur völligen Beherrschung aller Schwierigkeiten ihres Instruments gelangt, zeigte aber musika⸗ lisches Verständniß und Empfinden und im Technischen gute Schulung.
Am Sonnabend, den 19. d. M., bringt die Königliche Oper zur Erinnerung an die vor 50 Jahren stattgehabte erste Aufführung in Dresden Richard Wagner's „Tannhäuser“ zur Aufführung. In Dresden sangen damals die Damen Johanna Wagner (Elisabeth), Wilhelmine Schröder⸗Devrient (Venus), die Herren Tichatschek (Tannhäuser), Mitterwurzer (Wolfram). In Berlin fand die erste Aufführung am 7. Januar 1856 mit den Damen Johanna Wagner (Elisabeth), Herrenburg⸗Tuczek (Venus) und den Herren Formes (Tannhäuser) und Radwauer (Wolfram) statt.
Im Theater Unter den Linden geht morgen ein phan⸗ tastisches Ballet⸗Divertissement, arrangiert vom Balletmeister J. Rei⸗ singer, in Scene. Die Damen Hofschüller, Polednik, Fiocati, die Klaß und Gantenberg sind darin hervorragend beschäftigt.
orher wird die Roth'sche Operette „Der goldne Kamerad“ auf⸗ geführt.
In Kroll's Theater findet morgen der II. Symphonie⸗ Abend der Königlichen Kapelle unter Felix Weingartner’s Leitung statt. Die Ouvertüren zu „Egmont“ und „Genoveva“, die Militär⸗Symphonie und (zum ersten Male) Christian Sinding's Symphonie Es-moll stehen auf dem Programm. Die öffentliche Hauptprobe ist auf morgen Mittag 12 Uhr festgesetzt. Billets zu 2 ℳ (Sitzplätze) und 1 ℳ (Stehplätze) bei Bote u. Bock.
Herr Felix Weingartner hat am 15. d. M. dasz erste philharmonische Konzert in Bremen mit außerordentlichem Erfolg dirigiert. Die Königliche Opernsängerin Frau Marie Götze hatte sich als Solistin des Abends einer glänzenden Aufnahme zu erfreuen. Die Künstlerin brachte u. a. Weingartner's „Die Wallfahrt nach Kevelaar“ zu Gehör.
1 Mannigfaltigetees.
Nach kurzem, schwerem Leiden ist heute im 50. Lebensjahre der Königliche Polizei⸗Rath von Mauderode verschieden. Das Polizei⸗ räsidium verliert, wie dasselbe in einem Nachruf hervorhebt, in dem erstorbenen einen hervorragend begabten und tüchtigen Beamten, der sein schwieriges Amt in seltener Pflichttreue und mit unermüdlichem Eifer verwaltete und sich dadurch die Anerkennung seiner vorgesetzten Behörde, gleichzeitig aber durch sein stets gerechtes, wohlwollendes Wesen die Freundschaft und Liebe seiner Mitarbeiter und der ihm Unter⸗ gebenen in hohem Maße erworben hat. Das Polizei⸗Präsidium werde dem Heimgegangenen ein dauerndes ehrenvolles Andenken bewahren.
Die feierliche Konsekration der St. Matthiaskirche auf dem Winterfeldtplatz findet, wie die „Germania“ mittheilt, am Donnerstag, den 24. d. M., durch den Kardinal⸗Fürstbischof Dr. Kopp statt. Die Feier nimmt früh um 7 Uhr ihren Anfang; während der Zeremonien, die bis etwa 9 ¼ Uhr dauern, bleiben die Thüren des neuen Gotteshauses geschlossen. Für die mit Eintrittskarten versehenen Personen werden die Kirchen⸗ pforten gegen ½10 Uhr, zu Beginn des feierlichen Pontifikal⸗ amts, geöffnet; Seine Eminenz wird dasselbe persönlich zelebrieren und auch die Weiherede halten. Nachmittags um 2 ½ Uhr findet im großen Saale des Zoologischen Gartens ein Festmahl statt, dem der Kardinal beiwohnen wird. Den Schluß des Tages bildet eine feierliche Abendandacht in der neuen Kirche mit Festpredigt und Prozession.
Straßburgi. Els., 15. Oktober. Die am 19. Mai d. J. eröffnete Industrie⸗ und Gewerbe⸗Ausstellung für Elsaß⸗Lothringen, Baden und die Pfalz wurde heute Nachmittag 4 Uhr durch den Protektor, den Kaiserlichen Statthalter Fürsten zu Hohenlohe⸗ Langen burg, in feierlicher Weise geschlossen. Der Vize⸗ Präsident Bergmann dankte in längerer Rede den Vertretern der Landesregierung, des Landesausschusses und Allen, welche zum Gelingen der Ausstellung beigetragen haben. Der Statt⸗ halter erwiderte hierauf mit einer Rede, in welcher er, der „Straßb. Corr.“ zufolge, betonte, daß man das Unternehmen am Schluß als ein überaus gelungenes be⸗ zeichnen könne: gelungen nicht allein in finanzieller und geschäft⸗ licher Beziehung, nein hauptsächlich auch in politischer Be⸗ ziehung. „Nichts“, fuhr der Herr Redner fort, verbindet
als der Ideenaustausch über gemeinsame Interessen, hat hier im reichsten Maße nicht nur unter den Ausstellern der drei Nachbarländer stattgefunden —, Industrielle aus gan⸗ Deutschland, aus der Schweiz und wohl noch anderen Ländern aben sich durch die Ausstellung angezogen gefühlt, haben unsere Industrie kennen und schätzen gelernt, haben Bekanntschaft mit Land und Leuten gemacht, und so hat ein Ideenaustausch stattgefunden, der nur von den segensreichsten Folgen für das Reichsland sein kann. Elsaß⸗Lothringen darf sich, das dürfen wir heute am Schluß der Ausstellung sagen, als voll ebenbürtig in seinen Industrieerzeug⸗ nissen neben jedes Land stellen, und es wird das wohl von unseren liebens⸗ würdigen Nachbarn, die sich in schöner Harmonie an dem edlen Wett⸗ streit betheiligt haben, gerne zugestanden werden. Der Statthalter dankte sodann noch Allen, welche an der Ausstellung mitgewirkt haben, und erklärte bierauf dieselbe für geschlossen. Das von dem Bürgermeister Back auf Seine Majestät den Kaiser ausgebrachte Hoch wurde jubelnd aufgenommen.
London, 17. Oktober. Dem Reuter'schen Bureau“ wird aus Shanghai vom 17. Oktober gemeldet: Gestern erfolgte an Bord des Truppentransportschiffes Kungpai in der Nähe von Kinchau eine Explosion. 600 Mann (2) von den an Bord befind⸗ lichen Truppen sollen getödtet sein.
Nevers, 16. Oktober. In dem Dorfe Bouhy platzte der Kessel einer Dreschmaschine. Hierdurch wurden sieben Per⸗ sonen getödtet und eine verwundet.
Nach Schluß der Redaktion eingegangene f Depeschen. “
Kurzel, 17. Oktober. Anläßlich der Einweihungs feier der neuen evangelischen Kirche in Kurzel hatze sich heute schon in früher Morgenstunde ein zahlreiches Publikum eingefunden. Im Laufe des Vormittags trafen drei Extra⸗ züge mit vielen geladenen Gästen ein. Außerdem waren Vertreter des Militärs, der Zivilbehörden und fast sämmt⸗ liche weltlichen Mitglieder des Konsistoriums erschienen. Auch die evangelische Geistlichkeit war stark vertreten. Eine Ehren⸗Kompagnie hatte unmittelbar vor der Kirche Aufstellung genommen. Die Schüler des Metzer Lyceums, die Krieger⸗ vereine aus Kurzel, Metz und Umgegend, die Feuerwehr und der Radfahrerverein aus den. sowie andere Korporationen bildeten in der Dorfstraße Spalier. Etwas später schloß sich noch die Metzer Sanitätskolonne an. Kopf an Kopf stand die Bevölkerung, und jubelnde, nicht enden wollende Hochrufe empfingen Ihre Majestäten den Kaiser und die Kaiserin bei Ihrer Ankunft und begleiteten Aller⸗ höchstdieselben bis zur Kirche, während die Schülerinnen Blumensträuße auf den Weg warsen. Vor der Kirche ange⸗ kommen, schritt Seine ajestät der Kaiser die Front der Ehren⸗Kompagnie ab. Nachdem sodann der Kon⸗ sistorial⸗Präsident, Pastor Braun eine Begrüßungs⸗ ansprache gehalten hatte, fand die feierliche Eröffnung der Kirche statt und betraten Ihre Majestäten das Gotteshaus. Die Vertreter der Militär⸗ und Zivilbehörden schlossen sich an, auch der kommandierende General Graf von Haeseler, der Statthalter in Elsaß⸗Lothringen Fürst zu Hohenlohe⸗ Langenburg und der Staatssekretär von Puttkamer aus Straßburg waren anwesend. Mit einem Gesang der Metzer Gesangvereine begann die eigentliche Feier, dann folgte der Weiheakt durch den Konsistorial⸗Präsidenten Braun; an diesen schloß sich Gemeindegesang und Liturgie. Nach der hierauf von dem Divisionspfarrer Gerber in deutscher Sprache gehaltenen Festpredigt folgte Gesang und die Festpredigt des Ortspfarrers Ungeren in französischer Sprache. Nach Schluß derselben trug der Gesangverein ein niederländisches Gebet vor, an welches sich das Schluß⸗ ebet, das Vaterunser und der Segen schlossen. Der Gesang des Liedes: „Nun danket Alle Gott“ beschlo die Feier. Nach derselben zogen Ihre Majestäten mehrere der Anwesenden in ein Gespräch, besichtigten das Innere des Gottes⸗ hauses und kehrten später nach Urville zurück. Auf der Herfahrt wie auf der Rückfahrt wurde der Wagen Ihrer Majestäten von einer Eskadron des 1. Hannoverschen Dra⸗ goner⸗Regiments Nr. 9 eskortiert. Das Wetter war von früh ab herrlich. Auf der Rückkehr nach Urville wurden Ihre Majestäten von der nach Tausenden zählenden Menschenmenge mit enthusiastischen Hochrufen begrüßt.
München, 17. Oktober. (W. T. B.) Die Kammer der Abgeordneten erklärte heute nach langer geschäftlicher Debatte gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, Bauern⸗
bündler und Demokraten die Berathung des Antrags
Grillenberger, bezüglich Ertheilung eines Mißtrauens⸗ votums an die Regierung hinsichtlich der Fuchsmühler Vorgänge, für unzulässig.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
Uhr Morgens.
Wetterbericht vom 17. Oktober G 8 Uhr
haus.
Wind. Wetter.
Weingartner. Schumann. 2)
o Celsius
Temperatur 50° C. = 40 R.
in
1
Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeressp. red. in Millim
2 wolkenlos 2 heiter 4 bedeckt
774 OSO . NW 769 W 765 N 5 heiter 760 NW 6 wolkenlos 755 N 6 heiter 750 O 1 Regen
9SO
Haydn.
— ₰ 02
Aberdeen .. Christiansund Kopenhagen. Stockholm . aranda. oskau ...
Cork, Queens⸗ town ... 5 Cherbourg. 773 ONO 3 halb bed. Ider 772 NNO (6 wolkenlos ylt 768 N 288
5
Programm: Haydn, Brahms.
△—‿ι
. SEoO;OO
spiegel,
— —
774 halb bed.
iter burg. 768 NNW A halb bed. ¹) winemünde 762 NNW 5 wolkig²) Neufahrwasser 758 W 4 wolkig Memel 753 NW 2 Regen Hess ö . 772 NNW I wolkig ünster. 768 NW 1 wolkenlos Karlsruhe.. 770 S 3 wolkenlos Wiesbaden. 769 W 2 wolkig München . 768 SW 4 halb bed.³) Chemnitz .. 766 N. 3 Schnee Berlin. 764 NW Z heiter Wien 764 WNW Zswolkenlos Breslau. 763 W 3 wolkig⁴)
770 NO 5 bedeckt 756 still balb bed.
. 756 O 3 bedeckt 15 Gestern Regen. ²) Gestern Regen. ³) Nachts
4) Nachts Regen.
Uebersicht der Witterung.
Das barometrische Minimum, welches gestern über dem zentralen Deutschland lag, ist ostwärts ver⸗ schwunden, während sich über West⸗Europa ein Hochdruckgebiet ausgebildet hat, welches in Schott⸗ land Barometerstände von über 776 mm aufweist.
— — —,— O bO do 0n do do 2boood ☛b2b9e1S0ù
fresser.
¹) Reif. Sonntag,
Lautenburg.
Der Druckvertheilung entsprechend, wehen über Skan⸗ Iee en Ä”57
1 Akt von P. Linsemann. Sonnabend und folgende Tage: Aber die Ehe!
dinavien und Zentral⸗Europa ziemlich lebhafte nörd⸗ liche Winde, unter deren Einfluß die Temperatur sehr stark berabgegangen ist. In Deutschland ist das Wetter küßte im Nordwesten heiter, im Süden und Osten trübe; überall ist Regen ge⸗ fallen; in Süddeutschland wurde stellenweise Reif beobachtet; Cuxhaven und Rügenwalder⸗ münde hatten Nachts Graupelböen; in Kaisers⸗ lautern und Chemnitz ist es um 12 Grad kälter als vor 24 Stunden. Da das Hochdruckgebiet im Westen sich ostwärts auszubreiten scheint, so dürfte für ganz Deutschland demnächst heitere, trockene, aber kühle Witterung zu erwarten sein, wobei Nacht⸗ fröste stattfinden dürften. Deutsche Seewarte.
89- Vorher:
Freitag:
Vorstellung. Zwerge.
Mars.
Königliche Schanspiele. Freitag: (Kroll's Theater.) 2. Symphonie⸗Abend der Königlichen Kapelle. 1) Ouvertüre zur Oper „Genoveva“,
D-moll, Op. 21, „Egmont“, Beethoven. Anfang 7 ½ Uhr. — Oeffentliche Hauptprobe. 3. Symphonie⸗Abend am 15. November 1895. 1) Variationen über ein Thema von
(zum ersten Male), Volkmann. symphonische 4) III. Symphonie (Eroica), Beethoven.
Schauspiel haus.
Deutsches Theater. Freitag: Der Meister von Palmyra.
Sonnabend: Die Mütter.
Sonntag, Nachmittags 2 ½ Uhr: Die Weber. — Abends 7 ½ Uhr: Der Meister von Palmyra.
Berliner Theater. Freitag (7. Abonnements⸗ Vorstellung): Die Grille. Sonnabend: Götz von Berlichingen. Sonntag, Nachmittags 2 ½ Uhr: von Kirchfeld. — Abends 7 ½ Uhr: Die Grille.
Lessing-Theater. Freitag: Der Veilchen⸗ Anfang 7 ½ Uhr.
Sonnabend: Gräfin Fritzi.
Nachmittags Preise): Die Ehre. — Abends 7 ½ Uhr: Gräsin Fritzi.
Residenz⸗Theater.
Freitag: Der Rabenvater. Schwank
* 88 8
Friedrich-Wilhelmstädtisches Theater. Chausseestraße 25 — 26.
Gastspiel der
Abend 7 ½ Uhr: Die Reise nach dem M Sonnabend, Nachmittags 3 Uhr: Große Kinder⸗
Sneewittchen und die sieben
Sonntag Nachmittags: Die Reise nach dem Kinder Nachmittags halbe Preise. 3
Theater.
Overn⸗ reitag: Der Millitärstaat. Trotha. Dirigent: Herr Felix um ersten Male: Symphonie Francillon. hristian Sinding. 3) Ouvertüre 4) Militär⸗Symphonie, Mittags 12 Uhr:
2) Serenade für Streich⸗Orchester 3) Tyll Eulen⸗
Dichtung, R. Strauß. Hermann Hirschel.
*
eine Vorstellung. Kavpellmeister Federmann.
Anfang 7 ½ Uhr.
bummler. Bäckers, Josefine Dora, Ernst,
sang 7 ½ Uhr Anfang 7 ½ Uhr.
er Pfarrer
Freitag:
von Julius Einödshofer.
Direktor Richard Schultz.
3 Uhr (Volksthümliche
Nenes Theater. Schiffbauerdamm 4 a. /5.
4 Akten von Gustav von Moser und Thilo von Regie: Siegfried Jelenko. Sonnabend und folgende Tage: Der Militärstaat. Sonntag Nachmittag: Zu volksthümlichen Preisen: Schauspiel in 3 Akten von Ale Dumas. Deutsch von Paul Lindau.
Theater AUnter den Linden. Julius Fritzsche. Freitag: Mit neuer Ausstattung: Der goldne Kamerad. Operette in 3 Akten, nach einer Idee aus Bret Harte's Erzählungen, von Musik von Louis Roth. Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Herr Anfang 7 ½ Uhr. Sonnabend: Der goldne Kamerad.
Adolph Ernst⸗Theuter. Freitag: Parade. — Besetzung der Hauptrollen: Ida Schlüter, Julius Eyben, Hugo Haßkerl, ürgas, Guido Tielscher, Carl Weiß, Georg Worlitzsch.
Sonnabend: Dieselbe Vorstellung.
Zentral-Theater. Alte Jakobstraße Direktion: Richard Schultz. Emil Thomas a. G. Eine tolle Nacht. stattungsposse mit Gesang und Tanz in 5 Bildern von Wilh. Mannstädt und Julius Freund. In Scene gesetzt vom — Die Tanz⸗Arrangements vom Balletmeister Gundlach. Anfang 7 ½ Uhr.
Sonnabend: Eine tolle Nacht.
Jahreszeiten, hohe Schule, geritten von 4 Damen. Povero, 4jähr. Vollblut⸗Rapphengst, in allen Gangarten der hohen Schule dressiert und geritten von dem anerkannt besten Schulreiter der Welt Mr. James 1 Donner und Darius, Rapp⸗ hengste, in kurzer dett auf eine originelle Art dressiert und in Freiheit vorgeführt vom Direktor Fr. Renz. Auftreten des renommierten Original⸗ Klowns Mr. Gobert Belling. The marvelious de Kock-Trio, 1 Dame und 2 Herren in Ge⸗ sellschaftstoilette. Auftreten der vorzüglichen excen⸗ trischen Klowns Gebrüder Villand, sowie des be⸗ liebten Original⸗August Mr. Lavater Lee. Alles Nähere aus Plakaten und Austragezetteln ersichtlich. Gewöhnliche Preise.
Sonnabend, Abends 7 ½ Uhr: Gala⸗Vorstellung.
Sonntag: 2 Vorstellungen, Nachmittags 4 Uhr (1 Kind unter 10 Jahren frei): (Beim Jahreswechsel in Peking.) Arrangiert und insceniert vom Direktor Fr. Renz. — Abends 7 ¼ Uhr: Extra⸗Vorstellung.
Schwank in Anfang 7 ½ Uhr. randre
8 ““
Direktion:
In
Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Frl. Edda zur Nedden mit Hrn. Berg⸗ Referendar Hans Menzel (Breslau). Verehelicht: Hr. Regierungs⸗Bauführer Hans Benda mit Frl. Margarete Marsmann (Cbar⸗ lottenburg). — Hr. Gerichts⸗Assessor Dr. Franz eers mit Frl. Clara Panner (Breslau). — r. Polizei⸗Assessor J. Langer mit Frl. Emme iedermann (Stettin). — Hr. Moritz von Carnar mit Frl. Helene Benner (Berlin—Frankfurt a. M.). — Hr. Prem.⸗Lieut. Fritz von Krosigk mit Helene Freiin von Bodenhausen (eebvsa Geboren: Ein Sohn: Hrn. Prem⸗⸗Lieut. Grafen Kevserlingk (Königsberg). — Hrn. Direktor H. Krüder (Lehe). — Hrn. Berichts⸗Assessor Dr. Grosse (Charlottenburg).
Anna Adolph Richard
Nr. 30. Große Aus⸗
Musik
Konzerte.
Konzert-Haus. Freitag: Konzert.
Direktion: Sigmund
Fr. und Josef e! Komödie in
Anfang 7 ½ Uhr.
Karl Meyder⸗ Operetten⸗ und Walzer⸗Abend.
Gestorben: Hr. Verlagsbuchhändler Hans Herk (Berlin —Groß⸗Lichterfelde). — Hr. Oberst⸗Lieut⸗ z. D. Rudolph von Hocke (Naumburg g. S.). — Fr. Emma von Tauentzien, geb. von Risselmann (Balkow). — Fr. Hauptmann Susanne Steffen, geb. Näther (Breslau). — Hr. Betriebs⸗Sekretär a. D. Carl Busse (Breslau). — Hr. General der
er Nabenvater.
Liliputauer. Jeden
ars. irektor Fr.
pferde Skobeleff. Besonders
Birkus Renz. Karlstraße. Freitag, Abends
7 ½ Uhr: Außerordeutliche Vorstellung. Festliche
egrüßung und Willkommens⸗Huldigung der Reichshauptstadt und ihren Bewohnern, dar⸗ gebracht vom gesammten Herren⸗
hersonal, in einer besonderen Art arrangiert vom Renz, endigend mit einer Polonaise. Auftreten des hervorragendsten Schulreiters der Neu⸗ zeit Herrn Ritter von Renroff mit seinem Schul⸗ erwähnenswerth: Original! Der phänomenale Baguettesprung, Original! wie solcher bisher von keinem Reiter mit Pferd in gleicher Weise ausgeführt wurde.
Infanterie z. D. Wilhelm Frhr. Neubronn ven Eisenburg (Karlsruhe). — Hr. General⸗Major z. D. Erwin von Mohl (Karlsruhe).
m,
Wund Damen⸗ Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagk⸗ Anstalt Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. Fünf Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).
Die vier
Tio Ni En.
Erst
e Beilage
eutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
Berlin, Donnerstag, den 17. Oktober
1895.
Kunst und Wissenschaft.
Zu dem Bericht über die am 15. d. M. erfolgte Ueber⸗ gabe des Rektorats der hiesigen Friedrich⸗Wilhelms⸗ Universität an den Geheimen Regierungs⸗Rath, Professor ord. Dr. Adolph Wagner ss. Nr. 248 d. Bl., Erste Beilage) tragen wir heute noch das nachstehende Resumé der Antritts⸗ rede des neuen Rektors nach, welche von der „Entwickelung der deutschen wissenschaftlichen Nationalökonomie als Universitätsdisciplin und von der Stellung “ Wissenschaft zum Sozialismus, besonders zu dessen ökonomischen Doktrinen“ handelte.
Der Redner betonte zunächst, wie trotz aller Arbeitstheilung und Spezialisierung in den modernen Wissenschaften doch auch wieder die geistige Einheit aller Wissenschaft und die geistige Gleich⸗ mäßigkeit aller wissenschaftlichen Arbeit sich ergebe. Das zeigten. die ähnlichen Vorgänge in den verschiedensten Wissenschaften, auch in der Nationalökonomie. So träten namentlich überall die erkenntniß⸗ theoretischen, die methodologischen Fragfn in den Vordergrund und zeigten sich die Einflüsse gemeinsamer geistiger Strömungen, z. B. der Evolutionstheorie, des Darwinismus in den Sozial⸗ wie in den Natur⸗ wissenschaften. Daraus ergebe sich das Interesse einer Orientierung über den Entwickelungsgang einer Disziplin wie die Nationalökonomie. Dies Interesse werde aber noch verstärkt durch die Anfechtungen, die desonders neuerdings die akademische Nationalökonomie erfahren habe. Fragen der wissenschaftlichen Freiheit, der Lehr⸗ und Lernfreiheit seien gerade für dieses Fach aufgetaucht. Man habe der Nationalökonomie Vorwürfe gemacht, sie arbeite dem Sozialismus, selbst der Sozial⸗ demokratie vor, wirke diesen beiden mindestens nicht genügend erfolg⸗ reich entgegen.
Der Redner wies diesen Vorwurf energisch zurück. Gelernt vom Sozialismus, seiner Kritik, seiner Theorie habe man allerdings. Aber die deutsche Nationalökonomie, auch die akademische, „stehe in allen Hauptpunkten im wesentlichen in Widerspruch mit Forschungs⸗ methode, Forschungsergebnissen, mit Kritik, Begründung der Kritik, Theoremen, mit Psychologie, Ethik und philosophischer Grund⸗ anschauung, mit geschichtlicher Analyse und praktischen Postulaten des Sozialismus“. b
In längeren Ausführungen legte der Redner dann die Entwickelung der deutschen Nationalökonomie dar, woraus sich deren gegenwärtige Gestaltung, auch ihre Stellung in der Sozialpolitik erkläre. Er führte die neuere Nationalökonomie auf ihren doppelten Ursprung in der alten Kameral⸗ und Polizeiwissenschaft einer⸗, der liberal⸗individua⸗ listischen britischen Doktrin, besonders der Lehre von A. Smith anderer⸗ seits zurück. So habe sich zuerst eine wesentlich liberal⸗individua⸗ listische Richtung entwickelt, die, bei manchen Verdiensten, doch zu einseitig, zu abstrakt, zu rein spekulativ geworden und namentlich die nothwendige und historische Stellung des Staats zum Wirthschafts⸗
leben nicht mehr gebührend gewürdigt habe, mit unter dem Einfluß
der Folgerungen aus der Kant'schen Staatslehre. Das Rechts⸗ und Wirthschaftssystem der freien Konkurrenz sei zum allein richtigen er⸗ hoben, nicht mehr historisch, nicht relativ aufgefaßt.
In Rückschlag gegen diese einseitigen und schiefen Lehren und Standpunkte der theoretischen und praktischen Nationalökonomie habe sich dann die historische Richtung der Nationalökonomie in Deutsch⸗ land entwickelt. Diese habe in der Methode, in der ganzen Auffassung der Volkswirthschaft als eines historischen Pro⸗ dukts, in der Wiederanlegunz ethischer Maßstäbe an die wirthschaftlichen Handlungen des Menschen, in der Be⸗ tonung des nationalen Moments in der Volkswirthschaft, in der Wiederanerkennung des Staats als maßgebenden Faktors im Wirthschaftsleben, in der Kritik des Systems der freien Kon⸗ kurrenz gegen die individualistische und rationalistische National⸗ ökonomie reagiert. G bG
Die Weiterentwicklung der Disziplin zu einer dritten Phase, einer sozialen oder sozialpolitischen, aber im engen Anschluß an die zweite, die historische und ethische, sei dann durch die neuzeitlichen Ereignisse auf wirthschaftlichem und sozialem Gebiet, das Auftauchen der Arbeiterbewegung, die Wahrnehmung schwererer Schäden im Wirth⸗ schaftsleben unter dem System der wirthschaftlichen Freiheit bestimmt worden. Nicht unwesentlich habe darauf aber auch die wichtiger und bekannter werdende sozialistische Literatur eingewirkt. Mehr und mehr seien so die großen Probleme vom Vertragsrecht, überhaupt von Freiheit und Eigenthum hervorgetreten und hätten nothwendig zum Gegenstand der Beschäftigung auch der deutschen Nationalökonomie werden müssen.
Der Redner verbreitete sich hier über die Bedeutung der Literatur des wissenschaftlichen Sozialismus, namentlich des deutschen: eine Be⸗ deutung, die man lange verkannt habe, aber doch zugestehen müsse. Namentlich die deutschen Koryphäen dieser Literatur Rodbertus, Marx, Fr. Engels, selbst F. Lassalle seien ökonomische Denker ersten Ranges, trotz ihrer schweren Grundirrthümer auch als Theoretiker. Man könne und müsse von ihnen manches lernen, in Kritik, Dogmatik, Postulaten. Aber, so bereitwillig Redner das zugebe, im Ganzen könne man ihrer Kritik und Lehre doch nur ablehnend gegenüberstehen, darüber habe sich doch schon eine gewisse communis opinio doctorum unter den Nationalökonomen gebildet. 8 8
Die dialektische Methode von Marx beweise eben nicht das, was danach als bewiesen gelte. Die Werth⸗ und Mehrwerthlehre, der Grund, und Eckstein des wissenschaftlichen Sozialismus, sei wenigstens nach des Redners Ansicht ein einziges großes Sophisma. Damit aber fielen die meisten und wichtigsten weiteren Sätze der sozialistischen Kritik und der Folgerungen und Forderungen. Die sozialistische Kritik der bestehenden, auf dem Privakeigenthum an Boden und Kapital, auf dem freien Vertragsrecht beruhenden Volkswirthschaft enthalte ja richtige Punkte, aber übertreibe ganz ins Pessimistische und verallgemeinere maßlos. Der Einfluß der Produktionstechnik und Oekonomik auf die Produktionsordnung und weiter auf andere Verhältnisse, auf die Kultur im Ganzen sei ja vorhanden, aber werde vom Sozialismus in unbegreiflicher Einseitigkeit zum allein ent⸗ scheidenden Faktor gemacht, das persönliche Element ganz übersehen. Die allgemeine Verwirklichung der sozialistischen Rechts⸗ und Wirth⸗ schaftsordnung, der Ersetzung des Privateigenthums durch gesellschaft. liches Gemeineigenthum, der privatwirthschaftlichen durch gesellscha t⸗ liche Produktionsweise sei aber vollends an unerfül Ubare Voraussetzungen geknüpft und würde muthmaßlich für Volks⸗ wirthschaft, Kultur und Volksleben, selbst wenn der Sozialismus verwirklicht werden könne, die verbängnißvollsten, die
chlimmsten Folgen haben. In Betreff jener Voraussetzungen betonte der Redner namentlich die pfychologische Seite des oblems: nicht nur andere Menschen, sondern wesensandere aturen, als Menschen einmal waren, sind und bleiben werden, müßten die Menschen für eine sozialistische Wirthschaftsordnung werden. Dem vom Sozialismus prophezeiten Himmel auf Erden bei der Durchführung seines Systems könne man nur den entschiedensten weifel entgegense zen. Die Nationalökonomie könne daher nur eine vermittelnde Stellung zwischen dem Individualismus und Sozialismus einnehmen. Das aber sei die Stellung der angefochtenen „sozialen“ oder „sozial⸗ politischen⸗ Richtung der neueren deutschen akademischen National⸗ vkonomie. Um Kompromisse handle es sich demnach auch in der raxis. Diese jeweilig richtig zu gestalten, sei Aufgabe des Staats⸗
8 9 manns — die Theoretiker könnten nur Vorarbeiten liefern, Zielpunkte aufstellen. „Das müßten sie aber unentwegt thun, auch sich zu breit machenden Klasseninteressen gegenüber, seien es diejenigen der Besitzenden oder — was gegenwärtig fast mehr noch drohe — der Arbeiter.“
Redner pries dann, daß es dem jungen neuen Deutschen Reich an solchen Staatsmännern, welche richtig vorgegangen seien, nicht ge⸗ fehlt habe, und exemplifizierte mit der Arbeiterversicherungs⸗, der Arbeiterschutz⸗, der neueren Gewerbe⸗ und Handels⸗, der Staatseisen⸗ bahn⸗ und direkten Steuerpolitik. „Sozialistisch' hätten Gegner freilich auch solche Maßnahmen genannt. Mit dem Hinweis auf eine Stelle aus der Begründung der Unfallversicherungsvorlage, wo der Vorwurf der Einführung eines „sozialistischen“ Elements als nichts gegen eine solche Sozialpolitik beweisend zurückgewiesen wird, ferner auf die Kaiserliche Botschaft vom 17. November 1881 und den Kaiserlichen Erlaß vom 4. Februar 1890 über die Arbeiterverhältnisse verwahrte der Redner auch die sozial⸗ politische Richtung der Nationalökonomie gegen diese immer neuen Vorwürfe „sozialistischer' Tendenzen. „Auf keinem anderen Boden (als dem dieser genannten Aktenstücke) steht die deutsche National⸗ ökonomie der sozialpolitischen Richtung in allen ihren Bestrebungen.“ Das sei aber im Grunde altklassischer Boden, der der bekannten aristotelischen Auffassung vom Zweck des Staats. 8
Redner schloß mit einigen Worten speziell an die akademische Jugend, die in besonders großer Zahl der Feier beiwohnte. Er verwies sie auf das von allen nationalökonomischen Richtungen be⸗ tonte Moment der Arbeit, betonte die wiedererrungene Auf⸗ fassung der Arbeit als sozialer und sittlicher Pflicht, nicht nur zum eigenen Vortheil, sondern zum gesellschaftlichen Dienst, und ebenso die Auffassung von Besitz und Bildung, als nicht nur Rechte gebend, Genüsse Seen sondern gerade auch Pflichten gegen Andere, gegen die Gesellschaft auflegend. Die Studenten sollten des Vorzugs sich bewußt bleiben, die geistige Elite der Nation werden zu können, dank der ihnen vor Millionen zugänglich gemachten höchsten Bildungsstätten der Nation. Sie ge⸗ nössen aber eines solchen Vorzugs wiederum nicht nur ihrer und ihres persönlichen Vortheils wegen, sondern um eben später in all den Berufen, zu denen die Uni⸗ versität sie hinführe, mit Kopf und Herz der Gesell⸗ schaft und zumal den hinter ihnen sozial und ökonomisch zurück⸗ stehenden Klassen zu dienen. Diese Gedanken müßten ihr Leitstern auf der Universität sein. 1
Die Rede schloß folgendermaßen: „Je mehr die gebildeten und besitzenden Klassen, statt bloßen egoistischen Genußlebens, diese soziale Mission erfüllen, desto eher werden die Gefahren, welche ein falscher Sozialismus unzweifelhaft in sich birgt, überwunden, wird der innere Frieden unserem Volke errungen werden — jener Frieden, für den „dem Vaterlande neue und dauernde Bürgschaften“ zu schaffen, der heiße Wunsch Kaiser Wilhelm's I. in jener Botschaft von 1881 und das Ziel seiner Sozialpolitik war. Er, auch hier ein Beispiel und Vorbild des treusten Arbeiters in seinem Berufe, er, der, nicht ruhend auf den Lorbeeren der Kriege, nachdem er seinem Volke das erste aller Güter errungen, der Volkswirthschaft die erste aller Voraussetzungen des Gedeihens erfüllt hatte: die Sicherheit und Macht des Vater⸗ landes, — er, der sich im höchsten Greisenalter noch an die Aufgabe wagte, nach neuen Gesichtspunkten positive Sozialpolitik zu inaugurieren und bis in seine Sterbestunde hinein „niemals Zeit hatte, müde zu sein’. Daran denken auch Sie, Kommilitonen, werden auch Sie nie müde in der Arbeitspflicht, die Ihnen zur Vorbereitung für dermaleinstigen sozialen Dienst obliegt, die Ihr Vaterland gerade von Ihnen in Ihrer bevorzugten Stellung verlangt. Dann können wir, wie nach außen hin, zur Sicherung des äußeren Friedens auf unser Heer, dem viele von Ihnen ja auch angehören, so nach innen zu, zur Sicherung des inneren Friedens, auf Sie uns verlassen und auch hier uns getrösten: „Lieb' Vaterland, kannst ruhig sein!“
Stteatistik und Bolkswirthschaft. 8
Die gewerblichen Genossenschaften in Oesterreich. Das statistische Departement des österreichischen Seee. ministeriums hat die Ergebnisse seiner Erhebungen über die Entwick⸗ lung des gewerblichen Genossenschaftswesens in zwei Quartbänden ver⸗ öffentlicht, die unter dem Titel „Die gewerblichen Genossenschaften in Oesterreich“ im Verlage der Hof⸗ und Staatsdruckerei in Wien er⸗ schienen sind. Der Zeitpunkt, auf welchen sich die in der Publikation gemachten Angaben beziehen, ist zumeist der 1. Januar 1895; nach Möglichkeit sind jedoch auch solche Genossenschaften in die Darstellung einbezogen worden, welche erst während des ersten Halbjahres 1895 gegründet worden sind. 8 1 8 Die Zahl der gewerblichen Genossenschaften Oesterreichs beträgt 5317; hiervon entfallen auf Nieder⸗Oesterreich 11 %, Ober⸗Oesterreich 12,4, Salzburg 2,1, Steiermark 6,5, Tirol 4,1, Böhmen 37,9, Mähren 8,8, Schlesien 3,8 und Galizien 8,6 %. Auf die übrigen Länder entfallen nur Antheile von unter 2 %. Gruppiert man die Genossenschaften nach Art der ihnen zugewiesenen Gewerbe, so giebt es Genossen⸗ schaften für einzelne Gewerbe (Fachgenossenschaften) 552, Ge⸗ nossenschaften für verwandte Gewerbe 440, Genossenschaften für mehrere, nicht verwandte Gewerbe 2493 und Kollektivgenossenschaften 1832. Von Interesse sind die Mittheilungen über die nach alten Genossenschaften, Innungen u. dgl. angestellten Nachforschungen, welche crgaben, daß bei 45,4 % der bestehenden Genossenschaften der⸗ artige Vorläufer festgestellt wurden. — Die Zahl der Mitglieder sämmtlicher Genossenschaften beträgt 554 335 und jene der Ange⸗ hörigen 692 753, von welchen letzteren 518. 348 Gehilfen und 174 405 Lehrlinge sind. Der Mitgliederstand beträgt nur bei 1,4 % der Genossen⸗ aften nicht mehr als 10, bei 32 % 10 bis 50, bei 34 % 50 bis 100, sch 22,6 % 100 bis 200 und bei 7,8 % 200 bis 500 Mitglieder. Genossenschaften mit über 500 Mitgliedern bestehen nur wenige, und zwar hauplsächlich in Wien. Unterscheidet man die Orte, an denen sich Sitze von Genossenschaften befinden, nach Größen⸗Kategorien, so entfallen in Prozenten auf Orte mit einer Einwohnerzahl bis 2000 33,1, auf solche mit über 2000 bis 5000 30,9 und auf solche mit über 5000 Einwohnern 35,7 %. Der größte Antheil entfällt somit auf Orte mit votwiegend städtischem Charakter. — Das
Lehrlingswesen ist durch vg der bei den einzelnen Genossen⸗ e
schaften bestehenden statutarischen Bestimmungen über die Dauer der Goften 18 die Art der vorgeschriebenen Prüfungen sowie über die im Verhältniß zu den Gehilfen zulässige Anzahl von Lehrlingen be⸗ handelt. Hiernach erscheint bei 3,1 % der Genossenschaften die Dauer der Lehrzeit mit 2 Jahren, bei 23 % mit 3, bei 6,5 % mit 4, bei 4,7 % mit 2 bis 3 und bei 17,3 % mit 3 bis 4 Jahren normiert; bei 45,4 % der Genossenschaften gilt die esetzliche Dauer der Lehrzeit von 2 bis 4 Jahren. Hinsichtlich oer Lehrlingsprüfungen treffen 80,5 % der Statuten mehr oder minder präzise Bestimmungen. Die Zahl der genossenschaftlichen Gehilfen⸗Krankenkassen beträgt 1029 und jene der Lehrlings⸗Krankenkassen 313; bezüglich dieser Kassen werden detaillierte Nachweise über Beiträge und Leistungen gebracht. Schiedsgerichtliche Ausschüsse bestehen 3049, welche für 3197 Genossenschaften fungieren; es besitzen demnach 60,1 % der Genossenschaften derartige Schieds⸗ erichte. — Die freie genossenschaftliche Thäͤtigkeit erstreckt sich hauptsächlich auf Arbeitsvermittlung, Unterstützungswesen, Errichtung von Fach⸗ und gewerblichen Fortbildungsschulen und sonstigen An⸗ stalten, wie Rohstofflagern, Verkaufshallen u. dgl. Doch kann diese
Thätigkeit derselben, den gemachten Angaben zufolge, noch nicht als eine besonders intensive bezeichnet werden. — Genossenschaftsverbände bestehen im Ganzen 23 (hierunter 8 in Böhmen, 4 in Ober⸗Oester⸗ reich und 3 in Nieder⸗Oesterreich); eine Anzahl neuer derartiger Ver⸗ bände ist in der Bildung begriffen.
Zur Arbeiterbewegung.
Hier in Berlin wurde in einer Versammlung von Holz⸗ arbeitern (Tischlern, Drechslern, Bürstenmachern ꝛc.) am Montag eine allgemeine Lohnbewegung in Aussicht gestellt. Die Mehrheit der Versammlung erklärte, wie die „Voss. Ztg.“ berichtet, daß die jetzige Geschäftslage geeignet sei, in eine Bewegung für Verbesserung der Lohn⸗ und Arbeitsverhältnisse einzutreten, und daß sie erwartet, der deutsche Holzarbeiterverband werde die Bewegung anbahnen.
Aus Carmaux meldet „W. T. B.“: Am Dienstag Abend nach Verübung des Anschlags auf den Direktor Resseguier nahm die Polizei in dem Bureau des Ausstands⸗Ausschusses eine Haussuchung vor, wobei 8000 Francs beschlagnahmt wurden. Sodann umstellte die Polizei das Hotel, in welchem Jaurés drei andere sozialistische Abgeordnete nebst mehreren Ausschu mitgliedern sich aufhielten, und verhinderte jeden Verkehr mi der Außenwelt; erst am Morgen zog sich die Polizei zurück. — Gestern wurde ein Verkäufer anarchistischer Blätter Name Guilhem als Urheber des Mordversuchs gegen den Direktor Resseguier verhaftet.
Literatur.
Unter den Schilderungen von Erlebnissen aus dem Feldzuge 1870/71, um welche die Literatur in diesem Jubeliahr bereichert worden ist, dürfte ein Werk hervorragendes Interesse in Anspruch nehmen, welches unter dem Titel „Auf dem Siegeszuge von Berlin nach Paris, Schlachtenbilder und biographische Silhouetten“ im Verlag von R. Hachfeld zu Potsdam (Preis 5 ℳ) erschienen ist und den früheren Pfarrer von Bornstedt Dr. Karl Pietschker zum Verfasser hat. Derselbe machte den französischen Feld⸗ zug als Führer einer Johanniter⸗Kolonne im Hauptquartier der vom damaligen Kronprinzen Friedrich Wilhelm befehligten III. Armee mit, wo er reichlich Gelegenheit hatte, den Verlauf des Feldzugs von einer der hervorragendsten Stellen aus zu verfolgen und auch eine Reihe bedeutender Persönlichkeiten aus nächster Nähe beobachten und studieren zu können. Denn zum Hauptquartier des Kronprinzen ge⸗ hörten neben den süddeutschen Generalstabs⸗Offizieren alle jene Fürstlichkeiten, deren Kontingente bei der Süd⸗Armee standen. Es liegt in der Natur der Thätigkeit eines Felddiakonen, daß es sich in dem vorliegenden Buch nicht ausschließlich um Schilderungen glänzender Heldenthaten handeln kann, obwohl auch zahlreiche, für die Tapferkeit und den Heldenmuth unserer wackeren Sol daten bezeichnende Vorgänge erzählt werden. Der Schwerpunk des Werks liegt in der Schilderung des persönlich Erlebten, in der Wiedergabe individueller Eindrücke und namentlich in den biographischen Silhouetten. In der Mittheilung seiner ernsten und heiteren Erlebnisse im Hauptquartier, in den Schlachten, auf dem Marsche und im Ver⸗ kehr mit den deutschen Soldaten und mit den verschiedenen Ständen des französischen Volkes zeigt sich der Verfasser als ein vortrefflicher Erzähler. Tiefe und Wärme der Empfindung vereinigen sich hier mit einer glänzenden, kraftvollen Darstellung. In der Schilderung der Schlachten, namentlich derjenigen bei Sedan, steigert sich die Sprache bis zur dramatischen Lebenswahrheit, sodaß man sich in die Situation selbst hineinversetzt glaubt. Viel Anregung und Belehrung bieten auch die in das Werk eingeflochtenen kulturhistorischen Bilder aus Frankreichs Vergangenheit und Gegenwart, die Schilderungen von Land und Leuten und die Beschreibung aller bedeutenderen Werke der Kunst, welche sich in den vom Hauptquartier berührten Orten (Nancy, Reims, Versailles u. s. w.) vorfanden. Das höchste Interesse aber beanspruchen die „biographischen Silhouetten“ im dritten Ab⸗ schnitt des Werks, welcher in die Kapitel „Der Kronprinz und sein Stab“, „Die deutschen Erbkaiser“, „Hauptquartier für deutsche Literatur und Kunst“, „Unsere Engländer“ und „Unsere Johanniter“ zerfällt. In geistvollen, mit Liebe gezeichneten Portraits und Bio⸗ graphien findet man hier Schilderungen des Charakters und der Per⸗ sönlichkeit von hervorragenden Männern, die zum theil noch jetzt leben. Vor Allem zieht die von inniger Liebe und aufrichtiger Verehrung zeugende Schilderung des Wesens des damaligen Kronprinzen an. Dann folgen Charakteristiken des Generalstabs⸗Chefs der III. Armee von Blumenthal und anderer Generalstabs⸗Offiziere. Die im Hauptquartier anwesenden Fürstlichkeiten werden in dem Kapitel „Die deutschen Erbkaiser“ mit Freimuth geschildert, und in gleicher Weise die vom Kronprinzen eingeladenen Gäste aus der Künstler⸗ und Schriftstellerwelt in dem Kapitel „Hauptquartier für deutsche Literatur und Kunst“, wo sich treffliche Charakteristiken der Schriftsteller Gustav Freytag, Professor Hassel, Ludwig Pietsch und Strodtmann, sowie des Schlachtenmalers Bleibtreu und zweier Maler in Uniform, der Grafen von Seckendorff und von Harrach finden. — Alles in allem gehört das Werk zu den besten von denen, die den französischen Feldzug behandeln. “““
— In der Schriften⸗Niederlage der Anstalt Bethel bei Bielefeld ist, von dem Arzt der Anstalt Dr. Martin Liebe verfaßt, ein Buch „Ueber Geist, Gehirn und deren Krankheiten⸗ (Preis 1 ℳ) erschienen, welches eine gemeinverständliche Darstellung des
esunden und kranken Seelenlebens es die Erscheinungen beider auf die
in ihren Wirkungen bekannten Lebensgesetze der gesunden und kranken Nerven zurückführt und in einer kurzen Beschreibung den Bau und die Funktionen des Gehirns und seine Beziehungen zu den geistigen Thätigkeiten darlegt. Das Interesse, das gegenwärtig der Irrenfrage entgegengebracht wird, dürfte auch dem vorliegenden neuesten Werke auf diesem Gebiet zu gute kommen.
— In der von der Schlesischen Buchdruckerei, Kunst⸗ und Verlags⸗Anstalt von S. Schottlaender zu Breslau heraus⸗ gegebenen Bibliothek „Unterwegs und Daheim“, welche zur Lektüre auf der Reise besonders geeignete, interessante literarische Werke von angesehenen Autoren zu äußerst billigem Preise (75 ₰ für den broschierten, 1 ℳ für den elegant gebundenen Band) darbietet, ist als vierte Publikation eine Novelle von Ola Hansson „Meervögel“ erschienen. Der Schwede Ola Hansson, dem Deutschland eine zweite Heimath geworden ist und der unsere Sprache fast vollkommen beherrscht, hat sich längst auch in der deutschen Literatur einen hervorragenden Platz erobert. Die vorliegende Novelle kennzeichnet die Eigenart des Dichters in ausgeprägter Weise. Sie ist ebenso ausgezeichnet durch Schönheit der Naturmalerei wie durch feine Schilderung der seelischen Vor⸗ änge; und einen eigenen Zauber übt die meisterhaft dargestellte Ab⸗ ängigkeit der letzteren von der umgebenden Natur, von der Ab⸗ geschiedenheit eines stillen, meerumbrausten Eilands aus. Denienigen, die das Meer kennen und lieben gelernt haben, die je auf einer seiner friedevollen Inseln, zu denen der Lärm der unruherfüllten, großen Welt nicht dringt, Tage stillen Glücks verlebt haben, wird die Novelle durch die wunderbar stimmungsvolle Schilderung besonders lieb und reizvoll sein. 5— 88
— Katechismus des guten Tons und der feinen Sitte, von Eufemia v. Adlersfeld, geb. Gräfin Ballestrem. Zweite, verbesserte und vermehrte Auflage. In Original⸗Leinenband Pr. 2 ℳ Verlag von J. J. Weber in Leipzig. — Vor dielen anderen Büc